Zündschlüssel Vol. 8

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Sommersemester 2012

ZÜNDSCHLÜSSEL Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen rund um das Thema Soft Skills

Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings

Editorial

In dieser Ausgabe:

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Frau und Mann im Beruf

Sie merken bereits an der Anrede, dass sich auch dieses Heft selbstverständlich an Frauen und Männer gleichermaßen richtet. Wir haben uns in dieser Ausgabe dafür entschieden zwei Artikel aus der Geschlechterforschung einzubringen, da auch im beruflichen Kontext erwähnenswerte Arbeiten erscheinen, die für den Soft Skills Bereich relevant sind. Als Zündschlüsselredaktion wurden wir in den letzten Semestern, mal mehr mal weniger ernst darauf angesprochen, ob wir nicht auch mal ein Frauenheft herausgeben wollen. Wir möchten das Thema anhand ausgewählter Texte und Interviews umreißen ohne einen Anspruch auf ein Frauenheft zu stellen Zwei neuere Ansätze und kritische Blickwinkel aus der Psychologie Heute haben wir hierfür als diskussionswürdige Artikel ausgewählt. Hier geht es zum einen um das Thema, weshalb sich Frauen oft unnötig durch Selbstzweifel ausbremsen und zum anderen darum, ob die großen Unterschiede so wie sie diskutiert werden, haltbar sind. Dieser etwas kritische Artikel stellt eine neue Perspektive für mögliche Debatten dar. Uns interessierte bei der redaktionellen Arbeit vor allem auch, wie Studentinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen ihr Studium bzw. ihre Arbeit an der Fakultät erleben. Die Interviews auf S. 2 und 3 geben in diesem Zusammenhang aktuelle Standpunkte wieder. Wie in jeder Ausgabe berichten Tutorinnen und Tutoren sowie Lehrstuhlmitarbeiter/innen über aktuelle Soft Skills Veranstaltungen und kleine und große Erfolge, die aus Gruppen- und Projektarbeiten hervorgehen.

Wie verhalten sich Männer und Frauen im Beruf? Und sind Verhaltensunterschiede zwischen Frau und Mann wirklich genetisch bedingt? Erfahren Sie mehr!

Soft Skills an der Fakultät für Maschinenwesen Es tut sich etwas am Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings - alt Bewährtes steht neben neuen Soft Skills Veranstaltungen, wie World Café und Industrielle Softwareentwicklung für Ingenieure (SEFI) am Lehrstuhl AIS.

Ein Frauenheft? - So einfach machen wir es Ihnen nicht! Auch in diesem Heft haben wir für Sie Artikel zusammengestellt die für beide Geschlechter gleichermaßen interessant sind. Die Artikel belegen, dass in der Ingenieurausbildung an der Fakultät für Maschinenwesen in immer mehr Lehrangeboten die Verknüpfung von Fachwissen mit Sozial-, Methoden-, und Persönlichen Kompetenzen gelingt. Einen umfangreichen Einblick in Soft Skills Lehrangebote der Lehrstühle sowie konzeptionelle Veränderungen stellen wir Ihnen in der nächsten Ausgabe vor. Lehrstühle sind wieder herzlich eingeladen mit Beiträgen den Zündschlüssel zu bereichern.

Themen Editorial

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Frauen im Maschinenbau

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Soft Skills an der Fakultät für Maschinenwesen i Infobox Den Zündschlüssel finden Sie auch als Download unter: www.zsk.mw.tum.de Haben Sie einen Vorschlag für einen Artikel? Dann werden Sie Gastredakteur/in.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen,

E-Mail mit Idee bitte an: brandstetter@mw.tum.de

Duygu Brandstetter

Redaktionsschluss 31.08.2012

World Café

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Tutorenausbildung

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TUTOR konstruiert

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Soft Skills am AIS

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TUTOR forscht

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Seminar Projektmanagement

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Frau und Mann im Beruf Die Tiefstaplerinnen

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Männer sind vom Mars

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-Frauen auch Reden wir über Soft Skills

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Impressum

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Zündschlüssel

Maschinenbau – eine Männerdomäne?

Mit dem Zündschlüssel im Gespräch.

Dipl.-Ing.

Ioanna Michailidou

Über das Praktikum Entwicklungsmethoden: „Ich habe sehr vieles über Teamarbeit, Präsentation und Moderation gelernt – während des Praktikums sind wir alle (Studierende und Betreuer) durch das gegenseitige Feedback besser geworden!„

wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Produktentwicklung

Seit 01.10.2011 bist du wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Produktenwicklung. Wann und warum hast du dich entschlossen zu promovieren? Was machst du am Lehrstuhl und was gefällt dir an deiner Arbeit? Was sind deine Ziele nach Ende der Promotion? Du betreust das Praktikum Entwicklungsmethoden, in dem auch Soft Skills Credits vergeben werden. Was hast du dort für dich persönlich und für deine Arbeit am Lehrstuhl gelernt?

Dipl.-Ing.

Ioanna Michailidou Ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am PE-Lehrstuhl und leitet das Praktikum für Produktentwicklungsmethoden. Ihr Forschungsbereich befasst sich mit der Förderung von Kreativität in der Produktentwicklung, der Kundeneinbindung im Entwicklungsprozess und der Gestaltung von Kundenerlebnissen in der Produktentwickl u n g .

studentischen Arbeiten. D.h. dass meine Arbeit vielfältig ist und dass ich viel mit anderen zusammenarbeite – das ist genau warum ich diese Arbeit so spannend finde.

Im Masterstudium

B.Sc. Janette Seewald Warum hast du dich nach Ende des Bachelorstudiums für die zusätzliche Qualifikation mit dem Masterstudium entschieden? Welche Vorteile siehst du darin ein Masterstudium zu absolvieren anstatt mit einem Bachelorabschluss ins Berufsleben einzutreten? Was sind deine Ziele nach Ende des Studiums? Gibt es in deinem familiären Umfeld Verwandte, die Maschinenbau studiert haben? Frauen? Jeanette, du bist ab Sommersemester 2012 im Tutorenteam des Tutorensystem Garching. Warum hast du dich beworben? Du bist die einzige Frau im Team, stört dich das?

Paralleles Bachelor- und Masterstudium

Anna Bezdolnova

Warum hast dich für das Maschinenbaustudium entschieden? Wie fühlt es sich an zu den 12,4% der Maschinenbaustudentinnen zu gehören? Welche Ziele hast du dir mit deinem Studium gesetzt? Du hast dein Masterstudium bereits begonnen? Was sind deine Beweggründe dafür? Anna, du hast als Tutee beim Tutorensystem Garching mitgemacht, bist studentische Hilfskraft im ZSK, arbeitest ehrenamtlich beim studentischen Verein IEAESTE mit, bist dort aktuell Präsidentin des lokalen Komitees in München, im Förderprogramm von Siemens und hast schon zahlreiche Soft Skills Kurse besucht. Warum ist es wichtig sich auf dem Gebiet der Soft Skills weiterzubilden?

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Seit 01.10.2011 bist du wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Produktenwicklung. Wann und warum hast du dich entschlossen zu promovieren? Schon während des Studiums habe ich mich entschlossen zu promovieren, weil man so die Möglichkeit hat, Forschung und fachliche Weiterbildung mit praktischer Erfahrung bei Industrieprojekten zu kombinieren. Was machst du am Lehrstuhl und was gefällt dir an deiner Arbeit? Mein Tagesgeschäft am Lehrstuhl besteht aus Lehreaufgaben (wie die Betreuung des Praktikums Entwicklungsmethoden), Teilnahme an Projekten und Forschungsgruppen (ich nehme zurzeit an einem interdisziplinären Projekt im Bereich User Experience teil) und Betreuung von

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

Was sind deine Ziele nach Ende der Promotion? Ich habe noch keine direkte Vorstellung, wie mein zukünftiges Berufsleben aussehen wird. Auf jeden Fall würde ich aber gerne weiter im Bereich Ausbildung arbeiten, weil ich Lehre und Interaktion mit Studierenden sehr interessant finde, vor allem weil man dabei selbst auch vieles lernen kann. Du betreust das Praktikum Entwicklungsmethoden, in dem auch Soft Skills Credits vergeben werden. Was hast du dort für dich persönlich und für deine Arbeit am Lehrstuhl gelernt? Beim Praktikum Entwicklungsmethoden habe ich die Teamarbeit von 10 Studierenden miterlebt, die viele Methoden der Produktentwicklung angewendet haben. Aus fachlicher Seite war das sehr wertvoll. Gleichzeitig habe ich aber neben der Gruppe auch sehr vieles über Teamarbeit, Präsentation und Moderation gelernt – während des Praktikums sind wir alle (Studierende und Betreuer) durch das gegenseitige Feedback besser geworden!


Somersemester 2012

„Ich möchte neben dem technischen Wissen auch möglichst viel Know-How aus verschiedenen Bereichen ‚mitnehmen‘ und das Tutorsystem bietet eine ideale Möglichkeit dazu.“ Im Masterstudium

„Soft Skills Seminare bieten eine gute Möglichkeit sich in verschiedenen Situationen auszuprobieren, ohne dass etwas Wichtiges auf dem Spiel steht.“ Paralleles Bachelor- und Masterstudium

B.Sc. Jeanette Seewald

Anna Bezdolnova

Studiert Maschinenbau im Masterstudiengang und ist Tutorin im Tutorensystem

Studiert Maschinenbau im Bachelorstudiengang und hat bereits parallel mit dem

Garching.

Masterstudium begonnen.

W arum hast du dich nach Ende des Bachelorstudiums für die zusätzliche Qualifikation mit dem Masterstudium entschieden? Nach meinem Bachelorstudium und einem Jahr Praxis als Applikationsingenieurin für einen Steuerungshersteller hatte ich das Bedürfnis, ein noch breiteres technisches Gesamtverständnis zu erlangen und mich auch in bestimmte Themengebiete weiter zu vertiefen. Nach einem Jahr an der TUM denke ich, mit dem Masterstudium genau diese Ziele erreichen zu können. Welche Vorteile siehst du darin ein Masterstudium zu absolvieren anstatt mit einem Bachelorabschluss ins Berufsleben einzutreten? Das zusätzliche Wissen und die Möglichkeit, später promovieren zu können, machen für mich das Masterstudium attraktiv. Was sind deine Ziele nach Ende des Studiums? Ich werde es nach dem Ende meines Studiums halten wie bisher und einfach sich spontan bietende Chancen am Schopf packen. Auch würde ich gerne nochmals vielseitige neue Erfahrungen bei einem längeren Auslandsaufenthalt machen.

Gibt es in deinem familiären Umfeld Verwandte, die Maschinenbau studiert haben? Frauen? Nein. Allerdings ist mein Vater Mathematiklehrer und talentierter Hobby-Heimwerker und ich habe ihm bereits als kleines Mädchen dabei geholfen, Holzbretter auszumessen, abzusägen, zu vernageln, verschrauben … ob ich seine Arbeitszeit dabei verkürzt habe, ist zwar fraglich, aber ich glaube, dass er mir einfach generell den Spaß am Umgang mit Zahlen vermittelt hat. Jeanette, du bist ab Sommersemester 2012 im Tutorenteam des Tutorensystem Garching. Warum hast du dich beworben? Du bist die einzige Frau im Team, stört dich das? Ich möchte neben dem technischen Wissen auch möglichst viel KnowHow aus verschiedenen Bereichen „mitnehmen“ und das Tutorsystem bietet eine ideale Möglichkeit dazu. Besonders reizen mich das Üben des freien Präsentierens und das Lernen, wie Wissen interessant weitergegeben werden kann. Als Tutorin möchte ich sowohl meine Fähigkeiten in der Arbeit als Mitglied im (Tutoren-)Team als auch in der Leitung eines (Tutee-)Teams ausbauen. Ich hätte mich natürlich sehr über weibliche Unterstützung gefreut, aber nach vielen Semestern unter mehrheitlich männlichen Kommilitonen ist es nichts Ungewohntes für mich, die einzige Frau im Team zu sein. Zudem durfte ich meine Tutorkollegen ja schon ein bisschen kennenlernen und bin überzeugt, dass wir zusammen auch jede Menge Spaß haben werden.

