6 minute read

Saisonstart Ein der anderen Art

Die neue Saison steht vor der Türe. Und für alle diejenigen, die Golf nicht als Ganzjahressport betreiben, stellt sich die Frage nach dem geeigneten Vorgehen, damit der Start ins neue Golfjahr optimal gelingt. Die Empfehlungen von Marcus Knight, welche den kurzen Eisen zentrale Bedeutung beimessen und damit einen neuen Zugang zum Golf ermöglichen, legen das Augenmerk auf Lockerheit, Rhythmus und gutes Schwunggefühl – zentrale Voraussetzungen für Spass und Erfolg während der Saison.

Ein Kaltstart aus dem Nichts direkt auf dem Parcours wird mit grösster Wahrscheinlichkeit wenig Freude bereiten. Allzu latent ist die Gefahr, sich zu verkrampfen und aus diesem Grund schlecht zu schwingen. Deshalb ist es ratsamer, sich vorerst auf einer Übungsanlage auf den Ernstfall einzustimmen. Für Marcus Knight hiesse das mindestens drei Trainingseinheiten nur mit kurzen Schlägern, also Eisen 9 und darunter, zu absolvieren. Der Grund dafür ist die Erkenntnis, dass die Golfer allgemein mit den kurzen Schlägern unverkrampfter schwingen, weil sie einem Pitching Wedge mit weniger Respekt begegnen als etwa einem Eisen 5, sie daher lockerer sind und weniger der Versuchung unterliegen, den

Advertisement

Schläger drücken und steuern zu müssen. Das weit verbreitete, meist durch lautere Angst vor einem Fehlschlag begründete, verklemmte, wie er es nennt, «Drücken, Schieben und Steuern» bezeichnet für Marcus Knight gewissermassen als Schimpfworte den Gegensatz zum angestrebten freien, runden, rhythmischen Schwung. Ein solcher lässt sich daher Erfolg versprechender mit einem kurzen Eisen üben: Das Schwunggefühl mit Hilfe von kurzen Eisen entwickeln, das steht als Hauptziel zum Saisonbeginn im Vordergrund.

Ein Hoch der Abschlagsmatte!

Viele Golfer verdammen sie, doch Marcus Knight bezeichnet sich als «Fan der Matte», weil die künstliche

Die Karriere von Marcus Knight zum professionellen Golfer hat in England, genauer in Bridgnorth, ihren Anfang genommen, wo er als Fünfjähriger mit dem Golfspiel begonnen hat. Mit 19 wechselte er zu den Pros, mit dem Ziel, sich für die europäische Tour zu qualifizieren. Nach vielen Höhen und Tiefen gab er 2003 seinen Traum endgültig auf und konzentriert sich seitdem auf die Arbeit als Golflehrer. Marcus Knight kam 1994 in die Schweiz, er ist mit einer Schweizerin verheiratet und seit 2001 auch Schweizer Bürger. Obwohl noch jung an Jahren, verfügt er über viel Erfahrung, denn nach seinem eigenen Bekunden hat er im Laufe seiner wechselvollen Karriere «jeden Fehler gemacht», aber auch entsprechend viel daraus gelernt. Davon profitieren die Mitglieder in Schönenberg, wo Marcus Knight seit diesem Jahr mit grossem Engagement als Headpro wirkt.

Das erste Training für die neue Saison gemäss Marcus Knight: Ausschliesslich Schläge vom Tee mit den Wedges und dem Eisen 9. Der zweite Schritt: Die optimale Ball-Lage auf der Abschlagsmatte nutzend, ebenfalls nur mit den Wedges und dem Eisen 9 spielen; mit dem Ziel, ohne Druck ein lockeres Schwunggefühl zu entwickeln.

