Programmheft »Giselle«

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giselle


inhalt

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Über die heutige Vorstellung Anne do Paço

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About today’s performance

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Handlung

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Synopsis

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Elementargeister Heinrich Heine

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Mein lieber Heinrich Heine Théophile Gautier

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Aspekte zum Werk Elena Tschernischova

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Hier irrte Richard Wagner Gunhild Oberzaucher-Schüller

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Er lief der Melodie voraus Gunhild Oberzaucher-Schüller

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Hans Werner Henze über Adolphe Adam

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Giselle: ein »russisches« Ballett? Alfred Oberzaucher

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Zur Wiener Giselle-Historie Alfred Oberzaucher

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Mit dem Körper erzählen Brigitte Stadler im Gespräch mit Oliver Peter Graber

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Ensemble

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Biographien


THERESE VON ARTNER

»In der Gegend von Sillein … herrscht der Volks­glaube, daß die Seelen der nach der Verlobung gestorbenen Bräute keiner Ruhe genießen, sondern zu nächtigem Umherschweifen genöthigt sind, wo sie zur Zeit des Neu­­ mondes Rundtänze halten und schaurige Lieder singen. Werden sie eines Mannes ansichtig, so muß er so lang mit ihnen tanzen, bis er todt ist.« AUS DER WILLI-TANZ. EINE SLAVISCHE VOLKSSAGE (1822)


Das Wiener Staatsballett ist Teil der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien.


giselle Fantastisches Ballett in zwei Akten

Musik Adolphe Adam mit einer Einlage (Bauern-Pas de deux) von Friedrich Burgmüller Libretto nach Théophile Gautier von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges & Jean Coralli Choreographie & Inszenierung Elena Tschernischova Musikalische Leitung Jendrik Springer Bühne Ingolf Bruun Kostüme Clarisse Praun-Maylunas Einstudierung Brigitte Stadler Lukas Gaudernak, Jean Christophe Lesage, Alice Necsea

URAUFFÜHRUNG 28. JUNI 1841, OPÉRA DE PARIS IN DER CHOREOGRAPHIE VON JEAN CORALLI & JULES PERROT URAUFFÜHRUNG 29. JÄNNER 1993, BALLETT DER WIENER STAATSOPER IN DER CHOREOGRAPHIE VON ELENA TSCHERNISCHOVA NACH JEAN CORALLI, JULES PERROT & MARIUS PETIPA


Davide Dato (Herzog Albrecht), Maria Yakovleva (Giselle), Kiyoka Hashimoto (Myrtha), Damen-Ensemble



über die heutige vorstellung ANNE DO PAÇO

Die Uraufführung von Giselle am 28. Juni 1841 an der Opéra de Paris bedeutete für die Ballettbühne ein künstlerisches Gipfeltreffen: Der Literat und erfahrene Theaterautor Théophile Gautier hatte bei Victor Hugo die Geschichte eines jungen Mädchens, dessen Liebe zum Tanzen zu ihrem Tod führt und dessen Geist fortan im Ballsaal spukt, gefunden und war in Heinrich Heines De l’Allemagne auf die im slawischen Raum verbreitete Sage von den Wilis gestoßen. Aus beiden Quellen ließ er sich zu einer Balletthandlung inspirieren, die der versierte Dramatiker Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges in ein Libretto fasste. Dieses setzten Jean Coralli – Ballettmeister der Pariser Oper – und Jules Perrot – damaliger Lebensgefährte der aufstrebenden Ballerina und ersten Interpretin der Giselle Carlotta Grisi – in eine Choreographie um, zu deren immensem Erfolg auch die musikalische Seite beitrug. Adolphe Adam hatte eine Partitur geschaffen, die sich nicht nur wie damals üblich als Reihung verschiedener Tänze entfaltete, sondern vielmehr die Errungenschaften der romantischen Oper erstmals für die Tanzbühne fruchtbar werden ließ: die Arbeit mit Erinnerungsmotiven, die sich wie musikalische Leitfäden durch die Komposition ziehen und zu einer schlagkräftigen musikalischen Vergegenwärtigung des tanztheatralischen Geschehens führen, sowie eine charakteristische, die Atmosphären der beiden kontrastierenden Akte unterstreichende Instrumentierung. Als Werk der Romantik zeigt Giselle Einflüsse durch die Faszination, die das Wundersame, Märchenhafte, Atmosphärische, Illusionistische, Ungreifbare und Unerklärliche in einer Zeit ausübten, die durch große gesellschaftliche Umwälzungen, Veränderungen des Lebens durch die Industrialisierung und die Entschleierung vieler Fragen durch die Naturwissenschaften geprägt war. Naturgeister bevölkerten nicht nur die Literatur,

ÜBER DIE HEUTIGE VORSTELLUNG

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Bildende Kunst und Opernbühne – sondern die luftigsten, ätherischsten von ihnen, die Sylphiden, waren zu Lieblingsfiguren des Balletts geworden, angesiedelt in einer Zwischenwelt, die ganz den Frauen gehörte: auf dem Spitzenschuh und in zarten Tutus über die Bühne »schwebend« Verkörperungen rätselhafter, weltenferner Wesen. Die Choreographie von Giselle knüpfte hier an und geht doch weiter, zeigt die Charakterisierung der Wilis doch eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Schärfe: Nicht als filigrane Elfenwesen erscheinen die Geisterbräute, sondern unter dem Kommando ihrer Beherrscherin Myrtha vielmehr wie eine gefährliche Armee, deren Waffe eine ungebremste Wut gegen das männliche Geschlecht ist. Giselle aber lässt sich von diesen nicht vereinnahmen. Indem sie über das Leben hinaus von der Liebe zu einem Mann, dessen Untreue sie in den Tod getrieben hat, nicht ablassen kann, sondern an ihrem bedingungslosen Bekenntnis festhält, durchbricht sie den Rachemechanismus der Wilis. Von Beginn an ist die Figur der Giselle in einem Dazwischen angesiedelt. Auch wenn nur ihre Eltern wissen, dass sie die uneheliche Tochter eines Herzogs und einer Bäuerin ist, ist sie doch anders als die Mädchen in ihrem Dorf. Sie ist übersensibel, beteiligt sich nicht an der Arbeit der Winzerinnen, sondern liebt den Tanz, ein Tanzen, das mehr als nur Flucht aus der Realität ist, bietet es sich doch bewusst den Blicken der Beobachter in einer Weise an, die Théophile Gautier als »keusche und köstliche Wollust« beschrieb. Diese findet ihren Höhepunkt im Finale des 1. Aktes, das Giselle nicht nur zu einer Schwester von Shakespeares Ophelia, sondern auch der dem Wahnsinn verfallenden Frauen der romantischen Opernbühne macht: Bellinis Elvira, Donizettis Lucia. Die halb als Tanz, halb als Pantomime inszenierte Szene folgt der Dramaturgie eines hysterischen Anfalls, wie ihn später der berühmte Pionier der Neurologie Jean-Martin Charcot in seinem Hôpital de la Salpêtrière zu erforschen versuchte. »Ihr Kopf gerät in Verwirrung, ein schreckliches und düsteres Delirium bemächtigt sich ihrer, als sie sich verraten, verloren, entehrt sieht!«, heißt es im Libretto. Und weiter: »Ihr Verstand wird irre, ihre Tränen kullern, dann lacht sie ein nervöses Lachen … Die Liebe zum Tanz flammt noch einmal in der Erinnerung auf: … Sie stürzt los, beginnt sehnsüchtig und leidenschaftlich zu tanzen … Ein letztes Seufzen entringt sich ihrer geschundenen Seele, sie wirft … Albrecht einen traurigen Blick zu, bevor ihre Augen sich für immer verschließen!« In einer Welt, in der Gegensätze regieren – hier die Bauern, dort der Adel, hier die Hütte, dort das Schloss, hier die Arbeit, dort das Jagdvergnügen, hier eine Gesellschaft, in der Männer Frauen als ihren Besitz begreifen, dort die Sehnsucht nach einer anderen Welt und wahrer Liebe – wird Giselle zum Brennpunkt, in dem sich nicht nur Leben und Tod treffen, sondern das Leben die Schwelle in eine Welt der Geister überschreiten lässt, in die auch Herzog Albrecht und Hilarion hineingezogen werden. Seit der Uraufführung hat diese Geschichte ihre Kraft nicht verloren. An ihre Darstellerinnen stellt die Titelrolle auch heute höchste Ansprüche: Sie fordert nicht nur eine exzellente Technik und Kondition, sondern zugleich eine echte Schauspielerin, die agiert, indem sie tanzt. In der Choreographie und Inszenierung, die Elena Tschernischova nach Perrot, Coralli und Marius Petipa 1993 auf die Bühne der Wiener Staatsoper brachte, zählt Giselle bis heute zu den Signaturwerken des Wiener Staatsballetts und die Gestaltung der Hauptpartien zu den Höhepunkten für die Solistinnen und Solisten des Ensembles. 5

ÜBER DIE HEUTIGE VORSTELLUNG


about today’s performance

ANNE DO PAÇO

The world premiere of Giselle on 28 June 1841 at the Opéra de Paris represented a toplevel meeting of leading artists on the ballet stage. The man of letters and experienced playwright Théophile Gautier had found the story of a young girl whose love of dance leads to her death and whose ghost then haunts a ballroom while reading Victor Hugo, and subsequently come across the saga of the Wilis popular in Slavic regions in Heinrich Heine’s De l’Allemagne. These twin sources inspired him to create the story for a ballet, which the accomplished dramatist Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges adapted into a libretto, which was then turned into choreography by Jean Coralli – ballet master at the Paris Opera – and Jules Perrot – consort of the up-and-coming ballerina Carlotta Grisi, who became the first dancer to perform the role of Giselle. The work’s immense success also owed a great deal to its original music. Adolphe Adam created a score in which not only a succession of different dances unfolded as was customary at the time but where the accomplishments of romantic opera also bore fruit in dance theatre: in his work with reminiscence motifs running through the composition as musical leitmotifs, leading to a powerful musical realization of the dance that is taking place on stage and also in his distinctive instrumentation emphasising the atmospheres of the two contrasting acts. As a Romantic work, Giselle shows the fascinating power that the wondrous, the fairy tale-like, the evocative, the ephemeral, the intangible and the inexplicable still held in an

ABOUT TODAY’S PERFORMANCE

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age of great social upheaval, when life was changed by industrialisation and numerous mysteries were dispelled by the sciences. Ghosts populated not only literature, the visual arts and the operatic stage: the most airy and ethereal of them, the sylphs, became favourite characters in ballets, occupying an intermediate world that was exclusively feminine: in pointe shoes and delicate tutus, these embodiments of enigmatic, unworldly creatures »hovered« above the stage. The choreography of Giselle picked up on this and took it even further: its depiction of the Wilis has a cutting edge that is atypical for its time. These ghostly brides are no delicate fairy creatures. Under the command of their ruler Myrtha, they appear more like a dangerous army whose weapon is unrestrained anger at the male sex. Giselle, however, does not let herself be caught up in this. By refusing to renounce her love for a man whose unfaithfulness drove her to death, and continuing to declare it unconditionally, she overcomes the Wilis’ quest for revenge. From the very beginning, Giselle is a figure caught between opposing poles. Even if her parents are the only ones to know that she is the illegitimate daughter of a Duke and a peasant woman, she is unlike the other girls in the village. She is hyper-sensitive and does not work in the vineyards along with the others. She loves dancing: a dance that is more than simply an escape from reality – it consciously offers itself to the observer’s gaze in a way that Théophile Gautier described as a »chaste and delicious lust«. This reaches its climax at the end of Act 1, which turns Giselle into a sister not only of Shakespeare’s Ophelia, but also the women who descend into madness on the opera stage: Bellini’s Elvira, Donizetti’s Lucia. The scene, which is staged half as dance and half as mime, follows the dramaturgy of an attack of hysteria, just like those that the famous pioneering neurologist Jean-Martin Charcot would later try to investigate at the Hôpital de la Salpêtrière. »Her head starts spinning: a terrible and gloomy delirium overpowers her as she sees that she has been betrayed, abandoned, dishonoured!« the libretto states. And it goes on: »Her mind wanders, tears roll down, then she laughs a nervous laugh … Her love of dancing flares up once again in her memory: … She sets off, starting to dance longingly and passionately … A final sigh escapes from her mistreated soul, she takes … one sad look at Albrecht before closing her eyes forever!« In a world governed by opposites – peasants on one side, nobles on the other; a log cabin on one side and on the other a castle; on one side work and on the other a hunting party; and one side a society in which men regard women as their property and on the other the yearning for a different world and true love – Giselle becomes the focal point, not only where life and death meet, but also where life may cross the threshold into the spirit realm – one that both Duke Albrecht and Hilarion will be drawn into. Ever since its world premiere, the story has lost none of its fascinating power. Today the title role still makes the greatest demands of its performers: requiring not only excellent technique and physical fitness, but also a genuine actress who can act while she is dancing. In the choreography and production that Elena Tschernischova brought to the stage of the Vienna State Opera in 1993 after Perrot, Coralli and Marius Petipa, Giselle continues to this day to be one of the Vienna State Ballet’s signature works and the performance of its leading roles among the highlights for the ensemble’s soloists. 7

