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Unternehmen versprühen Optimismus

Niederösterreich: Unternehmen versprühen Optimismus

WK-Präsident Wolfgang Ecker und IV-Präsident Thomas Salzer über Unternehmergeist und was für den Standort essenziell wäre.

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Der Optimismus der NÖ Unternehmen nimmt zu. Praktisch jeder zweite Betrieb in Niederösterreich, konkret 47 Prozent, rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit steigenden Umsätzen, so das Wirtschaftsbarometer der Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ). Bei der Vergleichserhebung im letzten Winter waren lediglich 20 Prozent der Unternehmen von einem Umsatz-Plus in den nächsten zwölf Monaten ausgegangen. Von sinkenden Umsätzen gehen aktuell nur 15 Prozent der Betriebe aus, im Winter 2020 waren es mit 36 Prozent mehr als doppelt so viele. Die steigenden Geschäftserwartungen spiegeln sich auch im Investitionsklima. Drei Viertel der Unternehmen gehen von steigenden (30 Prozent) bzw. gleich bleibenden (45 Prozent) Investitionsvolumina aus. Im vergangenen Winter war das bei nicht einmal der Hälfte der Betriebe der Fall. An der Spitze der Gründe für Neuinvestitionen stehen Digitalisierungsmaßnahmen (59 Prozent), gefolgt von Kapazitätsauslastungen (50 Prozent) sowie dem positiven Marktausblick und Investitionen in grüne Technologien (je 49 Prozent).

Mehr Einblicke in Niederösterreich Wirtschaft und Industrie geben Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich, und Thomas Salzer, Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich.

Herr Ecker, Herr Salzer – wie geht es ‚Ihren‘ Unternehmen und Betrieben? Wolfgang Ecker: Viele Betriebe haben die Zeit genutzt, um neue Strategien und einen Fahrplan für die nächsten Jahre zu entwickeln. Es wurden Ressourcen gebündelt und neue Ideen entwickelt. Das wurde auch mit den zahlreichen eingereichten Projekten in unserer ‚Mutmacher-Initiative 2021‘ deutlich. Hier wurde eindrucksvoll bewiesen, wie Kreativität eine Chance zum wirtschaftlichen Durchstarten sein kann. Und auch der vielfältige Branchenmix in Niederösterreich ist ein großer Vorteil – dadurch, dass wir breit aufgestellt sind, sind wir besser durch die Krise gekommen. Einige Betriebe sind aber immer noch mit dem Aufschwung beschäftigt. Thomas Salzer: Aktuell erleben wir eine Aufbruchstimmung. Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben erledigt und blicken mit Zuversicht auf die kommenden Monate. Die betrieblichen Teststraßen waren wichtig, um bestmöglich durch diese schwierige Zeit zu kommen. Im Mai sind auch die betrieblichen Impfungen angelaufen. Leider fehlt bei einem Teil der Beschäftigten noch das letzte Quäntchen Überzeugung, sich doch impfen zu lassen. Hier müssen

Wolfgang Ecker, Präsident der WK Niederösterreich: „Natürlich hätten wir alle die Pandemie nicht gebraucht, aber sie hat auch positive Dinge hervorgebracht.“

wir ansetzen, denn wir brauchen die hohe Durchimpfungsrate, um sicher durch den Herbst und Winter zu kommen.

Vor dem Sommer stieg die Durchimpfungsrate bei fallenden Infektionszahlen. Wann ist Corona überstanden? Ecker: Eine Pandemie verschwindet nicht mit einem Schlag. Um das Virus einzudämmen, sind Sicherheitsmaßnahmen, dort wo sie notwendig sind, und eine hohe Durchimpfungsrate die zentralen Schlüssel. Die NÖ Betriebe leisten dazu einen entscheidenden Beitrag. Wichtig ist, aktiv Chancen für den Standort Niederösterreich und für die Betriebe zu schaffen. Wir müssen Wachstum ermöglichen, die Wettbewerbsfähigkeit stärken und Anreize für Investitionen schaffen. Genauso wichtig ist die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. Dass laut unserem WKNÖ-Wirtschaftsbarometer zuletzt fast die Hälfte unserer Betriebe mit steigenden Umsätzen rechnet, ist ein gutes Zeichen. Und ebenso ein gutes Zeichen ist, dass bei den Gründen für Neuinvestitionen die Digitalisierung, die Kapazitätsauslastungen, der Marktausblick und Investitionen im Bereich Ökologie und Nachhaltigkeit ganz vorne liegen. Unsere Betriebe setzen auf Zukunftsthemen und grüne Technologien. Wir schauen mit Zuversicht in die Zukunft, und ich bin überzeugt, dass wir es mit dem starken Zusammenhalt in Niederösterreich schaffen werden! Salzer: Auch wenn es die aktuellen Situation bei uns sehr erfreulich ist, so zeigen andere Länder, dass die Krise leider noch nicht vorbei ist. Trotz der Freude über Öffnungen gilt es, vorsichtig zu bleiben – vor allem, weil wir bei der Durchimpfungsrate noch nicht am Ziel sind. Der Aufschwung, den wir in der Industrie im Moment erleben, darf auch auf keinen Fall durch neue Steuern, Abgaben oder Umweltauflagen gebremst werden.