Abschlagsunterlage eine perfekte Ball-Lage ohne jeglichen Widerstand bietet. Das erleichtert es, dem Zweck des Golfspiels nahe zu kommen, nämlich die Rückseite des Balles mit dem Schlägerkopf absolut square zu treffen, ohne zu toppen oder vor dem Ball die Unterlage zu berühren, in der falschen Annahme, zum Höhengewinn unter den Ball schlagen zu müssen. Denn dass der Ball in die Luft steigt, dafür ist alleine der Loft zuständig. Nur in einer speziellen Situation soll der Schlägerkopf unter dem Ball durchschwingen – im Bunker. Obwohl das Spiel von der Matte im Verhältnis zu den Gegebenheiten auf dem Parcours unrealistisch ist, stellt es aus den oben erwähnten Gründen ein ideales Trainingsmittel dar. Der nützliche Effekt und Komfort lässt sich noch steigern, denn noch einfacher spielt sich der Ball vom Tee; niemand sollte dazu zu stolz sein und mindestens zu Saisonbeginn ein ganzes Training lang von diesem Vorteil profitieren. Auf diese Weise lassen sich die Bälle mit mehr Vertrauen schlagen. Man denkt dabei in einfacheren Mustern, was der Technik zugute kommt. Die Bewegung wird lockerer, mit der Folge, dass sich das erstrebte gute Schwunggefühl einstellt.

Auch zum Einspielen empfiehlt Marcus Knight, nach einigen Probeschwüngen generell mindestens 15 Bälle mit höchstens einem 70%Schwung vom Tee zu schlagen. Und zwar bescheiden mit einem Wedge statt etwa mit dem Eisen 5. So fällt es leichter, Körperspannung aufzu- bauen, den Rhythmus zu finden, das Ballgefühl zu entwickeln und die Bewegung zu fühlen.

Kurzes Spiel hat Priorität

Verschiedene Trainingsanlagen verfügen über ein Chipping-Green. Ein ideales Gelände für den Einsatz der für den Anfang zu bevorzugenden Schläger bis zum Eisen 9. Sogar volle Schwünge sind da möglich. Für Marcus Knight hat ein voller WedgeSchlag übrigens mindestens denselben Trainingseffekt wie ein solcher mit dem Eisen 5.

Auf der Range ist kurzes Spiel leider unbeliebt, trotz den perfekten Verhältnissen, welche die Matten mit den Tees bieten. Die Bälle kosten Geld und die Spieler wollen etwas davon haben, das bedeutet, die Längenjagd, «das Klepfen», wie es Marcus Knight nennt, steht im Vordergrund. Das Schema ist bekannt: Nach einigen hastig absolvierten Übungsschwüngen wenden sich vor allem die Herren der Schöpfung schnell grösseren Kalibern zu, mit der Folge eines Steigerungslaufs in Verkrampfung. Gerade zu Saisonbeginn ist ein solches Verhalten besonders kontraproduktiv, da sich auf diese Weise das erstrebte Schwunggefühl und das Vertrauen in den Schwung nicht entwickeln können. Zur Lockerung, Beruhigung und Rhythmusfindung ist es für Marcus Knight selbstverständlich, das Training von mittleren, langen Eisen oder Hölzern aus Prinzip regelmässig durch mit dem Eisen 9 geschlagene Bälle zu unterbrechen.

Viele Driving Ranges verfügen über Anlagen, die geeignet sind, das Spiel mit den kurzen Eisen intensiv zu üben – bis zu vollen Wedge-Schlägen von der Matte oder aus dem Gras. Wer davon profitiert, wird die Früchte während der Saison ernten können und sich aufgrund der guten Erfahrung diese erfolgversprechende Trainingsform zur Gewohnheit machen.

Das kurze Spiel hilft auch dem langen. Umgekehrt gilt diese Devise aber nicht. Jeder strebt im Golf Erfolgserlebnisse an, doch die wenigsten sind, schon aus Gründen ihres Zeitbudgets, zu Sonderanstrengungen bereit. Die Konzentration auf das kurze Spiel lohnt sich deshalb auch nach dem Saisonstart. Ja, Marcus Knight spricht sogar davon, allgemein 90% der Trainingsanstrengungen darauf zu konzentrieren. Unter dem Motto: «Man gewinnt nicht mit einem Holz!» ist er selber ein Anwender dieses Trainingskonzepts. Und der Erfolg gibt ihm Recht. 2006 belegte der voll ausgelasteter Golflehrer an der Meisterschaft der Swiss PGA mit 2 unter Par nach den drei Runden den geteilten dritten Rang. Mit einem kurzen Eisen spürt er den Schwung optimal und das hilft ihm, die Bewegung zu speichern. Für ihn – auch ein getoppter Ball kann 200 Meter zurücklegen – ist die imaginäre 120Meter-Linie von wichtiger strategischer Bedeutung, denn innerhalb dieses kritischen Bereichs kann er die Schläger einsetzen, zu denen er ein besonderes Vertrauen aufgebaut hat. Das durch die Konzentration auf das kurze Spiel erworbene Vertrauen nimmt viel Druck weg, wenn man für entscheidende Schläge seine Lieblingsgeräte einsetzen kann.

