Zündschlüssel Vol3 Winter 2009

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Oktober 2009

Zündschlüssel Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen rund um das Thema Soft Skills für Ingenieure

In dieser Ausgabe Titel: Soziale Kompetenz und studentische Vereinsarbeit

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Editorial Soft Skills für Ingenieure

Tutorensystem Garching und LEAD Seminar 3-9 Aktuelles und Berichte VDI Nachrichten TUTORkonstruiert LEAD-Seminar Wissenschaftliche Mitarbeiter TUTORforscht Ehemalige Tutoren und Betreuer Lehrstuhlangebote 10-11 Aktuelles und Berichte Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Psychologie Heute 12-14 Schon wieder zu spät Simone Einzmann 15

Soziale Kompetenz und studentische Vereinsarbeit Bei der Erweiterung der sozialen Kompetenz sind der Umgang mit sich selbst und der Umgang mit anderen in Bezug auf die Zusammenarbeit die wichtigsten Aspekte.

gibt es hier viele Möglichkeiten durch Aufgaben und Projektarbeit Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zu beweisen und Verantwortung zu übernehmen.

In ehrenamtlichen, freiwilligen Tätigkeiten können Studierende ihr Selbstwertgefühl und ihre Eigenverantwortung trainieren sowie Anerkennung, Empathie und Kompromissfähigkeit erfahren. In Bezug auf die Teamarbeit

Bestehende studentische Vereine der Fakultät für Maschinenwesen setzen ganz bewusst Soft Skills Maßnahmen ein um die Effektivität ihrer Teams zu steigern und erfolgreiche Projektergebnisse zu erzielen.

Süddeutsche Zeitung

Faule Kollegen Verena Wolff

von Duygu Brandstetter

Im Laufe des Wintersemesters 2008/2009 sowie im Sommersemester 2009 haben alle Vereine der Fakultät Konzepte für den Erwerb von Soft Skills durch Vereinstätigkeiten erarbeitet und werden diese mit pädagogisch-psychologischer Unterstützung umsetzen. Erste erfolgreiche Berichte gibt es bereits aus der Fachschaft. Lesen Sie auf den folgenden Seiten über weitere Entwicklungen im Bereich Soft Skills.

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Christine Riedelsberger

Körpersprache Bain & Company 18-19 Wir suchen die Besten – und haben ihnen viel zu bieten 20

Interview

Reden wir über Soft Skills Impressum 20


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Soft Skills für Ingenieure von Duygu Brandstetter - Fakultät für Maschinenwesen, TUM

Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, fragen Sie sich auch hin und wieder warum Kollegen oder Kommilitonen Termine nicht einhalten oder sich regelmäßig verspäten? Chronische Zuspätkommer erleichtern die Teamarbeit nicht und manchmal können auch persönliche Konflikte durch Probleme im Zeitmanagement entstehen.

Neue Veranstaltunsgangebote an der Fakultät für Maschinenwesen

Neben Mitarbeitern und Mitstudierenden die ständig der Zeit hinterherlaufen, erschweren auch faule Teamkollegen die Zusammenarbeit. Die Leistungsbereitschaft, die High Potentials als selbstverständlich betrachten, fehlt den sogenannten Low Performern gänzlich. Für diese Ausgabe haben wir zwei Artikel ausgesucht, deren Kernaussage jedem Leser mit Teamerfahrung bekannt vorkommen wird. Wir wissen alle wie es ist in einer Besprechung immer auf den selben Teilnehmer warten zu müssen. Oder wie enttäuschend ein Projekt aufgrund fauler Mitgliedern enden kann. Machen wir uns nichts vor, jeder von uns hat sich schon ein mal verspätet oder nur das „nötigste“ getan. Allerdings geht es in beiden Artikeln um Typen, die diese Eigenschaften nicht als Ausrutscher sondern als Persönlichkeitsmerkmal mitbringen. Lesen Sie auf den Seiten 12 bis 15 welche psychologischen Aspekte dahinter stecken und was wir dagegen tun können. Duygu Brandstetter

