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Film

und nonbinären Menschen in den letzten Jahren stark hörbar machte, empfindet Zis als Segen. «Ich bin megafroh darüber, dass ich ausgelöst durch diese Bewegung ganz viel über mich selber lernen darf. Aber ich bin mir dabei bewusst, dass meine persönliche Reflexion und das, was ich daraus ziehe, der queeren Bewegung nichts bringt.»

Bei allem Aufbruch in den Frauen- und den queeren Bewegungen erlebte die Welt, ärdigs Simulacrum Mittelpunkt, in den letzten fünf Jahren aber auch Wahlerfolge von Rechtspopulist*innen und die Verhärtung autoritärer Herrschaft. Bröckelt das Patriarchat denn überhaupt? «In der Schweiz bewegt sich was. Man darf sich nun nicht ausruhen!» Momentan seien es mehr Menschen, die die Probleme sehen. «Nun müssen wir schauen, dass sie nicht wieder vergessen gehen.»

Hoffentlich. «Mir mached en Afang nachem Schluss».

Big Zis: «4xLove:2», CD, Digital, Stream und Vorbestellung Vinyl: bigzis.com; Live: Fr, 13. Nov., Neubad, Luzern; Do, 21. Jan., Solothurner Filmtage; Sa, 21. Nov., Kulti Wetzikon mit KT Gorique, weitere Daten siehe online.

Kino Ist Gewalt als Mittel des Widerstands legitim? Um diese Frage kreist «Und morgen die ganze Welt» von Julia von Heinz.

Sie schreitet über einen Feldweg, schleudert verzweifelt ein Gewehr in ein weites Feld. Sie schreit, atmet schwer. So entfaltet sich gleich zu Beginn des Films das Spannungsfeld, in dem sich die Protagonistin Luisa bewegt: hin- und hergerissen zwischen Ablehnung und Anwendung von Gewalt.

Luisa kommt aus gutem Haus, studiert Jura, glaubt an Recht und Gerechtigkeit, an das Gute im Menschen. Durch ihre Freundin Batte kommt sie mit der linken Szene in Berührung, engagiert sich dort und erlebt am eigenen Leib, dass ihr Engagement nicht gewaltfrei bleiben wird. Auf den Strassen Mannheims tobt der Wahlkampf der AfD, Plakate werden mit mit Glasscherben versetztem Kleister an die Wand geklebt. Wieso also nicht Gewalt anwenden? Dieser Gedanke kreist in Luisas Kopf. Ja, wieso nicht?, fragen wir uns auch als Publikum, denn die rechte Szene, mit der wir konfrontiert werden, ist fremden- und frauenfeindlich.

Da wird Gewalt legitimiert, Hass geschürt, gar glorifiziert. Die Anhänger*innen der linken Szene werden aus der Perspektive von Luisa als Held*innen dargestellt, die Widerstand gegen Rechtsextreme leisten, ihre Autos demolieren, sie körperlich angreifen.

Wir erinnern uns zwischendurch an die Anfangsszene: Luisa, die viel Leid erfahren hat und sich womöglich fragt, wohin all das sie geführt hat. Doch der Film endet mit einem komplizenhaften Blick zwischen Batte und Luisa. Kurz danach explodiert ein geheimer Stützpunkt der rechten Szene.

Statt eine fundierte Reflexion über Gewalt zu liefern, lässt uns der Film mit einem plumpen Ende, glorifiziertem Hass und Klischees zurück, der rechten wie auch der linken Szene, gespickt mit heteronormativen Rollenbildern. Männliche Figuren werden mehrheitlich als impulsgetrieben und rücksichtslos inszeniert, die Protagonistinnen als sozial und konstruktiv. Leider verdrängen diese Klischees die eigentliche Thematik des Films: die Auseinandersetzung mit Gewalt als Mittel des Widerstands. GIULIA BERNARDI

Julia von Heinz: «Und morgen die ganze Welt», D/F 2020, mit Mala Emde, Noah Saavedra, Tonio Schneider u. a. Läuft ab 29. Okt. im Kino.