Parodontale mesenchymale Stammzellen Schlüsselspieler in parodontaler Gesundheit und Krankheit.
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ie Parodontitis ist eine chronische Erkrankung des Zahnhalteapparates, an der etwa 50 Prozent aller Menschen im Laufe ihres Lebens leiden und die unbehandelt zum Zahnverlust führen kann. Eine bedeutende Rolle in diesem Prozess nehmen mesenchymale Stammzellen aus dem Zahnhalteapparat (parodontale MSCs) ein. Diese sind nicht nur maßgeblich an der Aufrechterhaltung der parodontalen Gewebehomöostase beteiligt, sondern gelten auch als potenzielles therapeutisches Tool. Um einen standardisierten klinischen Einsatz in Zukunft zu ermöglichen, ist es notwendig, die Eigenschaften parodontaler MSCs weiter zu untersuchen. In ihrer Habilitationsschrift beschäftigt sich Alice Blufstein daher mit den verschiedenen Aspekten dieser Zellen. Zu diesem Zweck wurden parodontale MSCs von gesunden SpenderInnen isoliert und unter verschiedenen Bedingungen kultiviert. So wurden die Zellen unter anderem mit entzündlichen Stimuli und Vitamin D3 behandelt. Darüber hinaus erfolgten Co-Kultur-Experimente mit unterschiedlichen Immunzellen. Im Rahmen zahlreicher Studien wurde die Rolle parodontaler MSCs als Sensoren von Bakterien und Viren näher beleuchtet. Dabei konnte etwa beobachtet werden, dass die gleichzeitige Stimulierung von MSCs mit viralen und bakteriellen Bestandteilen eine synergistische Aktivierung der Expression proinflammatorischer Zytokine zur Folge hat. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass parodontale MSCs gegenüber Endotoxinen keine Toleranz entwickeln. Die immunmodulatorischen Eigen-
schaften parodontaler MSCs, im Speziellen deren Interaktion mit Immunzellen, stellten einen weiteren Schwerpunkt der Forschungsarbeiten dar. So konnte unter anderem erstmals ein Co-KulturModell zwischen gingivalen MSCs und neutrophilen Granulozyten etabliert und ein anti-apoptotischer Effekt der MSCs nachgewiesen werden. Als weiterer Fokus wurde im Zuge einiger Publikationen der Einfluss von Vitamin D3 auf verschiedene Funktionen parodontaler MSCs beleuchtet. Im Zuge dessen konnte etwa beobachtet werden, dass die osteogene Wirkung von Vitamin D3 auf parodontale MSCs unter inflammatorischen Bedingungen stark eingeschränkt ist. Zusammenfassend zeigen die in der Habilitationsschrift enthaltenen Publikationen neue Einblicke in die Pathogenese der Parodontitis auf und liefern Hinweise für die Optimierung der stammzellbasierten Therapie. Die weitere Erforschung parodontaler MSCs könnte in Zukunft einen standardisierten therapeutischen Einsatz dieser Zellen für die Parodontitis, aber auch für andere entzündliche und degenerative Erkrankungen ermöglichen.•
Über die Autorin: Akademischer und beruflicher Werdegang Seit 2022 Curriculum Kinder zahnheilkunde (ÖGKiZ) 2021 Verleihung der Venia docendi 2019–2021 Master Program Periodontology & Implantology (MUW) 2016–2020 Doktoratsstudium (MUW) Seit 2016 Zahnärztin im Fach bereich Zahn erhaltung und Parodontologie Seit 2016 Zahnärztin in eigener Praxis 2010–2016 Diplomstudium Zahn medizin (MUW)
Die Autorin Priv.-Doz.in Dr.in med. dent. Alice Blufstein, PhD, MClinDent Zahnärztin und Postdoc Fachbereich Zahnerhaltung und Parodontologie Universitätszahnklinik Wien
DentUnique 1/2022 7