Schöne Paare

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Jost Kirchgraber Schöne Paare

Toggenburger Verlag Leseprobe

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Jost Kirchgraber

SCHÖNE PAARE Möbelmalerei des Biedermeier im Toggenburg

Toggenburgerblätter für Heimatkunde, Heft 49


Die Herausgabe dieses Buches wurde unterstützt von:

sowie von weiteren Institutionen und Privatpersonen.

© 2021 by Toggenburger Verlag, CH-9103 Schwellbrunn Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Radio und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten. Umschlagbild: Jost Kirchgraber Gesetzt in Minion Pro Regular Schriftleitung: Bruno Wickli, Dr. phil., Neu St. Johann/Wil Herstellung: Verlagshaus Schwellbrunn ISBN 978-3-908166-95-5 www.verlagshaus-schwellbrunn.ch


Rudolf Hanhart zum Gedenken


Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit

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Einleitung zum Begriff

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Biedermeierliche Möbelmalerei im Toggenburg

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Bildteil

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1. David Alder 1826 (Waldstatt)

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2. J ungfer Ana Barbara Abderhalden 1828 (Steintal)

42

3. J ungfer Anna Margareth Meyer 1829 (Gieselbach)

46

4. J ungfer Anna Elisabeth Bösch 1829 (Howart)

50

5. Jungfer Susana Barbara Kolp 1829 (Hüsliberg)

52

6. J ungfer Ferena Schweitzer Anno. 1829 (Steintal)

56

7. unbeschriftet, um 1829

60

8. J ungfer Ursula Metler 1829 (Schwantlen)

62

9. Jungfer Ana Elisabetha Metler 1829 (Rüti)

64

10. Senn und Soldaten

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11. H s. Ulrich Näf und Jgfr. Maria Magdalena Weiler 1829 (Waldstatt)

69

12. Jgfr. Sara Lieberher ANO. 1831 (Schluecht)

72

13. Jgfr. Susanna Giger 1831 (Schneit)

74

14. Jgfr. Elisabeth Scheu Ao. 1831 (Schmidberg)

78

15. unbeschriftet, um 1832

82

16. Joh. Ulrich Näf 1832 (Hänsenberg)

86


17. Susanna Barbara Lüti 1833 (Schmidberg)

88

18. Jgfr. Anna Barbara Rastle 1833 (Rohr)

90

19. Tafelbild

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20. Jgfr. Anna Elisabeth Frey 1834 (Gieselbach)

93

21. Jgfr. Anna Elisabeth Schweitzer 1834 (Au)

96

22. Jgfr. Anna Bösch 1835 (Stangen)

100

23. J. Melchior Breitenmoser. F. Ana Barbara Aerne 1838 (Guggenloch, Wintersberg)

102

24. Nikolaus Abderhalden 1838 (Steintal)

104

25. J. Ulrich Zuber 1839 (Schönenberg)

108

26. Jgfr. Lisbeth Wenk 1839 (Ebnat)

112

27. / 28. Jgfr. Anna Maria Näf 1839 (Orlen)

116

29. Jgfr. Anna Brunner 1839 (Bendel)

120

30. J. Jakob Lieberherr 1840 (Schmidberg)

122

31. Jungfer Sara Künzle 1842 (Guggenloch)

126

32. unbeschriftet, um 1840

128

33. Jgfr. Verena Amacker 1842 (Schwand)

130

34. Jungfer Anna Loser: Anno 1843 (Wintersberg)

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Stichworte zu diesen Schränken, Betten, Truhen

