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Steiermark – ein Bundesland in Aufbruchstimmung

WK-Präsident Josef Herk und IV-Präsident Stefan Stolitzka über „ihre“ Betriebe und deren „ordentliche Portion Zuversicht“.

Nach über einem Jahr Coronakrise herrscht Aufbruchstimmung unter den steirischen Unternehmern, wie das letzte Wirtschaftsbarometer der WKO Steiermark zeigt: Sämtliche Konjunkturdaten – vom Umsatz bis zu den Investitionen – lagen wieder im Positivbereich, und der Trend zeigte zudem weiter nach oben. Die steirische Konjunktur befindet sich also wieder im Aufwärtstrend – die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Sämtliche Trendpfeile zeigen hier wieder nach oben. Im Detail: Gesamtumsatz (+1,9 Prozentpunkte nach zuletzt, Herbst 2020, -36,2), Auftragslage (+14,7 Prozentpunkte, zuletzt: -34,3), Preisniveau (+44,3 Prozentpunkte zu -2,8 in der letzten Umfrage), Investitionen (+27,9 Prozentpunkte, zuletzt: -8,3) und Beschäftigung (+6,7 Prozentpunkte, zuletzt: -8,6 im Herbst). Damit seien die Rückmeldungen besser ausgefallen als erwartet, freut sich WKO Steiermark über die konjunkturelle Trendumkehr. Denn auch beim Ausblick auf die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate drehten alle Konjunkturpfeile wieder nach oben – und zwar deutlich: Die Erwartungen für den Gesamtumsatz stiegen auf +42,4 Prozentpunkte, Auftragslage auf +35,2, Preisniveau auf +51,3, Investitionen auf +25,7 und Beschäftigung auf +21,9 Prozentpunkte. Alle Saldenwerte zeigten einen klaren Aufwärtstrend. Kämen keine weiteren einschneidenden Corona-Maßnahmen, könnte ein nachhaltiger Wachstumskurs eingeleitet werden, hieß es bei der Wirtschaftskammer.

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Mehr Einblicke in Kärntens Wirtschaft und Industrie geben Josef Herk, Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark, und Stefan Stolitzka, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark.

Herr Herk, Herr Stolitzka – wie geht es ‚Ihren‘ Unternehmen und Betrieben? Josef Herk: Jetzt geht es, den Umständen entsprechend, wieder gut. Hinter uns liegen schwere Zeiten, die Coronapandemie hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt – insbesondere im Bereich der Wirtschaft. Wir sahen uns mit Maßnahmen konfrontiert, die wir uns so nie hätten vorstellen können. Mit Folgen, die zu einer massiven Krise geführt haben, die wir aber – nicht zuletzt dank der umfangreichen Hilfsprogramme, an denen auch die WKO maßgeblich beteiligt war – gut gemeistert haben. Denn ein wirtschaftlicher Dominoeffekt konnte verhindert werden. Sollten jedenfalls keine weiteren einschneidenden Maßnahmen mehr erfolgen, dann dürften wir die wirtschaftliche Talsohle durchschritten haben. Denn sämtliche Konjunkturpfeile zeigen aktuell wieder nach oben; das belegt unser aktuelles Wirtschaftsbarometer. Demnach rechnen in den kommenden Monaten 57,7 Pro-

Josef Herk, Präsident der WK Steiermark: „Sämtliche Konjunkturpfeile zeigen aktuell wieder nach oben; das belegt unser aktuelles Wirtschaftsbarometer.“

zent der steirischen Unternehmerinnen und Unternehmer mit einer Verbesserung des Wirtschaftsklimas, von einer Verschlechterung gehen nur 16,3 Prozent aus. Stefan Stolitzka: Zuversicht ist stärker als jede Krise und davon gibt es in der Steiermark eine ordentliche Portion – zu Recht. Wir haben als steirische Industrie das Land auch in der Krise am Laufen gehalten. Heute können wir nahezu in allen Industriebereichen wieder an das Vorkrisenniveau anschließen. Das ist erfreulich und dem Durchhaltevermögen und der Innovationskraft der Menschen in der Industrie geschuldet. Globale Herausforderungen wie volatile Rohstoffpreise oder unzuverlässig gewordene Lieferketten sowie der im Land herrschende Fachkräftemangel fordern unsere Unternehmen, aber auch hier heißt es wohl, Zuversicht walten zu lassen. Wir sind als Standort gut aufgestellt, wir haben exzellente Betriebe, die international nachgefragte Produkte herstellen und vertreiben. Darauf dürfen wir uns keinesfalls ausruhen, aber jedenfalls können wir darauf aufbauen.