Kompetenz wird an deutschen Hochschulen unterschiedlich aufgefasst. Zeitungen berichten über „Weichspülprogramme für Studenten“ und kritisieren, dass Persönlichkeit nicht durch Trockenübungen in Massenvorlesungen entstehen kann (www. faz.net, Sozialkompetenz als Pflichtfach, Mai 2009). Um diese Ansicht zu teilen bedarf es keiner pädagogisch-psychologischer Fachkompetenz, allein logisches Denken genügt um die Vermittlung von Soft Skills in Kleingruppen zu gestalten.

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An der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München erwerben die Studierenden nicht erst seit der Einführung des Pflichtfachs Soft Skills soziale Kompetenz. Eins ist jedoch neu: Seit dem Wintersemester 2008/2009 können alle außerordentlich engagierten Studentinnen und Studenten durch Vereinsarbeit, mit Begleitung von Pädagogen und Psychologen Creditpoints erwerben. Somit ist neben dem Tutorensystem Garching ein weiteres Programm aus studentischen Reihen entstanden in dem außerfachliche Schlüsselkompetenzen trainiert werden. In der nächs-

ten Ausgabe werden diese Vereine über die Umsetzung berichten. Soft Skills Erwerb ist weiterhin eng mit intrinsischer Motivation verbunden und setzt somit voraus, dass Studierende die Möglichkeit haben – je nach Bedarf und Bedürfnis – aus einem vielfältigen Angebotskatalog je nach Interesse eine Veranstaltung zu besuchen. Die Darstellung bietet eine Übersicht über alle Veranstaltungen. Seit Anfang Oktober steht das Veranstaltungsangebot als Download bereit (www.mw.tum.de, Studium/ Soft Skills.)

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen - Soft Skills für Ingenieure


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Damit es später im Arbeitsleben klappt von Herta Paulus - vdi Nachrichten

Das „Tutorensystem Garching“ hat sich zum Ziel gesetzt, Studierende auf die Herausforderungen des Arbeitslebens vorzubereiten und dazu gehört eine gelungene Kommunikation Gelb und violett sollten zwei der Figuren eigentlich gezeichnet werden, doch die Farben fehlen leider in der Stiftauswahl. Oana, Maschinenbaustudentin im zweiten Semester an der Technischen Universität München (TUM), stutzt kurz, zeichnet weiter und schreibt die Info in Klammer daneben. Tempo und Genauigkeit sind gefragt, schließlich muss sie binnen 90 Sekunden die Bildbeschreibung einer Mitkommilitonin auf das Flipchart bringen und anschließend an den nächsten „Zeichner“ weitergeben. Die „Stille Post“-Übung ist Teil des Themas Kommunikation, das heute auf dem Lehrplan von Kursleiter Claudius Jehle steht. Welche Informationen wurden bei der Weitergabe verfälscht, wo gab es Probleme? Das spielerische Warm-up wird in einer Feedback-Runde ausführlich diskutiert, danach geht es mit einer kurzen Einführung in das Empfänger-SenderModell des Kommunikationstheoretikers Schulz von Thun weiter. Viel ist nicht unterzubringen in 90 Minuten, mehr als elementare Grundkenntnisse vermitteln, die Wahrnehmung zu schärfen und eine Basis für das notwendige Problembewusstsein zu legen, kaum möglich, weiß Jehle. Der Wechsel aus Theorie und praktischen Übungen kommt an, die Teilnahmebedingung „aktive Mitarbeit“ macht Oana und ihrer Gruppe sichtlich Spaß. Jehle ist kein „klassischer“ Dozent, sondern Mitglied des „Tuto-

