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Golfen durch die kalifornischen rebberGe
Passionierte Golfer kennen die spektakulären Plätze an Kaliforniens Pazifikküste – zumindest aus dem Fernsehen: Pebble Beach, La Quinta, Cypress Point oder Spyglass Hill. Aber Kalifornien hat noch 150 weitere Plätze und viele bieten eine spannende Kombination von Golf und Wein.

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ir trafen uns im Morgennebel am Clubhaus des Chardonnay Golf Clubs bei Napa, eine knappe Autostunde nördlich von San Francisco. Die Mitspieler, mit denen wir für eine Runde verabredet sind, arbeiten im kalifornischen Weinbusiness. Das unbekümmert-fröhliche Tempo, mit dem es hier am frühen Morgen gleich losgeht, ist für Europäer völlig ungewohnt. Nach einem knappen «Hi guys», Vorstellung und Händeschütteln sitzen wir schon auf den Carts zum ersten Abschlag. Dort darf man beim Drive keinen Fehler machen, wenn es auf kürzestem Weg ins Fairway gehen soll: gute 160 Meter Carry über die Rebzeilen. Die Flightpartner schaffen das spielend. Sie kennen den Platz und schlagen den Ball mit der lässigen Souveränität derjenigen, welche in früher Jugend mit dem Golfen angefangen haben und regelmässiges Spiel pflegen. «Das gehört spätestens im College zum Sportprogramm», und: «Ja, wir spielen mit unseren Geschäftspartnern so oft wie möglich.»
In den drei Stunden auf den Fairways, die sich munter zwischen den Reben durchschlängeln, gibt es intensive Gespräche über die aktuelle Situation in Kaliforniens Rebbergen und zum Weinmarkt in Europa, der als Exportmarkt für Kalifornien attraktiv, aber offenbar nicht so einfach in den Griff zu bekommen ist.
Nach dem Spiel folgt lockeres Picknick im Freien auf der Buena Vista Winery. Der Weinmaker stösst dazu, präsentiert seine Weine und demonstriert, wie sorgfältig in den Rebbergen gearbeitet wird, wie penibel zum Beispiel die Traubenbeeren sortiert werden, und welche Bedeutung Bio-Farming inzwischen für sehr viele Weingüter bekommen hat.
Viertgrösster Weinproduzent
Der Chardonnay Golf Club liegt im Zentrum des kalifornischen Weinbaus. Wenige Kilometer weiter in Oakville gründete der Grand Old Man des kalifornischen Weinwunders, Robert «Bob» Mondavi, 1966 sein gleichnamiges Weingut. Der Sohn italienischer Einwanderer, viele Jahre Motor und leuchtendes Vorbild aller Winzer, schrieb eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Als er 2008 im Alter von 94 Jahren starb, war er noch Ehrenpräsident des Unternehmens, das wegen Uneinigkeit seiner beiden Söhne und zu forscher Expansion vor einigen Jahren im weltgrössten Weinmulti Constellation Brands einen neuen Besitzer gefunden hatte. Genauso wie «Opus One», sein berühmtes Joint Venture mit den Rothschilds aus Bordeaux.
