Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee

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Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee

Kolonialgeschichte im 16. Jahrhundert

Herausgegeben von Rezia Krauer, Nicole Stadelmann, Kirsten Mahlke, Hannah A. Beck

Impressum

© 2024 by Verlag FormatOst, CH-9103 Schwellbrunn

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Radio und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Herausgeberinnen

Rezia Krauer, Nicole Stadelmann, Kirsten Mahlke, Hannah A. Beck

Umschlagbild

Grafik: Sarah Montani; Fotografie: Andreas Butz

Lektorat

Dorothee Guggenheimer

Schriften

Adobe Garamond Pro, Myriad Pro

Druckvorstufe

Verlagshaus Schwellbrunn

Druck

Appenzeller Druckerei, Herisau

ISBN 978-3-03895-061-5 formatost.ch

7 Vorwort

KATRIN MEIER

9 Einleitung

REZIA KRAUER

12 Sklavenhändler aus St. Gallen: Der «Asiento de Negros»

KIRSTEN MAHLKE

18 Hieronymus Sailer und die Welser

KIRSTEN MAHLKE

24 Hieronymus Sailer: Ein umtriebiger und risikofreudiger St. Galler verliert sein Bürgerrecht

NICOLE STADELMANN

30 Eine Schwarze Figur im Wappen? Hieronymus Sailer und seine Verwandtschaft in St. Gallen

NICOLE STADELMANN

40 Melchior Grübel, ein St. Galler Konquistador in Venezuela

NICOLE STADELMANN

46 «In witte Land»: Scheidung von Melchior Grübel wegen Abwesenheit

NICOLE STADELMANN

54 St. Galler Goldjäger in Amerika und ihre Kommunikationskanäle in die alte Heimat

NICOLE STADELMANN

58 Die Amerikakenntnisse der St. Gallerinnen und St. Galler

REZIA KRAUER

62 Karibische Importe: Wie Syphilis und Guayakholz auch nach St. Gallen kamen

KIRSTEN MAHLKE

68 Die internationale Ausbildung frühneuzeitlicher Kaufleute am Beispiel Lucas Rems

HANNAH A. BECK

72 Das Erbe Ulrich Ehingers aus Konstanz

HANNAH A. BECK

80 Das Sailer-Schulhaus in St. Gallen – mit Gewinn aus dem Sklavenhandel finanziert?

REZIA KRAUER

86 Die Welser-Faktoren: Im Ausland lebende reiche St. Galler Kaufleute

REZIA KRAUER

90 Essay: Verknüpfung von Epochen: Moderne Sklaverei im Spiegel der «Marie-Séraphique»

SARAH MONTANI

95 Die Autorinnen

Inhalt
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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser

Dieses Buch ist ein Meilenstein in der kritischen Auseinandersetzung mit der frühen Kolonialgeschichte in unserer Region.

Zur Kolonialgeschichte findet – mit einem Fokus auf das 18. und 19. Jahrhundert – seit einiger Zeit vielfältige Forschung statt. Die Grundlagen für die späteren Menschenhändler der europäischen Kolonialmächte wurden allerdings bereits im 16. Jahrhundert geschaffen – durch die koloniale Eroberungspolitik der portugiesischen und spanischen Krone. Daran hatten Kaufleute vom Bodensee und aus St. Gallen grossen Anteil. Diesen bislang fast unbekannten Spuren zur frühen Kolonialgeschichte gehen Nicole Stadelmann und Rezia Krauer von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung sowie Kirsten Mahlke und Hannah A. Beck von der Universität Konstanz in dieser Publikation nach. Basis dazu bilden Dokumente aus Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen.

Die Autorinnen erarbeiteten nicht nur einen neuen Blick auf die St. Galler Stadtgeschichte, sondern greifen damit ein Thema auf, das derzeit in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Das Erscheinen dieser Publikation bildet den Auftakt zu einem Themenmonat mit einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm in

St. Gallen und der Bodenseeregion, bei dem zahlreiche Kooperationspartnerinnen und -partner die Kolonialgeschichte und unseren heutigen Umgang mit diesem kolonialen Erbe beleuchten.

Die Ortsbürgergemeinde als Trägerin von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung hat mit der Erarbeitung dieser Publikation und der Organisation des Rahmenprogramms viel Zeit, Ressourcen und Know-How eingebracht. Damit leisten wir einen Beitrag nicht nur im Bereich einer unserer Kernaufgaben – der Bewahrung, Erschliessung und Erforschung des historischen Nachlasses der Stadt St. Gallen –, sondern sind mit der historischen Aufarbeitung eines aktuell in der Gesellschaft kontrovers diskutierten Themas am Puls der Zeit. Allen Autorinnen, und insbesondere denjenigen von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung, Dr. Nicole Stadelmann und Dr. Rezia Krauer, danke ich von Herzen für ihre ebenso fundierte wie versierte und wichtige Arbeit. Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, wünsche ich eine anregende Lektüre mit hoffentlich vielen neuen Entdeckungen.

Katrin Meier, Präsidentin der Ortsbürgergemeinde St. Gallen

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Einleitung

Ein Sklavenschiff auf dem Bodensee? Das Titelbild dieser Publikation zeigt eine künstlerische Annäherung an das berühmte französische Schiff «Marie-Séraphique». Dieses Schiff war Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Atlantik unterwegs und transportierte pro Fahrt über 300 versklavte Männer, Frauen und Kinder von Westafrika in die Karibik, bevor es wieder zurück nach Europa fuhr. Wie historische Zeichnungen zeigen, wurden die verschleppten Menschen im Zwischendeck untergebracht, platzsparend und kostengünstig – und menschenunwürdig.1 Der transatlantische Sklavenhandel hatte damals seinen Höhepunkt erreicht.2

Schon seit Menschengedenken wurden Menschen geraubt und verschleppt. Ab dem 16. Jahrhundert wurde der transatlantische Sklavenhandel zum Monopol der spanischen und portugiesischen Krone. Die Könige gaben Anrechtsscheine auf den Handel mit einer bestimmten Anzahl Sklaven aus.3 Eine solche Lizenz verkaufte 1528 der spanische König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Karl V., den Unterhändlern des Augsburger Handelshauses der Welser. Der Vertrag garantierte ihnen das Recht, 4000 Menschen aus Westafrika, davon ein Drittel Frauen, in die Karibik zu verschleppen. Unterhändler der Welser und damit Unterzeichner dieses zweitältesten «Asiento de Negros» in der Geschichte des transatlantischen Sklavenhandels überhaupt waren der St. Galler Hieronymus Sailer und der Konstanzer Ulrich Ehinger. Das ist der Grund, warum ein Modell der «Marie-Séraphique» über den Bodensee fährt.

