Opernring 2 | Dezember 2025

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S. 2

»IRDISCHE UNENDLICHKEIT? EIN HORROR!« KS BO SKOVHUS ÜBER  VĚC MAKROPULOS

S. 6

LIEBE, HOFFNUNG & UTOPIE EIN NEUER FIDELIO KOMMT ZUR PREMIERE

S. 10

»EIN ENGEL LEONOREN« FRANZ WELSER-MÖST IM GESPRÄCH

S. 16

HÄTTEN SIE’S GEWUSST? EIN FIDELIO -QUIZ

S. 18

WENN BEETHOVEN MITPROBT INTERVIEW MIT NIKOLAUS HABJAN

S. 23 ÜBER DAS PUPPENSPIEL

S. 24

20 JAHRE WIENER STAATSBALLETT EIN GESPRÄCH MIT SIMONE WOHINZ

S. 30

EIN FEST FÜR DIE GANZE FAMILIE WEIHNACHTEN AN DER WIENER STAATSOPER

S. 36 FÜR DIE OPERETTE BRAUCHT MAN ALLES KS JONAS KAUFMANN SINGT DEN EISENSTEIN

S. 42

DREI STARKE FRAUEN ELEKTRA AN DER WIENER STAATSOPER

S. 48 DEBÜTS

S. 50 IM SPANNUNGSFELD VON YIN & YANG GÜNTHER GROISSBÖCK & JULIA KLETER GEBEN EINEN DUO-ABEND

S. 54

MIT LEIDENSCHAFT & ZARTGEFÜHL KS JUAN DIEGO FLÓREZ

SINGT DEN RODOLFO IN LA BOHÈME

S. 58 PINNWAND

»IRDISCHE UNENDLICHKEIT? EIN HORROR!«

KS Bo Skovhus hat die jüngere Aufführungsgeschichte der großen Wiener Opernhäuser, insbesondere jene der Staatsoper, entscheidend mitgeprägt. So manche Partie ist für viele untrennbar mit seinem Namen verbunden, in unterschiedlichsten Stilen und Fächern schuf er Referenzinterpretationen. Als nüchtern-scharfsinniger Jaroslav Prus, Gegenspieler der mysteriösen, ewig jungen Emilia Marty in Janáčeks Věc Makropulos, ist er nun wieder im Haus am Ring zu erleben. Anlässlich der Wiederaufnahme dieses philosophisch-ironischen Mystery-Krimis gab er das folgende Interview.

al Sie meinten bei einem kurzen Vorgespräch am Telefon, dass es kaum einen Menschen gäbe, der nach genauerer Überlegung ein unendliches Leben auf dieser Erde wollte. Aber wäre es nicht reizvoll, wenn zumindest einer wie Mozart und Beethoven auch eine physische Unsterblichkeit aufwiese? Was da wohl noch für zusätzliche wunderbare Musik entstanden wäre oder entstehen könnte…

bs Vielleicht hätte ein unsterblicher Mozart die Entwicklung eines Beethoven

verhindert? Außerdem ist jede und jeder geprägt von der Zeit, in die sie oder er hineingeboren wurde und wird daher irgendwann Schwierigkeiten bekommen, sich in der sich zwangsläufig verändernden Umgebung und Denkweise heimisch zu fühlen. Und wer will schon Jahrhunderte überdauern, wenn rund um einen Generation um Generation vergeht? Aber auch eine allgemeine irdische Unsterblichkeit ist bei näherem Hinsehen eine Horrorvorstellung. Vielleicht ist die Emilia Marty in dieser Oper gerade darum eine Sängerin, um an ihr zu demonstrieren, dass selbst

für eine gefeierte Künstlerin 350 Jahre einfach zu viel sind, sie steckengeblieben ist in einer weit zurückliegenden Vergangenheit und sich einfach nicht mehr weiterentwickelt, nicht weiterentwickeln kann. Und so würde es jedem Menschen gehen. Nein, auch ein Mozart und ein Beethoven hatten im Letzten mit Sicherheit akzeptiert, dass Leben und Tod einander bedingen.

al Wir sehen es sogar an unseren Kindern, die sich in ihrer Jugendsprache schon ganz anders

verständigen als wir, dass man selbst aus der Zeit fällt. bs Absolut. Aber auch andere, kleine alltägliche Details zeigen uns, wie wenig wir mit der Weltveränderung Schritt halten können und wie wenig die veränderte Welt uns zu begreifen imstande ist. Nur ein Beispiel: Als ich angefangen habe zu singen, waren Kassettenrekorder gang und gäbe. Ich benutze einige solcher Bänder heute noch, weil mein alter Lehrer auf ihnen zu hören ist und es zu mühsam wäre, sie zu digitalisieren. Wenn ich aber den

Kassetten-Walkman in meinem Handgepäck verstaue, werde ich garantiert in neun von zehn Fällen bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen herausgefischt, weil keiner mehr weiß, was Kassetten sind. Schon skurril, oder? Umgekehrt weiß ich nicht, wie begeistert ein Gustav Mahler oder Richard Strauss gewesen wäre, hätte man ihnen gesagt, dass in späterer Zeit eine sogenannte KI ihre Musik nachmachen würde.

al Trotzdem ist es so, dass zwar niemand unendlich lang leben,

als RYUJI TSUKAZAKI in DAS VERRATENE MEER , 2020

Foto MICHAEL PÖHN

Foto AXEL ZEININGER

als JACK THE RIPPER in LULU, 2017
Foto MICHAEL PÖHN
als WOLFRAM in TANNHÄUSER , 1997
als GRAF in CAPRICCIO, 2008
Foto AXEL ZEININGER

aber auch niemand gerade jetzt, in diesem aktuellen Moment, sterben möchte. Ein Widerspruch, oder?

bs Natürlich, gerade bei Schicksalsschlägen wird die Frage brisant: Einer meiner besten Freunde leidet an einem Gehirntumor und liegt im Sterben – er ist in meinem Alter. Und da fragt man sich natürlich: warum gerade er, warum gerade jetzt? Die Ungerechtigkeit des Todes ist ein Faktum. Deswegen sollte man ja unbedingt versuchen, jeden Augenblick des Lebens sinnvoll zu nutzen. Das klingt vielleicht nach Binsenweisheit, ist aber wahrer und wichtiger als Wunschvorstellungen nach unendlich vielen Kalenderblättern. al So gesehen, ist der Tod sogar der Ansporn, überhaupt zu leben. Vielleicht würden wir, im Bewusstsein eines ewigen Morgens, uns erst gar nicht zu etwas Vernünftigem aufrappeln? bs Das ist sicher richtig. Und Wien würde ohne Tod und ohne die Toten schon gar nicht funktionieren. Einerseits gehört dieser eigenartige Charme des Vergänglichen zu dieser Stadt dazu und andererseits hat schon Helmut Qualtinger so richtig festgestellt: »In Wien musst’ erst sterben, damit sie dich hochleben lassen. Aber dann lebst’ lang.«

al Kommen wir zu Věc Makropulos beziehungsweise zu Ihrer Rolle. Was ist dieser Jaroslav Prus für ein Charakter? Sehr sympathisch ist er ja nicht.

bs Ein kalter, berechnender, ausschließlich logisch denkender Pragmatiker, ein patriarchaler Geschäftsmann der alten, unguten Schule, der im wahrsten Sinn des Wortes über Leichen geht – da wundert es kaum, dass er bereit ist, seinen eigenen Sohn zu opfern. Umgekehrt ist es gerade diese emotionsbefreite Fokussierung auf den eigenen Vorteil, die es ihm ermöglicht, Emilia Marty auf die Schliche zu kommen, die richtigen Fragen zu stellen.

al Wie weit gehen seine Ahnungen? Rechnet er mit der Möglichkeit des Mystischen?

bs Das glaube ich nicht. Er denkt immer in ökonomischen Dimensionen. Vermutlich würde er das geheimnisvolle Rezept auch gerne zu Geld machen und vielleicht gar nicht selbst benutzen? Auf den sexuellen Handel mit ihr geht er auch nur deshalb ein, weil sie eine interessante Frau, eine Diva ist. Er sieht in Emilia Marty nicht den Menschen, sondern eine Trophäe. Sie ist ein Aufputz für das eigene Ego, eine gute Geschichte für den Stammtisch.

al Ein bekannter Dirigent meinte einmal, dass man Věc Makropulos nicht mit geschlossenen Augen genießen könnte, dieses Stück also zwingend die Szenen benötigt.

bs Ich habe Věc Makropulos einmal in einer konzertanten Aufführung gesungen und musste feststellen, wie wenig das Publikum vom Abend hatte. Warum? Weil das Stück, vom Schluss abgesehen, großteils aus Konversation, aus einem Konversationsstil besteht, der die Aktion benötigt, die sichtbare Handlung. Es stimmt also, man sollte die Augen während der Vorstellung nicht schließen. ( lacht) Umso wirkungsvoller ist dann das Ende, wenn die Musik so unglaublich kathartisch abhebt und alle im Zuschauerraum tief berührt. Da schlucken schon viele im Publikum! Und das passt auch dramaturgisch so gut: Man spürt, wie durch das Loslassen der Emilia Marty, durch den Verzicht der jungen Krista, das Rezept selbst auszuprobieren, durch das Verbrennen des Rezeptes, das Leben wieder in die richtigen Bahnen gerät, der Zustand des Natürlichen erreicht wird. Es ist fast wie am Ende des Nibelungenrings von Wagner: die gestörte Ordnung ist wiederhergestellt. Ein fantastischer Moment.

als BILLY BUDD, 2001
Foto AXEL
ZEININGER

FILMSTILL von JUDITH SELENKO

LIEBE, HOFFNUNG & UTOPIE

»Worum es in Fidelio geht? Um Menschlichkeit, den Glauben an die Liebe, um Brüderlichkeit – das schwebt durch die Musik. Und auch viel Pathos ist dabei. Alles zusammen: so wunderschön!« So spricht Malin Byström, die Leonore der Fidelio -Neuproduktion, die am 16. Dezember zur Premiere kommt. Und noch etwas sofort Augenfälliges: »Dass es im Gegensatz zum Großteil der Opern, die ich üblicherweise mache, ein ungemein ekstatisches Ende gibt. Voller Glück und Hoffnung«, fügt David Butt Philip, der Premieren-Florestan, hinzu. »Meine Mutter scherzte schon vor Jahren, dass ich praktisch nie in Opern mit einem Happy End singe. Und dann trat Fidelio in mein Leben, und nun ist es so berauschend, so aufregend, bei diesem vielstimmigen Jubel auf der Bühne zu stehen.«

DIE HANDLUNG IN KÜRZE

Doch bis zu diesem Jubel muss erst einiges an Handlungsweg zurückgelegt werden. Die Oper erzählt vom unglücklichen Florestan, der seit mehr als zwei Jahren von seinem Widersacher Don Pizarro im Kerker gefangen gehalten wird. Gerettet wird er in buchstäb-

lich letzter Sekunde von seiner Gattin Leonore, die verkleidet als Mann und unter dem Namen Fidelio sich auf der Suche nach ihm in ebendiesem Gefängnis verdingt. Nebenstränge, wie dass Marzelline, die Tochter des mitläuferischen Gefängniswärters Rocco, sich in die verkleidete Leonore verliebt, verdichten

das Geschehen, wie auch das Leid der übrigen Gefangenen das Werk zu einer allgemeingültigen Anklage gegen ungerechte Herrschaft macht.

EIN PLÄDOYER FÜR FREIHEIT UND BRÜDERLICHKEIT

Zuletzt, im Finale, schlägt der Jubel ins Utopische um: Nicht nur um zwei Menschen geht es, sondern um den visionären Blick auf eine mögliche umfassende Gerechtigkeit. Denn um diesen ging es Beethoven in seinem Fidelio, dem Republikaner Beethoven, der auch Adeligen und gesellschaftlich Höhergestellten (sofern er sie nicht zur Protektion und Finanzierung benötigte) harsch dreinfahren konnte. »Die Oper ist im Finale eigentlich keine Oper mehr, an ihre Stelle tritt ein großes gesungenes Manifest, vergleichbar mit dem Schluss der 9. Symphonie oder dem Credo der Missa solemnis«, schreibt der Beethoven-Biograf Jan Caeyers. Es ist eine »Idealmusik«, wie einmal festgestellt wurde, also eine Verbindung der Kunst mit dem Ethischen, die Betrachtung der Kunst als Ausdruck des Über-den-Menschen-Hinausreichenden. Beethovens großer humanistischer Wille hinderte später freilich politische Machthaber nicht daran, das Werk für ihre jeweilige Sicht zu ge- oder auch zu missbrauchen.

VORGESCHICHTE

Doch der Reihe nach. Die Fidelio- Geschichte beginnt eigentlich bereits im Jahr 1798, als in Paris eine Oper namens Léonore, ou L’amour conjugal uraufgeführt wird. Komponist: ein politisch fragwürdiger Wendehals namens Jean Nicolas Bouilly. Die Handlung baut auf einer angeblich wahren Begebenheit aus der Zeit

der Französischen Revolution auf, Beethoven lässt das französische Original-Libretto bearbeiten und übersetzen und macht sich an die Arbeit. Sein Ziel: Für Wien aus dem Stoff eine deutsche Oper zu machen. Er ist übrigens nicht der einzige, dem der Stoff gefällt: Sein Komponistenkollege Ferdinando Paër etwa hat zuvor eine italienische Fassung der Oper herausgebracht. Fidelio & Co waren schon länger Themen der Zeit, als Beethoven sie aufgriff, beinahe schon ein bisschen veraltet.

DER LANGE WEG ZUR URAUFFÜHRUNG

Als Beethovens Oper fertig ist, braucht es allerdings noch die Aufführungsgenehmigung der Zensur. So ganz glücklich ist diese mit dem Werk nicht. Man beäugt und verbietet, um schließlich doch zu gestatten. Und dann auch noch das: Die geplante Uraufführung wird verschoben, zu anspruchsvoll ist das neue Werk Beethovens für Sänger und Orchester. Als am 20. November 1805 die Oper endlich im Theater an der Wien uraufgeführt wird, kann von einem Erfolg keine Rede sein. Vor allem aber fehlt es an Publikumsinteresse. Denn seit einer Woche sind französische Soldaten als Besatzer in der Stadt, viele Einheimische (und Adelige) haben Wien verlassen, und die die bleiben, haben keine Lust auf Theaterbesuche. Die leeren Reihen, so erzählt man, wurden kurzerhand mit französischen Soldaten gefüllt, die wiederum den deutschen Text nicht verstanden. Nach nur zwei Folgeaufführungen verschwindet Fidelio in der Versenkung, eine Umarbeitung folgt, die auch keinen bleibenden Erfolg bringt.

MALIN BYSTRÖM
Fotos WERNER KMETITSCH

ENDLICH DER DURCHBRUCH

Dann endlich. 1814 kommt es erneut zu umfassenden Änderungen und zur Uraufführung der dritten Fassung – diesmal lässt der Erfolg nicht auf sich warten. Beethoven, am Gipfel des Ruhmes, wird nun auch als Opernkomponist akzeptiert. Von nun an sollte der Fidelio die internationalen Spielpläne nicht mehr verlassen – allein im Haus am Ring wurden in 150 Jahren rund achthundert Vorstellungen der Oper gegeben.

NACH 55 JAHREN

EIN NEUER FIDELIO

Mehr als 55 Jahre nach der Premiere der letzten Fidelio -Neuproduktion (dazwischen gab es eine Aufführungsserie der Urfassung) kommt im Dezember ein neuer Fidelio an der Wiener Staatsoper heraus. Geleitet wird er von Franz Welser-Möst, der damit als Premierendirigent an das Haus am Ring zurückkehrt. Die aktuelle Besetzung bringt premierenerfahrene Sängerkräfte zusammen: Christopher Maltman, der Pizarro, sang zuletzt u.a. Don Alfonso in der Così fan tutte-Neuproduktion, David Butt Philip war u.a. der Walther von Stolzing in der Meistersinger -Premiere 2022 und der Lohengrin 2024, Malin Byström sang zuletzt in den Premieren von Lohengrin und Tannhäuser. Trotz allem Wagner-Wumms spielt die musikalische Annäherung via Mozart eine große Rolle. So meint Byström: »Meine Karriere hat mit viel Mozart angefangen und ich spüre, dass ich bei der Leonore zu ihm zurückkehre. Natürlich: Man braucht schon eine dramatische Qualität, aber die technische An-

näherung ist doch sehr verwandt. Insofern bin ich über meine Mozart-Vergangenheit sehr froh.« Für Butt Philip wiederum ist die Partie des Florestan –in Hinblick auf seinen Wagner-Schwerpunkt – eine verblüffend kurze Rolle. »Doch ungemein intensiv!« Ungewöhnlich ist für ihn auch die Epoche: »Ich singe zumeist ein Repertoire ab der Mitte des 19. Jahrhunderts – insofern ist der Florestan für mich die früheste meiner Partien. Fast so etwas wie Alte Musik!«

THEATERKOSMOS HABJAN

Inszeniert wird die Produktion von Nikolaus Habjan, der sein Hausdebüt an der Staatsoper gibt. Habjan, ein Theater-Tausendsassa, deckt ein ganzes Universum der Künste ab: »Regisseur, Puppendesign, Puppenspiel & Kunstpfeifen«, so begrüßt einen sein Webauftritt, und tatsächlich ist er noch mehr: Schauspieler, Autor, scharfsinniger Kommentator, einer jedenfalls, der mit großen Abenden und wichtigen Themen den Blick auf das Wesentliche lenken kann. Wer kennt nicht seinen Zawrel-Abend, das Karl Böhm-Projekt und viele andere seiner Programme? Die Bühnen jedenfalls reißen sich um ihn, Volkstheater und Josefstadt, Burgtheater und Bayreuth, Salzburg und Berlin, Basel und Zürich, Semperoper und Theater an der Wien, überall begeistert er mit seinen Abenden und zahlreichen hochgelobten (Musik-)Theater-Inszenierungen. Ein enger Vertrauter ist ihm seit Jahren der Autor Paulus Hochgatterer, mit dem er zahlreiche Projekte umgesetzt hat. Auch an der Staatsoper übrigens: denn Hochgatterer hat die Dialogpassagen des aktuellen Fidelio überarbeitet.

