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QueerBooks Bern

Kultur Blanca Bürgisser Blanca Bürgisser, Milena Leutert Mitten in Bern liegt die kleine Buch- handlung QueerBooks. Mit viel Herzblut führen Patrick und Milena die queer und feministische Buchhandlung, die alles hat, was das The- ma beinhaltet. Ihre Auswahl reicht von Romanen mit LGBTQIA+-Haupt- charakteren bis zu Sachbüchern über Themen wie Feminismus, Anti- rassismus, Self-Care und vieles mehr. QueerBooksBern

Entstanden ist QueerBooks vor rund zehn Jahren. Damals gab es in der Münstergasse die Frauenbuchhandlung Candinas, die eine feministische und lesbische Abteilung hatte. Als die Inhaberin 2012 zurücktrat, übernahm die Buchhandlung Weyermann. Dadurch erweiterte Weyermann ihr bisher spirituelles und gesundheitliches Sortiment um eine belletristische Abteilung inklusiv einer feministischen und lesbischen Abteilung. Ein Jahr später kam dann eine kleine Ecke zu schwuler Literatur dazu. Damals gab es auch noch zwei separate Onlineshops, einen für Frauen und einen für Männer. 2013 wurden diese zusammengenommen und es entstand QueerBooks. «Dadurch können wir den ganzen Regenbogen abdecken», erklärt Patrick, der schon seit Beginn bei QueerBooks dabei ist. QueerBooks ist also eigentlich keine eigene Buchhandlung, sondern die queer und feministische Abteilung der Buchhandlung Weyermann. Doch sie funktioniert wie eine eigene Marke und hat mit queerbooks.ch ihren eigenen Webshop.

Die Kombination von queeren und feministischen Werken mit spiritueller Literatur im selben Laden scheint auf den ersten Blick etwas unerwartet. Doch es gibt immer wieder Personen, die in beiden Abteilungen ihre Sachen finden. «Und es ist gar nicht so abwegig, denn queere Menschen müssen sich in ihrem Leben manchmal mehr Gedanken machen als cis-hetero Personen», mutmassten Patrick und Milena über die Affinität zu spirituellen Themen.

Als einzige queere und feministische Buchhandlung in der Region hat QueerBooks eine entsprechend grosse Stammkundschaft, die auch gerne vor Ort vorbeikommt, um zu stöbern und Neues zu entdecken. Wer schon einmal bei QueerBooks war, weiss, dass der Laden zwar eher klein ist, doch eine exzellente Auswahl hat, die einlädt zum Verweilen. Neben Magazinen, Büchern und Filmen findet man auch coole Pins und Postkarten. Besonders gut laufen Bücher zu Themen, die in der Gesellschaft allgemein und insbesondere in der queer-feministischen Community aktuell sind. Im Moment ist beispielsweise Polyamorie ein grosses Thema, besonders beliebt ist hier das Buch «Polysecure» von Jessica Fern. Aber auch Literatur zu Bereichen wie SelfCare, politischer Aktivismus oder Grenzen setzen sind gefragt.

Als QueerBooks vor rund zehn Jahren gegründet wurde, sah die Situation noch ganz anders aus. Da es damals noch weniger queere Bücher gab, haben sie fast alle Bücher mit homosexuellen Charakteren ins Sortiment genommen, selbst wenn es sich nur um eine Nebenfigur handelte. Das hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Da immer mehr queere Bücher erscheinen, können Milena und Patrick mittlerweile auswählen und nach qualitativ hochwertigen Büchern suchen. Doch auch heute erscheinen bei Publikumsverlagen noch nicht sehr viele queere Romane und Sachbücher. Die beiden bestellen deshalb oft extra von queeren und feministischen Verlagen.

QueerBooks setzt sich seit Beginn dafür ein, queere Geschichten sichtbar zu machen und queeren Autor*innen eine Plattform zu bieten.

Es besteht also weiterhin viel Potenzial, insbesondere für mehr queere Schweizer Literatur. Autor*innen gibt es viele, das zeigt beispielsweise die queere Literaturzeitschrift Glitter. Die Branche dürfte mutiger werden und die falsche Ansicht überwinden, dass queere Bücher nur eine Nische bedienen und sich deshalb schlecht verkaufen. Schliesslich sind Bücher mit LGBTQIA+-Charakteren nicht nur für die queere Community, sondern für alle.

