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Verein Parawatch

IM GESPRÄCH

Die SPV muss sich wandeln

Josef Jakober und Peter Landis, Präsident und Vizepräsident von Parawatch, fordern Reformen. SPV-Präsidentin Olga Manfredi und Direktor Laurent Prince setzen sich mit Parawatch an einen Tisch.

Von Evelyn Schmid und Nadja Venetz

VEREIN PARAWATCH

Der Verein Parawatch verfolgt seit 2009 kritisch die Verwendung des Stiftungsvermögens der Schweizer ParaplegikerStiftung und versteht sich als unabhängiger Beobachter der Schweizer Paraplegiker-Gruppe. Die als Interessensgemeinschaft mit rund 25 Mitgliedern gegründete Organisation deckt Fehlentwicklungen auf und führt Lösungen herbei.

Parawatch setzt sich insbesondere dafür ein, dass das Stiftungsvermögen entsprechend dem Spenderwillen verwendet wird, dass Anliegen von Rollstuhlfahrer*innen gegenüber der Schweizer ParaplegikerStiftung, der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung und der Gönner-Vereinigung anonym behandelt und die ethischmoralischen Werte eingehalten werden.

In einem Schreiben äusserte sich Parawatch 2018 kritisch zur Delegiertenversammlung (DV) und forderte einen Systemwechsel. Die Kritik an der DV zum Anlass nehmend, entstand ein Gespräch über Veränderungen in der SPV. Evelyn Schmid und Nadja Venetz leiteten die Diskussion.

Peter Landis: Wir bedanken uns für das Interview. Drei Jahre lang haben wir interveniert, damit wir hier eine Plattform erhalten. Warum ist es so schwierig, dass Mitglieder ihre Meinung äussern dürfen? Was läuft falsch in der SPV? Laurent Prince: «Paracontact» ist ein Verbandsorgan, in dem wir berichten, was wir machen. Schon immer haben wir darin Mitglieder porträtiert oder interviewt. Wir wollen künftig aber ganz klar den Austausch mit kritischen Stimmen intensivieren. Das ist fester Bestandteil unserer Strategie. Ich bin nicht hier, um die Vergangenheit zu kommentieren, sondern um die Gegenwart zu gestalten und in die Zukunft zu gehen. Ich kann die Frage deshalb nur dahingehend beantworten, dass wir diese Meinungsvielfalt verstärkt abbilden wollen. Dieses Gespräch ist ein Schritt in diese Richtung.

Sie bezeichnen die Delegiertenversammlung als Auslaufmodell. Wie kommen Sie zu diesem Schluss?

Josef Jakober: Die DV ist der einzige Anlass, an dem Mitglieder äussern können, was fehlt, was korrigiert oder ausgebaut werden muss. Aus den Protokollen geht aber klar hervor, dass dieser Aspekt zu kurz kommt. Oft wird nur ja oder nein gesagt. Peter Landis: Es gab in vergangenen Jahren Fehlentwicklungen, bei denen es die Aufgabe der Delegierten gewesen wäre, zu handeln. Das ist aber nicht passiert. Die Delegierten haben gegenüber den Geldgebern und Mitgliedern eine grosse Verantwortung. Statt kritisch zu hinterfragen, wird einfach abgenickt. Josef Jakober: Es fängt schon in den Clubs an. Gemäss Statuten sollen die Delegierten an der DV ihren Club vertreten. Die Delegierten werden teilweise zu dieser Aufgabe verknurrt und sind nicht eingebunden in vorstandsnahe Aufgaben. Das ist nicht weiter schlimm, aber es bedarf einer präzisen Instruktion. Wenn an der Generalversammlung des Clubs nicht einmal informiert wird, wer an der DV teilnimmt und welche Themen anstehen, geht das Interesse der Mitglieder verloren. Auch im Nachgang an die DV erwarte ich als Mitglied eine Rückmeldung, was diskutiert wurde. Das hat viel mit Kommunikation zu tun. Dass die Unterlagen für die Delegierten als hundertseitiges Ringbuch verschickt werden, ist dem nicht gerade zuträglich. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäss. Olga Manfredi: Am Präsident*innentreffen im Januar informieren wir bis auf die Jahresrechnung über alle Inhalte der DV. Die Präsidentinnen und Präsidenten wissen vor der DV Bescheid und können diese Infos weitergeben. Das liegt in der Verantwortung der Clubs. Ich möchte das nicht so schwarzmalen. In gewissen Clubs läuft es nicht und in anderen läuft es gut. Ich bin überzeugt, wer sich informieren will, kann sich auch informieren.

Welches Modell schlagen Sie denn vor?

