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Editorial
Wohin geht die «Reise» in der Stadthotellerie?
IPK International zählt zu den weltweit führenden Beratungsunternehmen im Tourismus und ist spezialisiert auf Tourismusforschung, Tourismusmarketing und Tourismusplanung. Neben Sonderstudien zur COVID19Pandemie führt IPK seit mehr als 25 Jahren den World Travel Monitor durch, die weltweit umfassendste Studie zum Auslandsreiseverhalten der Europäer, Asiaten, Nordamerikaner und Lateinamerikaner. Der World Travel
Monitor wird in über 60 Ländern durchgeführt und deckt damit mehr als 90 Prozent der weltweiten Nachfrage nach internationalen Reisen ab.
Warum ich Ihnen, liebe «Hotelier»Leserinnen und Leser, am Anfang dieses Editorials IPK kurz vorstelle, hat einen Grund, denn die jüngste Studie von IPK für das Reisejahr 2021 kommt zu Ergebnissen, die uns optimistisch und mit Freude in die nahe Zukunft blicken lassen:
62 Prozent der weltweiten Reisenden haben die Absicht, noch in diesem Jahr
ins Ausland zu reisen. Diejenigen, die derzeit noch von einer Auslandsreise absehen, nennen dafür nicht finanzielle Gründe, sondern das CoronaInfektionsrisiko. Doch durch den nun verfügbaren Impfstoff und die weltweiten Impfaktionen, verbunden mit der sehr hohen Impfbereitschaft unter Reisenden (90 Prozent), entfällt die Hauptursache, auf Reisen zu verzichten – und einer schnellen und breiten Erholung der Reisebranche steht damit nichts mehr im Wege. «Freude herrscht», würde ExBundesrat Dölf Ogi sagen.
Fragt man nach den Reiseplanungen für Auslandsreisen in diesem Jahr, so
steht im Fokus die Ferienreise. Was die Geschäftsreisen betrifft, so sind die Reiseabsichten unter den Amerikanern und Asiaten grösser als bei den Europäern. Bei den geplanten Ferienreisen ins Ausland zeigt sich für 2021 ein hohes Interesse für den Bade/Strandurlaub. Städtereisen liegen auf Rang zwei im Ranking der Ferienarten (bei Asiaten auf Rang eins) und die naturorientierten Ferien positionieren sich auf Rang drei, was im Vergleich zu VorCoronaZeiten ein stark angestiegenes Interesse für diese Art von Ferien zum Ausdruck bringt. Die aktuellen Umfragen zeigen auch ein nach wie vor grosses Interesse für Flugreisen ins Ausland.
Gefragt nach den bevorzugten Reisezielen für Auslandsreisen im Jahr 2021 zeigt sich unter den Europäern (darunter auch die Schweizer) eine klare Präferenz für
inländische und europäische Reise-
ziele. Angeführt von Spanien folgen u.a. Italien, Frankreich und die Schweiz im Ranking der bevorzugten Destinationen. Für Amerikaner und Asiaten kommen ebenfalls vor allem Reisen innerhalb des eigenen Kontinents in Frage. Trotzdem spielen auch Reiseziele in Europa bereits 2021 eine Rolle.
JÜRG SCHMID
Der Autor
Hans R. Amrein, Publizist, Hoteltester, Buchautor und Dozent, ist seit 2010 Chefredaktor der Fachzeitschrift «Hotelier». Er ist auch Mitglied mehrerer Fachjurys.
Mit anderen Worten: Die Chancen für
eine weltweite und rasche Erholung des internationalen Tourismus stehen
sehr gut. Der Wunsch der Menschen nach Reisen ist weltweit gross, die Reiseabsichten für 2021 belegen das. Und wie gesagt, durch den zunehmend verfügbaren Impfstoff und die weltweiten Impfaktionen entfällt der Hauptgrund, auf Reisen zu verzichten. Gelingt eine schnelle und international hohe Impfquote (derzeit deuten fast alle Fakten in diese Richtung), trägt das massgeblich zu einem raschen und umfassenden Aufschwung der weltweiten Nachfrage nach Auslandsreisen bei. Im besten Fall könnte 2022, spätestens jedoch 2023, dieses Ziel erreicht sein.
Nun, wer in der Schweiz ein Hotel in den Bergen, an einem See oder im Tessin betreibt, darf die IPKPrognosen freudig zur Kenntnis nehmen. Anders sieht die Zukunft für die Stadthotels aus. Sie werden bis 2024 warten müssen, bis der Geschäftstourismus wieder anzieht. Wobei, auch da gibt es Ausnahmen: Städte wie Salzburg,
Wien oder Hamburg, die bisher stark auf Freizeitreisende (Leisure-Markt) gesetzt haben, werden sich schneller von den Folgen der Krise erholen.
Weil der internationale Businessmarkt in Städten wie Zürich, Basel oder Genf erst 2024 wieder einigermassen auf Touren kommt, setzen immer mehr Stadthotels und Hotelbetreiber auf den Freizeitmarkt. So auch Jürg Schmid, ExDirektor von «Schweiz Tourismus» und Delegierter der LuxusLifestyleHotelgruppe «The Living Circle». «Wir haben für unsere drei Zürcher Hotels Widder, Storchen und Alex eine komplett neue Strategie erarbeitet», betont Schmid. Ab sofort verkaufen sich die drei renommierten Zürcher Hotels als «City & Lake Resort». Mit zusätzlichen Freizeitund Hotelangeboten, zum Beispiel einer «RooftopBar» auf dem Dach des Hotels Storchen oder einem BootShuttleService zwischen Storchen und Hotel Alex in Thalwil, will man vermehrt Freizeitgäste in die «mediterrane Limmatstadt» locken.
Klar, das Business kommt zurück, «aber nicht mehr in einem Ausmass, wie wir es bis 2019 hatten», ist Jürg Schmid
überzeugt. Er rechne mit Einbussen um die 30 Prozent. Deshalb setze man jetzt auf den Freizeitmarkt, um eine einigermassen gute Bettenauslastung zu erzielen. «Unsere Städte werden jetzt vermehrt zum Erlebnisraum», sagt der Schweizer Trendforscher Stephan Sigrist.
Und für Tourismusprofi Jürg Schmid steht fest: «Die Stadthotels müssen den Freizeitwert ihrer Stadt erkennen und ihre Angebote darauf ausrichten». Auch Duncan O’Rourke, Nordeuropachef des Hotelkonzerns Accor, ist überzeugt, dass Städte wie Zürich, Bern oder Genf immer mehr zu Freizeitdestinationen und Businesshotels zu Freizeithotels werden: «Der Städtetourismus war schon vor Corona ein stark wachsender Markt – und das wird er bleiben.»
Hans R. Amrein
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