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Boden ist nicht einfach Boden
Mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz eingebogen, schnell in die Golfschuhe geschlüpft, Bag an den Rücken, Regenschirm aufgespannt und raus auf den ersten Abschlag – wer bei allen Verhältnissen spielt, der ist vom richtigen Kaliber! Was er nicht weiss: spielen auf einem durchnässten Golfplatz mag ja noch gehen, aber beim Unterhalt, erst recht aber bei baulichen Massnahmen bestehen Limiten. Der Boden erträgt nicht jede Art von Belastung.
«Bau von Golfanlagen im Fokus verschiedener Interessen mit besonderer Behandlung des Boden- und Naturschutzes» – das war der Titel einer Tagung von Experten, die im November in der soeben fertig gestellten Golfanlage von Oberkirch im Kanton Luzern stattgefunden hat. Der nachfolgende kurze Überblick stützt sich auf die Manuskripte der gehaltenen Referate. Oberkirch ist die zweite Golfanlage der Migros im Kanton Luzern. Dass
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Golfanlagen vor allem kommerzielle Interessen verfolgen, kam im Referat von Manager Marco Popp deutlich zum Ausdruck; während der Planungsphase musste eine rund einjährige Verzögerung hingenommen werden, wegen «unterschiedlicher Auffassungen kantonaler Behörden». Gerade diese kantonalen Behörden liessen aber keinen Zweifel an der Bedeutung der Golfanlagen für den Kanton Luzern. Eine 36-Loch-Anlage, zwei 18-Loch-Plätze und vier kleinere Anlagen belegen eine Fläche von 290 Hektaren, erforderten Investitionen von rund 48 Mio Franken und sorgen für rund 100 Arbeitsplätze. Für die Regionen und Standortgemeinden bedeutet ein Golfplatz eine Aufwertung des Standortes. Neben der Qualität als Naherholungsgebiet sind auch die neu entstehenden Lebensräume für Pflanzen und Tiere wichtig. Wegen des hohen Platzbedarfs für einen Golfplatz drängen sich kombinierte Nutzungen auf; zuallererst natürlich mit dem Naturschutz. Das sei aber nur möglich, wenn bereits bei der Planung auf die Bedürfnisse des Naturschutzes Rücksicht genommen werde. Später, im Betrieb, muss auch die Pflege der Zweitnutzung Rechnung tragen. Mindestens ein Drittel der gesamten Fläche müsse als den ökologischen Ausgleich reserviert bleiben; darunter seien ungedüngte Wiesen zu verstehen, die höchstens zwei mal pro Jahr gemäht werden, sowie Weiher, Gräben, Sumpf, Hecken, Säume und so weiter. Wünschbar wäre es, wenn ein möglichst grosses Stück dieser Fläche am Rand des Golfplatzes und zusammenhängend zu liegen komme; die anderen Flächen sollten vernetzt sein, damit die Wildtiere zirkulieren können.
Sorge tragen zum Boden
Wegen der Knappheit des Bodens in der Schweiz müssen Golfplätze zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit wieder in Produktionsflächen umge- wandelt werden können. Der Boden muss also beim Bau eines Golfplatzes so behandelt werden, dass seine Fruchtbarkeit und ursprüngliche Qualität erhalten bleiben oder wiederhergestellt werden können.
«Nachdem das von 15 Kantonen und Liechtenstein 2003 gemeinsam erarbeitete «Merkblatt und Checkliste für Bodenschutz beim Bau von Golfanlagen» golfspezifische Aspekte zu wenig in die als Richtlinien vorgeschlagenen Massnahmen einbezogen hatte, gab die ASG eine Studie in Auftrag, welche sich detaillierter mit diesen Aspekten beschäftigte», so ASG-Generalsekretär Johnny Storjohann. Die Beispiele von den Golfplätzen von Kyburg (links) und Obere Alp zeigen, wie Natur und Sport geschickt und Wildlife-gerecht integriert werden können.
