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Tiger gegen Rab
Zum Golfspielen darf kein Schläger eingesetzt werden, der nicht vom R&A oder von der USGA die Zulassung erhalten hat. Für diese Zulassung ist in Europa die Abteilung Research & Development des Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews zuständig.
Das folgende Gespräch könnte sich gegenwärtig irgendwo in der Schweiz abspielen.
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Golfer: «Ist mein Driver legal?».


Pro: «Nein, leider nicht.»
Golfer: «Wieso haben Sie mir denn einen illegalen Driver verkauft?»
Pro: «Der Driver war damals, als Sie ihn in meinem Proshop gekauft haben, legal. Doch in der Zwischenzeit hat der R&A neue Regeln in Kraft gesetzt, welche gewisse Driver verbieten. Alle nun nicht mehr zulässigen Driver sind auf der List of non-conforming Drivers zusammengefasst.»
Golfer: «Kann ich denn nun ein paar dieser neuen Driver ausprobieren, die leichter zu spielen sind, weiter gehen, aber trotzdem legal sind?»


Pro: «Selbstverständlich. Wir machen gleich einen Termin für ein Driver Fitting! Wir werden sicher einen Driver finden, der zu Ihrem Schwung passt.»
Es herrscht also Unsicherheit, und auch wir Pros müssen diese Liste konsultieren, die Tausende von Modellen enthält. Man kann sich da schon fragen, wo denn dieser ganze technische Krimskrams herkommt – eine Frage, die ich in St. Andrews, dem «Home of Golf» dem Leiter des R&D Departments, Steve Otto, stellte. Der R&A ist ja immerhin die Regelbehörde für die ganze Welt, mit Ausnahme der USA und Mexiko, wo die USGA zuständig ist. Der neue Test Center wurde im Sommer 2006 eröffnet, integriert in die neue Driving Range gegenüber dem Old Course Hotel. Er ist unterteilt in zwei Räume. Im ersten Raum steht der Swing Roboter, der auf den Spitznamen «Rab» hört. Er ist jederzeit bereit, Bälle die ganze 370 Meter lange Range runter zu hauen. Effektiv hat Rab einen maximalen Clubhead Speed von 130 mph; doch, wie Steve Otto präzisiert, meistens lässt er ihn etwas langsamer schwingen. Mit Vollgas würde er wohl sogar Tiger Woods mit Leichtigkeit überdriven, obschon auch ihm eine Schwunggeschwindigkeit von rund 130 Meilen pro Stunde nachgesagt wird. Rab kann auch so programmiert werden, dass er alle bekannten Fehlschläge produziert, dass er den Ball ausserhalb des Zentrums trifft, toppt, dass er Hooks oder Slices haut oder eine Kombination solcher Fehler macht. Jeder Ball, den der Roboter abfeuert, wird per Radar und mit Kameras gemessen und verfolgt; Steve Otto und sein Team können die Daten in einem separaten Raum auf dem Bildschirm sofort analysieren. Dabei stehen ihnen natürlich gewaltige Computer-Kapazitäten zur Verfügung; denn massenweise Daten werden erhoben. Diese werden dann mit Daten verglichen, welche im benachbarten Raum, ebenfalls einer Abschlagsbox der Driving Range, von richtigen Golfern produziert werden. Auch hier steht eine imposante Batterie von Kameras und Messgeräten; eine Messplatte für den Gewichtstransfer sowie natürlich Radar Tracking sind permanent aktiv, so dass auch hier Unmengen von Daten über die Qualität der Shots zur Verfügung stehen.

Spiel oder Wissenschaft?
Bis vor nicht allzu langer Zeit waren es vor allem die grossen Hersteller, welche sich den Luxus von solchen Anlagen gegönnt haben, um das Material intensiv auszutesten; doch die dabei gewonnenen Daten wurden unter strengstem Verschluss gehalten. Die Konkurrenz liess man schon gar nicht Einblick nehmen in solche Dokumente. Jedes Jahr werden weltweit Tausende von neuen Drivern, Eisen, Puttern und Bällen entwickelt, weshalb bei den beiden Regelbehörden R&A und USGA irgendwann einmal das Bedürfnis nach eigenen Test-Installationen auftauchte. Die USGA verfügt bereits seit den Neunziger Jahren über solche Labors, während sich der R&A erst neulich in dieser Beziehung selbständig gemacht hat. Vorher vertraute man punkto Tests der USGA, heute arbeiten die beiden Organisationen in diesem Bereich ebenso eng zusammen wie zum Beispiel bei den Golfregeln. Innerhalb des R&A, sagte uns Steve Otto, hat man in jüngster Zeit vermehrt beobachtet, dass die Bedeutung von präzisen Abschlägen abgenommen hat. Man führt das zu einem guten Teil darauf zurück, dass gute Spieler keine Mühe haben, dem Ball auch aus dem Rough genügend Backspin zu geben, um ihn auf dem Green zum Halten zu bringen, und man führt das auf allzu gut gefräste Grooves (Rillen mit allzu scharfen Kanten) in den Clubfaces zurück. So gewann Tiger Woods im Februar 2008 das Buick Invitational in Torrey Pines, indem er gerade mal 48,2% seiner Abschläge auf den Fairway brachte, aber 80,6% Greens in Regulation traf! Neben den Rillen in den Wedges und den Eisen sind es auch die Aussenhüllen der Bälle, welche solche Spinkontrolle zulassen – welchen Ball spielt Tiger denn nun jetzt schon wieder?
Die Menge von neuen Produkten, welche R&A und USGA zur Begutachtung eingereicht bekommen, ist im übrigen erstaunlich. Seit 1950 erhält der R&A solche Anfragen; ursprünglich wurden sie im historischen Forgan Clubmakers Workshop direkt neben dem 18. Green des Old Course getestet, bevor das neue Test Center in der Driving Range direkt neben der St. Andrews Golf Academy eröffnet wurde. Die Anfragen nehmen zu: während es 2006 noch rund 1000 Anfragen waren, kamen 2007 bereits 1500 Prototypen in Form von Gesuchen für eine Zulassung, und dieses Jahr werden es wohl noch mehr sein – die meisten übrigens neue Driver!