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Eigenverantwortung gefragt
Seit Herbst 2008 haben sich zahlreiche Einbrüche und Diebstähle in Clubhäusern von Golfanlagen der Schweiz ereignet. Dabei wurde meistens Material, vor allem Driver und Fairwayhölzer, aus den Einstellhallen für Trolleys gestohlen. In den letzten Monaten sind aber auch mehrere Einbrüche mit schwerem Gerät in Gebäude passiert, wobei sogar Mauern durchbrochen und Tresore herausgebrochen und mitgenommen wurden. Was bedeutet das für die Betreiber von Golfanlagen, was für die Clubmitglieder?
Schwierig zu verteidigen, aber scharf bewacht: das Clubhaus von Royal Birkdale in England.
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Das ist neu: die Kriminalität hat Einzug gehalten auf den Golfanlagen des Landes. Sicher sind auch in der Vergangenheit immer wieder diese oder jene Dinge entwendet worden; aber offensichtlich in einem bescheidenen Rahmen, so dass sich die Mitglieder, aber auch Greenfeespieler im und ums Clubhaus herum sicher gefühlt haben. Doch es scheint, dass auch in dieser Beziehung die gute, alte Zeit endgültig vorbei ist. Die Idylle früherer Zeiten ist allerdings in den Infrastrukturen vieler Golfplätze noch sehr deutlich erkennbar. Die Clubhäuser sind offene, sympathische Gebäude mit zahlreichen Eingängen und vielen Fenstern, die dem Besucher signalisieren, dass er willkommen ist. Doch das signalisieren sie natürlich auch dem böswilligen Besucher, der es auf das Bargeld in der Kasse oder auf teures Equipment in der Wägelihalle abgesehen hat.
Open Door für jedermann
Seit jeher sind es sich die Mitglieder eines Clubs daran gewohnt, quasi jederzeit Zugang zu den Räumlichkeiten «ihres» Clubs zu haben, der nach ihrem Verständnis zu einem kleinen Teil auch jedem Mitglied gehört. Early Birds kreuzen noch vor Sonnenaufgang auf, schnappen sich ihren Trolley mit Bag in der Caddyhalle und stehen auf dem ersten Abschlag, lange bevor das Personal zur Arbeit auftaucht. Das gleiche Bild am Abend spät, wenn bis in die Nacht hinein Bälle auf der Range geklopft werden, bevor der Trolley wieder auf den gemieteten Platz im Schuppen geschoben wird und man sich zum verdienten Bier setzt. Und wenn «ein ungerades Mal» ein Kollege zur Unzeit anruft und eine Auswärtspartie für den morgigen Tag vorschlägt, dann geht man halt kurz vor Mitternacht noch rasch ins Clubhaus, um seinen Bag für den Ausflug am nächsten Morgen zu holen.
Das sind, wie gesagt, idyllische Verhältnisse in einem glücklichen Umfeld, das man kaum anders denn als mit dem Begriff «Paradies» umschreiben kann. So jedenfalls sehen das seit einiger Zeit auch Gauner, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit bandenmässig organisiert sind. Sie erkennen in der oben beschriebenen Idylle vor allem einen Selbstbedienungsladen; ein frei zugängliches, kaum verteidigtes und nicht kontrolliertes Warenlager mit einem Wert in Millionenhöhe. Anders kann man eine gut gefüllte Wägelihalle wohl kaum beschreiben, wenn man daran denkt, sie auszuräumen. Das gleiche gilt für Garderoben und Parkplätze. In zahlreichen Clubs haben die Mitglieder ihren eigenen Garderobenschrank mit Namensschild, wahrscheinlich noch mit Holztüre und einem altertümlichen Schloss. Dort werden bei Turnieren nicht nur die Kleider verstaut, sondern auch Geldbeutel, Autoschlüssel und wer weiss noch was für Wertgegenstände. Eine solche Schranktüre bietet einem gut ausgebildeten Profi Widerstand etwa für eine Sekunde – dabei dauert es einige Stunden, bis der Inhaber zurückkommt!
Ungefähr gleich lang dauert es, ein Auto zu öffnen. An Schlössern wird dabei schon längst nicht mehr hantiert; Scheibe einschlagen, Türe auf, Hand- und andere Taschen gepackt und bye bye.