Im Zentrum des Interesses stehen dabei in erster Linie Bodenverdichtungen. «Boden» wird die Grenzschicht zwischen Erdball und Atmosphäre genannt; die Hälfte der Bodenschicht ist dabei Hohlraum, die Weite der Poren variiert von Millimetern bis in den Submikrometerbereich. Die feste Substanz kann zusammengesetzt sein aus Tonmineralien mit chemischen Tauschoberflächen, aus inerten oder reaktiven Mineralkörnern sowie aus organischen Substanzen. Weil Boden porös ist, ist er auf Druck empfindlich, die Gefahr der Verdichtung oder der Erosion daher gross.
Der Boden speichert Wasser, das er mit grosser zeitlicher Verzögerung an die Wurzeln, die tieferen Schichten oder an die Atmosphäre abgibt. Sein Wasserhaushalt hängt eng mit dem Wärmehaushalt zusammen, weshalb gesunder Boden auch Klimafunktionen wahrnimmt.

Bodenverdichtungen, die bei nicht sachgerechtem Umgang auftreten können, müssen durch eine Reihe von Vorkehrungen verhindert werden. Dazu gehören beispielsweise der Einsatz von Maschinen mit niedrigem spezifischem Druck oder das Unterlassen gewisser Arbeiten bei nassen Bodenverhältnissen.
Die gesetzlichen Grundlagen für den Bodenschutz sind in der Bundesver- ordnung über Belastungen des Bodens festgehalten (VBBo), welche auch den physikalischen Bodenschutz regelt. 2003 haben 15 Kantone und das Fürstentum Liechtenstein in Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden ein Merkblatt und eine Checkliste für den Bodenschutz beim Bau von Golfanlagen erarbeitet. In Bezug auf die praktische Anwendung der Richtlinien haben Gespräche zwischen der ASG und den kantonalen Bodenschutzfachstellen stattgefunden, wobei in den meisten Punkten Konsens erzielt werden konnte. Bezüglich Einsatz der Maschinen gingen die Meinungen auseinander. Deshalb hat die ASG eine Untersuchung veranlasst und finanziert. An der Untersuchung haben zwei Hochschulen, eine Forschungsanstalt und die Agrolab Swiss GmbH, Labor für Landwirtschaft und Umwelt in Root mitgewirkt.
Was beim Bauen passiert
Die AgroLab Swiss GmbH und ihr Direktor Mijo Jozic haben an der Fachtagung in Oberkirch die Untersuchung über die Bodenbelastung durch einzelne Bauaktivitäten vorgestellt. Diese zeigt vor allem, wie komplex die Materie an sich ist, und wie schwierig es ist, angesichts der verschiedenen Bodentypen und der stark wechselnden Feuchtigkeit in den Böden standartisierte Aussagen zu machen.
Bloss die oberste Schicht des Bodens ist eine Humusschicht, diese kann aber sehr unterschiedlich mächtig sein. Wird für die Erdarbeiten beim Bau oder Umbau eines Golfplatzes schweres Gerät eingesetzt, so besteht vor allem Verdichtungsgefahr für diejenigen Schichten, welche die Raupen zuletzt befahren. Werden so tiefer liegende Schichten allzu stark beeinträchtigt, kann die Wasserleitfähigkeit verloren gehen.
Die Untersuchung und die im Oktober 2006 von Dr.Etienne Diserens (Eidgenössische Forschungsanstalt, Agroscope FAT Tänikon) publizierten Ergebnisse von Feldmessungen betreffend die Bodengefährdung durch schwere Baumaschinen mit Raupen lassen aber erkennen, dass die Sache nicht ganz so schlimm ist. Schwere Bulldozer (Fachausdruck: Schürfkübelraupen) müssen bei den Erdarbeiten zwar mit Vorsicht eingesetzt werden; bleibende Bodenschäden konnten aber im grossen Ganzen nicht nachgewiesen werden.