W arum hast du dich für das Maschinenbaustudium entschieden? Für Technik habe ich mich schon immer begeistern können. Ich gehöre aber nicht zu denen, die seit dem Kindesalter wussten, dass sie später mal Autos oder Flugzeuge bauen werden. Auch nach dem Abitur wollte ich mich noch nicht richtig auf eine Richtung festlegen und habe mich dann für Maschinenbau entschieden, da es meiner Meinung nach eines der vielseitigsten Ingenieur-Studiengänge ist. Wie fühlt es sich an zu den 12,4% der Maschinenbaustudentinnen zu gehören? Eigentlich nicht viel anders, als wenn es mehr wären. Bei jährlich 1000 Erstsemestern sind es mehr als 124 Frauen und damit mehr als bei dem ein oder anderen „Frauenstudiengang“. Ich habe mich auch nie anders behandelt gefühlt, weder im positiven noch im negativen Sinne. Welche Ziele hast du dir mit deinem Studium gesetzt? Ich habe mir vorgenommen mein Studium so gestalten, dass ich nur Fächer belege, die mich wirklich interessieren. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass sich die Dinge auf diese Weise fast „wie von selbst“ ergeben. Daher würde ich sagen, dass es mein Ziel ist die Motivation am Studium nicht zu verlieren. Du hast dein Masterstudium bereits begonnen? Was sind deine Beweggründe? Ich finde das Bachelorstudium ist zu kurz, um sich wirklich in ein Gebiet fachlich einzuarbeiten. Das mag in anderen Studiengängen anders sein, aber ich fühlte mich nach dem Bachelor nicht als Ingenieurin und nicht bereit ins Berufsleben einzusteigen.

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

Anna, du hast als Tutee beim Tutorensystem Garching mitgemacht, bist studentische Hilfskraft im ZSK, arbeitest ehrenamtlich beim studentischen Verein IEAESTE mit, bist dort aktuell Präsidentin des lokalen Komitees in München, im Förderprogramm von Siemens und hast schon zahlreiche Soft Skills Kurse besucht. Warum ist es wichtig sich auf dem Gebiet der Soft Skills weiterzubilden? Soft Skills sind ja ein sehr weites Feld. Die meisten Fähigkeiten, die zu den Soft Skills gehören, sind im Alltag genauso wichtig, wie im Studium bzw. Berufsleben. Doch im Gegensatz zu seinen Freunden, kann man sich seine Kommilitonen bzw. Kollegen nicht aussuchen und muss mit diesen nicht nur auskommen, sondern auch noch gute Ergebnisse erzielen. Vermutlich hat jeder schon mal eine Situation erlebt, bei der er rückblickend wünscht sich anders verhalten zu haben. Je früher und je mehr man mit schwierigen Situationen, wie Konflikten im Team, harter Kritik oder Kommunikationsschwierigkeiten, konfrontiert wird, desto eher hat man die Möglichkeit über sein Verhalten in der Situation nachzudenken und sich zu überlegen wie man sich in dieser Situation verhalten kann. Soft Skills Seminare bieten eine gute Möglichkeit sich in verschiedenen Situationen auszuprobieren, ohne dass etwas Wichtiges auf dem Spiel steht.

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Zündschlüssel

World Café

„Man kann nicht, nicht kommunizieren.“

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an kann nicht, nicht kommunizieren“ sagt der Psychologe und Philosoph Paul Watzlawick. Jedes Verhalten weist einen kommunikativen Charakter auf, deshalb kommunizieren Personen bereits zu Beginn der ersten Wahrnehmung. Ein nicht Kommunizieren ist daher unmöglich, da jedes Verhalten mit Kommunikation - egal ob verbal oder nonverbal - verbunden ist. Dabei lassen sich unterschiedliche Aspekte aus der Kommunikation ziehen, welche bei einem Missverstehen leicht zu Konflikten zwischen den Beteiligten führen. Das World Café ist eine Workshop Methode, bei der es darum geht, das kollektiv vorhandene Wissen von Menschen innerhalb eines konstruktiven Gesprächs, zu einem für die Teilnehmer relevanten Thema, zu bündeln. Möglichst viele Beteiligte sollen dabei zu Wort kommen und mit ihrem Engagement an einer neuen Idee mitwirken. Dabei erfährt der Einzelne eine Bereicherung in seinem Selbstkonzept und durch den Austausch mit den Anderen erhält er neuen Denkanstöße und Handlungsoptionen.

i Infobox Weitere Termine für die Veranstaltung World Café finden Sie auf unserer Homepage: www.zsk.mw.tum.de Die nächsten World Cafés finden am 26./27. April, am 10./11. Mai und am 14./15. Juni statt.

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Dialogrunde im World Café des Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainnigs im Januar 2012

In der Großgruppenveranstaltung „World Café“ am ZSK arbeiten Studierende in Kleingruppen von 25 Personen und im großen Plenum mit 100 Personen zu dem Motto „Man kann nicht, nicht kommunizieren“ zusammen. Mit wechselnden Gesprächspartnern tauschen sie sich in einer Caféatmosphäre zu verschiedenen Fragestellungen aus den Bereichen Kommunikation und Konfliktmanagement aus und diskutieren in unterschiedlichen Gruppengrößen. Die Dialogrunden an den einzelnen Tischen werden von Masterstudierenden moderiert und von professionellen Trainern betreut. Die Bachelorstudierenden nehmen an dem zweitägigen World Café teil, bei dem sie in den Dialogrunden mit ihren Kommilitonen diskutieren und dabei von dem Wissenstand der Masterstudierenden profitieren können. In Rollenspielen und Problemlöseaufgaben können praktische Erfahrungen gesammelt werden und beim gemeinsamen Austausch von Bachelor- und Masterstudierenden bietet sich die Möglichkeit persönliche Erfahrungen mit einzubringen. Die Studierenden werden auf die Schlüsselkompetenzen im Bereich

Kommunikation und Konfliktmanagement sensibilisiert und erwerben Fachwissen darüber. Sie lernen in Teams zu agieren und ihre Ergebnisse in Präsentationen vor Großgruppen vorzutragen. Die Masterstudierenden erweitern zusätzlich ihre Methodenkompetenz im Bereich Moderation und lernen, wie sie wissenschaftlich fundierte Kenntnisse aus dem Bereich Soft Skills weitergegeben. Die Masterstudierenden erhalten im Vorfeld einen eLearning Kurs, um sich Wissen zum Themenkomplex „Kommunikation und Konflikt“ anzueignen und sich mit den wissenschaftlichen Erfahrungswerten auseinander zu setzen. So erfahren die Teilnehmer, was das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun ist, was der Unterschied zwischen Ich- und Du-Botschaften ist und wie man konstruktiv kritisieren kann. Im Bereich Konfliktlösung er-

werben sie ihr Wissen zu der Frage, was Sozialwissenschaftler unter einem Konflikt verstehen, welche Arten von Konflikten es gibt und wie man erfolgreich mit Konflikten umgeht. In einem speziellen Vorbereitungsworkshop für Masterstudierende werden die Teilnehmer auf ihre Rolle als Tischgastgeber vorbereitet. Sie erlernen, wie sie ihr erworbenes Wissen an die Bachelorteilnehmer weitergeben können und welche Erwartungen an einen Tischgastgeber beim World Café gestellt werden.

Turmbauübung im World Café

Autorin Birgit Spielmann ist Koordinatorin für das Tutorensystem Garching, Seminarleitung am Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings und Ansprechpartnerin für die Veranstaltung World Café.

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen


Somersemester 2012

Tutorenausbildung

Impressionen von Markus Gerschitzka und David Brumeißl Tutoren im Sommerse mester 20 12

einprägsamer Lerneffekt hierbei war, dass die Verantwortung für die Erfüllung der Aufgabe in einer Teamarbeit nicht nur bei der Leitung liegt, sondern von allen Teammitgliedern getragen wird.

Die Führungsübung „Blinde Schlange“ während der Tutorenausbildung

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as kommt nach den Noten? Mit dieser Frage beschäftigt sich nicht nur dieser Artikel, sondern auch die Personalabteilungen vieler Unternehmen. Die Absolventen der Hochschulen sehen sich in so gut wie jedem Bewerbungsgespräch mit der Frage konfrontiert, welche Kompetenzen sie neben ihrer fachlichen Ausbildung vorzuweisen haben. Besonders gern werden hier angewandte Soft Skills wie beispielsweise Teamfähigkeit, Konfliktbewältigung und Führungskompetenzen gesehen. Aber wie kann man nun Soft Skills richtig erlernen? Da kommt das Tutorensystem Garching ins Spiel. Dieses betreut jedes Semester um die 200 Studenten/innen und vermittelt diesen in zwei Studiensemestern einerseits grundlegende Soft Skills und andererseits deren praxisnahe Anwendung in einem Projektsemester. Hierfür werden eigens Tutoren, in der Regel erfahrene Studenten höheren Semesters, in speziellen mehrwöchigen Seminaren durch erfahrene Trainer ausgebildet. Diese Ausbildung bereitet die Tutoren darauf vor wöchentliche Workshops mit Ba-

chelorstudenten abzuhalten und diese in dem darauffolgenden Projektsemester coachen und betreuen zu können. Wie sieht so eine Ausbildung aus? 1 Tagungshaus, 2 Trainer, 10 Tage, 15 Tutoren. Die Schwerpunkte der Ausbildung liegen dabei im Erwerb von fachlichem Hintergrundwissen im Themenbereich Soft-Skills, dem Erlernen interaktiver Methoden der Wissensvermittlung und der Reflexion und Vertiefung des Wissens durch Problemlösungsaufgaben. Das Hintergrundwissen besteht zum großen Teil aus der Vermittlung verschiedener Theorie-Modelle, deren Verständnis durch darauffolgende Gruppendiskussionen gefördert wurde.

Auch in der Ausbildung wurde Lernen durch Lehren großgeschrieben. So war es die Aufgabe jedes Tutors sich mit einem Fachgebiet, wie zum Beispiel Teamentwicklung, auseinanderzusetzen und das gesammelte Wissen in einem Workshop aufzubereiten. Bei Unklarheiten konnte man sich jederzeit durch intensive Gespräche mit den Trainern Tipps und Anregungen holen. Das erlernte Wissen konnte direkt in den von den Trainern gestellten Aufgaben angewandt werden. Hierbei mussten unterschiedliche erlernte Fertigkeiten genutzt werden. Zu Bewältigen war beispielsweise die nonverbale Führung einer Menschenschlange, denen die Augen verbunden waren, durch Waldgebiete und spezielle Parcours. Ein

Warum die Tutorenausbildung mehr als nur Credits ist? „Die Ausbildung zum Tutor hat mir nicht nur geholfen die wöchentlichen Workshops effizient zu meistern, sondern ich ertappe mich immer öfter dabei, dass ich die angeeigneten Fähigkeiten im Alltag anwende. So passiert es mir häufiger in den Vorlesungen, dass ich nicht mehr dem Vortrag folge, sondern abschweife und anfange den Vortragsstil des Dozenten zu analysieren. Dabei nehme ich jetzt besser wahr, wie der Dozent versucht durch Gestik seine Argumentation zu untermauern.“ Das angeeignete Wissen in der intensiven Ausbildung findet nicht nur im Rahmen des Tutorensystems seine Anwendung, sondern ist auch im weiteren Studium und der anschließenden Arbeitswelt von großem Nutzen und das nicht nur als besonderer Bonus im Lebenslauf.

Theorieinput in der TutorenausbildungLerntheoretisches Modell Komfortzonen

Ein Tutorenteam im Sommersemester 2012

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

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Zündschlüssel

Tutorensystem Garching sucht Tutor/innen DEIN PROFIL

DEINE AUFGABEN

• Master- oder Diplomstudent/in an der Fakultät für Maschinenwesen (oder Bachelorstudent/ in mit bereits 4 Soft Skills Credits) • Interessiert ein Jahr im Tutorenteam zu lernen, zu arbeiten, soziale Kompetenzen auszubauen und vor allem auch Spaß zu haben • Motiviert an der Leitung der Tutorstunden für die Bachelorstudierenden

• Verplichtende Teilnahme an allen Ausbildungstagen (Termine werden frühzeitig bekannt gegeben) • Halten der Tutorstunden im ersten Semester • Begleitung der Gruppe im zweiten Semester (als Coach , Berater/in) • Ansprechpartner/in für die Belange der Tutees • Regelmäßige Teilnahme an den Statusmeetings der Tutoren/innen (im ersten Semester wöchentlich, im zweiten Semester alle zwei Wochen). Bei den Statusmeetings wirst du von Mitarbeiter/innen des Lehrstuhls für Produktentwicklung und Mitarbeiterinnen des Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings unterstützt. • Mitarbeit in einem Ressort (z.B. Recruiting, Industrievortragsreihe, TUTORforscht/konstruiert etc.)

