Paracontact d 1/2022

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FREIZEIT

UNTERWEGS

Kenia – Etappe einer Weltentdeckung Nicht immer verläuft ein Gespräch gradlinig und wie geplant, so geschehen mit Weltenbummler Eugen Bissig, von allen Geni genannt. Von Gabi Bucher

Als ich Geni Bissig um ein Treffen anfrag­te, um mir von seiner Kenia-Reise zu erzählen, erklärte er, er sei am selben Tag im SPZ zum Anpassen seines Rollstuhls. «Fünf­zehn Uhr im Restaurant und ich bin der mit dem Rollstuhl», meinte er scherzend. Ganz so daneben war der Hinweis nicht, denn das Restaurant war an diesem Nachmittag zwischen den Festtagen ziemlich ver­waist. Nur konnte ich mir schlecht vorstellen, dass jener Mann, der in hohem Tempo und mit einem ziemlich auffälligen

Geni Bissig auf Besuch im SPZ …

Elektrorollstuhl durchs Restaurant kurvte, der Kenia-Reisende sein sollte. Aber er war es und ja, er sei in Kenia gewesen, «letzten Paracontact I Frühling 2022

September, ich hatte noch Ferien, welche ich einziehen musste, also buchte ich vier Wochen Safari.» Gerne und viel unterwegs Geni Bissig ist seit einem Gleitschirmunfall vor 28 Jahren im Rollstuhl, anfänglich im Hand-, jetzt mehrheitlich im Elektrorollstuhl. Er sei viel unterwegs, manchmal fünf bis sechs Tage, manchmal bis zu drei Monate. Kenia habe er gewählt, weil er auf der Globetrotter-Webseite den Beitrag von Roland Bigler gelesen habe, der selber Te­ traplegiker sei. Neuseeland habe er auch bereist, mit einem riesigen Bus, und in Kanada habe er die ganze Vancouver Island befahren. Meist sei er mit derselben Begleit­ person unterwegs und nein, nicht mit dem Elektro-Rolli. «Da reise ich jeweils mit meinem umgebauten Handrollstuhl mit Mo­ tor.» Der Motor befinde sich vorne rechts, es sei wohl kein Serienmodell, meint er, er habe mit dem Rollstuhltechniker etwas ge­ tüftelt. So sei er unabhängiger. Und dann erzählt er von Sri Lanka, vom Sprachaufenthalt in Italien, von Berlin. Auch in Marokko war er schon, in Istanbul, am Nordkap und in so mancher Hauptstadt Europas. Probleme beim Reisen? Nein, es sei alles so rollstuhlgängig, wie man es selber

gestalte und es komme auch auf die Begleit­ person an. Das ist glaubwürdig, in seinen Erzählungen ist der Rollstuhl nie ein The­ ma. Doch, wenn er es sich gut überle­ge, in Kenia habe er mal Probleme mit dem Joystick gehabt. «Ich habe am Abend meinen Rollstuhltechniker kontak­tiert, ihm per Whatsapp Fotos geschickt, er hat Fotos zurückgeschickt, so konnte ich den Joystick umprogrammieren.» Und mal am Flughafen in Berlin ha­be man ihm den Rollstuhl gebracht, und alle Kabel hinten seien ausgesteckt gewesen. «Glücklicherwei­­se bin ich Stromer», meint er lachend. Brunch in der Wildnis Aber wir wollten ja über Kenia reden! Sie hätten die Parks besucht und jede Menge Tiere gesehen, wunderschön! Der Guide sei derselbe gewesen wie bei Roland Bigler. «Er wusste, worum es geht, zudem macht er diesen Job seit 20 Jah­ren.» Am letzten Rei­setag habe er dann ausnahmsweise erlaubt, dass die Passa­gie­­re aussteigen, «so konnten wir draus­sen brunchen, ganz toll, aber er hat ständig kon­trolliert, ob kein Tier in der Nä­he ist, ich hätte ja schlecht da­von­rennen können.» Die Fahrten über die hol­prigen Pisten hätten seinem Rücken

… und unterwegs auf Kenias Pisten

zwar zugesetzt, und am Flughafen hätten sie gezittert, die Resultate des PCR-Tests seien so spät eingetroffen. Aber al­les in al­ lem ha­be er keine Probleme beim Reisen. Auch Dubai sei übrigens toll … Jetzt müsse er aber seinen Zug erwischen, erklärt er, setzt sein Béret auf, und kaum verabschiedet sehe ich ihn bereits auf dem Weg zum Bahnhof hinter dem SPZ runtersausen. Aus Kenia ist eine kleine Weltreise im Schnelldurchlauf geworden. 27


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