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s tenson stellt tiger in den schatten

Es ist das Comeback der letzten Jahre: 2011 spielerisch noch abgestürzt, dominierte der Schwede Henrik Stenson diese Saison die lukrative FedEx-Cup-Wertung und stellte dabei Tiger Woods und Co. in den Schatten. Stenson hatte seine «Lektion gelernt».

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Henrik Stenson nach dem Sieg bei der Tour Championship in Atlanta. (oben) Nur hier im Hintergrund: Henrik Stenson hat Tiger Woods in der FedEx-Wertung noch abgefangen.

«Es war einfach ein grossartiger Sommer, viel besser, als ich je erwartet hätte», lautet seine Bilanz. «Ich bin sprachlos. Angesichts der Resultate, die ich erreicht habe, und weil ich mich einfach reingehängt habe, bin ich sehr zufrieden.»

Bei genauer Betrachtung könnte man das auch als Understatement werten: Stenson dominierte die FedEx-Cup-Wertung in den USA, die er mit deutlichem Vorsprung vor Tiger Woods und Co. gewann, ebenso wie das Race to Dubai der PGA European Tour. Und das, obwohl der Schwede eine Krise hinter sich hatte, angesichts deren Ausmasses alles VerläuFt iN ZykleN

Die Clubmeisterschaft in Barsebäck, Schweden, ist ein durchaus respektables Event mit erstklassigen Teilnehmern: Amateuren natürlich, Single-Handicappern oder Jungprofis mit Ambitionen, wie es auch Henrik Hilford Brander war, der im Sommer 2011 eben diese Clubmeisterschaft gewann. Der junge Mann, der ab und zu als Caddie für die schwedische Proette Caroline Hedwall aushilft, wird dieses Turnier nie vergessen – weil er bei eben dieser Veranstaltung Henrik Stenson, einstige Nummer vier der Welt und US-PGA-PlayersChampion des Jahres 2009, auf Platz zwei verwies. Während die Kollegen aus der Weltspitze im Sommer vor zwei Jahren im TPC Sawgrass bei der Players Championship um den Titel und das grösste Preisgeld der PGA spielten, leckte Stenson zuhause in Schweden seine Wunden. Er hatte mehr als zwei Jahre keinen Sieg oder zweiten Platz erzielt und war in der Weltrangliste auf einen Platz jenseits der 200 abgerutscht. Sein Selbstbewusstsein hatte den Nullpunkt erreicht und dieser zweite Platz bei der Clubmeisterschaft von Barsebäck war in gewisser Weise ein Highlight. Schon deshalb, weil Stenson seit mehr als zwei Jahren nicht mehr um einen Titel mitgespielt hatte.

«Das Leben besteht aus Auf und Abs – am Aktienmarkt, beim Golf: Alles verläuft in Zyklen», sagt der Schwede zwei Jahre später. Er ist mittlerweile 37 Jahre alt, ein ziemlich abgeklärter, nüchterner Mensch – aber das Jahr 2013 hat ihn dann doch ein wenig überrascht. Es war eine Saison der sensationellen Erfolge, in deren Verlauf Stenson bis zur Nummer 3 der Weltrangliste aufstieg. Die Erfolgsserie begann im Juli mit Rang drei bei den Scottish Open, gefolgt von zwei zweiten und einem dritten Platz bei den British Open, dem WGC-Bridgestone Invitational und der PGA Championship. Einmal in Fahrt, siegte der Schwede bei zwei der vier FedEx-Cup-Playoffs und holte sich damit am Ende auch als erster Europäer den äusserst lukrativen FedEx Cup. Mit dem abschliessenden Sieg in Atlanta verdiente er sich zudem 1,44 Millionen Dollar. Zugleich verdrängte Stenson mit seinem Erfolg den in der FedEx-Cup-Gesamtrangliste bis dahin führenden Tiger Woods noch auf Rang zwei und konnte sich damit über weitere zehn Millionen Dollar Preisgeld freuen.

zur Person

Henrik Stenson, geboren am 5. April 1976 in Göteborg, überzeugte schon als Amateur und wechselte 1998 ins Profilager. 2000 gewann er die Challenge-Tour-Rangliste, qualifizierte sich für die PGA European Tour und holte sich 2001 mit dem Sieg bei den Benson and Hedges International Open seinen ersten von inzwischen zehn Titeln auf der US PGA und European Tour. Der Linkshänder, der aber mit rechts Golf spielt, scheiterte mehrfach knapp an einem Major-Titel und bringt es inzwischen auf sieben Top-Ten-Platzierungen, dieses Jahr etwa mit einem zweiten Platz an den Open in Muirfield und Rang drei an der PGA Championship.