DAVID BUTT PHILIP
FRANZ WELSER-MÖST Fotos SEBASTIAN FR Ö HLICH

»EIN ENGEL LEONOREN«

Beethovens einzige Oper beschäftigt Franz

Welser-Möst ein Leben lang. Regelmäßig befragt er dieses Schlüsselwerk des Musiktheaterrepertoires, um ihm immer neue Antworten abzulauschen, die er dann mit dem Publikum teilt. An der Wiener Staatsoper dirigierte er das Werk erstmals 2013, nun folgt hier die Fidelio -Premiere am 16. Dezember. Mit Andreas Láng sprach er unter anderem über Fidelio als philosophische Idee, musikalische Nervengeflechte im Orchesterpart, das Geben und Nehmen zwischen dem Dirigenten und dem Regisseur, das dramaturgisch begründete Fehlen eines echten Schlusspunkts und darüber, wie bereits winzige Interpretationsdetails Entscheidendes über Charaktere aussagen.

al Sie haben bei einem der frühen Gespräche zu dieser Neuproduktion Fidelio als eine philosophische Idee bezeichnet. Liegt das eher am Stoff oder am Komponisten?

wm Wenn man sich mit Beethoven etwas intensiver auseinandersetzt, wird man erstens merken, dass viele seiner Werke philosophisch-politischen Ideen entspringen oder jedenfalls von ihnen angehaucht sind. Ganz gleich, ob es sich beispielsweise um seine Eroica , seine fünfte oder neunte Symphonie mit Schillers Ode an die Freude handelt, um seine großen Klaviersonaten oder eben um Fidelio. Und im Fidelio kommen zweitens so viele unterschiedliche Einflüsse zusammen – die Aufklärung, das Biedermeier, Sturm und Drang, die Romantik, der Symphoniker Beethoven, seine persönlichen Überzeugungen und Sehnsüchte – dass sich dieses Werk einem zu großen Realismus entzieht. Es handelt sich, kurz gesagt, um keine Oper im landläufigen Sinn – und darum stellt diese Partitur eine so große Herausforderung für Regisseure dar.

al Schon rein formal gesehen, ist Fidelio ungewöhnlich: Am Beginn scheinbar singspielartig, am Schluss nahezu ein Oratorium.

wm Beethoven hat immer wieder Grenzen gesprengt und das in jeder Hinsicht: Formal ebenso wie in der programmatischen Ausrichtung oder in den technischen Ansprüchen an die Interpreten. So auch hier im Fidelio. Das war kein Selbstzweck, keine bloße Freude am Ausloten des Ungewohnten, sondern einer intellektuellmoralischen Überzeugung geschuldet. Der oft zitierte Satz »Von Herzen möge es wieder zu Herzen gehen«, den Beethoven der Missa solemnis voranstellte, hat nichts mit Sentimentalität zu tun, sondern atmet das Ideal seiner Zeit, das in allen Werken Beethovens mitzudenken ist: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Ein Ideal freilich, das erst mühsam errungen werden muss. Nicht von ungefähr unterstreicht Beethoven im letzten Satz seiner 9. Symphonie in der G-Dur-Passage

»Seid umschlungen Millionen« die Zeile »Über Sternen muss er wohnen« durch ein Fortissimo und einen markanten Tonartenwechsel nach dem symbolbehafteten Es-Dur. Beethoven interpretiert Schiller hier im Sinne von per aspera ad astra . Und gemäß dieser philosophischen Überzeugung Beethovens interpretieren wir Fidelio Unser Konzept symbolisiert dieses Immer-Größer-Werden, diesen mühsamen Weg zum Licht, zur Lichtgestalt, die sich hier in Leonore manifestiert. Schon darum greifen Schubladisierungen wie »der Beginn von Fidelio ist ein Singspiel,

LUDWIG VAN BEETHOVEN

FIDELIO

einsetzen lasse, spürt man dadurch automatisch die – von Habjan auch in der Inszenierung hervorgehobene – Gier Roccos, sein fast erotisches Verhältnis zum Geld. Und dadurch sind wir automatisch meilenweit von einer gemächlich-gemütlichen Spielopern-Arie entfernt.

al Was macht denn gerade Leonore zur Lichtgestalt? Florestans Leistung, für die Wahrheit einzustehen und dafür zwei Jahre Haft unter unmenschlichen Bedingungen zu kassieren, ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern.

16. 19. 22. 27. 30. DEZEMBER 2025

Musikalische Leitung FRANZ WELSER-MÖST Inszenierung NIKOLAUS HABJAN

Bühne JULIUS THEODOR SEMMELMANN Kostüme DENISE HESCHL Licht FRANZ TSCHECK Video JUDITH SELENKO

Figurenbauer BRUNO BELIL Textbearbeitung PAULUS HOCHGATTERER

Mit SIMONAS STRAZDAS / CHRISTOPHER MALTMAN / DAVID BUTT PHILIP / MALIN BYSTRÖM / TAREQ NAZMI

FLORINA ILIE / DANIEL JENZ / MANUELA LINSHALM / MAX KONRAD / ANGELO KONZETT

der Schluss wie ein Oratorium« zu kurz. Über eben dieses Missverständnis, die ersten Nummern nach der Ouvertüre als belanglos, nett dahinplätschernde Einleitungsnummern aufzufassen und gewissermaßen erst mit Leonores Arie so richtig im Fidelio anzukommen, haben Nikolaus Habjan und ich schon im Vorfeld viele Gespräche geführt. Bei ihm werden diese Szenen, konkret das Eröffnungsduett Marzelline/Jaquino oder die Gold-Arie Roccos, nicht ins Läppische abgleiten, tradierte Charakterklischees nicht fortgeschrieben, sondern wird die Vielschichtigkeit jeder einzelnen Figur aufgezeigt. Habjan beweist, dass in allen etwas steckt, was dem Erreichen des erwähnten Ideals dient.

al Wie kann der Dirigent diese Vielschichtigkeit der einzelnen Personen seinerseits zum Ausdruck bringen?

wm Oft schon durch winzige Details. Nehmen wir als Beispiel den Beginn nach der Ouvertüre, diese kurze Einleitung ins Duett: Man kann einfach darüber hinweggehen und es als leichtes Geplänkel abtun, oder schon das erste, aus vier Noten bestehende Motiv als Unruhe des Jaquino interpretieren. Dadurch bekommen aber bereits diese vier Töne eine ganz spezielle atmosphärische Anmutung, die dem Publikum von Anfang an vermitteln soll, dass Jaquino eben kein simpler, holzschnittartiger Komödientypus ist, sondern eine charakterlich höchst ambivalente Figur, den Gefühle und Emotionen umtreiben. Und wenn ich den Sänger des Rocco in dessen Arie »Hat man nicht auch Gold beineben« nach der kurzen Einleitung bewusst ein kleinwenig zu früh

wm Florestan hat Unrecht aufgedeckt, was ihn sicherlich als tugendhaft auszeichnet. Das ist nicht wenig. Aber Leonore ist in ihrem Individualismus eine Sturm-und-Drang-Figur par excellence: Gegen jede Vernunft, gegen jede Regel, gegen jede Gefahr, gegen jede Aussicht auf Erfolg entschließt sie sich, ihren Mann zu retten und geht dafür sogar in die Höhle des Löwen. Und was befähigt sie dazu? Die Liebe, das Höchste, zu dem Menschen in der Lage sind. Das macht sie so bewundernswert, das erhebt sie zum Ideal. al Beethoven hatte in Summe zumindest 53 Opernprojekte angedacht, aber am Ende blieb es mit Fidelio bei einer einzigen realisierten Oper. Wo lag das Problem? wm Beethoven hat mit der Gattung Musiktheater richtiggehend gerungen, da trafen in Wahrheit zwei Welten aufeinander. Schon sein Versuch, mit den Geschöpfen des Prometheus eine mythologisch-philosophische Figur als Ballett auf die Bühne zu bringen, hatte etwas Absurdes, das nicht funktionieren konnte. Und mit der Oper, die aus dem Wechselspiel von Text und Musik lebt, konnte Beethoven, der seine Intentionen durch die reine Musik auszudrücken pflegte, von Vornherein nur schwer zurechtkommen. Ganz grundsätzlich stehen etwa Beethovens obligater rhythmischer Puls, der stets auf etwas hindrängt, den Hebungen und Senkungen bzw. dem Sprachfluss eines Librettos entgegen und seine Komponierweise, ein großes Ganzes aus winzigen Motiven heraus zu entwickeln, passt von Haus aus nicht zum Grundcharakter einer Oper.

FRANZ WELSER-MÖST & NIKOLAUS HABJAN

al Aber mit Fidelio gelang Beethoven dann doch ein Wurf… wm Und das trotz des drittklassigen Librettos. (lacht) So, wie sich alle späteren Komponisten an den Symphonien Beethovens maßen, galten im Opernbereich Mozarts Schöpfungen für viele als Vorbild. Nicht umsonst nannte ein E.T.A. Hoffmann Don Giovanni »die Oper aller Opern«. Beethoven wusste dies und suchte nach einer Möglichkeit, sich auf andere Weise in dieser Gattung zurechtzufinden. Und was lag für ihn als großen

lische Ende vermittelt etwas anderes. Offenbar ist das Ideal von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit trotz allem noch nicht Realität geworden, nicht einmal auf der Theaterbühne. Es bleibt Utopie. al Anders als etwa beim Tannhäuser oder beim Fliegenden Holländer gibt es kaum eine Diskussion darüber, welche der drei Fidelio ­Fassungen man aufführen sollte: Man spielt nahezu immer die letzte. wm Sicher, aus historischen Gründen kann man das eine oder andere Mal die beiden früheren Fas-

»Das Großartige an Interpretation ist, dass man eine Beziehung eingeht mit einem Kunstwerk, und zwar jedes Mal von dem Standpunkt aus, an dem man sich gerade befindet.«
FRANZ WELSER-MÖST

Symphoniker näher, als – wie später Wagner zum Beispiel in Tristan und Isolde – das musikalische Nervengeflecht des Fidelio im Orchester aufzuspannen? Dadurch werden hier wesentliche Dinge ausgesprochen, die auf der Bühne nicht oder nur bedingt zur Sprache kommen. Das merkt man schon in der zweiten Nummer, im schnellen CDur-Teil der Marzellinen-Arie: Die reinigende Kraft des Feuers der Aufklärung, das hier lodert, hat mit dem gesungenen Text in Wahrheit nichts zu tun, zeigt aber an, dass hier bereits die nächste Leonore heranwächst. Oder: Warum erklingen in der großen Leonoren-Arie gleich drei Hörner? Weil Beethoven direkt an seine Eroica anknüpft, in der die Hörner als heroisches Instrument geführt werden. Und das in der Liebes-Tonart E-Dur! Beethoven drückt an dieser Stelle also nur durch die Musik aus, was ich vorhin schon sagte: dass das Heldentum Leonores erst durch die Liebe ermöglicht wird. Ich erinnere die Sängerinnen und Sänger bei den Proben regelmäßig daran, den Subtext in der Interpretation mitzudenken, weil erst dadurch im Publikum intuitiv zusätzliche Saiten zum Schwingen gebracht werden. Aber auch Nikolaus Habjan arbeitet, was ich sehr begrüße, szenisch immer wieder Aspekte heraus, die nur im Orchestergraben thematisiert werden. In diesem Zusammenhang ist es zum Beispiel interessant, die letzten Takte der Partitur anzusehen: Anders als in der 5. Symphonie, wo Beethoven den Schlusspunkt richtiggehend zelebriert, fehlt er musikalisch im Fidelio. Alle jubeln, alles scheint wunderbar – aber das sonderbar abrupte musika-

sungen zeigen. Passiert auch gelegentlich. Aber es ist einfach eine Tatsache, dass der Fidelio im Laufe des Arbeitsprozesses immer besser geworden ist. Warum also bei einem Work in Progress nicht den letzten, den besten Ist-Zustand aufführen?

al Eine naheliegende Frage ist die nach der dritten Leonoren­ Ouvertüre. Otto Nicolai hat sie erstmals in die Partitur eingefügt – wenn auch vor den zweiten Akt. Erst Gustav Mahler versetzte sie dann an den heute traditionellen Platz vor dem Schlussbild. Wird sie in dieser Neuproduktion ebenfalls erklingen?

wm Ich habe in meinem Leben ein einziges Mal auf sie verzichtet und dabei erkannt, dass das Finale diesen letzten Kick benötigt, um wirklich abzuheben. Durch die eingeschobene dritte Leonoren-Ouvertüre – und zwar genau an der Stelle, die Mahler gewählt hatte – gelingt die finale Fokussierung auf die vorhin besprochene philosophische Idee noch besser und ist damit sicherlich im Sinne Beethovens.

al Inwieweit lernt man als Dirigent durch die Arbeit mit einem Regisseur Neues über ein Werk? Gibt es in Bezug auf Fidelio etwas, von dem Sie durch diese Neuproduktion sagen können: Das ist für mich eine echte Horizonterweiterung?

wm Das Großartige an Interpretation ist, dass man eine Beziehung eingeht mit einem Kunstwerk, und zwar jedes Mal von dem Standpunkt aus, an dem man sich gerade befindet. Die Beziehung verändert sich also. Ich habe vor Kurzem

Schuberts A-Dur-Sonate in einer Aufnahme mit Radu Lupu aus dessen mittleren Jahren und dann in einer deutlich später entstandenen Einspielung angehört. Dasselbe Stück, derselbe Interpret – und dennoch zwei sehr unterschiedliche Ergebnisse, die aber beide ihre Berechtigung haben. 2015 habe ich in Salzburg eine Fidelio -Neuproduktion in einer Inszenierung von Claus Guth geleitet, der einen sehr düsteren Blick auf das Stück geworfen hat. Jetzt, zehn Jahre später, treffe ich auf einen Regisseur, der mit einer unglaublichen jugendlichen Begeisterung, einem richtigen Enthusiasmus an die Partitur herangeht. Beides hat etwas mit meinem Zugang gemacht, da die Arbeit mit einem Regisseur natürlich auch das, was ich mache, beeinflusst. Es handelt sich, wie so oft im Theater, um ein Geben und Nehmen. Selbstverständlich ist es nicht so, dass ich jetzt mit einem Mal manches um fünfzig Prozent schneller oder langsamer dirigiere. Aber ein neuer Blickpunkt ermöglicht mir, weitere Schichten in einem Werk zu entdecken und aufzuzeigen.

DDR-Geheimdienstes, was Mielitz dazu inspirierte, in dieser Produktion dem gesamten Publikum das Gefühl zu geben, ebenfalls Insassen des Pizarro-Gefängnisses zu sein. Sie ließ bei der Premiere sogar alle Türen abschließen, um diesen Eindruck zu verstärken. Dass unter den im Zuschauerraum natürlich ebenfalls anwesenden unterschiedlichen Geheimdienstlern nachweislich auch ein gewisser Wladimir Putin saß, verleiht der damaligen Premiere rückblickend zusätzliche Brisanz.

al Jede Interpretation ist also immer auch ein Kind ihrer Zeit.

wm Wir können uns nun einmal nicht aus der Zeit ausklinken, in der wir leben. Aber es spiegeln sich nicht nur folgenschwere Ereignisse in einer Vorstellung wider. Bereits scheinbar Nebensächliches wie ein Wetterwechsel, der gesundheitliche Zustand eines Sängers, die Zusammensetzung des Publikums kann die Aufführung beeinflussen. Wir Interpreten versuchen, einem Kunstwerk näher zu kommen, manchmal gelingt

»Für mich als Dirigenten ist aber das größte Kompliment, wenn Menschen nach Fallen des Vorhangs nicht über meine Interpretation sprechen, sondern über das Stück.«
FRANZ WELSER-MÖST

al Mir fällt da Monets Kathedralen ­Bildserie ein: Es ist immer die Kathedrale von Rouen mit demselben Bildausschnitt, aber durch die unterschiedlichen Lichtstimmungen entsteht jedes Mal ein anderer Eindruck… wm Ähnliches erleben wir bei den Farbvariationsserien eines Andy Warhol. Im Grunde beschäftigen wir uns ja gerade deshalb immer wieder mit bestimmten Meisterwerken, weil veränderte Parameter immer neue Gewichtungen, neue Nuancen aufzeigen. Nicht zuletzt beeinflussen der Geist der jeweiligen Epoche, die gesellschaftlichen Diskussionen, die gerade aktuellen Narrative unsere Sicht- und Interpretationsweisen. Der Fidelio ist diesbezüglich ein perfektes Beispiel, wie man allein an seiner Rezeptionsgeschichte – inklusive politischen Missbrauchs – an der Wiener Staatsoper sehen kann. Oder denken Sie beispielsweise nur an die legendäre Dresdener Fidelio -Inszenierung von Christine Mielitz, 1989, also kurz vor dem Mauerfall. Die Stadt galt als Zentrale des

es besser, manchmal schlechter. Und da es eine ultimative Version nicht gibt, bleibt es immer nur ein Versuch. Für mich als Dirigenten ist aber das größte Kompliment, wenn Menschen nach dem Fallen des Vorhangs nicht über meine Interpretation sprechen, sondern über das Stück. Denn dann weiß ich, dass ich meiner Aufgabe, dem Publikum das Werk näher zu bringen, gerecht geworden bin.

HÄTTEN SIE’S GEWUSST?

Allein die Wiener Staatsoper spielte den Fidelio seit 1869 rund 950mal – ein Wiener »Leibstück« also, zu dem viele eine ganz persönliche Beziehung haben. Zur Abrundung unseres Fidelio-Schwerpunkts neun Quizfragen zu Beethoven und seiner einzigen Oper. Entnommen aus Georg Nigls Opernquiz, das im Oktober 2025 zum dritten Mal im NEST stattgefunden hat.

1 Wie lange ist Florestan bereits eingekerkert?

A Über 2 Jahre

B Genau 3 Jahre

C Ungefähr 7 Jahre

2

In welchem berühmten Film muss man als Losungswort »Fidelio« sagen, um Zugang zu einer verbotenen Veranstaltung zu bekommen?

A James Bond – Sag niemals nie

B Eyes Wide Shut

C Der Meister und Margarita

3

Beethoven hat im Laufe seines Lebens 53 Opernprojekte gewälzt. Welcher Stoff hat ihn 1809 so sehr interessiert, dass er sich an seinen Verleger Breitkopf & Härtel wandte, um die Rechte zu erwerben?

A Elektra

B Kallirhoe

C Luzifer

4

Mit welchem Tier vergleicht Leonore den Gefängnisgouverneur Don Pizarro?

A Schlange

B Tiger

C Wolf

5

Beethoven litt am Ende seines Lebens an einer Leberzirrhose. Welchen Wein trank er am liebsten?

A Riesling

B Veltliner

C Blaufränkisch

6

Wie hieß der berühmte Satz, der Beethoven von einem Gönner mit auf die Reise nach Wien gegeben wurde?

A Erhalten Sie Mozarts Geist aus des Kaisers Händen.

B Erhalten Sie Haydns Geist aus seinen Händen.

C Erhalten Sie Mozarts Geist aus Haydns Händen.

D Erhalten Sie Wiens Geist aus Mozarts Händen.

7

Der deutsche Mechaniker Johann Nepomuk Mälzel entwickelte für Beethoven mehrere Hörrohre. Welches mechanische Gerät verbindet man noch mit seinem Namen?

A Seismograph

B Inspizientenzug

C Metronom

D Feinstimmer für Streichinstrumente

8

In welchem Theater hatte Beethoven eine Zeit lang eine Wohnung?