ABOUT TODAY’S PERFORMANCE


handlung

1. Akt Giselle ist anders als die Bauernmädchen in ihrem Dorf. Sie lebt vaterlos mit ihrer Mutter Berthe, ist sensibler als ihre Freundinnen und von einer gefährlichen Tanzlust besessen. Der abenteuerlustige Herzog Albrecht mischt sich als Bauer verkleidet unters Volk. Von Giselles unschuldiger Schönheit fasziniert macht er ihr den Hof. Giselle verliebt sich in den Fremden. Sie gestehen sich ihre Gefühle. Hilarion, ein Wildhüter, der schon seit langem ein Auge auf Giselle geworfen hat, beobachtet misstrauisch und voller Eifersucht das Geschehen. Giselle animiert die Winzerinnen zum Tanz. Sie ignoriert die Warnungen ihrer Mutter, die ihr vom Schicksal der Wilis erzählt – jenen Bräuten, die vor ihrer Hochzeit betrogen wurden und fortan als Untote unter dem Bann ihrer Königin Myrtha dazu verdammt sind, jede Nacht zu tanzen. Eine Jagdgesellschaft macht im Dorf Halt, angeführt vom Herzog von Kurland und dessen Tochter Bathilde, der Verlobten Albrechts. Das Haus Giselles ist dem Herzog gut bekannt, war es doch der Unterschlupf eines Liebesabenteuers mit Berthe. Nur mit dieser teilt er bis heute das Geheimnis um die wahre Herkunft ihrer beider Tochter Giselle. Der von ihrem Charme entzückten Bathilde gestattet er, Giselle eine kostbare Kette zu schenken. Die Winzerinnen und Winzer feiern Erntedank und küren Giselle zur Weinkönigin. In der Zwischenzeit entdeckt Hilarion den mit dem Herzogswappen verzierten Degen Albrechts. Vor der versammelten Jagdgesellschaft entlarvt er dessen Verkleidungsspiel. Doch Albrecht flüchtet aus der Erklärungsnot vor Bathilde in die Ausrede, seine Annäherung an Giselle sei nur ein launischer Scherz gewesen. Giselle, fassungslos gegenüber dem Verrat ihrer Gefühle, verliert den Verstand und stirbt.

HANDLUNG

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2. Akt Hilarion sucht im Wald Giselles Grab auf. Zur Mitternachtsstunde beginnen Irrlichter einen Tanz. Hilarion flieht entsetzt. Die Wili-Königin Myrtha erweckt ihr Gefolge. Auch Giselle entsteigt dem magischen Ruf folgend ihrem Grab. Sie wird in die Gemeinschaft der Wilis aufgenommen. Herzog Albrecht ist in tiefer Trauer. An ihrem Grab erscheint ihm Giselle, doch er vermag die Geisterbraut nicht zu fassen. Hilarion ist es nicht gelungen, sich dem Machtkreis der Wilis zu entziehen. Sie verfolgen ihn und verüben ihre Rache: Wie jeden Mann, der sich nach Mitternacht in ihr Revier verirrt, tanzen sie ihn zu Tode. Giselle fleht um Gnade für Albrecht. Myrtha befiehlt ihr, Albrecht von ihrem Grab wegzulocken. Ihre List, den Herzog dem Schutz des Heiligen Kreuzes zu entziehen, scheint aufzugehen: Albrecht vermag Giselles Tanz nicht zu widerstehen. Doch Giselles Liebe, der auch der Tod nichts anhaben konnte, verleiht ihm eine solche Kraft, dass es ihm gelingt, den Tanz bis in die Morgendämmerung durchzuhalten. Mit Sonnenaufgang schwindet die Macht der Wilis. Auch Giselle kehrt in ihr Grab zurück. Albrecht bleibt verstört zurück.

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HANDLUNG


synopsis

Act 1 Giselle is not like the other peasant girls in the village. Fatherless, she lives together with her mother Berthe. She is more sensitive than her friends and obsessed by a passionate desire to dance. Looking for fun, Duke Albrecht disguises himself as a peasant to mingle with the ordinary people. Fascinated by Giselle’s innocent beauty, he courts her. Giselle falls in love with this stranger. They acknowledge their feelings for each other. Hilarion, a gamekeeper who has had his eye on Giselle for some time, watches these events warily and is filled with jealousy. Giselle persuades the girls who work in the vineyard to dance. She ignores her mother’s warnings about the fate of the Wilis – the young women who were jilted before their wedding day and from then on are condemned to dance every night as the living dead under the spell of their queen Myrtha. A hunting party stops off in the village, led by the Duke of Kurland and his daughter Bathilde, who is Albrecht’s fiancée. Giselle’s house is one the Duke knows well: he has come here before for a love affair with Berthe. They are still the only two people who know the secret that they are Giselle’s parents. When Bathilde is delighted with the young girl’s charms, he allows her to give Giselle a valuable chain as a gift. The grape pickers celebrate the harvest and crown Giselle as »Queen of the Vines«. In the meantime, Hilarion discovers Albrecht’s dagger, which bears the Duke’s crest, and reveals his identity in front of the assembled hunting party. Forced to explain himself in front of Bathilde, Albrecht is evasive and makes the excuse that he is just flirting with Giselle as a joke. Giselle is stunned by this betrayal: she loses her mind and dies.

SYNOPSIS

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Act 2 Hilarion goes looking in the forest for Giselle’s grave. At midnight, will-o’-the-wisps suddenly start dancing. Hilarion runs away in terror. Myrtha, queen of the Wilis, is awakening her followers. Giselle, too, follows her magical summons and rises up from her grave. She is accepted as one of the Wilis. Duke Albrecht is in deep mourning. Giselle appears to him at her grave, but he is unable to hold on the ghostly bride. Hilarion has not succeeded in escaping the powerful circle of the Wilis. They pursue him and extract their revenge: like any man who ventures onto their territory after midnight, they dance him to death. Giselle appeals to the Queen to have mercy on Albrecht. But Myrtha commands her to tempt Albrecht away from her grave. This plan, to lure the Duke away from the protection of the Holy Cross, seems to be working: Albrecht cannot resist Giselle’s dancing. But Giselle’s love, which not even death can diminish, fills him with such strength that he is able to keep dancing through until dawn. The power of the Wilis vanishes with the sunrise. Giselle, too, has to return to her grave. Albrecht is left behind disturbed.

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SYNOPSIS


HEINRICH HEINE

»In einem Teile Östreichs gibt es eine Sage, die ... ursprünglich slawisch ist. Es ist die Sage von den gespenstischen Tänzerinnen, die dort unter dem Namen ›die Willis‹ bekannt sind. Die Willis sind Bräute, die vor der Hochzeit gestorben sind. Die armen jungen Geschöpfe können nicht im Grabe ruhig liegen, in ihren toten Herzen, in ihren toten Füßen blieb noch jene Tanzlust, die sie im Leben nicht befriedigen konnten, und um Mitternacht steigen sie hervor, versammeln sich truppenweis an den Heerstraßen, und wehe dem jungen Menschen, der ihnen da begegnet! Er muss mit ihnen tanzen, sie umschlingen ihn mit ungezügelter Tobsucht, und er tanzt mit ihnen, ohne Ruh und Rast, bis er tot niederfällt.


Geschmückt mit ihren Hochzeitkleidern, Blumenkronen und flatternde Bänder auf den Häuptern, funkelnde Ringe an den Fingern, tanzen die Willis im Mondglanz, ebenso wie die Elfen. Ihr Antlitz, obgleich schneeweiß, ist jugendlich schön, sie lachen so schauerlich heiter, so frevelhaft liebenswürdig, sie nicken so geheimnisvoll lüstern, so verheißend; diese toten Bacchantinnen sind unwiderstehlich. Das Volk, wenn es blühende Bräute sterben sah, konnte sich nie überreden, dass Jugend und Schönheit so jähling gänzlich der schwarzen Vernichtung anheimfallen, und leicht entstand der Glaube, dass die Braut noch nach dem Tode die entbehrten Freuden sucht.« AUS ELEMENTARGEISTER (1835)


mein lieber heinrich heine THÉOPHILE GAUTIER AN HEINRICH HEINE IN EINEM OFFENEN BRIEF IN LA PRESSE VOM 5. JULI 1841

... vor einigen Wochen, beim Durchblättern Ihres schönen Buches De l’Allemagne, stieß ich auf eine bezaubernde Passage – man braucht Ihr Buch nur willkürlich aufzuschlagen, um sie zu finden – es ist die Stelle, an der sie von weißgekleideten Elfen sprechen, deren Rocksäume immer feucht sind, von Nixen, deren kleine Satinfüße an der Decke des Brautgemachs erscheinen, von schneefarbenen Wilis in erbarmungslosem Tanz und von all diesen köstlichen Erscheinungen, auf die sie im Harz und an den Ufern der Ilse trafen, in jenem vom Schein des deutschen Mondes durchwirkten Nebel. Und ganz willkürlich rief ich aus: »Welch hübsches Ballett würde man daraus machen können!« In diesem Anflug von Enthusiasmus nahm ich selbst einen großen, schönen weißen Papierbogen zur Hand und schrieb in einer wundervoll gestochenen Schrift an den oberen Rand des Blattes: Die Wilis – ein Ballett. Doch dann lachte ich und warf den Bogen fort, ohne meinen Einfall weiter zu verfolgen, indem ich mir sagte, dass es wohl unmöglich sei, eine so nebelhafte und nächtliche Poesie in die Sprache des Theaters zu übersetzen, diese wollüstige unheilvolle Phantasmagorie, all diese Effekte der Legenden und Balladen, die so wenig mit unseren Gepflogenheiten zu tun haben. Abends, den Kopf noch voll mit ihrer Idee, traf ich in der Oper hinter einer Kulisse jenen geistreichen Herren, der alle Fantasie und allen Witz des Verliebten Teufels von Cazotte (...) in ein Ballett übersetzte, wobei er hier auch viel Eigenes hinzu tat. Ich erzählte ihm von der Tradition der Wilis. Drei Tage später war Giselle gemacht und angenommen. Am Ende der Woche hatte Adolphe Adam die Musik improvisiert, die Dekorationen waren beinahe fertig, die Proben waren im vollen Gange.

