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HOCHZEITSMENÜS
Hochzeitsmenüs BITTE MEHR TELLER MIT CHARAKTER
Eine der ersten Fragen nach einer Feier ist meist: Wie war das Essen? Die Schweiz bringt wie jedes andere Land ihre heimischen Klassiker auf den Tisch, an denen sich die meisten schon lange sattgesehen haben. Es ist Zeit, die Festtafel aufzumischen und neue sowie alte kulinarische Schätze (wieder) zu entdecken!
Beim Apéro geben wir uns in der Schweiz relativ offen, was die Speisen angeht. Nicht so beim Abendmenü: Dort setzen wir wie jedes andere Land auf die heimische Küche. Liebe geht eben durch den Magen und Food-Experimente haben an einem wichtigen Fest wie der Hochzeit nichts verloren. Aber muss es denn bei jedem Brautpaar das gleiche Gericht sein? Hand aufs Herz, an wie vielen Hochzeiten waren Sie als Brautpaar die letzten zwei Jahre und wie oft haben Sie mehr oder weniger das Rindsfilet serviert bekommen? Und … an wie viele Hochzeiten werden Sie noch gehen? Tja, es ist der mit Abstand meistservierte Hauptgang an Hochzeiten in der Schweiz, am häufigsten begleitet vom Kartoffelgratin. Hochzeitsfotografen, DJs und andere Dienstleister, die den Festabend bestreiten und in der Regel mitessen, können den Schweizer Fleischklassiker nicht mehr sehen. Haben auch Sie Lust auf Veränderung? Wir haben für Sie Gerichte herausgesucht, die genauso edel und lustvoll sind wie das Rindsfilet, ebenso praktisch in der Küche zubereitet werden können und das Portemonnaie schonen.
Kürbisterrine im Kräutergarten mit grüner Sauce
NATÜRLICH IRMA – 60 BESONDERE VEGETARISCHE REZEPTE VON IRMA DÜTSCH
ISBN 978-3-038181-005-0 weberverlag.ch

Italienische Burrata auf frischem Saisongemüse

FLEISCH MAL ANDERS
Klar, das Rindsfilet ist edel, traditionsreich und praktisch in der Zubereitung. Doch die Schweiz hat mit ihrer landschaftlichen und kulturellen Vielfalt einen riesigen Fundus an kulinarischen Schätzen. Besonders jetzt, wo die regionale Küche hoch im Kurs ist, sollte man dem bei der Planung Rechnung tragen. Die regionalen Produkte widerspiegeln immer auch die Besonderheit der Gebiete, in der sie erzeugt wurden, genauso wie lokale Spezialitäten und Gerichte auf die Geschichte und die Kultur ihrer Region verweisen. So lässt Köchin Irma Dütsch ihre Kochbuchleser*Innen auf eine Reise durch die Kantone die Schweizer Tafel neu schätzen und kennenlernen – siehe Bilder. «Bei Hochzeitsessen setzen wir gerne auf traditionelle, gute, schweizerische oder europäische Küche, und ganz selten gibt es sogar als Hauptgang Fisch. In der Schweiz halten wir gerne an unseren Traditionen fest, wir sind aber auch sehr offen gegenüber anderen Kulturen. Andere Gerichte zu servieren – ob heimische oder nicht – ist bestimmt kein Risiko, sondern ein Gewinn», weiss auch Hochzeitsplanerin Caty Pelosato. Immer häufiger werde man hierzulande ausserdem an Themenhochzeiten oder solchen mit südländischem Flair eingeladen, etwa im Ibiza-Feeling oder Toskana-Flair. Spätestens dort muss das passende Essen her. Auch Freilufthochzeiten werden immer beliebter, mit ihnen das Hochzeitsmenu von der Feuerstelle. Allerdings nicht mit Cervelas und Bratwurst, sondern hochwertigem Fleisch und VegiVariationen (ein Muss!). Nicht zuletzt sind die Caterer gefordert, alternative Fleischgerichte zu unterbreiten, weil Hochzeitsbuffets und Foodtrucks an Popularität gewinnen.
VEGI IM VORMARSCH
«Wenn ich vegetarisch koche, mache ich ebenso Haute Cuisine, aber ohne Fleisch oder Fisch. Es dreht sich um die richtigen Produkte und darum, das Beste daraus zu machen. Gerade im Frühling ist das Angebot an Gemüse immens», verrät Irma Dütsch in ihrem vegetarischen Kochbuch «Natürlich Irma» – siehe Bilder. Eine vegetarische Menüversion ist unterdessen an jeder Hochzeit Programm, häufig sogar eine vegane. Das ist auch richtig so. Doch weshalb nicht mehr wagen und als Fleischtiger das Gemüse zum Hauptgang befördern? Das wäre Mal eine Überraschung, mit der bestimmt niemand rechnet. Es schont das Portemonnaie und ist auf den Tellern besonders im Frühling und Sommer eine ganz schmucke Sache. Ausserdem liegen Vegispeisen abends meist weniger schwer im Magen und halten die Gäste wach zum Mitmachen, Mittanzen und Spasshaben. Tipp: Eine vegane Alternative zum Fleischmenü ruft auch ein entsprechendes veganes Dessert auf den Plan – geht häufig vergessen.
Luzerner Chügelipastetli: Kalbsmilken im Blätterteig- viereck mit Champignons und Rüebli an Gemüsesauce.

