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2 Ernährung

Rapsöl

Rapsöl wird als Speiseöl seit vielen Jahren von den VerbraucherInnen bei der Speisenzubereitung zu Hause geschätzt. Aber auch aus Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung ist es nicht mehr wegzudenken.

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In der Ernährungsindustrie gibt es jedoch nicht nur ein Interesse an Rapsöl für Rezepturen, bei denen flüssige Pflanzenöle eingesetzt werden, sondern es wird auch ein Ersatz für feste Pflanzenfette gesucht. Wertvolles heimisches Rapsöl soll die unerwünschten festen Fette wie Backmargarine oder Kokosöl sowie Palmöl in der Lebensmittelherstellung – und hier ganz besonders in der Back- und Süßwarenherstellung – ersetzen. Dabei soll es genauso lecker schmecken und sich vor allem beim Genießen genauso anfühlen, ob in Kuchen, Eiscremes, Pralinen, Marinaden, Soßen oder Brotaufstrichen. Das ist möglich, wenn das bei Zimmertemperatur eigentlich flüssige Rapsöl in eine polymere Gitter-Struktur eingelagert und damit quasi „schnittfest“ gemacht wird.

Rapsöl in fester Form – und das ganz ohne Härtung. Das ist das Ergebnis des Projekts „Oleoboost – Verbesserte Fettsäureprofile von Lebensmitteln durch nichttriglyzeridbasierte Strukturierung von Rapsöl“. Das Max Rubner-Institut (MRI) in Detmold hat erfolgreich an diesem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten, von der UFOP unterstützten und vom Forschungskreis der Ernährungsindustrie e. V. (FEI) in Bonn koordinierten Forschungsvorhaben gearbeitet (s. Kap. 5.4).

Erste Backversuche mit diesen sogenannten Oleogelen aus Rapsöl stimmen sehr optimistisch: Der oleogelbasierte Sandkuchen ist vergleichbar mit dem mit Backmargarine gebackenen – zudem überzeugt er durch Lagerstabilität. Projekte wie dieses sind für den zukünftigen Absatz von Rapsöl und damit auch für die Anbauentwicklung von Raps bedeutend, versprechen sie doch neue Einsatzbereiche für unser wichtigstes heimisches Pflanzenöl. Dessen Absatz im Segment der Flaschenware stößt an Grenzen, da der gesamte Markt für Fette und Öle seit Jahren stagniert oder sogar rückläufig ist. Absatzsteigerungen können nur noch über sinkende Preise erkauft werden. Dies soll den Erfolg der vergangenen Jahrzehnte keinesfalls schmälern, in denen es gelungen ist, Rapsöl von einem unbekannten, nicht deklarierten Pflanzenöl hin zur unangefochtenen Nr. 1 im Speiseölregal zu entwickeln. Dieser Erfolg ist nur durch die visionäre Arbeit der Rapszüchter in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts möglich geworden und kann nicht hoch genug bewertet werden.

So wird Rapsöl von ErnährungswissenschaftlerInnen wegen seines günstigen Fettsäuremusters ausdrücklich empfohlen und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Rapsöl schon vor vielen Jahren an die erste Stelle der empfehlenswerten Speiseöle gesetzt.

Doch nicht nur gesundheitliche Aspekte sprechen für Rapsöl. Auch Vielseitigkeit und Geschmack sind wichtige Kaufargumente für das wertvolle Pflanzenöl aus Rapssaat. VerbraucherInnen können zwischen raffinierten und kaltgepressten Rapsölen wählen. Raffiniertes Rapsöl gilt als Allrounder in der Küche. Mit seiner hellen Farbe und seinem neutralen Geschmack eignet es sich nicht nur für den Einsatz bei heißen Temperaturen, sondern ist auch ideal zur Zubereitung von Mayonnaisen, Marinaden und Dressings. Typische Kennzeichen kaltgepresster Rapsöle sind der nussige Geschmack, der aus ihnen besondere Feinschmeckeröle macht, sowie ihre honiggelbe Farbe. Sie verleihen Salatsaucen ein schönes Nussaroma und verfeinern auch Dips und Mayonnaisen.

Pflanzliches Protein

Durch den Einsatz in Lebensmitteln können Proteinkonzentrate und -isolate aus Öl- und Eiweißpflanzen zu einer verbesserten Versorgung mit pflanzlichen Proteinen beitragen. Um die Ernährung der stetig wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen, raten viele ExpertInnen, in Zukunft vermehrt auf pflanzliche Proteinquellen zu setzen. Dieser Gedanke wird auch im Abschlussbericht der von der Bundesregierung eingesetzten „Zukunftskommission Landwirtschaft“ aufgenommen, der im Juli 2021 einstimmig verabschiedet wurde. Im Vergleich zur Erzeugung tierischer Proteine erfordert die Produktion pflanzlicher Proteine deutlich weniger Anbaufläche. Auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Ackerbausystemen und der Erweiterung von Fruchtfolgen ist es begrüßenswert, dass sich Eiweißpflanzen mehr und mehr im heimischen Anbau etablieren. Sie tragen zum Schutz von Umwelt und Klima bei und verringern gleichzeitig die Abhängigkeit von importiertem Sojaprotein.