Mit drei Milliarden Flaschen jährlich ist der Golden State mittlerweile hinter Frankreich, Italien und Spanien der viertgrösste Weinproduzent. Den Ritterschlag verdanken die kaliforni- schen Weine einer Blindprobe 1976 in Paris mit spektakulärem Ergebnis: In der Meinung, es handle sich ausschliesslich um edelste Gewächse aus Bordeaux, bewertete eine hochkarätige, überwiegend französisch besetzte Jury einige untergeschmuggelte Kalifornier mit den besten Noten. Die Blindprobe wurde übrigens 30 Jahre später wiederholt – mit fast identischem Ergebnis. Sind in der Toskana die Seiteneinsteiger (auch Krawattenwinzer gescholten) ohne Ausnahme
Golfbälle unter und zwischen den Reben. Weil die Reben out of bounds sind und das Betreten streng verboten ist, liegen sie da herum. Weil Amerikaner grundsätzlich nur neue Bälle spielen: massenhaft nagelneue, schöne Golfbälle. Auf dem Weg in die Weingebiete nördlich von San Francisco empfiehlt sich ein Rundgang durch die Hess Collection. Die Kunstsammlung, die der Schweizer Donald Hess seit 1978 auf seinem Weingut am Mount Veder zusammenge- in einem anderen Beruf zu Geld gekommen, stand in Kalifornien oft eine Tätigkeit als Traubenproduzent oder auch ein Job in einer Winery am Beginn einer Selbstständigkeit –gepaart mit Begeisterung und einem enormen Durchsetzungswillen. «Es braucht eigentlich gar nicht viel», meinte Bob Mondavi einmal, «nur ein offenes Herz.» deutsche Wurzeln
Diese Einstellung ist überall zu spüren, auch bei den Wineries, die neben Küche, Musik, Kunst und Literatur die Verbindung Golf & Wein pflegen. Als das Edel-Resort CordeValle in den Hügeln am Ende des Silicon Valley mit Golfplatz von Robert Trent Jones jr. trotz der Nähe zu Stanford, Palo Alto und Cupertino ins Trudeln geriet, weil die erfolgreichen Hightech-Jungs Wichtigeres zu tun hatten als Golf zu spielen, fand sich mit SAP-Mitgründer Hasso Plattner 2005 ein Investor. Dem Unternehmer gefiel das inzwischen von Rosewood gemanagte Resort mit Spa, der grossartige Golfplatz und das Weingut «Clos la Chance» so gut, dass er sich zwischen dem 16. Grün und dem 17. Abschlag eine 1500 Quadratmeter grosse Villa hinbaute. Nun muss er sich entscheiden, auf welchem seiner Plätze er spielen will: Fancourt in Südafrika oder hier.
Ebenfalls südlich von San Francisco, in Livermore, befindet sich Wente Vineyards and Golf. Gegründet wurde das Weinhaus 1883 vom deutschen Auswanderer C. H. Wente aus Hannover. Den Golfplatz zwischen den Cabernet-Sauvignon-Reben haben sich die Besitzer 1998 von Greg Norman auf Parzellen anlegen lassen, die für den Wein- und Ackerbau nicht geeignet waren.
40 000 Golfer gehen pro Jahr über den Public Course – nicht zuletzt, weil Hole 1 als das schwierigste Loch in ganz USA gilt. Geht man am Abschlag in die Knie, sieht man viele, viele tragen hat, verleiht seinen erstklassigen Weinen eine weitere Dimension. sch W eizer Akzente
Auch Architektur und Wein steigern sich gegenseitig: Der riesige Schuhkarton aus schwarzen Basaltbrocken in Drahtkäfigen in der Talebene bei Yountville, 100 × 25 × 9 Meter gross, war zwar beim Bau 1998 nicht jedermanns Geschmack, aber die Gemüter beruhigten sich rasch, als das neue Kellergebäude der Dominus-Winery, gebaut von den Schweizer Stararchitekten Herzog & de Meuron, neue Besucher aus der ganzen Welt ins Tal lockte. Die Kalifornier verstehen es meisterlich ihre Weine zu präsentieren: helle, freundliche Tasting Rooms mit ausnehmend hilfsbereitem, höflichem und kompetentem Personal. Zusätzliche Probegläser, auch von teuren Weinen, gegen kleines Geld. Neben Wein und Weinzubehör etwas Food, einige Souvenirs, T-Shirts und manchmal auch Kitsch oder ein Golfplatz. Die Besucher sind zufrieden –und die Weinmacher auch.