MEIN LIEBER HEINRICH HEINE

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Carlotta Grisi: die Giselle der Pariser Uraufführung 1841


aspekte zum werk ELENA TSCHERNISCHOVA (1993)

Eine schwarz-weiße Version des Balletts Giselle – warum, das fragen Sie sich natürlich. Ich habe das Werk, so wie es das Publikum jetzt sieht, schon lange geplant. Lange bevor auf den Fernsehschirmen des MTV die wunderbaren schwarz-weißen Clips der Rockgruppen liefen. Schwarz-weiß – das gab es sowohl in der Fotografie als auch im Kino. Durch den schwarz-weißen Hintergrund wird alles, was auf der Bühne vor sich geht, noch verstärkt. Giselle ist ein Ballett, das seinesgleichen im klassischen Repertoire sucht. Das Sujet ist ein Glücksfall für das Theater, es ist voll natürlichen Lebens, und geheimnisvoll folgt darauf die überirdische Welt. Liebe, Treue, Tod, Verrat ... hier gibt es alles, was die Menschheit bewegt, auch heute noch. Und das alles gibt dem Tänzer-Schauspieler genug zu tun. Die Choreographie von Jean Coralli und Jules Perrot, bedeutend bereichert durch den genialen Marius Petipa, erscheint mir als solches Meisterwerk, dass es seine »Unantastbarkeit« nicht mehr beweisen muss. Als meine Aufgabe betrachte ich es, diese Choreographie zu restaurieren, und nur jene ihrer Elemente, die spurlos verschwunden sind, zu erneuern, mit besonderem Takt und maximaler Anpassung im Stile ihrer Schöpfer. Nur in dem Falle, dass diese Arbeit nicht sichtbar ist, werde ich es als Erfolg für mich betrachten. Natürlich muss man aber den Fortschritt berücksichtigen – das, was über uns, in uns, um uns ist. Das technische Niveau der Tänzerinnen und Tänzer ist so weit fortgeschritten, und die Kunst einzelner führt einen zu choreographischen Lösungen, die den Erfordernissen der heutigen Zeit entsprechen. Darum bin ich fern von dem Gedanken, eine Kollektion klassischer Werke in ihrer ursprünglichen Art zu schaffen. Natürlich ist auch das interessant, aber nicht für mich, das ist etwas für andere Leute. In der Giselle fand ich Platz und Zeit für die Demonstration der Technik auf heutigem Niveau. Der eingefügte Bauern-Pas de deux war schon immer ein Paradestück. Gleichzeitig verursachte er eine Pause in der Entwicklung der Handlung und schloss die

ASPEKTE ZUM WERK

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Hauptpersonen aus dem allgemeinen Trubel aus. In meiner Fassung sind die Protagonisten – Giselle und Albrecht – in den Pas de deux und damit so vollkommen organisch in die Atmosphäre des ländlichen Festtages, an dem sie teilnehmen, eingefügt. Die Elemente dieses Wettkampfs bringen Adrenalin ins Blut der Tänzerinnen und Tänzer und der Zuschauer. Die Pantomime hat in diesem Werk besondere Bedeutung; ich möchte sagen, sie ist einfach vollkommen. Sie wurde so meisterhaft gestaltet, dass sogar die bedeutenden Köpfe sie nicht zu berühren wagten, die in den 1950er Jahren unseres Jahrhunderts alle Ballette bearbeiteten und die Pantomime als »nicht zeitgemäß« betrachteten und eliminierten. Dennoch geht häufig die sinnvolle Erfüllung dieser Szenen verloren durch eine allzu formale Darstellung. Beispielsweise versucht Hilarion nicht dem Tod zu entkommen, als er Giselle die Wahrheit über Albrecht enthüllt, sondern will vielmehr noch Widerstand beweisen, als Albrecht versucht, ihn mit dem Degen zu durchbohren. Ist das nicht seltsam, wenn die Rolle Hilarions als traditioneller theatralischer Bösewicht gestaltet ist? In der Tat. Hilarion, der Giselle liebt, enthüllt ihr das Geheimnis Albrechts, versteht die ganze Schwere des Folgenden und ist sich voll bewusst über alles, was kommen wird: der Untergang im Todestanz der Wilis, wie ein neuer, furchtbarer Schritt zu seiner heißersehnten Liebe, die Möglichkeit, sich mit ihr im Herzen zu vereinen, ihr sogar zu folgen. Ist seine Rolle nicht philosophisch tiefer als die eines eifersüchtigen Rivalen? Ist er, der Naturbursche, nicht der romantische Ausdruck jener pantheistischen Ideen, welche die Romantiker aus der Philosophie eines Rousseau schöpften? Oder die Mutter Giselles, die vielleicht zu irgendeiner Zeit vom Herzog von Kurland verführt worden war und sich offensichtlich an die Begegnung mit ihm erinnert. Dies erklärt, wieso Giselle sich zur Aristokratie hingezogen fühlt, eine Hingezogenheit, die quasi genetisch in ihr liegt. Solche Überlegungen sind Teil der szenischen Lösung des Werks, auch wenn sie ursprünglich keine prinzipielle Bedeutung hatten und folglich auch keine weitere Entwicklung fanden. Aber allein ihre Existenz im Sujet erfüllt auf der Bühne die Atmosphäre der gegenseitigen Beziehungen viel mehr als das Betrachten einer pastoral gestalteten szenischen »Wirklichkeit«. Das ist nämlich Romantik, und nicht Klassizismus mit Schäferidylle. Ich suche in Giselle die komplexen Gefühle in ihren vielfältigen Erscheinungen, denn dort gibt es keine Naivität.

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ASPEKTE ZUM WERK


hier irrte richard wagner GUNHILD OBERZAUCHER-SCHÜLLER

»Nun haben wir auch deutsches Ballett gehabt, es spielt, oder tanzt vielmehr, in Schlesien, nicht weit von Breslau, und ein deutscher Dichter, Heinrich Heine, hat die Idee dazu gegeben.« Als Richard Wagner 1841 – zu dieser Zeit in Paris ansässig und mit der Komposition des Fliegenden Holländer beschäftigt – nicht ohne Ironie – diese Zeilen schrieb, arbeitete er, um sich finanziell über Wasser zu halten, an Korrekturarbeiten, daneben entstanden Schriften, kleinere Aufsätze, auch Kritiken Pariser Theaterereignisse, die in französischen, aber auch deutschen Blättern erschienen. Sind Wagners 1841 entstandene Gedanken über die Pariser Bearbeitung des Freischütz viel rezipiert, so fand der knappe, aber nicht minder aufschlussreiche Bericht über die Giselle, der im Juli 1841 in der Dresdner Abendzeitung erschien, bislang weniger Beachtung. Wagner, dem die Kunstgattung Ballett bekanntlich gänzlich fremd war, brachte der Giselle offenbar deswegen ein bestimmtes Interesse entgegen, weil das Werk – ebenso wie der Holländer auch – die wesentlichen stofflichen Impulse von Heine erhalten hatte. Fast hat es den Anschein, als ob Wagner gerade mit jenem Sagenkreis bestens vertraut war, der dem Ballett als Vorlage diente, denn er entwickelte sogar so etwas wie ein Gespür für Ballettdramaturgie, wenn er schreibt: »Es ist dies die Sage von den Willis, jenen mit ungestilltem Liebesverlangen gestorbenen Bräuten, welche um Mitternacht aus dem Grabe entsteigen, um die Männer, die ihnen nahen, zu Tode zu tanzen. An dieser phantasievollen Sage hat den Franzosen besonders die gute Qualifikation zum Ballett gefallen.«

HIER IRRTE RICHARD WAGNER

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Und Wagner kann in der Folge nicht umhin, gegen die, wie er meint, ganz und gar französische Kunstgattung Ballett zu wettern, und er erweist sich dabei, völlig überraschend, als Kenner von Fachterminologie: »In der Tat, welche Gelegenheit zur Geltendmachung der unsäglichsten Pirouetten, der übersinnlichsten Entrechats bietet nicht diese unheimliche Lust der Willis dar? Um übrigens die Tanzmorde wahrscheinlich zu machen, hat der Bearbeiter sehr recht getan, die Szene in die Nähe von Breslau zu verlegen, anstatt nach Paris; denn nur, wenn sie dieselben für Deutsche oder gar für Schlesier halten müssen, könnten sich die Franzosen diese Opfer der Tanzlust erklären. Ein Zuschauer der Pariser Maskenbälle hat nämlich Gelegenheit, sich zu überzeugen, dass ein Franzose nun und nimmermehr totzutanzen ist.« Nicht ohne Lust und tiefere Absicht vermischt Wagner hier zwei Ebenen – Theatertanz und Gesellschaftstanz –, die freilich voneinander zu trennen sind, und in der Folge vergisst er sogar Details der eigenen Arbeit (den Schauplatz des Holländers), wenn er sagt: »Der Charakter, die Gewohnheiten und die Eigenschaften der Franzosen machen ihnen, zumal im Gebiete der Poesie, viele Dinge rein undenklich und unbegreiflich; es sehen sich daher Opern- und Ballettdichter oft veranlasst, ihre Wunder dem Auslande zu entnehmen ...«. In der Tat, nicht nur die Ballettlibrettisten dieser Zeit siedelten das Geschehen ihrer Bühnenwerke in fernen Ländern an, auch die Opernlibrettisten, oft mit ersteren identisch, fanden ihre Schauplätze zeitlich oder geographisch fern vom angeblich vergnügungswütigen Paris, wo, nach Wagner, »ein einziger Ball der Pariser Großen Oper hinreicht, uns den Armen des Tanztodes zu überliefern«. Der Norden (auch Wagner findet seine »Wunder« dort), Schottland, das »barbarische« Zeitalter der Gotik, die Tiefe der deutschen Wälder, das sind die bevorzugten Schauplätze der Bühnenwerke der Epoche. Wenn Wagner schließlich meinte, »wir Deutschen brauchen keine Willis«, so irrte er, wie es die Aufführungsgeschichte des Werks beweist, vollkommen. Giselle, auch in Deutschland rasch zu einem Grundpfeiler des romantischen Repertoires geworden, ist eines jener Handvoll von Balletten, die exemplarisch die vollkommene Einheit und Durchdringung von dramaturgischen und tänzerischen Mitteln darstellen, weil es die Handlung ganz bewusst auf jenes Geschehen beschränkt, das weitgehend durch das Medium Tanz realisiert werden kann. Die von Wagner ungeliebte Gattung verstellt ihm überdies den Blick auf das Eigentliche des Balletts, seine Thematik, die ihm keineswegs fremd war und mit der die Autoren der Giselle, allesamt gewitzte französische Hommes de théâtre, den wahren Grundzug der ganzen Epoche auf die Bühne stellten: das Gegeneinander von Realität und Wahn, ein Ideenkonflikt, der die Totalität der menschlichen Existenz erfasst. Und Wagner war ebenfalls entgangen, dass sich bereits in den dreißiger Jahren das Ballett als die ideale Bühnenkunst für die Darstellung dieses Ideenkonflikts erwiesen hatte. Das 1832 entstandene Ballett La Sylphide hatte, mit dem Nonnenballett in Meyerbeers Oper Robert le Diable als wesentliche Vorwegnahme, eine Epochenwende eingeleitet: Mit Filippo Taglioni als Choreographen und Marie Taglioni als Protagonistin hatte die Kunstgattung Ballett zu einem neuen Stil gefunden und sich damit anderen, höheren Stellenwert im musiktheatralischen Schaffen der Zeit erobert. 19

HIER IRRTE RICHARD WAGNER


VICTOR HUGO

»Elle aimait trop le bal, c’est ce qui l’a tuée; Le bal éblouissant, le bal délicieux! Sa cendre encor frémit doucement remuée, Quand, dans la nuit sereine, une blanche nuée Danse autour du croissant des cieux.« »Zu sehr hat sie den Tanz geliebt, er war ihr Tod. Der glänzende rauschende Ball! Selbst ihre Asche zittert noch, bewegt sich sanft, Wenn in der ruhigen Nacht eine weiße Wolke Um die Himmelssichel tanzt.«


Eine französische Teamarbeit Für oben erwähnte französische Theatermänner war die Sylphide zu einer Art Modell geworden. Die zweiaktige Anlage dieses Balletts versinnbildlicht das romantische antithetische Denken: Der farbigen, bürgerlichen Welt des ersten Akts steht die weiße Welt der Irrealität des zweiten Akts gegenüber; der Wärme der Couleur locale das gefrierende Weiß des Mondscheins; den farbenfrohen Trachten das weiße Gewölk der Sylphidenkleider. Und schließlich: dem Charaktertanz im ersten Akt wird im zweiten der Spitzentanz gegenübergestellt, der nun, in einem neuen Sinnzusammenhang, die Bewegungsart des Wesens aus einer anderen Welt symbolisiert. Als Théophile Gautier, Literat, Kritiker und Ballettliebhaber, nun Heinrich Heines Buch De l’Allemagne liest, das die Schilderung der Wilis enthält, lässt es ihn sofort an den zweiten Akt eines neuen Balletts denken (zu diesem Zeitpunkt ist übrigens Gautiers Tochter Judith, mit der Wagner 30 Jahre später eine Freundschaft verband, noch nicht geboren); auf der Suche nach einer Vorlage für den ersten Akt, der mit einem effektvollen Tod enden sollte, stößt Gautier auf Victor Hugos Gedicht Les Fantômes. Schließlich wendet sich Gautier an den erfahrenen Librettisten Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges um Assistenz, und einige Tage später ist das Sujet bereits von der Opéra angenommen; gleichzeitig wird der Kompositionsauftrag an Adolphe Adam vergeben. Schon in der folgenden Woche hat Adam die Musik skizziert, die Proben werden unverzüglich aufgenommen. Théophile Gautier hatte die Rolle der Giselle für Carlotta Grisi entworfen, in ihr wurde die damals Zweiundzwanzigjährige von den Parisern als legitime Nachfolgerin von Marie Taglioni, aber auch von Fanny Elßler gefeiert. Jean Coralli, der gemeinsam mit Gautier und Saint-Georges am Abfassen des Librettos beteiligt war, schuf die Choreographie des Balletts, musste sich allerdings seine Aufgabe mit dem ständigen Begleiter Carlotta Grisis, Jules Perrot, teilen, der schließlich für die Choreographie der Titelpartie verantwortlich war. Erster Albrecht war Lucien Petipa, der Bruder des nachmals berühmten Marius Petipa. Die Myrtha verkörperte Adèle Dumilâtre. Adolphe Adam, der, wie er schrieb, das Ballett mit viel Freude und unter großem Zeitdruck komponiert hatte, musste erleben, dass seine Partitur schon bei der ersten Vorstellung um die Musik eines anderen Komponisten »bereichert« wurde. Nathalie Fitzjames, eine Solistin der Opéra, hatte es durchgesetzt, dass für sie ein eigener Pas de deux in den ersten Akt des Balletts eingelegt wurde. Sie tanzte die später als Bauern-Pas de deux bekannt gewordene Einlage gemeinsam mit Auguste Mabille zu einer Musik von Friedrich Burgmüller. Die am 28. Juni 1841 erfolgte Premiere von Giselle wurde zu einem triumphalen Erfolg. Auch Richard Wagner gesteht dies in seiner Rezension, wenn auch mit etwas säuerlichem Ton, durchaus ein: »Übrigens ist es mit diesem Ballett, wie mit allen andern; man tanzt gut, man hat schöne Dekorationen, man macht artige Musik.«