QueerBooks setzt sich seit Beginn dafür ein, queere Geschichten sichtbar zu machen und queeren Autor*innen eine Plattform zu bieten. Aber auch die Vernetzung und Aufklärung liegen ihnen am Herzen. Dies erreichen sie insbesondere durch Lesungen und andere Veranstaltungen, die sie organisieren. «Für mich persönlich geht es auch ein bisschen darum, dem Mainstream etwas entgegenzuhalten», fügt Patrick lachend an. Und die beiden beweisen, dass es funktioniert, und zwar äusserst erfolgreich. So ist QueerBooks dieses Jahr nominiert als Schweizer Buchhandlung des Jahres. Darauf angesprochen, was die Arbeit in einem unabhängigen Buchladen verglichen mit den grossen Ketten für Herausforderungen bietet, sind sich Patrick und Milena einig: Was viele als Schwierigkeit sehen, ist genau das, was ihre Arbeit so besonders macht. In einem kleineren Team haben die beiden viele Freiheiten und sind in den kompletten Arbeitsprozess involviert – von Marketing bis Verkauf machen sie alles. Wenn Kund*innen vor Ort ein Buch bestellen, sehen sie die Person oftmals wieder, wenn diese das Buch abholt. Was verglichen mit grösseren Buchhandlungen schwieriger ist, ist das kleinere Budget. So können sie beispielsweise bei Lesungen nicht so grosse Namen einladen oder spannen, um dies zu ermöglichen, mit anderen Organisationen zusammen. Eine herausfordernde Situation war sicherlich auch die Coronakrise. Gleichzeitig war es sehr solidarisch und schön zu sehen, dass man gebraucht wird und die Menschen vor allem auch in schwierigen Zeiten in Geschichten abtauchen möchten. Es seien zahlreiche herzige Bestellungen gemacht und unzählige Pakete verschickt worden, erzählen die beiden. Der Onlineshop hat in dieser Zeit einen grossen Aufschwung erlebt und die Leute konnten ihre Bestellungen nach Wunsch bei einer Abholstation vor Ort abholen kommen. Mittlerweile hat sich das Ganze eingependelt, und viele Kund*in-

nen kaufen wieder vor Ort ein. Milena, die mitten in der Coronakrise bei QueerBooks angefangen hat, freute sich besonders, die Stammkundschaft endlich auch mal in Person zu sehen.

Auch sonst strahlen die beiden, wenn sie von ihrer Arbeit bei QueerBooks erzählen. Für beide sind es die zwischenmenschlichen Aspekte, die sie besonders begeistern. Milena gefällt es immer wieder, wenn für einmal sie zur Community gehen und nicht umgekehrt. Bei dieser Gelegenheit nehmen sie Büchertische mit und stellen vor Ort ihre Auswahl vor. Dieses Jahr sind sie unter anderem in Graubünden an der KhurPride und in Zürich am Lila Festival zu finden. Auch wenn Patrick auf seine fast zehn Jahre bei QueerBooks zurückschaut, sind es vor allem die Veranstaltungen, die ihm geblieben sind. Zweimal hat er mit QueerBooks ein Lesefest organisiert. Diese waren bei den Leuten extrem beliebt und einmal hatten sie über 50 Leute für eine Lesung bei sich im Laden. Doch auch die kleinen, alltäglichen Dinge bereiten den beiden grosse Freude. So ist es immer wieder ein Aufsteller, wenn Kund*innen voller Begeisterung ihren Laden besuchen.

Kontakt

QueerBooks

Herrengasse 30 3011 Bern Telefon: 031 311 59 59

www.queerbooks.ch

Milenas und Patricks Buchtipps

Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau. Über trans Sein und mein Leben

Phenix Kühnert, Haymon Verlag, ca. CHF 28.–

Phenix Kühnert erzählt in ihrer Biografie von ihrem Leben und ihrem Kampf für trans* Rechte. Dabei zeigt sie auf eindrückliche Weise, wie Sprache unser Denken prägt. Denn eine Sache wird zur Sache durch ihre Benennung.

Boykott Magazin

Ulla Wittenzellner, Lukas Tau, Zweifelnde Amateure e.V., ca. CHF 15.–

Das (pro)feministische Boykott Magazin setzt sich kritisch mit Männlichkeit und dem Patriarchat auseinander. Es gibt wertvolle Denkanstösse, wie wir unser Geschlechtersystem ändern und toxische Strukturen überwinden können.

Alles Okay

Nina LaCour, Hanser Verlag, ca. CHF 22.–

Nach dem Tod ihres Grossvaters hat Marin alles hinter sich gelassen. Bis ihre Freundin auftaucht und sie aus ihrer Einsamkeit befreit. Nina LaCour hat eine wunderschöne Geschichte geschaffen über Trauer, Freundschaft und den Weg zurück ins Leben.