drei plätze rund um nApA
In Napa, so etwas wie das Gravitationszentrum des kalifornischen Weinbaus, erfreuen gleich drei Plätze des Golfers Herz: Der Eagle Vines
Vorherige Seite: The Course at Wente Vineyards
Rechte Seite: von rechts nach links, oben nach unten
1 Barriques im Keller von Clos La Chance.
2 14. Loch im Chardonnay Golf Club
3 Hess Art Museum: Leopoldo Maler
4 Hess Art Museum: Franz Gertsch
5 Cordevalle Golf Course
6 Schafe im Rebberg
7 Mayacama Golf
8 Winery Herzog & de Meuron








Wissens Wertes
k alifornien: die clubs mayacama
Greenfees sind Standard-Rates. Alle Plätze bieten auch deutlich reduzierte Senior-Rates an (ab 55 Jahren) und Preise für Super-Seniors (über 63). Reservationen mit Kreditkarte. Bei Nichterscheinen wird in der Regel die volle Greenfee abgebucht.
Santa Rosa, 60 Minuten nördlich von San Francisco www.mayacama.com, silverado resort and spa
18 Löcher, Par 72, Länge: 6761 yards, Design: Jack Nicklaus, 2001; Spiel nur in Begleitung eines Vertreters der derzeit 35 MitgliedsWeingüter.
Napa, 60 Minuten nördlich von San Francisco www.silveradoresort.com,
36 Löcher, Par 72, Länge: 6993 yards, Design: Robert Trent Jones
Jr., 1984, überarbeitet von Johnny Miller; Greenfee: 99–169 Dollar
Vintners golf course, Yountville, napa Valley www.vintnersgolfclub.com,
9 Löcher, Par 34, Länge: 2929 yards,
Design: Casey O’Callaghan / Bob Boldt, Greenfee: 25–40 Dollar, Cart
13 Dollar chardonnay golf club
Napa, 60 Minuten nördlich von San Francisco www.chardonnaygolfclub.com,
18 Löcher, Par 72, Länge: 6948 yards; Greenfee: 66–86 Dollar eagle Vines Vineyards & golf, napa
5 Minuten vom Zentrum Napas www.eaglevinesgolfclub.com,
18 Löcher, Par 72, Länge: 7297 yards, Design: Johnny Miller, Greenfee: 69–89 Dollar
The course at Wente Vineyards

Livermore, 45 Minuten östlich von San Francisco www.wentevineyards.com,
18 Löcher, Par 72, Länge: 7181 yards, Design: Greg Norman, 1998; Greenfee: 90–115 Dollar (inklusive Golfcart) cordevalle
San Martin, 30 Minuten südlich von San José, ein Rosewood Resort www.rosewoodhotels.com/
18 Löcher, Par 72, Länge: 7169 yards, Design: Robert Trent Jones jr.,
1999; Greenfees nur in Verbindung mit Hotelaufenthalt, Caddy Pflicht.
Fairmont sonoma mission inn Sonoma, 60 Minuten südöstlich von San Francisco www.fairmont.com/sonoma, mit privatem Golfclub www.sonomagolfclub.com,
18 Löcher, Par 72, Länge: 7100 yards, Design: Sam Whiting, 1927; nur Mitglieder und für Gäste des Sonoma Mission Inn & Spa, Greenfee 135–195 Dollar
essen & trinken
The hitching post ii, Buellton www.hitchingpost2.com
Hier wurde 2003 der Film «Sideways» gedreht.
Wine cask, santa Barbara www.winecask.com tadich grill, san Francisco www.tadichgrill.com sons & daughters, san Francisco www.sonsanddaughterssf.com district, san Francisco www.districtsf.com
Schwesterrestaurant des Bouchon.
Der Klassiker in SFs Financial District. Keine Reservierungen möglich!
Pflegt Gemüse aus dem eigenem Garten.
Die zurzeit angesagteste Weinbar.
Bouchon Bistro, Yountville www.bouchonbistro.com
Der Bistro-Ableger der French Laundry.