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HIER IRRTE RICHARD WAGNER


er lief der melodie voraus

GUNHILD OBERZAUCHER-SCHÜLLER

Mit der Uraufführung von Meyerbeers Robert le Diable markiert das Jahr 1831 nicht nur den Beginn des romantischen Balletts, zur selben Zeit entsteht, ebenfalls für Paris, auch die erste Ballettkomposition von Adolphe Adam, der sich als gleichermaßen talentierter wie flinker Arbeiter in den Genres des Vaudeville und der Opéra-comique bereits einen Namen gemacht hatte. »Er liebte das Fieber rascher Arbeit«, schrieb Jacques Fromental Halévy über Adam, »und er lief der Melodie voraus, traf sie auf seinem Weg, genauso geschäftig wie er, flink und lebhaft, einfach oder verziert, naiv oder kokett, aber ohne gewollte Floskeln ...«.

ER LIEF DER MELODIE VORAUS

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Mit besonderem Gusto hatte sich der 1803 geborene Adam, Sohn eines Musikers, dem Ballett zugewandt, einer Gattung, für die er eine besondere Vorliebe entwickelte. »On ne travail plus, on s’amuse«, ein des Öfteren in Zusammenhang mit seinem Ballettkomponieren zitiertes Diktum Adams, könnte leicht missverstanden werden, denn nicht flüchtige Schnelligkeit oder leere Anspruchslosigkeit diktierten seine Ballettmusik, sondern natürliche Leichtigkeit, die auf Kenntnis der Mittel und des Genres basierte. La Chatte blanche hieß sein erstes Ballett, das er in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Casimir Gide herausbrachte. Adam blieb für die gesamte Dauer der Ära der Romantik für das Ballett tätig, doch diese Tätigkeit unterschied sich grundlegend von der anderer Ballettkomponisten der Zeit: Er arbeitete stets für alle musiktheatralischen Gattungen, und er komponierte seine Ballette nicht nur für einen Choreographen, sondern für alle stilbildenden Meister der Ära. Waren Cesare Pugni insbesondere für Jules Perrot, sowie Ludwig Minkus und Riccardo Drigo hauptsächlich für Marius Petipa tätig, so komponierte Adam sein nächstes Ballett Faust, das 1833 in London herauskam, für André Jean-Jacques Deshayes. Einige Jahre später arbeitete Adam für den Taglioni-Clan: La Fille du Danube, 1836 an der Pariser Opéra in einer Choreographie von Filippo Taglioni uraufgeführt, erwies sich für die Hauptdarstellerin Marie Taglioni als derart erfolgreich, dass man den Komponisten sofort einlud, gemeinsam ein Ballett für St. Petersburg herauszubringen. Dazwischen entstand 1837, wieder für die Pariser Opéra, Les Mohicans, ein Ballett, für das der geniale, zu früh verstorbene Antonio Guerra verantwortlich zeichnete. 1840 gelangte das St. Petersburger Taglioni-Ballett L’Ecumeur de mer zur Aufführung; auf dem Weg zurück nach Paris entstand noch im selben Jahr eine Arbeit für ein weiteres Mitglied der Taglioni-Familie: Paul Taglioni choreographierte 1840 in Berlin Die Hamadryaden, ein als Opéra-ballet ausgewiesenes Werk. Im Jahr darauf schuf Adam in einer Arbeitszeit von nur zwei Monaten Giselle ou les Wilis, ein weiteres Jahr später La Jolie Fille de Gand, für das Albert die Choreographie schuf. 1843 entstand in Paris Le Diable à quatre für Joseph Mazilier, zwei Jahre später für London The Marble Maiden, wieder mit Alberts Choreographie. Dann konzentrierte sich Adam auf die Zusammenarbeit mit Joseph Mazilier in Paris: 1848 entstand Griséldis, ou les Cinq sens, 1849 La Filleule de fées, 1852 Orfa, und schließlich 1856, dem Jahr seines Todes, Le Corsaire, ein Werk, mit dessen Musik man auch heute noch bestens vertraut ist. Was Adams Musik jedoch vor allem von den anderen Ballettpartituren der Zeit unterschied, war ihre Qualität. Eine Art »Gütesiegel« erhielt die Musik der Giselle bereits bei ihrer Premiere dadurch, dass der erste Dirigent des Hauses, François-Antoine Habeneck, darauf bestand, die Uraufführung selbst zu dirigieren. Und man sah in dieser Partitur eine Art Geschenk, das dem Ballett nicht oft beschert wurde. Man empfand die Musik als elegant, frisch und reich an Melodien, aber auch als düster und geheimnisvoll, in deren Bann man sofort geriet und sich mit ihr fortziehen ließ. Vor allem bewunderte man den auf Kontrast abzielenden Einsatz der musikdramaturgischen Mittel: In Klang, Harmonie, Melodie, Rhythmus und Tempo und auch in seinem tonalen Schema unterscheiden sich erster und zweiter Akt – hier die heiter-sonnige Talgegend, dort der unheimlich-düstere 23

ER LIEF DER MELODIE VORAUS


Wiliswald, beide Akte durch die Wahnsinnsszene miteinander verbunden (ein Aktfinale, das sich mit seinem opernhaften Charakter an Meyerbeer orientierte). Durch ein noch nie zuvor gehörtes Zusammenspiel von Instrumenten (Violinen, begleitet von vier Harfen), sieht man sich in die magische Sphäre des zweiten Akts und den Bannkreis der Myrtha gezogen, ein Effekt, der ebenso überraschte wie das Heranziehen einer Fuge, ein für das Genre des Balletts äußerst selten verwendetes Kompositionsmittel. Neue und gewagte harmonische Zusammenhänge überraschten ebenso wie der geschickte Gebrauch der »airs parlants« für die mimischen Dialoge. Der Walzer für das liebende Paar im ersten Akt wurde als »deutsch à la Strauss« empfunden, der reizvoll mit der folgenden Pas de deux-Musik kontrastierte, die, wie der erste Akt überhaupt, im »genre villageois« gehalten war. Vielbeachtet zudem war der Gebrauch von Soloinstrumenten als Charakterisierungsmittel der Protagonisten: die Flöte als Stimme Giselles; das Cello für die dunklen Momente der Handlung, Berthes Voraussage, Hilarions Rachegelüste und das Auftauchen der Irrlichter. Adams Ballettmusik setzte Maßstäbe; dass just in seinem Todesjahr (1856) Léo Delibes’ erstes musiktheatralisches Werk in Paris uraufgeführt wurde, lässt an ein höheres, dem Ballett-Theater besonders geneigtes Walten glauben.

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HANS WERNER HENZE

»Giselle, die Umwandlung von Heines Wilis durch Gautier, Coralli und die harte Musik von Adam, die in diesem Zusammenhang alle Vordergründigkeit verliert, ist ein Kunstwerk von hohem Rang, unsentimental, voller Schauer und, besonders im zweiten Akt, von echter Poesie erfüllt, deren Fassung uns einen Blick von seltener Klarheit in eine Geistigkeit gestattet, die Ernst und Tiefe mit etwas vereinigt, wofür wir im Deutschen das etwas abfällige Wort ›Gefälligkeit‹ haben, was aber mehr ist, nämlich Eleganz, durch Beherrschung und Zurückhaltung des Ausdrucks erreicht.«



Maria Yakovleva & Elena Bottaro (Giselle) Davide Dato & Alexey Popov (Herzog Albrecht)

← Elena Bottaro (Giselle)


Andrey Teterin (Hilarion), Denys Cherevychko (Herzog Albrecht)


Sonia Dvořák, Arne Vandervelde (Bauern-Pas de deux)


Gala Jovanovic (Myrtha)


Elena Bottaro (Giselle), Denys Cherevychko (Herzog Albrecht)



Liudmila Konovalova (Giselle), Masayu Kimoto (Herzog Albrecht)


giselle: ein »russisches« ballett?

ALFRED OBERZAUCHER

»Zu behaupten, das Russische Ballett habe Giselle bloß der Vergessenheit entrissen, hieße die Wichtigkeit dessen, was es tatsächlich für dieses Ballett geleistet hat, herabzusetzen.« Mit dieser Feststellung brachte der sowjetische Ballettwissenschaftler Juri Slonimski die Wirkungsgeschichte von Giselle auf den Punkt. Denn nachdem das Werk nach der Pariser Uraufführung in Westeuropa wie in Amerika Erfolge feiern konnte, wie sie außer La Sylphide keinem anderen Ballett der Romantik beschieden waren, gelangte es an der Pariser Opéra nach dem Abgang Carlotta Grisis (1849) nur mehr vereinzelt zur Aufführung, 1868 verschwand es – wie fast überall zu dieser Zeit – gänzlich aus dem Repertoire. Wesentlich für die ursprüngliche Beliebtheit beim Publikum war die Übereinstimmung mit dem in dieser Zeit vorherrschenden Geschmack, darüber hinaus aber die vorzügliche Eignung als »Altar«, auf dem die vergötterten Ballerinen dieser Epoche ihre Kunst zelebrieren konnten. Mit dem Abtreten der großen Ballerinen der Romantik schien auch Giselles Schicksal besiegelt.

GISELLE: EIN »RUSSISCHES« BALLETT?

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Anders in Russland, wo man offenbar die geniale Anlage des Librettos erkannte, das den Tanz zum eigentlichen Thema des Balletts erhob: Giselle, von Tanzlust erfüllt, ist ruhelos auch im Tod, sie wird in den Kreis der tanzend als Rächerinnen auftretenden Wilis aufgenommen; Hilarion wird zu Tode getanzt; Albrecht entgeht nur um Haaresbreite dem Tanztod. Antoine Titus, der das Ballett in Paris kennengelernt hatte, studierte es 1842 in St. Petersburg für Jelena Andrejanowa ein. In den folgenden Jahren bot es auch dort Stars des romantischen Balletts wie Lucile Grahn und Fanny Elßler Gelegenheit zu glänzen. 1850 brachte Jules Perrot in St. Petersburg das Ballett für die Grisi neu heraus, wesentlichen Anteil an dieser Inszenierung hatte damals bereits Marius Petipa, dessen Kenntnis des Balletts aus der Zeit der Uraufführung herrührte, als er ohne Engagement in Paris weilte und die Choreographie schriftlich festhielt (diese Notizen befinden sich heute im St. Petersburger Theatermuseum). Auch als Interpret – er tanzte den Albrecht in Frankreich und Russland – war Petipa bestens mit dem Werk vertraut. Dennoch schien es, als wolle Giselle auch in St. Petersburg aus der Mode kommen – nur sporadisch wurden Vorstellungen für Ballerinen wie Nadeschda Bogdanowa, Marfa Murawjewa und Adele Grantzow, für die 1866 in den zweiten Akt die heute noch gebräuchliche Variation zur Liebesmusik des ersten Akts eingelegt wurde, angesetzt. Mit der Bestellung Iwan Wsewoloschskis zum Direktor der Kaiserlichen Theater trat jedoch eine Änderung in der Repertoirepolitik ein. Mit seinem tiefen Verständnis für französische Kultur unterstützte Wsewoloschski den mittlerweile zum Alleinherrscher über das St. Petersburger Ballett avancierten Petipa in dessen ablehnender Haltung gegenüber den aufwändigen Balletten italienischer Herkunft, die durch gastierende Truppen nach Russland gelangt waren; er ermutigte ihn, neben der Kreation eigener Ballette, zu Wiederaufnahmen älterer, französischer Werke. So erfuhr Giselle 1884 im St. Petersburger Bolschoi-Theater die erste von insgesamt drei »von M. Petipa persönlich choreographierten« Wiederaufnahmen, die das heutige Erscheinungsbild dieses Balletts – insbesondere das des Grand pas der Wilis – begründeten. Anlässlich der 1887 erfolgten Transferierung des Balletts ins Mariinski-Theater schuf Petipa zu Musik, die wahrscheinlich von Ludwig Minkus stammt, die Variation der Giselle im ersten Akt; dieses von Emma Bessone kreierte Solo ist heute noch Prüfstein für das technische Können einer Ballerina. Petipas endgültige Fassung der Giselle entstand 1899. Über den schöpferischen Beitrag dieses großen Meisters, durch den Giselle gleichzeitig konserviert und bereichert wurde, schrieb Fjodor Lopuchow, der eminente Kenner des klassischen Repertoires: »Perrot, Coralli und Petipa haben zwar nicht zur selben Zeit, jedoch in ein und demselben Geist miteinander gearbeitet!« Petipas letzte Arbeit als Ballettmeister der Kaiserlichen Theater galt noch einmal Giselle. 1903 bereitete er Anna Pawlowa, in der er die legitime Nachfolgerin der Grisi sah, auf ihr Debüt als Giselle vor. So geleitete Petipa selbst noch gemeinsam mit dieser Ballerina das in neuem Glanz wiedererstandene Ballett ins 20. Jahrhundert. Den Grundstein für die enorme Verbreitung, die Giselle von nun an erlangen sollte, legte Serge Diaghilew 1910, im Todesjahr Petipas, als er – 42 Jahre nach der letzten Pariser Aufführung – das Ballett in seiner »Russischen Saison« an der Pariser Opéra herausbrachte. Tamara Karsawina und Wazlaw Nijinski tanzten in der von Michail Fokin betreuten Produktion, in die 35

