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Neue Liebe Basketball
«MOVE ON»
Bea Stadler-Birrer lässt sich von ihrer Tetraplegie und der starken Sehbehinderung nicht bremsen. Dank «move on» hat sie eine sportliche Leidenschaft entdeckt.
Von Peter Birrer
Es ist nur eine Trockenübung, aber sie sitzt. Bea Stadler-Birrer schnappt sich den Basketball, der im Wohnzimmer liegt, legt ihn sich in die linke Hand und imitiert einen Wurf. Sie ist ein Mensch, der eigentlich nicht ruhig sitzen kann, aber im Rollstuhl sitzen muss. Ein Mensch, für den der Sport seit je bedeutend gewesen ist. Dass sie zum Basketball gefunden hat, ist für sie eine glückliche Fügung in einer Zeit, in der sich ihr Leben drastisch verändert hat.
Bea Stadler-Birrer ist ausgebildete Primarlehrerin und Schulleiterin, die drei bis viermal pro Woche Sport treibt. Im Februar 2016 erkrankt die zweifache Mutter schwer. Lähmungserscheinungen machen sich auf einmal bemerkbar, auf dem rechten Auge schwindet die Sehkraft. Der Prozess lässt sich nicht aufhalten und macht aus der Frau eine Tetraplegikerin, die zudem die Sehfähigkeit des rechten Auges verliert. Das macht ihr besonders zu schaffen. Die 48-Jährige lehnt sich gegen alle Widerstände auf und macht früh während ihrer Rehabilitation im Schweizer ParaplegikerZentrum (SPZ) klar: «Ich schaffe es mit dem Rollstuhl selbstständig wieder an den Bahnhof.» Nach enorm viel Mobilitätstraining legt sie den Weg tatsächlich mit dem Elektrorollstuhl und einem Blindenstock zurück. Heute findet sie sich immer besser zurecht.
Erinnerung an Schulsportlager
Optimismus und Zielstrebigkeit zeichnen Bea Stadler-Birrer aus. Als sie wieder über ausreichend Kopfstabilität verfügt, steht für sie fest: Sie will sich endlich wieder sportlich betätigen. Der Rollstuhl soll sie daran so wenig hindern wie das stark eingeschränkte Sehvermögen.
Sie will herausfinden, was ihr Spass macht und für sie möglich ist. Also schreibt sie sich im Herbst 2021 für «move on» ein, das
«Move on» 2021 Bea Stadler-Birrer (r.) probiert Basketball und bleibt dabei Sport- und Freizeitcamp der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV). In dieser Woche können Interessierte verschiedene Sportarten ausprobieren. Bea Stadler-Birrer denkt, dass drei Tage fürs Erste reichen, und entscheidet sich als Hauptsport für die Leichtathletik – eine alte Leidenschaft. Sie möchte jedoch anderes auch kennenlernen: Rudern, Tennis, Kajak, Powerchair Hockey und – Basketball.
Die drei Schnuppertage vergehen schnell, aber Bea Stadler-Birrer kann drei weitere Tage anhängen. «Das Camp erinnerte mich an die coolen Schulsportlager», sagt sie. «Bei ‹move on› passte alles, von ausgewiesenen Trainern, lässigen Teilnehmerinnen bis zum top organisierten Programm.» Inzwischen fährt sie regelmässig Rennrollstuhl, dazu spielt sie Basketball bei den Hurricanes in Nottwil und den Swiss Ladies.
Das Erfolgserlebnis mit links
Anfänglich fühlt sie sich ein bisschen überfordert, sie weiss nicht, wie es ihr gelingen soll, den Korb auf 3,05 Metern Höhe zu treffen. Zumal sie, die Rechtshänderin, mit dem rechten Auge nicht mehr sehen kann. Sie zweifelt. Bis ein versierter Coach sie ermutigt, die Wurfhand zu wechseln. Sie übt. Und übt. Und trifft! «Solche Erfolgserlebnisse freuen und motivieren mich sehr», sagt sie. Drei Monate nach dem ersten Basketballtraining bestreitet sie ihre erste Partie mit den Swiss Ladies.
«Move on» war für sie ein Glücksfall. Ihr Rat für jene, die – wie sie damals – wieder Sport machen möchten: «Do it! Ausprobieren! An seine Träume glauben! Und nicht das Gefühl haben, das klappe sicher nicht. Die vielen tollen Leute ermöglichen in dieser Woche so vieles.»
Heute kann Bea Stadler-Birrer sagen: «Ich bin sehr glücklich und dankbar für meine neuen Möglichkeiten. Sport ist für mich nicht nur Bewegung. Er ist eine Lebensart, verbindet Menschen und Passion. Schon eine kleine Prise bereichert mein Leben.»
Vorschau Sport- und Freizeitcamp «move on» 2022 10. bis 15. Oktober in Nottwil