Nicht schwarz malen, bitte!
Sie denken, das ist alles meilenweit übertrieben? «Think again», wie die Amerikaner sagen: ganze Gaunerbanden haben die Einladung zum Besuch wörtlich genommen und haben eine beispiellose Einbruchsserie auf mindestens 30 Golfanlagen der Schweiz hingelegt. Zum Teil wurde eine Anlage mehrfach heimgesucht; es wurde mehrmals auch in Proshops oder Clubsekretariate eingebrochen, und es sind in den letzten 12 Mona- ten Tausende von Drivern, noch viel mehr Fairwayhölzer, eine unbekannte Menge von weiterem Material und wohl auch Hunderttausende von Franken gestohlen worden. Das sind die Facts; selbstverständlich wurde in allen Fällen durch die betreffenden Clubs und Betriebe Anzeige erstattet, und immer sind daraus dann auch Versicherungsfälle geworden.
Mario Rottaris, der Präsident der Swiss Golf Manager Association (ASGM) erklärt, dass innerhalb seiner Vereinigung ein guter Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den Managern von Golfanlagen besteht. «Die ASGM hat als erklärtes Ziel, eine Plattform zum Austausch und ein Netzwerk von Beziehungen zu pflegen, um voneinander zu lernen. Das System funktionierte auch bei den vergangenen Einbrüchen. Wurde irgendwo wieder eingebrochen, dann verging meist keine Stunde, und die anderen Clubmanager wussten ebenfalls über die Details Bescheid». Sieht er denn die ganze Sache ebenso schwarz, wie wir sie weiter oben beschrieben haben? «Wir alle sind gezwungen, umzudenken. Mitglieder, Kunden, Clubvorstände, Personal, Greenkeeper und Platzarbeiter. Einfach alle. Die Verhältnisse sind heute so, wie sie eben sind, und daran müssen sich alle gewöhnen. Es kommt zu neuen Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit der Clubmitglieder auf den Anlagen, und das schlimmste ist – verschwindet etwas, müssen es ja nicht unbedingt Einbrecher gewesen sein. Es kommen ja auch andere
Verteidigt wie eine Festung: Villa bei Pebble Beach in California.

Clubmitglieder als Täter in Frage, und das wird möglicherweise gegenseitiges Misstrauen zur Folge haben».
Mögliche Massnahmen
Ebenfalls nach allen Regeln der Kunst geschützt und bewacht: das Clubhaus des TPC at Sawgrass in Florida.

Grundsätzlich geht Mario Rottaris im Einklang mit allen Sicherheitsexperten davon aus, dass jedes Gebäude geknackt, jedes Sicherheitssystem ausgetrickst werden kann. Absolute Sicherheit vor Einbrüchen und Diebstählen ist nicht zu haben; es sei denn, man verwandle das Clubhaus in einen Bunker à la Fort Knox und stelle eine schwer bewaffnete Armee zur Bewachung davor. «Das kann natürlich nie das Ziel sein. In erster Linie wollen wir ja den Charakter und die Annehmlichkeiten unserer Clubhäuser bewahren und uns weiterhin daran freuen. Aber daneben müssen Massnahmen auch bezahlbar sein; und das Umbauen eines Clubhauses in eine Festung ist genauso ausserhalb jedes vernünftigen Budgets wie der ständige Einsatz von Sicherheitspersonal».
Wenn also schon kaum ein Gebäude sicher ist vor Einbrüchen – lohnt es sich denn überhaupt, irgendwelche Massnahmen zu treffen, und was ist machbar und vernünftig?
«Ich denke, das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Wir haben jetzt beispielsweise in Wallenried im ganzen Areal die Zugangsmöglichkeiten neu geregelt und haben die Eingänge zur Caddyhalle massiv verstärkt, so dass immerhin ein gewisses Abschreckungspotenzial besteht. Mit einem neuen Schliesssystem haben nur noch Mitglieder Zugang zu dem Lokal, und das nur noch während der Betriebszeiten. Das war bezahlbar und ist für die Kunden – Mitglieder und
Greenfeespieler – auch zumutbar; es hält uns sicher einen Teil der Kriminellen vom Leib. Das sind eben solche Beschränkungen in den Bewegungsfreiheiten, welchen wir heute offenbar nicht mehr ausweichen können».