Solothurner Wachtelballotine (entbeint)
IRMA DÜTSCH – MA SUISSE

ISBN 978-3906033-91-4 weberverlag.ch

Zuger «Chrutwickel»


SIE HAT DEN DRY RAUS
Blumen sagen mehr als tausend Worte? Das müsste im Fall von Trockenblumen bedeuten: man bringt sie kaum mehr zum Schweigen! Denn sie halten eine kleine Ewigkeit – auch wegen dieser Nachhaltigkeit hat es bei Floristin Noemi Mira Kaiser geknistert …
TEXT Daniela Dambach FOTO zvg
«Vielen Dank für die Blumen, vielen Dank, wie lieb von dir. Manchmal spielt das Leben mit dir gern Katz und Maus. Immer wird es das geben, einer, der trickst dich aus…». Wie die Katze die Maus, jagt die Zeit die Frische von Schnittblumen – und die Tage ihrer Blust sind gezählt … Als Udo Jürgens diese Liedzeilen in den 80er-Jahren sang, waren Trockenblumen in aller mundgeblasener Vasen – ebenso wie Steckschaum und gehäkelte Platzdeckchen. Den heute über Fünfzigjährigen sind die mumifizierten Gartenboten möglicherweise eher als Staub- denn als Komplimentefänger in Erinnerung. «Vielleicht wunderten sich meine Eltern deshalb über meine neue Leidenschaft», vermutet Noemi Mira Kaiser, «wahrscheinlich hatten sie noch das biedere Bild von damals im Kopf.» Die Dauerblüher für daheim erleben ein Revival, seit Interieurdesigner von Paris bis New York sie aus dem «Dürrröschenschlaf» wachküssten. Anders als die Tulpen auf ihrem Küchentisch, die ihre Stiele im Wasser baden, kommen die Kreationen von Noemi Mira Kaiser ohne ein Tröpfchen Wasser aus. Im Gegenteil: Feuchtigkeit schadet den zeitüberdauernden Zierden sogar.
GESTOPPTE VERGÄNGLICHKEIT
«… hier fehlt noch eine Lampe», kommentiert die gelernte Floristin beim Betreten ihres Ateliers, das vor wenigen Monaten noch eine Abstellkammer war. Bevor sie sich im Keller des Mehrfamilienhauses einrichtete, band sie ihre ersten Sträusse mitten in ihrer Stube. Zwar ruhten die getrockneten Gräser, Astern oder Hortensien querbeet, selbst war sie aber nicht richtungslos: «Die Optik meiner Trockenblumenbouquets kommt jener ihrer frischen Verwandten möglichst nahe», beschreibt sie ihre floristische Handschrift. Als sie ein Blumenbündel berührt, das kopfüber am Holzverschlag hängt, knistert es leise … Diese dekorativen Pflänzchen hat sie selbst gesammelt und getrocknet: «Ich kann nicht spazieren gehen, ohne irgendetwas zu pflücken…!», bemerkt sie lachend. Aus dem Karton daneben hängen Dattelpalmenzweige herab, die sie von einer befreundeten Landschaftsgärtnerin bekam. Die meisten anderen haltbaren Highlights stammen von ihrem Produzenten in Norditalien, der die Blumen sorgfältig erntet und in einem aufwändigen Prozess trocknet, sodass sie kaum an natürlicher Farbe einbüssen. Diese könnte höchstens ausbleichen, wenn man die konservierten Prachtstücke an ein zu prallsonniges Plätzchen stellt, ansonsten scheinen Trockenblumen geradezu unverwüstlich zu sein: «Das Ablaufdatum definiert sich fast ausschliesslich dadurch, wie lange einem die Dekoration gefällt…», veranschaulicht sie.


