SRK Magazin Humanité 4/2010

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engagiert

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enn man die heute 20-Jährige von ihrem «Sozialeinsatz» erzählen hört, kommt einem dieses Wort seltsam unpassend vor. Es ist mehr damit ver­ bunden, nämlich echte Freundschaft. Aus Respekt spricht Rea Ammann zwar ganz professionell von ihren beiden «Klienten», aber man spürt mit jedem Satz, dass es für sie keine Arbeit im eigentlichem Sinne ist. Viel mehr eine andere Art von Frei­ zeit, bei der beide Seiten profitieren. Für Rea Ammann war von Anfang an klar, dass sie sich am liebsten für Gleich­ altrige einsetzen möchte. Das Jugendrot­ kreuz verfügt über eine Datenbank, um Menschen, die einen Freiwilligeneinsatz leisten möchten und solche, die einen Sozialeinsatz brauchen, zusammenzu­ bringen. So hat sie zuerst einen eben­ falls 16-jährigen jungen Mann mit einer geistigen Behinderung kennengelernt. Seine Mutter hat sie aufgeklärt über die Besonderheiten, welche die Behinderung mit sich bringt. Auch heute noch haben sie regelmässig Kontakt. Wenn der junge

Ein gutes Gespräch von Frau zu Frau, davon profitieren beide

zusammen. Sie gehen in eine Bar etwas trinken, ins Kino oder shoppen. Auch an der Herbstmesse Basel alle schnellen und verrückten Achterbahnen auszuprobieren, war möglich. «Das hätte ich zuerst nicht gedacht. Aber es ging einfach! Alle ha­ ben uns sofort geholfen mit dem Rollstuhl und um in die Bahnen einzusteigen. Es war toll!» Sie erzählt, dass sie schon ganz automatisch in Gedanken einen Ausflug vorausplant. Wo könnte es für den Roll­ stuhl Hindernisse geben? Woran ist sonst

«Viele meinen vermutlich, man müsse etwas Besonderes können und trauen es sich nicht zu.» Mann neue Kleider braucht, ist Rea Am­ mann die ideale Modeberaterin. «Das ist doch was ganz anderes, ob ich als Gleichaltrige ihn begleite oder seine Mut­ ter», meint sie. Die heute 20-Jährige klingt lebenserfah­ ren und reif. Es erstaunt nicht, dass sie, die mit ihrer offenen, sympathischen Art leicht auf Menschen zugehen kann, sich zur Sozialarbeiterin ausbilden lassen will. Sie spricht schnell und wirkt stets gut ge­ launt, ohne überschwenglich zu werden. Sie weiss, was sie sagt und hat auf alles eine schnelle, umfassende Antwort. Nur auf die Frage, ob es an ihrem Freiwilli­ genengagement auch negative Aspekte gibt, kommt ihr nichts in den Sinn. Alles klingt fast selbstverständlich und einfach, dass man sich zwangsläufig fragt, war­ um sich nicht mehr Jugendliche für ande­ re engagieren. «Ich denke, viele meinen vermutlich, man müsse etwas Besonderes können und trauen es sich nicht zu. Oder sie wissen nicht, an welche Stelle sie sich

Rea Ammann (links) und Manuela Saladin haben sich dank dem SRK BaselStadt kennengelernt und sind enge Freundinnen geworden wenden können. Aber das Jugendrot­ kreuz berät uns ja und bietet auch Wei­ terbildungen an.» Rea Ammann weiss aus Erfahrung: «Be­ hinderte Menschen wissen selber am bes­ ten, wo ihre Grenzen liegen und sagen, was möglich ist.» Schon öfters erstaunt war sie über Manuela Saladin, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Seit andert­ halb Jahren unternehmen Rea Ammann und Manuela Saladin regelmässig etwas

noch zu denken? «Einkaufen ist meist pro­ blemlos, ins Kino zu kommen ist schon ein bisschen umständlicher.» Ihr starkes Verantwortungsbewusstsein kommt trotz­ dem unverkrampft rüber. Man kann sich gut vorstellen, wie die beiden Frauen zu­ sammen ihre Freizeit geniessen und dabei die Gehbehinderung von Manuela in den Hintergrund rückt. Eine wie Rea Ammann hat man gerne zur Freundin.

➥ redcross.ch/freiwillige Humanité 4/2010

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