Die Betreiber der Golfanlagen stehen also auch unter einer gewissen Verantwortung? «Sicher. Sie sind es ihren Kunden schuldig, die Anlage mit modernen Methoden zu führen. Dazu gehören auch sinnvolle, zumutbare Sicherheitsmassnahmen, bauliche oder andere. Ich kenne Golfanlagen, auf welchen bereits Videoanlagen im Betrieb sind. Alarmsysteme gehören dazu, Türen und Fenster, die so gut schliessen, dass sie einen gewissen Einbruchschutz bieten – und sei es auch nur gegen Lausbuben und Vandalen. Denn gegen gut ausgerüstete Profis können wir uns kaum schützen».
Wer haftet?
Am Schluss kommt es nach einem solchen Geschehnis wie üblich zur Frage der Haftung, und damit zu Versicherungsproblemen. Grundsätzlich stellen sich auf einer Golfanlage viele mögliche Haftungsfragen, und es ist deshalb auch in der Schweiz bereits zu Gerichtsverfahren gekommen. Die Grundregel ist einfach zu begreifen: der Spieler ist alleine für sein Tun und Lassen verantwortlich. In den allerwenigsten Fällen kann er einen Teil dieser Verantwortung auf den Betreiber der Golfanlage abwälzen. Im Falle von Einbrüchen und Diebstählen sowieso nicht; in erster Linie aus rein praktischen Gründen. Der Club vermietet dem Mitglied in der Regel einen Einstellplatz; doch das abgestellte Material gehört nicht dem Club, weshalb er auch keine Diebstahlversicherung dafür abschliessen kann. Um rechtlich allerdings eine Haftung des Clubs gegenüber dem Mitglied zu begründen, reicht Miete als Vertragstyp nicht aus; da wären eher Verhältnisse wie zum Beispiel an einer Konzertgarderobe zum Vergleich heranzuziehen. Solche Verhältnisse sind bei einem Einstellplatz in einer Wägelihalle – entgeltlich oder nicht – mit Sicherheit nicht gegeben.
Nein, meint Mario Rottaris, der Fall sei klar: «Die einzig richtige Lösung ist, dass der Golfer/das Mitglied im Rahmen seiner privaten Hausratver- sicherung über eine genügend hohe Deckung für Diebstahl oder Beschädigung von persönlichen Sachen auswärts verfügt. Einige Regeln:
• Sachen nicht unbeaufsichtigt stehen oder herumliegen lassen (also auch nicht während des Drinks nach der Runde irgendwo vor dem Restaurant).
• Wertgegenstände auf sich tragen und nicht in Caddyhalle, Garderobe oder im Auto aufbewahren.

• Private Hausratversicherung mit genügend hoher Versicherungsdeckung für Diebstahl auswärts abschliessen.
• Überprüfen, dass die private Hausratversicherung auch den sogenannten «einfachen Diebstahl auswärts» abdeckt.
• Überprüfen, dass die Versicherungssumme auch für Sachen von Familienmitgliedern ausreicht, sofern die Sachen gleichzeitig entwendet oder beschädigt werden können.»
Alles klar also?
Man wird kriminelle Taten wohl nie mit präventiven Massnahmen verhindern können. Es ist auch nicht mehr so, dass Mitglieder im Clubhaus ein zweites Zuhause erkennen können.
Vielmehr sind aus den Mitgliedern heute Kunden geworden, die ein Anrecht darauf haben, gut behandelt zu werden. Daneben aber lassen sich aus der Kundenbeziehung auch Pflichten ableiten – im Falle eines Golfers ist es sicherlich eine dieser Pflichten, sich um sein eigenes Material zu kümmern. Er sollte es deshalb immer im Auge haben, und er sollte auf jeden Fall darauf vorbereitet sein, dass etwas Unerwünschtes passiert. Deswegen führt auch kein Weg an einer zweckmässigen Versicherungslösung vorbei.
Wer viel reist, der kann übrigens davon profitieren; denn im Ausland sind die Risiken mit dem Auto wohl eher noch grösser als in der Schweiz. Diebstahl auswärts umfasst auch den Inhalt eines gestohlenen oder aufgebrochenen Autos – aber Vorsicht bei Flugreisen! Verlorenes Fluggepäck ist nicht darin enthalten.