rensystems Garching“. Studenten frühzeitig auf die Herausforderungen des Arbeitslebens vorbereiten, ihnen neben dem Fachwissen grundlegende Arbeitsmethoden vermitteln, lautet der Anspruch des bereits 1996 von Studenten initiierten und mit Unterstützung von Professor Udo Lindemann, Lehrstuhl für Produktentwicklung, weitergeführten Programms. Auf Wunsch der Studenten ist dieses seit letztem Wintersemester auch Bestandteil des im Curriculum neu festgelegten Faches „Softskills für Ingenieure“. Zwei Semester lang schult und betreut Tutor Jehle, selbst Maschinenbaustudent im sechsten Semester, die 14, Tutees genannten, Studienanfänger. Auf dem Programm der dreizehn wöchentlichen Seminare des ersten Semesters stehen theoretisches Know-how und praktische Übungen zu den Kompetenzfeldern Lerntechniken, Zeitmanagement, Teamarbeit, Kommunikation, Motivation, Präsentation, Konfliktund Projektmanagement. Um die aktive Anwen d u n g der vermittelten Inhalte

geht es im anschließenden Projektsemester. Die Gruppen haben hier die Wahl, eigenständig ein Projekt zu erarbeiten oder an den öffentlichen Wettbewerben „Tutorforscht“ beziehungsweise „Tutorkonstruiert“ teilzunehmen. Innerhalb von zehn Wochen müssen die Tutee-Teams dabei durch das Erstellen von Prototypen sowohl Fachwissen demonstrieren – im aktuellen Konstruktionswettbewerb etwa ging es um den Bau einer selbstfahrenden Seilbahn – sowie auch das Softskill-Wissen aus den Tutorstunden unter Beweis stellen.

Studenten identifizieren sich sehr mit dem Programm. Das macht es auch so attraktiv“, erklärt Koordinatorin Brandstetter.

Auch für Tutor Jehle bedeutet der Praxisteil einen Rollenwechsel. „Der Tutor ist dann nur noch Coach, nicht mehr Berater“, erläutert Duygu Brandstetter, die als fest angestellte Pädagogin seit 2007 das „Tutorensystem Garching“ koordiniert und die Tutorenausbildung organisiert und begleitet.

Studienrelevante Credits, so genannte ECTS, wie seine derzeitigen Kursteilnehmer oder die bislang noch wenigen Masterstudenten im Tutorenprogramm, erhält Diplomkandidat Jehle zwar nicht für sein Engagement. Doch der Einsatz lohnt allemal, erhalten die Tutoren doch nicht nur eine umfangreiche Schulung in Sachen Softskills, sondern vor allem jede Menge – dokumentierte – Praxiserfahrung. „Die Tutoren profitieren am meisten von dem Programm. Das Tutorenzeugnis legen alle in ihre Bewerbungsmappe“, weiß Brandstetter.

Der Andrang ist größer als das Angebot, 450 Interessenten für 350 Plätze Der Andrang ist größer als das Angebot: Von den rund 1000 Erstsemestern bewarben sich über 450 Studenten für die derzeit 350 im Programm zur Verfügung stehenden Tutee-Plätze. „Die

Wer selbst nach Abschluss des vierten Semesters Tutor werden will, muss sich neben der schriftlichen Bewerbung auch einem Auswahlgespräch unterziehen. Was dabei zählt, sind weniger gute Fachnoten, sondern Interesse am Thema sowie die Bereitschaft und Fähigkeit zu Reflexion und Selbstreflexion, wie Brandstetter erklärt.

VDI nachrichten, Düsseldorf, 31. 7. 09, cha

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von Benjamin Pointner und Nepomuk Chucholowski - Tutorensystem Garching

Ein Bericht über den TUTORkonstruiert Wettbewerb 2009 „Spreng die Lawine!“ Das war das Motto des Konstruktionswettbewerbs im Rahmen des Projektsemesters im Sommersemester 2009:

Das zweite Semester der Tutees, die im Tutorensystem Garching teilnehmen wird Projektsemester genannt. Die im ersten Semester von Tutoren vermittelten überfachlichen Kompetenzen, wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Moderationstechniken und Projektmanagement, werden dabei im zweiten Semester in die Praxis umgesetzt und vertieft. Dafür bekamen

