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Schwerpunkt: Erlebnispädagogik und Wildbachklasse Pilotjahr: Wildbachklasse und Erlebnispädagogik
Im Schuljahr 2022/2023 starteten zwei neue pädagogische Projekte mit einem Pilotjahr: Die sogenannte «Wildbachklasse» und die Stärkung der Erlebnispädagogik. In der Wildbachklasse konnten Kinder aus der 1. bis 4. Klasse, die phasenweise ein anderes Lernumfeld brauchten oder wünschten, jeweils von der Pause bis zum Mittag mit dem Förderlehrer Leonhard Euler auf den Allmendhof gehen und dort vielfältige Erfahrungen sammeln. Nach den Herbstferien konnte die Wildbachklasse mit vier Kindern beginnen und fand bis zu den Sommerferien an vier Tagen pro Woche statt. Die meisten Kinder besuchten die Wildbachklasse ein bis zwei Quartale.
Für die Stärkung des erlebnispädagogischen Bereichs wurde ein kleines Pensum geschaffen, das der Erlebnispädagoge Kornel Szentgroti mit Leben zu füllen begann. Im Folgenden berichten beide Lehrer von ihren Erfahrungen im Pilotjahr.
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Im Kollegium wurden die Projekte mit regelmässigen Rückblicken und Evaluationen begleitet, es wurden weitere Ideen entwickelt und beschlossen, die Projektphase weiterzuführen.
Wildbachklasse

Spielende Anregung der Sinne
Das Schuljahr neigt sich dem Ende zu und es kann jetzt schon gesagt werden, das Angebot der Wildbachklasse kam bei den Schüler:innen gut an.
Die Kinder waren in der Wahl der vielen Spielmöglichkeiten frei. Die Spiele waren vorwiegend solche, die die basalen Sinne anregten. Das sind Gleichgewichtssinn, Bewegungssinn, Lebenssinn und Tastsinn, also die Sinne, über die der Mensch seinen Körper und die Welt begreifen lernt. Bereits im Mutterleib haben die Kinder diese Sinne zur Verfügung.
Spiele mit diesen Sinnen wirken inkarnierend, d. h. sie verbinden einen mit der Welt. Gerade bei Jungen ist diese Verbindung sehr wichtig. Deshalb waren die meisten Spiele, die ich vorgeschlagen habe, geeignet, um die basalen Sinne anzuregen und zu üben. Interessanterweise wählten die Schüler:innen selbst unbewusst auch Spiele aus, welche die basalen Sinne betrafen.
Auch das soziale Miteinander war ein stetes Üben, und das Einhalten der Regeln untereinander ist der lebhaften Gruppe immer besser gelungen.
Im Folgenden möchte ich ein paar Spiele dazu vorstellen:
Gleichgewichtssinn:
Für die Seilrutsche haben wir einen drei Meter hohen Turm gebaut, an dem ein Seil angebracht werden konnte. An drei grossen Streben können die Kinder hochklettern, das braucht viel Gleichgewichtsgefühl. Nun kann man an einer Rolle am Seil herunterrutschen, das Gleichgewicht kommt dabei in Schieflage und man wird von der Schwerkraft heruntergezogen. Ein Kind, das um Gleichgewicht ringend bis nach oben geklettert ist, braucht viel Mut, sich dem Ungleichgewicht hinzugeben und am Seil herunterzurutschen.
Bewegungssinn:
Beim Spiel «Schweinchen in der Mitte», das wir alle kennen, muss nicht nur die eigene Bewegung, sondern auch die des Gegners abgeschätzt werden. Es wird in Teams gespielt. Das innere Team muss sich wie das Äussere taktisch absprechen, damit Bewegung ins Spiel kommt. Die Teampartner wechseln ständig und man muss mit allen gut können. Damit wird neben der Bewegung der Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt.
Lebenssinn:
Was den Lebenssinn anregt, ist nur schwer planbar. Damit nehmen wir unsere innere körperliche Verfassung wahr. Meistens bringen die Kinder Ideen mit, mit denen sie unbewusst auf die innere Verfassung reagieren. In der Wildbachklasse hat sich das vor allem dadurch geäussert, dass die Kinder oft Basen bzw. Hütten bauen wollten, in die die Erwachsenen nicht eindringen durften. Im obigen Bild konnte ich auf eine Gegebenheit reagieren, die vorgefallen ist. Wir haben eine tote Maus, die von einem anderen Tier totgebissen wurde, begraben. Wir haben an den Vortagen die Maus noch lebendig gesehen. Deshalb wurde ein Grab ausgehoben, ein Kreuz geschnitzt und eine Grabanlage angelegt. Das Ganze wurde mit einem «Gebet» abgerundet.

Tastsinn:
Im Flossbau haben wir die motorischen Fähigkeiten geübt. Das Oben und Unten, was mit den Flechtbändern, z. B. in der 4. Klasse kommt, war für viele Kinder eine Herausforderung. Die Motorik beim Sägen war dagegen eine einfachere Herausforderung.
Alles in allem habe ich in der Wildbachklasse auch viele Spiele mit Schulischem verbunden. Ich habe mich hier auch von den Kindern leiten lassen. Wenn sie z. B. gerne Fahrzeug-Quartett spielen, ist für mich das eine ideale Gelegenheit, ihnen das Lesen von grossen Zahlen beizubringen. Auch die Verhältnisse von Grössen, Längen und Umdrehungen werden damit vorstellbar. Ist ein Flügel wirklich 35 m lang? So etwas kann man abschreiten. Kinder spielen oft, weil das die natürlichste Vorbereitung auf das Leben ist. Als Lehrer habe ich versucht meinen schulischen Teil hier einzubringen, ohne das Spiel zu stören
Tastsinn:
Verschiedene Materialien habe ich gesammelt, damit die Kinder Mandalas legen konnten. Mir ging es dabei darum, dass die Kinder die unterschiedlichen Materialien in wechselnder Folge berühren. Das Muster ist repetitiv, wie bei Mandalas üblich. Das erhöht die Aufmerksamkeit, was gerade bei unkonzentrierten Schülerinnen und Schülern wichtig ist. Rhythmische Muster zu legen haben wir auch in anderer Form geübt, und zwar so, dass das Auge mehr auf die sequenziellen Folgen trainiert wurde. Solche Übungen können auch Legasthenie vorbeugen.