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Anmerkungen

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Zum Geleit Das vorliegende 49. Heft der Toggenburgerblätter für Heimatkunde darf mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufwarten und gleichzeitig etwas genuin Heimatkundliches aus unserer Region thematisieren, nämlich farbig bemalte Biedermeiermöbel aus dem 19. Jahrhundert. Bebilderte Schränke, Betten und Truhen sind per se stille Zeugen der Vergangenheit, die aber Geschichten zu erzählen haben. Sie versetzen uns in die damalige Zeit des Umbruchs im ländlichen Raum. Mitunter sind darauf Szenen und Objekte des Alltags so lebendig und oftmals im Kontext dargestellt, dass man es mit Worten kaum besser beschreiben kann. Zu sehen gibt es idealisierte Landschaften und schöne Häuser, und doch stehen immer Menschen im Mittelpunkt, nämlich junge Paare in verschiedenen Positionen und Aufmachungen. Man wird in die damalige Lebenswelt entführt, in die bäuerliche, mehr aber noch in die aufkommende bürgerliche. Die beiden Milieus lebten im mittleren Toggenburg nahe beieinander und miteinander, nicht immer konfliktfrei. Jost Kirchgrabers Werk füllt eine Lücke: Obwohl solche bemalten Möbel etwas für das Toggenburg Typisches sind, was viele im Museum oder einem alten Bauernhaus schon zu sehen bekommen haben, gibt es dazu wenig fundierte Literatur. Der Autor interpretiert die Bilder nicht nur, sondern analysiert auch deren Entstehungskontext. Er wollte bei seinen Recherchen genau wissen, wer die Möbel in Auftrag gegeben, wer sie bemalt und wer sie besessen hatte. Es werden also nicht nur Kunstinteressierte, sondern auch Geschichtsinteressierte am Buch Gefallen finden. Dank jahrzehntelanger Erfahrung und seiner Kompetenz auf diesem Gebiet gelingt es Jost Kirchgraber, spezifische Fragestellungen zu einer für die Kulturgeschichte des Toggenburgs wichtigen Periode zu beleuchten. Dabei identifiziert er eine der wichtigsten Malerpersönlichkeiten der Ostschweizer Möbelmalerei aus der Zeit des Biedermeier. Für unsere Buchreihe, die Toggenburgerblätter für Heimatkunde, ist die Abhandlung eine höchst willkommene Ergänzung, da es um die spezifische Entwicklung im Tal geht, und nicht zuletzt wegen des umfangreichen Quellen- und Bildmaterials mit lokalem Bezug. Unzählige Abbildungen eröffnen den Blick auf verstecktes Toggenburger Kulturgut, da die meisten

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dieser Möbel heute noch in Privathäusern stehen und somit nicht öffentlich zugänglich sind. Ihnen, liebe Geschichts- und Kulturinteressierte aus dem Thur- und Neckertal, kann ich die Lektüre wärmstens empfehlen. Ermöglicht wurde die Publikation durch Beiträge von Fokus Toggenburg, Kultur Toggenburg sowie weiteren Institutionen und Privatpersonen.

Wil, im Februar 2021 Dr. phil. Bruno Wickli, Schriftleiter

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Schrank Nr. 20 (Detail). Inschrift: Der Spaziergang