Der Schwede, dessen Frau Emma Löfgren an der University of South Carolina Collegegolf spielte und danach als Golflehrerin im Barsebäck Golf & Country Club arbeitete, wohnte bis 2012 mit seiner Familie in Dubai, ist inzwischen aber in das Resort Lake Nona in Florida umgezogen, in dem auch viele seiner Kollegen leben. Die beiden Kinder Lisa (2007) und Karl (2010) begleiten ihn mit seiner Frau relativ häufig auf Turniere.

so mancher Experte eine Rückkehr an die Weltspitze für unmöglich gehalten hätte. Nicht allein, dass es Stenson spielerisch ab Ende des Jahres 2009 an Erfolgen mangelte. Im Rahmen der globalen Finanzkrise verlor er auch angeblich acht Millionen Dollar durch das Missmanagement der Investmentfirma des Amerikaners Allen Stanford. Dieser wurde aufgrund seiner Betrügereien inzwischen zu einer Gefängnisstrafe von 110 Jahren verurteilt. Insgesamt verloren die Anleger bei Stanford übrigens rund sieben Milliarden US-Dollar.

GeFährliche kraNkheit

Zu den spielerischen Problemen und dem Desaster an der Anlagefront kam für Stenson eine virale Lungenentzündung, die bedrohliche Ausmasse annahm. Wenn der Schwede auf der DrivingRange einen seiner Hustenanfälle erlitt, drehten sich die Kollegen erst einmal um und schüttelten angesichts seines Gesundheitszustands den Kopf. Er selbst schleppte sich trotzdem von Turnier zu Turnier. Nachdem er beim WGC-Bridgestone Invitational 2010 Letzter geworden war, folgte ein Krankenhausaufenthalt dem anderen. «Die Lektion habe ich gelernt», sagt er heute. «Spiele niemals Golf, wenn du krank bist!» Die Abwärtsspirale seiner Karriere – sie schien kein Ende zu nehmen.

«Wenn man durch solch eine Krise geht, erreicht man irgendwann den Punkt, an dem man erkennen muss, wie es überhaupt weitergehen kann», erinnert sich Stenson an den Tiefpunkt seiner Karriere. «Wenn es ständig bergab geht, weiss man nicht so recht, wo man anfangen soll. Aber irgendwann erreicht man früher oder später die Talsohle, bekommt alles in den Griff und fängt an, sein Leben wiederaufzubauen.»

Inzwischen hat der Schwede seine Finanzen neu geordnet. Er hat den Kaymer-Manager Johan Elliot verlassen und wird von ICON Sports Management repräsentiert. Er hat sein Spiel bis ins kleinste Detail analysiert und die Fehlerquote ausgemacht. Dann hat er trainiert bis zum Umfallen, bis seine Trefferquote besser wurde. «Einen Zaubertrank gibt es nicht», resümiert er die Aufbauphase seit Anfang 2011. «Es geht nur um harte Arbeit an den richtigen Dingen, die sich mit der Zeit auszahlt.» Langfristiges Denken statt kurzfristige Ziele waren für ihn entscheidend: «Ich habe jeweils entschieden, wo ich in zwei Monaten sein wollte, nicht in dieser Woche. Das hat mich nach vorne gebracht.»

Der Wendepunkt kam schliesslich Ende der Saison 2012, als sich Henrik Stenson bei der SA Open Championship in Südafrika aus der Verfolgerposition heraus den Sieg erspielte. Das Selbstvertrauen wuchs. Und nachdem er bei den Shell Houston Open im April – wohlwissend, dass er ein Topergebnis brauchte – geteilter Zweiter geworden war und sich damit für das US Masters in Augusta National qualifiziert hatte, wusste Stenson: Er war zurück an der Weltspitze, wieder Teil der Elite. Der Verlauf der Saison 2013 lässt daran keinen Zweifel.

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