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Auswanderung in die neue Heimat

Um deutsche Siedler anzulocken, wurde in Ungarn finanzielle Hilfe, kostenloses Baumaterial, Steuerfreiheit für drei Jahre und später nur geringe Besteuerung geboten. Das Dekret des Fürstbischofs Lothar Franz (1724) erlaubte die Auswanderung, verbot aber jede spätere Remigration ins Hochstift. Damit entledigte sich der absolutistische Staat des Sorgerechts für seine sozial schwächsten Untertanen.

Das Auswanderungspatent vom 22. Juni 1730 setzte die große mainfränkische Auswanderung in Gang. Gesucht wurden Leute, die den Feld- und Ackerbau verstehen; „des Wein-Bau wohlkundige Häcker“; Zimmerleute; „den Wasser- Mahl- und Schneid-Mühl-Bau verständige Müller“; Maurer, Schmiede; Schlosser; Wagner; Schuhmacher; „Brod-Becker“; Kiesser oder Büttner; Tischler; Schneider; Rot- und Weißgerber; Häfner; Glaser; „Baader oder Chirurgum“; „Forstknechte“ aus „Teutschland“.

Mit Planwagen zogen die Siedler nach Ulm oder Donauwörth, später auch Regensburg. Sie fuhren von dort auf Flößen, sog. „Ulmer Schachtel“, die Donau hinunter. In Wien meldeten sie sich im Schönbornpalast und erhielten pro Kopf einen rheinischen Gulden als Reisegeld. Dann ging die Fahrt bis Waizen oder Pest weiter, es folgte ein 370 km langer Landweg. Die ersten fränkischen Siedler - 8 Familien mit 55 Personen - erreichten am 9. September 1730 die Gutsverwaltung in der Schönbornresidenz in Mukatschewo.

Blüte der Schönbornfrankenherrschaft in Transkarpatien

1746 erbte Eugen Erwein von Schönborn die Besitzungen und führte sie bis 1801 zur wirtschaftlichen Blüte, indem er nach dem Vorbild Kaiserin Maria Theresias die Wirtschaftsformen des Merkantilismus übernahm, und zwar mit Export von Fertigwaren nach Böhmen und Mähren und anderen Anrainerregionen. Er ließ Manufakturen als vorindustrielle gewerbliche Großbetriebe mit Handarbeit errichten, hier stach besonders Textilherstellung und Schuhproduktion hervor. Nach den neuesten Erkenntnissen der Ökonomisierung stellte er die Landwirtschaft auf ein höheres Niveau mit Einsatz neuer Werkzeuge und besserem Saatgut, erstmaligem Anbau von Kartoffeln und Futterpflanzen, Anlegen von Maulbeerbaumplantagen zur Seidenraupenzucht und Veredelung von Obstbäumen.

Trotz allen Fortschritts sorgten sich die Neusiedler um die mangelnde Schulbildung und religiöse Erziehung ihrer Kinder. Diese Notlage änderte sich 1774 mit der Einführung der Allgemeinen Schulordnung durch Kaiserin Maria Theresia, worin sie die Gleichberechtigung aller ethnischen Minderheiten zusicherte. Nach ihrem Tod 1780 fanden die für Karpatendeutschen so wichtigen Rechte wegen den Madjarisierungsbestrebungen des Mehrheitsvolkes immer weniger Beachtung. Bis 1914 gab es im ganzen Karpatenbogen keine deutsche Schule mehr.

95445 Bayreuth www.stiftung-verbundenheit.de

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

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