A Carltheater

B Theater in der Josefstadt

C Thaliatheater

D Theater an der Wien

9

Wer verfasste die Grabrede für Beethoven und schrieb unter anderem: »Ein Künstler war er, aber auch ein Mensch, Mensch in jedem, im höchsten Sinn.«

A Johann Wolfgang von Goethe

B Friedrich Schiller

C Johann Nestroy

D Franz Grillparzer

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NIKOLAUS HABJAN Fotos WERNER KMETITSCH

WENN BEETHOVEN MITPROBT

»Ich möchte keinen Fidelio sehen, der etwa an der deutsch-deutschen Grenze spielt. Also eine Produktion, die eine ganz konkrete politische oder gesellschaftliche Situation erzählt. Der Fidelio funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn er allgemein gehalten ist.« So umriss der Regisseur Nikolaus Habjan vor einem Jahr erste Ideen zu seiner FidelioInszenierung. Nun ist es so weit, die Proben sind angelaufen und die Premiere zu Beethovens einziger Oper steht vor der Tür. Zeit für ein Gespräch mit dem Regisseur, der mit dieser Neuproduktion sein Hausdebüt an der Wiener Staatsoper gibt. Warum Leonore und Florestan mit Puppen gedoppelt werden, wie böse Don Pizarro wirklich ist und weshalb Rocco ein letztlich schätzenswerter Charakter ist: darüber sprach Nikolaus Habjan mit Oliver Láng.

ol Vor einigen Tagen wurde in einem Fernsehbeitrag über Albrecht Dürer beschrieben, wie stark er durch seine Zeichnungen die Welt ergründete. Geht es Ihnen als Regisseur ähnlich? Lernen Sie über Ihre Inszenierungen, über Figuren wie Leonore und Rocco etwas über unser Leben?

nh Das ist eine sehr gute Frage. Also: Definitiv ja. Meine Arbeit als Regisseur, aber auch als Puppenspieler ist für mich ein gro -

ßes Erkunden des Daseins. Indem ich Phänomene des Lebens und der Gesellschaft auf die Bühne bringe, lerne ich die Welt kennen. Gerade, wenn es um große und aktuelle Themen und um das moralische Handeln wie in Fidelio geht.

ol Zum Aktuellen und Moralischen kommen wir gleich. Zunächst aber, weil ich Sie gerade so ungemein engagiert und glücklich in einer Arbeitssituation erlebt habe: Ist das intensive Tüfteln an einzelnen Gesten,

Worten und Nuancen am Beginn der Probenphase für Sie das Schönste? Weil noch alles offen ist?

nh Ja, das liebe ich! Weil wir in diesen frühen Proben gemeinsam die Figuren von oben bis unten durchleuchten und sie im Detail analysieren können. Es ist schön, Worte und Noten immer wieder neu zu untersuchen, umzudrehen und sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Ich fange die Proben immer damit an, dass die Szene einmal durchgesungen wird, damit wir mit der Musik im Kopf zu arbeiten beginnen: Was sagt sie uns? Was meint der Dirigent dazu? Dann bringe ich meine Gedanken ein, es kommen Impulse von den Sängerinnen und Sängern, Intuitives. Und dann entstehen immer wieder diese besonderen Momente, wenn meine Ideen und die der anderen sowie die Musik Beethovens sich an einem Punkt treffen. Das ist ungemein befriedigend und eine spürbare Riesenfreude für alle. Was jetzt aber nicht bedeuten soll, dass andere Phasen der Arbeit nicht ebenso schön wären. Oder das Ergebnis. Es ist wunderschön, wenn man in der Aufführung sitzt und als Zuschauer einfach nur versteht, warum welche Figur etwas macht und alles ganz schlüssig und natürlich wirkt, kein gewolltes Konzept durchschimmert. Ich sage immer: Die schönsten Momente sind die, wenn man die Regie nicht spürt. ol Was schon in den Vorgesprächen augenfällig war, ist, wie in ­ und auswendig Sie das Stück kennen. Jeden Instrumentaleinsatz, jeden Beistrich. nh Was, wie ich finde, einfach nur die Aufgabe des Regisseurs ist. Es ist unabdingbar, das Werk, an dem man arbeitet, bis ins kleinste Detail zu kennen. ol Wie klar ist das Bild, das Sie vor einer Probe vor sich haben? Gibt es ein Regiebuch, in dem alles schon fix und fertig eingetragen ist? Oder geht es mehr um eine generelle Route?

nh Ich habe immer einen Plan, der nicht nur die allgemeine Richtung, sondern auch viel im Detail enthält. Aber, und das ist entscheidend: Ich bin immer bereit, diesen Plan aufzugeben, wenn sich in der Probenarbeit etwas

Besseres ergibt. Egal, ob mir etwas Gutes einfällt oder jemand anderem. Damit habe ich kein Ego-Problem. Denn die Aufgabe eines Regisseurs ist ja nicht nur, einen szenischen Weg zu finden, sondern alle zusammenzubringen und die bestmögliche Lösung zu entwickeln.

ol Vorhin, am Ende des Vormittags, sagten Sie: »Jetzt war gerade Beethoven in der Probe!« Wie war das gemeint?

nh Damit meinte ich einen dieser vorhin angesprochenen Momente, in denen alles zusammenkommt und alle an einem Strang ziehen. Man spürt förmlich: So, wie wir das mit unserem Herzblut erarbeitet haben, so würde es Beethoven gefallen, denn seine Musik ist mit der Szene verwoben. Es ist eben, als wäre er dabei gewesen. Man darf nie vergessen, dass er ein großer Theaterliebhaber war, ein Theatergeher, ein am Theater Interessierter, der viele Bühnentexte bearbeitet und Schauspielmusiken geschrieben hat. Dementsprechend stößt man in seiner Komposition oftmals auf szenisch kluge Entscheidungen. Er war mehr als »nur« Komponist.

ol Die Wiener Staatsoper hat sich von einer Inszenierung verabschiedet, die 55 Jahre am Repertoire stand und für manche prägend war. Müssen Sie sich als Regisseur an dieser alten Setzung abarbeiten? Oder machen Sie einfach Ihren Fidelio, ganz unabhängig, was war? nh Zweiteres! Ich habe nicht dauernd Otto Schenks Arbeit in meinem Kopf, um es dann bewusst anders zu machen. Darum geht es überhaupt nicht. Wie es auch nie darum geht, irgendjemanden zu provozieren, der die Inszenierung mochte. Sondern: Diese Produktion wurde seit 1970 gespielt, über 250mal. Und das ist für eine Arbeit einfach eine sehr lange Zeit. Und es liegt in der Natur von Oper und Theater, dass wir Dinge erneuern. Natürlich habe ich mich mit dem Fidelio an der Staatsoper beschäftigt, mit seiner Aufführungsgeschichte und überlegt, was ich in meine Inszenierung einfließen lasse. Auch unter dem Gesichtspunkt: Was habe ich vielleicht in anderen Stücken schon behandelt? In meinem Stück über Karl

Böhm etwa habe ich mich mit ihm auseinandergesetzt – das muss ich nicht auch in die Fidelio -Inszenierung hineinpacken.

ol Wie politisch konkret legen Sie Ihre Arbeit an? Nehmen Sie etwa auf bestimmte historische Momente Bezug, die man wiedererkennen soll? Verorten Sie den Fidelio in einer real bestehenden oder einer ehemaligen Diktatur?

nh Nein, das würde das Werk kleiner machen. Wenn man darüber nachdenkt, was Beethoven mit seinen Werken wollte, dann stößt man immer wieder auf eine ganz große Idealisierung. Und eine solche steht über einer konkreten Epoche. Daher möchte ich etwas schaffen, das letztlich zeitunabhängig ist. Je weniger ich nun versuche, die Handlung in eine enge, zeitlich oder politisch exakte Situation zu setzen, desto zeitloser wird die Arbeit. Es geht um die großen Themen, die Beethoven verhandelt, und die versteht man auch ganz klar, ohne einen historischen Bezugsrahmen zu nützen.

ol In Ihrer Arbeit sind diese großen Themen aber nicht nur Liebe, Mut und Befreiung, sondern auch die Wandlung einer scheinbaren Nebenfigur: Rocco. nh Ich finde, das Wichtigste in dem Stück ist Rocco, der eigentlich die Hauptrolle ist. Denn er ist die einzige Figur, die eine Entwicklung durchmacht. Daher konzentriere ich mich besonders auf ihn. Übrigens: Auch Rocco ist zeitlos.

ol Rocco also. Ein Sympathieträger ist er nicht. Dennoch beurteilen Sie ihn viel positiver, als er in vielen anderen Inszenierungen aussteigt. Er ist ein klassischer Mitläufer, mit einer unangenehm ausgeprägten Neigung zum Geld. nh Wenn wir in unsere Welt schauen, sind wir alle Mitläufer. Selbst der beste Mensch ist irgendwo einmal mitgelaufen, und keine und keiner von uns kann sich da ausnehmen. Man darf auch nicht dem Irrtum anheimfallen, dass Leonore die Identifikationsfigur der Oper wäre. Denn sie ist es nicht. Sie ist ein Vorbild, die Identifikationsfigur aber ist Rocco. Leonore ist ein

Archetyp, die Heldin. Rocco hingegen ein Mensch mit Schwächen, mit Gier, Angst, Feigheit und er ist mit moralisch pathologischer Flexibilität ausgestattet. Und doch: Er stellt eine kleine Weiche, indem er sich nicht mehr von Pizarro, sondern von Leonore beeinflussen lässt. Das ist eine kleine, schnell übersehene Entscheidung. Aber sie ist es, die – größer gedacht – auch unsere Welt zum Besseren wenden kann.

der Chance zum Besseren oder doch schon ein Pizarro?

nh Bei Pizarro geht es um Leben und Tod, er steht kurz vor dem Zusammenbruch und er will sich durch eine extreme Tat – den Mord an Florestan – retten. Jaquino hingegen sehe ich von Marzelline aus. Da ist eine Frau, die zuvor keine andere Chance hatte, als Jaquino zu heiraten, was sie mit einer fatalistischen Gleichgültigkeit getan hätte.

»Je weniger ich versuche, die Handlung in eine enge, zeitlich oder politisch exakte Situation zu setzen, desto zeitloser wird die Arbeit. «
NIKOLAUS HABJAN

HABJAN

ol Rocco ist also das Lehrbeispiel, das man mitnehmen kann.

nh Ich glaube, wenn man Leuten mitteilt: Du musst jetzt eine Heldin sein!, dann schüchtert das nur ein, man fällt in Schockstarre und es passiert gar nichts. Wenn man aber sagt: Ihr müsst nicht perfekt sein, aber achtet einfach darauf, wovon ihr euch beeinflussen lasst, kann das viel verändern. Dann denkt sich vielleicht jemand: Ja, ich höre lieber auf Fidelio und nicht auf Pizarro. Kleine Entscheidung – riesige Konsequenz.

ol Wie steht es um Jaquino? Er bringt in Ihrer Inszenierung viel Aggressivität und Bedrängendes ins Spiel. Ist er ein noch kleiner Rocco mit

Plötzlich aber sieht sie durch Fidelio Freiheit, Hoffnung und die große Liebe. Jaquino ist für sie nun absolut nicht mehr denkbar, mehr noch: Sie sieht den Gedanken einer Ehe mit ihm als Gefährdung, als Bedrängung. Nicht umsonst singt sie: »Es wurde zu Tode mir bang.« Dazu kommt, dass auch ihr Vater Rocco etwas für Fidelio empfindet und sich auf einer gewissen Ebene ebenfalls in ihn verliebt hat. Jaquino, der sich seiner EheSache schon sicher war, merkt, wie ihm die Sache entgleitet. Daher diese panische Aggression, er versucht Marzelline zu halten –und plötzlich eskaliert alles.

ol Zurück zu Pizarro. Ist er nur ein Getriebener? Oder so absolut böse wie

NIKOLAUS
DAVID BUTT PHILIP & MALIN BYSTRÖM

Jago, Hagen, sadistisch wie Scarpia?

nh Für mich ist Pizarro ein kleiner Feigling, schwer narzisstisch, ohne Empathie, einer, der sich immer einredet, groß zu sein. Er macht diese klare Rechnung: Wenn entdeckt wird, dass Florestan eingekerkert ist, ist meine Existenz gefährdet. Also muss die Existenz von Florestan vernichtet werden, mit allen Beweisen. Es geht also nicht um einen geplanten Mord, sondern um die Angst, überführt zu werden. Mir ist

ol Aber kann der Jubel nicht auch etwas Amtliches bekommen, im Sinne von: Jetzt wird gejubelt, es ist wieder eine Obrigkeit da, das ist die neue Marschrichtung?

nh Das Schöne ist, dass der Minister eigentlich gar keine Rolle spielt, oder nur jene, dass er Pizarro Angst macht. Bevor er ausreden kann, fährt ihm Rocco mitten in die Rede, und Leonore wird am Schluss der Moment geschenkt, ihren Gatten von den Fesseln

»Ich habe oft erlebt, dass der Schlussjubel ein wenig sabotiert beziehungsweise in ein dystopisches Licht gerückt wurde. Das geht sich aber mit der Musik Beethovens einfach nicht aus.«

zudem wichtig, seine Doppelgesichtigkeit zu zeigen, denn Pizarro kann ganz unterschiedlich wirken: In den wenigen Momenten, in denen er in der Öffentlichkeit steht, will ich ihn so sympathisch wie möglich zeigen, dahinter steht aber ein mickriger Mensch. Der leider in einer Position ist, in der er viel Leid anrichten kann.

ol Sie sprachen vom Idealisierungs ­ Motor, der Beethoven antrieb. Und so muss man die Figur von Leonore auch sehen: Eine Heldin, die alles daransetzt, die Person, die sie liebt, zu retten. Worin liegt aber, provokant gefragt, die wirklich exemplarisch große Tat? Sie verkleidet sich, und im entscheidenden Moment der Konfrontation mit dem Bösen ist sie deutlich besser bewaffnet als Pizarro. Eine Tosca ist ja ebenso bereit, vieles zu tun, um ihren Geliebten zu retten, wie viele andere auch. Das Hohelied singen wir aber Leonore. nh Natürlich ist das auch der Zeit geschuldet – und der großen Idealisierung, die da drinnen steckt und mit der man umzugehen lernen und die man zulassen muss. Ich habe oft erlebt, dass der Schlussjubel ein wenig sabotiert beziehungsweise in ein dystopisches Licht gerückt wurde. Das geht sich aber mit der Musik Beethovens einfach nicht aus. Abgesehen davon finde ich es durchaus einen Versuch wert, einmal zu sagen: Lass das Happy End zu und die Leute feiern. Das ist ja auch schön.

zu befreien. Mir gefällt es sehr, dass Beethoven diesen sphärischen Moment kreiert hat, dem der Jubel folgt. Es ist Florestan, der sagt, dass er es ohne seine Frau nicht geschafft hätte, nicht die Stimme des Königs. Es geht also weniger um ein »Von-Oben« als um ein »Von-Mensch-zu-Mensch«. ol Wie steht Leonore zu all dem Jubel? Sie wird zum neuen Ideal. In Ihrer Inszenierung wird das sogar bildlich erfahrbar.

nh Bei allem, was wir tun, kann vorkommen, dass plötzlich eine nicht zu kontrollierende Verselbstständigung eintritt. Das ist bei der Verkleidung von Leonore so, wenn sich Marzelline in sie verliebt, und das ist am Ende der Oper so, wenn Leonore zum Symbol der Befreiung von politischer Unterdrückung wird. Sie persönlich interessiert sich für so etwas nicht. Nach der Befreiung Florestans ist die Geschichte für sie erzählt. Was dann noch passiert, ist vielmehr für die anderen von großer Bedeutung.

ol Sie setzen in dieser Produktion große Puppen ein, die das Paar Leonore ­Florestan ergänzen. Entkommen Sie dem Puppenspiel, das einen wichtigen Bereich Ihrer Arbeit ausmacht, nicht mehr? Oder verwenden Sie die Figuren, weil Sie etwas zeigen können, das sonst viel schwieriger zu vermitteln wäre?

nh Wenn ich Puppen einsetze, muss für mich immer ein klarer Mehrwert dahinterstehen. Nehmen wir Leonore:

Wir haben eine Frau, die unter dem Namen Fidelio als Mann verkleidet ihren Gatten retten will. Nun ist sie im ewigen Zwiespalt zwischen heftigster Emotionalität und dem Druck, ihre Identität zu verbergen. Das ist auf dramaturgischer Ebene sehr spannend, ist aber auf der Bühne extrem schwierig darzustellen. In unserem Fall habe ich die Figur aufgespalten: Die Sängerin Malin Byström verkörpert die innere Gefühlswelt Leonores und die Puppe ist das, was die anderen zu Gesicht bekommen: ein kontrolliert zurückhaltender Fidelio. So kann ich all die Spannungen, die sich durch die Verkleidung ergeben, zeigen und emotionale Zustände viel genauer nachzeichnen. Etwa, wie es Leonore das Herz bricht, sobald sie realisiert, was sie Marzelline antut – sie es aber dennoch macht, weil sie ein größeres Ziel vor Augen hat. Diesen Kampf können wir mit der Kombination MenschPuppe sehr deutlich zeigen. Für Sängerinnen und Sänger ist das mitunter anfangs ungewohnt, doch im Laufe der Proben zeigt sich immer, dass nicht 50 Prozent an Schauspiel wegfallen, sondern wir zweimal hundert Prozent haben: Hundert Prozent Mensch, hundert Prozent Puppe.

ol Wieso aber doppeln Sie Florestan? Er ist ja immer nur eine Person, nie verstellt, nie verkleidet.

nh Das hat paradoxerweise mit dem Versuch zu tun, das Spiel realistischer zu machen. Mit einer Puppe kann ich die Traumata des Inhaftierten präziser zeigen, ich kann eine Figur darstellen, die zwei Jahre in völliger Dunkelheit, fast ohne Nahrung im Kerker dahinvegetiert. Wir haben also den Sänger –das ist Florestan, wie sich Leonore an ihn erinnert. Und wir haben die Puppe –das ist der Gefangene nach zwei Jahren Gefängnis. Außerdem gibt es viele Berichte von Menschen, die verschüttet waren oder in unmenschlicher Haft überlebt haben und sich in dieser Lage von sich selbst distanziert haben. Das ist ein bekannter psychologischer Vorgang, den ich im Theater dank der Puppe zeigen kann. Zudem entsteht so die Möglichkeit, sich Leonore und Florestan auch auf einer neu sichtbaren emotionalen Ebene begegnen zu lassen.

ÜBER DAS PUPPENSPIEL

In der aktuellen Fidelio -Produktion kommen auch Puppen zum Einsatz. Leonore und Florestan werden gedoppelt – beziehungsweise aufgespalten. Warum das die Produktion reicher – und klarer – macht und was Puppen besser können als menschliche Darsteller, das erzählt Manuela Linshalm.

Eine Puppe ist immer wahrhaftig. Sie spielt keine Rolle, sondern sie ist die Rolle, die wir ihr zuschreiben. Dadurch kann sie absolut überzeugend sein, ohne jede persönliche Schranke. Wenn also eine Puppe stirbt, dann stirbt sie besser als jede Schauspielerin oder jeder Sänger. Denn die Darsteller stehen wieder auf, verbeugen sich, schwitzen. Eine Puppe, die von der Spielerin gelöst ist, ist tot. Und das mit einer solchen Wirkungskraft, dass es einem schier das Herz brechen kann. Vielleicht können Puppen manches an Mimik nicht zeigen, sie lösen aber die entsprechenden Emotionen und Gedanken bei den Zuschauern aus. Das Publikum komplettiert also, was wir spielen. Denn: Puppen sind gewaltige Projektionsflächen. Das setzt voraus, dass sie nicht nur gut gespielt, sondern auch gut gebaut sein müssen, vergleichbar mit einem Musik instrument.

»Puppen sind

Eine Puppe gibt uns die Möglichkeit, die Innen- und Außenwelt einer Figur zu zeigen – und diese liegen gerade bei der Leonore extrem weit auseinander. Wir haben eine verzweifelte Frau vor uns, die innerlich zerrissen ist: Sie sucht ihren Mann, muss aber ihre Emotionalität unterdrücken, sich verkleiden und nach außen etwas anderes darstellen –nämlich Fidelio. Die Innenwelt, die Seele: das ist die Sängerin. Das, was die Figur nach außen zeigen muss: das ist die Puppe. Diese Ebenen können sich trennen, voneinander entfernen. Beide Schichten sind über die Musik und den Text erfahrbar, für gewöhnlich aber auf der Bühne nicht sichtbar. In unserer Produktion aber hören wir nicht nur die Innen- und Außenwelt, wir können sie auch sehen.

Manuela Linshalm ist Schauspielerin und Puppenspielerin und wird in der Neuproduktion die Leonore-Puppe spielen.

gewaltige Projektionsflächen. Das

setzt voraus, dass sie nicht nur gut gespielt, sondern auch gut gebaut sein müssen,

vergleichbar mit einem Musikinstrument.«

20 JAHRE WIENER STAATSBALLETT

IRIS FREY IM GESPRÄCH MIT DER KAUFMÄNNISCHEN LEITERIN DES WIENER STAATSBALLETTS

SIMONE WOHINZ ÜBER AUTONOMIE, SYNERGIEN, SICHTBARKEIT UND STERNSTUNDEN

Das Ballett im Haus am Ring gibt es bereits seit 1869, ebenso lange wie die Wiener Staatsoper selbst. Seit 2005 ist das Wiener Staatsballett eine Kooperation der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien und künstlerisch sowie budgetär autonom.