Man sollte ja immer positiv denken – konnten Sie beziehungsweise die IV etwas Positives aus der Coronakrise mitnehmen? Wenn ja, was? Ecker: Natürlich hätten wir alle die Pandemie nicht gebraucht, aber sie hat auch positive Dinge hervorgebracht. Das Bewusstsein für Regionalität ist auf jeden Fall gestiegen. Wir setzen alles daran, dass das weiterhin so bleibt und appellieren an die Bevölkerung, nicht online bei internationalen Handelsriesen, sondern in der Region einzukaufen. Das sichert Arbeitsplätze und Lehrstellen und bringt Lebensqualität in die Regionen. Die Krise hat gezeigt, wie wichtig Unternehmen vor Ort für die Nahversorgung sind.

Auch die Digitalisierung hätte ohne die Krise nicht einen solchen kräftigen Schub gemacht. Das hat sicher dazu beigetragen, dass wir besser als andere Länder durch die Krise gekommen sind. Ich sehe in der Digitalisierung von Prozessen und Abläufen eine große

Chance, die wir weiter nutzen müssen. Es war bewundernswert, wie viele Unternehmen in kürzester Zeit ihre Arbeitsprozesse neu organisiert und digitale Angebote auf- und ausgebaut haben.

Trotz Corona hatten wir im ersten Halbjahr 2021 so viele Unternehmensgründungen wie noch nie in Niederösterreich. Der Gründer-Boom stellt sich Corona entgegen. Eine Studie zeigt, dass das Virus deutlich weniger als existenzielle Gefahr für die Gründung gesehen wird als bei Gründungen im Vorjahr. Niederösterreichs Unternehmergeist ist krisensicher! Salzer: Eine Krise ist immer eine Chance. Es hat sich gezeigt, wie wichtig die Industrie in einer Krisensituation ist. Dank der Industriebetriebe konnte die Versorgung mit Lebensmitteln, Medizinprodukten und Gütern des täglichen Bedarfs aufrechterhalten werden. Trotz Einschränkungen und Lockdowns haben die Betriebe weiterproduziert und damit das Land am Laufen gehalten.

Worauf wird die Wirtschaftskammer Niederösterreich ihren Fokus im kommenden Jahr 2022 legen? Ecker: Ganz oben auf der Agenda steht weiterhin die Bewältigung der Krise und ihrer Folgen. Wichtig ist, dass wir alles dafür tun, damit sich die Wirtschaft nachhaltig und schnell erholen kann.

Wir haben dazu gemeinsam mit Hunderten Unternehmerinnen und Unternehmern aus allen Branchen ein Arbeitsprogramm unter dem Titel ‚Zurück nach Vorne!‘ entwickelt. Es zeigt, dass die Pandemie die grundlegenden Fragen des Unternehmertums nicht wesentlich verschoben hat.

Es geht auch künftig um die Themen Innovationen, Fachkräfte, um neue Märkte, Chancen aus der Ökologie und Mobilität. Und vor allem geht es darum, Unternehmertum leben zu können. Das verlangt klare Regelungen, die verständlich und nachvollziehbar sind. Bürokratie muss auf das notwendige Maß reduziert, die Eigenverantwortung gestärkt werden.

Und: Es braucht Planungssicherheit. Wer investiert, muss sich darauf verlassen, dass sich die Regeln nicht plötzlich ändern. Die Praxistauglichkeit von Regelungen zählt, nicht die Quantität. Und natürlich geht es auch um finanzielle Schwungräder für unsere Unternehmen: Weniger Steuern, niedrigere Lohnnebenkosten und zusätzliche Investitionsanreize durch einen höheren Investitionsfreibetrag.

Und bei Ihnen, Herr Salzer? Was steht bei Niederösterreichs Industriellenvereinigung im kommenden Jahr auf der ‚industriellen‘ Agenda? Salzer: Einerseits befürchten wir, dass sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzen wird. In der niederösterreichischen Industrie gab es im Jahr 2020 weniger Lehranfänger als im Jahr 2019. Das liegt zum Teil coronabedingt am einfacheren Schul-Aufstieg, aber auch an der demografische Entwicklung und dem generellen Trend zu höheren Bildungsabschlüssen. Dabei ermöglicht gerade ein Lehrabschluss in der Industrie überdurchschnittlich gute Aufstiegs- und Verdienstchancen.

