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Ein Paradies mit Hindernissen

AUF REISEN

Die griechische Insel Santorini – eine Feriendestination für Rollstuhlfahrer? Corinne Oehen hats ausprobiert.

Von Gabi Bucher

Corinne Oehen reist viel und gerne. In ihrer Wohnung hängt eine Weltkarte, übersät mit unzähligen farbigen Fähnchen für all jene Orte, welche sie schon bereist hat. Im letzten Sommer konnte sie endlich ihre Kollegin überreden, dass sie sie nach Santorini begleitet. «Ich habe von dieser Insel wunderschöne Bilder gesehen, ich wollte da einfach mal hin.» Und ihre Kollegin habe auf Santorini gearbeitet, kenne die Insel gut und habe dort Freunde, also ein Grund mehr, mit ihr dorthin zu fliegen.

Ein weiter Weg

Dass die Insel nicht wirklich sehr rollstuhlgängig sein würde, habe sie erwartet, meint sie. Ihr Hotel in Kamari versprach zwar ein Rollstuhlzimmer, «aber der Weg von der Rezeption ins Bungalow zog sich ziemlich», erinnert sie sich. Glücklicherweise hatte sie ihren Swiss-Trac dabei. Auch sonst war nicht alles problemlos: Corinne, die nicht sehr viel Kraft in den Armen hat, hatte Mühe mit der Rampe, die ins Haus führte. Im Zimmer gabs wenig Platz, sie kam kaum am fix montierten Tisch vorbei und musste als Erstes schon mal umbauen. «Das Badezimmer war recht gross, aber mir fehlte ein Haltegriff bei der Toilette.» Am zweiten Tag hatte das Hotel aber einen Handwerker beauftragt, einen Handgriff zu montieren. «Sie waren sehr zuvorkommend, haben immer wieder gefragt, ob alles okay sei, ob ich etwas brauche.» Und sie seien auch dankbar gewesen für Corinnes Tipps und Inputs. Aber Santorini müsse noch einen weiten Weg gehen in Sachen Rollstuhlgängigkeit. Beim Hotel-Pool, an dem sie viel Zeit verbrachte, gab es weder Lift noch Rampe. «Meine Kollegin und andere Feriengäste haben mir jeweils ins Wasser geholfen.» Zum Strand hätte es zwar den Seatrac gegeben, diesen Sitz auf Schienen, welcher es Menschen mit einer Mobilitätsbehinderung ermöglicht, ins Meer zu kommen. «Aber jener in Kamari war vorübergehend kaputt.» Um trotzdem herauszufinden, wie dieses Gerät funktioniert, organisierte Corinne den Schlüssel zu jenem in Perissa. «Eine coole Sache», meint sie, trotzdem konnte sie sich mit den Stränden mit Lavasand nicht so richtig anfreunden. «Ich mag weissen Sand besser, da bin ich wohl etwas verwöhnt von anderen Destinationen», gibt sie zu.

Getränk gefällig?

Auf der Uferpromenade beim Hotel liess sich gut flanieren. «Es hat viele SouvenirShops und Tavernen.» Per Zufall sei sie dort auf ein Restaurant mit Rollstuhl-Toilette gestossen. «Nur musste ich mir diese mit einer ganzen Armee Getränkekisten teilen», lacht sie. Corinne buchte eine «Romantic Sunset Cruise», eine Bootsfahrt mit spektakulärem Sonnenuntergang, und nahm an einer Weindegustation teil. Und natürlich besuchte sie die Städte Fira und Oia. «Wir haben einen Ford Escort reserviert, aber als wir ihn abholen wollten, war nur ein Fiat Panda da.» Eine ziemliche Herausforderung mit Rollstuhl und SwissTrac. «Fira war wirklich wunderschön, aber nichts als Treppen und gepflasterte Strässchen. Ich bin dann mit dem Swiss-Trac irgendwie runtergehüpft, aber die Schläge, die ich dabei einsteckte, waren nicht ideal.» Wirklich interessant sei das Museum «Lost Atlantis Experience» in Megalochori gewesen, das Interaktive Museum über die mythische versunkene Stadt Atlantis mit 9D-Film, Diorama und Hologrammen. «Es gab zwar Platz für einen Rollstuhl, aber ich wollte in einen dieser speziellen Sitze transferieren. Im Rollstuhl erlebt man nicht, wie es rüttelt und schwankt.» Beim Museum hatte es zwar einen Rollstuhl-Parkplatz, aber eine Stufe am Eingang. «Und in der Rollstuhl-Toilette hing die Schüssel irgendwie schief.»

Improvisationstalent ist gefragt

Corinne hat die Postkarten-Idylle gefunden, aber auch Probleme angetroffen, mit denen sie ein Stück weit gerechnet hatte. «Ich wollte Santorini sehen, ich habs gesehen. Es war eine tolle Erfahrung, eine wunderbare Insel, aber so wirklich empfehlen würde ich sie für Rollstuhlfahrer nicht.»

Corinnes Reisetipps auf Instagram Coriii.aroundtheworld

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