SIMONE WOHINZ Foto ANDREAS JAKWERTH

Eine treibende Kraft auf dem Weg dorthin war die kaufmännische Leiterin des Wiener Staatsballetts Simone Wohinz. Im Jahr 1999 war sie Mitglied im Projektteam »Ausgliederung« der designierten kaufmännischen Geschäftsführungen des Bundestheaterkonzerns, anschließend leitete sie bis 2005 das Konzerncontrolling, Rechnungswesen und die Öffentlichkeitsarbeit der Bundestheater-Holding. Im Zuge der Ausgliederung des Balletts wurde Simone Wohinz 2005 zur Kaufmännischen Leiterin des Balletts der Wiener Staatsoper und Volksoper berufen, das 2010 in Wiener Staatsballett umbenannt wurde. In dieser Funktion fungiert sie seither als Handlungsbevollmächtigte der Wiener Staatsoper GmbH und Volksoper Wien GmbH. Von Jänner bis Juni 2020 war sie zudem interimistische Direktorin der Ballettakademie der Wiener Staatsoper, seit September 2020 hat sie zusätzlich die Kaufmännische Leitung der Ballettakademie übernommen. if Was hat damals vor 20 Jahren den Ausschlag gegeben, das Ballett auszugliedern und die zwei Ensembles der Staats­ und Volksoper zu fusionieren?

sw Die Grundentscheidung, das Ballett zusammenzulegen, lag in dem Wunsch begründet, die künstlerische Qualität zu steigern und vor allem die Präsenz des Balletts in der Wiener Staatsoper und der Volksoper Wien zu erhöhen. Die Idee war, eine Synergie der Compagnie in beiden Häusern zu ermög-

MARIA YAKOVLEVA als BARONESSE

MARY VETSERA & KIRILL KOURLAEV als KRONPRINZ RUDOLF in KENNETH MACMILLANS

MAYERLING

Foto MICHAEL PÖHN

lichen, sodass die Struktur schlanker und effizienter wird.

if Nachdem das Ensemble somit in beiden Häusern auftreten kann, gibt es deutlich mehr Vorstellungen für die Tänzerinnen und Tänzer…

sw Absolut. Im Schnitt der letzten Jahre kann man sagen, dass sich die Aufführungen in der Staatsoper pro Spielzeit bei 52 eingependelt haben. In der Volksoper liegen wir immer über der vorgeschriebenen Anzahl, etwa bei 34 Vorstellungen. Somit hat das Wiener Staatsballett die Möglichkeit, insgesamt bis zu 90 abendfüllende Ballettvorstellungen in beiden Häusern zu präsentieren. Damit erreicht man sehr viel Publikum – in der Staatsoper ca. 2.100 Personen und in der Volksoper ca. 1.100 Personen. Seit Dezember 2024 haben wir zusätzlich mehr Sichtbarkeit mit der Eröffnung des NEST. Dort haben wir durchschnittlich 20 Vorstellungen. So kommt man

auf mindestens 110 Vorstellungen pro Spielzeit in Wien, wodurch das Ballett deutlich präsenter ist.  if Ein großer Vorteil für die in der Staatsoper stationierten Tänzerinnen und Tänzer ist es, dass sie seit der Ausgliederung kaum mehr Tanzeinlagen in Opernproduktionen machen müssen. Dadurch ist hier eine Aufwertung und mehr Probenzeit für die Ballettabende gegeben… sw Dass ein erstklassiges Ballettensemble Tanzeinlagen macht, ist eine singuläre Organisationsform und »Wiener Spezialität«. Es gibt nur noch eine weitere Compagnie dieser Größe in Europa, die in Opern mitwirkt und das ist das Ballett der Mailänder Scala. Die in der Staatsoper stationierten Tänzer*innen tanzen seit der Ausgliederung vorwiegend abendfüllende Ballette – nur noch einmal im Jahr treten sie in der Operette Die Fledermaus auf, weil dasselbe Stück zeitgleich um Silvester herum auch

in der Volksoper gespielt wird und es daher personell nicht anders möglich ist. Ich möchte jedoch herausstreichen, dass die in der Volksoper stationierten 24 Ensemblemitglieder nicht nur verstärkt eigene Ballettabende machen, sondern on top Tanzeinlagen in Opern, Operetten und Musicals und somit jährlich in bis zu 100 Vorstellungen mitwirken. if Welche grundlegenden Verbesserungen hat die Autonomie des Balletts gebracht? sw Es ist deshalb so wichtig, dass wir autonom sind, da wir unsere künstlerischen und personellen Entscheidungen selbst treffen können. Dadurch sind wir effizient, schnell und produktiv. Und wir haben nicht nur die Präsenz, sondern auch die Qualität des Wiener Staatsballetts nachweislich gesteigert. Das Ziel unserer neuen Ballettdirektorin Alessandra Ferri ist, das Wiener Staatsballett zu einer der »World Leading Companies« zu machen. Und ich

glaube, die Zusammenlegung des Balletts war auch die Grundlage dafür, dass nach 20 Jahren ein Weltstar wie sie diese Compagnie übernommen hat. if Das Ballett hat heutzutage auch viel mehr Spielraum und Handlungsmöglichkeiten… sw Wir haben drei Spielstätten, somit auch ein sehr unterschiedliches Publikum, und 101 Tänzer*innen. Mittlerweile zählen wir zu den bedeutendsten Ballettcompagnien in Europa und von der Tänzeranzahl ist es die größte im deutschsprachigen Raum. Gerade deshalb ist es mir so wichtig zu sagen, dass wir trotzdem sehr sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig sind, so, wie es im Bundestheaterorganisationsgesetz steht. Wir sind eine äußerst effiziente und schlanke Ballettorganisation und haben uns immer bemüht, uns zu optimieren, die Einnahmen zu steigern und die Ausgaben effizient zu gestalten. Wir stehen auf soliden Beinen.

JAKOB FEYFERLIK als AMINTA & OLGA ESINA als SYLVIA in MANUEL LEGRIS’ SYLVIA
Foto ASHLEY TAYLOR

HYO-JUNG KANG

MARCOS MENHA & DAVIDE DATO in MARTIN SCHLÄPFERS

DIE JAHRESZEITEN

Foto ASHLEY TAYLOR

if Was wäre ein Wunsch für die Zukunft?

Gibt es Bereiche, die verbesserungswürdig sind?

sw Ein großes Anliegen von mir ist es, das mittlerweile bereits sehr umfangreiche Healthcare-Angebot noch mehr zu optimieren, um den höheren Ansprüchen der Tänzer*innen heutzutage gerecht zu werden und etwa eine gute medizinisch-therapeutische Nachbetreuung nach Verletzungen oder bei der Rückkehr aus einer Karenz anzubieten. Ein weiterer wichtiger Bereich ist es, das Marketing zu verbessern und auszubauen, damit wir das professionelle Level unserer Opernhäuser erreichen können. Das ist aber mit personellen und budgetären Ressourcen verbunden. Und ich glaube, wenn man an die Weltspitze möchte, wie etwa die Compagnien in London und Paris, braucht man eine Sichtbarkeit, ein zukunftsweisendes Marketing.

if Sie stehen seit 2005 nun der vierten Ballettdirektion vor. Was waren für Sie Highlights oder besonders wichtige Ereignisse? sw Ich finde, unsere Gastspiele waren immer besondere Highlights. In den letzten beiden Jahrzehnten haben wir die ganze Welt bereist. Wenn man sieht, dass das Publikum in anderen Ländern genauso enthusiastisch auf eine Performance reagiert wie in Wien, dann macht einen das schon sehr stolz. Und ich muss auch sagen, unsere Präsenz am Opernball finde ich immer sehr schön. Das ist für mich eine große Aufwertung des Balletts, wenn wir gleichwertig mit der Oper, den Sänger*innen, im Mittelpunkt der Eröffnung stehen. Auch auf die Mitwirkung des Balletts beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker bekommen wir immer viel positives Feedback. Innerhalb unserer beiden Häuser gab es auch sehr viele Premieren und Vorstellungen, die mir in

MADISON YOUNG & ENSEMBLE
in ALEXEI RATMANSKYS KALLIRHOE
Foto ASHLEY TAYLOR

Erinnerung blieben und ich im Herzen trage –etwa John Neumeiers Josephs Legende oder Le Sacre werde ich nie vergessen. if Wenn man zurückblickt, gab es in jeder Ära Sternstunden – besondere Produktionen oder Künstler*innen… sw Jede Ära war künstlerisch wertvoll und hat ihre eigenen Akzente gesetzt. Gyula Harangozó hat viele Gastsolist*innen eingeladen, von denen mir einige gut in Erinnerung geblieben sind. Die zehnjährige Ära von Manuel Legris war auf jeden Fall künstlerisch wahnsinnig inspirierend mit einem Ensemble auf sehr hohem Niveau und einer Vielzahl an Gastspielen. Besonders wichtig war mir die Pflege und Erweiterung des Repertoires von Rudolf Nurejew, der so bedeutungsvoll für das Ballett in Wien ist. Bei Martin Schläpfer war prägend, dass wir die Verantwortung für die Ballettakademie übernommen haben und diese parallel zu seiner Direktionszeit –und neben der Pandemie – reformiert haben. Das war eine extrem herausfordernde Zeit. Aber es war für mich auch eine spannende Erfahrung, erstmals mit einem Chefchoreografen zusammenzuarbeiten. Ich fand es sehr interessant, wie er in seinen künstlerischen Schöpfungen musikalische Schwerpunkte gesetzt hat. Seine letzte Spielzeit 2024/25 war zudem eine der ökonomisch, aber auch von der Auslastung des Publikums her, erfolgreichsten Jahre.  Ich bin der Meinung, dass all die letzten Jahre dazu beigetragen haben, dass wir jetzt Alessandra Ferri als Ballettdirektorin hier haben. Wir haben viel erreicht und können auf alldem aufbauen – das Niveau des Wiener Staatsballetts ist top. Deswegen brauchen wir auch ein gesichertes Budget und entsprechend personelle Ressourcen, um an unserer Marke zu arbeiten. Das ist unsere Challenge. Ich denke, wir haben gerade jetzt eine Chance, gemeinsam mit dem Freundeskreis des Wiener Staatsballetts sowie mit Sponsoren auch zusätzliche Mittel zu erwirtschaften.

if Der Freundeskreis Wiener Staatsballett war ebenfalls eine Neuerung der letzten Jahre… sw Ja, den Freundeskreis gibt es jetzt seit fünf Jahren und zählt mittlerweile rund 300 Mitglieder. Ich wünsche mir, dass sich dieser genauso gut weiterentwickelt wie bisher um unsere Notwendigkeiten, wie den Ausbau des Healthcare-Systems und den gesteigerten Bedarf an Spitzenschuhen finanzieren zu können.

Das Wiener Staatsballett ist auch betreffend die räumliche Infrastruktur bemüht, diese zu verbessern und zu optimieren. Wir haben die Möglichkeit, in der Staatsoper und in der Volksoper zu proben, aber auch in der Ballettakademie. Unsere Ballettsäle sind mit Schwingböden, der höchsten professionellen Tanztechnologie, ausgestattet. Das ist uns wirklich ein großes Anliegen, weil wir für die Tänzer*innen einfach das Beste wollen und der Tanzboden ein wichtiges Fundament ist. Wenn man auf Top-Niveau tanzt, müssen natürlich die Rahmenbedingungen dementsprechend sein und das ist uns auch gelungen. Wir können stolz sein, was wir gemeinsam alles geschafft haben. Um auch zukünftig dieses Niveau halten und sogar steigern zu können brauchen wir auch den Support der Bundestheater und des zuständigen Ministeriums, das ist etwas ganz Wichtiges.

ZAHLEN & FAKTEN

Ballettdirektor*innen 2005 bis 2025 2005–2010 Gyula Harangozó 2010–2020 Manuel Legris

2020–2025 Martin Schläpfer Seit 2025 Alessandra Ferri

WIENER STAATSBALLETT 2025/26

101 Tänzerinnen & Tänzer 32 Ballettdirektion, künstlerisches & administratives Team

WEIHNACHTEN

AN DER WIENER STAATSOPER:

EIN FEST FÜR DIE GANZE FAMILIE

EIN ESSAY FÜR ELTERN, GROSSELTERN –UND DAS INNERE KIND

Weihnachten ist für viele Familien die Zeit, in der wir uns erinnern, wie es war, selbst Kind zu sein: staunend vor dem Christbaum zu stehen, Geschichten zu lauschen, an Wunder zu glauben. Und vielleicht ist es gerade deshalb so naheliegend, die festlichen Tage auch als Einladung zu verstehen – eine Einladung, gemeinsam etwas zu erleben, das die Fantasie beflügelt und das Herz berührt. Die Wiener Staatsoper bietet dafür einen Ort, an dem sich Welten öffnen können: auf der großen Bühne im Haus am Ring und im NEST, dem eigenen Spielort für junge Zuschauer:innen. Hier treffen sich Kinder, Eltern, Großeltern – und all jene Erwachsenen, die ihr inneres Kind nicht verloren haben. Oder vielleicht: die es wieder einmal wecken möchten.

MUSKETIERE! –

EIN ABENTEUER FÜR ALLE

Musketiere! erzählt eine Geschichte über Mut, Freundschaft und den Wunsch, die Welt gerechter zu machen. D’Artagnan, hier ein junges Mädchen, will »Musketierin« werden – nicht, um sich zu beweisen, sondern,

um etwas zu verändern. Denn im Land des Goldenen Croissants haben Egoismus und Selbstverliebtheit überhand genommen. Zusammen mit Pferd Holgär und dem enthusiastischen Portos begibt sie sich auf eine Reise, die zwischen Komik, Spannung und Gefühl balanciert.

Nach der Uraufführung bei den Salzburger Festspielen feiert Musketiere! nun in Wien Premiere. Die Geschichte basiert frei auf den bekannten Abenteuerromanen von Alexandre Dumas, aber sie ist von Grund auf für Kinder erzählt –der Humor ist klug und liebevoll, die Figuren zugänglich und überraschend. Und: Es gibt nichts, was Kinder »erklärt bekommen« müssen. Sie begreifen. Sie spüren. Sie leben mit. Regisseur und Librettist David Bösch betont, dass die Musketiere für Solidarität und Selbstermächtigung

stehen. Etwas, das Kinder intuitiv verstehen und Erwachsene manchmal vergessen: Alleine ist man stark. Gemeinsam ist man stärker. Gleichzeitig spielt der Abend humorvoll mit Rollenbildern: »Eine junge Heldin statt eines Helden zu erzählen, ist heute selbstverständlich –und zugleich wichtig«, erklärt Bösch.

Auch die Geschichte vom Goldenen Croissant, jenem Märchenobjekt, das sichtbar macht, wie sich Egoismus anfühlt – süß, glänzend, aber hohl –, wird mit einer Mischung aus Komik und Tiefgang erzählt. Bösch spricht

von einer Balance aus »Unterhaltung und Bedeutung«, die in der Oper so austariert werden müsse, dass diese sich mit Animationsfilmen aus dem PixarStudio oder schlicht mit einem guten Jugendbuch messen lassen könne.

Die Musik von Sebastian Schwab ist leichtfüßig, frisch und voller Energie – die ideale Grundlage dafür, dass Kinder in die Oper eintauchen, ohne je den Faden zu verlieren. Sie zitiert keine barocken Tänze und keine historischen Duelle, sondern spricht die Sprache des Jetzt: rhythmisch, spielerisch, mit über-

FLORINA ILIE als GRETEL &
CHRISTINA BOCK als HÄNSEL in HÄNSEL UND GRETEL
Foto MICHAEL PÖHN

KINDER TRAGEN DIE WELT DER FANTASIE NOCH TÄGLICH IN SICH

MUSKETIERE! IM NEST

Wiener Erstaufführung Mittwoch, 3. DEZEMBER 2025

Weitere Vorstellungen 4., 6., 7., 8., 11., 12., 13., 14., 15., 16., 17., 20., 21. DEZEMBER 2025 & 17., 18., 20., 21., 22., 26., 27., 28., 29., 30. MAI 2026

REGISSEUR & LIBRETTIST

DAVID BÖSCH ÜBER SEINE NEUE KINDEROPER MUSKETIERE!

jo Herr Bösch, wie kam es dazu, dass Sie ausgerechnet die Musketiere als Stoff für eine Kinderoper gewählt haben?

db Ich arbeite gern mit Stoffen, die viele Bearbeitungen erlebt haben. Sie haben bewiesen, dass sie zeitlos tragfähig sind. Die Musketiere gehören unbedingt dazu. Natürlich ist es eine klassische Abenteuergeschichte –Mantel und Degen, bei uns vielleicht eher Laserschwert und Karotte. Aber dahinter steht etwas sehr Menschliches: der Wunsch, Teil einer Gemeinschaft zu sein, gemeinsam für Gerechtigkeit einzustehen und die Welt ein Stück besser zu machen. Das betrifft uns alle, egal, wie alt wir sind. Theater kann ein guter Ort sein, um genau dieses Gefühl von Mut und Selbstwirksamkeit zu vermitteln.

jo Ihre Inszenierung verbindet Abenteuer, Humor und eine Freundschaftsgeschichte mit philosophischen Momenten. Wie balanciert man diese Elemente für ein junges Publikum?

db Ich möchte, dass Kinder genauso viel mitnehmen können wie Erwachsene. Humor, Spannung und ein paar gedankliche Funken sollen nebeneinander stehen. Vieles entsteht intuitiv, aber wir versuchen natürlich, Themen einzubauen, die Kinder und Jugendliche unmittelbar betreffen. Früher sprach man von popkulturellen Referenzen – aber die unterscheiden sich radikal je nach Generation. Kinder leben in einer anderen Fantasie- und Medienwelt als Erwachsene. Deshalb greifen wir bewusst Figuren, Geschichten und Empfindungen auf, die sie heute umgeben – aus Comics, Kinderbüchern oder animierten Serien. Das ist fantasievoll, und es wurde im »ernsten« Theater lange unterschätzt.

jo Welche Geschichten haben Sie selbst als Kind geprägt?

db Astrid Lindgren war für mich wichtig – Mio, mein Mio und andere ihrer Heldinnen und Helden. Pippi Langstrumpf hat mir allerdings eher Angst gemacht; ich war nicht der wilde Pippi-Typ. Ich war eher wie Tommy Settergren, der zurückhaltende Junge, der genau beobachtet und staunend in Geschichten eintaucht. Zeichentrick spielte auch eine Rolle, aber das Angebot war damals viel schmaler. Heute reicht die Spanne von Ninjago bis Ronja Räubertochter. Und ich finde: Man braucht beides. Klassiker und zeitgenössische Fantasie. Ninjago etwa arbeitet mit archetypischen Mustern: eine fremde Welt, ein Lehrmeister, ein Abenteuer. Damit lässt sich schnell, humorvoll und pointiert erzählen. Pixar beherrscht das hervorragend – und Shakespeare konnte es auch: Geschichten, die alle Generationen erreichen. Genau das sollte Kinder- und Jugendtheater leisten. Kinder verstehen oft mehr, als Erwachsene ahnen. Vielleicht, weil sie stärker im Fantastischen leben und weniger vom Alltag gebremst sind. jo Was würden Sie Familien raten, die noch nie in der Kinderoper – oder überhaupt in der Oper – waren? db Ich würde sagen: Einfach kommen! Wer mit sechs Jahren zum ersten Mal in einer Kinderoper sitzt, könnte sofort Fan werden. Viele Menschen glauben, Oper sei lang und träge. Bei Kinderopern ist es genau umgekehrt: Sie sind kompakt, temporeich und voll äußerer Handlung. Das ist eine große Einladung an alle, die Oper zum ersten Mal ausprobieren wollen.

DAVID BÖSCH
Foto PHILIP BRUNNADER

raschenden Brüchen und Momenten leiser Wärme. Sie lässt D’Artagnan zweifeln und wachsen, gibt Holgär Raum für komische, aber auch verletzliche Töne, und trägt Portos’ Sehnsucht nach Zugehörigkeit mit sanftem Ernst.

Termine eingehalten und Einkaufstaschen getragen werden müssen. Manchmal meldet es sich nur noch leise – beim Duft von Zimt, beim Klang eines Kinderliedes, beim ersten Schneefall. Und dann spüren wir: Ganz verschwunden ist es nicht.

Und dann ist da der Live-Moment: die Atemzüge der Sänger:innen, die Vibrationen des Orchesters, das gemeinsame Lachen und Staunen, die kleinen Pausen, in denen das ganze Publikum kurz innehält. Nichts daran kommt von einem Bildschirm. Alles entsteht hier und jetzt, in einem Raum, den Kinder und Erwachsene gemeinsam mit Leben füllen. Die Bühne wird zu einem Ort, an dem Fantasie Wirklichkeit wird – nicht als Flucht, sondern als Möglichkeit.