Gewinnerteam des Innovationspreises

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die Tutees im Sommersemester 2009 die Aufgabe einen Prototyp für eine mobile Lawinensprenganlage zu entwickeln. Mit einem Budget von 150 Euro pro Tutorgruppe und etwa vier Monaten Zeit waren den Teams strikte Rahmenbedingungen gegeben. Die Einleitung des Projektstarts durch eine KickoffVeranstaltung war der letzte leitende Schritt der Tutoren in ihren Gruppen. Danach wurden die Verantwortungen für Projektleitung, Teamleitung, Budget, Projektdokumentation und Materialbeschaffung/ Fertigung auf die Tutees verteilt. In einem speziellen Seminar wurden die Tutoren darauf vorbereitet, ihre Tutees nicht mehr leitend bzw. beratend zur Seite zu stehen, sondern überwiegend als sogenannter Coach zu unterstützen. Die Projektleitung hatte die Aufgabe einen Zeitplan mit Meilensteinen zu entwerfen und dessen Einhaltung ständig zu überprüfen. Außerdem hielt diese engen Kontakt zum Tutor und unterrichtete diesen über jeden Vorgang. Auf die Prozesse innerhalb des Teams und zwischen den Teammitgliedern richtete der Teamleiter sein Augenmerk. Es galt Konflikte zu erkennen und entstandene Konflikte zu lösen. Die spezielle Verantwortung für das Budget wurde verteilt, genauso wie die Verantwortung dafür, dass das Projekt vollständig dokumentiert wird. Zusätzlich waren alle zu gleichen Teilen an der Gesamtentwick-

lung des Konstrukts beteiligt. Währenddessen lief die Vorbereitung des Konstruktionswettbewerbs seitens der Tutoren auf Hochtouren. Das TUTORkonstruiert-Team war mit dieser Aufgabe vertraut. Die Gruppe koordinierte der Teamleiter Alexander Buttler. Nicht nur der Aufbau musste entwickelt und fertiggestellt werden, auch der gesamte Ablauf und die Moderation für den Wettbewerb musste geplant werden. Dies war nur mit guter Arbeitsteilung rechtzeitig zu schaffen. Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch die Boston Consulting Group war es den Tutoren möglich, einen spektakulären Aufbau für den Wettbewerb bereitzustellen. Am 17. Juni 2009 fand der Konstruktionswettbewerb des Tutorensystems Garching statt. Der gesamte Hof 1 des Maschinenwesengebäudes in Garching füllte sich mit Zuschauern. In zwei Durchgängen hatten die Teams die Möglichkeit die Vorgaben

Siegergefährt

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der Aufgabenstellung bestmöglich zu erfüllen. In einer kurzen Präsentation vor ihrem jeweilig ersten Durchgang stellten die Tutees ihren Projektverlauf dar und ihre Konstruktion vor. Die Kreativität der Teams brachte äußerst vielfältige Lösungen hervor. So benutze zum Beispiel das Siegerteam „Die Wilde 13“ einen UltraschallSensor, um die Höhe des idealen Abwurfortes zu ermitteln. In diesem Jahr gab es auch einen Kreativpreis zu gewinnen, der die innovativste und kreativste Lösung auszeichnen sollte. Dafür überzeugte das Team „Die Nullstäbe“ die Jury bestehend aus Herrn Prof. Günthner (Inhaber des Lehrstuhls für Fördertechnik,

Materialfluss und Logistik), Herrn Karim Bin-Humam (Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktentwicklung) und Frau Myriam Lutz (Studentin und Tutorin im parallelen Sommersemester). „Die Nullstäbe“ verwendeten ein besonderes Antriebssystem basierend auf dem Effekt der Impulserhaltung (Raketenantrieb). Rückblickend war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Die Tutees bekamen im Anschluss die Möglichkeit, den Projektabschluss in lockerer Atmosphäre bei Bier und Brez‘n ausklingen zu lassen, wie es sich für einen anständigen Projektabschluss gehört.