Kaufleute aus der Bodenseeregion waren entscheidend am transatlantischen Sklavenhandel im 16.  Jahrhundert beteiligt. In das Kolonialunternehmen der Welser, das den Aufbau einer Kolonie im heutigen Venezuela sowie deren wirtschaftliche Ausbeutung verfolgte, waren nebst Hieronymus Sailer noch weitere St. Galler involviert, etwa Melchior Grübel, der als Konquistador auf dem lateinamerikanischen Festland die Unterwerfung der Einheimischen unter die Welserherrschaft vorantrieb, aber auch Michael Sailer, der in die Fussstapfen seines Onkels Hieronymus

«Augmented Reality» macht’s möglich: Die «Marie-Séraphique», eingesetzt im transatlantischen Sklavenhandel im 18. Jahrhundert, fährt im Herbst 2023 über den Bodensee. 4

trat und über Jahrzehnte auf dem europäischen Kontinent das Finanzgeschäft der Welser organisierte. Die Verflechtungen zwischen der Bodenseeregion und der Ausbeutung der Neuen Welt im 16. Jahrhundert sind noch wenig bekannt. Obwohl wir –Rezia Krauer und Nicole Stadelmann von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen – uns schon länger mit der St. Galler Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Vormoderne auseinandergesetzt hatten, waren diese Verflechtungen auch für uns neu. Menschen wie Hieronymus und Michael Sailer und Melchior Grübel waren in unseren bisherigen Recherchen und Publikationen kein Thema gewesen. 2017 erfuhren wir durch Prof. Dr. Kirsten Mahlke, Professorin für Kulturtheorie und kulturwissenschaftliche Methoden an der Universität Konstanz, und ihrer Doktorandin M.A. Hannah A. Beck, von diesen Verflechtungen. Kirsten Mahlke und Hannah Beck bereiteten damals eine Publikation und eine Ausstellung zu den kolonialen Verflechtungen von Kaufleuten aus dem Bodenseeraum im 16. Jahrhundert vor, die 2021 in Konstanz gezeigt wurde.5 Damals stand sowohl in der Publikation als auch in der Ausstellung die Konstanzer Fernhandelsfamilie Ehinger im Vordergrund.

Ziel der vorliegenden Publikation ist es, der Konstanzer Kolonialgeschichte des 16. Jahrhunderts ein St. Galler Kapitel hinzuzufügen. Die Autorinnen wollen aufzeigen, in welchem Ausmass Handelsleute vom Bodensee an den kolonialen Unternehmungen und Verbrechen beteiligt waren, welche Spuren diese frühen kolonialen Beziehungen in der Bodenseeregion hinterlassen haben und welche neuen Fragen diese Funde aufwerfen. Konstanz und St. Gallen haben eine lange und gemeinsame Tradition in der Textilproduktion und dem Textilhandel von Leinwand aus der Bodenseeregion. Zusammen mit anderen oberschwäbischen Städten wie Augsburg, Nürnberg und Memmingen haben sie sich schon im Spätmittelalter zu prosperierenden Handelsstädten entwickelt. Ohne diesen ökonomischen Hintergrund hätten die Familien Ehinger und Sailer keine Bedeutung im internationalen Fernhandel erlangt. Ihre engen politischen Beziehungen zu den späteren Kolonialmächten, den Höfen Portugals und Spaniens, sind bereits seit Ende des 15. Jahrhunderts nachweisbar. Es ist daher kein Zufall, dass Angehörige dieser Familien zu Faktoren –hohe Angestellte, die eine Niederlassung leiteten – der weltweit tätigen Welserschen Handelsgesellschaft wurden.

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Es ist uns ein grosses Anliegen, auf das Forschungspotential der frühen Kolonialgeschichte hinzuweisen. Um die in dieser Publikation präsentierten historischen Dokumente zu diskutieren, sind zwingend weitere Recherchen in anderen Archiven und Bibliotheken notwendig. Die Spuren der Konquistadoren und Sklavenhändler aus der Bodenseeregion finden sich in Europa, Afrika und Amerika. Aber sie sind asymmetrisch wie die Bedingungen des Kolonialismus. Das Handeln der Indigenen in Westafrika, in der Karibik und in Amerika – ihre Arbeit auf den Landgütern, auf den Feldern und in den Minen, als Träger und Soldaten, aber auch ihr Widerstand gegenüber den Europäern – ist Teil der Kolonialgeschichte. Die Macht lag bei den Europäern, bei den Welsern, Sailern und Ehingern. Durch die Sprache versuchen wir in der Publikation, der eurozentrischen Sichtweise etwas entgegenzusetzen. Wir verzichten auf die Umschreibung von Menschen als «Sklaven» und schreiben stattdessen von «versklavten Menschen». Wir bevorzugen die Schreibweise «Schwarze Menschen» mit Grossschreibung des Attributes, um deutlich zu machen, dass nicht die Hautfarbe gemeint ist, sondern dass es sich um eine soziale Zuschreibung handelt. Mit Bezug auf bildliche Darstellungen vermeiden wir den Begriff «M***» und nutzen stattdessen den Begriff «Schwarze Figur».6 Wenn möglich bauen wir Quellenzitate in die Texte ein, um einen Eindruck von der Sprache des 16. Jahrhunderts wiederzugeben. Um diese für Ungeübte verständlicher zu machen und den Lesefluss weniger zu stören, passen wir Quellenzitate mit Gross- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung und der Setzung von Satzzeichen an die moderne Rechtschreibung an. Damit die Beiträge auch einzeln und unabhängig von der Publikation verwendbar sind, ergänzen wir jeden Text mit umfassenden Verweisen auf Fachliteratur und historische Dokumente und nehmen damit thematische Wiederholungen zwischen den Beiträgen in Kauf. Für die Erarbeitung der von uns ausgewählten Aspekte zentral waren die Forschungen zu den Akteuren im WelserKolonialunternehmen von Enrique Otte (1964)7, Hermann Kellenbenz (1989)8, Nieves Avellan De Tamayo (1994, 1997)9, Götz Simmer (2000)10, Mark Häberlein und Johannes Burkhardt (2002)11, Jörg Denzer (2005)12 und die Forschungen zu den Kaufleuten in der St. Galler Stadtgesellschaft von HansConrad Peyer (1960)13, Hans-Peter Höhener (1974)14 und Conradin Bonorand (1983)15.

Im ersten Beitrag kontextualisiert Kirsten Mahlke den «Asiento de Negros» von 1528 und führt in das Thema des transatlantischen Sklavenhandels ein. Mit Lizenzen wie dieser über Kauf und Verschleppung von 4000 Menschen aus Westafrika begann eine Entwicklung, die bis ins 19. Jahrhundert schätzungsweise zu über 12 Millionen versklavter, deportierter und zu Zwangsarbeit verpflichteter Menschen nach Amerika führte. Dann folgen Texte, die den Kaufmann Hieronymus Sailer vorstellen: Kirsten Mahlke nimmt die Porträts von Sailer und seiner

