Bericht 2020/2021
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1.2 POLITIK Auch die agrarpolitischen Entscheidungen sind von den Diskussionen in der Energie- und Klimapolitik (siehe Kapitel 3 Biodiesel & Co.) beeinflusst. Angesichts spürbarer Klimaveränderungen und Extremwetterereignisse der vergangenen Jahre muss es auch Ziel der zukünftigen europäischen Agrarpolitik sein, die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Agrarsysteme zu stärken. Auch die Mittel des im vergangenen Jahr vereinbarten EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ zur Konjunkturbelebung waren an die Stärkung des grünen und digitalen Übergangs geknüpft worden. Daher gehörte die neue Grüne Architektur zu den wesentlichen Neuerungen der GAP-Vorschläge des damaligen EU-Agrarkommissars Phil Hogan im Juni 2018.
Abb. 3: Europäische Union: Entwicklung der Haushaltsstruktur 1993 –2027
Quelle: EU-Kommission
© DBV-Situationsbericht 2021-Gr41-4
Einigung nach 3 Jahren Drei Jahre nach Vorlage der Vorschläge und nach unzähligen politischen und technischen Verhandlungsrunden haben sich Europäisches Parlament, EU-Kommission und Mitgliedsstaaten am 25. Juni 2021 auf einen Rahmen zur Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) ab 2023 verständigt. Im Rückblick kann der ursprüngliche Zeitplan der EU-Kommission nur verwundern, noch vor der Europawahl 2019 eine Einigung erzielen zu wollen. Nun gelang der Kompromiss Ende Juni 2021. Neben vielen inhaltlichen Punkten kritisierten viele Beteiligte, dass der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, immer wieder in die Verhandlungen eingriff und forderte, die GAPReform „grüner“ zu gestalten. Auch das EU-Parlament wollte die Zahlungen lange Zeit noch stärker an Umweltleistungen ausrichten. Diese Diskussion setzte sich in Deutschland bis in die Agrar- und Umweltministerkonferenz hinein fort.
Wichtigste Inhalte Mit der Brüsseler Einigung wird der Systemwechsel hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz mit wirtschaftlichen Perspektiven für die LandwirtInnen und die ländlichen Räume bestätigt. Einige wichtige Punkte: • K ernstück sind die EU-weit verpflichtenden Öko-Regelungen (Eco-Schemes), für die mindestens 25 % der Direktzahlungen reserviert werden müssen. • Mindestens 10 % der Direktzahlungen müssen zugunsten kleinerer Betriebe umverteilt werden. • Für die Unterstützung von JunglandwirtInnen wird ein neuer obligatorischer Mindestsatz von 3 % des Einkommensstützungsbudgets der Mitgliedsstaaten vorgesehen. • Kohärenz: Die nationalen GAP-Strategiepläne sollen im Einklang mit dem European Green Deal, der Farm-to-ForkStrategie und der Biodiversitätsstrategie erstellt bzw. angepasst werden. • Konditionalität: Grundsätzlich sind an Wasserläufen 3 m breite Pufferstreifen ohne Pflanzenschutz- oder Düngemitteleinsatz einzurichten. Der Mindestanteil nichtproduktiver Flächen an der Ackerfläche wird auf 4 % festgelegt; unter bestimmten Voraussetzungen (u. a. Anbau von Zwischenfrüchten und Leguminosen für den Naturschutz) kann dieser auf 3 % verringert werden. • Mindestens 3 % der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums werden Agrarumweltverpflichtungen zugewiesen, die Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen fördern. Der DBV betonte in seiner Bewertung die deutlich stärkere Umweltorientierung der GAP bis 2027, wies aber auch auf die geringere Einkommenswirkung der Förderung hin (Absenkung der Basisprämie) und kritisiert das Mehr an Bürokratie für die Bäuerinnen und Bauern. Der Kompromiss sei aber dringend notwendig gewesen, um den Betrieben eine mittelfristige Planungsgrundlage für die Jahre 2023 bis 2027 zu ermöglichen.
Abb. 4: „Grüne Architektur“ der GAP – Gegenüberstellung
Quelle: DBV nach Vorschlag der EU-Kommission Juni 2018 © DBV-Situationsbericht 2021-Gr42-5