GISELLE: EIN »RUSSISCHES« BALLETT?


die im Laufe der Zeit fallengelassene Fuge der Wilis wieder eingefügt wurde. Auch Anna Pawlowa, die Giselle in das Repertoire ihres Ensembles aufnahm und weltweit tanzte, trug wesentlich zur Popularität des Werks bei. Zur Schlüsselfigur der Giselle-Rezeption im 20. Jahrhundert aber wurde Nikolai Sergejew. Der ehemalige Oberregisseur des St. Petersburger Balletts hatte Petipas Fassung in Stepanow-Notation festgehalten und schuf mit Hilfe dieser Aufzeichnungen Modellinszenierungen in Paris (1924) und London (1932), die Olga Spessiwzewa zur Interpretin hatten. Sergejews Einstudierungen sind heute noch verbindlich für fast alle Ballettmeister der westlichen Welt. Auch in der Sowjetunion blieb trotz aller stilistischen Wandlungen und technischen Erweiterungen der choreographische Text Petipas Grundlage für weitere Einstudierungen, etwa die von Agrippina Waganowa (1932) und Wladimir Ponomarjow (1941) in Leningrad. Die von Alexander Gorski 1907 in Moskau begründete eigenständige Aufführungstradition wurde durch die an Petipa orientierten Fassungen von Alexander Monachow (1934) und Leonid Lawrowski (1944) abgelöst. Herausragende Interpretin dieser Zeit war Galina Ulanowa. Gastspiele des Bolschoi-Balletts wie des Kirow-Balletts im Westen sowie das Wirken von Kirow-Tänzern wie Rudolf Nurejew, Natalia Makarova, Mikhail Baryschnikov und Elena Tschernischova in Europa und Amerika setzten in der Auseinandersetzung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit der einstmals französischen Schöpfung wesentliche Akzente. Die Frage nach der Provenienz traditioneller Giselle-Einstudierungen unserer Tage ist hiermit eindeutig beantwortet.

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CARLO BLASIS

»Seid so leicht, wie Ihr könnt; der Zuschauer will in einem Tänzer etwas Ätherisches finden, will glauben, dass Ihr die Erde kaum berührt, dass Ihr bereit seid, Euch in die Lüfte zu erheben.« TRAITÉ ELÉMENTAIRE. THÉORIQUE ET PRATIQUE DE L’ART DE LA DANSE (1820)


zur wiener gisellehistorie

ALFRED OBERZAUCHER

Bereits zwei Wochen nachdem Giselle auf den »weltbedeutenden Brettern« der Pariser Opéra Furore gemacht hatte, konnte Adolf Bäuerle mit berechtigtem Stolz den Lesern seiner Theaterzeitung einen vierspaltigen Premierenbericht von Jules Janin präsentieren, den der »König der Pariser Kritiker« mit dem Ausruf »Das nenne ich ein Ballett!« schloss. Ganze zehn Monate musste sich das Wiener Publikum gedulden, ehe Giselle am 4. Mai 1842 zur Wiener Erstaufführung gelangte. (Bordeaux, London, Brüssel und Marseille, wo Hermine Elßler, eine Cousine der »Göttlichen Fanny« als erste Wienerin die Titelrolle getanzt hatte, waren dem K. K. Hoftheater zuvorgekommen.) Die hochgespannten Erwartungen der Wiener konnte Hermine Blangy mit ihrer Inszenierung sowie mit der Interpretation der Titelpartie, die ihr den Namen »Die Ätherische« eintrug, erfüllen, war doch die damalige Erste Tänzerin des Kärntnertortheaters mit dem Werk,

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in dem sie an der Pariser Opéra kurze Zeit nach der Uraufführung die Rolle der Myrtha übernommen hatte, wohl vertraut. Blangys Wiener Partner war Gustave Carey, der die Partie des Albrecht auch in fast allen Vorstellungen des folgenden Jahrzehnts tanzte. Eine Besonderheit der Wiener Giselle war eine von Joseph Lanner komponierte Polka, die in den ersten Akt eingelegt wurde (Lanners Tochter Katti war übrigens in jenen Jahren eine der gefeierten Interpretinnen der Myrtha). Zu einem Fixpunkt des Wiener Repertoires geworden, diente Giselle während der 1840er und frühen 1850er Jahre als idealer Rahmen für Auftritte der berühmtesten Ballerinen dieser Epoche. Den Reigen eröffnete Fanny Elßler, die sich nach ihrer Amerikatournee die Rolle der Giselle in London zu eigen gemacht und mit ihrer hochdramatischen Gestaltung der Wahnsinnsszene eine heute noch gültige Konzeption geschaffen hatte. »Diese Mimik sagt mehr als Worte, sie greift in das Innerste des Gemüts, und schließt eine Welt von Schmerz unserem Auge auf.« Mit diesem Satz hat der Kritiker der Theaterzeitung den Wienern, die der »Heimkehrerin« 1844 unbeschreibliche Huldigungsbezeigungen darbrachten, aus dem Herzen gesprochen. Selbstverständlich hatte die große Ballerina der Romantik auch in den beiden folgenden Jahren Giselle im Repertoire ihrer Gastauftritte (1846 war als neuer Albrecht Louis Mérante ihr Partner). Lucile Grahn und Fanny Cerrito, die ebenfalls mitbestimmend für dieses »Goldene Zeitalter« des Balletts waren, stellten Anfang der 1850er Jahre den Wienern ihre Interpretationen der Giselle vor. Daneben präsentierten sich Karoline Wendt, Augusta Maywood, Elise Albert Bellon, Leopoldine Brussi, Amalia Ferraris und Nadeschda Bogdanowa als Giselle und Irakli Nikitin, August Horschelt, der Sohn des Gründers des berühmt-berüchtigten Kinderballetts, Friedrich Horschelt, sowie Pasquale Borri als Albrecht. Allmählich verlor das Publikum aber das Interesse an diesem Ballett. Eine neue Ästhetik – auch in Wien durch den Berliner Choreographen Paul Taglioni vertreten – hatte Giselle verdrängt, sodass sich Carlotta Grisi, die Schöpferin der Titelpartie, als sie sich 1853 endlich auch im Kärntnertortheater als Giselle vorstellte, einem halbleeren Haus gegenübersah. 1859 frischte Carl Telle, der Wiener Statthalter Taglionis, das mittlerweile als passé geltende Werk noch einmal auf, aber weder Claudine Couqui und Katharina Friedberg noch Virgilio Calori, Julius Price und Alfred Caron konnten in den spärlich gewordenen Vorstellungen reüssieren. Zwar übersiedelte Giselle 1870 vom Kärntnertortheater noch ins Haus am Ring, vereinzelte Vorstellungen fanden jedoch nur mehr auf Wunsch von Ballerinen statt, die sich in der berühmten Rolle zeigen wollten: Guglielmina Salvioni 1870, Adele Grantzow 1876, Luigia Cerale 1880, Irene Sironi 1894. Caron, Josef Hassreiter, dessen Ballette gegen Ende des Jahrhunderts in der Gunst des Publikums an erster Stelle standen, und Otto Thieme tanzten bei diesen Anlässen die Rolle des Albrecht. Erst 1909 gab es an der Hofoper anlässlich eines Gastspiels des Kaiserlich Russischen Balletts eine Wiederauferstehung der Giselle. Anna Pawlowa, die mit ihrer Interpretation der Titelrolle ein neues Kapitel in der Aufführungsgeschichte dieses Werks aufgeschlagen hatte, und Nikolai Legat waren die Protagonisten der Aufführung. Die weltweit als das Ideal der Ballerina des neuen Jahrhunderts gefeierte Tänzerin musste in Wien überaus kritische Beurteilungen hinnehmen. »Die Pawlowa ist nicht schön. Überschlank von Gestalt, von Linien, die nur sanft ansteigen und wieder sanftest ab 39

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fallen, wenn der Muskel sie dazu zwingt, sonst aber feind sind jeder Rundung«, lautete eine der vernichtenden Kritiken. Das Ballett selbst wurde als »langweilig«, ja sogar als »sensationell-ennuyant« abgetan. Nicht viel besser erging es Boris Romanow, der Giselle 1923 mit seinem Russisch-Romantischen Theater im Apollotheater präsentierte. In seiner Fassung, in der der Auftritt der Willis zu Musik von Franz Schubert erfolgte, tanzten Jelena Smirnowa und Anatol Obuchow. Wien stand damals im Bann des Ausdruckstanzes, das »alte Ballett« hatte ausgedient. Erst die Renaissance des klassischen Balletts in Mitteleuropa nach dem Zweiten Weltkrieg brachte neues Interesse für die »Klassiker« des 19. Jahrhunderts mit sich. Ganz bewusst stand daher 1955 in der ersten Premiere des Staatsopernballetts im wiedereröffneten Haus am Ring neben einem modernen Ballett eine Einstudierung der Giselle durch Gordon Hamilton, die sich auf die durch Nikolai Sergejew überlieferte Fassung von Marius Petipa stützte. Die Premierenbesetzung lautete Margaret Bauer als Giselle und Willy Dirtl als Albrecht. Erika Zlocha und Edeltraud Brexner tanzten in der Folge die Titelpartie, Richard Adama und Karl Musil die Rolle des Albrecht. Als Gäste waren Josette Amiel und Flemming Flindt zu sehen. Begeisterungsstürme, wie sie in diesem Ausmaß seit den Tagen Fanny Elßlers keinem Interpreten von Giselle mehr zuteilgeworden waren, entfachte 1966 Rudolf Nurejew als Albrecht. Seine Partnerin war Yvette Chauviré, im Jahr darauf tanzte er an der Seite Margot Fonteyns. Vereinzelt war Giselle in Wien auch wieder durch gastierende Ensembles präsent: 1957 tanzten Rosella Hightower und Wladimir Skouratoff sowie Nina Vyroubova und Serge Golovine in den Aufführungen des Grand Ballet du Marquis de Cuevas, 1965 und 1973 Marina Kondratjewa und Wladimir Tichonow im Rahmen von Gastspielen des Bolschoi-Balletts, und 1977 lauteten die Giselle-Besetzungen des American Ballet Theatre im Theater an der Wien Natalia Makarova und Mikhail Baryschnikov beziehungsweise Gelsey Kirkland und Ivan Nagy. 1980 zeichnete Alicia Alonso, die selbst zu den großen Interpretinnen der Giselle im 20. Jahrhundert zählt, für eine Neuinszenierung des Werks an der Wiener Staatsoper verantwortlich. Bis 1981 im Spielplan des Hauses am Ring, wechselte die Produktion 1983 an die Volksoper. In ihrer Fülle erinnert die Liste der nunmehrigen Interpreten an die großen Zeiten dieses Balletts im 19. Jahrhundert: In der Titelrolle folgten auf Gisela Cech Cynthia Gregory, Susanne Kirnbauer, Galina Panova, Christine Gaugusch, Eva Evdokimova, Ildikó Pongor, Lilly Scheuermann, Yoko Morishita, Lesley Collier, Nadeschda Pawlowa und Elisabeth Maurin; als Albrecht auf Michael Birkmeyer Rudolf Nurejew, Heinz Heidenreich, Valery Panov, Georg Ditl, Ludwig Karl, Gyula Harangozó, Wjatscheslaw Gordejew, Michael Pinnisch und Jean-Yves Lormeau. Einen Kontrapunkt dazu setzte 1984 das Gastspiel von Cullbergbaletten mit seiner radikalen Neufassung der Giselle durch Mats Ek, die zu den aufsehenerregendsten Ballettproduktionen der 1980er Jahre zählte. Jahrzehnte später kamen andere Dimensionen hinzu, eine tänzerbiographische durch Boris Eifmans Giselle Rouge (Wiener Staatsballett 2015), eine afrikanische durch Dada Masilos Giselle (Gastspiel von The Dance Factory, ImPulsTanz 2017 im Volkstheater). Elena Tschernischovas 1993 für das Staatsopernballett geschaffene Version des Balletts basiert – trotz ihrer individuellen Note – so wie die früheren Wiener Einstudie-