• Erwerb der für das Masterstudium notwendigen Soft Skills Credits • Ausbau deiner sozialen Kompetenzen: Trainieren von Präsentation, Moderation und Workshopgestaltung. Mehrtägige Ausbildung für die Tutorentätigkeit mit einem professionellen Trainerteam in einem Seminarhaus. Arbeit im Tutorenteam, Netzwerk erfahrener Tutor/innen und Alumni • Betreuung durch wissenschaftliche Mitarbeiter/ innen des Lehrstuhls für Produktentwicklung und die Mitarbeiter/innen des Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings (ZSK) • Direkte persönliche Kooperation mit Unternehmen im Rahmen der Industrievortragsreihe • finanzielle Aufwandsentschädigung (600 Euro am Ende deiner Tätigkeit)

!!

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DEIN NUTZEN

FAQ Wieviele Soft Skill Credits brauche ich für das Masterstudium? 5 (2 Prüfungsleistungen à 3 bzw. 2 Credits). Wieviele Soft Skill Credits bekomme ich für die Teilnahme am Tutorensystem Garching? 5 (2 Prüfungsleistungen à 3 bzw. 2 Credits). Diplomstudierende können sich die Leistung als sogenanntes viertes, externes Ergänzungsfach anrechnen lassen. Kann ich auch nur ein Semester am Tutorensystem teilnehmen? Nein, du musst ein Jahr verfügbar sein. Muss ich an allen Ausbildungseinheiten teilnehmen und was kosten die Seminare? Ja, du musst an allen Terminen teilnehmen, die Ausbildung ist für dich kostenlos. Wie groß sind die Gruppen im Tutorensystem Garching? Ein Tutor betreut ein Jahr lang ca. 15 Tutees. Ein Tutorenteam besteht aus ca. 15 Studierenden. Wann sind die nächsten Ausbildungszeiten? Ende September / Anfang Oktober 2012.

Bewerbungsfrist für das neue Tutorenteam: Wintersemester 2012 |13 und Sommersemester 2013 - endet am 08. Juli 2012

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Somersemester 2012

TUTOR forscht

Wettbewerb im Tutorensystem Garching im Wintersemester 2011/12

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er alljährliche TUTOR  f orscht Wettbewerb am 02.02.2012 war der Höhepunkt und Abschluss des Tutoren- und Tuteejahrgangs des Sommersemesters 2011. Ziel des Wettbewerbs war die Präsentation eines innovativen und funktionstüchtigen Prototypens. Neben Ruhm und Ehre für die Sieger gab es auch Sachpreise zu gewinnen. Es traten 14 Teams aus motivierten TUM-Studierenden gegeneinander an. Jedes Team konnte in einer zehnminütigen Präsentation seinen Prototypen zum Thema: „TUrlaub – Zeit für eine Auszeit“ vor der kritischen Jury und dem Publikum präsentieren. Bei der Bewältigung der Aufgabenstellung war nicht nur Teamgeist und Innovationsfreude gefragt, sondern auch Zeitmanagement, Engagement und wirtschaftliches Denken. Jedes Team hatte 150 Euro als Budget zur Verfügung. Die finanzielle Unterstützung wurde von der Firma Voith zur Verfügung gestellt, die auch Hauptsponsor des gesamten Innovationswettbewerbs war. Das Siegerteam die „TUeftler“ präsentierte den „intelligenten Koffer“ für einen entspannten Start in den Urlaub. Neben einer integrierten Waage, zur exakten Bestimmung des Gesamtgewichtes während des Die Projektgruppen im TUTOR forscht Wettbewerb

Den ersten Preis gewann das Team „TUeftlen“

Kofferpackens, wurde ein Multifunktionssensor verbaut. Dieser Sensor zeichnet Zeit, Druck-, Temperaturund Beschleunigungsdaten auf, so kann unter anderem bei einer Beschädigung des Koffers oder dessen Inhalts festgestellt werden, wann der Schaden entstanden ist bzw. welche Kräfte gewirkt haben müssen. Kann der Schaden auf die unsachgemäße Verladung des Koffers am Flughafen zurückgeführt werden, kann der Kunde seine Ansprüche gegenüber der Fluglinie geltend machen. Neben verschiedenen Koffervarianten wurden in der halbjährigen Entwicklungszeit auch viele weitere innovative Produkte und Lösungsansätze durch die Teams entwickelt. Dabei konnten die Tutees, die zuvor in Kleingruppen erarbeiteten Soft Skills zu Themen, wie „Teamarbeit“, „Kommunikation“ und „Konfliktmanagement“ in der Praxis ausüben und weiter vertiefen. Die kreativen Ergebnisse wurden durch eine kompetente Jury, bestehend aus dem Schirmherrn des Tutorsystems Garching Prof. Dr. Lindemann, Herrn Dr. Hilbing von Voith, Frau Dr. Nißl (Patentanwältin) und Franciska Völgyi (Studentin), bewertet. Ihnen gilt unser besonderer Dank für ihre fachkundige Unterstützung.

Die entstandenen Prototypen befassten sich mit vielen Problemstellungen, die sich bei einem Urlaub – ob kurz oder lang – ergeben. So entwickelte das Team „HoliTUM“ einen schwimmenden Grill, mit dem jede Poolparty ein Highlight wird. Die Konstruktion ist auf einem Gummireifen montiert und ist spielend leicht zu bedienen. Eine andere Erfindung, die der Wettbewerb hervor brachte, ist das: „Loch – Luxury Opening Cleaning Hole“. Ein handelsübliches Campingzelt kann mittels einer speziellen Schablone mit einer wasserdichten Öffnung im Boden nachgerüstet werden. Somit wird das Säubern des Zeltinneren erleichtert. Ein Problem, dass alle Snowboarder kennen, wurde von dem Team „bind.ing“ gelöst. Ein SnowboardSchloss soll den Diebstahl des geliebten Boards verhindern. So wird jeder Tag im Schnee ein bisschen sicherer. Ein schwimmender Grill

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

Neben den hier vorgestellten Gruppen möchten wir auch den nicht erwähnten Teams für ihren Ideenreichtum danken. Ein großer Dank geht weiterhin an das TUTORforscht Ressort, das für ein interessantes Thema für den Wettbewerb gesorgt hat und diesen mit vollem Erfolg organisierte. Abschließend bleibt noch zu sagen, dass sich das gesamte Tutorenteam für zwei ereignisreiche und spannende Semester bedanken möchte und dem Tutorensystem weiterhin viel Erfolg bei der außerfachlichen Weiterbildung angehender, junger IngenieurInnen wünscht. TUTORinformiert-Ressort i Infobox Interesse am Tutorensystem Garching? Wenden Sie sich an die Koordinatorin Birgit Spielmann und besuchen Sie unsere Homepage: www.zsk.mw.tum.de E-mail an: spielmann@mw.tum.de

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Zündschlüssel

TUTOR konstruiert

Auf geht´s zum okTUberfest Markus Gerschitzka und David Brumeißl

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er kennt es nicht, das Oktoberfest, die Wiesn, heiligstes Gut der Bayern. Jedes Jahr ist das größte Volksfest auf der Theresienwiese in aller Munde, auf der ganzen Welt. Es überschlagen sich zurzeit aber die Meldungen, dass die Wiesn dieses Jahr in Garching stattfinden soll, nur was ist der Anlass? Es wird gemunkelt, dass der alljährliche Konstruktionswettbewerb des Tutorensystem Garching die Bierversorgung der Gäste revolutionieren wird. Deshalb wird das diesjährige okTUberfest seine Zelte in Garching an der Fakultät Maschinenwesen aufschlagen.

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Während des Projektsemesters erfahren die Studierenden, was Teamarbeit ist.

!!! Konstruktionswettbewerb

Ablauf und Wettbewerb Um die beste technische Lösung zu ermitteln, treten die einzelnen Konstruktionen im direkten Vergleich gegeneinander an. Hierzu wird in einer Gruppenphase jeder Prototyp zweimal die nachgestellten Hindernisse, die im Festzelt anzutreffen sind, absolvieren und die besten acht der vierzehn Projektgruppen in die

Das Schmankerl für den Zuschauer Nicht nur den Teilnehmern winken Preise, sondern der Zuschauer kann auch sein technischen Gespür beweisen und zwischen Vorstellung der einzelnen Prototypen und dem Wettbewerb seinen Tipp abgeben, welcher der Prototypen das Rennen macht.

Teststrecke mit Hindernissen beim Konstruktionswettbewerb

des Tutorensystems Garching

Worum geht es? Das Tutorensystem Garching stellt ihren diesjährigen Konstruktionswettbewerb ganz in den Dienst des okTUberfest‘s. Die Konstruktionsaufgabe ist die Entwicklung und Konstruktion eines Transportsystems zum effizienten und sicheren Transport einer Mass Bier vom Ausschank zur auf Nachschub wartenden Bedienung im Zelt. Diese Aufgabenstellung wird von den Projektgruppen bearbeitet und diese werden ihren Prototypen am Tag der Studenten auf einer Teststrecke zur Anwendung bringen, die dafür eigens von den Tutoren konzipiert wurde. Um Realitätsnähe zu gewährleisten, orientieren sich die Hindernisse an typischen Gegebenheiten des Oktoberfestes, die da wären: mit Bierbänken versperrte Durchgänge, schunkelnde Menschen, Stromkabel, schlafende Menschen am Boden und schlecht befestigte Wege.

K.O.-Phase einziehen, wo in den einzelnen Finals um den Sieg gekämpft wird. Da stellt sich noch die Frage nach welchem Bewertungsschema die Teilnehmer beurteilt werden. Neben dem eigentlichen Transport der Mass Bier, gibt es noch weitere Anforderungen, die an die Maschine gestellt werden und in die spätere Bewertung eingehen. Hierzu zählen beispielsweise die Geschwindigkeit des Transports und der Füllstand des Kruges nach dem Transport. Wert wird auch auf dessen wies‘nechtes Design gelegt, das von einer Fachjury bewertet wird. Preise gehen an die drei Transportsysteme, die beim Wettbewerb am besten abschneiden und es wird auch noch einen Kreativpreis für das ausgefallenste Gefährt geben.

Konstruktionswettbewerb

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Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

okTUberfest, wer bringt uns in Zukunft die Mass?

Projektaufgabe im Rahmen des Tutorensystem Garching

14 Tutorengruppen treten gegeneinander an

Tag der Studenten, 12.06.2012

Magistrale der Fakultät für Maschinenwesen


Somersemester 2012

Industrielle Softwareentwicklung Projektmanagementseminar am Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme Jens Folmer

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m Sommersemester wird vom Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme (AIS) die Vorlesung „Industrielle Softwareentwicklung für Ingenieure“ SEFI angeboten, die von Prof. Dr.-Ing. Birgit VogelHeuser gelesen wird. Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung werden Inhalte zur Softwareentwicklung im industriellen Umfeld vermittelt und,

ausgehend von verschiedenen Vorgehensmodellen, Beschreibungsmitteln, Methoden und Werkzeugen von der Anforderungsermittlung über das Design und den Betrieb bis hin zum Abnahmetest. Die Studierenden werden während des Semesters an das Projektmanagement des Softwareengineering in der Automatisierungstechnik herangeführt. In Vorlesung und Zentralübung können die Theorien vermittelt und auch die praktischen Probleme dargestellt werden. Im Projektmanagement sind neben fachlicher Qualifikation auch Sozial-, Methoden- und Fachkompetenzen gefordert, sodass auch Herausforderungen bei der interdisziplinären Kommunikation, der Teamarbeit und, bezugnehmend auf die Projektphasen im Vorgehensmodell, die Kommunikation bei Dokumentenübergabe beherrscht werden müssen. Dies lässt sich in der Theorie nicht vermitteln und muss praktisch erlernt werden.