Ehefrau aus der Familie der Welser zum Ausgangspunkt, um seine steile Karriere im Dienst der Augsburger Welser-Gesellschaft zu skizzieren. Nicole Stadelmann legt dar, warum es für einen international tätigen Kaufmann entscheidend war, ein St. Galler und damit ein eidgenössisches Bürgerrecht zu besitzen, bevor sie anschliessend Sailers Kontaktnetz in St. Gallen aufzeigt und diskutiert, warum ausgerechnet der Sklavenhändler Sailer – im Unterschied zu gewissen Verwandten – keine Schwarze Figur im Wappen führte. Im Folgenden rückt der St. Galler Melchior Grübel in den Fokus: Nicole Stadelmann porträtiert denjenigen St. Galler, der zur Welser-Kolonie in Mittelamerika gefahren war, dort an kriegerischen Feldzügen ins Landesinnere teilgenommen hatte und mit seinem Sohn in El Tocuyo sechs «Encomiendas» führte. Im darauffolgenden Beitrag geht sie dem Schicksal von Katharina von Vonbühl nach, der Ehefrau von Melchior Grübel, die als Mutter von vier gemeinsamen Kindern in St. Gallen geblieben war. Dann widmen wir uns den Verbindungen zwischen Amerika und St. Gallen. Nicole Stadelmann geht den Briefen nach, mit denen die St. Galler Goldjäger den Kontakt zur Heimat aufrechterhielten; Rezia Krauer diskutiert anhand einer Karte, zweier Briefauszüge und einer Notiz in einem Brief die Frage, was St. Gallerinnen und St. Galler im 16. Jahrhundert über Amerika wussten, und Kirsten Mahlke folgt den Spuren von Syphilis und einem damals gegen die Krankheit verbreiteten Heilmittel, dem aus der Karibik importierten Guayakholz. Die folgenden Texte handeln von den Geldgeschäften der Kaufleute, von deren Ausbildung und deren Erbe. Hannah A. Beck thematisiert die Ausbildung von international tätigen Kaufleuten am Beispiel des Welser-Faktors Lucas Rem und nutzt anschliessend das Testament Ulrich Ehingers, dem Geschäftspartner von Hieronymus Sailer, um mehr über den Konstanzer Kaufmann herauszufinden. Das Testament von Michael Sailer, dem Neffen von Hieronymus Sailer, nimmt Rezia Krauer zum Anlass, um zu fragen, ob der Bau des noch heute in St. Gallen stehenden Sailer-Schulhauses mit Gewinnen aus dem Sklavenhandel finanziert wurde, bevor sie im letzten historischen Text die Frage stellt, ob im Ausland lebende St. Galler Kaufleute wie die Welser-Faktoren nicht die eigentlich reichsten St. Galler des 16. Jahrhunderts waren. Den Abschluss bildet ein Essay der Digitalpionierin und Künstlerin Sarah Montani, die das Sklavenschiff «Marie-Séraphique» in erweiterter Realität zum Leben erweckt hat, damit es als virtuelles Denkmal an das Schicksal von Millionen versklavter Menschen erinnert.

Diese Publikation wäre nicht möglich gewesen ohne die grosse Unterstützung, die wir von vielen Seiten erhalten haben. Wir bedanken uns bei Kirsten Mahlke und Hannah Beck für die engagierte Zusammenarbeit. Sarah Montani möchten wir danken, dass sie das Thema in ihre künstlerische Arbeit aufgenommen und erweitert hat. Wir bedanken uns bei Dorothee Guggenheimer und dem Team von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen für die intensive

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Mitarbeit an Konzeption, Text- und Bildrecherche. Wir bedanken uns bei der Ortsbürgergemeinde St. Gallen für die grosszügige finanzielle Unterstützung durch den Kulturfonds der Ortsbürgergemeinde. Für finanzielle Beiträge bedanken wir uns bei der Steinegg Stiftung und der Gesellschaft Pro Vadiana. Für thematischen Austausch und inhaltliche Hinweise bedanken wir uns bei Mark Häberlein von der Universität Bamberg, Mechthild Isenmann von der Universität Leipzig, Barbara Rajkay vom Stadtarchiv Augsburg, Werner Warth vom Stadtarchiv Wil und Anina Steinmann vom Stiftsarchiv St. Gallen. Wir bedanken uns bei Ian Burr vom Emory Center for Digital Scholarship (ECDS), der uns das 3D-Modell der «Marie-Séraphique» kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

1 Das Musée d’Histoire de Nantes, Château des Ducs de Bretagne, ist mit der detaillierten Zeichnung zur Unterbringung der versklavten Menschen auf der «MarieSéraphique» am internationalen Projekt «Slavery and Remembrance» beteiligt, URL: https://www.slaveryandremembrance.org/collections/object/index. cfm?id=OB0026 (zuletzt aufgerufen am 5.10.2023). Für weitere Informationen siehe URL: https://www.chateaunantes.fr/wp-content/uploads/2023/02/Dossier-depresse-Labi%CC%82me-Cha%CC%82teau-des-ducs-de-Bretagne.pdf (zuletzt aufgerufen am 5.10.2023).

2 Das internationale Forschungsprojekt «Slavevoyages» listet Informationen wie Schiffsnamen, Namen der Crewmitglieder sowie Zahlen zu den verschleppten Menschen der einzelnen Atlantikfahrten auf, URL: https://www.slavevoyages.org (zuletzt aufgerufen am 31.10.2023). Die über 36 000 akribisch verzeichneten und lokalisierten Fahrten des transatlantischen Sklavenhandels zwischen 1514 und 1866 machen deutlich, dass der Höhepunkt des transatlantischen Sklavenhandels in der Zeit lag, als die «Marie-Séraphique» nachweislich vier Mal verschleppte Menschen aus Westafrika in die Karibik transportierte.

3 Zeuske, Michael: Handbuch der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2. überarbeitete Auflage, Berlin/Boston 2019, p. 841–844.

4 AR-Installation von Sarah Montani, basierend auf dem 3D-Modell des Visual Design Specialist Ian Burr vom Emory Center for Digital Scholarship (ECDS); Fotografie und Bildmontage von Andreas Butz und Daniela Saravo.

5 Beck, Hannah A./Mahlke, Kirsten: Stoff. Blut. Gold. Auf den Spuren der Konstanzer Kolonialzeit, Konstanz 2021. Für Ausstellung und Begleitprogramm siehe URL: https://www.konstanzer-kolonialzeit.de/index.html (zuletzt aufgerufen am 23.9.2023).

6 In der Sprachverwendung folgen wir Darman, Ashkira/Schär, Bernhard C.: Zürcher «Mohren»-Fantasien. Eine bau- und begriffsgeschichtliche Auslegeordnung, ca. 1400–2022, Studie im Auftrag des Präsidialdepartements der Stadt Zürich zu den «Häuserinschriften mit rassistischer Wirkung» an den Liegenschaften am Neumarkt

13 und an der Niederdorfstrasse 29, ETH Zürich 2023, URL: https://www.stadtzuerich.ch/portal/de/index/politik_u_recht/stadtrat/weitere-politikfelder/ koloniales-erbe/rassismus-im-stadtbild.html) (zuletzt aufgerufen am 23.9.2023).

7 Cédulas reales relativas a Venezuela (1500–1550), hg. von Enrique Otte, Caracas 1963.

8 Kellenbenz, Hermann: Ein spanisches Jurogeschäft von Heinrich Ehinger und Hieronymus Sailer, in: Festschrift für Louis Carlen zum 60. Geburtstag, hg. von Louis C. Morsak und Markus Escher, Zürich 1989, p. 101–118.

9 Avellan De Tamayo, Nieves: La Nueva Segovia de Barquisimeto, Tomo I y Tomo II (Fuentes para la Historia colonial de Venezuela/Biblioteca de la Academia Nacional de la Historia 213), Caracas 1994; Avellan De Tamayo, Nieves: En la ciudad de El Tocuyo. 1545–1600, Tomo I y Tomo II (Fuentes para la Historia colonial de Venezuela/Biblioteca de la Academia Nacional de la Historia 232), Caracas 1997.