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rungen von Hamilton und Alonso auf der Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen, also »russischen« Ausprägung des Werks. Tschernischova, von 1991 bis 1993 Leiterin des Wiener Staatsopernballetts, widmete ihre Fassung von Giselle dem Andenken an den 1992 gestorbenen Staatsoperndirektor Eberhard Waechter. Protagonisten der Premiere waren Brigitte Stadler und Vladimir Malakhov, in weiteren Vorstellungen bis 1994 waren Katherine Healy und Svetlana Kuznetsova als Giselle und Christian Musil, Michael Shannon und Tamás Solymosi als Albrecht zu sehen. In der 2001 von Brigitte Stadler für eine Wiederaufnahme vorgenommenen Einstudierung des Werks alternierten in der Titelrolle Eva Petters und Margaret Illmann, Al­ brecht war Gregor Hatala. Im Laufe der folgenden Jahre waren neu als Giselle Alexandra Kontrus, Alina Cojocaru, Aliya Tanikpaeva, Polina Semionova, Irina Tsymbal, Svetlana Lunkina, Maria Yakovleva, Diana Vishneva, Liudmila Konovalova, Natalie Kusch, Nina Poláková, Ioanna Avraam, Olga Smirnova und Olga Esina zu sehen. Als neue Darsteller des Albrecht traten im selben Zeitraum Boris Nebyla, Johan Kobborg, Sergei Filin, Leonid Sarafanov, Giuseppe Picone, Andrian Fadeyev, Roman Lazik, Eno Peci, Shane A. Wuerthner, Andrey Teterin, Denys Cherevychko, Robert Gabdullin, Masayu Kimoto, Semyon Chudin, Kimin Kim und Davide Dato auf. Sie alle schrieben so die Legende der Giselle in das Wien von Heute weiter.

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ZUR WIENER GISELLE-HISTORIE


mit dem körper erzählen

BRIGITTE STADLER IM GESPRÄCH MIT OLIVER PETER GRABER

Welche Rolle nimmt das Ballett Giselle in Ihrer Verbundenheit zum Ballett der Wiener Staatsoper ein? Giselle war die erste Premiere, in der ich nach meinem Engagement an das Ballett des Hauses mitgewirkt habe. Zunächst war ich im Corps de ballet eingesetzt, danach im Pas de six und in weiterer Folge auch in anderen Rollen, z.B. als SoloWili. Damals zeigten wir die Fassung von Alicia Alonso, welche ich noch persönlich bei Proben erleben durfte – eine unvergessliche Erfahrung. 1993 habe ich dann unter

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MIT DEM KÖRPER ERZÄHLEN

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Elena Tschernischova die Titelpartie einstudiert und Giselle wurde zu meiner ersten gemeinsamen Premiere mit Vladimir Malakhov. 2001 bat mich Renato Zanella auf Grund meiner Beteiligung an der Premiere das Werk für die damalige Wiederaufnahme neu einzustudieren und so wurde Giselle schließlich auch das erste Ballett, welches ich nach meinem Ausscheiden aus der aktiven Karriere im Jahr zuvor – also von der »anderen Seite« der Ballettmeisterin aus – kennenlernen durfte. Man kann also sagen, dass Giselle mich während meiner gesamten Karriere von der ersten bis zur letzten Sekunde am Haus – und darüber hinaus bis heute – begleitet hat. Wenn Sie die in Wien bekannten und häufig gespielten Fassungen von Alonso und Tschernischova vergleichen, worin unterscheiden sich diese besonders? Elena Tschernischova hat den Stil etwas modernisiert, die Bewegungen der Arme quasi verlängert. Der für Alonsos Giselle so typische »romantische« Stil mit kurzen Armbewegungen findet sich bei ihr nicht mehr. Dazu hat Tschernischova die Geschichte ein wenig verändert und ein spezielles Konzept bezüglich der Kostüme und des Bühnenbilds entwickelt. Im ersten Akt fehlt im Vergleich zur Fassung von Alonso auch der Pas de six, stattdessen gibt es einen Pas de deux von Giselle und Al­ brecht. Dies trägt dazu bei, dass die beiden an dieser Stelle des Stückes nicht aus der Szene gerissen werden, sondern das Ganze zusammen mit den Protagonisten des so genannten Bauern-Pas de deux endet. Ich muss sagen, dass ich von der Idee, die Tschernischova von dem Stück hatte, schon begeistert war.

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Können Sie uns einige Details bezüglich dieser speziellen Ideen von Tschernischova nennen? Da ist zunächst das Farbkonzept. Die Kostüme des ersten Aktes sind generell in Grau bzw. Schwarz-Weiß gehalten, mit Ausnahme der drei zentralen Figuren, die in Rot (Bathilde), Braun (Albrecht) und Blau (Giselle) gehalten waren. Auf diese Weise entsteht eine Farbdramaturgie um die zentralen Figuren der Handlung. Bei Tschernischova ist Giselle die illegitime Tochter des Herzogs von Kurland, der bei Tschernischova eben auch Herzog und nicht Prinz ist. Bathilde wird so zur Halbschwester Giselles, doch wissen nur die Mutter Giselles und der Herzog davon. Tschernischova wollte keinerlei Ablenkung, sondern stellte die Protagonisten mit allen denkbaren Mitteln klar in den Vordergrund. Gegenüber der Alonso-Fassung gab es auch andere Detaillösungen: Bei Alonso wurde Giselle im zweiten Akt mit einem Bühnenlift aus ihrem Grab heraus auf die Bühne gefahren, ein bezüglich der Stimmung grandioser Effekt mit Gänsehaut-Garantie. Tschernischova bevorzugte stattdessen einen dezenteren, sehr zarten und ätherischen Auf- und Abgang von bzw. zur Seitenbühne. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie sie versuchte, das Stück sanft und geschmackvoll, dabei aber in verantwortungsbewusstem Umgang mit der Tradition zu modernisieren. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, wie Albrecht am Schluss die Lilien

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MIT DEM KÖRPER ERZÄHLEN


nach und nach auf die Bühne fallen lässt – so als hätte er begriffen, dass Giselle nun für immer fort ist, in Form der Blumen lässt er sie quasi los. Ich finde diese Lösung sehr berührend. Der Wahnsinnsszene kommt auch eine Schlüsselrolle zu … Diese ist definitiv die emotional stärkste und berührendste Szene des ganzen Balletts, auf die man einfach nie verzichten kann. Insbesondere von der darstellerischen Seite aus betrachtet ist sie für jede Ballerina eine Herausforderung. Giselle, die sich von ihrer großen Liebe verraten sieht, lässt die gemeinsamen Momente mit Albrecht in Gedanken Revue passieren und wird – je näher sie dem Wahnsinn kommt – mehr und mehr von diesen Eindrücken und der Erkenntnis des betrogen worden Seins überwältigt, sodass sie letztendlich daran zerbricht. Tschernischova war dabei immer auch die Übereinstimmung von Darstellung und Musik, das Ineinanderwirken von tänzerischer und musikalischer Ausdruckskraft besonders wichtig, denn auch die Partitur unterstreicht an dieser Stelle die emotionale Befindlichkeit Giselles.

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Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Elena Tschernischova? Sie wusste sehr genau, was sie wollte und kam exakt vorbereitet zu den Proben. Dazu konnte sie ihre Wünsche auch sehr gut vermitteln. Mit ihr zu arbeiten, war wirklich eine schöne Sache. Es lief alles sehr ruhig ab und die Proben waren sehr produktiv, es gab nie ein lautes Wort von ihrer Seite. Tschernischova war auch davon überzeugt, dass die Persönlichkeit und der Charakter eines Menschen in jeder Rolle auf der Bühne quasi »durchscheinen« und zum Ausdruck kommen. Die Bühnenrollen werden so zu einem Spiegelbild der Seele der Künstlerinnen und Künstler. Glaubhaft und nicht nur »rein gespielt« wirken Gefühle demnach nur dann, wenn man sie auch als Privatperson voll und ganz erfassen und erleben kann. Ein Egoist könnte ihr zufolge z.B. nie einen überzeugenden Menschenfreund auf der Bühne darstellen. Sie hat daher oft Ratschläge für das Privatleben gegeben, die man auch auf der Bühne verwenden konnte.

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Worauf legte Tschernischova beim Rollenstudium der Giselle beson­ deren Wert? Zum Beispiel auf die wichtigen Pantomimen, sodass diese nicht altmodisch wirken, sondern das Publikum am Geschehen mitfühlen lassen. Der Ausdruck sollte auf natürliche Weise erlangt werden. Letztlich muss man dem Publikum mit dem Körper eine Geschichte ohne die Zuhilfenahme von Worten erzählen und das muss von innen kommen, man muss es fühlen, um es zum Ausdruck bringen zu können. Deshalb sollte man manche Rollen auch nicht zu früh tanzen, Erfahrungen sammeln und die Tiefe des Ausdrucks erlangen. Dass alles dermaßen ausdrucksstark gespielt wird, es sozusagen wirklich gelebt wird, war ihr vielleicht mit am wichtigsten und Tschernischova hat diesen Aspekt bei den Proben wirklich herausgearbeitet.

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MIT DEM KÖRPER ERZÄHLEN

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Haben Sie dies auch bei Ihren Einstudierungen seit der Wiederaufnahme 2001 in besonderer Weise berücksichtigt? Ich habe mich bemüht, es exakt so einzustudieren, wie Tschernischova es ursprünglich wollte. Es war schön, dabei mit Tänzerinnen und Tänzern arbeiten zu können, die eine entsprechende Persönlichkeit und die adäquate Ausdrucksfähigkeit mitbrachten. Aber der Umstieg von der Tänzerin zur Ballettmeisterin war auch nicht leicht. Besonders das Corps de ballet einzustudieren erforderte sehr hohe Konzentration. Ein Ballett wie Giselle lebt auch vom Gesamteindruck und der Leistung des Corps de ballet, sonst würde der Abend richtiggehend absacken. Bei der Premiere fiel 1993 die großartige Ensembleleistung auf und um dies erreichen zu können, muss jeder Finger korrigiert werden – auch in musikalischer Hinsicht. Man braucht dazu zwei Personen im Ballettsaal, um die Reihen auch links und rechts im Auge haben zu können.

BS

Gibt es unter all den Erinnerungen an das Ballett einen ganz besonderen Moment? Bei einer der Vorstellungen mit Vladimir Malakhov wollte das Publikum einfach nicht aufhören zu applaudieren und wir mussten schließlich vor den Eisernen Vorhang treten, da auch dieser schon herabgelassen worden war. In diesen Momenten weiß man, warum man sich für diesen Beruf entschieden hat, und ist unendlich dankbar.