Um diese Probleme zu erleben, startete der Lehrstuhl AIS im vergangenen Sommersemester gemeinsam mit dem Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings (ZSK) erstmalig ein Pilotprojekt, um zusätzlich zum Rahmen der Vorlesung „Industrielle Software Entwicklung für Ingenieure“ einen praktischen Teil anbieten zu können, bei

bers entscheiden, wie eine Funktionalität bei der Anforderungsermittlung beschrieben werden soll. Bei den Übergaben der Ergebnisse von einer Gruppe zur nachfolgenden mussten die erstellten Dokumente besprochen werden. Resultierend aus den unvollständigen Angaben entstanden in den Gruppen teilweise verschiedene Ansichten, die erst während der Weiterarbeit, nicht jedoch in den Übergabegesprächen deutlich wurden. Somit musste beispielsweise die Design-Gruppe auf unvollständigen Anforderungen aufbauen. Die Beschreibung des Softwaredesigns somit ebenfalls unvollständig. Es ergab sich, dass die Gruppe, welche die Softwarelösung imPräsentation im Projektmanagement SEFI plementieren solldem Studierende des Maschinen- te, vor ungeklärten Fragen stand baus und der Informatik teilnahmen und die notwendigen Funktionalitäund in Zukunft auch teilnehmen ten nicht implementieren konnte. können. In Teams von Studierenden Folglich konnte dadurch die Implewurde ausgehend von der Aufga- mentierungsgruppe die Software benstellung eines Auftraggebers nicht komplett fertigstellen. Die eine Softwarelösung entwickelt. Die Gruppe, die im Anschluss an die ImTeilnehmer wurden in verschiedene plementierung, die Software auf Gruppen aufgeteilt, um die Projekt- Funktionalität gegenüber der Aufphasen Anforderung, Design, Im- tragsspezifikation testen sollte, hatplementierung und Test des so ge- te keine vollständige Software zum nannten Wasserfallmodells, ein Testen. Dennoch konnten die in der dokumentengetriebenes Vorgehens- Vorlesung vorgestellten Softwaremodell zur Durchführung von Soft- Intensive Projektplanung wareprojekten, zu realisieren. Um ein realitätsnahes Szenario durchzuführen, wurden häufig auftretende Herausforderungen bei der Softwareentwicklung bewusst in den Entwicklungsauftrag integriert. Der Auftraggeber stellte eine grobe Auftragsspezifikation, die einen großen Interpretationsspielraum für die Teilnehmer zuließ. Dadurch mussten die Teilnehmer selbstständig, aber auch im Sinne des Auftragge-

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

metriken angewandt werden, um die Komplexität des Quellcodes zu beurteilen. Durch die Art des gestellten Auftrags und die Vorgabe, nach dem Wasserfallmodell vorzugehen, konnten viele der Probleme im industriellen Umfeld simuliert und verdeutlicht werden. In einer zweitägigen Nachbesprechung mit den Teilnehmern, dem betreuenden Mitarbeiter des AIS, einer Mitarbeiterin des ZSK und einer professionellen externen Trainerin wurden die Probleme angesprochen, sowie Lösungen und Handlungsempfehlungen erarbeitet, um die erlebten Herausforderungen frühzeitig erkennen und lösen zu können. Den Teilnehmern wurde praktisches Basiswissen vermittelt, um Projekte zukünftig erfolgreich zum Ziel zu bringen und auch mögliche Probleme zu berücksichtigen. Das Feedback der Teilnehmer zum durchgeführten Pilotprojekt war sehr positiv, sodass diese Veranstaltung regelmäßig im Wintersemester angeboten wird.

Autor Jens Folmer M.Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme Bei Fragen zur Veranstaltung wenden Sie sich bitte an: folmer@ais.mw.tum.de

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Zündschlüssel

Seminar Projektmanagement

Soft Skills am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften - Ein Erfahrungsbericht von Studierenden

Oder was Soft Skills wirklich bedeutet.

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rster Praktikumstermin. Nach drei Stunden Input sitzen wir immer noch über einer Aufgabenstellung, die wir versuchen zu analysieren, reden durcheinander und wissen nicht so recht was zu tun ist. Wir, das war die Gruppe „teambook“, eine der drei Gruppen im Seminar Projektmanagement. Immerhin auf den Namen konnten wir uns schnell einigen. Unsere Aufgabe war es, ein Konzept zur Verbesserung des TEAMEntwicklungsprogramms des iwb zu entwerfen. Im Rahmen dieses Projekts ging es neben den inhaltlichen Aufgaben auch um eine strukturierte Vorgehensweise und die gezielte Anwendung von Projektmanagementmethoden. Projektstrukturplan? Ach ja, wie ging das nochmal? Von Anfang an wurden wir auf uns allein gestellt. Wir bekamen unsere Aufgabenstellung, die Rahmenbedingungen wurden geklärt und dann konnten und mussten wir eigenständig arbeiten. Wir hatten mit Herrn Hatwig als Betreuer des Praktikums einen Ansprechpartner für alle organisatorischen Fragen und einen weiteren Auftraggeber vom iwb, der hauptsächlich an unseren Ergebnissen interessiert war. Zur Betreuung unserer inhaltlichen Arbeit kam uns Philip Kotter als Tutor zur Hilfe, der das Seminar ein Jahr zuvor absolviert hatte. Parallel zur inhaltlichen Arbeit

mussten wir in regelmäßigen Abständen von zwei Wochen Statusberichte im Seminar abgeben. Hochglanz-Powerpoint-Folien waren dabei schon fast ein Muss. Man wollte sich ja vor den Betreuern und den anderen Gruppen keine Blöße geben. Neben den Statusberichten wurden die Seminartermine stets von einem Studenten moderiert und andere Kommilitonen brachten uns Themen aus dem Bereich Soft Skills näher. Dieser thematische Input, als auch die konstruktive Kritik für die Referenten boten zahlreiche Chancen an sich selbst zu arbeiten. Ach ja, wie verlief denn unser Projekt? Zu Beginn klärten wir grundlegende organisatorische Dinge: Wie fällen wir Entscheidungen? Wer ist der Teamleiter? Was machen wir bei Nichterledigung von Aufgaben? Im Anschluss daran folgte die Planung und erst kurz vor Weihnachten begannen wir mit der operativen Arbeit. In einem Kraftakt von drei Wochen entstand daraufhin ein Konzept mit einem Umfang von über 100 Seiten, das wir voller Stolz dem Institut überreichen konnten. Und was hat das Ganze jetzt mit Soft Skills zu tun? Wir arbeiteten über ein halbes Jahr im Team unter einem Teamleiter zusammen. Natürlich gab es auch kleinere Konflikte in der Gruppe, die es kreativ zu meistern galt. Im Rahmen unserer

Projektorganisation mussten wir unsere Kommunikationswege und -häufigkeit festlegen und immer wieder grundlegende Entscheidungen treffen. Mit über 80 Stunden Zeitaufwand je Teilnehmer mussten wir uns auch zügeln, denn es gab ja auch noch andere Lehrveranstaltungen. Der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, dass in diesem Seminar die ganze Bandbreite von Soft Skills abgedeckt wird: Kommunikation, Führung, Feedback, Konfliktmanagement, Zeitmanagement, Moderation, Präsentation, Teamarbeit, etc... Die Frage, die man sich am Ende eines solchen Praktikums stellt, ist, was man davon im Gedächtnis behält und worin der Nutzen besteht. Zusammenfassend kann man sagen, dass dieses Praktikum sicherlich zu den zeitaufwändigsten Hochschulpraktika gehört. Gleichzeitig besteht ein hoher persönlicher Nutzen durch die praktische Anwendung von Soft Skills, gepaart mit konstant hoher Motivation. So viel Eigenständigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten in einem Praktikum suchen Seinesgleichen. Nachdem das Praktikum also in positiver Erinnerung blieb, nahm ich ein Jahr später noch einmal daran teil, allerdings nun in der Rolle des Tutors. Dieser Rollenwechsel vom Teilnehmer zum Coach ist durchaus

interessant. Einerseits soll man eigene Erfahrungen vermitteln, andererseits ist man angehalten nur Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Neben der Rollenerfahrung war die Tätigkeit als Tutor auch eine hervorragende Gelegenheit das Gelernte zu reflektieren, indem man als Außenstehender die Gruppen in der Anwendung von Projektmanagementmethoden beriet. Eine persönliche Note zum Schluss: Auch der praktische Nutzen ist hier sehr hoch. Nach dem Seminar absolvierte ich ein Praktikum bei einer Unternehmensberatung. Mittels den im Projektmanagementseminar erlernten und angewandten Methoden wurde mir die Arbeit im Projektgeschäft deutlich erleichtert. Grundwissen im Projektmanagement zählt nicht nur in diesem Bereich zur Grundanforderung und daher kann ich die Teilnahme am Seminar Projektmanagement allen MW-Studentinnen und Studenten dringend empfehlen.

Forming Begonnen hat alles mit der Einführungsveranstaltung, die für uns auch zugleich die sogenannte Kick-offVeranstaltung war. Dabei mussten sich die 21 Seminarteilnehmer/innen auf die drei zu vergebenden Themen verteilen, die natürlich nicht alle gleich beliebt waren. So stellten sich nach kurzem Hin und Her die Teams à sieben Studierenden zusammen, die nun im folgenden Semester ihr Projekt zu meistern hatten.

Unser Thema: Die Erstellung einer Eingabemaske für eine Fügedatenbank basierend auf MS-Access.

Autor Sebastian Grundstein Teilnehmer im Seminar Projektmanagement.

Was heißt das?

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Eintrittswahrscheinlichkeit

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Schadenshöhe (in Zeiteinheiten)

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m Seminar Projektmanagement teilzunehmen, bedeutet zu präsentieren, im Team zu arbeiten, Inhalte des Projektmanagements zu verinnerlichen und anzuwenden sowie Konflikte zu meistern, Aufgaben zu erledigen und Erfolge zu feiern. Dabei werden bei wöchentlichen Treffen mit dem Projektteam die Ergebnisse erarbeitet und im Rahmen des Seminars in mehreren Zwischenpräsentationen vorgestellt.

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

Storming Die Ausgangssituation war folgende: sieben Studierende, die sich gegenseitig nicht kannten, ein Thema mit mehreren Aufgabenstellungen, ein gerade gewählter Projektleiter, kaum Wissen über die Vorgehensweise, kein fachliches Know-How. Was nun? Wichtig war nun gemein-


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same Regeln zu finden, sich auf einen gemeinsamen Termin für ein wöchentliches Treffen zu einigen was gar nicht so leicht ist bei sieben verschiedenen Stundenplänen und pünktlich zu den Treffen zu erscheinen. Hier kam der Projektleiter ins Spiel, der versuchen musste sein Team zueinander zu führen und die Mitarbeiter zu motivieren. Als die Rahmenbedingungen soweit geklärt waren, kam die nächste Frage auf: Wer macht was? Das war nicht leicht, da gar nicht so genau feststand, was denn alles zu tun sein wird, um das Projektziel zu erreichen. Bevor wir uns diesen Fragen widmen konnten, mussten wir zunächst auf Projektmanagementebene ein Teambarometer erstellen, um Unstimmigkeiten im Team festzustellen und zu beseitigen. Norming Die ersten zwei Wochen waren vergangen, alle hatten sich an den Termin gewöhnt und erschienen pünktlich zu den Treffen. Außerdem begann man zu verstehen, wie sich der ein oder andere im Team verhält. Die Aufgabe und die Schritte, die zu er-

ledigen waren, wurden klarer. Auf Projektmanagementebene hieß das: Die Phasenplanung durchzuführen, den Projektstrukturplan zu erstellen und die Arbeitspakete an die Mitarbeiter zu verteilen. Im Detail waren die zu erledigenden inhaltlichen Aufgaben bei uns: das Zusammenstellen der Parameter, die Erstellung der MS-Access-Eingabemaske und die Verknüpfung der Eingabemaske mit der Datenbank. Performing Das Projekt begann zu laufen. Jeder wusste was zu tun war. Alle erfüllten ihre Aufgaben zuverlässig und pünktlich. Natürlich gab es einige kleinere Rückschläge, aber davon ließ sich das Team auf dem Weg zum Projektziel nicht mehr aufhalten. Dumm nur, dass jetzt die Weihnachtsferien dazwischenkamen und danach auch schon die Prüfungen anstanden, denn es war noch viel zu tun. Wir hatten inzwischen die Inhalte der Maske ermittelt und von unserem Auftraggeber absegnen lassen. Auf deren Grundlage waren nun auch schon die Eingabemasken erstellt und mussten jetzt nur noch verknüpft werden.

Da aber der Endtermin immer näher rückte, machte uns der Zeitdruck Beine. In unserem Projekt stellte sich die Verknüpfung als große Problemstelle heraus. Das Erreichen des Projektziels schien gefährdet. Mit einigen Bemühungen und großer Hilfe unseres Auftraggebers wurde es dann aber doch realisiert. Wenig später ging das Projekt mit einer erfolgreichen Abschlusspräsentation und einem ausführlichen Abschlussbericht zu Ende.

forming fügte er später noch die fünfte Phase Adjourning hinzu. Für das Projektmanagement hat dieses Modell, auch wenn es stark vereinfacht ist, besondere Bedeutung, da dem Projektmanager zu jeder Phase eine bestimmte Rolle zugeteilt wird. So fungiert er in der ersten Phase als Gastgeber, in der Storming-Phase als Katalysator, später als Partner und Unterstützer und schließlich bei der Teamauflösung als Coach. Gelingt es dem Projektmanager diese Phasen in seinem Projekt zu identifizieren und seine Rolle in jeder Phase zu erfüllen, sind das sehr gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektverlauf. Die Aufteilung wurde für diesen Artikel verwendet, da sie sich auch in unserem Teamentwicklungsprozess widergespiegelt hat.