HÄNSEL UND GRETEL –

EIN WEIHNACHTSKLASSIKER

MIT HERZ

Haben Sie ein inneres Kind, und wenn ja, langweilt es sich nicht manchmal entsetzlich? Vielleicht sitzt es still in einer Ecke, brav geworden, weil Rechnungen bezahlt,

Weihnachten ist eine Zeit, in der dieses innere Kind ein wenig mutiger wird. Es klopft an. Es erinnert uns daran, wie es sich anfühlte, Staunen nicht zu suchen, sondern selbstverständlich in sich zu tragen. Für Kinder ist das selbstverständlich. Für Erwachsene ist es ein Wiederfinden. Zeit, Grimms Märchen aufzuschlagen.

Wenige Opern sind so eng mit der Weihnachtszeit verbunden wie Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel . Die Uraufführung fand am 23. Dezember 1893 in Weimar unter Richard Strauss als Dirigent statt, und seither gehört das Werk überall zur Advent- und Festzeit. Wenn Hänsel und Gretel an der Wiener Staatsoper gespielt wird, ist das fast wie ein gemeinsames Hauskonzert einer ganzen Stadt. Diese Oper hat etwas zutiefst Menschliches, etwas, das uns weicher macht. Ihre Melodien sind eingängig, ihre

ADRIAN AUTARD, HANNAH-THERES WEIGL, MAGNUS-REMY SCHMIDT als PORTOS, D’ARTAGNAN & HOLGÄR in MUSKETIERE! Foto MICHAEL PÖHN

Szenen poetisch und vertraut: Geschwister, die spielen, obwohl sie eigentlich arbeiten müssten. Die Angst im dunklen Wald. Das Staunen vor dem berühmten Knusperhäuschen. Der Ritt auf dem Hexenbesen. Das Lachen. Das Zittern. Das Happy End.

Die Inszenierung von Adrian Noble zeigt die Geschichte als Märchen zwischen Zauberwald und viktorianischem London – ein Traum aus Bühnenbildern und Poesie. Die Musik schimmert in den orchestralen Klangfarben der Spätromantik und lässt eine Welt voller Wärme und Zauber entstehen. Humperdinck und seine Schwester Adelheid Wette (die das Libretto schrieb) woben Volkslieder in die Partitur ein, die an die eigene Kindheit erinnern: an Geborgenheit, an Rituale, an Strophen, die man als Kind auswendig konnte, ohne je zu wissen, wann man sie gelernt hatte. Gretel singt »Suse, liebe Suse« beim Stricken, Hänsel tanzt mit ihr zu »Brüderchen, komm, tanz mit mir«, und im Wald, zwischen Furcht und Neugier, summen sie »Ein Männlein steht im Walde«. Auch die ernsten Untertöne des Märchens arbeitet Nobles Inszenierung heraus: die Armut, die Vernachlässigung, den Hunger – jene Situationen, in denen Kinder tatsächlich gefährdet sind. Noble erinnert daran, dass Hänsel und Gretel nicht nur träumen, tanzen und spielen, sondern an einer Grenze entlanggehen, hinter der der Alltag plötzlich kippen kann. Die Nähe zum Tod, die in Grimms Märchen immer mitschwingt, wird hier nicht entschärft, sondern ernst genommen. So wird sichtbar, wie zerbrechlich die Welt manchmal ist – und wie stark Kinder sein können, wenn die Gefährdung und die Rettung, das Dunkel und das Licht, sich unmittelbar gegenüberstehen.

Dieser Abend ist nicht nur eine Oper. Er ist auch der gemeinsame Atemzug einer Familie. Der Besuch einer Aufführung von Hänsel und Gretel kann zu einem verbindenden Erlebnis werden: Die Kinder erleben Furcht und Staunen im Hexenhaus und tanzen innerlich mit. Die Eltern hören zwischen den Zeilen die große, romantische Oper. Die Großeltern spüren vielleicht in der Musik eine vertraute Melancholie. Es ist ein Werk, das Generationen über die Bühne hinweg miteinander sprechen lässt.

HÄNSEL UND GRETEL

an der Wiener Staatsoper

26. 28. 29. DEZEMBER 2025

2. JÄNNER 2026

GEMEINSAM INS NEUE JAHR:

DAS KINDERSILVESTERKONZERT

Wer die festlichen Tage weiterführen möchte, findet im Kinder-Silvesterkonzert der Wiener Philharmoniker eine zauberhafte Gelegenheit. Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, erklingt in Wien jene Musik, die seit Generationen für Eleganz, Leichtigkeit und Lebensfreude steht: die Walzer von Johann Strauß und seinen Zeitgenossen. Beim Kinder-Silvesterkonzert dürfen junge Zuhörerinnen und Zuhörer diese Klangwelt aus nächster Nähe erleben.

Mitglieder der Wiener Philharmoniker spielen und moderieren selbst – mit Witz, Wissen und spürbarer Begeisterung. Sie erzählen von Walzern, die wie tanzende Schneeflocken klingen, von Polkas, die im Takt eines fröhlichen Herzens springen, und von einer Stadt, in der Musik Teil des Alltags ist. So entsteht ein Konzert, das die Atmosphäre des berühmten Neujahrskonzerts aufgreift, aber kindgerecht und charmant vermittelt: ein Erlebnis voller Schwung, Glanz und Spielfreude.

Ein schöner Abschluss – oder ein Auftakt für das neue Jahr. Und eine einmalige Gelegenheit, einigen der besten Orchestermusiker:innen der Welt in der Ausübung ihrer Kunst ganz nahe zu kommen.

WARUM SOLCHE

ERLEBNISSE WICHTIG SIND

Manchmal denkt man, Kinder würden bei Opern oder Konzerten vielleicht nicht »alles verstehen«. Doch heißt »verstehen« in diesen Momenten nicht vielmehr »fühlen«?

Kinder verstehen, wenn jemand mutig ist. Sie verstehen, wenn jemand Angst hat. Sie verstehen, wenn Musik etwas in uns zum Schwingen bringt.

Und Erwachsene? Auch wir fühlen –wenn wir uns erlauben, es zu tun. Vielleicht brauchen wir dieses Staunen sogar dringender als die Kinder. Denn in der dunklen Jahreszeit ist ein gemeinsamer Theaterabend einer dieser Anlässe, an denen wir uns erinnern, wie hell die Welt sein kann, wenn wir gemeinsam hinschauen.

ZUM SCHLUSS

Vielleicht ist das Schönste an Weihnachten nicht das Schenke, sondern das gemeinsame Erleben. Ein Opernbesuch ist kein Gegenstand unter dem Baum. Er ist ein gemeinsamer Moment. Ein Abend, der bleibt.

Fotos

ANITA MONSERRAT als KARDINÄLIN & ALEX ILVAKHIN als KÖNIG in MUSKETIERE!

FLORINA ILIE als GRETEL & CHRISTINA BOCK als HÄNSEL in HÄNSEL UND GRETEL
MICHAEL PÖHN
MONIKA BOHINEC als HEXE in HÄNSEL UND GRETEL

FÜR DIE OPERETTE BRAUCHT MAN ALLES

KS JONAS KAUFMANN SINGT AN DER STAATSOPER ERSTMALS DEN EISENSTEIN

Da kommt er, der geschmeidige, aber dann doch auch bisschen boshafte Dreiertakt, und der Refrain, den man nicht mehr aus dem Ohr bekommt: »Der Tod, das muss ein Wiener sein…« Geschrieben vom unsterblichen Georg Kreisler, gesungen von Jonas Kaufmann. Alles erlebt man da: Das lässige Gleiten, das Augenzwinkernde und Doppelbödige, und dann wieder die gesamte Bandbreite einer grandios ausgespielten Musikalität. Auch in dieser kleinen Form, auch im Witz brilliert

er und fühlt dem Wienerischen gekonnt auf den Zahn. Nicht nur, wer das gehört hat, freut sich auf Kaufmanns ersten Staatsopern-Eisenstein zu Silvester. Nach all den Prinzen, Liebhabern, Revolutionären und Suchenden gibt er nun den Lebemann, der statt in den Arrest lieber auf ein rauschendes Fest geht. Oliver Láng sprach mit dem Publikumsliebling über seinen gekonnt wienerischen Zungenschlag, die Freiheit in der Operette und warum man den Eisenstein trotz allem mag.

KS JONAS KAUFMANN

ol Eine Kollegin aus München meint immer wieder gerne: Ihr Wiener braucht’s euch nix einzubilden, so anders sind die Bayern auch nicht. Sie wurden in München geboren und kennen Wien gut. Ist Wien anders? jk Als Wahl-Salzburger würde ich sagen: Die Salzburger und Bayern liegen schon sehr nah beieinander. In Wien habe ich etliche Jahre gelebt und

Filme werden entsprechend synchronisiert. Aber die Grundtendenz ist dem entgegengesetzt.

ol Eines Ihrer erfolgreichen CDund DVD ­Projekte war Wien, der Operette und dem Wienerlied gewidmet. Neben Strauß, Kálmán und Lehár kann man auch Leopoldi und Kreisler hören. Man hört auch, dass Sie ein sehr schönes Wienerisch

JOHANN STRAUSS

kalfärbungen hat mir immer schon großen Spaß gemacht. Bereits als Kind unterhielt ich Gäste meiner Eltern regelmäßig mit den unterschiedlichsten Dialekten, norddeutsch oder sächsisch, hessisch oder schwäbisch. Oder auch mit Fremdsprachen. Auch machte es mir Spaß, in der Schule an einem Tag Englisch mit amerikanischem Einschlag zu sprechen und am nächsten das Schottische auszuprobieren.

DIE FLEDERMAUS

31. DEZEMBER 2025 1.* 3. 6. JÄNNER 2026

Musikalische Leitung MARKUS POSCHNER Inszenierung OTTO SCHENK Bühne GÜNTHER SCHNEIDER-SIEMSSEN

JONAS KAUFMANN / MATTHÄUS SCHMIDLECHNER* / DIANA DAMRAU / ERICA ELOFF*

JOCHEN SCHMECKENBECHER / DARIA SUSHKOVA / JÖRG SCHNEIDER / ADRIAN ERÖD / LUKAS SCHMIDT

ILIA STAPLE / HANNAH-THERES WEIGL / MICHAEL NIAVARANI

kann daher aus eigener Erfahrung berichten: Wien ist schon ein bisschen anders. Es wäre für mich also durchaus zu kurz gegriffen, wenn man sagte, dass es keine Mentalitätsunterschiede gibt. Aber natürlich, die einen empfinden es so und die anderen anders. Was auf alle Fälle aber stimmt, ist: München liegt deutlich näher zu Wien als Hamburg.

ol Zum Thema Staaten und Metropolen wandte ein kluger Journalist unlängst ein, dass die heutigen Teenager nicht mehr Länder miteinander vergleichen, sondern eher Städte. jk Damit hat er meiner Meinung nach vollkommen recht. Dieses Staatendenken ist letztlich in vielem passé. Neulich war ich bei der Eröffnung der neuen deutschen Botschaft in Wien und der österreichische Bundespräsident meinte, dass wir die Diskussion schon einmal anfangen könnten: Brauchen wir eigentlich noch Länderpässe oder wäre nicht einfach ein europäischer Pass besser? Man definiert sich heute eindeutig stärker über Hobbys oder Interessen als über seine Herkunft oder gar über eine Sprachfärbung. Natürlich gibt es Länder, die das noch zelebrieren. Die Schweiz etwa hält nach wie vor am Schwizerdütsch fest und achtet darauf, dass es im Radio und Fernsehen gesprochen wird, ja, sogar

singen. Das haben Sie bereits als Kind gelernt, vor dem Fernseher Ihrer Großeltern, mit dem ORF ­ Kinderprogramm zwischen Kasperl und Am dam des, oder?

jk Ja, absolut richtig. Ich durfte bei den Großeltern in Tirol, die ein altes Schwarzweißgerät mit kaputter Bildröhre hatten, fernschauen. Das sind herrliche Erinnerungen! Man musste eine halbe Stunde vorher einschalten und warten, bis das Gerät warm wurde und langsam anging. Und da habe ich viele Sendungen gesehen, nicht nur das Kinderprogramm, sondern auch Programme wie Heinz Conrads. Im Rückblick auf diese Sendungen finde ich es sehr erstaunlich, wie stark damals klassische Musik und Gesang im Mittelpunkt der österreichischen Gesellschaft standen.

ol Dass Sie das Wienerische gut gelernt haben, hat aber auch mit Musikalität zu tun: Sie haben als Sänger einfach ein besonderes Ohr für Farben und Zwischentöne.

jk Vom wunderbaren Helmut Deutsch und seiner Familie habe ich nach den Konzerten im Theater im Park, in denen ich ein wienerisches Programm sang, besonderes Lob erhalten. Bis hin zu meinem »Meidlinger L«. Das Präsentieren solcher Lo -

ol Kommt man über die jeweilige Musik einem Lebensgefühl oder einer Identität auf die Spur? Oder ist es umgekehrt und man kann spezifisch Lokales nur dann singen, wenn man eine Mentalität versteht? jk Über die Musik kann man Wien ohne Zweifel lieben lernen. Viele Menschen, auch von anderen Kontinenten, haben sich dieser Stadt über ihre Musik genähert, einfach, weil Strauß & Co so wunderbar sind. Wer ist davon nicht verzaubert? Beim Verstehen ist es eher andersrum. Wenn man die Leute hier kennt, wie sie manchmal raunzen und herzlich sind, wenn man viele Dinge erlebt hat: dann ist es zweifellos leichter, Anspielungen und Doppeldeutigkeiten zu begreifen. ol Ihre persönliche Operetten­Annäherung fand über Ihre Großmutter, die das Genre liebte, statt. Eine sehr schöne Geschichte ist auch, dass Sie sich langweilige Hausarbeiten mit der Fledermaus, dirigiert von Carlos Kleiber, versüßt haben. jk Das ist einfach meine GuteLaune-Musik, die mir einen Kick gibt und ein Lächeln in mein Gesicht zaubert. Auch wenn es um weniger Erfreuliches, wie Hausarbeit, geht. Schließlich ist es ja eine der Stärken von Musik, dass man mit ihr und durch sie Gefühle aktiv beeinflussen kann. Fledermaus,

KS JONAS KAUFMANN

Foto GREGOR HOHENBERG / SONYMUSIC

aber auch das Weiße Rössl: Ich kann da so herzlich lachen! Es sind einfach so großartige Werke!

ol Bei aller guten Laune hat schon Karajan darauf hingewiesen, dass gerade die Operette kein einfaches Genre ist. Die scheinbare Leichtigkeit ist schwierig

umzusetzen und es braucht sehr viel Handwerkskunst. jk Ja, das ist diese berühmte Geschichte, dass die leichte Muse doch so schwer ist. Ich mache derzeit ein Puccini-Programm in Kopenhagen und werde von einem großartigen Klangkörper begleitet, einem Symphonie -

orchester. Die Musiker aber sind geradezu konsterniert, dass es praktisch in jedem Takt eine Tempoänderung gibt. Es ist ein Vor und Zurück, ein Hin und Her, ein Reagieren und Abbremsen, ein Rauf und Runter. Wobei Puccini ja nur ein Vorgeschmack auf die Operette ist. Man braucht halt alles: Die Spritzigkeit,

die Leichtigkeit, die Flexibilität, das Dialogsprechen, das Spielen und dann eine Stimme, die alles leisten kann. Man muss zarte Piani hauchen, aber auch Gas geben können, wenn etwa bei einem Lehár das große Orchester aufdreht. ol Und über allem eine gefühlte Freiheit. Ist diese grenzenlos? Entzieht sich die Wienerische Musik allzu starren Regeln? Schließlich erzeugt ein Walzer, der mathematisch genau 1­2 ­3 zählt, pure Langweile. Wie handhabt man die Freiheit?

man schon ein bisschen angegraute Schläfen hat. Denn dann wird die Tragweite seines Über-die-SträngeSchlagens deutlicher als bei einem grünen Burschen. In der damaligen Gesellschaft war es leider geradezu selbstverständlich, dass der Hausherr mit dem Stubenmädl eine Affäre hatte. Es war gesellschaftlich anerkannt, ebenso wie die Geschichten mit den Balletttänzerinnen. Die Ehefrau hatte sich dabei in ihre Rolle einzufügen. Dass Rosalinde mit dem Alfred vielleicht nicht nur Gesangsstunden ge -

»Ich glaube, den Eisenstein kann man am besten interpretieren, wenn man schon ein bisschen angegraute Schläfen hat.«
KS JONAS KAUFMANN

jk Das ist einfach eine gehobene Schule der Musikalität. Vielleicht kann man es so sagen: Die absolute Freiheit ist nur ein Schein. Wenn man einem Sänger eine carte blanche gibt, frei nach dem Motto: Mach einfach dein Ding, dann artet das schnell in einen Spitzenton- und Endlos-aushalt-Wettbewerb aus. Das hat musikalisch rein gar keinen Sinn mehr. Aber wenn man agogisch sinnvoll phrasiert, sich in einem vernünftigen und musikalisch richtigen, weil sinnvollen Rahmen bewegt und alle Beteiligten einen ähnlichen Instinkt und ähnliche Vorstellungen haben, dann funktioniert das Zusammenspiel auch mit gewissen Freiheiten perfekt. Aber dazu muss man einander kennen und man muss darauf vertrauen können, dass alle an einem Strang ziehen.

ol Eisenstein mag zwar schlechte Eigenschaften haben, aber er bleibt doch ein Sympathieträger. In seiner Not, trotz seiner Charakteruntiefen, in seinem Schlawiner ­ Sein: die wenigsten sind ihm ernstlich böse. Geht es Ihnen auch so?

jk Ich glaube, den Eisenstein kann man am besten interpretieren, wenn

macht hat, das war aus der damaligen Sicht sicherlich der größere Skandal. Aber: Am Ende des Tages muss man den Eisenstein, mit allen Abstrichen, als Sympathieträger aussteigen lassen. Dafür ist natürlich auch die Musik verantwortlich, die Figuren sympathisch oder unsympathisch macht.

ol Seit der Direktion Gustav Mahlers findet die Fledermaus an der Staatsoper zu Silvester statt. Warum rutscht es sich mit dieser Operette so gut? Weil der Champagner am Ende trium phiert? Weil die »Schwamm drüber«

jk Unter der Federführung von Mah ler erreichte die Wiener Oper ihren ab soluten Höhepunkt. Vielleicht hat auch diese Fledermaus bisschen dazu beigetragen. Warum? Das kann keiner ganz genau beant worten. Es ist die Summe: Man erlebt auf der Bühne ein rauschendes Fest. Es ist kein trauriges Sujet. Die Rhyth men lassen dem Publikum die Füßen jucken. Die Melodien reißen mit. Der Komponist hat es, unter den vielen, vielen großartigen Walzer-Kompo nisten, am tollsten getrieben. Und am Schluss triumphiert der Champagner.

Es passt einfach alles perfekt für einen Silvesterabend. Und man findet einen guten Übergang zum Neujahrskonzert am nächsten Vormittag.

ol Der sonst so bissig ­kritische Karl Kraus wird immer wieder mit dem schönen Satz zitiert, dass in Wien die Straßen mit Kultur statt mit Asphalt gepflastert sind. Aus der Sicht des international reisenden Künstlers: Ist das so?

jk Ich weiß, es gibt auch in Wien Kürzungen und Einsparungen, und einige vielgeliebte Projekte können nicht mehr stattfinden. So bin ich als leidenschaftlicher Lied-Sänger sehr traurig, dass manche Abonnementzyklen, die es früher gab, eingeschränkt wurden. Trotzdem: Es ist immer noch unfassbar viel los, Wien ist gegenüber anderen Städten ein leuchtendes Vorbild. In Wien ist die Kulturdichte einfach größer als anderswo, reichhaltiger und alltäglicher. Fast ein Wunder!

Mehr Wienerisches von JONAS KAUFMANN –zwischen Operette und Wienerlied – gibt es auf der CD bzw. DVD »Mein Wien«.