von Dipl.-Wirt.-Ing. Robert Orawski

LEAD steht für ein professionelles Training. Die Inhalte sind kurz zusammengeafsst: Führungsmethoden, Führungsleitbilder, Führungspersönlichkeiten und Führungskommunikation. Es trägt dazu bei, die fachspezifischen Inhalte des Studiengangs in Maschinenbau und Elektrotechnik durch einen praxisorientierten Aspekt zu erweitern: Wissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Menschen-

führung. Dies ist im Hinblick auf die Karrierechancen der Absolventen der Technischen Universität München nötig, gewollt und ein wichtiger Bestandteil zum Ausbau der interdisziplinären Kompetenzen eines Ingenieurs. Der Kreis der Freunde und Förderer nimmt derweil zu. An dieser Stelle an Herrn Prof. Dr.-Ing. Georg Wachtmeister ein herzliches Willkommen in der Runde derer, denen die Ausbildung von Studenten neben der fachlichen ebenfalls auf der Soft-SkillSeite sehr am Herzen liegt. Herr Prof. Wachtmeister hat den Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen an der TUM inne. Ebenfalls gab es am Lehrstuhl für Energiewandlungstechnik (Prof. Dr. -Ing. Hans-Georg Herzog) einen

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Bereits seit mehreren Jahren läuft am Lehrstuhl für Produktentwicklung der TUM ein sehr erfolgreiches Seminar zum Thema Führungskompetenzen. Es ist bei vielen Studenten bekannt und begehrt: LEAD. Es ist derart begehrt, dass es bereits zweimal im Jahr von der Fakultät für Maschinenwesen in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik angeboten wird.

Weitere Details sowie Bewerbungszeiten unter http://www.lead.mw.tum.de

Erweiterung des Professoren-Teams

Lead Seminar, Frühling 2009

Wechsel. Florian Ruf wird Alexander Oswald ersetzen. Ebenfalls ein herzliches Willkommen an Herrn Ruf und ein besonderer Dank an das jahrelange Engagement von Herrn Oswald. So wird das Seminar mit einem erweiterten Team und neuen Ideen, eine erfolgreiche Lehrveranstaltung an der TUM fortführen. Tutor-Lead Kolloquium 2009: Talkrunde mit Prof. Dr.-Ing. Georg Wachtmeister, Lead Alumni, Tutor

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von Dipl.-Ing. David Hellenbrand und Dipl.-Ing. Katharina Eben

Erweiterung der sozialen Kompetenz - auch für wissenschaftliche Mitarbeiter Die Betreuung der TUTOR-Jahrgänge durch wissenschaftliche Mitarbeiter stellt ein wichtiges Element im Rahmen des TUTOR-Programms dar. Jeder Jahrgang wird von zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fakultät für Maschinenwesen betreut, die der Gruppe von der Auswahl der Tutees über die Weiterbildungsseminare der TUTOR-Ausbildung bis zu den wöchentlichen Regeltreffen und im Praxissemester begleitend und unterstützend zur Seite stehen. Mit diesem Ablauf und der intensiven Einbindung der Betreuer werden sowohl den teilnehmenden Tutoren wie auch den Assistenten der Lehrstühle umfangreiche Möglichkeiten geboten sich intensiver auszutauschen. Den Tutoren wird durch die direkte Einbindung der wissenschaftlichen Mitarbeiter ein praxisnaher Einblick in den beruflichen Alltag eines Ingenieurs ermöglicht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können zur Identifikation eigener Stärken und Interessen genutzt werden und so wichtige Impulse für den Aufbau und die Planung des weiteren Studiums mit Blick auf das Berufsleben liefern. Die Weitergabe der Erfahrungen der Betreuer stellt somit einen wichtigen Multiplikator dar und vergrößert zudem den Praxisbezug des Studiums. Ein weiterer zentraler Aspekt ist, dass auch den Assistenten durch ihre Aufgaben innerhalb des Tutorensystems

Tutorenausbildung 2009. Team SoSe09

Dipl.-Ing. David Hellenbrand und Dipl.-Ing. Katharina Eben sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktenwicklung der TUM. Sie unterstützen das Tutorenteam (SoSe09) bei ihren Tutorstunden, Ressortaufgaben sowie im Rahmen des TUTORforscht Wettbewerbs.