Das Thema der Nachhaltigkeit in der Ernährung erscheint daher auch vermehrt auf der politischen Agenda – nicht nur in Deutschland. „Essen ist viel mehr als der Verzehr von Lebensmitteln. Es ist Basis unserer Kulturen, unserer Wirtschaft und unserer Beziehung zur natürlichen Umwelt. Unsere heutigen Ernährungssysteme sind jedoch verletzlich und ungerecht. Wenn sie versagen, dann hat das Auswirkungen auf die ganze Welt.“ So wird es in einem Video zum UN Food Systems Summit, dem Welternährungsgipfel, formuliert. Der Kongress findet im September 2021 in New York statt. Dabei geht es um die umfassende Transformation des Welternährungssystems, das bis 2030 den Nachhaltigkeitszielen (SDGs) gerecht werden muss. António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, hat alle Länder aufgefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten. Dieser vorstehend beschriebene Ansatz wird auch in der im Mai 2020 vorgestellten Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission verfolgt. Es geht dabei um den Beitrag eines nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystems zum European Green Deal. Zum ersten Mal wird in der EU die gesamte Kette betrachtet – von der Erzeugung bis zum Verbraucher. Allerdings stehen auf europäischer Ebene noch konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie aus. Die EU-AgrarministerInnen haben von der EU-Kommission eine Folgenabschätzung für die Landwirtschaft eingefordert, insbesondere zur angestrebten starken Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, die zu einem Rückgang der EU-Agrarproduktion führen könnte.

2013 sind die Grünen mit ihrem Vorschlag eines Veggie Days in Deutschland gescheitert. In diesem Jahr hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beauftragt, vom 8. bis 10. Juni 2021 eine nationale Auftaktveranstaltung mit dem Thema „Wege zu nachhaltigen Ernährungssystemen“ durchzuführen. Im Juli 2021 veröffentlichte die britische Regierung den zweiten Teil ihrer National Food Strategy. Darin wird der Bevölkerung empfohlen, ihren Fleischkonsum in den nächsten zehn Jahren um 30 % zu reduzieren. Gleichzeitig wird angeraten, den Verzehr von Obst und Gemüse im gleichen Zeitraum um 30 % zu erhöhen.

Welche Rolle Fleischersatzprodukte in Deutschland zukünftig spielen werden, hängt stark davon ab, wie sich die Nachfrage entwickelt. Im Jahr 2020 produzierten deutsche Unternehmen fast 39 % mehr Fleischersatzprodukte als im Vorjahr: Die Produktion stieg laut Statistischem Bundesamt von etwa 60.000 t auf über 83.000 t. Der Wert dieser Produkte erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 37 % von 272,8 Mio. EUR auf 374,9 Mio. EUR. Da diese Daten erst seit 2019 erhoben werden, ist nun erstmals ein Vorjahresvergleich möglich.

Eine Umfrage im Juni 2021 von YouGov in Zusammenarbeit mit Statista hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) in Deutschland bereits pflanzliche Fleischersatzprodukte probiert haben – allen voran Burger (27 %), gefolgt von Würstchen (26 %) und Schnitzeln (24 %). Der Altersvergleich zeigt, dass vor allem Jüngere deutlich aufgeschlossener und experimentierfreudiger sind: So haben 73 % der Befragten im Alter von 18 bis 24 Jahren angegeben, bereits einmal pflanzliche Varianten von Fleischgerichten gegessen zu haben. Bei den Befragten ab 55 Jahren sind es nur 36 %.

Rapsprotein

Neben hochwertigem Rapsöl enthält die Rapssaat auch wertvolles Eiweiß. Das Rapsprotein eignet sich nicht nur für die Tierfütterung, sondern lässt sich auch für die Humanernährung nutzen. Praktiziert wird das bereits in geringem Umfang, indem fein vermahlener Rapskuchen aus der Verarbeitung von geschälter Rapssaat (Raps-Kernmehl) für Fleischmarinaden verwendet wird. Raps-Kernmehl stellt eine würzige und allergenfreie Alternative zu Senfmehl dar und ist vor allem für Menschen eine gute Alternative, die allergisch auf Senf und senfhaltige Lebensmittel reagieren.

Allerdings gibt es auch Forschungsansätze, das Protein für eine weitergehende Verwendung in der Humanernährung aufzubereiten. So führt das Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie der Technischen Universität Berlin aktuell gemeinsam mit dem Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. in Bad Belzig in einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten und von der UFOP unterstützten Projektvorhaben entsprechende Versuche durch. Ziel ist es, Basiswissen zur Erweiterung des Anwendungsspektrums von Rapspresskuchen und Rapsextraktionsschrot bzw. der daraus gewonnenen Produkte und Fraktionen als Proteinkonzentrate (50 – 70 % Protein) zu erlangen (s. Kap.5.4).