Adjourning Nachdem wir nochmal im Projektteam einen trinken waren, gingen wir auch schon wieder in Richtung Prüfungsvorbereitung auseinander. Wir sind stolz auf das Ergebnis und können nun auf unsere erste Erfahrung im Projektmanagement zurückblicken. Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich nicht entgangen, dass hier das Phasenmodell nach Tuckman in den Zwischenüberschriften zu finden ist. Bereits 1965 entwickelte der US-Psychologe Bruce Tuckman dieses Modell der Gruppenbildung. Den ursprünglichen vier Phasen Forming, Storming, Norming, Per-

Autor Nils Panzer Teilnehmer im Seminar Projektmanagement.

Zufriedenheit im Projekt

Phase 1 ist abgeschlossen

1 Anteil geleisteter Arbeitsstunden (von560h)

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Der Zeitplan wird eingehalten,

39,9%1 Projektplanung

Vorbereitung

die Mitarbeiter Umfrage

Umfrage

I

m vergangenen Wintersemester wurde vom Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) wieder das Seminar Projektmanagement angeboten. Drei Gruppen standen vor der Aufgabe, jeweils ein Projekt zu bearbeiten. Hierbei stand vor allem die aktive Anwendung von Projektmanagement im Vordergrund. Dass Soft Skills bei der Bearbeitung der Projekte eine herausragende Rolle spielen, sollten wir im Verlauf des Projektes immer wieder erkennen. Vor allem in eigentlich „alltäglichen“ Situationen steht man plötzlich vor Problemen, die einem durch die Anwendung von bestimmten Soft Skills lösbar werden. In diesem Artikel möchte ich die Erlebnisse des Seminars aus Sicht von Soft SkillThemen schildern und damit einen etwas anderen Eindruck von einem Hochschulpraktikum geben. Mein Projektteam, die Robocops, hatte die Aufgabe die Einsatzgebiete von Industrierobotern bei der Laserstrahlmaterialbearbeitung zu untersuchen. Wir vereinbarten einen

Auswertung

Konzept-

Evaluation

Aufbereitung

sind motiviert.

Punkte

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Projektwoche

erstellung

wöchentlichen Jour Fixe und richteten eine Facebook-Gruppe ein, dass die teaminterne Kommunikation schon einmal gesichert war. Während des gesamten Kick-OffMeetings und auch in den weiteren Sitzungen war klar, dass man nur dann produktiv arbeiten kann, wenn Kommunikationsregeln eingehalten werden. Ebenso war sehr interessant zu beobachten, dass die Motivation ein entscheidender Faktor für die Produktivität der Arbeit war. Diese war gerade in der RecherchePhase des Projektes nicht immer einfach, denn wir standen relativ früh vor dem Problem, dass keiner von uns ein ausgewiesener Laseroder Industrieroboterexperte war. Daher war auch hier erst einmal Kommunikation verlangt und zwar mit unserem Projektauftraggeber Jens Hatwig (iwb), der das Seminar betreute. Hier wurde besonders deutlich, wie wichtig produktive Kommunikation in Bezug auf die Projektziele ist, um eine „smart(e)“ Beschreibung finden zu können. Bei den verschiedenen Status Re-

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ports mit dem Kunden und den anderen Seminarteilnehmern konnten wir unsere Präsentationsskills verbessern. Hier konnte auch das richtige Feedbackgeben geübt werden, denn Feedback ist mehr, als zu sagen „Du hast das toll gemacht!“. Je länger die Zusammenarbeit dauerte, war auch die Teamentwicklung ein entscheidender Baustein. Bei uns war das zum Glück überhaupt kein Problem, denn wir haben uns alle super verstanden, was auch das Teambarometer stets dokumentierte. Auch haben wir die von Tuckman postulierten fünf Phasen der Teamentwicklung durchlebt, bis das Projekt schließlich abgeschlossen wurde. Eine weitere neue Erfahrung für mich war die Moderation eines der Seminartermine, was auf den ersten Blick sehr einfach erscheint, aber auch seine Tücken haben kann, wie z.B. die Nichteinhaltung von Diskussionsregeln oder Zeitüberschreitung bei Präsentationen. Abgerundet wurde das Seminar von Vorträgen über Soft Skill-The-

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

men, die vor allem im Projektmanagement von Bedeutung sind. Darunter waren beispielsweise Vorträge über den „E-Mail-Knigge“, „Interkulturelle Kommunikation“ und „Konfliktmanagement“.

Autor Lorenz Hagedorn Teilnehmer im Seminar Projektmanagement.

i Infobox Nähere Informationen zum Seminar finden Sie auf der Website des iwb: www.iwb.tum.de Ansprechpartner Dipl.-Ing. Franz Wirth Franz.Wirth@iwb.tum.de

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Die Tiefstaplerinnen Wie Frauen sich durch Selbstzweifel ausbremsen Birgit Schönberger

Frauen sind heute im Durchschnitt besser ausgebildet als Männer. Sie machen häufiger Abitur, erreichen bessere Noten, schließen genauso oft ein Studium ab und glänzen mit sozialen Kompetenzen. Dennoch zweifeln sie oft an ihren Leistungen und fühlen sich insgeheim als Versagerinnen. Was sind die Gründe?

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enn Barbara M. das Audimax betritt, sind fast alle Plätze besetzt. Die Studierenden erleben eine brillante Rednerin, die ihren freien Vortrag mit perfekt platzierten Pointen garniert. Im internen Ranking bekommt die Professorin Höchstwertungen. Niemand käme auf die Idee, dass sich in ihrem Kopf ein Drama abspielt, während sie scheinbar lässig eine neue Argumentationskette aufbaut: Was mache ich hier eigentlich? Ich weiß

Mach ich!

© Benjamin Thorn / pixelio.de

in s ke ! e l l A blem P ro

doch gar nicht genug. Meine Argumentation ist nicht schlüssig. Was fällt mir ein, ­Studenten zu unterrichten? Ich tue doch bloß so, als ob … Barbara M. hat mit summa cum laude promoviert und sich mit ihrer Habilitationsschrift einen Namen gemacht. Doch das nutzt ihr nichts. Nach der Vorlesung, wenn sie wieder im Büro ist, sackt sie in sich zusammen, vollkommen erschöpft, weil alle Energie ins Verstecken geflossen ist. Niemand soll merken, dass

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sich hinter der souveränen Fassade eine unsichere Frau verbirgt, die darauf wartet, als Schwindlerin entlarvt zu werden. „Hochstaplersyndrom“ – diesen Begriff prägte Ende der 1970er Jahre die US-Psychologin Pauline Clance von der Georgia State University in Atlanta für Menschen, die trotz guter oder sogar überdurchschnittlicher Leistungen ständig an ihren Fähigkeiten zweifeln. Vor allem Frauen, vermutete Clance damals, quälen sich mit dem Gedanken, den Erfolg nicht verdient zu haben. Sie glauben, nur durch Glück in einer attraktiven Position gelandet zu sein und befürchten, eines Tages als Betrügerin ­aufzufliegen. In den 1970er Jahren, als Clance ihre Ergebnisse veröffentlichte, waren Frauen in Männerdomänen noch Exotinnen und allein schon deshalb anfällig für Selbstzweifel und provozierende Bemerkungen. Wie ist es heute, 30 Jahre später? Zweifeln Frauen immer noch an ihrer Kompetenz und fühlen sich insgeheim als Versagerinnen? Und, wenn ja, sind die Hochstaplerinnenfantasien und alle anderen Spielarten weiblicher Selbstzweifel neben familienfeindlichen Arbeitszeiten, zu früh schließenden Kitas und fehlenden Schulhorten vielleicht mit ein Grund, warum man in Deutschland Frauen in Führungspositionen immer noch mit der Lupe suchen muss? Obwohl lautstark Loblieder auf die weiblichen Softskills gesungen werden und Trendforscher einen female shift, eine Verschiebung zum Weiblichen voraussagen (siehe Heft 7/2010: Die Zukunft ist weiblich) – hindern innere Barrieren Frauen immer noch daran, in ihrer eigenen Zukunft anzukommen? Astrid Schütz, Professorin für diffe-

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

renzielle Psychologie und Diagnostik an der Technischen Universität Chemnitz, glaubt, dass das Hochstaplerinnensyndrom auch nach 50 Jahren Emanzipation noch vorhanden ist. Schütz, die unter anderem zu Selbstwertunterschieden zwischen Männern und Frauen forscht, hat herausgefunden, dass Frauen, unabhängig davon, wie kompetent sie tatsächlich sind, ihre Aufmerksamkeit eher auf ihre Schwächen lenken und sich dadurch tatsächlich schwächen. „Frauen prüfen häufig, wo sie sich verbessern müssen. Männer fragen typischerweise: Was kann ich alles? Wo war ich erfolgreich? Worin bin ich gut?“ Natürlich gibt es auch Männer, die im Job unsicher sind, an ihren eigenen Maßstäben scheitern und Angst haben, den ständig s­ teigenden Anforderungen nicht zu genügen. Zugespitzt kann man dennoch sagen: Frauen neigen dazu, sich zu un­terschätzen; Männer tendieren eher zur Selbstüberschätzung. Das Spektrum reicht vom gesunden Selbstbewusstsein bis zur egozentrischen Selbstaufwertung, verbunden mit grandiosen Gefühlen der eigenen Wichtigkeit und Fantasien über grenzenlosen Erfolg. Sowohl Selbstüberschätzung als auch -unterschätzung sind allerdings zweischneidig, meint Astrid Schütz. Wer selbstkritisch ist, hat einerseits die Chance, sich weiterzuentwickeln. Andererseits steht er sich selbst im Weg, wenn eine gesunde Portion Selbstsicherheit nach dem Motto „kann ich, mach ich, kein Problem“ gefragt ist. Zum Beispiel bei der Frage, wer sich um die Chefposition bewirbt. Während die weibliche Kandidatin noch mit sich hadert, ob ihr Fachwissen und ihre Führungsqualitäten ausreichen oder


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sie noch eine Weiterbildung braucht, hat ihr männlicher Konkurrent, der den schlechteren Abschluss und fünf Jahre Erfahrung weniger hat, möglicherweise längst siegesgewiss seine Bewerbung auf den Tisch geknallt. Das klingt nach einem Klischee, ist jedoch häufig Realität. Dass Frauen immer noch eher zögern, wenn es darum geht, den Hut in den Ring zu werfen, führt Astrid Schütz auch auf den selbstkritischen weiblichen Blick zurück. „Oft haben wir in der zweiten Reihe Frauen, die sehr kompetent sind, sich aber nicht trauen, ihre Fähigkeiten nach vorne zu stellen.“ Eine mögliche Erklärung: Wer in der zweiten Reihe steht, ist geschützt, kann sich verstecken und genießt gleichzeitig viele Vorteile der Top-Führungsposition. Ist es die Angst, im Scheinwerferlicht zu stehen, die Frauen zögern lässt? Denn wer im Licht steht, offenbart zwangsläufig auch seinen Schatten. Die Vorstellung, vor den Augen aller einen Fehler zu machen oder sich eine Blöße zu geben, erscheint Frauen tendenziell bedrohlicher als Männern. Das wiederum liegt auch daran, dass Frauen ihr Selbstwertgefühl in stärkerem Ausmaß als Männer von den Rückmeldungen anderer abhängig machen. „Wer sich stark am Feedback anderer orientiert, hat mehr Angst vor Kritik, ist verletzlicher und wagt sich weniger in den Vordergrund“, erklärt Astrid Schütz. Frauen sind heute im Durchschnitt besser ausgebildet als Männer. Sie machen häufiger Abitur, erreichen bessere Noten, schließen genauso oft ein Studium ab und glänzen mit sozialen Kompetenzen, nach denen Personaler händeringend suchen. Warum zweifeln sie an ihren Leistungen, statt stolz darauf zu sein? Warum halten sie ihre Stärken für eine Selbstverständlichkeit und kleine Wissenslücken für ein Drama? Dieses Denkmuster, das im Extremfall zur Hochstaplerinnenfantasie führt, kann man schon in der Grundschule beobachten. In der pädagogischen Forschung ist von self-derogating girls (etwa: sich selbst schädigend) und self-enhancing boys (sich selbst aufwertend) die Rede. So charakterisierten Burgner und Hewstone die typischen