Schon vor dem Sommer stieg die Durchimpfungsrate bei fallenden Infektionszahlen. Das Ärgste scheint überstanden. Aber ist es tatsächlich überstanden? Ist die Krise vorbei? Worauf wäre nun besonders zu achten? Herk: Ich hoffe inständigst, dass das Ärgste überstanden ist, im Grunde haben wir es aber selbst in der Hand. Im Gegensatz zur Situation im Vorjahr verfügen wir heute nämlich über wirkungsvolle Impfungen – eine großartige Leistung der Wissenschaft, die es entsprechend zu nutzen gilt. Mein Appell lautet daher, sich impfen zu lassen. Nur so bekommen wir unsere Freiheiten wieder zurück und schützen uns und unsere Mitmenschen. Stolitzka: Wir haben in den letzten Monaten vieles gelernt, und eine zentrale Erkenntnis war wohl, nicht übermütig zu werden. Ich glaube, dass wir auf einem sehr guten Weg sind, der Pandemie nachhaltig Einhalt zu gebieten; dennoch müssen wir vorsichtig bleiben und vor allem an unserem Verantwortungsbewusstsein festhalten. Corona wird uns wohl auch noch in den nächsten Monaten verfolgen, aber hoffentlich nicht mehr unser aller Leben dominieren. In der Industrie sind wir bestens für alle erdenklichen Szenarien gerüstet, um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen und gleichzeitig das Geschäft aufrechterhalten zu können. Ich hoffe aber, dass wir keine Notfallpläne mehr brauchen …

Man sollte ja immer positiv denken – konnten Sie beziehungsweise die IV etwas Positives aus der Coronakrise mitnehmen? Wenn ja, was?

Als Interessenvertretung der steirischen Industrie setzt sich die steirische IV für den zeitnahen Ausbau der Breitband- und Glasfaser-Anbindung in Gigabit-Qualität ein.

Herk: Da laufen Sie bei mir als bekennenden Optimisten offene Türen ein! Und die Zuversicht ist ja auch schon wieder zurückgekehrt, vor allem unter den Unternehmerinnen und Unternehmern, wie unser bereits zitiertes Wirtschaftsbarometer zeigt. Was wir als WKO aus dieser Zeit auf jeden Fall positiv mitnehmen, ist der Trend hin zu regionalen Produkten und Dienstleistungen. Hier nehmen wir einen echten Sinneswandel wahr, die Konsumenten sind sich des Mehrwerts mittlerweile sehr bewusst. Das wollen wir weiter stärken. Stolitzka: Es fällt wahrlich schwer, diesen letzten Monaten der Einschränkungen etwas Positives abzugewinnen. Aber auch ich bin Optimist und kann tatsächlich einen Aspekt herausgreifen, der bei aller Tragik positiv für uns alle war: die Digitalisierung. Aus einem einstigen Schreckgespenst ist binnen weniger Wochen ein Helfer in allen Lebenslagen geworden! Wir haben es der Digitalisierung zu verdanken, dass Kinder unterrichtet werden konnten; sie hat dafür gesorgt, dass Menschen in Altenheimen Kontakt zu ihren Familien halten konnten und schlussendlich, dass wir als Industrie unsere Produktion am Laufen gehalten und damit Tausende Arbeitsplätze gesichert haben.

Worauf wird die Wirtschaftskammer Steiermark ihren Fokus im kommenden Jahr 2022 legen? Herk: Einen wesentlichen Fokus werden wir auf die Fachkräftesicherung legen. Denn egal in welcher Branche und in welcher Region ich zurzeit Betriebe besuche – auf ein Thema werde ich immer angesprochen: Wir finden keine Leut‘… Eine äußerst paradoxe Situation angesichts der noch immer hohen Arbeitslosenzahlen, aber Angebot und Nachfrage passen am Arbeitsmarkt nicht zusammen. Darum fordern wir eine stärkere Mobilisierung des vorhandenen Potenzials, etwa durch eine Forcierung der überregionalen Vermittlung oder durch Erleichterungen bei qualifizierter Zuwanderung. Sonst drohen fehlende Fachkräfte schnell zum Flaschenhals des Aufschwungs zu werden. Als WKO setzen wir jedenfalls alle Hebel in Bewegung, um der Fachkräfteausbildung jenen Stellenwert zu geben, den sie verdient, so zum Beispiel bei den EuroSkills im Herbst.

Und bei Ihnen, Herr Stolitzka? Was steht bei der steirischen Industriellenvereinigung im kommenden Jahr auf der ‚industriellen‘ Agenda? Stolitzka: Wir verfolgen aktuell zwei inhaltliche Stoßrichtungen ganz intensiv. Zum einen ist es die eben erwähnte Digitalisierung, die wir vorantreiben und ausgestalten möchten. Als Interessenvertretung der steirischen Industrie setzen wir uns also für den zeitnahen Ausbau der Breitband- und Glasfaser-Anbindung in Gigabit-Qualität ein, aber natürlich auch für die Vermittlung digitaler Skills.

Das zweite Hauptthema ist der Klimaschutz und der Beitrag der steirischen Betriebe dazu. Wir sind als steirische Industrie ein wesentlicher Teil der Lösung bei globalen Klimafragen. Effiziente Prozesse sorgen in heimischen Produktionen bereits heute für einen unvergleichbaren Beitrag, und unsere hochinnovativen Produkte bringen gigantische Emissionseinsparungen von der Steiermark in die ganze Welt. Hier zählen wir schon zu den Weltmeistern. ◆

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