Peter Landis: Wir möchten, dass jedes Mitglied der SPV stimmberechtigt ist. Die Clubs sollen aber nach wie vor ihre Delegierten schicken. Die Clubfragen sind nur ein Teil der Aufgaben der SPV. Die Dienstleistungen, die dem einzelnen Mitglied zugute kommen, werden aktuell an der DV unzureichend abgedeckt. Da braucht es eine Öffnung. Es sollen Leute teilnehmen, die engagiert und gut vorbereitet sind. Dann haben wir eine qualitativ gute Versammlung. Josef Jakober: Gewisse Delegierte sind seit 20 Jahren dieselben. Nicht nur die Grauhaarigen sollen zu Wort kommen. Wir wollen die junge Generation einbinden. Dafür brauchts andere Wege. Laurent Prince: Das Thema Mitsprache ist uns wichtig. Im Hinblick auf die Zukunft wollen wir uns fragen: Wie sieht die Organisation dieses Verbands idealerweise aus? Wie viel Gewicht hat der Club? Was ist das Gewicht des Einzelnen? Olga Manfredi: Und am Schluss müssen wir eine Lösung haben, mit der wir vor die DV treten können. Sie wird entscheiden, was wir umsetzen. Es wird nicht einfach, Mehrheiten für Veränderungen zu finden und den Verband vorwärtszubringen.

Wir sprechen über die Stimme des Einzelnen. Aktuell ist jedes Mitglied der SPV Mitglied in einem Rollstuhlclub. Braucht es neue Formen der Mitgliedschaft?

Laurent Prince: Wir wollen ein moderner Verband sein und wir wollen, dass die Mitglieder aktiver Teil davon sind. Seit Juni beschäftigen wir uns in drei Arbeitsgruppen mit der Zukunft der SPV. Die Delegiertenversammlung war dabei genauso Thema wie unterschiedliche Formen der Mitgliedschaft. Die Meinungen gingen da weit auseinander. Olga Manfredi: Die Mitgliedschaftsformen sind eine sehr emotionale Frage. Für gewisse Clubs ist die Einzelmitgliedschaft direkt bei der SPV ein absolutes No-Go. Sie fühlen sich in ihrer jahrelangen Arbeit angegriffen. Und für andere wiederum ist das

Den Wandel als gemeinsames Ziel Olga Manfredi, Laurent Prince, Josef Jakober, Peter Landis (v. l. n. r.)

die einzig wahre Lösung. Mit Hilfe externer Profis wollen wir neue Ideen und Strukturen erarbeiten. Peter Landis: Unsere Position ist in dieser Sache klar. Die Aufhebung der Einzelmitgliedschaft 2009 war ein Fehler. Die SPV ist eine Organisation, die bemüht sein sollte, Barrieren abzubauen und nicht neue aufzubauen. Wenn man das Dienstleistungsangebot der SPV uneingeschränkt nutzen will, muss man Mitglied in einem Rollstuhlclub sein, obwohl man vielleicht gar kein Interesse daran hat. Das ist absurd und sicher nicht im Sinne des Gönners. Der will, dass uns Betroffenen umfassende Dienstleistungen unbürokratisch zur Verfügung stehen.

Sind die Rollstuhlclubs denn nicht wichtig für den Austausch untereinander?

Josef Jakober: Die Situation hat sich fundamental gewandelt. Informationen, die ich vor 30 Jahren nur im Club bekommen habe, sind heute Allgemeingut. Das Problem ist, dass nicht alle das volle Programm mitmachen wollen, sondern punktuell vom Verband Unterstützung benötigen. Weshalb verwehren wir ihnen das? Peter Landis: Die SPV sollte alle Querschnittgelähmten in der Schweiz vereinen, unabhängig von einer Clubmitgliedschaft. Personen, die wir mit der Abschaffung der Einzelmitgliedschaft verloren haben, müssen wir nun zurückgewinnen. Laurent Prince: Wir haben den Austausch mit Mitgliedern, den Clubs, Partnern und Interessenvertretern stark intensiviert. Da entstehen zukunftsgerichtete Ideen und Lösungen. Wir sollten das eine tun und das andere nicht lassen. Die regionale Community ist auch 2022 wichtig. Das sagen uns sehr viele Mitglieder und davon sind auch wir bei der SPV überzeugt. Auf der anderen Seite müssen wir neue Wege finden um Betroffene zu unterstützen, die eigentlich nur an den Leistungen des Verbandes interessiert sind und sich nicht in eine lokale Organisation einbinden wollen.

Welche Bedeutung haben künftig die Rollstuhlclubs?