Geschlechtsunterschiede in einer Studie von 1993. Demnach sehen Mädchen ihre eigenen Leistungen eher kritisch und führen eine g ­ ute Note auf Glück zurück. Jungen hingegen sind sich sicher, dass sie eine Eins in Mathe haben, weil sie sehr gut rechnen können. An Misserfolgen sind andere schuld. „Die Aufgabe war viel zu schwierig. Das konnte keiner schaffen.“ Für Jungen sind soziale Vergleiche vor allem eine Möglichkeit zur Selbstaufwertung: „Max war langsamer als ich, ich bin schnell.“ Mädchen benutzen Vergleiche lediglich, um Informationen zu sammeln. Die Erkenntnisse von Burgner und Hewstone hält Astrid Schütz immer noch für aktuell. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Attributionsstil setzten sich im Erwachsenenalter fort. Auch an der Universität und später im Berufsleben neigen Frauen dazu, Erfolge auf günstige Umstände zurückzuführen und Misserfolge auf die eigene Unfähigkeit. Im Extremfall führt diese Art zu denken in einen Teufelskreislauf. „Wenn ich mir ständig Gedanken da­rüber mache, was ich nicht kann, was schlecht gelaufen ist und mir morgen auch wieder nicht gelingen wird, destabilisiere ich meinen Selbstwert“, sagt A ­ strid Schütz. Sie hält dieses Muster für gefährlich, weil es auch nach außen wirkt. Wer sich sehr kritisch einschätzt, agiert vorsichtig, geht keine Risiken ein, setzt sich nur kleine Ziele und wird dementsprechend als zögerlich und unsicher wahrgenommen und nicht mit größeren Projekten betraut, die für die nächste Entwicklungsstufe im Job entscheidend sein können. Doch wie ist es zu erklären, dass die objektiven Leistungen von Mädchen und Frauen rasant ansteigen und die Selbstwahrnehmung stagniert? Schütz vermutet, dass Eltern, Erzieherinnen und Lehrer unbewusst die selbstkritische Haltung von Mädchen verstärken. „Weil ein selbstkritisches Mädchen den weib-

lichen Stereotypen, die immer noch da sind, eher entspricht.“ „Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam bescheiden und rein. Nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein.“ Dieser Vers, der Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre in jedem Poesiealbum stand, scheint trotz Frauenbewegung und Alphamädchen zumindest im Hintergrund noch aktuell. Als Beleg nennt Schütz Befunde, die zeigen, dass dasselbe Verhalten bei Männern und Frauen unterschiedlich bewertet wird. Eine Frau, die in einer Gehaltsverhandlung selbstsicher und fordernd auftritt, wird leicht als arrogant und unverschämt wahrgenommen. Ihrem männlichen Kollegen wird dasselbe Verhalten als Souveränität ausgelegt: „Der weiß, was er will.“ Das Interessante an Stereotypen ist, dass sie sowohl als innere als auch als äußere Barriere wirken. „Vor allem junge Frauen, die zeigen, dass sie gut sind, haben Probleme mit gleichaltrigen Männern und werden von ihnen als Konkurrenz wahrgenommen“, sagt Andrea Abele-Brehm, Inhaberin des Lehrstuhls für Sozialpsychologie an der Universität Erlangen. Ja und, könnte man einwenden, wo ist das Problem? „Frauen wollen nicht als unweiblich wahrgenommen werden, sie wollen respektiert und wenn möglich auch gemocht werden“, meint Abele-Brehm. Da sich beide Wünsche tendenziell widersprechen, befinden sich Frauen, die Erfolg haben wollen, in einem Dilemma. Ein möglicher Umgang mit dem Dilemma ist, die eigenen Stärken zu verstecken oder kleinzureden, um nicht als ehrgeizig, kalt, gierig, mit einem Wort „unweiblich“ abgestempelt zu werden. Andrea Abele-Brehm beobachtet, dass Frauen trotz Emanzipation immer noch in innere und äußere Konflikte geraten, weil sie „polyvalente“ Ziele verfolgen. „Sie wollen Beruf und Privatleben miteinander vereinbaren. In ihrer Jobplanung berück-

Wenn der Chef die Stirn runzelt, ist Gelassenheit angesagt: „Nur weil er in dem Punkt nicht einverstanden war, bin ich noch lange keine schlechte Mitarbeiterin“

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen

sichtigen sie sehr stark die Pläne des Partners und räumen seiner Karriere in vielen Fällen Vorrang ein.“ Doch für zwei zu planen ist im Zeitalter großer Mobilitäts- und Flexibilitätsanforderungen schwierig. Im Zweifelsfall folgt sie ihm und begnügt sich mit einem weniger attraktiven Job ohne Aufstiegsmöglichkeiten. Die Bereitschaft, sich trotz hervorragender eigener Aufstiegschancen den beruflichen Interessen des Partners unterzuordnen, wird durch die weibliche Neigung zum Tiefstapeln verstärkt. Die Zweifel an der eigenen Kompetenz verführen dazu, eigene Karriereambitionen an den Partner zu delegieren. In einer Langzeitstudie, bei der die berufliche Entwicklung von Akademikerinnen und Akademikern über einen längeren Zeitraum nach Ende des Examens analysiert wurde, hat Andrea Abele-Brehm nachgewiesen, dass Frauen trotz gleicher Leistung ein geringeres berufliches Selbstvertrauen haben als Männer. Unmittelbar nach dem Examen waren die befragten Medizinerinnen noch genauso zuversichtlich wie ihre männlichen Kollegen. Danach entwickelte sich das berufliche Selbstvertrauen signifikant auseinander. Die zunehmende Erfahrung führte bei Männern zu einer kontinuierlichen Steigerung ihres Selbstvertrauens. Frauen hingegen zweifelten nach dem „Praxisschock“ zunehmend an ihren Fähigkeiten. Eine mögliche Erklärung ist, dass Männer sich Misserfolge und Schwierigkeiten nachweislich nicht so zu Herzen nehmen. Es könnte auch sein, dass die jungen Ärztinnen ihr Umfeld als entmutigender erleben, weil ihre Vorgesetzten ihnen weniger zutrauen und anspruchsvolle medizinische Tätigkeiten eher männlichen Kollegen überlassen. Ein weiteres Ergebnis: Frauen sprechen weniger über ihre Leistungen und neigen dazu, sie für selbstverständlich zu halten. „Das Trommeln in eigener Sache ist nicht ihr Ding“, sagt Andrea Abele-Brehm. Das hat auch Monika Sieverding, Psychologieprofessorin an der Universität Heidelberg, in einer Studie nachgewiesen. Im Labor wurde eine Bewerbungssituation simuliert, in der 37 Frauen und ebenso viele Männer einen schriftlichen Leis-

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Ich sollte besser u eigentlich nd schne sein. ller

Ist meine Arbeit wirklich gut?

© Benjamin Thorn / pixelio.de

Das ist doch alles gar nicht so gut.

tungstest, einen fünfminütigen freien Vortrag zur Selbstdarstellung der beruflichen Situation und ein standardisiertes Bewerbungsinterview absolvieren mussten. Anhand einer Videoaufzeichnung wurde die Dauer des Vortrags zur Selbstdarstellung s ekundengenau ermittelt. Dabei ­ zeigten sich signifikante Unterschiede in der Rededauer. Frauen sprachen durchschnittlich nur 2 Minuten, 50 Sekunden über ihre beruflichen und persönlichen Stärken, Männer redeten im Durchschnitt eine Minute länger. „Das kann man auch im beruflichen Alltag bei Meetings, Konferenzen oder Kongressen beobachten. Frauen vertreten ihren Standpunkt meist nur einmal und finden, dass das genügen muss“, sagt Monika Sieverding. Oft komme es aber darauf an, wichtige ­Argumente hartnäckig zu wiederholen. Zudem empfinden viele Frauen es als unwürdig, sich selbst anzu-

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preisen, hat Sieverding in ihren Interviews herausgefunden. Was die Professorin jedoch am meisten erschreckt hat, war die Tatsache, dass Frauen sich im Bewerbungsverfahren, schon bevor sie den ersten Test absolvieren mussten, zwei Skalenpunkte schlechter einschätzten als Männer. „Bevor Frauen sich selbst die maximale Punktzahl geben, müssen sie sich perfekt fühlen“, sagt Sieverding. „Männer haben an sich eine realistischere Anspruchshaltung.“ Am größten war der Geschlechtsunterschied in der Selbsteinschätzung nach dem eigentlichen Bewerbungsinterview. Im Mittel stuften Frauen sich auf einer Skala von null bis neun mit 2,8 und Männer sich mit 5 ein. „Im Vergleich zur Fremdeinschätzung des Auftretens haben sich Frauen ganz klar unterschätzt. Männer dagegen haben sich – zumindest im Durchschnitt – eher realistisch eingeschätzt.“

Aus der Neigung zur Tiefstapelei könne leicht eine sich selbst erfüllende Prophezeiung werden, die den beruflichen Erfolg blockiert. „Wenn ich in eine Bewerbungssituation hineingehe und an meinen Fähigkeiten zweifle, kann ich mein Gegenüber nur schwer überzeugen. Ich muss schon daran glauben, dass ich sehr gut bin und auf der Stelle erfolgreich sein werde.“ Das habe auch ­damit zu tun, dass Frauen sich untereinander selten offen messen und sich weniger Rückmeldungen geben, vor allem wenn es um Leistungen geht, die eher als maskulin gelten. Mit dem Satz „Den Controller hab ich heute lässig über den Tisch gezogen“ lässt sich bei Geschlechtsgenossinnen schlecht punkten. Sieverding ermutigt Frauen, Freude am Wettbewerb zu entwickeln. „Die Erwartung, dass Frauen bescheiden sein müssen, trägt sicher dazu bei, dass Frauen nicht gerne zeigen, wenn sie richtig gut

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sind, und lieber darauf warten, eines ­Tages entdeckt zu werden, was jedoch sehr selten passiert.“ Und noch einen weiteren Punkt hält Sieverding für entscheidend: Im Job geht es auch darum zu pokern. In einem gerade veröffentlichten Aufsatz mit dem Titel Emotional costs

„Frauen zögern oft zu lange, ihren Hut in den Ring zu werfen. Während sie noch mit sich hadern, hat der schlechter qualifizierte Kollege sich längst ungeniert um die Stelle beworben.“


of hiding feelings weist sie darauf hin, dass es Frauen schwerer fällt, Gefühle wie Angst und Unsicherheit zu verbergen. Frauen, denen es gelungen war, im Bewerbungsinterview ihre Gefühle zu verbergen, fühlten sich anschließend weniger gut als Frauen, die nicht versucht hatten, ihre Gefühle zu unterdrücken. Bei Männern ­hatte das Verbergen von negativen ­Gefühlen dagegen keinen Einfluss auf die Stimmung. Sieverding erklärt das mit der Geschlechterrollensozialisation. „Jungen und Männern wird immer noch systematisch abgewöhnt, Gefühle von Schwäche zu zeigen. Sie lernen, Selbstsicherheit zu demonstrieren, auch wenn sie sich nicht so fühlen.“ Genau das sei im Job von Vorteil. „Die geltenden Spielregeln kommen dem traditionell-männlichen Typ eher entgegen.“ Wie man es dreht und wendet, wenn es um die inneren Barrieren geht, landen alle Forscherinnen über kurz oder lang bei den Stereotypen. „Unsere ganze Gesellschaft begegnet uns mit Stereotypen, wir haben sie mehr oder weniger verinnerlicht und können sie, selbst wenn wir sie ablehnen, nicht so leicht ablegen“, sagt ­Monika Sieverding. Allerdings dürfe man nicht nur auf die inneren Barrieren schauen, um weibliche Berufsverläufe zu verstehen. Sieverding hat gemeinsam mit einer Diplomandin in einer Längsschnittstudie 15 Jahre nach der ersten Erhebung die ehemaligen Medizinstudierenden nach ihrem Berufsverlauf befragt. Bei den Frauen hat sie nur einen einzigen Faktor gefunden, der erklären kann, welche Frau 15 Jahre später als Ärztin Karriere gemacht hat. Entscheidend sind nicht innere Barrieren, sondern die Frage, wie lange eine Frau wegen der Kinder im Beruf ausgesetzt hat. „Es sind nicht die weniger selbstbewussten Frauen, die ihre Karriere unterbrochen haben, und auch interessanterweise nicht die Frauen, die der Mutter-Kind-Ideologie zum ersten Befragungszeitpunkt zugstimmt hatten.“ Für die Professorin ist das ein Hinweis darauf, dass die alten Geschlechterrollen zumindest in den alten Bundesländern immer noch stark wirken, was dazu führt, dass Frauen nach der ­ Familiengründung selbstverständlich zu Hause