Bewegung spüren, Ball beobachten

Den Schlägerkopf so bewegen, dass er frei zum Ziel schwingt, also einen Energietransfer ermöglichen, der den

Ball in die richtige Richtung fliegen lässt: Diesen korrekten Gebrauch des Werkzeugs lässt sich am besten anhand von kurzen Wedge-Schlägen über 15, 30 oder 40 Metern spüren und verinnerlichen, denn innerhalb dieses Spektrums erfolgt der Ablauf noch in eher gemächlichem Tempo. Zu viel bewusste Kontrolle durch Technikdenken, das zur Verkrampfung führt und der fliessenden Bewegung Widerstand entgegensetzt lässt sich mit solchen kurzen Schlägen einfacher vermeiden. Golfer denken allgemein zu kompliziert. Dabei reicht ein Blick auf den Ball aus. Dessen Bewegung – Richtung, Höhe –gibt ein exaktes Feedback, über die Art des Energietransfers. Das ist besonders bei den Wedges der Fall, die wenig Sidespin annehmen. Wie schon gesagt, das Spiel mit kurzen Eisen soll helfen, vom verkrampften «Drücken, Schieben und Steuern» wegzukommen und ein Schwunggefühl zu vermitteln, mit dem man den Schläger frei schwingen lassen kann. Das bringt neben dem squaren Treffen für einen geraden Ballflug, den anderen erwünschten Effekt, nämlich eine höhere Schlägerkopfgeschwindigkeit für mehr Länge – ebenso eine wichtige Voraussetzung für tiefe Scores. Natürlich gehören auch Golfstunden zur Saisonvorbereitung. Das bestätigt der grosse Andrang der Schüler jeweils im Frühjahr. In diesem Zusammenhang rät der Pro den Amateuren, nicht gänzlich unvorbereitet zur ersten Lektion anzutreten. Im Vorfeld sollte man bereits mindestens 200 Bälle geschlagen haben – vornehm- lich eben mit dem Eisen 9 und den Wedges. Das soll die aus der Sicht des Golflehrers frustrierende Situation vermeiden, dass er als Zuschauer beobachten darf, wie sich der Kunde anschickt, wenn er sich nach langer Pause wieder mit dem Golfschwung vertraut machen will.

Ein neuer Zugang zum Golf

Die Saisonvorbereitung soll die Grundlage schaffen für den weiteren, hoffentlich erfolgreichen Verlauf des Golfjahres. Weil die Vorstellung vom Fortschritt, die man sich für die letzte Saison gemacht hat, nicht in Erfüllung gegangen ist – immer die gleichen Fehler waren der Ursprung für frustrierende Erlebnisse – bietet sich besonders zum Saisonanfang die Chance für eine Veränderung. Der Neuanfang ermöglicht die einmalige Gelegenheit zur Weichenstellung, sich endlich die Freiheit zu nehmen, einen neuen Zugang zum Golf zu finden. Indem man sich Zeit nimmt und den Willen aufbringt, bewusst wieder in die Rolle des Anfängers zu schlüpfen. Man soll sich nicht fragen, was habe ich falsch gemacht, sondern wie mache ich es besser. Marcus Knight hat den Tipp dazu: nämlich, wie beschrieben und begründet, sich bevorzugt den Wedges sowie dem Eisen 9 widmen. Und das weit über den Saisonstart hinaus, am besten als fortdauernde, gewohnheitsmässige Praxis.

1] Problem: zu viel Bewegung in Beinen und Hüften erhöht das Risiko, vor dem Ball in den Sand zu hauen, was massiv Distanz kosten kann.

2] Tip: der Club wird etwas kürzer gegriffen.

3] Tip: die Ballposition ist etwas weiter hinten im Stand.

4] Resultat: die untere Körperhälfte bleibt stabil, der Kontakt ist gut und der Ball hat gute Chancen, die volle Distanz zu erreichen.

This article is from: