Sägewerk Spiegelau
Heute. Morgen. Übermorgen. Ideenwerkstatt von 18.-20. April 2023

Heute. Morgen. Übermorgen. Ideenwerkstatt von 18.-20. April 2023
Im Ideenprotokoll sind alle schriftlichen Beiträge, die im Rahmen der Ideenwerkstatt bzw. der Workshops eingebracht und erarbeitet wurden, dokumentiert.*
Um einen Überblick über die Beiträge zu bekommen, wurden die eingebrachten Ideen vor Ort im Ideenbüro an einer Ideenwand nach Themen geclustert. Auch die Flipcharts mit den Themen, die in den Workshops erarbeitet wurden, wurden für alle sichtbar aufgehängt.
Über die unterschiedlichen Ideenkanäle wurden zahlreiche Ideen und Vorschläge gesammelt:
• Über das Gemeindegebiet verteilte Ideenboxen
• Digitale Ideenwand
• Stakeholder-Workshop
• Ideenrunden am Impuls-Abend
• Arbeits-Tische am Vertiefungsabend
• Workshops mit Schulklassen
• Direkt im offenen Ideenbüro abgegebene Ideen und Konzepte (schriftlich und mündlich)
Zusätzlich zu den hier dokumentierten, schriftlichen Beiträgen flossen auch die Eindrücke aller Teammitglieder von nonconform aus den persönlichen Gesprächen mit den am Prozess Beteiligten in das Ergebnis ein.
Welche Aspekte sind euch bei der nachhaltigen Entwicklung Spiegelaus besonders wichtig?
In welchen Bereichen ist Spiegelau bereits eine Gemeinde der Zukunft?
In welchen Bereichen fehlt es noch?
Welche IDEE für das Sägewerksgelände macht Spiegelau zur Gemeinde der Zukunft?
Eure Ideen für verschiedene Bereiche des Sägewerksgeländes und die 5 wichtigsten Aspekte die ihr uns mitgeben wollt.
Das offensichtlich Naheliegende gleich zu Beginn:
Selbst dieser Ballon – ganz egal, wie die künftige Flächennutzung auch aussehen mag – wird ohne das unumgängliche Gas nicht zur Steigfahrt ansetzen.
Also stellt sich zunächst die Frage, aus welchen Quellen die erforderlichen Finanzmittel zur Realisierung des Projekts, egal wie hoch sie letztendlich anzusetzen sind, überhaupt sprudeln können (Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne vorweggenommene Priorisierung):
1. Gemeindeetat
2. Fördermittel des Kreises, des Landes, des Bundes oder gar der EU
3. private / institutionelle Investoren
4. ansässige / ortsfremde Gönner
5. genossenschaftlicher Ansatz
6. Mischfinanzierung aus 1. bis 5.
Eine grobe Bewertung der Optionen:
Zu 1.: Auch ohne über Detail- und Faktenkenntnis zu verfügen, muß auf absehbare Zeit die Finanzkraft der Gemeinde als überschaubar bis verschwindend eingestuft werden. Warum, wenn es anders wäre, sehen vielerorts die Gemeindestrassen so aus, wie es sich schon seit geraumer Zeit darstellt ? Warum war die Gemeinde als Eigner in 20 Jahren nicht einmal dazu in der Lage, die Industriebrache namens Sägewerk nicht nur für die Einwohner Spiegelaus, sondern vor allem für Touristen in einen einigermaßen ansehnlichen, sprich aufgeräumten Zustand zu bringen ?
Zu 2.: Eine Betrachtung der in letzter Zeit maßgeblich aufgrund diverser, nicht aus der Gemeinde stammender Fördermittel auf den Weg gebrachten Gemeindeprojekte läßt nur den Schluß zu, daß auf absehbare Zeit diese Töpfe leer geleckt sind. Und wenn dort doch noch etwas zu holen wäre, muß es nicht nur für die Erstellung, sondern langfristig auch für den nachfolgenden Betrieb (Wartung & Pflege, Instandhaltung usw.) zuverlässig bereit stehen. Ansonsten droht dem Projekt das gleiche Schicksal wie dem bisherigen Kurpark in dessen mehrjähriger Endphase.
Zu 3.: Für diese potentiellen Financiers muß selbstverständlich ein Hauptpunkt möglichst wasserdicht geklärt sein: Wie schaut der berühmte Return-on-Investment aus ?
Zu 4.: ein im Kern völlig selbstloser und daher höchst unwahrscheinlicher Glücksfall, der folglich nicht als Planungsgrundlage dient. Die euphorische Berichterstattung (wäre sie Anfang dieses Monats erfolgt, hätte man sie schnell als netten Aprilscherz abtun können) über einen angeblich finanzkräftigen (warum sonst der Hinweis auf seinen Status als Ex-Fußballprofi ?) Interessenten, der eine Indoor-Fußballanlage hinstellen möchte, paßt eher zur Option 3. Die Geschäftsidee dahinter verdient bestenfalls das Attribut abenteuerlich. Woher soll der R-o-I denn kommen ? Aus der Vermietung der Halle an ortsansässige Vereine oder informelle Sportund Freizeitgruppen ? Ganz bestimmt nicht. Daher ja auch die angegliederte Sportsbar (als gäbe es in der Gesamtgemeinde Spiegelau nicht schon genügend leerstehende Gastronomieeinrichtungen). Und um das Konzept auch gleich weiterzudenken und abzurunden, fügt man der Tränke dann noch eine gemütlich eingerichtete Ecke mit Fanartikel-Shop bei, wo der geneigte Gast auch seine Sportwetten absetzen kann, denn da ist ja richtig Geld zu gewinnen – und zu verdienen. Toll, so etwas braucht Spiegelau schon lange.
Zu 5.: Selbst wenn man rein theoretisch einmal davon ausginge, daß eine grundsätzliche Bereitschaft einer hinreichend großen Anzahl von Gemeindemitgliedern vorhanden ist, sich mit mindestens fünfstelligen Einlagen in dem Projekt zu engagieren, wird nur ein eher kleiner Teil des Finanzbedarfs abzudecken sein. Realistisch muß jedoch davon ausgegangen werden, daß ein eventueller Aufruf zu einem derartigen Engagement derzeit verbreitet auf Desinteresse oder gar Ablehnung stoßen wird, weil die zweifelsohne vorhandenen Mittel aktuell im Zuge der Renovierung der gemeindlichen Wasserwirtschaft gefühlt gebunden bzw. verbraucht sind.
Zu 6.: sehr hoher bürokratischer Aufwand mit einer hohen, juristischen Schwelle: Wer hätte letztendlich den Hut auf ?
Zwischenfazit:
In einem ersten Schritt drängt sich, realistisch betrachtet, nur die Option 3. auf, d.h. Investorensuche. Dieser Schritt kann jedoch nur getan werden, wenn zwei Kernfragen schlüssig beantwortet werden:
Wie sehen die aktuellen Besitzverhältnisse bezüglich des Grundstücks im Detail aus ?
Wie sieht es mit der Bodenqualität (eventuelle Altlasten aus früheren Nutzungsphasen) aus ?
Unterfüttert von aussagekräftigen Angaben zum Flurstück, wird eine realistische Beurteilung des Wertes dieser Fläche im Ortskern Spiegelaus (und damit ist nicht nur der materielle Wert gemeint) dadurch erreicht, daß man das Objekt ergebnisoffen über die einschlägigen Kanäle anbietet, d.h. zunächst ohne jegliche Einschränkung hinsichtlich der späteren Nutzung. Die Anzahl und Art der potentiellen Investoren, die sich melden, gibt den Zeitpunkt vor, zu dem echte, professionelle Expertise für den weiteren Projektverlauf von extern eingeholt werden muß.
Dies führt zu einer Kommentierung des aktuellen Vorgehens und speziell der Methodik. Dabei wird zunächst die Agentur nonkonform als beauftragter Dienstleister ausdrücklich um Nachsicht bezgl. der vorgebrachten Kritik gebeten. War es wirklich nötig, im derzeitigen Embryonalstadium des Projektes die Moderation oder gar mehr in die wohl kaum karitativ agierenden Hände einer in Österreich ansässigen, höchst professionell
aufgestellten Beratungs- und Planungsfirma zu geben, die über Büros in Metropolen wie Wien und Berlin verfügt, also auf den ersten Blick nicht unbedingt prädestiniert dafür erscheint, ein absolut ländlich geprägtes Handlungsfeld im langfristigen Interesse der Gemeinde zu beackern ? Die auf der zweifelsohne beeindruckend gestalteten Agentur-homepage aufgeführten Referenzen lassen nicht unbedingt eine Nähe zur Problemstellung in Spiegelau mit ihrem eher geringem Glamour-Potential erkennen.