70 JAHRE WIEDERERÖFFNUNG

IM PALAST DER SELBSTERFINDUNG

ERHÄLTLICH BEI HAMTIL&SÖHNE

(HERBERT-VON-KARAJAN-PLATZ)

ODER ONLINE

KS NINA STEMME als ELEKTRA in ELEKTRA

WIENER STAATSOPER 2023

Foto MICHAEL PÖHN

DREI STARKE FRAUEN

Wieder einmal geht es ganz schön brutal zu: Agamemnon opfert seine älteste Tochter, Iphigenie, und zieht dann in den Krieg. Die Mutter, Klytämnestra, nimmt sich einen Liebhaber – gemeinsam ermorden sie Agamemnon nach seiner Rückkehr. Der Sohn Orest flieht zu seiner Sicherheit aus dem Palast; seine Schwestern Elektra und Chrysothemis bleiben zurück. Brennend vor Hass und Rachedurst, wartet Elektra auf die Rückkehr des Bruders, der den Vatermord durch Muttermord rächen soll. – So erstmal grob die Ausgangslage des auf der Atridensage basierenden Einakters Elektra von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal. Ein Stoff, der Darsteller und Publikum gleichermaßen zwingt, in die Abgründe der menschlichen Existenz zu blicken. Im Mittelpunkt stehen dabei drei Frauenfiguren – Elektra, Klytämnestra und Chrysothemis, die in ihrer Komplexität und Intensität eine solche Wirkungskraft entfalten wie in kaum einer anderen Oper. Zur Wiederaufnahme an der Wiener Staatsoper kehren erneut Aušrinė Stundytė und KS Camilla Nylund in den Rollen der Elektra und der Chrysothemis zurück. KS Nina Stemme verkörpert erstmals die Klytämnestra. Mit Rebecca Sophie Mayr sprechen die Sopranistinnen über die Untiefen des Werks und die Beziehung zu ihren Figuren.

rsm Frau Stundytė, Frau Nylund, Frau Stemme, Strauss’ Elektra ist für Sie alle kein Neuling. Sie haben das Stück schon viele Male interpretiert, auch hier an der Wiener Staatsoper. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Berührungspunkt mit dem Werk? as Als ich noch Studentin war – und ein großer Puccini-Fan –, habe ich mal ein Video von Elektra gesehen. Ich erinnere mich nicht mehr genau an die Inszenierung, aber ich weiß noch, dass es mir überhaupt nicht gefallen hat. Die Musik kam mir wild vor, die Geschichte zu brutal, und ich war

überzeugt, dass ich diese Oper niemals live sehen musste. Spulen wir etwa fünfzehn Jahre vorwärts: Mir wurde die Rolle der Chrysothemis angeboten, und meine Elektra war Irene Theorin. Ihre Stimme überraschte mich völlig – plötzlich klang diese mörderische Welt wunderschön. Da dachte ich: »Okay ... vielleicht habe ich mich geirrt. Ich würde das tatsächlich gerne eines Tages singen.« cn Ich habe Elektra szenisch tatsächlich mal in Japan gesehen. Das Stück und diese Wahnsinnspartie der Titelfigur war mir natürlich ohnehin ein Begriff. Aber so richtig auseinandergesetzt damit

habe ich mich dann erst in meiner ersten Produktion. Das war 2011 in Amsterdam in einer Regie von Willy Decker, mit dem ich davor auch schon einige Male gearbeitet hatte. Die erste Produktion in einer neuen Rolle ist natürlich immer sehr prägend. Und dann diese Frauenfiguren in ihren Zwängen und ausweglosen Situationen – das ist schon sehr berührend.

nis Ich war damals in Wien für ein Vorsingen bei dem damaligen Direktor Ioan Holender und wollte

cn Genau, mit der Zeit verändern sich manche Dinge natürlich: Man geht anders an die Partie heran, singt sie anders. Das liegt daran, dass man dazwischen natürlich weiter wächst, andere Partien singt, auch dramatischere Partien in meinem Fall. Da werden dann die lyrischen Stellen, die Chrysothemis zu singen hat, schon etwas einfacher. Ich erinnere mich, dass ich die Rolle anfangs sehr anstrengend fand, auch wenn es keine besonders lange Partie ist. Auf Dauer lernt man, da besser darüber zu stehen.

»Diese besondere Verbindung von Strauss und Hofmannsthal zu Wien – das kreiert schon eine sehr einzigartige Atmosphäre.«
KS NINA STEMME

unbedingt die Akustik im Saal vorab hören. Also ging ich am Vorabend ausgerechnet in die KupferElektra. Es war sehr beeindruckend, aber ich sprach damals noch nicht sehr gut Deutsch und kann nicht sagen, dass ich komplett verstanden habe, worum es ging. Aber ich erinnere mich an eine unglaubliche Intensität auf der Bühne und natürlich hätte ich damals niemals träumen können, dass ich irgendwann einmal Elektra und Klytämnestra auf derselben Bühne singen werde.

rsm Frau Stemme, für Sie ist diese Wiederaufnahme ja ein sehr besonderer Anlass, denn Sie geben, ungefähr zehn Jahre nachdem Sie auch Ihr Elektra­Rollendebüt an der Wiener Staatsoper gaben, jetzt Ihr Debüt als Klytämnestra. Hat sich das zufällig so ergeben, oder haben Sie es so geplant? nis Nun ja, damals habe ich natürlich ständig Rollendebüts in Neuproduktionen gegeben. Aber jetzt für die Klytämnestra – nach meinem Ortrud-Debüt 2023 wusste ich, dass ich hier in Wien sehr gute Unterstützung bekommen würde. Und dann gibt es außerdem diese besondere Verbindung von Strauss und Hofmannsthal zu Wien – das kreiert schon eine sehr einzigartige Atmosphäre. rsm Wie fühlt es sich an, wenn man ein Stück bzw. eine Rolle so lange mit sich trägt? as Das Großartige an Elektra ist, dass es nie langweilig wird. Ich komme nie an einen Punkt, an dem ich denke: »Ja, jetzt verstehe ich sie vollkommen.« Griechische Tragödien beschäftigen sich mit diesen großen menschlichen Archetypen – Loyalität, Rache, Trauma, Liebe – und sie leben irgendwo in uns allen. Wenn ich mich verändere, verändert sich auch meine Elektra mit mir. Es ist, als würde man ein altes Tagebuch wieder aufschlagen: Plötzlich fallen einem Dinge auf, die man zuvor übersehen hat. Deshalb bleibt es so spannend.

rsm Frau Stemme – dasselbe Stück, neue Rolle: Gibt es da auch Kontinuitäten oder Veränderungen?

nis Ich habe immer im guten Sinne eine gewisse Hassliebe zu Strauss’ Musik gehabt. Handwerklich ist er ja wirklich genial – fast zu genial. Ein bisschen wie Puccini. Er weiß genau, wie er die Sänger, v.a. die Sopranistinnen, behandeln soll, aber auch das Publikum. Aber dann, wenn ich meine Partie gelernt habe, bin ich ja total offen. Dann geht mir die Musik von Strauss wirklich unter die Haut. Der Wechsel von Elektra zu Klytämnestra hat sich für mich jetzt einfach so ergeben. Meine Stimme fühlt sich in einer tieferen Lage angenehmer an; außerdem denke ich, dass meine Bühnen- und Lebenserfahrungen nun in der Mutterrolle vielleicht besser aufgehoben sind. Aber die Intensität und Begeisterung für das Stück im Allgemeinen bleibt einem absolut erhalten. Insbesondere Elektra ist diesbezüglich unerschöpflich. rsm Elektra ist in allen Punkten ein extremes Stück. Mord, Rache, Hass, Schuld, Familientraumata… Alle diese Dinge spielen eine große Rolle. Wie stellt man sich mental auf ein solches Sujet ein?

nis Die Schwere des Sujets nimmt einen natürlich mit. In meinen Vorbereitungen denke ich zurzeit beispielsweise fast tagtäglich an den Tod, denn diese unglaubliche Todesangst ist ein zentrales Thema bei Klytämnestra. Eigentlich weiß sie, dass sie sterben wird, aber sie verdrängt es, versucht, es von sich zu halten. Strauss und Hofmannsthal legen das alles in den Text und in die Musik, in die Art und Weise, wie sie mit musikalischen Themen und Motiven umgehen. Klytämnestra versucht immer wieder, ihre Erinnerungen zu unterdrücken, aber dann brechen sie unerwartet nach außen hervor – das spiegelt sich musikalisch wider. Ich denke, dass sich sehr viel im Unterbewusstsein abspielt – quasi im Sinne der

KS CAMILLA NYLUND als CHRYSOTHEMIS & AUŠRINĖ STUNDYTĖ als ELEKTRA

WIENER STAATSOPER 2021

RICHARD STRAUSS

ELEKTRA

14. 17. 20. 23. DEZEMBER 2025

Musikalische Leitung ALEXANDER SODDY Inszenierung HARRY KUPFER

Szenische Einstudierung ANGELA BRANDT Bühne HANS SCHAVERNOCH Kostüme REINHARD HEINRICH

Mit KS NINA STEMME / AUŠRINĖ STUNDYTĖ / KS CAMILLA NYLUND / JÖRG SCHNEIDER / DEREK WELTON / MARCUS PELZ ANA GAROTIĆ / MARIA ZHEREBIATEVA / HIROSHI AMAKO / DAN PAUL DUMITRESCU / STEPHANIE HOUTZEEL MONIKA BOHINEC / JULIETTE MARS / TERESA SALES REBORDÃO / REGINE HANGLER / JENNI HIETALA

Freud’schen Psychoanalyse. Das ist sicherlich auch der Entstehungszeit der Oper geschuldet. cn Ja, diese große Angst – ich denke, das ist auch für Chrysothemis ein Hauptthema. Sie ist ja keine treibende Figur in dem Stück, aber ihre Schwierigkeit liegt darin, dass sie immer zwischen allen steht. In dem ersten Zwiegespräch versucht sie, Elektra von ihrem Rachekurs abzubringen. Andererseits hat sie Angst vor ihrer Mutter, vor der Unberechenbarkeit der Klytämnestra und vor den schrecklichen Dingen, die in diesem Palast passieren. Sie ist dort so verloren und weiß nicht, wohin mit sich, außer, dass sie weg will und hofft, dass alles gut wird. Und am Ende stirbt Elektra auch noch und sie bleibt ganz allein zurück. Die anderen Schwierigkeiten des Stücks sind natürlich die musikalischen Anforderungen: Chrysothemis ist zwar nicht durchgehend auf der Bühne wie Elektra, aber durch diese zwei kurzen Szenen, durch dieses Rein und Raus, muss man sich eigentlich immer wieder neu akklimatisieren. Das fühlt sich wahnsinnig stressig an und ich glaube, das ist vielleicht auch etwas, das Strauss erzeugen wollte –dieser ständige Stress, unter dem Chrysothemis steht. as Ich denke, es ist unmöglich, sich wirklich mit dieser Situation zu »identifizieren« – zum Glück! Stattdessen versuche ich, die Botschaft zu verstehen: In dieser Familie ist niemand unschuldig. Jeder hat einen Grund, jeder ist verletzt, und jeder glaubt, dass Rache alles wieder in Ordnung bringen wird. Was die Geschichte nicht bietet, ist ein Ausweg. Die Spirale der Gewalt hat kein Ende, sie eskaliert nur weiter. Das ist vielleicht der beunruhigendste Aspekt: Die Tragödie entfaltet sich nicht nur aufgrund des Bösen, sondern weil keine der Figuren zur Vergebung fähig ist. Es ist das Gegenteil eines HollywoodEndes. Die griechische Tragödie verweigert uns die Katharsis durch Glück – und zwingt uns stattdessen, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen. Man geht mit dem Gedanken weg: »Das hätte anders enden können, wenn jemand eine andere Entscheidung getroffen hätte.« rsm Wie steht es denn um die Schuldhaftigkeit der Figuren? Also dieses »es hätte anders enden können, wenn…« – ist das eine Handlungsfreiheit, die diese im Mythos verankerten Figuren überhaupt beanspruchen können? as Wie ich bereits sagte, trägt in dieser Mythologie jeder Schuld – und jeder hält seine Handlungen für gerechtfertigt. In diesem Sinne ist Elektra vielleicht das »unschuldigste« Mitglied der Familie. Aber es bleibt die Frage: Warum hat sie all die Jahre gewartet, ohne zu handeln? Warum handelt sie erst, als sie vom Tod des Orest erfährt? Hätte sie es wirklich durchgezogen? Wir werden es nie erfahren. Ihr einziges greifbares Verbrechen ist psychologische Folter – die unerbittliche emotionale Gewalt gegen ihre Mutter. In der griechischen Tragödie kann Passivität genauso zerstörerisch sein wie Handeln.

nis Bei Klytämnestra muss man natürlich die Vorgeschichte beachten: Agamemnon ließ als Opfergabe für die Götter die gemeinsame Tochter Iphigenie umbringen. Insofern denke ich schon, dass Klytäm nestra sich in ihrer Rache an Agamemnon auch gerechtfertigt fühlt. Ich meine, es gibt ja nichts denkbar Schlimmeres, als dass der eigene Ehemann die gemeinsame Tochter ermordet. Und dann kehrt er nach dem Trojanischen Krieg auch noch mit einer neuen Liebhaberin nach Hause! Aber gut, Mord ist natürlich Mord und ich denke, wenn Klytämnestra im Zwiegespräch mit Elektra davon spricht, dass sie viel Gold an Orest geschickt hat, dann versucht sie sich damit vielleicht auch ihr Gewissen freizukaufen. Aber im Moment möchte ich mich in meiner Interpretation v.a. auf diese Frage der Verdrängung, über die wir bereits gesprochen hatten, konzentrieren und was es bedeutet, wenn all diese unterdrückten Gefühle plötzlich wieder hochkommen.

rsm Vielleicht ein kurzer Exkurs zu dem anderen Strauss’schen Einakter: Salome war der direkte Vorgänger zu Elektra und Sie alle haben diese Titelrolle ebenfalls verkörpert. Wie empfinden Sie die musikalischen bzw. stimmlichen Unterschiede zwischen den beiden Werken?

cn Also, Salome ist, wie soll ich sagen, musikalisch viel blumiger als Elektra , auch wenn es inhaltlich natürlich genauso schrecklich zugeht. Ich liebe es, die Salome zu spielen. Man hat viel Entfaltungsspielraum auf der Bühne und wirklich Wunderbares zu singen. Und es gibt viele Zwischentöne, die man durchscheinen lassen kann, z.B. in der Beziehung zu der Mutter Herodias – die Familienschwierigkeiten existieren hier genauso wie in Elektra. Aber im Allgemeinen ist Salome auf jeden Fall nicht so eine Tour de Force wie Elektra as Das empfinde ich ähnlich. Salome zu singen, fühlt sich an wie ein schneller, auffälliger Sprint –viel Glitzer, viel Adrenalin, großes Finale. Elektra ist ein Marathon in schweren Schuhen. Das Orchester ist riesig, die Emotionen sind enorm, und man muss sich wirklich seine Kräfte einteilen. S alome will einen schockieren, Elektra will unter die Haut gehen. Gesanglich kann man Salome »aufführen« – Elektra verlangt einem alles ab und will dann noch mehr. rsm Strauss schreibt in seinen Erinnerungen, dass Elektra sich zur Salome verhält wie der vollendetere, stileinheitlichere Lohengrin zum genialen Erstlingsentwurf des Tannhäuser. Würden Sie dem zustimmen? nis Ja… vielleicht musste es aber so sein, weil die beiden Stücke auch sehr unterschiedlich sind. Das war für Strauss auch ein Thema. Er war ja nicht ganz überzeugt, als er das Schauspiel Elektra von Hofmannsthal gesehen hatte. Er hatte Bedenken, ob es der Salome zu ähnlich ist, weil beide Stücke eine solche Frauenfigur ins Zentrum stellen. Aber

das stimmt ja überhaupt nicht. Salome ist musikalisch sehr stark von Tristan und Isolde beeinflusst. Die Titelfigur ist jünger, lyrischer, viel impulsiver, wohingegen Elektra ganz zielgerichtet agiert. Ihr ganzes Leben hängt ja an dieser Rache und wenn diese ausgeführt ist, endet auch ihr Leben. Elektra ist in diesem Sinne vielmehr eine Idee als Salome – also vielleicht durchaus etwas einheitlicher.

immer eine Offenbarung, Strauss zu singen, weil er für die Sopranstimme einfach so gut geschrieben hat. Andererseits hat man auch manchmal das Gefühl, dass die Frauen bei Strauss in eine Opfer-Rolle gedrängt werden, ganz im Gegenteil zu Wagner, wo die Frauen eigentlich immer eher Retterinnen sind. Der Kinderwunsch bei Chrysothemis ist tatsächlich spannend: Ich habe mir gedacht, vielleicht ist das

»Es sind chaotische, emotionale, komplizierte Frauen, die versuchen, eine schreckliche Situation zu überstehen.«
AUŠRINĖ STUNDYTĖ

rsm Spätestens ab Salome stehen bei Strauss eigentlich immer Frauenfiguren im Mittelpunkt der Handlung. Kleiner Schwenker in die Populärwissenschaft: In Film und Literatur wird häufig der sogenannte Bechdel­Test angewendet als Indikator für die Repräsentation von Frauen in Werken und Genres. Hierfür stellt man drei Fragen: Kommen mehr als zwei Frauen vor? Unterhalten sie sich miteinander? Sprechen sie über etwas anderes als einen Mann? Kann man demnach sagen, dass bei Strauss bzw. in Elektra zeitgemäße Frauenfiguren auf der Bühne stehen?

nis Jein… Es kommt darauf an, wie man sie interpretiert. Es ist natürlich ein Geschenk, dass Strauss oft für mehrere weibliche Hauptrollen geschrieben hat. Als Wagner-Sängerin vermisst man das ein bisschen. Aber es stellt sich die Frage, warum Elektra den Mord nicht ausführen kann. Ist das, weil sie eine Frau ist? Klytämnestra allerdings führte die Tat selbst aus, also kann man vielleicht auch nicht argumentieren, dass es immer der Mann sein musste. Dann ist da natürlich die Kinderfrage: Im Euripides ist es eher Elektra, die den Wunsch nach Familie und einem trauten Heim hegt, nicht Chrysothemis. Also, Hofmannsthal verändert durchaus das Stück und stellt Chrysothemis deutlich mehr in die »traditionelle« Ecke. Und sicherlich hat er das auch bewusst so intendiert, denn dann können wir uns als Publikum fragen, was das für Frauen sind und wofür sie stehen – oder auch wofür wir stehen.

cn Ich denke, Strauss hat in einer Zeit gelebt, in der Frauen begonnen haben, ihre eigenen Freiheiten zu entdecken. Er war ja auch mit einer sehr starken Frau verheiratet, die ihn viel beeinflusst hat. Gerade Stücke wie Der Rosenkavalier fühlen sich ungemein zeitgemäß an, da hat er sicherlich den Libretti von Hofmannsthal auch viel zu verdanken. Aus der Sängerperspektive ist es natürlich

Mutter-Werden für sie auch ein Ausweg aus der Situation zu Hause, also wieder das Thema der Flucht vor ihrer belastenden Familiengeschichte. as Also, technisch gesehen würde Elektra den Bechdel-Test bestehen – viele Frauen auf der Bühne unterhalten sich miteinander. Sie sprechen nicht immer über Männer, aber es handelt sich auch nicht um »zeitgenössische« Frauen im modernen, feministischen Sinn. Sie sprechen über Rache, Ehre, Traumata, aber es sind auch keine einfachen griechischen Statuen. Es sind chaotische, emotionale, komplizierte Frauen, die versuchen, eine schreckliche Situation zu überstehen. Dieser Teil wirkt sehr modern. Es ist fast beängstigend, wie vertraut ihre Emotionen noch immer sind.

rsm Eine letzte Frage: Haben Sie nach so einem Stück bestimmte Rituale zum »cool down« sozusagen? Lieber ein warmes Bad oder ein Glas Whisky?

as Warum wählen? Ein warmes Bad für die Muskeln. Ein Glas Whisky für die Nerven. Perfekte Balance.

cn Also, Whisky trinke ich gar nicht. Aber in Wien ist meistens jemand in der Vorstellung, den man kennt. Dann geht man danach noch irgendwo hin und unterhält sich über die Vorstellung. Ich finde es immer besonders interessant zu hören, was Leute, die nicht vom Fach sind, darüber denken. Ich bin ja nicht nur Sängerin, sondern auch Schauspielerin. Da interessiert es mich schon, wie die Geschichte im Ganzen gewirkt hat.

nis Also, nach Strauss am liebsten ein Bier. Bei kürzeren Partien geht der Adrenalinspiegel meistens schneller wieder herunter, aber bei längeren Partien, die viel Energie abverlangen – Elektra z.B. oder Isolde –, gehe ich gerne nach Hause und mache einen Spaziergang. Aber mit den langen Partien bin ich ohnehin fertig, da bedaure ich nichts und sehne mich auch nicht zurück. Dann möchte ich lieber vorwärts zur nächsten Partie.