BS

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MIT DEM KÖRPER ERZÄHLEN



Liudmila Konovalova (Giselle), Ensemble


Eno Peci (Hilarion), Masayu Kimoto (Herzog Albrecht)


Masayu Kimoto (Herzog Albrecht), Maria Yakovleva (Giselle)


Davide Dato (Herzog Albrecht)


Denys Cherevychko (Herzog Albrecht)



← Maria Yakovleva (Giselle), Davide Dato (Herzog Albrecht)

Arne Vandervelde, Elena Bottaro (Bauern-Pas de deux), Ensemble


Kiyoka Hashimoto (Myrtha), Damen-Ensemble



Maria Yakovleva (Giselle), Kiyoka Hashimoto (Myrtha)



Ketevan Papava (Myrtha)


Denys Cherevychko (Herzog Albrecht)



← Masayu Kimoto (Herzog Albrecht)

Maria Yakovleva (Giselle), Masayu Kimoto (Herzog Albrecht)



ensemble


tänzerinnen & tänzer

Denys Cherevychko Erster Solotänzer

Davide Dato Erster Solotänzer

Olga Esina Erste Solotänzerin

Kiyoka Hashimoto Erste Solotänzerin

Hyo-Jung Kang Erste Solotänzerin

Masayu Kimoto Erster Solotänzer

Liudmila Konovalova Erste Solotänzerin

Marcos Menha Erster Solotänzer

Ketevan Papava Erste Solotänzerin

Alexey Popov Erster Solotänzer

ENSEMBLE

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Claudine Schoch Erste Solotänzerin

Maria Yakovleva Erste Solotänzerin

Yuko Kato Senior Artist

Roman Lazik Senior Artist

Ioanna Avraam Solotänzerin

Elena Bottaro Solotänzerin

Francesco Costa Solotänzer

Sonia Dvořák Solotänzerin

Alice Firenze Solotänzerin

Rebecca Horner Solotänzerin

Aleksandra Liashenko Solotänzerin

Eno Peci Solotänzer

Daniel Vizcayo Solotänzer

Jackson Carroll Halbsolist

Iliana Chivarova Halbsolistin

Calogero Failla Halbsolist

Lourenço Ferreira Halbsolist

Adele Fiocchi Halbsolistin

Sveva Gargiulo Halbsolistin

Alexandra Inculet Halbsolistin

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ENSEMBLE


Gala Jovanovic Halbsolistin

Andrey Kaydanovskiy Halbsolist

Helen Clare Kinney Halbsolistin

François-Eloi Lavignac Halbsolist

Eszter Ledán Halbsolistin

Anita Manolova Halbsolistin

Fiona McGee Halbsolistin

Tomoaki Nakanome Halbsolist

Laura Nistor Halbsolistin

Andrey Teterin Halbsolist

Zsolt Török Halbsolist

Arne Vandervelde Halbsolist

Géraud Wielick Halbsolist

Nicola Barbarossa Corps de ballet Staatsoper

Marie Breuilles Corps de ballet Staatsoper

Natalya Butchko Corps de ballet Staatsoper

Victor Cagnin Corps de ballet Staatsoper

Laura Cislaghi Corps de ballet Staatsoper

Edward Cooper Corps de ballet Staatsoper

Vanessza Csonka Corps de ballet Staatsoper

ENSEMBLE

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Giovanni Cusin Corps de ballet Staatsoper

Gaia Fredianelli Corps de ballet Staatsoper

Marian Furnica Corps de ballet Staatsoper

Andrés Garcia Torres Corps de ballet Staatsoper

Javier González Cabrera Corps de ballet Staatsoper

Adi Hanan Corps de ballet Staatsoper

Trevor Hayden Corps de ballet Staatsoper

Isabella Knights Corps de ballet Staatsoper

Zsófia Laczkó Corps de ballet Staatsoper

Gaspare Li Mandri Corps de ballet Staatsoper

Sinthia Liz Corps de ballet Staatsoper

Godwin Merano Corps de ballet Staatsoper

Katharina Miffek Corps de ballet Staatsoper

Igor Milos Corps de ballet Staatsoper

Franciska Nagy Corps de ballet Staatsoper

Hanno Opperman Corps de ballet Staatsoper

Kristián Pokorný Corps de ballet Staatsoper

Alaia Rogers-Maman Corps de ballet Staatsoper

Isabella Lucia Severi Corps de ballet Staatsoper

Suzan Sittig Corps de ballet Staatsoper

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ENSEMBLE


Duccio Tariello Corps de ballet Staatsoper

Iulia Tcaciuc Corps de ballet Staatsoper

Helena Thordal-Christensen Corps de ballet Staatsoper

Gloria Todeschini Corps de ballet Staatsoper

Chiara Uderzo Corps de ballet Staatsoper

Céline Janou Weder Corps de ballet Staatsoper

Gabriele Aime Corps de ballet Volksoper

Dominika Ambrus Corps de ballet Volksoper

László Benedek Corps de ballet Volksoper

Sarah Branch Corps de ballet Volksoper

Barbara Brigatti* Corps de ballet Volksoper

Vivian de Britto-Schiller Corps de ballet Volksoper

Roman Chistyakov Corps de ballet Volksoper

Kristina Ermolenok Corps de ballet Volksoper

Tainá Ferreira Luiz Corps de ballet Volksoper

Ekaterina Fitzka Corps de ballet Volksoper

Alexander Kaden Corps de ballet Volksoper

Tessa Magda Corps de ballet Volksoper

Cosmin Marinescu Corps de ballet Volksoper

Dragos Musat Corps de ballet Volksoper

ENSEMBLE

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Keisuke Nejime Corps de ballet Volksoper

Aleksandar Orlić Corps de ballet Volksoper

Olivia Poropat Corps de ballet Volksoper

Natalie Salazar Corps de ballet Volksoper

Mila Schmidt Corps de ballet Volksoper

Marta Schiumarini Corps de ballet Volksoper

Gleb Shilov Corps de ballet Volksoper

Felipe Vieira Corps de ballet Volksoper

Robert Weithas Corps de ballet Volksoper

Martin Winter Corps de ballet Volksoper

Una Zubović Corps de ballet Volksoper

*Karenzvertretung

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ENSEMBLE



biographien


JENDRIK SPRINGER – Musikalische Leitung Jendrik Springer wurde in Göttingen geboren, studierte Klavier bei Prof. Karl-Heinz Kämmerling und Dirigieren bei Prof. Lutz Köhler. Noch während des Studiums begann er, sich ein großes Repertoire als Liedpianist aufzubauen. Er ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe. Einen Beweis für seine Spezialbegabung, das Prima-Vista-Spiel, liefert der 1. Preis beim Karl-Bergemann-Blattspielwettbewerb Hannover 1995. Heute arbeitet Jendrik Springer als Assistent namhafter Dirigenten, darunter Christian Thielemann (u.a. Die Frau ohne Schatten an der Wiener Staatsoper, Ariadne auf Naxos an der Semperoper Dresden, Lohengrin und Tristan und Isolde bei den Bayreuther Festspielen), Philippe Jordan (Die Meistersinger von Nürnberg bei den Bayreuther Festspielen, Don Carlos an der Opéra National de Paris), Sir Simon Rattle (Parsifal im Festspielhaus Baden-Baden, Der Ring des Nibelungen an der Wiener Staatsoper) sowie Kirill Petrenko, Franz Welser-Möst und Yannick Nézet-Séguin. An der Wiener Staatsoper, an der er bereits seit 2002 in verschiedenen Funktionen tätig war, ist Jendrik Springer seit September 2020 als musikalischer Assistent des Musikdirektors Philippe Jordan engagiert. Als international gefragter Kammermusiker und Liedbegleiter ist er Partner der Geigerin Janine Jansen und arbeitet regelmäßig mit Sängerinnen und Sängern wie Marlis Petersen, Janina Baechle, Ricarda Merbeth und Adrian Eröd. Gemeinsame Konzerte führten sie u.a. ins Wiener Konzerthaus, zu den Salzburger Festspielen, in die Wigmore Hall London, Tonhalle Zürich, New Yorker Carnegie Hall, zu den Münchner Opernfestspielen oder nach Tokyo, wo er auch an der Seite von Klaus Florian Vogt mit Schuberts Die schöne Müllerin zu hören war. 2019 gab er mit Krassimira Stoyanova sein Debüt im Brahms-Saal des Wiener Musikvereins und anlässlich eines Festkonzertes im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth einen gefeierten Beweis seiner Vielseitigkeit: Als Pianist war er solistisch mit Liszt-Transkriptionen sowie als Liedbegleiter Camilla Nylunds zu erleben, stand aber auch als Dirigent von Mahlers Liedern eines fahrenden Gesellen am Pult des Bayreuther Festspielorchesters. Im Fernsehen ist u.a. Jendrik Springers Zusammenarbeit mit Anna Netrebko und Valentina Nafornița in einer Übertragung aus dem Großen Sendesaal im RadioKulturhaus Wien auf ORFIII dokumentiert. Seine 2012 mit Marlis Petersen bei harmonia mundi erschienene CD Goethe-Lieder – »Das Ewig-Weibliche« wurde mit dem Diapason d’Or und dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Bei Capriccio erschien mit dem Bariton Christian Miedl das Album Songs of the Night, eine weitere Lied-CD mit der Sopranistin Jacquelyn Wagner folgt demnächst bei Naxos. Für das Wiener Staatsballett hat Jendrik Springer in der Vergangenheit bereits mehrere Serien von Schwanensee dirigiert.

BIOGRAPHIEN

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ELENA TSCHERNISCHOVA – Choreographie Geboren 1939 in Leningrad war Elena Tschernischova Absolventin des dortigen Waganowa-Instituts, Mitglied des Kirow-Balletts und später Choreographische Assistentin von Leonid Jacobson. Eine Stelle als Ballettmeisterin in Odessa folgte, ehe sie 1976 in New York die Position der Ersten Ballettmeisterin des American Ballet Theatre übernahm. 1991 wurde sich von Eberhard Waechter zur Leiterin des Wiener Staatsopernballetts berufen – eine Position, die sie bis 1993 bekleidete. Für Wien choreographierte sie u.a. Don Quixote (1992) sowie mit Giselle (1993) eine Interpretation des Ballettklassikers, der bis heute zu den Visitenkarten des Wiener Repertoires zählt. 2013 publizierte sie ihre Autobiographie Dancing on Water. A Life in Ballet, from the Kirov to the ABT. Elena Tschernischova verstarb 2015 in ihrer Heimatstadt.

INGOLF BRUUN – Bühne Der Däne Ingolf Bruun (1944–1993) studierte Textildesign und begann seine Laufbahn als Bühnenbildner 1981 am Bristol Theater in Kopen­ hagen. Große Aufmerksamkeit erzielte er mit seiner Ausstattung für Søren Iversens Inszenierung von Botho Strauß’ Groß und Klein am Theater Odense. Er schuf zahlreiche Räume für die Sommerrevuen in Hjørring sowie Bühnenbilder für Klassiker wie Mozarts Le nozze di Figaro am Theater Aalborg, Ibsens Rosmersholm am Königlichen Theater oder Shakespeares The Tempest am Aveny Theater Kopenhagen. Für das Wiener Staatsopernballett entstand 1993 sein Bühnenbild zu Giselle.

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BIOGRAPHIEN


CLARISSE PRAUN-MAYLUNAS – Kostüme Clarisse Praun-Maylunas studierte Archäologie und zeitgenössischen Tanz in Wien und Paris sowie Bühnenbild an der Akademie der bildenden Künste Wien. Es folgte eine Zeit des Experimentierens in den Bereichen Tanz, Choreographie, Bühne, Kostüm und Archäologie in Wien, Paris, New York und Ephesos, in der sich die Arbeit als Kostümbildnerin sehr bald als die dominierende erwies. Zahlreiche Designs für Oper, Ballett, DisneyMusicals und Schauspiel entstanden im gesamten deutschsprachigen Raum – darunter für die Theater in Frankfurt, Berlin, München und Wien, aber auch Paris, Avignon, Rom und Amsterdam. Ein besonderes Interesse Clarisse Praun-Maylunas’ gilt dem zeitgenössischen Theater. Sowohl unter ihren Schauspiel-, als auch ihren Opernproduktionen finden sich zahlreiche Gegenwarts-Stücke und Uraufführungen: im Sprechtheater u.a. von Thomas Bernhard, Gert Jonke und Polly Stenham, in der Oper u.a. von Komponisten wie Otto M. Zykan, H. K. Gruber, Kurt Schwertsik, Gottfried von Einem oder Giorgio Battistelli. Im Tanzbereich arbeitete sie mit Choreographen wie Ismael Ivo, Liz King oder Elio Gervasi. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit dem Wiener Ensemble von Karl Welunschek. Darüber hinaus schuf Clarisse Praun-Maylunas zahlreiche Raum-Inszenierungen und -Installationen für Museen, darunter Ausstellungen über Gabriele D’Annunzio (Rom, Catania, Viterbo), über Schmuck in Wien sowie zuletzt in der Orangerie von Schloss Schönbrunn Musica Femina. Interior-Designs entstanden außerdem für das Schloss SaynWittgenstein am Rhein sowie ein Hotel in Isola Farnese in der Nähe von Rom. Am Max Reinhardt Seminar Wien unterrichtet Clarisse Praun-Maylunas Kostümbild.