bleiben und beruflich zurückstecken. „Wofür haben wir eigentlich gekämpft?“, wird sich manche Feministin jetzt fragen und entsetzt beobachten, wie Frauen sich durch Selbstzweifel das Berufsleben erschweren und finanzielle Ansprüche, Aufstiegsambitionen und Machtgelüste widerstandslos aufgeben, sobald das erste Kind kommt. War am Ende alles für die Katz? Astrid Schütz hält es für wichtig, dass Frauen ihre Denkmuster verändern und lernen, Erfolge ihren Kompetenzen zuzuschreiben. Durch Selbstreflexion oder mithilfe einer Therapie oder eines Coachings. Und sie plädiert dafür, sich einiges von den Männern abzuschauen: „Frauen müssen lernen, Kritik nicht so persönlich zu nehmen und sich unabhängiger zu machen von den Wertungen anderer. Wenn der Chef die Stirn runzelt, ist Gelassenheit angesagt. Mit dem Punkt war er nicht einverstanden, das heißt nicht, dass ich eine schlechte Mitarbeiterin bin.“ Eine stabile Selbstakzeptanz hält auch Monika Sieverding für zentral. Aber das reiche nicht aus. Frauen bräuchten Klarheit über ihre beruflichen Ambitionen. Sie rät ihren Studentinnen, auf keinen Fall kurz nach dem Studium schwanger zu werden, sondern erst, wenn sie beruflich Fuß gefasst haben. Und sie schärft ihnen ein, die Frage, wer wie lange zu Hause bleibt und wer sich frei nimmt, wenn das Kind krank wird, rechtzeitig, das heißt schon deutlich vor der Geburt zu regeln und vom Partner konkrete Zusagen einzufordern. Zu viele Frauen vertrauen darauf, dass sich nach der Geburt alles schon von allein klärt, und erfahren dann, dass der Löwenanteil der Familienarbeit an ihnen hängenbleibt. Das wiederum untergräbt ihr berufliches Selbstbewusstsein. Ein Teufelskreis. Monika Sieverding ist dennoch optimistisch. Es gebe inzwischen immer mehr Frauen, die ihre Stärken kennen, sie selbstbewusst darstellen und auch nach der Geburt eines Kindes wieder zielstrebig im Job weitermachen und daraus neues Selbstbewusstsein schöpfen. Quelle Psychologie Heute 01/2011, Seite 32-37.

Unternehmenskooperationen

Somersemester 2012

Das Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings kooperiert mit Unternehmen aus der Maschinenbaubranche, die gerne ein Soft Skills Seminar für Studierende anbieten möchten. Mögliche Seminarthemen sind u.a.: Kommunikation, Teamarbeit, Führung oder Konfliktlösung. Eine Kooperation ermöglicht Unternehmen den Kontakt zu Studierenden der Ingenieurwissenschaften und den Studierenden die Möglichkeit ein Unternehmen näher kennenzulernen sowie ihre sozialen-, methodischen-, und persönlichen Kompetenzen im Team zu erweitern. Bei Interesse und für weitere Infos senden Sie bitte eine E-Mail mit Kontaktdaten an: Frau Duygu Brandstetter, brandstetter@mw.tum.de

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Zündschlüssel

Männer sind vom Mars – Frauen auch

Der Mythos von den Unterschieden zwischen den Geschlechtern Bärbel Kerber

Können Männer besser räumlich denken, Frauen dagegen sich leichter in andere einfühlen? Sind Frauen unbegabte Einparkerinnen, und fragen Männer grundsätzlich nicht nach dem Weg? Gibt es diese Unter­schiede wirklich? Und wenn ja: Sind wir tatsächlich so geboren und können gar nicht anders? Zweifel sind angebracht, meint die australische Forscherin ­Cordelia Fine. Ihrer Ansicht nach sind die Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht biologischer Natur, sondern erlernt. Das männliche Gehirn ist ungefähr acht Prozent größer als das weibliche, und auch eine kleine Zellgruppe im Hypothalamus fällt beim Mann umfangreicher aus. Dass es Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen gibt, ist Fakt, ebenso wie die Tatsache, dass es Unterschiede im Verhalten und in den Fähigkeiten von Frauen und Männern gibt. Beides will auch Cordelia Fine, Psychologin am Department of Psychological Sciences der Universität von Melbourne, nicht bestreiten. Doch sie weist mit Nachdruck darauf hin: Die Verschiedenartigkeit von Frauen und Männern hat nichts mit den biologischen Unterschieden zu tun und ist nicht angeboren, wie uns immer mehr populärwissenschaftliche Bücher, Beziehungs- und Erziehungsratgeber glauben machen wollen. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind erlernt – entstanden durch die Einflüsse des gesellschaftlichen Umfelds. Ein Beispiel: Frauen können möglicherweise deshalb beson­ ders die Gedanken anderer lesen und sich in sie einfühlen, so Fine, weil sie ständig daran erinnert werden, dass sie das angeblich gut beherrschen, während Männer diese Fähigkeiten angeblich nicht besitzen. Das wirke wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Überdies, so zeigten Tests an Kindern, stimme es gar nicht, dass Jungen den Gesichtsausdruck anderer nicht so gut ­deuten könnten wie Mädchen. Geschlechterklischees sind trügerisch, weil der Alltag ihren Wahrheitsgehalt auf den ersten Blick hin zu bestätigen scheint. Wer hat nicht selbst schon s­eine Kinder oder den Partner dabei b ­ eobachtet, wie diese genau so agierten, wie Mario Barth es in seinen Comedy­shows

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schenkelklatschend beschreibt? Geschlechterklischees sind verführerisch, denn sie bieten Männern wie Frauen ein simples Erklärungsmuster nach dem Motto „Wir sind eben so“. Was aber, wenn das, was Mädchen und Jungen, Frauen und Männer als typisch weibliches bezie-

als Mann und als Frau zu sein haben, unser Verhalten. Exakt deshalb sind die Stereotypenbildung und die Verbreitung des Klischeedenkens, so unterhaltsam dieses manchmal sein mag, so gefährlich. Die gute Nachricht ist: Wir sind fern davon, hormongesteuerte Wesen zu sein, die qua ihrer biologischen Zusam-

„Hormone und Gehirnstrukturen sind nicht entscheidend.“ Geschlechtertypisches Verhalten wird eher durch Glaubenssätze beeinflusst hungsweise typisch männliches Verhalten an den Tag legen, daher rührt, dass die Geschlechter nur das tun, was von ihnen in genau dieser Rolle oder Situation erwartet wird? Jungs wird von klein auf mehr Raum für wildes Spielen, Raufen und Um-die-Häuser-Ziehen zugebilligt – von Mädchen werden eher stilles Basteln und Lesen sowie Rücksichtnahme erwartet. Vielleicht führt genau das dazu, dass sich Männer häufig als wortkarge lone cowboys mit gutem Orientierungssinn zeigen und Frauen oft die Haus- und Beziehungsarbeit leisten und sich im Hintergrund aufhalten? Das Geschlecht ist die größte soziale Gruppe, der wir angehören. Und deren Normen möchten wir tunlichst entsprechen. Für viele ist auch heute noch in unserer modernen Gesellschaft nichts schlimmer, als als „unmännlich“ oder „unweiblich“ zu gelten – beides Zuweisungen, die häufig als Schimpfwort gebraucht werden. Mit großer Macht formen die Vorstellungen, wie wir

mensetzung in ihren geschlechtertypischen Rollen gefangen sind – dies klarzustellen, darauf kommt es Cordelia Fine an. Im Übrigen ist sie da nicht allein. Auch für die amerikanische Sozialmedizinerin Rebecca JordanYoung sind Bücher wie Das männliche Gehirn von Louann Brizendine oder Frauen denken anders, Männer auch von Simon Baron-Cohen etwas „für Leute, die einen Bezugsrahmen für ihre überholten Verhaltensmuster suchen, die bestätigt sehen wollen, dass es eine unüberwindliche Kluft zwischen Männern und Frauen gibt“. Und die Neurobiologin Lise Eliot ist überzeugt: „Jungs reden wenig über Gefühle. Das führt häufig zu der Annahme, sie hätten auch keine. Falsch! Es gibt keinen nennenswerten Unterschied in der Fähigkeit zur Empathie zwischen Kindern, auch nicht zwischen Jungen und Mädchen.“ Das heißt, Mädchen sind nicht etwa von Natur aus einfühlsamer – sie dürfen ihre Gefühle bloß mehr zei-

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gen. In ihrem Buch Pink Brain, Blue Brain zeigt Eliot, bestärkt durch ­eigene Forschungen, dass die gängigen Urteile nicht mehr sind als Mythen und die Unterschiede im Verhalten der Geschlechter erst im Laufe der kindlichen Entwicklung bis zur Pubertät durch äußere Einflüsse – also Eltern, Lehrer und gesellschaftliche Konventionen – entstehen. Warum aber haben die Bücher von Allan und Barbara Pease, von Louann Brizendine und Co. ebenso großen Erfolg, weshalb kommen Mario Barth mit seiner Show „Männer sind primitiv, aber glücklich!“ und neuerdings Dieter Nuhr mit der TV-Sendung „Typisch Frau – Typisch Mann“ so gut an? „Das hat damit zu tun, dass wir in einer Zeit und einer Gesellschaft leben, in der Identität im Allgemeinen und die geschlechtliche im Besonderen nicht mehr eindeutig festgelegt sind“, erklärt die Sozialwissenschaftlerin Hilde von Balluseck. Und Bücher, die „in einer sensationslüsternen Form die Geschlechterdichotomie bekräftigen, liefern biologische Argumente, die gerne aufgegriffen werden, um diese Unsicherheiten im Hinblick auf die Geschlechtsidentität zu beseitigen“. Die Kritik, wie sie Cordelia Fine an diesen „biologischen Argumenten“ eindrucksvoll übt, ist niederschmetternd. Hauptsächlich macht sie diese an unverlässlichen Messmethoden fest und an nachlässigen Rückschlüssen, die nur auf hauchdünnen Belegen basieren. Da ist beispielsweise die Versuchung der Hirnforscher, modernste bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) einzusetzen und diese überzubewerten, da das Bildmaterial dieser hochkomplexen


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Apparate beeindruckend ist. Fine warnt vor verfrüht gezogenen Rückschlüssen von Hirnstruktur und Gehirnaktiviät auf das Verhalten, denn bei dieser Technik stecke die Hirnforschung noch in den Kinderschuhen. „Zudem ist, weil die Anwendung so teuer ist, die Zahl der Untersuchungsteilnehmer bei bildgebenden Verfahren meist sehr gering und macht diese damit besonders unzuverlässig – nicht zuletzt, weil bei so wenigen Teilnehmern Störungsgrößen wie Koffeineinnahme, Menstruationsphase oder Atemzyklus viel mehr ins Gewicht fallen und das Ergebnis verfälschen“, beschreibt Cordelia Fine das Problem. Auch Tests, bei denen emotionale Reaktionen auf schockierende Bilder gemessen werden und in denen bei Männern andere Hirnareale aufleuchten als bei Frauen, zeigen zunächst nur, dass es einen Unterschied gibt. Die entscheidende Frage aber ist, warum es diese Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gehirnen gibt, also wie diese Unterschiede entstanden sind. Denn – das wissen Hirnforscher inzwischen ziemlich genau – unsere Gehirne verändern sich, und zwar ständig, im Wechselspiel mit der Umwelt. Hirnforscher sprechen von „neuronaler Plastizität“, was bedeutet: Die Schaltkreise unseres Gehirns sind Produkte unserer physikalischen, sozialen und kulturellen Umgebung, unseres Verhaltens und unserer Gedanken. Der Haupteinwand gegen die Erklärungen vieler populärwissenschaftlicher Geschlechtertheorien ist, dass diese eine lineare Abhängigkeit von Gehirnstruktur, Hormonwirkung und Verhalten zeichnen, die es in dieser simplifizierten Form nicht gibt: Wir

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© Thommy Weiss / pixelio.de

tz ä s s n e b u a l G

sind wesentlich komplexer. Die Tatsache zum Beispiel, dass erfolgreiche Sportler viel Testosteron aufweisen, wurde früher als Indiz dafür gewertet, dass das Testoste­ ron dem Athleten zum Sieg verhilft. Doch heute weiß man durch neuere Tests, es ist exakt umgekehrt: Es ist der Sieg, der den Testosteronpegel im Körper erhöht. Weniger als Hormone sind es vielmehr Erwartungen und Glaubenssätze, die einen machtvollen Einfluss auf unser Verhalten haben. Wenn Frauen, so Cordelia Fine, in Tests vorgegaukelt wird, sie würden auf einen charmanten Macho treffen, schlüpfen sie in eine feminine Rolle. Und wenn der Mann gar als ziemlicher Sexist beschrieben wird, verhalten sie sich tatsächlich noch

weiblicher, also stereotyper. Sogar die Fähigkeiten, die wir als Frau und Mann vorweisen, werden durch Rollenerwartungen beeinflusst. Wird Frauen beispielsweise vor einem Mathematiktest gesagt, Männer und Frauen seien gleich gut in solchen Tests, schneiden sie tatsächlich besser ab, als wenn sie hören, Männer seien „eben nun mal“ besser in mathematischen Aufgaben. Noch eklatanter wirkt die – wie Fine sie nennt – „stereo­type Wolke“, wenn sie durch Kleidung verstärkt wird. Frauen, die einen Badeanzug trugen, zeigten schlechtere Ergebnisse in Mathetests als jene, die in Alltagskleidung die Tests absolvierten. Männer hingegen, ob in Badehose oder Pullover, zeigten unverändert die gleichen mathematischen Leistungen.

