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UNSERE HELFER

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FÜR SIE DA

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UNSERE HELFER

Auf goldenen Flügeln

Kornelia und Michel Torny engagieren sich seit über 25 Jahren im Vorstand des Rollstuhlclubs Lausanne für ihre Mitglieder.

Von Gabi Bucher

Es ist unschwer zu erkennen, wofür das Herz von Michel Torny, Präsident des CFR Lausanne, schlägt. Unzählige Bücher und Zeitschriften über Motorräder im Bücherregal, kleine Motorrad-Modelle, Fotos, eine Uhr in Form eines Motos. Obwohl durch einen Arbeitsunfall seit 1992 im Rollstuhl, fährt er weiterhin leidenschaftlich gerne Motorrad. Am glücklichsten ist er, wenn er mit seiner umgebauten Honda Gold Wing GL 1500 mit Seitenwagen über die Strassen kurven kann.

Seine Ehefrau Kornelia, Kultur- und Freizeit-Verantwortliche desselben Rollstuhlclubs, teilt seine Leidenschaft. Sie haben sich auch wegen eines Motorrads kennengelernt. «Wenn ich ein neues Motorrad kaufe, mache ich damit jeweils eine lange Reise», erzählt Michel. So auch 1984, als er mit seiner Maschine nach Griechenland fahren wollte. «Ich liebe Griechenland», sagt der Mann mit dem dichten, weissen Haar und den hellen, graublauen Augen. Auf Anraten eines Freundes sei er dann aber nach Ungarn gefahren. Dort habe er auf einem Campingplatz am Balatonsee sein Zelt aufgestellt. «Ich habe mich nach der langen Reise frisch gemacht. Als ich aus der Dusche kam, stand jemand bei meinem Motorrad.»

Eins führt zum anderen

«Jemand» war Kornelia, Österreicherin, auf dem Campingplatz in den Ferien. Als angehende Motorradfahrerin interessierte sie sich für dieses Modell, welches sie nur aus dem Katalog kannte. Michel lud die junge Frau zum Apéro ein, sie konterte mit einer Einladung zum Nachtessen. Ein flotter junger Mann, eine hübsche junge Frau, eine imposante Maschine, «das eine führte zum anderen», sagt Michel lachend. Unterhalten haben sie sich auf Deutsch, soweit es Michel möglich war. Es folgte eine Einladung nach Wien, später eine rasante Fahrt auf Deutschlands Autobahnen, «unbeschränkte Geschwindigkeit», schwärmt Michel, «meine Maschine läuft auch mit 200km/h so rund und leise, dass Kornelia die Fahrt auf dem Rücksitz verschlafen hat». «Hab ich nicht», wehrt sich diese lachend. Die beiden verliebten sich, doch eine Fernbeziehung kam auf Dauer nicht in Frage. Michel hatte eine gute Anstellung als Handelsvertreter in einem Transportunternehmen. Für Kornelia war es als Fachfrau Gesundheit einfach, in der Schweiz eine Stelle zu bekommen. So lernte sie Französisch und zog 1988 zu Michel nach Ecublens, wo das Paar bis heute wohnhaft ist.

Eine sympathische Truppe

Im Januar 1992 verunfallte Michel. Während seiner Rehabilitation im Spital Beau-Séjour in Genf erhielt er Besuch vom damaligen Präsidenten des Rollstuhlclubs Genf. «Er wollte mich in seinen Club aufnehmen, aber das hat mich damals überhaupt nicht interessiert. Mein einziges Ziel war, gesund zu werden und nach Hause zurückzukehren.» Durch einen ehemaligen Motorradkollegen, Didier Recordon, erfuhr er dann, dass es auch einen Rollstuhlclub in Lausanne gab. «Er hat mich 1993 dort eingeführt. Ich nahm an der ersten GV teil, fand die Truppe sympathisch und wurde Mitglied.» Zwei Jahre später wurde er zum Präsidenten gewählt. Mit einem kurzen Unterbruch von vier Jahren, in denen er als Vizepräsident amtete, präsidiert er seither den Club. Es sei eine spannende Aufgabe, meint Michel,

Kornelia und Michel Torny, am liebsten gemeinsam unterwegs

er lerne interessante Menschen kennen, erlebe vieles, habe beispielsweise an Studien teilnehmen dürfen, «und am einen oder anderen Galadinner, im Frack», fügt er augenzwinkernd an. Er habe das Glück, einen gut organisierten und eingespielten Vorstand um sich zu haben. «Alle arbeiten selbstständig, wir treff en uns, um Anträge und Ideen zu besprechen und bereiten gemeinsam die GV vor.» Damit der Club gut funktionieren könne, suche er immer wieder Sponsoren. Daneben berät er die Clubmitglieder. Weiss er nicht weiter, leitet er die Anfragen an die kompetenten Stellen der SPV weiter.