10 Simmer, Götz: Gold und Sklaven. Die Provinz Venezuela während der WelserVerwaltung (1528–1556), Berlin 2000.

11 Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses, hg. von Mark Häberlein und Johannes Burkhardt, Berlin/Boston 2002.

12 Denzer, Jörg: Die Konquista der Augsburger Welser-Gesellschaft in Südamerika 1528–1556. Historische Rekonstruktion, Historiografie und lokale Erinnerungskultur in Kolumbien und Venezuela (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 15), München 2005.

13 Peyer, Hans-Conrad: Leinwandgewerbe und Fernhandel der Stadt St. Gallen von den Anfängen bis 1520. Band I: Quellen, Band II: Übersicht, Anhang, Register (St. Galler Wirtschaftswissenschaftliche Forschungen 16, 1 und 2), St. Gallen 1960.

14 Höhener, Hans-Peter: Bevölkerung und Vermögensstruktur der Stadt Sankt Gallen im 16. und 17. Jahrhundert (Auswertung der Steuerbücher), Zürich 1974.

15 Bonorand, Conradin: Hieronymus Sailer aus St. Gallen, Schwiegersohn des Augsburger Großkaufherrn Bartholomäus Welser, und seine Tätigkeit im Lichte seines Briefwechsels mit Vadian, in: Zwingliana 20, 1983, p. 103–125.

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Sklavenhändler aus St. Gallen: Der «Asiento de Negros»

Dieser Sklaven-Vertrag zwischen Krone und Privatleuten, der «Asiento de Negros», war die zweite je verkaufte Massenlizenz der transatlantischen Sklavereigeschichte. Er wurde am 12. Februar 1528 vom St. Galler Hieronymus Sailer und dem Konstanzer Ulrich (alias «Enrique») Ehinger in Burgos unterzeichnet. Auf drei Seiten werden die Bedingungen des Menschenhandels geklärt: Kaufpreis, Geschlecht, Anzahl, Verkaufsgebiete, Lizenzgebühren sowie Transport- und Zahlungsmodalitäten. Lizenzgebühren waren in Höhe von insgesamt 20 000 Golddukaten zu entrichten. Von weiteren Steuern befreite der König die beiden «Alemanes»1 für die gesamte Vertragslaufzeit. Der König legte vier Ratenzahlungen zu 5000 Dukaten fest und erlaubte Sailer und Ehinger, die versklavten Menschen über Portugal auf portugiesischen Schiffen zu deportieren.2

Der «Asiento de Negros» ist ein juristisch-ökonomisches Instrument, das den Menschenhandel legalisiert und ihm höchste politische Autorität verleiht: Der Habsburger Kaiser, seit der Entdeckung Amerikas auch Herrscher über karibische Inseln und südamerikanisches Festland bis Mexiko, war Vertragspartner im Geschäft mit Menschen aus Afrika. Nur knapp ein Jahrzehnt vor dem Vertragsabschluss zwischen Sailer, Ehinger und dem spanischen König war das Format des «Asiento de Negros» erstmals eingeführt worden, als Karl V. seinem Günstling Laurent de Gourrevod 4000 Lizenzen zum Verkauf versklavter Menschen in einem solchen Vertragspapier übertrug.3 De Gourrevod verkaufte die Lizenzen weiter. Auch Hieronymus Sailer und Ulrich Ehinger

fanden sich als Käufer von 400 Lizenzen.4 Dass ein St. Galler und ein Konstanzer sich am Menschenhandel mit versklavten Menschen aus Afrika beteiligen konnten, ist zum einen ihrer Beziehung zum Bankhaus der Welser zu verdanken, das dem Kaiser hohe Kredite gewährte. Sie und ihre Familien waren zum anderen schon lange in Kontakt mit der portugiesischen Krone und mit in Lissabon ansässigen Sklavenhändlern. Die beiden Welserfaktoren hegten Hoffnungen auf eine bedeutsame Beteiligung an den neuen Märkten in Südamerika. Als Gegenleistung für das Recht, Menschen zu verschleppen und zu verkaufen, verpflichteten sich die Vertragsnehmer, 50 sächsische Bergleute in die Karibik zu entsenden, um dort auf technisch höchstem Niveau deutscher Berg-

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werkskunst neue Gold-, Silber- und andere Edelmetallminen zu erschliessen und auszubeuten. Irgendwann würde der Kaiser seinen Fünften, also den fünften Teil des Gewinns, davon einstreichen. Die versklavten Menschen sollten zum Zwecke der Minenund Plantagenarbeit auf den karibischen Inseln und dem südamerikanischen Festland (Gebiete des heutigen Venezuela bis an die Grenzen Kolumbiens und Panamas) an die Siedler zu einem Preis von 55 Golddukaten pro Kopf verkauft werden.

Der «Asiento de Negros» ist einer von mehr als 30 Verträgen5, die im Rahmen der Venezuelaverträge zwischen dem Handelshaus der Welser und der spanischen Krone zwischen 1528 und 1535 abgeschlossen wurden. Die Vertragsunterzeichner konnten 220 000 Dukaten aus dem Verkauf der Menschen erwarten, eine finanzielle Garantie, die auf einem sehr jungen, extrem menschenverachtenden und kontrovers diskutierten Geschäftsmodell beruhte. Es handelt sich um den ersten Vertrag über transatlantische Sklaverei dieser Grössenordnung überhaupt, der umgesetzt wurde. Mit diesem Vertrag begann die sogenannte Lizenzperiode im Sklavenhandel, nachdem der Handel in den ersten beiden Jahrzehnten nach der Ankunft des Kolumbus in der Karibik relativ unkontrolliert abgelaufen war. Die spanische Krone war daran interessiert, das Geschäft zu kontrollieren und durch Gebühren, Zölle und Steuern davon zu profitieren. Die zentrale Administration aller Amerikageschäfte, die Registrierung sämtlicher Waren und Menschen, die nach Amerika und von dort nach Spanien gelangten, oblag der Casa de Contratación in Sevilla. Das Archiv ihrer dreihundertjährigen Geschichte befindet sich noch heute dort: im Archivo General de Indias. Dort liegt auch der «Asiento de Negros», den Ehinger und Sailer abgeschlossen hatten.

«Asiento de Negros» heisst frei übersetzt «Vertrag über Schwarze». Der «Asiento» ist im Handelsrecht des 16. Jahrhunderts ein vom König für Privatpersonen oder Handelsgesellschaften autorisiertes Vertragsdokument, in diesem Fall zwischen der spanischen Krone und den «Alemanes», das in der Praxis die Funktion eines kurzfristigen Schuldscheins übernahm: Die spanische Krone benötigte in jener Zeit dringend Geld, um Kriege in Europa und die Eroberungskriege in Amerika zu finanzieren. Zu diesem Zweck hatte Karl V., spanischer König und Habsburger Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, bereits hohe Kredite (852 000 Florentiner Gulden) unter anderem bei den grossen Augsburger Handelsgesellschaften aufgenommen: den Welsern (308 000 Florentiner Gulden) und den Fuggern (143 000 Florentiner Gulden).6 Um die Zinsen (14 Prozent) zurückzahlen zu können und um den Forderungen der Siedler aus den Kolonien nachzukommen, schloss er auch unehrenhafte Geschäfte ab: Die Versklavung von Menschen war nämlich von den katholischen Königen zum Schutz der indigenen Bevölkerung nach der Entdeckung der Neuen Welt rasch verboten worden. Im Jahr 1500 schob ein Dekret7 Isabellas von Kastilien und Ferdinands von Aragón dem Wunsch des Kolumbus, die Indigenen der Karibik zu versklaven,

Der Kupferstecher Theodor de Bry hat auf diesem Bild die Zwangsarbeit von Versklavten aus Guinea in Goldminen der Karibik festgehalten und wie folgt kommentiert: «Nachdem die Einwohner der Insel Hispaniolae wegen großer und schwerer Arbeit dermaßen jämmerlich waren umkommen, also dass auch sehr wenig aus ihnen überblieben, haben sich die Spanier nothalben mit anderen leibeigenen Knechten müssen versehen, das Bergwerk fürbass mit ihnen zu bestellen. Derhalben haben sie um ihr eigen Geld deren ein ziemlich Anzahl erkauft und sich ihnen bringen lassen aus der Nigritten Landschaft Guinea (…) die haben sie zum Bergwerk gebraucht bis dass die Fundgruben mit der Zeit keine Ausbeut mehr geben wollten.»8

einen Riegel vor. Der Schuldendruck der Krone sowie die wachsende Macht der Siedler in Amerika trugen allerdings dazu bei, dass die kolonialen Anti-Sklaverei-Gesetze stetig aufgeweicht wurden.

Hieronymus Sailer und Ulrich Ehinger unterschrieben den «Asiento de Negros» im Februar 1528 als Faktoren der Firma Welser. In dieser Rolle traten sie auch nach Abschluss des SklavereiVertrages auf: Sie verhandelten mit der Krone, führten die Welserschen Geschäfte, schlossen Verträge ab und übten repräsentative Funktionen für die Augsburger Fernhandelsgesellschaft aus. Sie handelten jedoch auch als eigenständige Unternehmer. Ehinger agierte als Sklavenhändler und Plantagenbesitzer auch nach seinem Ausstieg aus den Venezuelaverträgen im Jahr 1530, während Sailer sich durch seine Heirat mit Felicitas Welser 1533 familiär mit einem der grössten Bankunternehmen Europas verband. Die Unterschrift der beiden Geschäftsleute erfolgte nach einer langen Phase der Erkundigungen über die Verhältnisse in den «westindischen» Kolonien in der Karibik, Verhandlungen mit dem Kaiser und der anschliessenden Übertragung von Äm-

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tern, Rechten und Besitztümern in der Provinz Venezuela an die beiden Männer persönlich. Sie wussten – so steht es auch im Vertrag9 –, dass sie es in der Provinz mit aufständischen Indigenen zu tun haben würden, was bedeutete, dass diese als Rebellen gefangen und versklavt werden durften. Man wusste ausserdem von «Menschenfressern», «Kannibalen», die in einer Ausnahmeklausel seit 1503 nicht dem Versklavungsverbot unterstanden. Dass damit für Sklavenhändler im Umkehrschluss die (von Spanien her schwer zu überprüfende) Bezeichnung «Kannibalen» die Lizenz zur Versklavung aller Kariben10 bedeutete, besiegelte die kulturelle Zerstörung und weitgehende Vernichtung der im Nordosten Südamerikas lebenden Bevölkerungsgruppen. Der «Asiento de Negros» enthält damit auch, ohne explizite Regelungen darüber zu formulieren, die Lizenz zur Versklavung der Indigenen Venezuelas, denn Ehingers und Sailers Aufgabe, die Provinz Santa Marta zu befrieden,11 bedeutete auch, dort Gemetzel gegen die «Rebellen» anzurichten und diese als Kriegsgefangene zu versklaven. Der «Asiento de Negros» war nur eines von vielen Mitteln, wie Sailer und Ehinger sich durch Menschenhandel bereicherten. Die Gesamtzahl der im Auftrag Ehingers und Sailers gefangenen und verkauften Indigenen ist im Unterschied zu den 4400 versklavten Menschen aus Afrika nicht festgehalten.

Sailer und Ehinger wussten aus ihren familiären und geschäftlichen Kontakten in die Karibik – Ulrichs Bruder Georg befand sich vor Ort, der Gouverneur von Santa Marta, García de Lerma, hatte von Perlenbänken berichtet –, dass mit versklavten Schwarzen Menschen hohe Gewinne zu erzielen waren, da die Bevölkerung Amerikas durch die Kriege, Vertreibungen und Krankheiten der Spanier extrem dezimiert war und die Siedler nicht selbst arbeiten wollten. Sailer und Ehinger hatten bereits vor der Gründung der Welserkolonie mindestens ein Handelsschiff in die Karibik geschickt, um die kommerziellen Möglichkeiten an der südamerikanischen Küste ausloten zu lassen.12 So waren sie mit hoher Wahrscheinlichkeit darüber informiert, dass seit 1531 neue Gold-, Silber- und Kupferminen auf Kuba und La Hispaniola entdeckt worden waren, sodass der Preis für versklavte Menschen weiter anstieg.13 Die Eroberung und Investition sollte sich lohnen. Für die Krone würden sie Edelmetalle in Form von Silber und Gold liefern, die permanent für den Sold der Soldaten an allen Fronten Europas und die teuren Luxuswaren (Gewürze, Seide, Färbemittel) aus Asien gezahlt werden mussten.

Menschen und Rohstoffe waren die Handelsware der Wahl für die Spekulanten auf die Profite der Neuen Welt, die sich in grösseren Handelsgesellschaften zusammenschlossen, um genügend Kapital für die teuren Investitionen aufbringen zu können: Schiffe, Besatzung, Ausrüstung und Verpflegung waren sehr teuer. Der «Asiento de Negros» war nicht der einzige Garantie- und Versicherungsvertrag für die Rendite der Investoren. Im Hauptvertrag «Asiento de Negros» liessen sich Sailer und Ehinger die wichtigsten politischen, militärischen und Verwaltungsämter auf

Lebenszeit übertragen: Sie wurden 1528 als Gouverneure («Gobernador y Capitán general»), als militärische Führer («Adelantado») und Polizei-Chefs («Alguacil mayor»)14 in Venezuela eingesetzt, in jener Kolonie, die laut demselben Hauptvertrag über die Kolonisierung Venezuelas vom 27. März 1528 zwischen dem Cabo de Vela und Maracapaná das gesamte noch zu erobernde Gebiet südlich einer Küstenlinie von 2000 Seemeilen einschliesslich der vorgelagerten karibischen Inseln umfassen sollte. Einkünfte aus diesen Ämtern waren insgesamt 525 000 Maravedís jährlich, die zu den 220 000 Dukaten als sichere Einkünfte hinzugerechnet werden konnten. Allein die Verleihung dieser hohen Ämter, aber auch der «Asiento de Negros», zeugt von der privilegierten Position, die die beiden Männer aus St. Gallen und Konstanz im kolonialen Spanien hatten: Nur vier Jahre früher, bis 1524, war es Ausländern verboten gewesen, überhaupt nach Amerika und in die Karibik einzureisen. Bereits 1526 hatte der Bruder Ulrich Ehingers, Georg, zusammen mit dem Ulmer Ambrosius Dalfinger, eine Faktorei für die Welser in Santo Domingo auf Hispaniola (heute Dominikanische Republik) eröffnet, über die in den darauffolgenden Jahren sämtliche Geschäfte und militärischen Unternehmungen der Welser abgewickelt wurden. Hieronymus Sailer und Ulrich Ehinger bekleideten auch am Hof des Kaisers spätestens seit 1525 wichtige Funktionen: Sie wurden in den königlichen Ritterorden Santiago aufgenommen und waren als Schatzmeister und finanzielle Unterhändler für den König tätig.15 Sie waren als reiche und gut vernetzte Fernhändler, die mit genuesischen und florentinischen Banken genauso verbunden waren wie mit der portugiesischen Krone, für den notorisch klammen spanischen König so unverzichtbar, dass sie offenbar Bedingungen und Garantien verhandeln konnten, die sonst kein Ausländer und zu jener Zeit auch kein Spanier erhielt: den Monopolhandel mit versklavten Menschen. Die Welsergesellschaft hatte die beiden Männer nicht umsonst an vorderster Front eingesetzt: Sie waren bestens informiert, sprachen perfekt spanisch und hatten das Vertrauen des Königs. Der «Asiento de Negros» ist auch als Ergebnis von Verhandlungen zu werten, die aufgrund der Kontakte zu portugiesischen Händlern in dieser Weise in Richtung Sklavenhandel gerichtet waren: Der euro-afrikanische Sklavenhandel lag zu jener Zeit vollständig in portugiesischer Hand. Wer – wie Ehinger und Sailer – portugiesische Geschäftspartner hatte, erhielt Zugang zu deren Offshore-Handelsstützpunkten an den Küsten und vorgelagerten Inseln Afrikas.

Die Einordnung des Vertragsgeschäftes über die Verschleppung von 4000 Menschen von Westafrika über den Atlantik muss zeitgenössische Moralvorstellungen und Gesetzgebung berücksichtigen. Auch aus damaliger Sicht war diese Art des Menschenhandels keineswegs ein breit akzeptiertes Geschäfts- und Arbeitsmodell. Die Versklavung und der Handel mit Bewohnern von Kolumbus «entdeckten» Inseln wurden schon 1493 von den katholischen Königen Ferdinand und Isabella verboten. Christen

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zu versklaven war ohnehin verboten – man versklavte im Mittelmeerraum zu jener Zeit Muslime oder andere «Ungläubige» wie etwa Slaven. Diese Moral, Sklaverei innerhalb der eigenen Gruppe zu verbieten, sie jedoch für Fremde zu erlauben, teilen Gesellschaften und Religionen seit der griechischen Antike. Die Versklavung von Kriegsgefangenen und zahlungsunfähigen Schuldnern hingegen war immer ein Schlupfloch der Anti-SklavereiMoral. Kriegsgefangene selbst zu machen oder machen zu lassen entwickelte sich auch in Südamerika und Afrika bis zur Jahrhundertwende des 15. Jahrhunderts zu einem für Waffen- und Menschenhändler äusserst lukrativen Geschäftszweig. Von Sailer und Ehinger wissen wir, dass sie sowohl mit Waffen als auch mit Menschen handelten. Missionare in der Karibik und Südamerika begannen schon früh, die Versklavung der Indigenen anzuprangern, darunter die Kleriker Antonio de Montesinos und Bartolomé de Las Casas, die dem spanischen König und der Öffentlichkeit von den Misshandlungen und Verbrechen der Siedler berichteten. Montesinos persönlich wurde der Welserflotte als Begleiter zum Schutz der Indigenen mitgeschickt,16 da sich einschlägige Motive und Interessen Sailers und Ehingers in Venezuela bereits herumgesprochen hatten.

Ob die Verbote und Massnahmen der spanischen Könige freilich allein moralisch begründet waren, darf bezweifelt werden. Im Falle der spanischen Kolonien wollte die Krone die Menschen als Neuchristen für die katholische Kirche sowie als Tributzahler gewinnen, statt sie zu versklaven. Die kolonialen Gesetze zum Schutz der Indigenen («Leyes de Burgos», 1512, «Leyes de Indias», 1542) in der Karibik und in Mittel- und Südamerika wurden im Laufe des 16. Jahrhunderts verschärft, da sich die Siedler immer wieder der Versklavung, Misshandlungen und Tötungen schuldig machten. Aufgrund der grossen Distanz zum Mutterland und der grossen finanziellen Abhängigkeit der Krone vom Wohlwollen der Siedler und von deren Steuerleistungen wurden die geltenden Gesetze jedoch selten durchgesetzt. Auf den Besitzungen der Siedler, den «Encomiendas», von denen der St. Galler Melchior Grübel und sein Sohn Leonardo ebenfalls einige besassen (vgl. den Text zum Konquistador Melchior Grübel), wurde de facto Sklavenarbeit von Indigenen geleistet, die zuvor enteignet und umgesiedelt worden waren. Die brutale Invasion, die Massaker und Misshandlungen trugen dazu bei, dass die Bevölkerung Amerikas bis zum Ende des 16. Jahrhunderts auf nur noch 10 Prozent ihrer ursprünglichen Zahl reduziert wurde.17 Der Genozid war in Venezuela noch verheerender: Die Bevölkerung in Südamerika war von Anfang an durch die aus Europa und Afrika eingeschleppten Viren von Masern, Pocken und Grippe massiv belastet: Der Erstkontakt mit diesen Mikroben forderte unzählige Todesopfer und schwächte die politische und militärische Verteidigungskraft gegenüber den Invasoren entscheidend. Eine Gruppe von Missionaren, der auch der Dominikaner Bartolomé de Las Casas angehörte, hatte schon 1518 vor-

Hieronymus Köhler der Ältere hat in seiner illustrierten Reisebeschreibung (Nürnberg, 1533/34) eine «Welsergaleone» gezeichnet. Auf derlei Schiffen wurden Versklavte transportiert, sei es von der Westküste Afrikas oder vom südamerikanischen Festland nach Santo Domingo. Die Deportationen der Menschen von Westafrika im Zusammenhang mit Hieronymus Sailer und Ulrich Ehinger wurden mit portugiesischen Schiffen unter portugiesischer Flagge unternommen.18

geschlagen, die profitträchtigen Geschäftszweige im Gold- und Silberbergbau von afrikanischen Versklavten erarbeiten zu lassen, um die Indigenen zu schützen. Diese wären robuster als die «Indios» und an heisses Klima und harte Arbeit gewöhnt. Die Arbeit eines Schwarzen sei viermal soviel wert wie die eines Indigenen.19 Man hatte auch schon erste Erfahrungen mit Experimenten in Zuckerplantagen auf der Insel Sao Tomé und den Antillen gesammelt: Auf vergleichbaren Plantagen, die bald überall in der tropischen und subtropischen Zone der Karibik errichtet wurden, erarbeiteten versklavte Schwarze Menschen hohe Gewinne für die spanische Krone. Die Minen und Plantagen wurden bald zu den karibisch-südamerikanischen Ausbeutungszonen der Kolonie. Da die Krone verschuldet war, übertrug sie die Kosten der Erschliessung und Verwaltung der so erhofften Ressourcen auf Geschäftsleute aus ganz Europa. Diese wurden mit «Asientos» für Ämter, Nutzungs- und Ertragnisrechte für die Ressourcen aus Zwangsarbeit reichlich ausgestattet.

In diesem Kontext ist der «Asiento de Negros» und die ihn umrahmenden Verträge zu Privilegien und Bedingungen zu betrachten. Es bestand offensichtlich ein Widerspruch zwischen

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den zeitgenössischen moralischen Überzeugungen und der Praxis, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert schliesslich zwischen Westafrika und den beiden Amerikas zu einer Gesamtzahl von über 12 Millionen versklavter, deportierter und zu Zwangsarbeit und Prostitution missbrauchter Menschen führte.20

Die Deportationen, die der «Asiento de Negros» von Sailer und Ehinger veranlasste, gingen vom Hafen in São Tomé y Príncipe aus, einer portugiesisch besetzten Insel vor der Küste des heutigen Äquatorialguineas und Gabuns.21 Kurze Zeit später hiess dieses Gebiet auf europäischen Karten schlicht «Sklavenküste». Die dort gefangenen versklavten Menschen waren aus den Gebieten der Westküste bis ins Landesinnere des heutigen Nigerias, Kongos und des Benin verschleppt sowie an afrikanischportugiesische Unterhändler verkauft worden und gingen dann in den Besitz der Süddeutschen über. Diese liessen Schiffe für den Transport der Versklavten ausrüsten. Die Datenbank «Slavevoyages» dokumentiert diese Transporte ab 1529 und verzeichnet die Namen der jeweiligen Kapitäne und die Anzahl lebender Menschen, die im Hafen Santo Domingo auf Hispaniola ankamen. Es lässt sich errechnen, dass etwa 15 bis 30 Prozent der Deportierten die schrecklichen Bedingungen der Überfahrt nicht überlebten.

Zusammengepfercht erhielten die versklavten Menschen nur schwerst verdauliches Essen, wurden misshandelt und bei Anzeichen der Gegenwehr mit dem Tod bestraft. Viele töteten sich auch selbst. Bei einer durchschnittlichen Beladung der Schiffe mit 280 versklavten Menschen müssen es bis zur Erfüllung des Vertrags der Welser 14 Schiffe gewesen sein, die den Atlantik überquerten. Für das erste Drittel des 16. Jahrhunderts liegt ihr belegter Anteil mit den 4400 Lizenzen am transatlantischen Sklavenhandel bei etwa einem Drittel des Gesamtumfangs.22

Aus weiteren Quellen wird deutlich, dass dieser «Asiento de Negros» der erste in einer Reihe weiterer Verträge war, die Ehinger und Sailer auch ohne den Auftrag der Welser abschlossen. Man findet beispielsweise einen Vertrag von 1534 über die Lizenz von 800 versklavten Menschen23 und 1536 einen weiteren «Asiento» mit dem spanischen Geschäftsmann Dueñas.24 Schliesslich zeigen Belege aus dem Archivo General de Indias, dass im Rahmen des «Asiento de Pastel y Safran»25 von 1527 über 50 Jahre lang die Einwohner von 20 mexikanischen Dörfern zum Anbau von Safran und Indigo und damit zu Zwangsarbeit für Ulrich Ehinger und Albert Cuon verpflichtet worden waren.26

Das Monopol des Geschäfts mit versklavten Menschen aus Afrika in der gesamten Karibik und dem Festland Mittel- und Südamerikas zu halten, erlaubte den beiden «Negreros alemanes», die Entwicklung des Marktes sowie die Preise, die Transport- und Verteilungsrouten entscheidend zu beeinflussen. Erkennbar ist dies an den Verträgen, die nach 1536 von Ehinger abgeschlossen wurden27 und in denen die Preisbindung genauso aufgehoben

war wie die Quoten für bestimmte «Liefergebiete». Ausserdem erhielten Sailer und Ehinger das Recht, Anteile der Strafzölle von Konkurrenten einzuziehen, die gegen das Monopol verstiessen.28 Die Macht der «Negreros» aus St. Gallen und Konstanz war so gross, weil sie als Gläubiger eines hoch verschuldeten Monarchen diesen unter Druck setzen konnten. Ihre Devise war, angesichts der neu sich eröffnenden Märkte eines unermesslich grossen Gebietes im westlichen Atlantik Ressourcen und Menschen aus Amerika und Afrika anstelle von Zinsen anzunehmen. Beispielsweise weiss man, dass Philipp II., der Sohn und Nachfolger Karls V., 1557 das gestohlene Silber und Gold aus Mexiko und Peru den Gläubigern überschrieb, bevor es im Hafen von Sevilla von den Schiffen gebracht wurde. Anschliessend meldete er den ersten Staatsbankrott Spaniens an. Im Spannungsfeld zwischen staatlichem Schuldendruck und der Gier der Siedler in den eroberten Gebieten konnten Geschäftsleute wie Sailer und Ehinger ihre Bedingungen durchsetzen: Der «Asiento de Negros» diente dabei als eine Art Risikoversicherung für das unsichere Venezuela-Unternehmen. Noch waren Europäer kaum weiter als etwas südlich der Küste vorgedrungen, beanspruchten aber fast ganz Südamerika bis hinunter zur Magellanstrasse.

Spätere Kolonialmächte und Handelsgesellschaften aus den Niederlanden, England, Dänemark und Frankreich setzten das Modell des «Asiento» bis ins 19. Jahrhundert fort. Der «Asiento» Ehingers und Sailers wurde zu einem Paradigma für die menschenverachtenden Praktiken in der Entwicklung des frühen Kapitalismus. Um es mit dem renommierten Historiker Michael Zeuske pointiert auszudrücken: «Europa verdankt seine hegemonische Stellung, die ab 1815 sehr deutlich wurde, den Jahrhunderten der Sklaverei-Atlantisierung seit ca. 1450. In Gewalt und Verbrechen des slaving zwischen Afrika und Amerika, Amerika und Afrika kam es, von 1500 bis 1800 im Wesentlichen für europäische Sklavenhändler, von 1800 bis 1880 im Wesentlichen für neoeuropäisch-amerikanische Sklavenhändler, zu höchsten Profiten, gigantischen Akkumulationsraten, schneller Umsetzung von Profiten in neue Technologien, hoher Mobilität, Technologisierung und tropischer Kosmopolität (alles Merkmale von wirtschaftlicher Globalisierung) sowie Ausbreitung des Christentums, wenn auch nicht ganz rein, weil Atlantikkreolen und Versklavte neue, transkulturierte, kreolische Religionen schufen.»29

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1 Mit «Alemanes» werden in den spanischen Dokumenten des 16. Jahrhunderts deutschsprachige Personen bezeichnet. Es geht nicht um die Nationalität. Daher werden Sailer und Ehinger beide als «Alemanes» geführt, obwohl Sailer aus St. Gallen stammt.

2 Archivo General de Indias (=AGI), Indiferente General, 415, libro I, fol. 59–62 (© Archivo General de Indias).

3 Der Gouverneur von Bresse, Laurent de Gourrevod (sein Name wird uneinheitlich wiedergegeben, u.a. ist er auch als Gorrevod, Gouvenot, Gorrebod verzeichnet) erhielt 4000 steuerfreie Lizenzen zum Verkauf Versklavter. Vgl. Donoso Anes, Rafael: Algunos aspectos relacionados con el control administrativo y contable de la renta de los esclavos enviados a Hispanoamérica, in: Revista Española de financiación y contabilidad 110, 2001, p. 1093–1136, hier p. 1099.

4 Laurent de Gourrevod de Bresse erhielt die Massenlizenz über 4000 Menschen aus Guinea am 18.8.1518 als Gnadenbrief vom König, nachdem die «Encomenderos», jene mächtiger werdenden ehemaligen Konquistadoren mit Tributansprüchen auf Zwangsarbeit und Naturalien, Druck auf den König ausgeübt hatten: In den Kolonien würden Arbeitskräfte gebraucht, die Einheimischen seien am Aussterben.

Vgl. Häbler, Konrad: Zur Geschichte des spanischen Kolonialhandels im 16. und 17. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte 7, 1900, p. 373–437, hier p. 415. De Gourrevod machte von seinem Monopol keinen Gebrauch und verkaufte die Lizenzen gewinnbringend an genuesische, spanische, Konstanzer und St. Galler Banquiers weiter, darunter Ehinger, Sailer, Ribaldo, Vasquez, Forne.

Vgl. Ramos Pérez, Demetrio: El negocio negrero de los Welser y sus habilidades monopolistas, in: Revista de Historia de América 81, 1976, p. 40, 782.

5 Die Verträge sind transkribiert und ediert in Cédulas reales relativas a Venezuela (1500–1550), hg. von Enrique Otte, Caracas 1963.

6 Der Rest des Kredites kam von genuesischen und Florentiner Banquiers. De Carlos Morales, Carlos Javier: Carlos V y el crédito de Castilla. El tesorero general y la hacienda real entre 1516 y 1524, Madrid 2000, p. 43.

7 Häbler, Zur Geschichte des spanischen Kolonialhandels, p. 423.

8 Girolamo Benzoni, Theodor de Bry, America pars quinta (…) von der Spanier Wüten (…), Frankfurt am Main 1595 (VD16 ZV 1272), p. I (© Universitätsbibliothek Heidelberg).

9 «[V]osotros theneis cierta noticia de aquella tierra y su comarca y sabéis que los indios naturales della son velicosos e flecheros». Asiento de negros, in: Cédulas reales relativas a Venezuela (1500–1550), hg. von Enrique Otte, Caracas 1963, p. 245.

10 Bereits Kolumbus führte die semantische Perversion des Kannibalen ein: In seinem Bordbuch berichtete er von «Caribos o canibos», die er für die Untertanen des grossen Khan (Mongolei) hielt und von denen er berichtete, sie wären wild und würden Menschen fressen. Der Begriff «Kannibale» ist eine Verballhornung der Kariben und das Ergebnis dieses Missverständnisses. Vgl. Amodio, Enmanuele: Los caníbales mutantes. Etapas de transformación étnica de los caribes durante la época colonial, in: Boletín Americanista 49, 1999, p. 9–29.

11 Diese Aufgabe wurde im eigentlichen Venezuelavertrag festgehalten, AGI, Indiferente General, 415, libro I, fol. 59–62.

12 Ramos Pérez, El negocio negrero, p. 19, FN 26.

13 «Por otro lado, en La Española renacía ahora otra vez la ilusión minera, gracias al descubrimiento no sólo de presumibles ricos yacimientos argentíferos, sino también de hierro y en 1531, de oro, con lo que a la anterior parsimonia en la compra de esclavos, sucedía de pronto un ansia febril. No se trataba unicamente de La Española, pues también en Cuba aparecían minas de cobre. Y era tanta la resonancia de estos hallazgos que incluso dio motivo a que el Consejo de Indias elevara una consulta preventive al monarca, que este despachó desde Bruselas, aceptando la sugerencia de que, de momento, unicamente se ensayasen.» Ramos Pérez, El negocio negrero, p. 70.

14 Ehingers und Sailers Privilegien der «Capitanía general», des «Adelantado» und des «Alguazilazgo» von 1528, alle in AGI, Panama 234.

15 Häbler, Konrad: Die überseeischen Unternehmungen der Welser und ihrer Gesellschafter, Leipzig 1903, p. 41.

16 Brief des Königs Karl V. an den Bischof Antonio de Montesinos vom 22. 4.1528, in: Cédulas reales relativas a Venezuela, p. 284f.

17 Rinke, Stefan: Demografische Katastrophe, in: Jaeger, Friedrich (Hg.): Enzyklopädie der Neuzeit, Stuttgart 2005 (Bd. 2), p. 895–899.

18 London, British Library: Ms. Add. 15217 (Memoirs, biographical notes and poems of the Coeler family, Nuremberg, 1560–1632), fol. 38r. (© British Library).

19 Saco, Jose Antonio: Historia de la esclavitud desde los tiempos más remotos hasta nuestros días, Madrid 1974, p. 151.

20 Michael Zeuske spricht von 12 bis 27 Millionen versklavten Menschen auf der Atlantikroute. Zeuske, Michael: Handbuch der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. überarbeitete Auflage, Berlin/Boston 2019, p. 2.

21 Der portugiesisch kontrollierte Sklavenhandel wurde seit 1520 auf die Karibik ausgeweitet und die Verschleppung von São Tomé und den kapverdischen Inseln zur Hauptroute des Sklavenhandels: «L’accord signé au milieu des années 1520 entre dom João III et Charles Quint renforce la collaboration ibérique en autorisant l’envoi systématique d’esclaves depuis les entrepôts de Santiago et de São Tomé. Plus de 14 000 Noirs sont ainsi introduits aux Indes de Castille entre 1526 et 1550 pour œuvrer dans les plantations et dans les mines. Entre-temps, les colons espagnols ont pris pied en TerreFerme (Colombie, Costa Rica, Mexique, Panama) et développé un marché intérieur (Chili, Pérou).» De Almeida Mendes, Antonio: Le réseau de la traite ibérique dans l'Atlantique Nord (1440–1640), in: Annales. Sciences sociales 4, 2008, p. 739–768, hier p. 744.

22 Eine Statistik (García Fuentes, Lutgardo: Tráfico de negros hacia América, in: Tres grandes cuestiones de la historia de Iberoamérica, hg. von José Andrés-Gallego, Madrid 2005, p. 8) über das erste Jahrhundert des lizenzbasierten transatlantischen Sklavenhandels belegt dieses Verhältnis:

23 García Fuentes, Tráfico de negros hacia América, p. 18.

24 «Der Asiento-Entwurf von 1536 ist vor allem dadurch interessant, dass er durch Vergleich mit demjenigen von 1528 die Weiterentwicklung des Sklavenhandels erkennen lässt.» Häbler, Zur Geschichte des spanischen Kolonialhandels, p. 419.

25 Vertrag über den Anbau von Safran und Indigo in Mexiko, März 1527, AGI, Contaduría 672, 5/13 («Belpuche, Asiento de la cría y beneficio del pastel y azafrán hecho por Enrique Ynguer, gentilhombre del rey, y Alberto Cuon, alemanes, con la cuenta de su producto»)

26 Zu den Klagen wegen Misshandlungen auf den Plantagen vgl. Sarabia Viejo, Maria: Don Luis de Velasco. Virrey de Nueva España 1550–1564, Sevilla 1978, p. 414f.

27 Häbler, Zur Geschichte des spanischen Kolonialhandels, p. 419.

28 Häbler, Zur Geschichte des spanischen Kolonialhandels, p. 421.

29 Zeuske, Michael: Outlaws. Geschichte und Agency im großen atlantisch-karibischen Raum, Wien 2010, p. 6.

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