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eine umfangreiche Möglichkeit geboten wird, ihre außerfachlichen Qualifikationen und Schlüsselkompetenzen weiterzuentwickeln. Die Betreuer sind von Beginn an in die den Ablauf des Programms eingebunden. Sie nehmen an den Auswahlgesprächen und den Seminaren der Tutorenausbildung teil. Im weiteren Verlauf begleiten sie die Tutorengruppe durch Teilnahme an den wöchentlichen Statusmeetings und Beobachtungen einzelner Tutorstunden mit anschließenden intensiven Feedbackgesprächen. So kann auch die Entwicklung der Tutoren vom ersten Kennenlernen bis zur Gruppenstunde miterlebt werden. Diese Einbindung in die Struktur bietet die Möglichkeit, tiefe Einblicke in die Entstehung der Gruppe und die dabei ablaufenden Prozesse zu erlangen und somit die eigenen sozialen Kompetenzen zu stärken. Die unterschiedlichen Aufgaben und Rollen wie Feedbackgespräche, Coaching, fachliche und außerfachliche Beratung sowie Unterstützung bei organisatorischen Aufgaben und Projektmanagement fördern die Wahrnehmung Anderer und die Kommunikation mit den Teilnehmern. Schließlich bietet sich den wissenschaftlichen Mitarbeitern durch den engen Kontakt mit den Tutoren auch ein breiter und realistischer Einblick in den Alltag der Studenten innerhalb und außerhalb der Universität. Diese Erfahrungen können wiederum in die Weiterentwicklung der Ausbildung und Lehre einfließen. Zusammenfassend bietet das Tutorensystem durch seinen Aufbau nicht nur den Tutoren intensive und weitrechende Möglichkeiten zur Erweiterung ihrer außerfachlichen Qualifikationen und Schlüsselkompetenzen sondern auch den betreuenden Assistenten. Durch den kontinuierlichen Kontakt profitieren Tutoren und wissenschaftliche Mitarbeiter zudem durch den Gewinn wertvoller Erfahrungen nicht nur im Bezug auf berufliche Aspekte, sondern auch im persönlichen Umfeld.

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen - Soft Skills für Ingenieure


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von Malte Niklass - Tutor

6-3-5 meins! Der Ideenfindungsprozess von TUTORforscht

Teilnehmen können alle Studierenden der TUM

Anmeldung bis 15.11.09 unter www.tutor-forscht.de

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Tag des Wettbewerbs: 04.02.09

Am 05. Februar 2009 veranstaltete das Tutorensystem Garching zum ersten mal den Innovationswettbewerb TUTORforscht. Neun studentische Teams präsentierten zum Thema „Fun and Snow“ ihre innovativen Produkte. Der Wettbewerb wurde ein großer Erfolg. Einen Tag lang verwandelte sich die Magistrale der Fakultät für Maschinenwesen, laut der Süddeutschen Zeitung, in Daniel Düsentriebs Werkstatt für Wintersportgeräte (Süddeutsche Zeitung vom 12. Februar 2009. Nachzulesen auf unserer Homepage unter www.tutor.mw.tum. de, Presse.) Aber jetzt mal von vorn: TUTORforscht ist der Innovationswettbewerb des Tutorensystems Garching und bildet das Pendant zum Konstruktionswettbewerb. Ziel ist es, ein Produkt zu entwickeln, das auf dem Markt noch nicht existiert. Die teilnehmenden Gruppen müssen am Tag des Wettbewerbs einen funktionstüchtigen Prototyp präsentieren und ihn bestmöglichst verkaufen. Die Gruppen haben zuvor ein Semester Soft Skills trainiert und setzen nun die Kenntnisse im Projekt um.