Teamarbeit

Auch für Kornelia fügte sich bei ihrem Engagement im Rollstuhlclub eins zum anderen. Sie begleitete Michel von Anfang im Vorstand, zuerst als Beisitzende. «Früher fanden die alljährlichen Treffen der Präsidenten und KF-Verantwortlichen am selben Tag in Nottwil statt. Da unser damaliger KF-Verantwortlicher nicht so weit reisen wollte, vertrat ich ihn an den Treffen.» Daraus folgte die Nominierung zur Verantwortlichen Kultur und Freizeit.

Die jeweiligen Highlights und Kornelias grosse Leidenschaft sind die alle zwei Jahre stattfindenden Clubreisen. Mittlerweile dauern diese bis zu einer Woche. Die bis jetzt sieben Reisen führten unter anderem in die Toskana, ins Südtirol, nach Bad Herrenalb, ins Futuroscope in der Nähe von Poitiers in Frankreich. Nach einer ersten nicht selber organisierten Reise, welche durch die fehlende Erfahrung des Organisators mit Rollstühlen nicht ohne Probleme verlief, entschied sich Kornelia, künftig das Zepter selber in die Hand zu nehmen. Ihre Vorbereitungen sind minutiös: Vom genauen Sitzplan im Bus über Listen, wer was essen kann und will, bis hin zu genausten Abklärungen der Hotelzimmer, der Ausflugsziele und wer wann wo mitkommen möchte, wird alles festgehalten, damit so viele Eventualitäten wie möglich ausgeschlossen werden können. «Darum sind wir auch immer ausgebucht», sagt Kornelia, oder Michel, denn jetzt erzählen beide. Oft fängt Kornelia einen Satz an und Michel beendet ihn oder andersrum. Die Reisen gehören zwar in Kornelias Ressort, aber Michel ist mit eingebunden. Er vermittelt Sponsoren. Sie verhandelt, um bestmögliche Preise zu erzielen, damit ihre Reisen für alle erschwinglich sind. Gemeinsam kümmern sie sich um die administrativen Arbeiten. Sie recherchiert, telefoniert, fordert Fotos der Hotelzimmer an, welche sie nicht besuchen kann. Denn wenn immer möglich fahren beide vorgängig an die Destination und schauen sich alles an. «Ich messe die Abstände zwischen Betten und Wand, schaue, wie hoch die Betten sind, von welcher Seite man zur Toilette transferieren kann, damit die Zimmer vom Hotelpersonal richtig zugeteilt werden können.» Kornelia ist dankbar für Michels Unterstützung, vor allem auch während den Reisen, wo sie Organisatorin, Reiseleiterin, Übersetzerin, Fotografin und durch ihre Ausbildung im Notfall Samariterin und auch Pflegefachfrau in einem ist. «Ich bin froh, wenn Michel mal kurz übernimmt, wenn ich anderswo eingebunden bin.» Während den Reisen fotografiert sie, Michel filmt. Über jede Reise erstellen sie eine Dokumentation mit Berichten von Teilnehmenden, Fotos und Angaben zu den Ausflügen.

Neben den Reisen werden Kurzausflüge und Wochenenden angeboten, die FurkaDampfbahn, der Gornergrat, Bierbrauen in Thun, Gospelkonzerte, Swiss-Trac-Ausflüge, «einmal waren wir sogar mit Hundeschlitten unterwegs», erinnern sich beide. Viele Erlebnisse und Eindrücke für das eingespielte Team Kornelia und Michel. Über 25 Jahre haben sie die Geschicke des Clubs geführt. An der GV 2022 werden sie ihre Ämter abgeben an zwei junge Clubmitglieder aus Morges, Aude Jardin, Rollstuhlfahrerin, und Xavier Rusconi (siehe Paracontact Frühling 2021, S. 26/27). «Die beiden haben angeboten, die Chargen zu übernehmen. Wir freuen uns sehr», meinen Kornelia und Michel. Ein Glücksfall, es sei auch ein Paar, «und im selben Alter wie wir, als wir dieses Amt damals übernommen haben», ergänzt Kornelia.

Wir danken Kornelia und Michel für ihren langjährigen Einsatz und wünschen ihnen, dass sie danach endlich die langersehnte Reise mit dem Camper ans Nordkap unternehmen können, aber vor allem, dass sie mit ihrer wunderbaren Maschine und dem Seitenwagen die Strassen dieser Welt erkunden; auf goldenen Flügeln, Fahrtwind im Gesicht.

RC Lausanne www.cfrlausanne.ch

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