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FREIZEITTIPP
Und bereits da ergab sich eine erste Diskussion darüber, wer und was unser Geschlechtsempfinden denn eigentlich beeinflusst.


FREIZEITTIPP
Rollenklischees und Schubladendenken
Manuela Schär hat die Ausstellung «Geschlecht» im Stapferhaus Lenzburg besucht und war beeindruckt.
Von Gabi Bucher
Seit dem Umzug des Stapferhauses Ende 2018 vom alten Zeughaus ins neue Gebäude beim Bahnhof Lenzburg können auch Rollstuhlfahrer von den spannenden Ausstellungen profitieren. Das Haus ist komplett rollstuhlgängig und für die kleinen baulichen Barrieren der Ausstellung selber gibt es Lösungen. Eine Vermittlerin des Hauses nahm Manuela Schär gleich bei ihrem Eintreffen auf einen kurzen erklärenden Rundgang. «Alles tipptopp», war Manuelas Fazit.
Mit «Geschlecht» hat das Stapferhaus ein hochaktuelles Thema aufgegriffen. Zementierte Gender-Vorurteile werden aufgenommen, es geht um Rollen und Arbeit, um Macht und Ordnung, um Schönheitsideale und um Sexualität. Man staunt, ist amüsiert, wird aber auch mit seinen eigenen Vorurteilen konfrontiert und kommt immer wieder miteinander ins Gespräch.
Pinkes Paradies
Eine kurze, bunte Einführung erklärt, wie Geschlecht entsteht. Danach kann man entscheiden, ob man durch die Frauen- oder Männertür weitergeht. Manuela wählte die Frauentür und landete in einem pinkfarbigen Paradies. «Da schüttelt es mich grad», meinte sie lachend. Hunderte von pinken Mädchenträumen, oder dem, was man gemeinhin als solche betrachtet, hängen an den Wänden. «Ich bin nicht so aufgewachsen, Pink war nie mein Ding. Ich trug ja auch die Kleider meines Bruders nach.»
Frau versus Mann
Im nächsten Raum, sozusagen im Hauptraum, befindet sich eine «Geschichtswand» über 30000 Jahre Geschlechtergeschichte. Von diesem Raum aus führen farbige Türen in Räume mit verschiedensten Themen. Menschen erzählen, wie sie ihr Geschlecht leben, telefonisch holt man Antworten zu Fragen, die man sich schon oft gestellt hat. Ein Raum thematisiert das geschlechtsspezifische Posieren. «Denen ist das wirklich ernst», meinte Manuela erstaunt, nachdem sie sich ein Youtube-Video eines Influencers angeschaut hatte zum Thema «wie pose ich möglichst männlich». Im grünen Raum werden prozentuale Anteile visuell so dargestellt, dass sie eine ganz neue Dimension erhalten. Die Dominanz der Männer, das Fehlen von Frauen in gewissen Bereichen, Ungleichheiten und Diskriminierungen werden aufgezeigt, quer durch den Alltag, quer durchs ganze Leben.
Wunsch nach mehr Empathie
«Ein wirklich spannendes Thema und sehr gut umgesetzt», fand Manuela und konnte einige Parallelen ziehen zu ihrer Situation als Rollstuhlfahrerin. Auch hier gehe es ja um Diskriminierung, um vorgefasste Meinungen. «Es ist unglaublich und oft traurig, was da in unseren Köpfen herumgeistert, auch in meinem übrigens», gab sie zu und wünscht sich, dass die Menschen unter sich empathischer und «gspüriger» werden, sich gegenseitig einfach leben lassen. «Es wird wohl noch sehr lange dauern, bis all diese Vorurteile und Diskriminierungen aus der Welt geschafft sind.» Die Ausstellung könne durchaus etwas dazu beitragen. «Ich kann einen Besuch nur empfehlen», meinte sie abschliessend. «Es werden so unterschiedliche Themen behandelt, dass alle etwas mitnehmen können. Und je mehr wir uns über solche Themen informieren, desto einfacher wird der Umgang miteinander, desto unkomplizierter. Wir sind doch alles nur Menschen.»
Informationen/Reservation www.stapferhaus.ch