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Einleitung zum Begriff Unter dem Titel Der gute Bürger erschien 1846 ein Gedicht, das mit dem Vers anfängt: Schau, dort spaziert Herr Biedermeier Mit seiner Frau, den Sohn am Arm, Sein Tritt ist sachte, wie auf Eier. Sein Wahlspruch: Weder kalt noch warm. Das war spöttisch gemeint und wurde geschrieben aus etwas späterer Sicht. Was aber das Spazieren angeht, so war diese Tätigkeit tatsächlich allgemein in Mode gekommen, nachdem sie kurz vor 1800 sozusagen erfunden worden war. Man spaziert vor der Stadt oder ausserhalb des Dorfs, am liebsten zu zweit, als Paar, und im Zustand ausgewogener, sittsamer Eintracht. Gern darf auch ein Kind dabei sein. Auf den Darstellungen umrahmt eine friedfertige Natur das harmonische Bild, seitlich grüsst vielleicht ein Rosenstock, in der Nähe wartet eine Ruhebank. Und im Hintergrund steht meistens ein Haus. Das Wohnhaus, der Garant für Sicherheit und Geborgenheit. Ein neues Sensorium, ein Gefühl für Wohnlichkeit keimt auf. Die hell befensterte Stube wird zum Sinnbild behaglichen, häuslichen Glücks. Dieses erschliesst sich im intimen familiären Kreis. Dabei erhält das Kind erstmals einen bedeutenden Stellenwert. Seine Identität wird entdeckt, während es früher lediglich als Miniaturausgabe eines Erwachsenen wahrgenommen worden war. Spielzeuge, kindergerechte Bücher (Struwwelpeter) kommen auf, die Pädagogik (Pestalozzi) gewinnt breites Verständnis, und erstmals erhalten Kinder eigene, ihnen gemässe Kleider. Insgesamt entdeckt und wichtig werden Werte wie Anstand, Rechtschaffenheit, Bescheidenheit, Bedachtsamkeit, Rücksicht sowie gepflegte Sachlichkeit in allem. Etwa so lässt sich beschreiben, was man Biedermeier nennt. Biedermeier ist im ganzen deutschsprachigen Raum zu einem Epochenbegriff geworden für die Jahre zwischen 1820 und 1850. Der zeitgeschichtliche Hintergrund sah freilich weniger harmonisch aus. Er war getragen von einer grossen Zerrissenheit. Die Dynamik der französischen Revolution erfuhr sich als gebremst durch den gegenläufigen Pendelschlag der Restauration mit

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dem Fokus auf Wiederherstellung der alten Standeskonventionen. Napoleons grosser und letztlich idealistisch geprägter Gestus verstärkte speziell in Deutschland das konträre Bestreben, die alte Kleinstaaterei noch einmal festzuschreiben. Die traditionelle ländliche Agrarwirtschaft erfuhr den Einbruch der Industrialisierung. Auch im Toggenburg drängten Fabrikbetriebe dem Thurlauf entlang talaufwärts. Der Arbeiter, ein neuer Typus, entstand. Eine neue Denkhaltung, die Rationalität, begann die Köpfe zu erhellen und stiess gegen das seit über tausend Jahren gültige, von der Religion bestimmte Weltverständnis. Demokratische Auffassungen machten sich in den verschiedenen sozialen Schichten breit und stellten die hergebrachten Standestraditionen in Frage. Das alles ergibt ein tief gespaltenes Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse in diesen Jahrzehnten. Man fragte: Was gilt? Wo soll es hinaus? Eine allgemeine Stimmung der Verunsicherung hatte sich ausgebreitet, vor allem in Deutschland, in Österreich, aber auch in der Schweiz. Was Wunder, dass sich die Menschen irgendwie Halt zu verschaffen suchten? Dass hierbei ein Rückzug auf das Private, auf die vertraute, überschaubare Nähe in Betracht kam, um wenigstens im Kleinen sich eine Zone der Stabilität einzugrenzen? Andererseits waren durch die revolutionären Umwälzungen auch Wege frei geworden und Perspektiven eröffnet für neue Daseinsentwürfe. Rechte, die allen zukommen, sind jetzt installiert. Auch als kleiner Mann habe ich jetzt ein Recht auf Selbstbestimmung. Ich habe mein Recht auf freie wirtschaftliche Tätigkeit, mein Recht auf sozialen Aufstieg, mein Recht auf Besitz. Mein Recht auch, mich zu kleiden, wie ich will. Kurz, ich bin ein Citoyen, ein Bürger. Das Biedermeier signalisiert die Geburtsstunde einer neuen Klasse, der Klasse des Bürgertums im modernen Sinn. Die zeitgenössischen Porträtdarstellungen repräsentieren Selbstbewusstsein, auch die Paare auf unseren bemalten Schränken schauen mit Stolz in die Welt. Und gleichzeitig ist man, wie beschrieben, geleitet und auch gezeichnet von der Einsicht, zu akzeptieren, dass eine Einschränkung auf die realen Gegebenheiten unumgänglich sei, und nicht nur zum eigenen Nachteil. Ein grosses Losungswort hiess Zufriedenheit. Und als ein zentraler Grundsatz dafür, wie gutes Bürgertum zu definieren sei, bildete sich der Begriff der Mitte heraus. Mitte als bürgerliche Leitidee. Alles, nur keine Extreme. In einem Lied von 1830 heisst es denn auch dem entsprechend:

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Das Gute liegt inmitten. Wir haben viel gelitten. Wir fordern unser Recht, Der Bürger ist kein Knecht. Oder in einer milderen, erstmals 1832 erschienen Formulierung von Eduard Mörike: Doch in der Mitten Liegt holdes Bescheiden. Und um noch einmal auf das eingangs zitierte Gedicht – der Autor war Ludwig Pfau – zurückzukommen: Es spricht eigentlich dasselbe an, aber kritisch, und taucht den biederen Herrn Meier in ein sarkastisch-ironisches Licht, indem es ihn nur ganz sachte auftreten lässt, weil er um Himmels willen nicht anstossen, keinesfalls auffallen möchte, und indem es ihm den Wahlspruch in den Mund legt: Nicht kalt, nicht warm. Will sagen, er fühle sich nur in einer mittleren Temperaturlage wohl und scheue sich, Stellung zu beziehen. Lauheit sei ihm gemäss. Damit wird eine Kehrseite des Bürgers, des Bürgertums benannt: der Spiesser, das Spiessertum. Auch diese typologische Spielart der menschlichen Mentalitätsvielfalt gehört zur Aura der Epoche, die den Namen Biedermeier führt.

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Biedermeierliche Möbelmalerei im Toggenburg Wer war der Meister? Das farbig bemalte, im Grundton braune Ostschweizer Biedermeiermöbel – in der Mehrheit sind es eintürige Schränke – ist bis jetzt immer wieder in einen Topf geworfen worden, indem man sagte: Thäler1 oder Thälerkreis2. Gemeint waren dann Maler im Umfeld des Appenzeller Malers Johannes Bartholomäus Thäler (1806–1850), den man namentlich kennt und von dem man weiss, dass er Tafelbilder angefertigt und Teller bemalt hat. Bereits Armin Müller äusserte sich kritisch hierzu, indem er anhand eines derartigen Schranks anmerkte, diese Malerei werde freimütig dem Thälerkreis zugeteilt. Auch in der Volkskunst steigen die Preise mit Zuschreibungen.3 Laut Rudolf Hanhart wurde Thäler zu Unrecht als Möbelmaler bezeichnet4, er habe nur wenige Schränke und etwa ein Bett selbst bemalt. Nachdem schon Bruno Bischofberger eine grosse Anzahl dieser Kästen5 dem Toggenburg zugewiesen hatte, brachte später Hanhart erstmals einen Toggenburger Meister ernsthaft ins Spiel6. Zur Frage einer toggenburgischen Provenienz dieser Biedermeiermalerei äussert sich auch Marcel Zünd in seiner Ländlichen Bilderfreude7. An dieser Stelle sollen hier jetzt 34 Werke8 vorgestellt werden, die einer einzigen künstlerischen Hand zuzuordnen sind, zusammen mit dem Versuch, auch die Kundschaft dieses Meisters und somit sein lokales Arbeitsumfeld einzugrenzen. Zusätzlich sei dann auch noch die Frage seiner biographischen Identität aufgeworfen.

Malerische Eigenart Schon die Art und Weise, wie er die Kunst beherrschte, das Tannenholz – aus dem diese Möbel geschreinert sind – mit aufgemalter Hartholzmaserung quasi zu veredeln, ist auffällig. Seine Maserierungen verlaufen bis etwa 1835 gern bewegt und grosszügig, ja temperamentvoll im Linienschwung. Auch die Krakeliertechnik liebte er, später auch die Imitation von feinem Wurzelholz. Dann sein Schriftzug der aufgemalten Besitzernamen: Die Buchstaben sind geschwungen, von gelber Farbe (gold), und für die ersten zehn Jahre ist besonders das a charakteristisch.

