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Corona: Fluch und Segen Halbjahresbilanz der Branche zeichnet inhomogenes Bild
from medianet 28.08.2020
by medianet
Corona ist Fluch und Segen für die Pharmabranche
Die Halbjahresergebnisse der Branche zeichnen ein inhomogenes Bild von den Auswirkungen der Coronakrise. Insgesamt sind die Erträge unter Druck.
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••• Von Katrin Pfanner
Die Coronakrise hat auch deutliche Spuren in den Ergebnissen der Pharmakonzerne hinterlassen.
Die Lockdowns ins vielen Ländern haben auch zu Rückgängen bei Arzt- und Spitalsbesuchen geführt – und damit auch zu abnehmenden Neudiagnosen, geringeren Behandlungszahlen und letztlich auch zu einem geringeren Medikamentenverbrauch. Das zeigt sich zu einem großen Teil auch bei einem Blick in die Halbjahres- und Quar
talsergebnisse der Pharmaunternehmen.
Beim US-Pharmariesen Pfizer belastete der Lockdown im zweiten Quartal vor allem die Vertriebs- und Marketingaktivitäten insbesondere in den USA. Hinzu kam, dass viele Menschen den Weg ins Krankenhaus und zu Ärzten scheuten, aus Angst sich mit Corona anzustecken. Als Resultat wurden Impfungen und Medikamente seltener verschrieben, der Konzernumsatz sank im dreimonatigen Berichtszeitraum im Vergleich zum Vorjahr um 11% auf 11,8 Mrd. USD. Unter dem Strich ging der
Gewinn um knapp ein Drittel auf 3,4 Mrd. USD zurück, Pfizer rechnet in der zweiten Jahreshälfte aber mit schrittweiser Besserung. Der Konzern hob daher seine Prognosen für 2020 etwas an. Beim Umsatz erwartet Pfizer nun 48,6 bis 50,6 Mrd. USD, nach 51,75 Mrd. vor einem Jahr.
Beim Schweizer Pharmakonzern Novartis ist das zweite Quartal ebenfalls verhaltener ausgefallen als noch das Auftaktquartal. Nachdem im ersten Jahresviertel Vorratskäufe den Absatz beflügelt hatten, hat sich die Lage im zweiten Viertel teilweise umgekehrt. So betrug der Nettoumsatz von Novartis im zweiten Quartal 11,3 Mrd. USD. Das ist ein Minus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zu konstanten Wechselkursen ergab sich ein Rückgang um ein Prozent. Damit blieb Novartis recht deutlich unter den durchschnittlichen Annahmen der Analysten.
Plus bei Medizintechnik
Trotz des reißenden Absatzes von Coronavirus-Tests hat auch der Pharmakonzern Roche wegen der Pandemie eine Umsatzdelle erlitten: In den ersten sechs Monaten 2020 schrumpfte der Umsatz um vier Prozent auf 29,3 Mrd. CHF. Neben dem starken Franken hinterließ auch die Virus-Krise Bremsspuren.
Auch beim britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) hat im zweiten Quartal die Coronakrise Spuren hinterlassen. Der Umsatz ging im zweiten Quartal auf Pro-FormaBasis – also unter bilanzieller Berücksichtigung der Beteiligungsverhältnisse vom neuen Joint Venture mit Pfizer auch im Vorjahr – währungsbereinigt um zehn Prozent auf 7,6 Mrd. £ zurück. GSK hat sein Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten in ein Bündnis mit dem US-Pharmakonzern eingebracht.
© PantherMedia/alphaspirit

Biotechbranche erlebt einen Boom
Aktien steigen
In der Biotechbranche sorgt die Corona-Pandemie für Goldgräberstimmung. Milliarden öffentlicher und privater Gelder fließen derzeit in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus. Die Aktienkurse kleiner, innovativer Biotech-Start-ups, die mit Pharmariesen bei der Impfstoffforschung konkurrieren, schnellten in die Höhe. Anleger erhoffen sich schwindelerregende Renditen. Doch es gibt auch Risiken. So schoss etwa der Aktienkurs des US-Unternehmens Moderna seit Jahresbeginn um 250% nach oben. Der Moderna-Impfstoffkandidat befindet sich in Phase III der klinischen Studien. Die Aktien des kleinen deutschen Unternehmens CureVac werden erst seit Freitag an der US-Börse Nasdaq gehandelt; ihr Wert stieg am ersten Tag um knapp 250%. Analysten warnen jedoch vor dem hohen Risiko solcher Investitionen. Die Börsenblase könnte bald platzen – wie andere zuvor. „Wenn man Biotech kauft, kauft man eine Art Lotterielos“, sagt Gregori Volokhine, Portfoliomanager bei Meeschaert Financial Services in New York. Auch die Aktienkurse von Pharmagrößen wie Pfizer, Sanofi oder GSK haben sich seit Beginn der Pandemie gut entwickelt.
