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Vor Gericht

Grosses Glück

Vier Obdachlose aus der französischen Küstenstadt Brest haben das grosse Los gezogen und beim Rubbeln 50000 Euro gewonnen. Öffentlich machte die Geschichte der Besitzer eines Tabakladens im Zentrum der Stadt. Die Obdachlosen würden sich regelmässig vor seinem Geschäft aufhalten: «Oft geben unsere Kunden ihnen dann eine Münze oder ein Rubbellos.» So auch am 20. September. Die Obdachlosen gewannen zuerst 25000 Euro. Anschliessend rubbelten sie ein zweites Feld frei, und erneut tauchte die Höchstsumme auf. Die Glücklichen haben sich die Summe bereits ausbezahlen lassen und gleichmässig untereinander verteilt.

HINZ & KUNZT, HAMBURG

Diskriminiert und belästigt

Im Schnitt 47 Prozent aller in der EU befragten LGBT-Personen – dazu zählen Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender sind – waren in ihrem Leben ein- oder mehrmals der Diskriminierung oder Belästigung wegen ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität ausgesetzt, in Österreich sind es sogar 48 Prozent. Das ergab eine Untersuchung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Befragt wurden 93 000 Personen aus 27 EU-Ländern.

MEGAPHON, GRAZ

Rassismus bei der Polizei

55 Prozent der Menschen in Deutschland halten eine Studie über Rassismus bei der Polizei für notwendig. Das ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag des Magazins Der Spiegel im Rahmen einer repräsentativen Befragung von 5000 Personen.

Vor Gericht

RIP RBG

Lebende Legenden gibt es nicht viele. Seit dem 18. September 2020 ist es eine weniger. Ruth Bader Ginsburg, die zweite Frau am höchsten Gericht der USA, verstarb 87-jährig im Amt. 1999, nur sechs Jahre nach ihrer Ernennung, wurde bei ihr erstmals Krebs diagnostiziert, im Darm. Zehn Jahre später war es Bauchspeicheldrüsenkrebs. 2018 fand man mehrere bösartige Lungenkarzinome. Im Mai dieses Jahres dann welche in der Leber. Trotzdem verpasste sie während ihrer Amtszeit gerade mal zwei Sitzungen.

Die erste Frau, die an den Supreme Court berufen wurde, Sandra Day O’Connor, sagte: Für Männer wie Frauen sei der erste Schritt zur Macht, sichtbar zu werden – und dann eine bestechende Show hinzulegen. «Von Herzen einverstanden!», schrieb Ginsburg dazu im Vorwort ihrer Autobiografie. Und welch eine Show sie bot! Jurist*innen werden selten zu Ikonen, zu Popstars mit von Rap-Titanen inspirierten Strassennamen: The Notorious RBG. Die berüchtigte Ruth Bader Ginsburg, die ihre abweichenden Meinungen messerscharf formuliert von der Kanzel zu verlesen pflegte, wenn sie mit ihren Kolleg*innen nicht einverstanden war.

In ihren letzten Worten, so die Tochter, äusserte Ginsburg noch einen Wunsch: Dass ihre Nachfolge erst nach den laufenden Präsidentschaftswahlen geregelt werde. Während des Wahlkampfs von Donald Trump im Jahre 2016 sagte sie, entgegen der Würde ihres Amtes und zum Entsetzen selbst ihrer Fans, dieser Mann sei ein «Faker», ein Hochstapler. Sie wolle sich eine USA mit Trump als Präsident nicht einmal vorstellen. Heute hat die Welt täglich vor Augen, was sie meinte. So gesehen erscheint ihr Tod wie der bittere Abschluss eines herausragenden Lebens. Als würde ihr das Schicksal zum Abschied den Mittelfinger zeigen. Warum ist es ausgerechnet Trump vergönnt, ihre Nachfolgerin zu bestimmen und so den Supreme Court in ein anti-modernes Kabinett von strammen Konservativen zu verwandeln? Die gegen alles stehen, wofür Ginsburg gekämpft hat: die im 14. Verfassungszusatz garantierte rechtliche Gleichbehandlung aller – Frauen, LGBTQ-Menschen, Schwarze, Arme, Beeinträchtigte – und Männer. Ihren ersten Genderdiskriminierungsfall gewann Ginsburg für einen Mann, der, anders als Frauen, keine Steuerabzüge für die Pflege seiner betagten Mutter geltend machen konnte. Und nun sieht alles danach aus, als sei mit ihrem Tod der Weg frei geworden für Amy Coney Barrett – eine Juristin, die öffentlich eine Pro-Life-Organisation unterstützte und die legale Abtreibung als «barbarisch» und eine «rohe Ausübung juristischer Macht» bezeichnete.

Das obige Zitat von Sandra Day O’Connor geht noch weiter: «Wenn Frauen Macht erlangen, wenn die Gesellschaft sieht, zu was Frauen fähig sind, wenn Frauen sehen, zu was Frauen fähig sind, werden immer mehr Frauen tragende Rollen übernehmen. Es wird gut sein für alle.» Genau dafür steht Ginsburgs Leben. Und die Nachricht von ihrem Tod ist keine tragische, sondern bedeutet: Jetzt seid ihr dran!

YVONNE KUNZ ist Gerichtsreporterin in Zürich.