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Bau des Alten Schulhauses

Diese bescheidenen baulichen Verhältnisse erwiesen sich bald einmal als ungenügend. Während der Verhandlungen des Kantonsrats zur Reorganisation der Kantonsschule meinte Gemeindehauptmann Alfred Hofstetter aus Gais: «Das Knabenkonvikt ist ein alter Kasten, der binnen kurzer Zeit ersetzt werden muß, wenn man nicht hinter der Zeit bleiben soll.»7

Bau des Alten Schulhauses

Ein Vorstoss seitens der Aufsichtskommission der Kantonsschule zum Ausbau des Stadels scheiterte 1859 bereits am Widerstand der Landesschulkommission, die meinte, man solle nichts überstürzt unternehmen, solange ungewiss bleibe, ob ein solcher Schritt in ein paar Jahren nicht bereut werden müsse. Männer, denen die Lehranstalt in der Nideren am Herzen lag, blieben jedoch nicht untätig. So reichte die Aufsichtskommission am 14. April 1863 erneut ein achtseitiges Gesuch an die Landesschulkommission ein, in dem sie bekannt geben konnte, dass sich die Gemeinde Trogen anerboten habe, auf eigene Kosten ein neues Kantonsschulhaus zu bauen. Sie sei zudem besorgt, dass jene Schüler der obersten Klasse der Kantonsschule, welche sich später der Industrie widmen wollen, neben dem theoretischen Unterricht in der Webanstalt von Ulrich Zellweger im Lindenbühl praktische Anleitung zur Erlernung der Weberei und Fabrikation erhalten können.8

Diesem Gesuch gingen aber beachtliche Taten voraus. ln kurzer Zeit kamen aufgrund eines Aufrufs 14675 Franken von Bewohnern Trogens, 9500 Franken von Schulfreunden und durch Kirchhöribeschluss vom 22. Februar 1863 20000 Franken aus der Gemeindekasse Trogens für einen Schulhausneubau zusammen. Die Gemeinde verpflichtete sich, dem Grossen Rat ein neues Kantonsschulgebäude, dessen Herstellung auf mindestens 40000 Franken veranschlagt wurde, anzubieten. In der Presse bedachte man den grosszügigen Beschluss der Trogener mit den Worten:

«Sie (die Gemeinde) hat damit den Beweis geleistet, daß sie ungeachtet beträchtlicher Lasten, welche sie für anderweitige Zwecke in jüngster Zeit auf sich genommen hat, und ungeachtet des gegenwärtigen Dranges der Zeit, für Fortschritte in der Bildung und Erziehung der Jugend stets willige Herzen und offene Hände hat.

Sie hat den Beweis geleistet, daß sie den Ruf der Zeit versteht – und die Zeit, des sind wir gewiß – wird auch der Gemeinde die reiche Saat mit köstlicher Ernte lohnen.»9

Daraufhin beschloss der Kantonsrat an seiner Sitzung vom 11. Mai desselben Jahres, das Anerbieten der Gemeinde Trogen mit Dank anzunehmen, und zwar in der zweiten Abstimmung mit 36 Stimmen, einer Mehrheit von fünf Stimmen über dem absoluten Mehr, da 61 Mitglieder anwesend waren. 1864 begann man mit den Arbeiten am neuen Schulhaus, das von Bau-

Die bauliche Entwicklung der Kantonsschule meister Daniel Oertli aus Herisau nach Plänen des Architekten Johann Christoph Kunkler erbaut wurde. Am 31. August 1865 erfolgten die feierliche Übergabe und Einweihung des neuen Kantonsschulgebäudes. Das dreigeschossige klassizistische Steingebäude unter seinem Walmdach erfuhr eine spezielle Betonung der Symmetrieachse durch das Portal und die Drillingsfenster und bildete zusammen mit dem Alten Konvikt ein Ensemble. An den Festlichkeiten nahmen der Regierungsrat mit Ratschreiber und Landschreiber, Landweibel und Standesläufer, die Landesschulkommission, die Landesbaukommission, die Vorsteherschaft Trogens sowie Lehrer und Schüler der Kantonsschule teil. Der Weg des Festumzugs vom Rathaus hinunter in die Nideren war geschmückt mit an den Häusern befestigten beziehungsweise über die Strassen gespannten Bogen, auf denen sinnige Inschriften Zukunftsweisendes verkündeten. So standen am Portal des Rathauses die Zeilen:

«O Heil dem Lande, dessen Väter

Der Jugendbildung hohen Werth erkennen,

Sie selbst wird aber dankbar später

Des Volkes wahre Freund’ die Nachwelt nennen.»

Auf einem weiteren Spruchband im Engnis beim ehemaligen Gasthaus zur Sonne (Hinterdorf 9) stand auf der Seite gegen die Nideren:

«Aus der Niederung in die Höh’

Stets dein Sinn und Streben geh’!».

Ansicht von Osten auf das «Alte Schulhaus», 1894.

Auf der dem Dorf zugekehrten Seite war zu lesen:

«Durch engen Paß und auf holprigem Weg mußt zur Schule du ziehen,

Sie sagen dir, wie viel Arbeit es braucht, wie viel Kampf und auch Mühen,

Damit du endlich gelangest zum Ziele der Weisheit und Tugend,

Und daß, wie der Weg Verbess’rung bedarf, so die Bildung der Jugend.»10

Im Namen der Gemeinde übergab Pfarrer Walter Bion den Neubau dem Kanton mit den Worten:

«Hochgeachteter Herr Landammann! Hochgeachtete Herren! Wenn wir nur dazu hier versammelt wären, um die Einweihung dieses neuen Schulgebäudes und dessen Uebergabe Seitens der Gemeinde Trogen an den Staat zu feiern, so möchte man wohl mit einigem Rechte es tadeln, daß um dessentwillen so viel Aufhebens gemacht werde. Wir feiern aber heute noch etwas Anderes und weit Wichtigeres, das allerdings wohl werth ist, ein Gegenstand unserer festlichen Freude zu sein.

Wir begehen nämlich in Wirklichkeit nichts Geringeres, als das Gründungsfest einer höhern kantonalen Lehranstalt.»11

Mit Datum vom 28. November 1864 wurde die Kantonsschule zur Staatsschule erhoben. Des Weiteren sprachen die Herren Landamman Johannes Roth, Anstaltsleiter Johann Georg Schoch12, Bankier, Publizist und Gründer der Basler Missions-Handlungs-Gesellschaft, Ulrich Zellweger, sowie der Anstaltszögling Gustav Stricker von Stein. Diesem offiziellen Teil folgte ein Bankett in dem auf dem Landsgemeindeplatz aufgeschlagenen Sängerzelt.

Die grosszügige Schenkung wurde am Tag der Übergabe offiziell beurkundet:

«Die Unterzeichneten beurkunden hiemit, daß die Gemeinde Trogen in der Absicht, dem Kanton Appenzell behülflich zu sein, die in Trogen bestehende appenzellische Kantonsschule auf eine dem Willen ihrer Stifter und den Bedürfnissen und Anforderungen der Zeit angemessene Stufe emporzuheben, mit dem heutigen Tage das neu erstellte Lehrgebäude zur Niedern dahier, samt dessen Inhalt mit den bisherigen Rechten und Pflichten, Nutzen und Beschwerden, schenkungsweise zu Handen des Staates übergeben und abgetreten habe.

An diesen Schenkungsakt knüpfen sich indessen die Bedingungen, daß das Gebäude stetsfort nur dazu verwendet werde, um den Zwecken der appenzellischen

Kantonsschule in Trogen, wie solche in den ursprünglichen Schenkungsurkunden der Anstalt ausgesprochen sind, zu dienen, und daß der mit der Kantonsschule in eine organische Verbindung zu bringenden, in ökonomischer und intellektueller Beziehung jedoch unter der Verwaltung der Gemeinde Trogen bleibenden Mittelschule ein den Bedürfnissen entsprechendes Lehrzimmer* eingeräumt werde.

________ *Im Jahre 1891 ist die Mittelschule in das neue Dorfschulhaus verlegt worden, jedoch ohne daß die dortige Behörde sich des Rechts der Benutzung des innegehabten Lokales im Kantonsschulgebäude begeben hat.»13

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