Nachdem der Deal im Sommer 2019 abgeschlossen war, fließt dieses Geschäft nun voll in das zweite Quartal mit ein.
Ein rückläufiges Geschäft mit Generika und rezeptfreien Gesundheitsprodukten setzt auch der Ratiopharm-Mutter Teva zu. Der israelische Pharmakonzern verbuchte im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang von sieben Prozent auf 3,87 Mrd. USD. Der bereinigte operative Gewinn (EBITDA) sank um drei Prozent auf 1,1 Mrd. USD.
Manche Firmen profitieren
Einige Unternehmen, wie Boehringer Ingelheim, Johnson & Johnson, AstraZeneca und Sanofi, konnten der Krise trotzen und melden für die ersten Monate Zuwächse. Eine hohe Nachfrage nach Diabetes-Medikamenten und Vorratskäufe im Zuge der Covid-19-Pandemie haben etwa das Geschäft von Boehringer Ingelheim belebt: Beim deutschen Pharmakonzern, lag der Umsatz im ersten Halbjahr bei 9,7 Mrd. € – ein Plus von über vier Prozent.
Der britische Pharmakonzern AstraZeneca hat von weiter steigenden Verkäufen von neuen Krebsmedikamenten und einem kräftig anziehenden Schwellenländergeschäft profitiert. Wie AstraZeneca mitteilte, kletterten die Erlöse um acht Prozent auf 6,23 Mrd. USD, währungsbereinigt betrug das Plus elf Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal, in dem der Konzern noch stark von Vorratskäufen im Zuge der Corona-Pandemie profitierte hatte, ließ das Wachstum damit aber nach.
BMS wächst dank Zukauf
Der französische Pharmakonzern Sanofi hat seinen Nettogewinn heuer im zweiten Quartal wechselkursbereinigt um 5,6% auf 1,6 Mrd. € gesteigert, auch dank Kostensenkungen und des Verkaufs von Anteilen am USKonkurrenten Regeneron. Der Umsatz sei allerdings um 3,4% auf 8,2 Mrd. € gesunken, gab das Unternehmen bekannt.
Der US-Pharma- und Medizintechnikkonzern Johnson & Johnson hat seinen in der Covid19-Pandemie gesenkten Ausblick mit den Zahlen zum zweiten Quartal wieder etwas angehoben. Die größte Sparte, das Pharmageschäft, konnte in der Krise nämlich zulegen. Statt mit 77,5 bis 80,5 Mrd. USD Jahresumsatz rechnet Johnson & Johnson nun mit 79,9 bis 81,4 Mrd. Erlös, wie der Konzern mitteilte.
Der US-Pharmakonzern Bristol-Myers hofft auf eine Nachfrageerholung nach der Coronakrise und hat seine Gewinnprognose angehoben. Im zweiten Quartal stieg der Umsatz v.a. dank der Übernahme des Biotechunternehmens Celgene um mehr als 61% auf 10,13 Mrd. USD. Wegen hoher Kosten im Zusammenhang mit dem Zukauf und Abschreibungen gab es allerdings einen Nettoverlust von 85 Mio. USD.
GERICHT
Bayer zahlt in den USA für Vergleich
LEVERKUSEN. Der Pharmaund Agrarchemiekonzern Bayer hat sich im US-Streit um angebliche Gesundheitsrisiken durch die Verhütungsspirale Essure in Zehntausenden Fällen geeinigt. Für den Vergleich mit 90% der insgesamt 39.000 Klagen werden umgerechnet 1,35 Mrd. € fällig, wie der DAX-Konzern mitteilte.