DEBÜTS

HAUSDEBÜTS

LA BOHÈME 15. DEZ. 2025

ANDREY ZHILIKOVSKY Marcello

Der moldawische Bariton Andrey Zhilikhovsky studierte Chordirigieren und Gesang. Einige Wettbewerbspreise sowie Auftritte am St. Petersburger Michailowski-Theater als Prinz in der Kinderoper Cinderella von Boris Asafiev, Belcore (L’elisir d’amore), Schaunard (La Bohème), Robert (Iolanta), Silvano (Un ballo in maschera), Baron Douphol (La traviata) und Dancaïro (Carmen) standen am Beginn seiner Karriere. 2011 gab er als Barbiere -Figaro sein Debüt an der Lettischen Nationaloper in Riga. 2011/12 absolvierte er das Ausbildungsprogramm für junge Sänger am Bolschoi Theater, wo er seitdem u.a. als Eugen Onegin, Malatesta ( Don Pasquale), Dr. Falke (Die Fledermaus), Guglielmo (Così fan tutte), Marcello (La Bohème) und als Kaufmann aus Venedig in Rimski-Korsakows  Sadko zu erleben war. Weitere Engagements umfassten Belcore und Andrej Bolkonski ( Krieg und Frieden) an der Bayerischen Staatsoper, Robert an der Pariser Opéra, Don Ferdinand (Die Verlobung im Kloster) an der Berliner Staatsoper, Malatesta, Figaro und Don Giovanni in Glyndebourne, Figaro und Guglielmo in Washington, Graf ( Le nozze di Figaro) an der Komischen Oper Berlin und beim Edinburgh Festival, Jelezki ( Pique Dame) am Liceu in Barcelona sowie Marcello in Turin, an der New Yorker Met und am Londoner Royal Opera House. 2024/25 debütierte er als Posa (Don Carlos) in Helsinki und sang Don Pedro ( Maria Padilla)  in Sevilla, Figaro an der Met und Achilla (Giulio Cesare) bei den Salzburger Festspielen. Aktuelle Auftritte Engagements umfassen Lionel in Tschaikowskis Die Jungfrau von Orléans an der Nationalopera in Amsterdam, Sharpless (Madama Butterfly) am Grand Théâtre de Genève und Graf Almaviva am Royal Oper House in London.

FIDELIO 16. DEZ. 2025

MANUELA LINSHALM Puppenspielerin Die Wienerin Manuela Linshalm ist Schauspielerin und Puppenspielerin, Ausbildung am Franz Schubert Konservatorium, Puppenspiel bei Nikolaus Habjan (Schubert Theater Wien), Fortbildung bei Neville Tranter (Figurenthea terkolleg Bochum). Zuvor Studium an der Universität Wien (Publizistik, Anglistik, Psychologie). Engagements als Puppenspielerin/ Schauspielerin u.a. Deutsches Theater, Akademietheater, Theater an der Wien, Semperoper Dresden, The Cleveland Orchestra, Theater in der Josefstadt, Residenztheater München, Landestheater NÖ, Vereinigte Bühnen Bozen, Bayerische Staatsoper, Volkstheater Wien, Rabenhof Theater, Schubert Theater Wien, Next Liberty Graz, uvm. Zahlreiche Gastspiele in Österreich, Deutschland und der Schweiz. TV-Comedy Serie für ServusTV 2010, diverse TV-Auftritte und Kurzfilme, Moderationen. Seit 2009 kontinuierlich als Puppenspielerin am Schubert Theater Wien zu sehen. Bisher vier  Figurentheater-Solostücke, aktuell: Was geschah mit Baby Jane?, Die Welt ist ein Würstelstand , und Der schlafende Wal – ein Stück ohne Bruckner. Zahlreiche Arbeiten unter der Regie von Nikolaus Habjan – u.a. als Mephistopheles in Goethes Faust, in der österreichischen Erstaufführung von Elfriede Jelineks Am Königs weg im Landestheater Niederösterreich oder in Der Leichenverbrenner am Akademietheater, in Die Zauberflöte am Opernhaus Dortmund sowie in L’Orfeo an der Semperoper Dresden. Zuletzt in Schicklgruber am Deutschen Theater Berlin und dem Theater in der Josefstadt. 2009 –2022 Dozentin an der Filmacademy in Wien. Workshoptätigkeiten und Coaching im Bereich Puppenspiel. Puppenspieltrainings für Schauspielerinnen und Sänger in Theater und Oper.

DIE FLEDERMAUS

MARKUS POSCHNER

Musikalische Leitung

Seit der Auszeichnung mit dem Deutschen Dirigentenpreis gastiert Markus Poschner regelmäßig bei sämtlichen Spitzenorchestern und Opernhäusern der Klassik-Welt, darunter Deutsches Symphonieorchester Berlin, Staatskapelle Berlin, Sächsische Staatskapelle Dresden, SWR Symphonieorchester, Bamberger Symphoniker, Wiener Symphoniker, Orchestre Philharmonique de Radio France, NHK Tokio, Staatsopern Berlin, Wien, München und Hamburg, sowie Oper Zürich. Im Jahr 2022 eröffnete er die Bayreuther Festspiele mit einer Neuproduktion von Tristan und Isolde und leitete diese Produktion auch 2023. Zur Spielzeit 2026/27 wird der gebürtige Münchner neuer Chefdirigent des ORF Radio-Symphonieorchester Wien, bereits 2025/26 tritt er die Position als Chefdirigent des Sinfonieorchester Basel an und ab 2027/28 übernimmt Markus Poschner außerdem die Position als Music Director des Utah Symphony Orchestra. Von 2015-2025 war er Chefdirigent des Orchestra della Svizzera italiana, mit dem er den renommierten International Classical Music Award 2018 für die Gesamteinspielung der Brahms-Symphonien sowie erneut 2025 für seine Hindemith/Schnittke Aufnahme gewann. Für die Gesamtaufnahme sämtlicher BrucknerSymphonien mit dem Bruckner Orchester Linz, dessen Chefdirigent Poschner seit 2017 ist, und dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien, erhielt er 2024 den Special Achievement Award der Jury der International Classical Music Award . Gemeinsam mit dem Bruckner Orchester Linz wurde er außerdem beim Österreichischen Musiktheaterpreis 2020 mit den Auszeichnungen Orchester des Jahres und Dirigent des Jahres geehrt.

DEBÜTS

ROLLENDEBÜTS

MADAMA BUTTERFLY 5. DEZ. 2025

ELEONORA BURATTO Cio-Cio-San

LUCIANO GANCI Pinkerton

LEONARDO NEIVA Sharpless

ANA GAROTIĆ* Kate Pinkerton

MATHEUS FRANÇA Onkel Bonze

ELEKTRA 14. DEZ. 2025

KS NINA STEMME Klytämnestra

ANA GAROTIĆ* Vertraute

MARIA ZHEREBIATEVA* Schleppträgerin

HIROSHI AMAKO Junger Diener

TERESA SALES REBORDÃO* 3. Magd

JENNI HIETALA 5. Magd

LA BOHÈME 15. DEZ. 2025

GIACOMO SAGRIPANTI Musikalische Leitung

KS JUAN DIEGO FLÓREZ Rodolfo

JUSUNG GABRIEL PARK Schaunard

IVO STANCHEV Colline

FIDELIO 16. DEZ. 2025

SIMONAS STRAZDAS* Don Fernando

MALIN BYSTRÖM Leonore

DAVID BUTT PHILIP Florestan

CHRISTOPHER MALTMAN Don Pizarro

TAREQ NAZMI Rocco

Liest man PAULUS HOCHGATTERER , liest man große Literatur. Mit Werken wie Caretta Caretta (2001) schrieb er österreichische Literaturgeschichte, als Theaterautor ist er begehrt. Auch als kluger und reflektierter Gesprächspartner mit einem umfassenden Wissen ist Hochgatterer mehr als gefragt – auch in der Wiener Staatsoper konnte das Publikum ihn zweimal als Diskussionsteilnehmer erleben: einmal mit Christian Thielemann bei der Hänsel und Gretel -Einführungsmatinee 2015 und 2024 bei einem Dialog am Löwensofa . Geboren wurde Paulus Hochgatterer 1961 in Amstetten/ Niederösterreich. Studium der Medizin und Psychologie in Wien. Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapeut. Von 2007 bis 2025 ärztlicher Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tulln. Schriftstellerische Tätigkeit seit 1983. Er lebt in Wien und im Waldviertel. Im Bereich Theater und Oper pflegt er seit 2010 enge künstlerische Zusammenarbeit mit Nikolaus Habjan. 2011 Zürcher Poetikvorlesungen, Universität und Literaturhaus Zürich, 2014 Gastprofessur Pegasus Physician Writers an der Stanford University in Kalifornien. Er ist

HÄNSEL UND GRETEL 26. DEZ. 2025

CORNELIUS MEISTER Musikalische Leitung

ALMA NEUHAUS Hänsel

MARIA NAZAROVA Gretel

MICHAEL LAURENZ Hexe

DIE FLEDERMAUS 31. DEZ. 2025

KS JONAS KAUMANN Eisenstein

DIANA DAMRAU Rosalinde

LUKAS SCHMIDT Dr. Blind

Träger zahlreicher Auszeichnungen, unter anderem Österreichischer Staatspreis für Jugendliteratur (2000), Literaturpreis der Europäischen Union (2009) und Österreichischer Kunstpreis (2010).

Zuletzt erschienene Bücher: Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe. Eine Poetik der Kindheit (2012), Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war (2017) und Fliege fort, fliege fort (2019), alle Verlag Zsolnay/Deuticke . Theaterstücke zuletzt: Böhm (Uraufführung Schauspielhaus Graz, 2018, derzeit am Deutschen Theater Berlin), Der schlafende Wal. Stück ohne Bruckner (Uraufführung Theater im Posthof Linz, 2024, derzeit Schubert Theater Wien). Oper: Die Entführung aus dem Serail (Familienfassung nach W.A. Mozart, 2020, Oper Dortmund), Das Geheimnis der Zauberflöte (Familienfassung nach W.A. Mozart, 2022, Oper Dortmund). Immer noch Loge (Libretto, Vertonung Gordon Kampe. Uraufführung Diskurs Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 2021). Mit der Überarbeitung der Dialoge in Ludwig van Beethovens Fidelio (Premiere am 16. Dezember) debütiert Paulus Hochgatterer als Autor an der Wiener Staatsoper.

* Mitglied des Opernstudios

PAULUS HOCHGATTERER
Foto WACHAU KULTUR MELK

ANDREAS LÁNG IM GESPRÄCH MIT GÜNTHER GROISSBÖCK

GÜNTHER GROISSBÖCK Foto DOMINIK STIXENBERGER

IM SPANNUNGSFELD VON YIN & YANG

Die in den Opernspielplan der Wiener Staatsoper eingestreuten Solistenkonzerte sind mittlerweile zu einer liebgewordenen Tradition geworden. Zumal sie nicht nach einem routiniert-typischen Muster gestrickt sind, sondern alle Anwesenden, von Mal zu Mal und der jeweiligen Künstlerpersönlichkeit entsprechend, durch immer neue Konzeptionen und Themenfelder überraschen und bereichern. Für das Konzert am 11. Dezember hat Publikumsliebling Günther Groissböck die Sopra nistin Julia Kleiter gewonnen, gemeinsam mit ihm und dem Pianisten Malcolm Martineau die Trennungsschmerzen zweier liebender Menschen entlang der Themenfelder Scheiden & Meiden zu befragen und zu begleiten – aus der musikalischen Perspektive von Robert Schumann und Gustav Mahler.

al Herr Groissböck, Ihr Terminkalender ist reichlich mit Opernengagements auf der ganzen Welt angefüllt.

Trotzdem widmen Sie sich mit großer Freude zusätzlichen solistischen Konzertauftritten.

gg Ich höre hier ein »Warum tun Sie sich das an?« heraus. Nun, rein wirtschaftlich betrachtet – ein hässliches Wort – ist die Oper mit ihren Vorstellungsserien für uns Sänger natürlicher lukrativer und unterm Strich mit weniger Aufwand verbunden als ein einzelner Liederabend. Aber es gibt dann noch so etwas wie Berufung und Idealismus, Freude an der Sache – und das alles lodert Gott sei Dank so stark in mir, dass ich nicht bereit bin, den bequemen Weg der Routine zu beschreiten. Ich möchte, neugierig wie ich bin, Neues lernen, Neues ausprobieren. Wenn man künstlerisch veranlagt ist, sich also nicht nur als Gesangsmaschine oder Stimmbesitzer versteht, hat man ein bestimmtes Grundpotenzial an Kreativität, das immer wieder ausgelebt, aber auch stimuliert werden möchte. Und das kann auf vielerlei Weise geschehen: Man erweitert das Repertoire im Opernbereich, beschäftigt sich gezielt mit Partituren, die man schon gut zu kennen glaubt und stößt

dabei auf unbekannte Details oder man erstellt eben Konzertprogramme. Letzteres ist besonders beflügelnd, wenn ich dabei, wie neulich mit dem Pianisten Igor Levit oder jetzt bei unserem Konzert in der Staatsoper, schon durch die Vorbereitung in einen fruchtbaren künstlerischen Austausch treten darf. Gerade angesichts des heutigen Musikbusiness, das nüchtern betrachtet über alle Maßen kreativitätshemmend ist, bedarf es solcher Projekte, die nicht in der unmittelbaren Greifnähe des Automatismus liegen, sondern ein ganz eigenes Hindenken, eine ganz eigene Hingabe erfordern.

al Wir hatten neulich in der Staatsoper eine öffentliche Diskussion darüber, wie frei sich Künstlerinnen und Künstler fühlen. Ein Vorteil von Konzertabenden mit einer selbst gewählten Thematik besteht wohl gerade in der größeren künstlerischen Freiheit gegenüber dem Opernalltag, bei dem viel mehr Faktoren die eigene Interpretation einschränken können.

gg Wenn man genügend Erfahrungsschatz und Kompetenz mitbringt, erzeugt das bei allen anderen Beteiligten und beim Publikum das Gefühl von Autorität, im

Sinne von: Der weiß, was er tut. Und diese Autorität erlaubt einem interpretatorische Freiheiten – das gilt auch für die Opernbühne. Aber natürlich ist der eigene Spielraum größer, wenn man als Alleinverantwortlicher vor das Publikum tritt. al Am 11. Dezember sind Sie aber nicht allein, sondern gemeinsam mit Julia Kleiter zu erleben. Wie kam es zu dieser Konstellation?

gemeinsam mit Malcolm Martineau, der uns am 11. Dezember auch begleiten wird, ein konkretes Programm zu erstellen. al Der Abend heißt – nach einem Mahler ­Lied – Scheiden & Meiden. Es gibt also eine Grundthematik, die sich durch das Programm zieht?

gg Es geht um das Nicht-Zusammenkommen-Können zweier Liebender – und das trotz aller Sehnsucht; um unterschiedliche

»Es geht um das Nicht-ZusammenkommenKönnen zweier Liebender – und das trotz aller Sehnsucht.«
GÜNTHER GROISSBÖCK

gg Ich habe diesen Abend nicht von langer Hand geplant. Das ist ja so schön in meinem Beruf: zu sehen, wie sich manches erst so nach und nach ergibt und man schließlich feststellt, selbst von etwas überraschend Wunderbarem beschenkt worden zu sein. Diesmal ging alles von einem Gedenkkonzert aus, das Waltraud Meier, der leider zu früh verstorbene Stephen Gould und ich 2019 unter der Leitung Christian Thielemanns anlässlich des 100. Geburtstages von Wolfgang Wagner in Bayreuth gaben. Als wir im Anschluss zusammensaßen, erzählte Waltraud Meier davon, noch einige Duo-Abende geben zu wollen und sofort begannen wir, voller Enthusiasmus, erste Programmideen zu entwerfen. Das Ergebnis war ein Konzert das Waltraud und ich –mit Antonio Pappano am Klavier – zwei Jahre später im Linzer Brucknerhaus gaben. Im ersten Teil brachten wir Werke von Hugo Wolf, Anton Bruckner und Hans Rott, im zweiten Gustav Mahlers Des Knaben Wunderhorn. Ich wollte an diesen schönen Abend nun in der Wiener Staatsoper anknüpfen, wusste aber nach Waltrauds Karriere-Ende zunächst nicht, mit wem ich diese Reise unternehmen könnte. Bei einer gemeinsamen Rosenkavalier -Serie, bei der Julia eine berückende Marschallin gab, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Da sang doch direkt neben mir eine der wahrhaftigsten Künstlerinnen der Gegenwart, begnadet mit einer unfassbar schönen und seelentiefen Stimme – warum nicht mit ihr? Sie war dann von der Idee glücklicherweise sehr angetan und bald darauf begannen wir,

Pianist MALCOLM MARTINEAU IM SPANNUNGS-FELD

Zugänge zur Welt, um das männliche und weibliche Prinzip, um die komplementären Kräfte Yin und Yang. Wir beginnen mit zwei Schumann-Duetten – gehen also von einer Art Idealzustand des Gemeinsamen aus – und setzen dann, gewissermaßen die getrennten Perspektiven betonend, mit zwei Schumann-Zyklen fort: ich singe die Dichterliebe, Julia Frauenliebe und -leben . Wir setzen also das Schwärmen nach dem bewusst Unerreichbaren der enttäuschten Sehnsucht nach einem gemeinsamen Leben gegenüber. Nach der Pause kommen dann durch die Wunderhornlieder zusätzlich noch die Kriegsthematik hinein – der zerstörerische Aspekt von Krieg und Thanatos. Der Abenteurer zieht aus und lässt sich erschießen, die andre bleibt ihn beklagend zurück. al Darf man hoffen? Gibt es ein finales Zusammenfinden?

gg Am Ende geht es mit Mahlers Urlicht auf eine gewisse Weise versöhnlich aus – so wie letztendlich auch im wirklichen Leben. Und… wir planen noch einige Zugaben, Duett-Zugaben! Es gibt somit auch ein wirkliches finales Zusammenfinden.

SOLOKONZERT

11. DEZEMBER 2025 / 20.00 UHR

GÜNTHER GROISSBÖCK & JULIA KLEITER

PROGRAMM

ROBERT SCHUMANN

An den Abendstern Herbstlied

Dichterliebe

Frauenliebe und -leben PAUSE

GUSTAV MAHLER

Trost im Unglück

Ich ging mit Lust

Lob des hohen Verstandes Rheinlegendchen Scheiden und Meiden

Nicht Wiedersehen Frühlingsmorgen

Revelge

Erinnerung

Zu Strassburg auf der Schanz

Wo die schönen Trompeten blasen Tambourgsell

Urlicht

JULIA KLEITER als MARSCHALLIN in DER ROSENKAVALIER
Foto MICHAEL PÖHN
KS JUAN DIEGO FLÓREZ Fotos GREGOR HOHENBERG

MIT LEIDENSCHAFT & ZARTGEFÜHL

Er war bereits Tonio und Alfredo, Faust und Ernesto, Arturo und Pollione, Graf Almaviva und zahllose andere: Juan Diego Flórez, Tenor, Kammersänger, Weltstar und Publikumsliebling. Seinem großen Wiener Rollenrepertoire –er debütierte an der Staatsoper 1999 und war bisher an rund 170 Abenden zu hören – fügt er nun eine weitere wichtige Partie hinzu: den Rodolfo in Giacomo Puccinis La Bohème. Im Folgenden erläutert er seine Gedanken zur Rolle, zur Figur des romantischen Dichters und zum Thema Freiheit im Opernbetrieb. Die Fragen stellte Oliver Láng.

ol Kazuo Ishiguro wirft in einem seiner Bücher die Idee auf, dass Kunst die wahre Seele eines Menschen ausdrücken kann. Wenn wir nun Rodolfos Gesang in La Bohème hören: Was können wir über das innerste Wesen dieser Figur erfahren?

jdf Puccini war ein Meister darin, den Charakter einer Figur durch Gesang, aber auch durch Orchestrierung zu zeigen. So offenbart sich auch Rodolfo vollständig durch seine Musik. Aus seinem Gesang klingen Verletzlichkeit, Leidenschaft, Poesie und der Idealismus, mit dem er die Welt betrachtet, aber auch die Angst, die er zu verbergen versucht. Jede Phrase bringt uns ihm näher: sein Verlangen zu lieben, zu träumen und später seine Unfähigkeit, sich dem Leiden zu stellen. Rodolfo ist keine psychologisch komplizierte Figur; er ist geradezu durchsichtig.

ol Für den Komponisten Puccini war La Bohème ein sehr autobiografisches Werk.

