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Waldbaden: Natur tut gut

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Natur

Waldbaden: Natur tut gut

Anja Rüdin Robert Gallmann, zvg

Herzhafter Harzgeruch, liebliche Lieder von Bächlein und das fröhliche Gezwitscher von Vögeln – ein achtsamer Spaziergang durch den Wald ist entspannend. Doch was bedeutet eigentlich «Waldbaden» genau und wo kann man in Bern am besten in Tannen tauchen?

«U nd in den Wald gehe ich, um meinen Verstand zu verlieren und meine Seele zu finden.» Mit diesem Zitat beginnt das Buch Waldbaden und dieser

Ausspruch von John Muir soll auch als Leitspruch und Programm ebendieses dienen.

Der Begriff «Shinrin-yoku», der mit «Baden im Wald» übersetzt werden kann, stammt von Tomohide Akiyama, dem Generaldirektor der japanischen Forstbehörde.

Unter Waldbaden wird das bewusste Wandern im Wald verstanden, um positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit und ein physisches Wohlbefinden zu erzielen. Dem Waldbaden wie auch dem Wandern wohnt ein meditatives Element inne;

Geist und Seele werden in Harmonie vereint. Und auch unser Körper reagiert positiv auf einen Aufenthalt zwischen Stämmen und unter grünen Blätterdächern: Medizinische Studien belegen, dass Waldbaden das schädliche Stresshormon Cortisol redu-

ziert, den Blutdruck senkt und Übergewicht vorbeugt. Gleichzeitig kann das Risiko von Autoimmun- und Stoffwechselkrankheiten verringert werden und positive Effekte auf psychische Leiden wie Depressionen und das Burn-out-Syndrom erzielt werden. So fühlt man sich nach einem entspannten Aufenthalt im Wald wie frisch gebadet.

Wie der Name «Shinrin-yoku» bereits vermuten lässt, hat das Waldbaden seine Wurzeln in der japanischen Kultur. Im Gegensatz zur westlichen Geschichte, in der der Mensch stets im Wettstreit mit der Natur zu sein scheint, sind die Menschen im japanischen Selbstverständnis traditionell eng verbunden mit der Natur, sie sehen sich als gleichberechtigte Partner. Diese Ansicht ist tief im Zen-Buddhismus und in der japanischen Kultur im Allgemeinen verwurzelt. Alte Bäume werden als Kraftorte verehrt. Nicht selten werden ihnen Schreine errichtet und Wälder von besonderer Schönheit in Nationalparks geschützt. Der Aufenthalt in der Natur soll uns unserem natürlichen Zustand, mitunter uns selbst, näherbringen. Das Beste am Waldbaden ist, dass es keiner speziellen Fähigkeiten, Kondition oder Vorbereitung bedarf, und noch dazu gratis ist. Einzig die mentale Einstellung, Fokussierung und der Einsatz all unserer Sinne sind elementar, um den gewünschten Effekt von einem ausgeglichenen, fröhlichen und gesunden Gefühl zu erreichen.

Eine der zehn goldenen Regeln des Waldbadens besagt, dass man alle Sinne nutzen soll. Wer achtlos und in Gedanken versunken durch die Natur geht, lässt die Umgebung nicht an sich heran. Bei einem Bad in den Bäumen geht es darum, den Wald zu sehen, zu riechen, zu fühlen … Auf insgesamt 33 Wanderungen wird man im Buch durch Wälder von besonderer Schönheit und zu Kraftorten geführt. Wir stellen drei Beispiele vor, bei denen man in der Region Bern ein Bad in den Wäldern nehmen kann.

Unterwegs verändert sich der Charakter des Waldes stetig.

Bremgartenwald

In der Stadt Bern bietet sich eine konditionell einfache Wanderung durch den Bremgartenwald an. Durch hauptsächlich bewaldetes Gebiet geht es von Bern Neufeld erst durch den kleinen, dann durch den grossen Bremgartenwald Richtung Glasbrunnen. Zwischendurch kann man immer wieder kurze Pausen zum Durchatmen und Geniessen einbauen. Bald schon erreicht man den Glasbrunnen, der entgegen seinem Namen aus Stein besteht. Diesem Ort und dem aus dem Brunnen fliessenden Wasser werden geheimnisvolle Kräfte nachgesagt: So soll dieses kühle Nass heilende Kräfte haben und ein Märchen rankt sich um einen sagenumwobenen Schatz, der hier von einer Fee gehütet werde.

Unterwegs verändert sich der Charakter des Waldes stetig, mal ist es licht und hell, dann wieder dicht, feucht und dunkel. Nach dem Campingplatz Eymatt erreicht man die Aare und der Weg verläuft nun parallel zum Flusslauf. Auch ein Fluss hat etwas Meditatives und strahlt Ruhe und Kraft aus. Schliesslich schmiegt sich der Weg um einen imposanten Sandsteinfelsen und biegt in die sogenannte Drakau ein. Schon seit dem 18. Jahrhundert wird der nördliche Teil des Bremgartenwaldes bei Glasbach so genannt. Vorbei am Kraftwerk Seftau erreicht man schliesslich die Brauerei Felsenau. Hier endet der Rundgang und man kann den Blick ein letztes Mal über den «Bremer» schweifen lassen.