Produkt zugekauft
Die Einigung war angesichts zuletzt intensivierter Gespräche erwartet worden, weshalb Bayer schon Geld beiseitegelegt hat. Bayer hatte das umstrittene Geschäft mit der Metallspirale 2013 mit dem Kauf des US-Herstellers Conceptus übernommen, Ende 2018 wurde es in den USA eingestellt. Die Spirale konnte ohne chirurgischen Eingriff in die Eileiter eingesetzt werden. Allerdings klagten viele Frauen unter anderem über chronische Schmerzen, unregelmäßige Blutungen, über Verletzungen an Gebärmutter und Eileiter sowie Depressionen. (red/Ag)
© APA/dpa/Oliver Berg © APA/AFP/Patricia De Melo Moreira Lässt der Nachfragedruck nach Medizinprodukten wieder nach, steigt der Preisdruck durch die asiatische Konkurrenz.

Preisdruck nimmt wieder zu
Lieferengpässe während des Lockdowns haben neue Möglichkeiten für die Medizinproduktebranche geschaffen. Jetzt regiert wieder der Preis.
WIEN. Weil es während des Corona-Lockdowns zu Engpässen kam, verlagerten sich Teile der Produktion zurück aus Asien. Das dürfte aber nicht nachhaltig sein, zeigt sich im Interview mit den Spitzen des Branchenverbands Austromed. Dass die Branche durchaus einen Pufferlagerbestand aufrechterhalten oder Produktionen nach Österreich holen kann, steht für den Verband außer Frage – doch um welchen Preis? Auch macht eine GRAZ. Derzeit ist die technische Infrastruktur in Apotheken und Arztpraxen in den wenigsten Fällen für eine zweite CoronaWelle ausreichend. Das Zivilingenieurbüro Lorenz Consult aus Graz macht Apotheken, Arztpraxen, Spitäler und Primärversorgungseinheiten krisenfit. Denn: Die Gesundheitsversorgung muss auch in Pandemiezeiten für alle gewährleistet sein. Gezielte Lagerhaltung für einen Zeitraum über zwei oder drei Monate für manche Produkte aufgrund der Haltbarkeit keinen Sinn. „Am Ende regelt sich der Markt über den Preis“, bringt es AustromedGeschäftsführer Philip Lindinger auf den Punkt. „In der Krise waren viele Einkäufer bereit, OP-Masken aus Vorarlberg zu kaufen, die aufbereitet werden konnten. Ich denke nicht, dass man außerhalb der Krise auch auf solche Lösungen bauliche Maßnahmen wie räumliche Trennungen schützen nicht infizierte Patienten vor einer Ansteckung. Kleine Veränderungen können Abhilfe schaffen. Schritt für Schritt gelte es, bauliche Veränderungen vorzunehmen – so, wie es bereits in Spitälern passiert, wo die Verbesserungen im Herbst abgeschlossen werden sein sollen, heißt es aus dem Unternehmen. (red) zurückgreifen wird“, verweist Lindinger auf den Preisdruck aus Asien. Wunsch der Austromed sei es, mit den Bundesministerien und Gesundheitslandesräten passende Konzepte für mehrere Beschaffungsvarianten und eine rollierende Lagerhaltung auszuarbeiten, die ein breites Krisenszenario abdecken. Zugrunde liegt das Credo „Panik vermeiden und aus den Erfahrungen lernen“, sagt Austromed
Wie man Viren aussperrt
Zivilingenieurbüro Lorenz hilft Ärzten und Apotheken.
Präsident Gerald Gschlössl. (red)
© Lorenz Consult/Jürgen Skarwan

destination
Tests Bei den Corona-Tests im Tourismus wurde bereits die 100.000er-Marke erreicht Startschuss Der FixkostenZuschuss geht in Phase 2: die Reaktionen 72
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Man muss nicht in die Ferne schweifen …
Corona macht Urlaub „vor der eigenen Haustür“ zu einer durchaus interessanten Alternative. 68
Experience Spannende Angebote: DocLX unterstützt WienTourismus 74
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Franz Hörl
Seilbahn-Obmann, WKÖ In zweieinhalb Monaten beginnt die Wintersaison – und damit stellt sich aus Sicht der Touristiker und Seilbahnbranche die Frage, wie Après-Ski in Zeiten von Corona stattfinden soll. „Ich warne seit sechs Wochen, dass wir hier Regelungen brauchen. Es ist 5 nach 12“, so WKÖSeilbahnobmann Franz Hörl am Dienstag bei einem Pressegespräch. Hörl fordert eine bundesweite Lösung.

Karriere Dietmar Tunkel ist der neue Chef des Burgenland Tourismus. 70
© The Wood/Franziska Liehl