NIEMALS GIESSEN
Die Nachhaltigkeit ist ein Vorteil der «Blumenmumien», die nach Sommerheu duften, farblich auffallen und ausser Bewunderung keine Aufmerksamkeit brauchen. «Giess mein nicht», lautet die Losung, denn sie blühen sogar in gründaumenlosen Händen. Die beliebten, kindshohen Pampasgraswedel? Auch diese muss man nicht pampern. Die handgebundenen Werke halten Monate bis Jahre, bis sie irgendwann der Staub einnimmt. Aufgewachsen in Münsingen, büschelte Noemi Mira Kaiser schon als Kind Grünes und Buntes aus Mutters Garten und bot es an den Haustüren der Nachbarn feil. Floristin war ihre erste Berufswahl, wobei sie ihre Tätigkeitsfelder später auf Gestaltung und Gastronomie ausdehnte. Als Cateringmanagerin wirkte sie zwar nahe an der dekorativen Floristik, doch vermisste sie das Kreieren. Dank den Trockenblumen wendete sich schliesslich das Blatt, sodass ihr zweites Standbein neben ihrer derzeitigen Festanstellung im Eventbereich Wurzeln schlagen kann. «Ich darf meine Kreativität nicht vernachlässigen, damit ich mich erfüllt fühle», lautet die Erkenntnis der Stadtbernerin. Im Sommer 2020 gründete sie ihr Start-up «Mira» – und ihre ersten Trockenbouquets ragten aus den Gefässen. Diese könnten dereinst auch selbstkreiert sein: In Kursen hat Noemi Mira Kaiser die Töpferscheibe für sich entdeckt. Derweil sich ihre Fertigkeiten im Keramikhandwerk auf das angestrebte Level hochdrehen, werden noch unzählige Beschenkte alles anders als trocken sagen: «Vielen Dank für die Blumen, wie lieb von dir».
TROCKENÜBUNG ZUHAUSE
«An die Luft mit euch!», heisst es für alle Blumen, die man in eine zweite Lebensphase überleiten möchte: Blumen locker binden und kopfüber – am besten einzeln – an einem gut belüfteten, schattigen oder dunklen Platz für etwa vier Wochen aufhängen. Die besten Resultate ergeben hartholzige, feuchtigkeitsarme Sorten, mit kleinen, festen Blüten. Ebenfalls eigenen sich Heidekraut, Eukalyptus, Schafgarbe oder auch Kräuter wie Lavendel oder Salbei. Gegen Fusseln an buschigen Trockengräsern hilft übrigens ein Hauch Haarspray.

Optische Frische mit trockenen Blumen: Noemi Mira Kaiser kreiert in ihrem Atelier «Mira», das sie im Sommer 2020 gründete, Bouquets mit Bestand. Erhältlich sind ihre dauerblühenden Dekorationen in Bern bei «Bazaar58» (Gerechtigkeitsgasse 58) und «Lola Mattenhof» (Brunnmatt- strasse 57). mira.ch