BIOGRAPHIEN

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BRIGITTE STADLER – Einstudierung Die ehemalige Erste Solotänzerin des Wiener Staatsopernballetts wurde in Wien geboren und erhielt ihre Tanzausbildung an der Ballettschule der Österreichischen Bundestheater. Ihre wichtigste Lehrerin war die ehemalige Primaballerina der Wiener Staatsoper Prof. Edeltraud Brexner. Weitere Studien absolvierte Brigitte Stadler bei Stanley Williams, Alexandra Danilowa und Soki Schorer in New York sowie bei Marika Besobrasova in Monte Carlo. Mit 14 Jahren wurde sie als jüngstes Mitglied in das Wiener Staatsopernballett aufgenommen und bald mit Solorollen betraut. 1983 war sie erstmals Partnerin Rudolf Nurejews als Odile in der 100. Vorstellung seiner Choreographie von Schwanensee, weitere gemeinsame Auftritte folgten. 1984 wurde sie zur Solotänzerin ernannt, von 1990 bis 2000 war sie Erste Solotänzerin des Wiener Staatsopernballetts. Zu Brigitte Stadlers umfangreichem Repertoire zählten zahlreiche Hauptrollen, u.a. in La Sylphide, Giselle, Don Quixote, Dornröschen, Der Nussknacker, Raymonda, La Fille mal gardée, Sylvia, Ein Sommernachtstraum, Die Bajadere, Die lustige Witwe, Romeo und Julia, Manon und Die Puppenfee. Darüber hinaus tanzte sie in Balletten von Gerald Arpino, George Balanchine, Anton Dolin, Jiří Kylián, John Neumeier, Valery Panov, László Seregi, Rudi van Dantzig, Hans van Manen und Renato Zanella. Von Brigitte Stadler kreierte Partien sind die Columbine in Jochen Ulrichs Tantz-Schul und die Primaballerina in Renato Zanellas Aschenbrödel. Gefeierte Tänzer der internationalen Ballettszene wie Rudolf Nurejew Michael Birkmeyer, Peter Breuer, Gyula Harangozó, Charles Jude, Ludwig Karl, Manuel Legris, Vladimir Malakhov, Irek Muchamedow, Valery Panov, Peter Schaufuss und Tamás Solymosi waren ihre Partner. Gastspiele führten sie u.a. zu Ballettgalas nach Berlin, Budapest, Essen, Bratislava und Prag. Zusammen mit Nurejew und dem Wiener Staatsopernballett bestritt sie Gastspiele in Japan, Seoul und Bangkok. Am 24. September 2000 verabschiedete sich Brigitte Stadler in MacMillans Manon an der Seite von Vladimir Malakhov als Tänzerin von der Bühne, blieb dem Wiener Staatsballett aber weiterhin verbunden: 2001 leitete sie die Proben für Die Bajadere und die Saisonschluss-Gala und zeichnete für die Wiederaufnahme von Elena Tschernischovas Giselle verantwortlich. 2002 erarbeitete sie mit den Solistinnen und Solisten die Wiederaufnahme von Frederick Ashtons La Fille mal gardée. 2010/11 lehrte Brigitte Stadler an der Ballettschule der Wiener Staatsoper. Außerdem war sie Gasttrainingsleiterin beim Wiener Staatsballett, an das sie 2020/21 und 2021/22 für die Einstudierung von Giselle zurückkehrte.

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BIOGRAPHIEN


LUKAS GAUDERNAK – Einstudierung Lukas Gaudernak studierte an der Ballettschule der Österreichischen Bundestheater und ergänzte seine Ausbildung in Cannes, Monte Carlo, London, Berlin und New York. 1987 wurde er an das Wiener Staatsopernballett engagiert, wo er zahlreiche Partien des klassischen und zeitgenössischen Repertoires tanzte und im Charakterfach begeisterte. Nach ersten Erfahrungen als choreographischer Assistent in Opernproduktionen ist er seit 2006 auch als Probenleiter und seit 2009 als Produktionsleiter des Wiener Staatsballetts tätig. Seine erste eigene Choreographie 1994 – Im Jahr der Familie gewann den Prix Volinine 95 des Internationalen Choreographenwettbewerbs Paris. Weitere Ballette entstanden für die Reihe off ballet des Wiener Staatsopernballetts und die Junge Choreographen-Serie choreo.lab, für Opern und Operetten der Wiener Staatsoper, der Volksoper Wien und der Oper Zürich sowie für Produktionen im WUK und dietheater Künstlerhaus, für die Ballettschule der Wiener Staatsoper, das Konservatorium der Stadt Wien und die Szene Bunte Wähne. Als choreographischer Assistent betreut Lukas Gaudernak seit 2008 die Balletteinlagen der Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker. 2009 gestaltete er für diesen Anlass die Choreographie der Elevinnen und Eleven der Ballettschule der Wiener Staatsoper im Musikverein. Regelmäßig kreiert er die Eröffnungen für den Ball der Wiener Kaffeesieder und den Silvesterball in der Wiener Hofburg, 2017 choreographierte er die Balletteinlage für die Eröffnung des Wiener Opernballs.

JEAN CHRISTOPHE LESAGE – Einstudierung Jean Christophe Lesage wurde in Freiburg geboren und erhielt seine Ballettausbildung am Conservatoire National Superieur de Musique et de Danse in Paris. Seine Lehrer waren Roger Ritz, Pierre Lacotte, Raymond Franchetti und Claire Motte. Ab 1981 war er als Tänzer im Ballet National de Marseille – Roland Petit, im Bonner Ballett Peter van Dyks und Basler Ballett Heinz Spoerlis engagiert. 1988 nahm Konstanze Vernon ihn als Solisten des Balletts der Bayerischen Staatsoper unter Vertrag. 1993 begann er an der Heinz-Bosl-Stiftung und bei Jessica Iwanson zu unterrichten, ab 1995 war er als Probenleiter beim Bayerischen Staatsballett tätig. Nach Absolvierung eines Ballettpädagogik-Studiums (Waganowa-Methode) an der Hochschule für Musik und Theater in München wurde Jean Chris­ tophe Lesage 1998 Ballettmeister des Bayerischen Staatsballetts unter Ivan Liška. 2004 wechselte er als Ballettmeister und Assistent Victor Ullates zum Ballet de la Comunidad de Madrid. Seit 2007 ist er Probenund Trainingsleiter des Wiener Staatsballetts, wo er regelmäßig auch

BIOGRAPHIEN

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für Einstudierungen verantwortlich zeichnet. Frederik Ashtons La Fille mal gardée erarbeitete er zuletzt nicht nur mit dem Wiener Ensemble, sondern auch mit den Compagnien in Bordeaux, Budapest, Tokio und Buenos Aires.

ALICE NECSEA – Einstudierung Alice Necsea wurde in Brasov (Rumänien) geboren und am Ballettinstitut in Bukarest ausgebildet. Von 1977 bis 1984 war sie Mitglied des Balletts der Staatsoper Bukarest. 1984 wechselte sie an das Nationaltheater Sarajewo, wo sie bis 1988 als Erste Solotänzerin engagiert war. Im selben Jahr wurde sie Mitglied des Wiener Staatsopernballetts. Ihr Wiener Repertoire umfasste zahlreiche Solopartien in den Klassikereinstudierungen von Rudolf Nurejew und Juri Grigorowitsch sowie in Balletten von Gerald Arpino, George Balanchine, John Cranko, Jiří Kylián, Kenneth MacMillan, John Neumeier und Rudi van Dantzig. Zudem tanzte sie in Werken von Oleg Danovski und Waclaw Orlikowsky. Seit 1999 ist sie als Probenleiterin und Ballettmeisterin für das Ensemble tätig. Nach einer pädagogischen Ausbildung in Wolfsegg bei Eugen Dostal und Karol Tóth war Alice Necsea auch am Ballettgymnasium Bukarest, an der Prager Oper, den Nationaltheatern von Sarajewo und Zagreb, am Stadttheater Baden sowie bei Workshops in den USA (Boulder Ballet), in Ungarn und Kroatien tätig. Eigene Choreographien entstanden für das Prag Festival Ballett, für verschiedene EU-Projekte sowie die Reihe Junge Choreographen an der Wiener Staatsoper (u.a. Serenade Opus 5, Ballade für Sarajewo und Augenblicke der Gefühle). Darüber hinaus zeichnete Alice Necsea u.a. für Einstudierungen von Renato Zanellas Laus Deo in Wolfsegg, Manuel Legris’ Sylvia an der Scala di Milano sowie William Forsythes Slingerland Duet und Rudolf Nurejews Raymonda an der Wiener Staatsoper mitverantwortlich.

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BIOGRAPHIEN


Die OMV ist seit langem Generalsponsorin der Wiener Staatsoper und wir sind stolz, diese herausragende österreichische Kulturinstitution mit voller Energie zu unterstützen. Wir freuen uns mit Ihnen auf die bewegenden Inszenierungen. Alle Sponsoringprojekte finden Sie auf www.omv.com/sponsoring


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impressum

Giselle Tschernischova nach Coralli, Perrot & Petipa Spielzeit 2021/22 HERAUSGEBER Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien Direktor: Dr. Bogdan Roščić Kaufmännische Geschäftsführerin: Dr. Petra Bohuslav Direktor & Chefchoreograph Wiener Staatsballett: Martin Schläpfer Kaufmännische Leiterin Wiener Staatsballett: Mag. Simone Wohinz Redaktion der Neuauflage: Mag. Anne do Paço, Nastasja Fischer MA, Mag. Iris Frey Gestaltung & Konzept: Fons Hickmann M23, Berlin Bildkonzept Cover: Martin Conrads Layout & Satz: Irene Neubert Hersteller: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Bad Vöslau TEXTNACHWEISE Der Text Über die heutige Vorstellung sowie die Handlung sind Originalbeiträge für dieses Programmheft (ins Englische übertragen von David Tushingham). Die Texte von Elena Tschernischova (aus dem Russischen übertragen von Jutta Maly), Dr. Gunhild OberzaucherSchüller und Alfred Oberzaucher sind überarbeitete Originalbeiträge aus dem Programmheft Giselle des Wiener Staatsopernballetts, Spielzeit 2001/02. Das Interview von DDr. Oliver Peter Graber mit Brigitte Stadler ist ein überarbeiteter Originalbeitrag aus dem Programmheft Giselle des Wiener Staatsballetts, Spielzeit 2017/18. Nachdruck nur mit Genehmigung des Wiener Staats­ balletts/Dramaturgie. Umschlagklappe: Therese von Artner: Der Wili-Tanz. Aus Dies.: Taschenbuch für die vaterländische Geschichte. Wien 1822 / S. 12: Heinrich Heine: Elementargeister. In Ders.: Sämtliche Werke, Bd. 9 (Düsseldorfer Ausgabe), hrsg. v. Manfred Windfuhr. Hamburg 1987 / S. 14: Théophile Gautier an Heinrich Heine zitiert nach: Programmheft Giselle, Hamburgische Staatsoper 1980/81 / S. 20: Victor Hugo: Fantômes. In Ders.: Œuvres completes: Poésie I. Paris 1985 (deutsche Übertragung in diesem Programmheft von Veronika Schäfer) / S. 25: Hans Werner Henze: Undine. Tagebuch eines Balletts. München 1959 / Carlo Blasis: Traité Elémentaire. Théorique et Pratique de l’Art de la Danse (1820) zitiert nach: Dorion Weickmann: Tanz. Die Muttersprache des Menschen. München 2012.

BILDNACHWEISE Cover: Squiggles in der Hellas Planitia des Mars: © NASA/ JPL-Caltech/Univ. of Arizona / S. 15: Carlotta Grisi als Giselle (1841), Lithographie. Aus: Ivor Guest: The Romantic Ballet in Paris. Hampshire 2008 / Die Probenfotos S. 26–33, fotografiert im Februar 2022, sowie die Szenenfotos S. 46-61, fotografiert in der Spielzeit 2017/18: © Ashley Taylor/Wiener Staatsballett / S. 64–69, 76, 77: © Andreas Jakwerth / S. 72, 73 unten, 74: z.V.g. / S. 73 oben: © Marc Höm / S. 75: © Reinhard Werner Rechteinhaber, die nicht zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgleichung um Nachricht gebeten.


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