Die armen, aber trotz ihrer Not immer wieder auch glücklichen Studenten – da fand er sich wieder. War der junge Juan Diego auch ein Rodolfo?

jdf In gewisser Weise ja. Ich war kein Bohemien im engeren Sinne, aber ich verspürte eine Art künstlerischen Hunger, eine Besessenheit von Musik, vom Lernen, von der Vorstellung einer Zukunft, die fern und ungewiss schien. Ich erlebte auch Momente großer Freude, durchmischt mit Schwierigkeiten, und musste mein Leben von Tag zu Tag improvisieren. Vor allem in Peru: Ich lebte mit meiner Großmutter in einer kleinen Wohnung, spielte Klavier oder sang, während sie malte. Das war eine Art künstlerisches und einfaches Leben. ol Ganz generell: Ist es für Sie angenehmer, wenn Sie mit einer Opernfigur, die Sie darstellen, innerlich verwandt sind? Oder ist Ihnen eine Figur lieber, die möglichst wenig mit Ihnen persönlich zu tun hat?

jdf Eine Verbindung ist immer hilfreich, weil sie die Figur authentischer macht. Manchmal sind aber jene Rollen, die von mir am weitesten entfernt sind, am befreiendsten, weil sie mich zwingen, Schattierungen, Impulse oder Emotionen, zu denen ich in meinem Alltag niemals Zugang hätte, zu erforschen. Zum Beispiel die verrückte Rolle des Corradino in Matilde di Shabran.

GIACOMO PUCCINI

koexistieren kann – und warum Schönheit so oft in Verbindung mit der Tragödie in Erscheinung tritt.

ol Puccini notierte penibel genau Interpretationsanweisungen in der Partitur, ein Dirigent leitet den Abend, es gibt eine bestehende Inszenierung. Wo bleibt Ihre persönliche Freiheit als Sänger?

LA BOHÈME

15. 18. 21. 25. DEZEMBER 2025

Musikalische Leitung GIACOMO SAGRIPANTI

Inszenierung & Bühne FRANCO ZEFFIRELLI

Kostüme MARCEL ESCOFFIER

Mit JUAN DIEGO FLÓREZ / NICOLE CAR / ANDREY ZHILIKOVSKY

JUSUNG GABRIEL PARK / IVO STANCHEV / ANNA BONDARENKO / HANS PETER KAMMERER

ol Vielen steigen beim Tod Mimìs jedes Mal aufs Neue Tränen in die Augen. Wie geht es Ihnen als Sänger? Ist Mitfühlen erlaubt? Oder braucht es eine professionelle Distanz?

jdf Das hängt vom Zeitpunkt ab. Natürlich wird man auf der Bühne immer wieder emotional gepackt. Aber da man sich als Sänger unter Kontrolle haben und sich vieler Dinge bewusst sein muss, ist es anders als im Publikum. Ich habe bei Mimìs Todesszene aber schon oft geweint – ich glaube, das geht jedem so, selbst wenn man es nicht will.

ol Sie sangen – begleitet von Rudolf Buchbinder – nach einem Konzert in Grafenegg die Rodolfo ­Arie des 1. Bildes spontan als Zugabe. Wie wichtig ist Ihnen Spontaneität? Ist sie das Salz in der Opernsuppe?

jdf Sehr wichtig! Spontaneität erinnert uns daran, was Musik eigentlich ist. Wenn der Moment stimmt, die Atmosphäre, das Publikum und die eigene Stimmung, dann entsteht eine Art elektrische Spannung. Rudolf Buchbinder und ich erlebten in Grafenegg instinktiv einen solchen zündenden Funken – und es war ein großartiger Augenblick! Solche Momente lassen sich nicht vollständig planen. Sie sind wie musikalische Geschenke, die nur einmal passieren – und deshalb vom Publikum so sehr geschätzt werden.

ol Einer Ihrer Kollegen meinte kürzlich, dass ein großes Kunstwerk mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet. Welche Fragen stellt uns La Bohème?

jdf Die Oper fragt uns, was es angesichts einer solchen Zerbrechlichkeit des Lebens bedeutet, zu lieben. Sie fragt, ob die Jugend uns schützt oder verwundbar macht. Sie fragt, ob Kunst Opfer rechtfertigen kann, ob Leidenschaft mit Armut

jdf Ich habe das Gefühl, dass auf der Bühne gerade an Repertoireabenden wie bei La Bohème, die nicht zu viele Proben hatten, viel Freiheit besteht. Ich liebe es, aufzutreten und zu spüren, dass alles passieren kann. Meiner Meinung nach sollte Musik diese improvisatorische Qualität haben, um Raum für Inspiration zu schaffen.

ol Was braucht ein guter Rodolfo?

jdf Einen poetischen Geist, ein jugendliches Timbre und die Fähigkeit, sowohl mit Leidenschaft als auch mit Zartgefühl zu singen. Rodolfo braucht Leidenschaft, aber auch Delikatesse. Und vor allem muss man an ihn glauben: an seine Träume, an seine Ängste, an seine Liebe zu Mimì. Wenn der Sänger daran glaubt, wird es auch das Publikum tun.

ol Sie sangen zuletzt etwa Tonio in der Regimentstochter an der Mailänder Scala. Ein Belcanto ­Werk aus der Feder Donizettis. Wenn Rodolfo auf dem Plan steht: braucht es eine andere stimmliche Vorbereitung?

Ein anderes Einsingen am Abend?

jdf Donizettis Belcanto erfordert Beweglichkeit, Leichtigkeit und viele hohe Töne. Rodolfo hingegen verlangt eine wärmere Farbpalette, längere Legato-Bögen und eine größere lyrische Entfaltung, ohne heroisch oder dramatisch zu sein. Bevor ich Rodolfo singe, konzentriere ich mich auf den Atemfluss, Chiaroscuro und Wärme in der mittleren Stimmlage. Bei Donizetti geht es beim Einsingen eher um Flexibilität und klare Fokussierung. Es sind zwei verschiedene Welten, daher muss die Stimme vor Beginn der Aufführung in die richtige Umgebung versetzt werden.

»SPONTANEITÄT

ERINNERT UNS DARAN, WAS MUSIK EIGENTLICH

IST. WENN DER MOMENT STIMMT, DIE ATMOSPHÄRE,

DAS PUBLIKUM UND DIE EIGENE STIMMUNG, DANN ENTSTEHT

EINE ART ELEKTRISCHE SPANNUNG.«

KS JUAN DIEGO FLÓREZ

GEBURTSTAGE

KS ANGELIKA KIRCHSCHLAGER feierte am 24. November ihren 60. Geburtstag. Die österreichische Mezzosopranistin war zunächst Ensemblemitglied an der Wiener Staatsoper und blieb auch als international gefeierte Sängerin dem Haus stets treu: Zwischen 1994 und 2018 sang sie hier 20 Partien in über 260 Vorstellungen, u.a. Cherubino (Le nozze di Figaro), Octavian ( Der Rosenkavalier), Dorabella (Così fan tutte), Zerlina ( Don Giovanni ), Idamante ( Idomeneo), Orlofsky ( Die Fledermaus), Rosina ( Il barbiere di Siviglia), Muse/Nicklausse ( Les Contes d’Hoffmann), Clairon (Capriccio), Komponist ( Ariadne auf Naxos), Jenny Hill ( Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny).

Der ehemalige Solotänzer des Wiener Staatsopernballetts CHRISTIAN ROVNY feiert am 16. Dezember seinen 60. Geburtstag.

Der italienische Bassbariton ALEX ESPOSITO feiert am 18. Dezember seinen 50. Geburtstag. An der Wiener Staatsoper debütierte er 2010 als Leporello (Don Giovanni ) und sang hier seither noch Dulcamara ( L’elisir d’amore), die vier Bösewichter in Les Contes d’Hoffmann und zuletzt im November Méphistophélès in Faust

PINCHAS STEINBERG vollendet am 31. Dezember sein 80. Lebensjahr. Der weltweit gefragte Dirigent war ab 1988 in einem breiten Repertoire regelmäßig an der Wiener Staatsoper zu erleben – zuletzt 2013 mit Verdis Aida .

KWANGCHUL YOUN wird am 25. Dezember 60 Jahre alt. An der Wiener Staatsoper war er in den letzten rund 25 Jahren in wesentlichen Partien seines Faches zu erleben: So etwa als Sarastro ( Die Zauberflöte), Leporello ( Don Giovanni ), Philippe II. ( Don Carlos), Méphistophélès ( Faust), Ramfis ( Aida), König Heinrich ( Lohengrin), Gurnemanz ( Parsifal ) und zuletzt im Juni als Fafner und Hunding im Ring des Nibelungen .

EIN GESCHENK,

DAS BEWEGT!

Machen Sie Ihren Liebsten oder sich selbst eine ganz besondere Freude und schenken Sie zu Weihnachten eine Mitgliedschaft im Freundeskreis Wiener Staatsballett. Im Zeitraum vom 28.11. bis 31.12. erhalten Sie 20 % RABATT auf die Förderkategorien Förder*in und PartnerFörder*in, Junge Förder*in sowie Junge Partner-Förder*in.

Als Mitglied des Freundeskreis Wiener Staatsballett haben Ballettfans nicht nur die Möglichkeit, die Compagnie aus nächster Nähe kennenzulernen, sondern sie leisten mit ihrem Beitrag auch wertvolle Unterstützung wie z.B. für das Healthcare-Programm und den Erwerb von Spitzenschuhen.

Neben einem vielfältigen Programm, welches Meet & Greets mit den Tänzer*innen und der Direktion, spannende Künstlergespräche und Einblicke hinter die Kulissen beinhaltet, sind die exklusiven Vorkaufsrechte von Karten für ausgewählte Vorstellungen noch vor dem offiziellen Vorverkaufsstart ein weiterer Vorteil.

Alle Informationen unter WIENER-STAATSOPER.AT/FKSB

AUSZEICHNUNG

FÜR TIMOOR AFSHAR

TIMOOR AFSHAR , Erster Solotänzer des Wiener Staatsballetts, wurde am 1. November 2025 beim Premio per la Danza Città di Foligno mit dem italienischen Tanzpreis PREMIO ARTISTA INTERNAZIONALE 2025 ausgezeichnet. In der Wiener Staatsoper ist er am 13. Dezember als Johann in Roland Petits Ballett Die Fledermaus zu erleben.

Die Balletteinlagen für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wurden heuer von Starchoreograf JOHN NEUMEIER kreiert. Die Kostüme stammen von dem Kreativdirektor des Modelabels AKRIS ALBERT KRIEMLER . 20 Jahre nach ihrer ersten Zusammenarbeit beim Neujahrskonzert 2006 haben beide Künstler erneut traumhaft-glanzvolle Welten für die beiden Einlagen geschaffen.

Zu dem Walzer Rosen aus dem Süden sowie der Diplomatenpolka von Johann Strauss Sohn wurde im MAK – Museum für angewandte Kunst in Wien – und an Schauplätzen der Wiener Hofburg unter der Regie von MICHAEL BEYER gedreht. Die berühmte Wiener Rose aus der MAK-Sammlung steht im Zentrum der Choreografie, die von KETEVAN PAPAVA, TIMOOR AFSHAR, NATALYA BUTCHKO, GÉRAUD WIELICK, GAIA FREDIANELLI, CALOGERO FAILLA sowie ALAIA ROGERSMAMAN und VICTOR CAGNIN getanzt wird. In der Diplomatenpolka erleben die Zuseher*innen eine choreografisch-humoristische Annäherung an die Themen Diplomatie, Bürokratie und Beamtentum. Interpretiert wird diese von ALESSANDRO FROLA , seit dieser Saison Erster Solist am Wiener Staatsballett, sowie NATALYA BUTCHKO, GAIA FREDIANELLI , ANITA MANOLOVA , TATIANA MAZNIAK und LAURA CISLAGHI .

Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker findet am 1. Jänner 2026 erstmals unter der musikalischen Leitung des Kanadiers YANNICK NÉZET-SÉGUIN statt. Wie jedes Jahr wird es eine ORF-Live-Übertragung geben.

MADISON YOUNG
JOHN NEUMEIER & ENSEMBLE WIENER STAATSBALLETT

AUSGEZEICHNET

»Es braucht Orte wie das NEST – mit eigener Bühne, mit technischer Exzellenz, mit einem leidenschaftlichen Team, innovativen Formaten – um Theater für junges Publikum nachhaltig zu stärken.« Also sprach die Jury und verlieh dem NEST den STELLA*25-Sonderpreis. Denn »in einer Zeit, in der gesellschaftliche Teilhabe und kulturelle Bildung neu gedacht werden und es ein neues Bewusstsein für den künstlerischen Bildungs-Auftrag aller Kulturinstitutionen braucht, ist es von großem Wert, dass ein Haus wie die Wiener Staatsoper dem jungen Publikum mit so viel Aufmerksamkeit, Kreativität und Ernsthaftigkeit begegnet und so als Vorbild zukunftsorientiert handelt.« Der STELLA, das ist der erste österreichweite Preis für herausragende Leistungen in der darstellenden Kunst für junges Publikum. Zusätzlich gab es Würdigung für die Tanzlabor-Produktion Alles & Nichts

RADIO- & TV-TERMINE

6. Dez 19.00 VĚC MAKROPULOS Ö1 (Janáček)

Musikalische Leitung HANUS Mit PETERSEN, SKOVHUS, ČERNOCH, BANKL, SCHMIDT, NEUHAUS, PELZ, SALES REBORDÃO, SCHMIDLECHNER, MONSERRAT

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper Live aus der Wiener Staatsoper

13. Dez 15.05 PINCHAS Ö1 STEINBERG zum 80. Geburtstag Mit WEISMANN

16. Dez 19.00 FIDELIO Ö1 (Beethoven)

Musikalische Leitung WELSER-MÖST Mit BYSTRÖM, BUTT PHILIP, MALTMAN, NAZMI, ILIE, JENZ, STRAZDAS Chor und Orchester der Wiener Staatsoper Liveübertragung der Premiere aus der Wiener Staatsoper

18. Dez 14.05 BIRGIT NILSSON Ö1 zum 20. Todestag Mit TENGEL

28. Dez 15.05 DAS WIENER Ö1 STAATSOPERNMAGAZIN

Ausschnitte aus aktuellen Aufführungen der Wiener Staatsoper Mit BLEES

31. Dez 18.00 DIE FLEDERMAUS Ö1 (Strauß)

Musikalische Leitung POSCHNER

Mit KAUFMANN, DAMRAU, SCHMECKENBECHER, SUSHKOVA, J. SCHNEIDER, ERÖD, STAPLE, NIAVARANI

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper

Live aus der Wiener Staatsoper

31. Dez 20.15 DIE FLEDERMAUS ORFIII (Strauß)

Musikalische Leitung POSCHNER

Inszenierung SCHENK

Mit KAUFMANN, DAMRAU, SCHMECKENBECHER, SUSHKOVA, J. SCHNEIDER, ERÖD, STAPLE, NIAVARANI

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper Live zeitversetzt aus der Wiener Staatsoper

LIVESTREAMS

AUS DER WIENER STAATSOPER

6. Dez 19.00 VĚC MAKROPULOS (Janáček)

Musikalische Leitung HANUS

Inszenierung STEIN

Mit PETERSEN, SKOVHUS, ČERNOCH, BANKL, SCHMIDT, NEUHAUS, PELZ, SALES REBORDÃO, SCHMIDLECHNER, MONSERRAT

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper

19. Dez 19.00 FIDELIO (Beethoven)

Musikalische Leitung WELSER-MÖST

Inszenierung HABJAN

Mit BYSTRÖM, BUTT PHILIP, MALTMAN, NAZMI, ILIE, JENZ, STRAZDAS

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper

31. Dez 18.00 DIE FLEDERMAUS (Strauß)

Musikalische Leitung POSCHNER

Inszenierung SCHENK

Mit KAUFMANN, DAMRAU, SCHMECKENBECHER, SUSHKOVA, J. SCHNEIDER, ERÖD, STAPLE, NIAVARANI

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper

FIDELIO DIE FLEDERMAUS (BALLETT)

VĚC MAKROPULOS SERVICE

ADRESSE

Wiener Staatsoper GmbH

A Opernring 2, 1010 Wien

T +43 1 51444 2250 +43 1 51444 7880

M information@wiener-staatsoper.at

IMPRESSUM

OPERNRING 2

DEZEMBER 2025 SAISON 2025 / 26

Herausgeber WIENER STAATSOPER GMBH / Direktor DR. BOGDAN ROŠČIĆ / Kaufmännische Geschäftsführung DR. PETRA BOHUSLAV / Ballettdirektorin ALESSANDRA FERRI / Redaktion NASTASJA FISCHER / IRIS FREY / ANDREAS LÁNG / OLIVER LÁNG / JANINE ORTIZ / REBECCA MAYR / Lektorat MARTINA PAUL / Art Direction EXEX / Layout & Satz IRENE NEUBERT / Am Cover FRANZ WELSER-MÖST / Foto ANDREAS JAKWERTH / Druck PRINT ALLIANCE HAV PRODUK TIONS GMBH, BAD VÖSLAU

REDAKTIONSSCHLUSS für dieses Heft: 25.November 2025 / Änderungen vorbehalten / Allgemein verstandene personenbezogene Ausdrücke in dieser Publikation umfassen jedes Geschlecht gleichermaßen. / Urheber/innen bzw. Leistungsschutzberechtigte, die nicht zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten. WIENER-STAATSOPER.AT

Produziert gemäß Richtlinie Uz24 des Österreichischen Umweltzeichens, Print Alliance HAV Produktions GmbH, UW-Nr. 715

BARTOLI

Mitten im Dezember zieht Orpheus in den Großen Musikvereinssaal ein: Cecilia Bartoli verleiht der legendären Figur ihre Stimme in Glucks selten gespielter zweiter Fassung von Orfeo ed Euridice. Gemeinsam mit dem von ihr gegründeten Orchester

Les Musiciens du Prince – Monaco, dem Vokalensemble Il Canto di Orfeo, Dirigent Gianluca Capuano und Mélissa Petit als Euridice und Amore erwartet Sie ein außergewöhnlicher Abend. tickets@musikverein.at | Tel. +43.1.505

GERSTNER SONNTAGSBRUNCH

Genuss in Perfektion wird hier großgeschrieben

Jeden 1. Sonntag im Monat

Freuen Sie sich auf einen exklusiven Sonntagsbrunch in der stilvollen Beletage des Palais Todesco. Es erwarten Sie die feinsten kulinarischen Leckerbissen vom variantenreichen Vorspeisenbuffet mit Highlights wie Beef Tatar oder Austern über feine Eiergerichte, Suppen und Hauptspeisen - direkt am Tisch serviert. Als Highlight verwöhnen wir Sie mit feinen Näschereien vom K. u. K. Hofzuckerbäcker. Besondere Momente gehören besonders gefeiert. Genießen Sie einen feierlichen Brunch mit Ihren Liebsten!

Details & Reservierung: www.gerstner.at Gerstner K. u. K. Hofzuckerbäcker Kärntner Straße 51, 1010 Wien gerstner.culinary | www.gerstner.at

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Alhambra Verwandelbares, langes Collier

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