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Mit der Zeit wird er feiner, und nach 1840 wechselt der Schrifttyp. Manchmal grenzte unser Meister auch ein schwarzes Feld ab, das er mit einem Motiv oder einem geschriebenen Spruch (die Buchstaben in Gold oder Rot) gestaltete. Die Beistossflächen der Schränke sind ausnahmslos abgeschrägt. Auch kleine vedutenartige, Braun in Braun gehaltene sepiafarbene Vignetten, meist seitlich platziert, gehören zu seiner Spezialität. Zur dekorativen Ausstattung der Bildflächen gehört unabdingbar die Rose. An der Art, wie sie gestaltet ist, lässt sich die Entwicklung des Malers erkennen. Auf dem Kasten von 1826 versucht er sie naturgetreu abzubilden. Dann findet er ab 1828 eine Möglichkeit, die Blume ornamental umzusetzen, indem die Blütenblätter wie übereinander geschobene Halbmondschnitze von zwei Seiten her einen Kreis bilden und dort, wo sie zusammenkommen, mit je drei bis vier hellen Tupfern den Fruchtstand andeuten. Bald bildet sich die Rose wieder realistischer heraus mit einem etwa nieren- oder beinahe herzförmigen grossen Blütenblatt vorne auf der Schauseite der Blume. Nach 1835 verliert sich diese Eigenheit allmählich. Dafür erscheint jetzt zunehmend der Rosenbusch als seitliches Accessoire auf den dargestellten Szenen. Als Bildfigur ist man draussen in der Landschaft. Im Hintergrund immer ein einzelnes stattliches Haus mit Neben- oder Anbauten, mehrmals eine Mühle, auf dem Dach sehr oft ein herrschaftliches Türmchen. Eine gelbfarbene Fassade gehört fast immer dazu. Hie und da auch noch, gleichsam als Gegenüber zu den bürgerlichen modernen Häusern, ein altes Bauernhaus, als wolle ein soziales Spannungsfeld angemerkt sein. In späterer Zeit grüsst zweimal eine dörfliche Kirche herein, und zuletzt findet sich dann ausnahmslos ein einsamer kleiner Rundtempel in Sichtweite, eine Art Belvedere, selbstverständlich an einem See gelegen. Ab 1831 ziert ohnehin ein romantisches Gewässer die Landschaft. In der Ferne zeigen sich stets Berge. Die jungen Paare selbst präsentieren sich von ihrer besten Seite. Sie machen gern einen Schritt. Ihre Gestik ist bewegt, die Dreiviertelansicht unterstreicht die Spontaneität ihrer Position. Es ist, wie wenn sie im präsentabelsten Moment innehalten für den Maler. Ihre Kleidung ist vornehm. Die Frauen tragen farbige, reich ausgestattete Gewänder, oft Schärpen, fein bestickte ausladende Kragen und immer einen Haarschmuck oder einen Hut, in der Hand vielleicht eine Rose oder am Arm ein besticktes Handtäschchen. Die Männer machen Staat in einem offen getragenen Rock mit goldiger Knopfreihe, spitz vorstehendem

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1. D avid Alder 1826 (Waldstatt) David Alder, Sohn des Johannes Alder, geboren 1793 in Waldstatt, gestorben in Herisau 1858. Auf diesem ersten bekannten Schrank des Meisters kommen viele Motive bereits vor, die er auf seinen späteren Arbeiten wiederverwendet hat. Für sich selbst geschaffen, mag dieses Werkstück als Musterkarte gedient haben, um den Kunden die Sujets dessen zu zeigen, was alles bei Alder zur Auswahl stand. Es ist ein Schlüsselwerk für die Identifikation dieses Meisters. Es gibt zwar ein paar ältere Schränke, die möglicherweise ebenfalls bereits in der Alderschen Werkstatt entstanden, aber nicht von dieser Hand, sondern vielleicht vom Vater beziehungsweise dessen Bruder, Davids Onkel, bemalt worden sind.11 › Standort: Appenzeller Volkskunde-Museum Stein AR.

Ausschnitte von zwei der zwanzig Medaillons auf diesem Schrank.