Andererseits wird es wichtiger, Realismus in die Klimadiskussion zu bringen. Wir haben ein globales Problem, das wir nicht lokal lösen können. Es bringt nichts, wenn hier Industrien nicht mehr wettbewerbsfähig sind und geschlossen werden und die Produkte dann aus anderen Regionen mit höheren Emissionen zu uns kommen. Das ist eine lose-lose-Situation. Durch innovative Lösungen aus der Industrie wollen wir aber zu einer win-win-Situation gelangen. ◆

Niederösterreich überzeugte bei Falling Walls Konferenz in Berlin

Niederösterreichische Ideen beeindruckten internationale Experten-Jury. accent und tecnet bauen die Kooperation mit Falling Walls aus.

Der von der Falling Walls Foundation initiierte, internationale Wettbewerb zeichnet Nachwuchsforscher aus, die bahnbrechende Wege zur Lösung der größten Herausforderungen unserer Zeit entwickeln. Forschungsinstitute, darunter viele Spitzenuniversitäten, wählen ihre vielversprechendsten Kandidaten aus, um am Falling Walls Lab-Finale in Berlin teilzunehmen. Aus Österreich wurden die Niederösterreicher Daniela Inführ und Sebastian Vogler entsandt. „Falling Walls bietet eine hervorragende Möglichkeit für junge Wissenschaftler, ihre innovativen Lösungen zu großen aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in einem globalen Umfeld zu präsentieren und mit wichtigen Entscheidungsträgern aus Forschung, Wirtschaft und Politik zu diskutieren“, so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. „Das Forschungsland Niederösterreich wird durch diese großartige Kooperation international noch sichtbarer und durch die weitere Vernetzung von Wissenschaft und Forschung auch nachhaltig wettbewerbsfähig.“ 75 Nachwuchswissenschaftler aus 58 Nationen präsentierten ihre Forschungsarbeiten, Geschäftsmodelle und Initiativen in jeweils nur drei Minuten vor einer Experten-Jury, die unter anderem von der ETH Zürich, Nobel Foundation, Google oder Huawei Technologies kommen. Neben Preisgeldern hatten die Gewinner die Möglichkeit, ihre bahnbrechenden Forschungsergebnisse auf

Facts & Figures

accent unterstützt als Tough Tech Incubator Projekte, die zukunftsweisende Technologien mit „state of the art“ von Wissenschaft und Technik verbinden. Pro Jahr werden accent rund 200 Projekte vorgestellt, die meist aus der Wissenschaft kommen oder einen engen Bezug zu wissenschaftlichen Institutionen haben. Davon werden nach intensiver Prüfung rund 10 – 15 in accent-Inkubation aufgenommen.

accent Inkubator GmbH Viktor-Kaplan Str. 2/Haus C/2. Stock, 2700 Wr. Neustadt Tel. +43/2622/90 613 office@accent.at, www.accent.at

© NLK Filzwieser

Technologielandesrat NÖ Jochen Danninger, Daniela Inführ, Gründerin agrobiogel, LH NÖ Johanna Mikl-Leitner, Sebastian Vogler, Gründer BeetleForTech (v.l.).

der Falling Walls Conference vor Investoren, Medienvertretern und Nobelpreisträgern zu präsentieren.

Optimales Klima in Niederösterreich

„In Niederösterreich sind wir stets bemüht, wissenschaftliche Erkenntnisse in Wertschöpfung überzuführen. Dafür haben wir für Forscherinnen und Forscher sowie Studierende ein optimales Klima in Niederösterreich geschaffen, damit sie ihre Ideen auch wirtschaftlich umsetzen können“, erklärt Forschungslandesrat Jochen Danninger. „Falling Walls bietet ein tolles Sprungbrett, sich global zu vernetzen und Innovationen voranzutreiben. Mit dieser internationalen Vernetzung setzen wir den nächsten Schritt, um den Wirtschaftsstandort Niederösterreich weiter zu stärken.“

Niederösterreich war heuer mit dem landeseigenen Gesellschaften accent Inkubator und dem Venture Capital Fonds tecnet equity Partner der Österreichausscheidung. Die Umsetzung erfolgte gemeinsam mit dem AIT Austrian Institute of Technology. Das Falling Walls Lab hat sich zum Ziel gesetzt, außergewöhnliche wissenschaftliche und unternehmerische Visionen voranzutreiben und den Austausch zwischen Nachwuchsforschern und jungen Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen zu fördern.

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