Achtung: Das Programm hat einen festen finanziellen Rahmen, sodass nicht beliebig viele externe Teilnehmer (nicht Tuteegruppen) mitfinanziert werden können. Deshalb schnellstmöglich anmelden!

Nur wie wiederholt man so einen Erfolg? TUTORforscht geht dieses Jahr in die zweite Runde. Gesucht wurde das Thema für den diesjährigen Innovationswettbewerb. Es sollte möglichst eindeutig und lösungsneutral gestellt sein und dabei die Kreativität der Teilnehmer so wenig wie möglich einschränken. Den Lösungsfindungsprozess haben wir mit der 6-3-5Methode eingeleitet. Aus der daraus entstandenen Ideenvielfalt filterte das Kompetenzteam die besten Vorschläge heraus. Die ersten Ideen waren aber zu lösungsspezifisch. Es ging also in die nächste Runde. In einer kleineren Gruppe wurden mit Hilfe weiterer Methoden diese Entwürfe weiterentwickelt und neu zusammengesetzt. Unter dem Motto „Simplify your life – Konstruiere dir dein Leben leichter.“ werden neue, innovative Produkte gesucht, die unser Leben vereinfachen. Die Messlatte liegt hoch. Wir sind zuversichtlich, dass wir auf den tollen ersten Start aufbauen und wieder einen erfolgreichen Wettbewerb feiern können.

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Ehemalige Tutoren und Betreuer von Dipl.-Ing. Martin Graebsch - Lehrstuhl für Produktentwicklung

Warum SoftSkills für Ingenieure so wichtig sind wie HardFacts

Dipl.-Ing. Martin Graebsch War während seiner Studienzeit Tutor im Tutorensystem Garching (2002/2003) Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Produktentwicklung der TUM Von 2006 bis 2007 unterstützte er neue Tutoren in ihren Aufgaben

Ingenieure arbeiten an Dingen, aber immer mit Menschen. Diese schlichte Wahrheit kann in einem Studium, das sich vor allem den Dingen widmet, schnell außer Acht geraten. TUTOR hat mir geholfen, Fähigkeiten zu entwickeln, die in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen für die erfolgreiche Umsetzung fachlicher Herausforderungen notwendig sind.

Studium habe ich es so gut wie gar nicht einsetzen können. Aber mit den Praktika und Arbeiten als HiWi schlich sich dann schnell eine Ahnung ein, dass man wohl nicht herumkommen würde im Arbeitsleben. Ein besonderes Highlight aus meiner Tutee-Zeit war es, im nächtlich-kalten Übungsraum der ansonsten leeren Fakultät Feuerzangenbowle zu zünden: Ein wenig Höhlengefühl in der Einöde

verlassener Massenarchitektur. Bei diesem und anderen gruppendynamischen Abenden entstanden Freundschaften, die auch heute noch halten. Damals war das Konzept der „Projektarbeit“ bei TUTOR leider noch nicht so ausgereift wie es jetzt ist, und das Internet war auch noch nicht so in den Köpfen (ja, das ist gerade einmal zehn Jahre her!) – unser Projekt war es, eine Homepage zu

programmieren. Der ungeplante Nebeneffekt dabei war sehr positiv, denn mit dem erworbenen Wissen konnte ich Werkstudent bei BMW werden. Da war das Internet auch noch nicht so richtig angekommen. Als Tutor im Hauptstudium habe ich das Konzept von TUTOR dann zum ersten Mal richtig durchdrungen. Die Seminare waren wirklich spannend, abwechslungsreich, und vor allem: Gut! Ich glaube, erst als Tutor kann man die vermittelten Inhalte so richtig aufnehmen und vertiefen; ich kann es daher jedem Interessierten nur wärmstens ans Herz legen. Was mir damals besonders hängen blieb, waren Feedback-Gespräche. Hand aufs Herz, wer würde nicht gern offen seine Meinung kundtun, aber weiß nicht, wie das am besten geht, ohne den Gegenüber vor den Kopf zu stoßen? Mit dem Üben von FeedbackGesprächen bin ich sicherer geworden und denke auch dazugelernt zu haben, was das konstruktive Auffassen von empfangener Kritik angeht.