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Halszither Museum Ackerhus, Ebnat-Kappel

Die sogenannte Toggenburger Halszither war damals auch in Appenzell Ausserrhoden im Gebrauch. Es gibt Darstellungen auf diversen Appenzeller Möbeln.

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Motive, die auch auf anderen Werken des Meisters vorkommen 1. Das Hochzeitspaar: ausnahmslos auf jedem Möbelstück. 2. Das Bauernpaar, er steht, sie sitzt (oder umgekehrt), auch auf: – Nr. 9: Ana Elisabetha Metler, 1829 – Nr. 13: Susanna Giger, 1831 – Nr. 27: Anna Maria Näf, 1839 – Nr. 28a: Jungfer Hartmann, 1839 3. Das kleine Kind, auch auf: – Johann Tribelhorn, 1828 (Zünd, Inv. 251, hier nicht verzeichnet) – Nr. 7: unbeschriftet, zirka 1829 – Nr. 9: Ana Elisabetha Metler, 1829 – Nr. 20: Anna Elisabeth Frey, 1834 4. Die Mühle, mit Mühlstein, auch auf: – Nr. 7: unbeschriftet, Mühle (mit Wasserrad?) – Nr.13: Susanna Giger, 1831 (ohne Mühlstein, aber identisch mit Nr. 26) – Kasten für Johann Ulrich Näf (mit Mühlstein), 1832 (Bischofberger Seite 30), hier nicht verzeichnet. – Nr. 20: Anna Elisabeth Frey, 1834 (Wasserrad) – Nr. 26: Lisbeth Wenk (mit Mühlstein) – Nr. 30: Johann Jakob Lieberherr, 1840 5. Der junge Mann mit der Querflöte, auch auf: – Nr. 23: Johann Melchior Breitenmoser / Frau Anna Barbara Aerne, 1838 – Nr. 24: Nikolaus Abderhalden, 1838 – Nr. 34: Anna Loser, 1843 6. Hoffnung und Wiedersehen, auch auf: – Nr. 15: unbeschriftet (Dreien) – Nr. 30: Johann Jakob Lieberherr, 1840 7. Der Tempietto, auch auf Nrn. 25, 30, 31, 32, 33, 34 8. Der seitliche Rosenbusch, auch auf Nrn. 18, 19, 22, 25, 29, 30, 31, 32, 33, 34

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2. J ungfer Ana Barbara Abderhalden 1828 (Steintal) Anna Barbara Abderhalden, geboren 22.3.1809, Steintal, Ebnat. Eltern: Nikolaus Abderhalden und Anna Roth. Konfirmiert 1826 in Ebnat. Anna Barbara heiratete in Wattwil am 24.10.1836 Jakob Abderhalden, Schmidberg, Sohn von Jakob Abderhalden, war Blattmacher (Hersteller von Blättern für den Webstuhl). Sie wohnten anschliessend in der Stegrüti, Wattwil, später dann im Howart, Ebnat. Ihr Sohn Jakob wurde am 9.6.1839 geboren (Wohnort der Eltern, Howart) und 1857 in Ebnat konfirmiert. Dieser war der Urgrossvater von Frau Rosa Hug-Abderhalden. Ihr Vater wurde 1907 geboren. Und seit sie von ihrem Vater weiss, stand der Kasten immer im Howart. Die Familie dieses Zweigs der Abderhalden waren Bauern. Anna Barbara Abderhalden erhielt den Kasten 1828 im Alter von 19 Jahren. Vergleiche Nr. 23: Dessen erster Besitzer war der jüngere Bruder von Anna Barbara Abderhalden. › Standort: bis August 2019 Howart Ebnat, seither: Froideville VD.

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Auf den frühen Schränken von Meister Alder tragen die Herren Zylinder. Populär wurde er in den 1820er-Jahren, als er zum Hut des Bürgers avancierte, sogar zum Symbol des Bürgertums schlechthin.

Geflochtener Zylinder Museum Ackerhus, EbnatKappel, Inv. AES 1698.

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