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HINDERNISFREIES BAUEN

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UNSERE HELFER

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WOHNUNGSUMBAU

Im Garten zu Hause

Dank dem vom ZHB geplanten Wohnungsumbau hat Familienmensch Nils Eschenmoser eine neue Passion: seinen 200m² grossen Garten. Über den freut sich auch Assistenzhund Banco als jüngstes Familienmitglied.

Von Felix Schärer und Marcel Strasser

Der in Zürich aufgewachsene Rollstuhlfahrer kam nach seiner MS-Erkrankung 1997 mit Einsatz von einfachen Hilfsmitteln vorerst ohne Umbauten zurecht. Als er 2009 in die Altstadt von Lenzburg umzog, hatte sich seine Mobilität durch die Krankheit verändert. Zum ersten Mal trat Nils Eschenmoser mit dem ZHB in Kontakt.

Familienwohnung

Seither sind zwölf Jahre vergangen, und bei zwei weiteren Bauprojekten in anderen Wohnobjekten, ebenfalls in Lenzburg, konnte das ZHB wertvollen Rat im Bereich hindernisfreies Bauen bieten. Im Jahr 2013, als Tochter Lina drei Jahre alt war, erwarb die junge Familie eine Eigentumswohnung im Obergeschoss in einem Neubauquartier. Nils Eschenmoser war sehr froh über die Expertise, die das ZHB in das Projekt einbrachte. Die planenden Architekten der Siedlung konnten dabei die Lösungsvorschläge des ZHB, basierend auf den Bedürfnissen der jungen Familie, einplanen und ohne grosse Mehrkosten realisieren.

Garten gewünscht

Seither ist die Familie gewachsen und das Bedürfnis nach Garten gestiegen. Zufällig steht Anfang 2020 eine Parterrewohnung im Nachbarhaus derselben Siedlung zum Verkauf. Die Familie schlägt sofort zu und zieht erneut das ZHB für eine kostenlose Bauberatung bei. Stets zufrieden mit unseren Dienstleistungen, beauftragt uns der Familienvater auch zugleich mit der Planung bis und mit Kostenvoranschlag.Wir planen eine einfache Wohnraumanpassung. Türen und Schwellen müssen angepasst werden. Es benötigt Rampen für den Zugang in den Keller sowie Hilfsmittel und Haltegriffe im Bad, das der Bauherr zusätzlich renoviert haben möchte. Die IV bewilligt die Kosten exklusive die Bauherrenwünsche und das Planungs- und Bauleitungshonorar des ZHB.

Böse Überraschung

Der Umbau ist keine komplexe Angelegenheit. Nils Eschenmoser traut sich die Koordination selber zu. Die Auswechslungen für die Montage der Hilfsmittel wie Haltegriffe und Duschsitz sind im Kostenvoranschlag eingeplant und in den Offerten

Leichtbaukonstruktionen in Sanitärräumen

Für die Installationen im Sanitärbereich werden immer öfters Ständerkonstruktionen verwendet. Wegen der kurzen Bauzeit und der kompakteren Konstruktionen, die im Gegensatz zur bisher konventionellen Bauweise keine Feuchtigkeit in den Raum bringen, sowie aus ökologischen Gründen oder wegen des guten Raumklimas wird immer häufiger Holz als Baustoff für die Tragkonstruktion von Gebäuden verwendet. Bezüglich hindernisfreiem Bauen ergeben sich bei diesen Leichtbaukonstruktionen jedoch ein paar Probleme, die beachtet werden müssen.