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Nicht minder verblüffend ist der Effekt, den Akira Miyake, Psychologieprofessor an der Universität von Colorado, erzielte, indem er je zweimal zu Beginn des Studienjahrs die dortigen Studenten und Studentinnen eine 15-minütige Übung durchführen ließ: Er bat sie, niederzuschreiben, welche Werte für sie persönlich von Bedeutung seien und weshalb. Normalerweise schneiden die Männer in den Physiktests deutlich besser ab als die Frauen. Durch die Teilnahme an der Übung verbesserten die Frauen jedoch ganz spürbar ihre Physikergebnisse. Erklärt wird das damit, dass die Bedrohung durch die Geschlechterstereotype hier ausgeschaltet wird: Indem durch die simple Übung persönliche Werte bestärkt und das

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Selbstwertgefühl verbessert werden, glauben die Studentinnen mehr an sich – und das ist etwas, das bei Menschen den entscheidenden Erfolg bringen kann, die sich von negativen Klischees (wie: „Frauen tun sich schwer mit Physik“) beeinträchtigen lassen. Wenn wir nun in unserem Geschlech­terverhalten dermaßen durch die Au­ßenwelt beeinflusst werden, nützt eine geschlechterneutrale Erziehung denn dann? Nein, sagt Psychologin Fine, denn diese ist schlichtweg unmöglich. Von Geburt an sind Kinder einer konstanten Flut an ge-

schlechtsspezifischen Produkten ausgesetzt – ob die Eltern es nun wollen oder nicht: die rosa oder himmelblaue Glückwunschkarte zur Geburt, Kleidung mit Feen oder Spiderman, Tassen und Teller, verziert mit ­ Ponys oder Raketen, Barbiepuppen oder Holzlaster, selbst das Motiv auf dem Geschenkpapier ist vom Geschlecht abhängig. Vermittelt wird hier: Mädchen sind süß und spielen zu Hause – Jungen sind wild und erobern die Welt. Selbst noch so gut meinende Eltern haben konkrete Überzeugungen und Erwartungen hinsichtlich

des Geschlechterverhaltens im Kopf, ob bewusst oder unbewusst. So zeigten Studien, dass E ­ltern ihre Söhne tendenziell als viel jungenhafter und ihre Töchter als mädchenhafter einschätzen, als sie tatsächlich sind. Von klein auf bekommen Kinder aufgezeigt, wie man als Mädchen und wie man als Junge zu sein hat. Wie also sollen sie sich dem entziehen können? Babys werden in eine Welt geboren, in der das Geschlecht die sicht­barste Unterscheidung von anderen und die bedeutendste Kategorie darstellt, der sie auch unbedingt zuge-

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hören wollen. Deshalb kann genderneutrale Erziehung nur scheitern. „Wenn von mir erwartet wird, dass ich nicht rückwärts einparken und Flaschen nicht öffnen kann, werde ich mich ziemlich inkompetent fühlen. Wenn etwas zu schwer für mich zu sein scheint, finde ich es unausweichlich zu schwer.“ Nicht umsonst beginnt Cordelia Fine ihr Buch Delusions of Gender mit diesem ­ Zitat des Transsexuellen Jan Morris. Ähnliches hören wir in umgekehrten Fällen über Mädchen, die in Afghanistan als Jungen verkleidet leben (weil ihre Familien sie als Jungen brauchen, die im Gegensatz zu Mädchen arbeiten dürfen und die ihre Mütter begleiten müssen, weil diese sich in der Öffentlichkeit als Frau nicht allein bewegen dürfen). In einer Reportage über eines dieser Kinder wurde verblüfft festgestellt: „Wenn sie unter Jungen ist, verhält sie sich wie ein Junge. Ist sie unter Mädchen, verhält sie sich wie ein Mädchen.“ Folgen wir Cordelia Fine und vielen weiteren Forscherinnen, dann sind sich Frau und Mann in ihren Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen ähnlicher, als wir denken. Momentan aber noch trägt fast jeder und jede von uns dazu bei, den sozialen und kulturellen Einfluss zu verstärken, der uns in typisch weiblicher oder männlicher Manier verhalten lässt. Wir haben keine Vorstellung, wie Frauen und Männer wirklich wären, wenn wir uns frei von diesem Einfluss entwickeln könnten. Literatur Louann Brizendine Das männliche Gehirn. Hoffmann & Campe, Hamburg 2010 Simon Baron-Cohen Frauen denken anders, Männer auch. Heyne, München 2009 Lise Eliot Pink brain, blue brain. Houghton Mifflin, Boston 2009 Cordelia Fine Delusions of gender: The real science behind sex differences. Norton & Company 2010 Quelle Psychologie Heute 06/2011, Seite 20-24.


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Reden wir über Soft Skills

In dieser Ausgabe mit Frau Professor Dr.-Ing. Birgit Vogel-Heuser Lehrstuhl für Automatisierung und Informationssysteme

läuft), ist es wichtig, einen Sensor für solche möglichen Unklarheiten oder Missverständnisse zu entwickeln. Interdisziplinäre und interkulturelle Kommunikation ist eine Voraussetzung für den Erfolg.

Frau Professor Vogel-Heuser, bevor Sie die Leitung des Lehrstuhls für Automatisierung und Informationssysteme an der Fakultät für Maschinenwesen übernommen haben, waren Sie lange Jahre in der Industrie und Forschung tätig. Welche Soft Skills Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht bereits im Studium besonders wichtig, um das Berufsleben erfolgreich zu meistern? Aus meiner Erfahrung in der Automatisierungstechnik für ein weltweit tätiges Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus ist das logische Mitdenken und kritische Hinterfragen wesentlich. In Soft Skills ausgedrückt sind dazu Analyseund Synthesefähigkeit notwendig sowie das Arbeiten und Kommunizieren in interdisziplinären und interkulturellen Teams. Besonders die Teamfähigkeit zur Arbeit in solchen interdisziplinären, globalen und damit interkulturellen Teams ist hervorzuheben. Die Herausforderung bei solchen Teams ist der unterschiedliche Wissens- und Verhaltenshintergrund der Teammitglieder. Häufig nehmen die Teammitglieder missverständliche Aussagen gar nicht wahr, da jeder in seiner „Welt“ lebt und seine Begrifflichkeit hat. Nehmen wir als Beispiel das Wort „Prozess“ und nehmen wir an, ein Anwalt, ein Chemiker und ein Ingenieur sitzen an einem runden Tisch. Für jeden bedeutet dieses Wort etwas anderes und da dieses Problem teilweise erst in späteren Phasen des Projekts offensichtlich wird (bspw. wenn die Maschine nicht

tionen während der Seminarreihe waren kritisch und sehr emotional, aber der Coach war sehr erfahren und auf diese Weise konnten wir die notwendigen emotionalen Auseinandersetzungen nutzen und in positive Maßnahmen umsetzten. Am Ende dieser Seminarreihe ist es uns gelungen, eine stabile neue Organisations- und Führungsstruktur zu etablieren sowie „Spielregeln“ zum gegenseitigen Umgang zu erarbeiten.

Sie haben in Ihrer bisherigen Karriere eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen besucht. Können Sie uns ein Seminar/Training nennen, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Welche Erkenntnisse aus dieser Während meiner Zeit als Stipendia- Veranstaltung können Sie weitertin nahm ich an einem einwöchigen hin einsetzen? Seminar zur Rhetorik Alle. Denn auch bei teil, welches allerder Übernahme eines dings nach heutigen Wichtige Soft Skills: Lehrstuhls von einem Maßstäben weit „Analyse  - und renommierten Kollemehr war als Rheto- Synthesefähigkeit gen gibt es Herausrik. Die Bestandteile forderungen und sowie das Arbeiten waren einerseits die Spannungen. Fühund Kommunizieren rungsstile unterscheiAnalyse des Zuhörerkreises, die zielgrup- in interdisziplinären den sich häufig stark, und interkulturellen pengerechte Aufbealleine aufgrund des reitung von Informa- Teams.“ Altersunterschietionen und Strategien des oder des Gezur Kommunikation in schlechts. Insofern kritischen Gesprächssituationen. Die- konnte ich in der Tat diese während ses Seminar war eine hervorragende meiner Industriezeit erworbenen Vor Grundlage. kenntnisse und Fähigkeiten nutzen Während meiner Tätigkeit als Ge- und umsetzen. schäftsführerin eines international tätigen mittelständischen Unterneh- Seit einigen Semestern erwerben mens mit 450 Mitarbeitern, welches Studierende der Fakultät für Mainnerhalb von 4 Jahren seine Mitar- schinenwesen Credits im Bereich beiterzahl verdreifacht hat, habe ich Soft Skills. Welche Auswirkung zur Organisationsentwicklung und hat die Einführung dieses Faches zum Coaching von leitenden Mitar- im Hinblick auf die Ingenieurausbeitern ein weiteres Seminar ge- bildung? meinsam mit einem Coach konzi- (Lacht). Das ist schwierig. Die Maßpiert, welches mir in deutlicher nahmen sind notwendig und sinnErinnerung geblieben ist. Aufgrund voll. Nehmen wir beispielsweise das des schnellen Wachstums war es I n n o v a t i o n @ C o Te S y s - S e m i die Aufgabe, eingefahrene nicht nar (http://www.ais.mw.tum.de/inmehr angemessene Organisations- dex.php?id=130): Hier erarbeiten und Führungsstrukturen aufzubre- interdisziplinäre Teams neue kognichen und neue, der Größe entspre- tive technische Konzepte unter der chende zu erarbeiten. Anschließend Berücksichtigung der Endnutzeransollten die Mitarbeiter auf die Auf- forderungen, der kaufmännischen gaben in diesen Strukturen vorbe- Aspekte usw. Diese Art von Maßreitet und Kommunikationsregeln im nahmen halte ich für ganz wichtig Führungskreis und zu den Mitarbei- und es bringt viel für die Studierentern erarbeitet werden. Einige Situa- den im Umgang mit Studierenden

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anderer Disziplinen und Kulturen. Eigenorganisation und Kommunikation kann ebenso erprobt werden, wie die Erarbeitung eines kompletten Projektes mit seinen verschiedenen Phasen in einem Team. In diesem Bereich funktionieren Frontalveranstaltungen ohne fachlichen Inhalt kaum. Wichtig ist, dass die Studierenden die Möglichkeit haben sich selbst im Kontext ihrer fachlichen Inhalte zu erproben.

Impressum Zündschlüssel Heft 8, 04/2012 Herausgeber Fakultät für Maschinenwesen, Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings,TUM Erscheinungsweise Halbjährlich (Anfang Winter-/Sommersemester) V.i.S.d.P und Redaktion Duygu Brandstetter, Franziska Glasl Technische Universität München Fakultät für Maschinenwesen Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings Boltzmannstraße 15 D-85748 Garching brandstetter@mw.tum.de Layout Gundi Schillinger Fotos Zentrum für Sozialkompetenz- und Managementtrainings - Fakultät für Maschinenwesen, privates Fotomaterial der Gastredakteur/innen, www.pixelio.de ISSN 1867-7274 Auflage: 300 Download unter: www.zsk.mw.tum.de Druck Firma Rapp-Druck GmbH Kufsteinerstraße 101 D-83126 Flintsbach a. Inn


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