Peter Landis: Das Vereinsleben erfährt einen grossen Wandel. Dies ist nicht nur bei der SPV so. Mit dem Modell, das früher attraktiv war, haben heute viele Vereine zu kämpfen. Es ist schwierig, Leute zu finden und ein interessantes Programm zu bieten. Ich finde den Verein immer noch ein zukunftsfähiges Modell. Aber die Jüngeren leben vermutlich andere Formen von Austausch. Da sind Fantasie und Engagement gefragt. Laurent Prince: Auf der einen Seite haben wir die Clublandschaft. Diese ist wichtig für die Angebote vor Ort in allen Regionen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass dies die grösste Aufgabe der Rollstuhlclubs ist. Wir wollen die Clubs in ihren Herausforderungen unterstützen und Leute befähigen, ein Ehrenamt auszuführen. Auf der anderen Seite erbringt die SPV Leistungen ans einzelne Mitglied im Sinne der Teilhabe und der lebenslangen Begleitung. Diese Leistungen erbringen wir ausserhalb der Clubstruktur. Im Moment haben wir eine Organisation, die das nicht vollständig abbildet. Unsere Aufgabe ist es, ein System zu finden, das die Clubs in ihrem Tun stärkt und zugleich jeden Einzelnen einbindet und zum Mitmachen aktiviert.

Die SPV ist im Wandel. Stimmt Sie das zuversichtlich?

Peter Landis: Wir haben seit 2019 einen fast komplett erneuerten Zentralvorstand und eine neue Geschäftsleitung. Es braucht jedoch auch innerhalb des Zentralvorstands Reformen. Und auf diese Reformen warten wir immer noch. Olga Manfredi: Der Zentralvorstand war Thema der Arbeitsgruppen. Aktuell wird das Anforderungsprofil an die Mitglieder des ZV überarbeitet. Die Auswahl soll künftig professioneller erfolgen und sich an definierten Kompetenzen orientieren. Josef Jakober: Das freut uns zu hören. Der ZV muss wie ein Verwaltungsrat funktionieren, bei dem jeder und jede Know-how mitbringt und so mithilft, die ganze Organisation zu stärken. Peter Landis: Zugleich ist es die Aufgabe des ZV, sich selber kritisch zu hinterfragen, ob die richtigen Leute dabei sind. Da kann es sein, dass jemand den Platz frei machen muss. Das geschah in der Vergangenheit leider nicht. Und die besten Leute müssen wir nicht nur in den Zentralvorstand bringen, sondern auch in andere Organisationen, damit die Stimme der Betroffenen in der Öffentlichkeit und der Politik gehört wird. Eine Organisation kann nur mit den besten Leuten erfolgreich sein. Das haben wir noch nicht. Ein Amt in Ehren zu besetzen: diese Zeiten sind endgültig vorbei! Josef Jakober: Ein Beispiel dafür ist das Behindertengleichstellungsgesetz. Warum schrecken nun alle auf und stellen fest, dass das bis Ende 2023 umgesetzt sein muss? Es ist für mich ganz klar das Versagen der Behindertenorganisationen, die offensichtlich nicht laut genug waren. Olga Manfredi: Wir sind uns der Problematik bewusst, können aber nicht auf dem Silbertablett Personen präsentieren, die die SPV in den wichtigsten Organisationen vertreten. Ich merke etwa durch meine Arbeit bei Inclusion Handicap, dass sich die SPV in der Vergangenheit oft zu wenig engagiert hat. Solche Beziehungen müssen neu geknüpft werden. Josef Jakober: Es ist enorm wichtig, dass wir da mitreden. Die SPV kann das nicht alleine stemmen. Wir benötigen letztlich auch eine Vernetzung in die Politik. Hoffentlich gelingt es uns in Zukunft, mehr Leute zu motivieren, sich dort zu Wort zu melden.

Es ist Dezember, kurz vor Weihnachten. Was ist Ihr Wunsch an Ihr Gegenüber?

Josef Jakober: Ich wünsche mir eine Organisation, die in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen wird. Und dass die Veränderungen, von denen wir jetzt gesprochen haben, nicht nur gewollt, sondern auch erreicht werden. Peter Landis: Ich wünsche mir, dass die SPV für uns Querschnittgelähmte da ist und nicht umgekehrt. Olga Manfredi: Ich wünsche mir eine konstruktive, vertrauensvolle und transparente Zusammenarbeit. Laurent Prince: Ich bin nun seit 16 Monaten im Amt und wir pflegen einen gemeinsamen Austausch, den ich begrüsse. Wichtig ist mir aber auch ein breiter Austausch mit Clubvertretern und Mitgliedern, wie er in verschiedenen Arbeitsgruppen zu operativen und strategischen Fragestellungen stattfand. Wir haben nun konkrete Umsetzungsvorschläge bereit und richten uns für die Zukunft neu aus. Mein Wunsch ist, dass wir geeint, zusammen und konstruktiv diese vielversprechende Zukunft angehen, damit wir die hochgesteckten Ziele erreichen.

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