Sanitärinstallationen werden oft in vor der tragenden Wand montierten Leichtbaukonstruktionen mit Ständern aus Aluminium oder Holz untergebracht. Dadurch werden die Tragkonstruktionen statisch weniger geschwächt, die Schallübertragungen können reduziert werden und die Baukosten sind niedriger. Für die Montage der Sanitärapparate werden in der Installationswand Metallrahmen mit auf das Gerät abgestimmten, stabilen Befestigungspunkten eingebaut. Die Installationswände werden dann für die Aufnahme des Wandbelages mit einer Leichtbauplatte, zum Beispiel einer Gipsplatte, verkleidet. Wegen der offensichtlichen Vorteile sind solche Installationssysteme weit verbreitet. Durch diese Konstruktionsweise ergibt sich jedoch ein Problem, wenn sich später die Anforderungen an den Sanitärraum verändern. Muss aufgrund einer körperlichen Einschränkung eines Benutzers ein Hilfsmittel wie ein Duschklappsitz oder ein Haltegriff montiert werden, so ist dies nur im Bereich der Tragkonstruktion möglich. Die Leichtbaukonstruktion ist in der Regel nicht für die zusätzlich auftretende Belastung ausgelegt, was ohne zusätzliche Massnahmen zu Schäden führt. Auch das Verschieben eines Einrichtungsgegenstandes, zum Beispiel einer Toilette, ist meist nicht ohne Anpassung der Unterkonstruktion möglich. Die gleichen Probleme treten auch bei Häusern mit Tragkonstruktion aus Holz auf, zum Beispiel bei Holzrahmenbauweise oder Skelettbauweise.

Bei hindernisfreien Anpassungen in einem Sanitärraum mit Montage von Hilfsmitteln sind bei solchen Konstruktionen Verstärkungen für die Befestigung (sogenannte Ausholzungen) notwendig. Das bedeutet, dass die Verkleidungen entfernt und dahinter eine stabile Unterkonstruktion eingebaut werden muss, die die auftretenden Kräfte auf die Ständerkonstruktion übertragen kann. In der Regel werden dafür mehrschichtig verleimte Holzplatten verwendet, die zwischen die Ständer der Installationswand eingebaut werden. Nach der Verstärkung der Wand müssen die Verkleidung und der Wandbelag wieder ergänzt werden. Falls beispielsweise die bestehenden Wandplattenbeläge nicht oder nicht in genügender Menge als Reservematerial vorhanden sind, muss ein neuer Wandbelag verwendet werden. Selbst bei kleinen Anpassungen ist der Aufwand gross.

In vielen Fällen ist es auch möglich, anstatt der aufwendigen Verstärkung ein anderes Hilfsmittel zu verwenden oder die Anordnung so zu wählen, dass stabile Wände oder auch Boden und Decke für die Befestigung verwendet werden können. An Stelle eines Duschklappsitzes kann z.B. ein freistehender Duschstuhl oder ein Duschrollstuhl eingesetzt werden. Als Alternative zu nur an der Wand befestigten Haltegriffen gibt es auch Modelle mit Bodenstützen, die einen Grossteil der Kräfte aufnehmen, oder vertikale Haltestangen, die zwischen Boden und Decke eingespannt und mit Griffen ergänzt werden können. Für die Auswahl der Hilfsmittel ist eine vorgängige, detaillierte Abklärung der Bedürfnisse wichtig.

Einbau einer Verstärkung in Leichtbauwand für den Umbau der Dusche

enthalten. Aber die Sache läuft anders als geplant. Als im Frühling 2020 während Bauarbeiten eine Leichtbauwand einstürzt und zusätzlich noch die Coronapandemie unseren Alltag auf den Kopf stellt, bittet Nils Eschenmoser das ZHB um Unterstützung bei der Bauleitung. Die Invalidenversicherung kann er kurzfristig überzeugen, in diesem Fall das Honorar für die Bauleitung und Planung zu finanzieren. Heute ist er froh darüber. Er hatte wegen des Coronavirus zwar selten direkten persönlichen Kontakt zu unserer Architektin Irene Bucher, aber mit ihrer Bauleitung, der professionellen Koordination direkt mit den Handwerkern vor Ort und dem Endresultat ist er sehr zufrieden.

Mit seiner neuen Zughilfe ist es dem Rollstuhlfahrer seit dem Umzug in die neue Gartenwohnung ein Leichtes, zusammen mit Hund und Familie Zeit in seinem Garten und auf Spaziergängen im Wald zu verbringen. Lachend erzählt er, dass er nun hoffe, die Leistungen des ZHB in den nächsten 20 Jahren nicht mehr in Anspruch nehmen zu müssen.

Dieses Beispiel zeigt, dass heute, wo immer mehr Leichtbaukonstruktionen im Wohnungsbau eingesetzt werden, Schwachstellen in der Norm SIA 500 «Hindernisfrei Bauen» bestehen. Diese gilt es auszumerzen und wir hoffen, die anstehende Revision der Norm wird für zukünftige Wohnungen Verbesserung bringen.

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