Culinarisch! 2017/18

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MILCH & KÄSE

«Ostschweizer Milch hat Perspektiven» Die Genossenschaft der Ostschweizer Milchverarbeiter (OMV) ist ein neues gewichtiges CULINARIUM-Mitglied. Vizepräsident Andreas Hinterberger erklärt, wieso er trotz Preiskrise optimistisch ist für die Zukunft von Ostschweizer Milch und Käse und dass die Basis dafür ein gesundes Gleichgewicht zwischen Bauern und Käsereien ist. Die Kühe wissen von nichts, sonst würden sie wohl nicht so unbekümmert wiederkäuen auf der grünen Weide. Ganz so idyllisch und sorglos wie in der Käsewerbung ist das Landleben schon eine Weile nicht mehr. 2016 haben erneut fast 1000 Landwirtschaftsbetriebe die Milchproduktion aufgegeben. Der Milchpreis ist mit durchschnittlich 65 Rappen pro Liter auf einem Stand wie zuletzt in den 1970er-Jahren. Der Schweizer Milchmarkt erlebt schon seit Jahren einen starken Strukturwandel, der zu einer regelrechten Krise herangewachsen ist. Verschärft wurde die Situation durch die Weltwirtschaftskrise seit 2008, die Aufhebung des EuroMindestkurses am 15. Januar 2015 und die definitive Abschaffung der EUMilchkontingente per 1. April 2015. Dadurch ist die Nachfrage im Ausland gesunken und der Preisdruck auf den Schweizer Markt gestiegen. Beide Entwicklungen verringern die Möglichkeiten der Wertschöpfung in einem Markt, der ohnehin schon unter mageren Margen litt. Eine Herausforderung für alle Akteure vom Landwirt bis zum Käser. Vertretung der Ostschweizer Familien- und Kleinbetriebe Mittendrin in diesem Spannungsfeld ist die Genossenschaft Ostschweizer Milchverarbeiter (OMV), die rund 120 Molkereien und Käsereien in beiden Appenzell, in Graubünden, St. Gallen und Thurgau vertritt. Der Fokus liegt dabei auf Familienunternehmen und Gewerbebetrieben bis zu einer Verarbei38 |

tungsmenge von 10 Millionen Liter Milch pro Jahr. Eine prominente Ausnahme ist die Strähl Käse AG in Siegerhausen, die täglich bis zu 160000 Liter verarbeitet, aber trotz seiner Grösse sehr bewusst die nachhaltige Struktur eines Familienunternehmens pflegt und damit Vorbildfunktion hat. Mitreden und beraten Der OMV vertritt diese Betriebe bei den Dachverbänden, in den Sortenorganisationen (z.B. Appenzeller, Tilsiter oder Emmentaler), aber auch bei Vernehmlassungen zu kantonaler oder nationaler Politik, bei der Milchprodukte betroffen sind. Ein typischer Mitgliederbetrieb verarbeitet etwa 2 Millionen Liter Milch im Jahr (das ist die Produktion von etwa 3000 Kühen) und hat einen Mastbetrieb mit einigen hundert Schweinen, um die Molke zu nutzen. Seit Anfang 2017 ist der OMV auch Mitglied beim Trägerverein CULINARIUM. Vizepräsident Andreas Hinterberger nennt die Gründe für diese Entscheidung: «Der Vorstand ist überzeugt von den Vorteilen eines starken, bekannten Regionallabels. 21 OMV-Mitglieder sind ja bereits dabei und nutzen die Vorteile. Jenen, die den Schritt zur Zertifikation noch nicht gewagt haben, geben wir so ein ermutigendes Signal. «Wir dürfen in unsere Stärken vertrauen!» Für Andreas Hinterberger ist die Entwicklung des Milchmarkts in den letzten Jahren ohne Wenn und Aber «ein

Debakel», dennoch strahlt der Vizepräsident des Ostschweizer Milchverarbeiterverbands (OMV) im Gespräch Ruhe und sogar Zuversicht aus: «Trotz wirklich schwieriger Rahmenbedingungen haben sich die meisten unserer Betriebe mit der anspruchsvollen Situation arrangiert und sich mehr auf ihre Stärken fokussiert, was man eigentlich auch ohne Krise regelmässig tun sollte. Als Verband waren wir ein zuverlässiger Partner und haben auch mitten in den Turbulenzen ein vernünftiges Milchpreisniveau geboten. Trotzdem wurde geschimpft und gejammert. Da habe ich Mühe. Mittlerweile sollte allen Beteiligten klar sein, dass die Schweiz keine Insel mehr ist. Die Zeiten der geschützten Werkstatt sind vorbei. Wir alle sind einem intensiven internationalen Wettbewerb ausgesetzt.» Starke Marken sind nachhaltig Weiter argumentiert der erfolgreiche Käsermeister aus Gais: «Wir sehen jetzt, dass uns in der Ostschweiz der relativ hohe Anteil an Weiterverarbeitung und starke Marken wie Appenzeller®, Schweizer Tilsiter und Emmentaler AOP vor einem allzu starken Preiszerfall bewahrt haben. Wichtig ist auch, dass viele unserer Mitgliederbetriebe eigene, attraktive Sorten entwickeln und darin investieren. Damit sind sie nun auch bei MIGROS Aus der Region. Für die Region und anderen Regionalprogrammen präsent. Das war offensichtlich eine nachhaltige Strategie, von der wir jetzt in problematischen Zeiten profitieren.


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