Daß den Gemeindemitgliedern ein Mitspracherecht eingeräumt wird, sieht sicherlich gut aus, insbesondere natürlich ein halbes Jahr vor den anstehenden Landtagswahlen. Gut ist es aber erst dann, wenn die Eingaben in der konkreten Planungsphase auch maßgeblich und mehrheitlich gewichtet berücksichtigt und umgesetzt werden und die Flächennutzung von der Gesamtgemeinde, also dem Kernort mit allen seinen Ortsteilen, mehrheitlich mitgetragen wird. Die verantwortlichen Stellen in der Gemeindeverwaltung haben sich leider bedeckt gehalten, sei es aus Ideenlosigkeit oder aus Mangel an Mut, sich aus der Deckung herauszubewegen, und haben keine eigenen Vorschläge vorgelegt, die dazu hätten dienen können, die Diskussion in der Gemeinde erst einmal intern in Gang zu bringen. Als bundesweit führendes Digitales Dorf hätte Spiegelau dabei durchaus ein überzeugendes Beispiel mit konkretem Nährwert geben können. Der Versand eines bestimmt auf chlorfreier Basis erzeugten, mit biologisch abbaubaren Farben bedruckten Faltblattes an alle Haushalte (wer zeichnet dafür überhaupt verantwortlich ?; das abgedruckte Zitat des Bürgermeisters sowie drei Logos in der Fußzeile reichen definitiv nicht als Impressum) wirkt dagegen schon arg antiquiert. Der Hinweis des Bürgermeisters auf die Notwendigkeit, Aspekte wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Innovation im Konzept zu berücksichtigen, ist zu kurz gesprungen – diese Kriterien werden heutzutage schließlich bei jedem Bauprojekt, angefangen bei der genehmigungspflichtigen Gartenhütte, aufgeführt; mittlerweile leider nur noch wenig überzeugend, weil überstrapaziert und nicht selten fehlinterpretiert bzw. absichtlich umgedeutet.
Den anstehenden Veranstaltungen (Ideenwerkstatt, Schlußpräsentation) ist viel Erfolg zu wünschen. Dabei wird hoffentlich die Begeisterung entfacht werden können, die ein solches Projekt langfristig braucht. Zu der Begeisterung gehört auch ein begeisternder Projektname. Sägewerk ? Seit wann, bitte, wird denn an diesem Platz schon kein Holz mehr eingeschnitten ! Die Gemeinde braucht keine Zukunft für das “Sägewerk“ (unsinnige, mediale Rückwärtsorientierung). Sie braucht (eingebettet in einen übergeordneten Masterplan, Arbeitstitel Spiegelau 2050 ) als Spielwiese für die echten Experten à la nonconform (sonst ist die Gefahr einer bereits mittelfristig überholten Flickschusterei zu groß) eine bereits im Namen erkennbare, zukunfts- und finanziell tragfähige Vorstellung von der Flächennutzung eines so wertvollen, aber dennoch seit vielen Jahren emotionslos dem Verfall überlassenen Platzes in der Ortsmitte. Und wenn diese Nutzung so aussieht, daß nach einer gründlichen Reinigung incl. Abriß der abstoßend häßlichen Gebäuderuine (übrigens ein prima Übungsplatz für die Maschinentrupps von Zivilschutz und Bundeswehr, d.h. großes Kostenreduktionspotential bei der Erschließung) Mutterboden aufgeschüttet und Bäume und Sträucher standortgerecht gepflanzt werden (praxisnäher kann eine Projektarbeit im Rahmen der Ausbildung für Berufe in Umweltschutz und Landschaftsbau nicht sein) mit der Fähigkeit zur selbständigen Naturverjüngung (keine pflegeintensive Konkurrenz zum nahen Kurpark, aber auch kein Hundeklo mit Waldambiente) ... alles, wirklich alles ist besser als das, was derzeit besteht und seit Jahren dem Auge so wehtut.
Zusätzliche persönliche Angaben zur Cluster-Bildung bei der Auswertung der eingebrachten Ideen: männlich, verheiratet, parteilos, katholisch, Rentner, Jahrgang 1954, Nicht-Bayer, seit 2009 als Zweitwohnsitz in Spiegelau ansässig, seit 2018 als Erstwohnsitz
nonconform ideenwerkstatt GmbH
Verfasserstandort
Rosenheim
Büro Rosenheim
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Verfasser:in Protokoll
Melina Hölzl
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