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Wollen uns auf die langfristige Wertschöpfung konzentrieren“

„Wollen uns auf die langfristige Wertschöpfung konzentrieren“

Interview mit René Tritscher, Managing Director der ABA und damit oberster Repräsentant des heimischen Wirtschaftsstandorts.

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Vor zwei Jahren hat René Tritscher die Leitung der damals neuen Abteilung „Work in Austria“ der Austrian Business Agency (ABA) übernommen, die österreichische Unternehmen aktiv bei der Fachkräftesuche im Ausland unterstützt und für den Arbeitsstandort Österreich wirbt. Mit der Erweiterung der ABA von einer Ansiedelungs- zu einer echten Standortagentur wurde die ABA als erste Anlaufstelle für Investoren und Fachkräfte aus dem Ausland positioniert, um Österreich auch als attraktiven Wirtschafts- und Arbeitsstandort präsentieren zu können. Denn aktive Standortpolitik heißt, nicht nur Unternehmen, sondern auch die besten Köpfe nach Österreich zu holen.

Mit 1. Juli diesen Jahres folgte Tritscher dem langjährigen Geschäftsführer René Siegl als Managing Director der österreichischen Standortagentur Austrian Business Agency (ABA) nach. Weltmeister Österreich traf René Tritscher zum Interview.

Als Managing Director der österreichischen Standortagentur Austrian Business Agency kennen Sie den Wirtschaftsstandort Österreich wie kein anderer. Wie geht es ihm? Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, hat diese Frage kürzlich gut beantwortet: ‚Es gibt Grund für Optimismus, das zweite Quartal ist in Österreich sehr gut gelaufen. Österreich kommt etwas schneller aus der Kurve als etwa Deutschland.‘ Diese Beschreibung deckt sich mit den Gesprächen, die wir mit zahlreichen Investoren führen. Tendenziell gilt: Wer in der Krise rasch reagiert, geht in der Regel gestärkt daraus hervor. Das hat Österreich gemacht.

Im Jahr 2019 wurde Work in Austria als neues Service der ABA geschaffen. Übernehmen Sie hier ähnliche Aufgaben wie ein Recruiter? Die Tätigkeit von Work in Austria unterscheidet sich grundlegend von einem Recruiter. Wir führen keine konkreten Auswahlverfahren und Bewerbungsgespräche durch. Damit grenzen wir uns klar von Personalberatern ab. Eine wesentliche Aufgabe der ABA ist es, im Ausland auf den Arbeitsstandort Österreich aufmerksam zu machen. Österreich ist bei vielen Fachkräften nicht so stark auf dem Radar wie etwa Deutschland. Das muss sich ändern. Wir sorgen dafür, dass Österreich auf der Landkarte der migrationsbereiten Talente steht.

Wie unterstützt die ABA heimische Unternehmen bei der Fachkräftesuche? Wir organisieren beispielsweise Veranstaltungen in unseren Zielländern Kroatien, Polen, Rumänien und Bulgarien, die sich ganz gezielt an potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten wenden, und stellen dort auch heimische Unternehmen vor. Zudem haben wir eine österreichweite Job-Plattform für internationale, hochqualifizierte Fachkräfte geschaffen. Hier können sich Unternehmen registrieren und kostenlos ihre offenen Stellen international ausschreiben.

Mit Jahresbeginn haben wir die Servicestelle Einwanderung und Aufenthalt innerhalb der ABA aufgebaut. Hier unterstützen wir die Unternehmen als One-Stop-Shop bei der Rekrutierung von hochqualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Unsere Expertinnen helfen bei allen Fragen rund um Rot-Weiß-Rot-KartenVerfahren von zukünftigen Mitarbeitern aus EU-Drittstaaten und bieten Unterstützung bei der Antragsstellung sowie Hilfestellung bei laufenden Verfahren.

Seit 1. Juli sind Sie Geschäftsführer. Was ändert sich dadurch bei der ABA? Mit dem Ausbau zur österreichischen Standortagentur hat sich auch unsere strategische Ausrichtung verändert: In Zukunft legen wir bei der Ansiedlung von Unternehmen noch mehr Wert auf die Qualität als auf die Quantität. Für uns ist der volkswirtschaftliche

René Tritscher, Managing Director der österreichischen Standortagentur Austrian Business Agency, über deren Aufgabengebiete und den heimischen Wirtschaftsstandort.

Mehrwert für den Standort entscheidend. Die Coronakrise hat die Verwundbarkeit von Volkswirtschaften sehr deutlich gezeigt und dazu geführt, dass uns bewusst geworden ist, wie wichtig eine geringere Abhängigkeit von internationalen Produktionen und die Sicherung von Lieferketten sind. Wir wollen uns deshalb in Zukunft mehr auf die langfristige Wertschöpfung konzentrieren, indem wir gezielt internationale Unternehmen aus den Bereichen IKT und Life Sciences ansprechen, die auch hochwertige Arbeitsplätze schaffen.

Weil wir gerade bei Änderungen sind: Was müsste sich am Wirtschaftsstandort ändern, um attraktiv zu bleiben? Oder ist eh alles gut und es besteht kein wie immer gearteter Handlungsbedarf? Es gibt immer Verbesserungspotenzial, auch wenn der Standort Österreich in den vergangenen Jahrzehnten eine beispiellose Entwicklung an die Spitze der europäischen Staaten vollzogen hat. Die Wirtschaft braucht vor allem weitere Anreize, die Investitionen fördern, die Investitionsprämie war ein sehr gutes Beispiel dafür; aber auch die Forschungsprämie hilft uns, internationale Unternehmen nach Österreich zu holen beziehungsweise sorgt dafür, dass diejenigen, die hier schon tätig sind, laufend weiter investieren. Ich denke hier zum Beispiel an Infineon oder Boehringer Ingelheim. Corona hat einen gewaltigen Digitalisierungsschub ausgelöst – nicht nur in der Bildung und in der Wirtschaft, auch bei der ABA. Wie alle Unternehmen haben wir anfangs mit organisatorischen Details gekämpft. Aber viele ABA-Mitarbeitende waren bereits vor der Pandemie gewohnt, remote zu arbeiten, da unsere Teams ja international unterwegs sind und über den Wirtschafts-, Film- und Arbeitsstandort Österreich informieren.

Während der Lockdowns haben wir viel mit Videokonferenzen überbrücken können und so das gemeinsame Arbeiten aufrechterhalten. Aber nicht nur innerhalb der ABA wurde so kommuniziert, sondern auch mit den Investoren. Bereits im Mai 2020 haben wir die erste große virtuelle Investorenveranstaltung äußerst erfolgreich abgehalten.

Wenn Sie mir zum Abschluss eine persönliche Frage erlauben: Der Job des ‚ersten Standortvermittlers‘ ist ja herausfordernd und zugleich fordernd. Wie laden Sie Ihre Batterien wieder auf? Es mag abgedroschen klingen, aber eine meiner wichtigsten Kraftquellen ist meine Familie. Ich bin ein Teamplayer und nicht zuletzt deshalb bin ich auch ein begeisterter Fußballer. Gemeinsam ein Ziel verfolgen, stärkt nicht nur den Körper, es ist auch wichtig für mein seelisches Wohlbefinden. Nicht zuletzt deshalb freue ich mich auch sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit meinem großartigen und sehr motivierten Team bei der neu aufgestellten Standortagentur Austrian Business Agency! ◆

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