In Form von Proteinisolat (> 90 % Protein) fällt Rapsprotein aufgrund des Herstellungsprozesses und der nicht klassischen Verwendung als Lebensmittel unter die Novel-FoodVerordnung. Unter „Novel Food“ versteht man Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die in der EU vor dem 15. Mai 1997 noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr genutzt wurden. Um neuartige Lebensmittel auf den Markt zu bringen, muss daher nachgewiesen werden, dass ihr Verzehr gesundheitlich unbedenklich ist und nicht zu Ernährungsmängeln führt. In den USA ist Rapsproteinisolat bereits seit längerer Zeit zugelassen. In Europa erfolgte seine Zulassung als Novel-Food erstmals im Juni 2014. Damit steht dem Einsatz in Lebensmitteln aus rechtlicher Sicht nichts mehr im Wege, wobei in Deutschland noch keine kommerziell produzierten Rapsproteinisolate auf dem Markt verfügbar sind.

In Zukunft sind für Rapsproteine prinzipiell die gleichen Einsatzgebiete wie bei entsprechenden Sojaproteinprodukten denkbar. In einer wissenschaftlichen Studie konnte bereits gezeigt werden, dass es keine Unterschiede in der Bioverfügbarkeit zwischen Raps und Soja gibt. Im Vergleich zu Sojaprotein enthält Rapsprotein besonders viele schwefelhaltige Aminosäuren (Cystein und Methionin). Das Rapsprotein ähnelt in seiner Zusammensetzung daher dem Milchprotein. Die ernährungsphysiologisch besonders wertvollen globulären Proteine (Albumine), die nicht nur in Milch-, sondern auch in Hühnereiweiß zu finden sind, machen einen Anteil von 40 % aus.

Körnerleguminosen

Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen und Erbsen zählen seit Jahrhunderten zu den bedeutendsten pflanzlichen Eiweißquellen für Mensch und Tier. In jüngster Zeit gewinnen vor allem Körnererbsen, Ackerbohnen und Süßlupinen in Deutschland wieder zunehmend an Bedeutung. Auch der Sojabohnenanbau hat sich hierzulande längst über ein Versuchsstadium hinaus entwickelt.

Die Pflanzenzüchtung arbeitet intensiv daran, den Körnerleguminosen in Deutschland den Weg für einen ausgedehnten Anbau zu ebnen, ähnlich wie dies beim Raps gelungen ist. Neben den UFOP-Züchtermitgliedern beschäftigen sich auch öffentlich geförderte Forschergruppen u. a. an der Universität Göttingen (Ackerbohnen), der Universität Hohenheim (Sojabohnen) und dem JKI Groß-Lüsewitz (Süßlupinen) mit der Züchtungsforschung. Ziel sind neue Sorten mit höheren Erträgen, optimierten Inhaltsstoffen und gegenüber Schädlingen, Krankheiten und Trockenheit robusteren Pflanzen.

Hülsenfrüchte werden heute nicht mehr nur ausschließlich als Futter für Nutztiere oder in ganzer Form frisch, als Samen getrocknet, tiefgekühlt oder aus der Dose für die menschliche Ernährung verwendet, sondern auch zur Proteingewinnung aufbereitet. So werden pflanzliche Proteine in Form von Konzentraten und Isolaten schon in vielen Bereichen der Lebensmittelproduktion eingesetzt. Dazu gehört neben Sojaprotein auch das Eiweiß von Süßlupine, Körnererbse und Ackerbohne.

Die Forschung befasst sich sowohl mit der optimalen Nutzung dieser pflanzlichen Rohstoffe als auch mit der Herstellung funktioneller Proteinzutaten und hochwertiger veganer und vegetarischer Lebensmittel. Idealerweise liegt das Ziel dabei bei einer nachhaltigen und ganzheitlichen Rohstoffnutzung. Eine Kernaufgabe im Bereich Lebensmitteltechnologie ist es, funktionelle und sensorische Eigenschaften von pflanzlichen Proteinmehlen, Proteinkonzentraten und Proteinisolaten zu optimieren. So können pflanzliche Proteine beispielsweise als Strukturbildner, Emulgatoren oder Stabilisatoren in vegetarischen oder veganen Produkten eingesetzt werden. Die biologische Wertigkeit und Verdaulichkeit sind weitere wichtige Qualitätskriterien aus Sicht der Ernährungswissenschaft. Je nach Anwendungsbereich können maßgeschneiderte Food Ingredients entwickelt werden. Auf diese Weise können Geschmack, Haltbarkeit und Qualität veganer und vegetarischer Lebensmittel mit Pflanzenproteinen optimiert werden.

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