Grauholz

Beim Stichwort «Grauholz» denkt man vielleicht in erster Linie an die Autobahnraststätte, aber da war doch noch etwas mit der Invasion Napoleons, der Schlacht am Grauholz und dem Untergang der alten Eidgenossenschaft? Diese abwechslungsreiche Wanderung beginnt bei der Bushaltestelle Habstetten und folgt dem Wegweiser Richtung Forsthaus. Begleitet von der Aussicht auf die Berner Alpen geht es zum Grauholzwald. Hier soll einer Sage nach vor Urzeiten der Riese Botti gelebt haben. Bei zwei rund zwanzig Meter voneinander entfernten Felsbrocken soll es sich um die vorgeschichtliche Fundstelle des Bottisgrabes handeln. Über eine Wiese gelangt man wieder in den Wald, Richtung Schwarzkopf gehend. Am Fusse des Schwarzkopfs liegt das Tüfels Chucheli, ein rechteckiger Felseinschnitt von ungefähr zehn Meter Höhe. Oben angekommen hat man einen schönen Ausblick hinunter auf Moosseedorf, in der Ferne erkennt man den Chasseral.

Durch das schöne Bannholz wandert man weiter Richtung Sadelbachhüttli und schliesslich zu einer sternförmigen Weggabelung: Hier treffen fünf Wege aus allen Himmelsrichtungen zusammen, ausserdem fliesst der Sadelbach vorbei – ein Knotenpunkt des Grauholz. Ein Besuch der Burgruine Geristein bietet sich an, und mindestens so eindrücklich ist ein Sandsteinbogen namens «Elefant», den die Laune der Natur hier geformt hat. Richtung Schönbühl hinauf zum Mattstettenberg dominieren Nadelbäume, hinunter ins Wannental umgeben einen wieder vermehrt Buchen und Birken. Sonnenstrahlen fallen durch das Blätterdach und lassen den moosüberwachsenen Boden in warmem Licht erstrahlen. Aus dem Wald hinaustretend findet man sich auf dem Waffenplatz Sand und kurz danach vor dem Grauholzdenkmal. Eine rund acht Meter hohe Säule mit der Aufschrift «Seid einig» steht dort und erinnert an den Abwehrkampf der Berner gegen die französischen Invasoren am 5. März 1798.

Sonnenstrahlen fallen durch das Blätterdach und lassen den moosüberwachsenen Boden in warmem Licht erstrahlen.

Im Elfenauwald erwartet einen eine Symphonie in Grün.

Elfenau

Für diesen einfachen und abwechslungsreichen Waldspaziergang geht es in die Berner Naherholungszone Elfenaupark. Gestartet wird auf dem Berner Hausberg, dem «Güsche». Dieser allein ist einen Ausflug wert: Durch den Waberewald und dann hinauf durch den Gurtenwald zur Bergstation Kulm hat man stets die Silhouette der Stadt Bern vor Augen. Dem Wanderweg folgend lässt man die Burgruine Aegerten rechts liegen und tritt alsbald ins smaragdgrüne Stockerehölzli ein. Über Wiesen und Wälder geht es weiter in das Rainholz. Die Sonne fällt durch das Blätterdach der imposanten Tannen und taucht den moos- und farnbewachsenen Waldboden in ein freundliches Licht. Hier lohnt es sich, die Augen zu schliessen und die frische Waldluft tief einzuatmen.

Nach der Lichtung Mätteli wartet der Waberewald, durch den es hinunter nach Wabern geht. Der Fussweg führt weiter in Richtung Eichholz flussabwärts und schliesslich über den Schönausteg über die grüne Aare. Im Tierpark Dählhölzli können die in Freigehegen lebenden Büffel und Hirsche bestaunt werden, bevor es in die Auenlandschaft Elfenau geht. Wer eine Pause braucht, findet Rast in der Orangerie der Stadtgärtnerei. Im Elfenauwald erwartet einen eine Symphonie in Grün: Der Ausblick hinunter ins Auengebiet ist atemberaubend. Im Elfenauhölzli grüsst ein kunstvoll in Holz geschnitztes Eichhörnchen und die Sonne taucht den Wald in ein warmes, goldenes Licht. Die Abendstimmung verleiht dem bereits zauberhaften Ort Elfenau zusätzlich eine mystische Stimmung.

Buchtipp

Waldbaden

Robert Gallmann und Prof. em. Yoshifumi Miyazaki 256 Seiten, 23×27 cm, gebunden, Hardcover ISBN 978-3-03922-147-9 CHF 49.–

Erhältich auf www.weberverlag.ch oder im Buchhandel

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