The French laundry, napa www.frenchlaundry.com ubuntu, napa www.ubuntunapa.com terra, st. helena www.terrarestaurant.com berühmt wie sein Schwesterrestaurant in SF.
Zählt zu den fünf besten Restaurants der Welt.
Vegetarisch, aber modern und perfekt.
Weinbar Bounty hunter, napa www.bountyhunterwine.com
Vineyards & Golf Club, das Silverado Resort und Spa (beide wenige Meilen von der 72 000-Einwohner-Stadt entfernt) und der Vintners Golf Club im 9 Meilen entfernten Yountville, unter anderem auch bekannt durch Thomas Kellers Drei-Sterne-Restaurant French Laundry. Der Golfplatz, erbaut 1999, hat nur 9 Löcher. Drei verschiedene Tees sorgen für Abwechslung auf dem sonst eher flachen und unspektakulären Championship-Course, der berühmt ist für seine manikürten Greens. Eagle Vines wurde von keinem Geringeren als Johnny Millers World Golf entworfen. Der 24-fache PGA-Champion verwandelte die weitgehend flachen, dafür oft schmalen Fairways durch ein Inselgrün im ohnehin reichlich vorhandenen Wasser, Bachläufe und seitliche kleine Moränen in einen spannenden und schwierigen Platz für jene, die ihn mit einem niedrigen Score bewältigen wollen. Der Platz wurde 2010 unter die besten 10 Courses gewählt.
Das Silverado Resort ist ein Resort, wie es amerikanischer nicht sein könnte: Neben zwei respektablen Golfplätzen aus der Hand von Trent Jones und Johnny Miller gibt es 309 Hotelzimmer, ein riesiges Spa und alle Möglichkeiten für Hochzeiten und Kongresse. Trotzdem wurden die 2 × 18 Löcher nicht für Nebenbei-Golfer entworfen: Schmale Fairs gesäumt von zahlreichen Bäumen und einige gut versteckte Wasserhindernisse auf dem Südkurs verlangen ein strategisches und präzises Spiel. Golfweek zählte Silverado im
Ausblick vom Mount Veeder auf die Rebberge von Donald Hess vergangenen Jahr zu den besten Golf Resorts und die PGA Tour wird im Oktober kommenden Jahres wieder in Silverado gastieren. mitgliedschAFt nur


Au F einl A dung
Der Golfclub Mayacama, das Meisterwerk von Jack Nicklaus, ist als exklusiver Privatclub für Normalsterbliche normalerweise nicht zugänglich. Es sei denn, man wird von einem Verantwortlichen eines der derzeit 35 Mitglieder-Weingüter zum Spiel eingeladen. Mitgliedschaft gibt es nur auf Einladung, für Weinproduzenten sind mindestens 92 Parker-Punkte Voraussetzung.

Ein Privatclub, nur den Hotelgästen des Fairmont Sonoma Mission Inn und den exklusiven Members aus der Weinbranche zugänglich, ist auch Sonoma Golf. Auch hier winden sich die Fairways durch die Reben – ein speziell im Herbst auch für das Auge grosses Vergnügen. Spielerisch kommt nichts zu kurz. Sam Snead, Amerikas Golflegende, auf die Frage eines Reporters nach seinem GolfplatzFavoriten: «Sir, it’s a course you probably never heard of. It’s the Sonoma Golf Course.» Dem ist auch nach dem Spiel nichts beizufügen. Später, in der Abendsonne auf der Clubterrasse, kommt ein Wein auf den Tisch, dessen Preis in einer angemessenen Relation zur Greenfee steht. «Kürzlich in Europa sollte ich nach einer Greenfee von 240 Euro einen Wein mittrinken, der im Einkauf höchstens 8 Euro gekostet hat – warum tun Leute sich so was bloss an?», wundert sich mein Flightpartner. Zum Abschied drückt er mir einen Beutel in die Hand. «Feinste Weinbergbälle – als Besitzer des Weinbergs darf ich da ja rein.»