Erfahrungen im Tutorensystem Als Erstsemester nahm ich selber als Tutee an dem Programm teil; im Hauptstudium war ich Tutor, und während meiner Lehrstuhlzeit schließlich war ich Betreuer. Nie habe ich die Entscheidungen, mich am Tutorensystem zu engagieren, bereut. Es gibt zahlreiche Ereignisse aus dieser Zeit, die mein Studium sehr bereichert haben, und an die ich mich auch heute noch gerne erinnere. Mit das Erste, was mich stutzen ließ, war wie der Raum zu Arbeiten genutzt wurde: Im Stuhlkreis! Anfangs etwas belächelt (glaubte ich doch, gerade erst erfolgreich sich verzweifelt anbiedernden Lehrern entronnen zu sein), fand ich es dann doch schnell gut, diese pädagogische Ordnung einzunehmen: Man hatte mit Präsentieren und Moderieren ja schließlich auch Themen zu behandeln, die Interaktion geradezu erfordern. Damals war mir noch nicht gänzlich klar, wie wichtig es ist, diese grundlegenden Dinge zu beherrschen, ohne dabei nervös zu werden - im „eigentlichen“

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Tutorenausbildung 2002 (auch Fotos S. 9)

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ten. In einem Umfeld aber, wo viele Erfahrungen mit Feedback gemacht haben, sinkt die Hemmschwelle deutlich, den Gegenüber zu fragen.

Ingenieure entwickeln Information

Das mit Abstand Beste an dem Jahr als Tutor war es jedoch, der Gruppe von Tutees beim beinahe selbstständigen Entwerfen und Bauen von Flößen zuzusehen. Mehrere Gruppen hatten damals einen Floßbau organisiert, und in einer großen Aktion sind wir damit die Isar herunter. Das an sich war schon super, aber als Tutor empfand ich einen besonderen Stolz, dass „meine Gruppe“ ein tolles Floß, beste Stimmung und viel Freude am Erfolgserlebnis hatte. Ich habe dabei realisiert, wie anspruchsvoll aber auch befriedigend es sein kann, ein Team zu coachen und zu leiten.

sein können, dass man weiß, welche Dinge und Diskussionspunkte die Gruppe insgesamt voranbringen. Um das Präsentieren kommt man nicht herum. Warum auch? Richtig eingesetzt ist es eine wunderbare Möglichkeit, in kurzer Zeit vielen Zuhörern seine Ideen zu vermitteln. Mit zunehmender Übung verliert man zuerst die Nervosität, dann erlernt man Techniken und Kniffe, und gewinnt schließlich – man hat ja die Gewissheit, es schon viele Male gut gemacht zu haben – jene Souveränität, die ei-

einem gemeinsamen Zielverständnis ausgehen kann. Diskussionen werden dann leicht langatmig, langweilig vielleicht, weil man für sich den gerade diskutierten Punkt schon als abgehakt verinnerlicht hat, aber der Gesprächspartner noch nicht. Da zahlt es sich aus, über Kommunikation und Gesprächsführung auf abstrakter Ebene nachdenken zu können. Nachfragen, was der Gesprächspartner versteht; selbst die Initiative ergreifen und darstellen, was man vom Gesagten des anderen verstanden hat;

SoftSkills werden ständig eingesetzt Seit gut 4 Jahren arbeite ich am Lehrstuhl für Produktentwicklung als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Fast täglich setzte ich dabei Fähigkeiten ein, die ich im TUTOR Programm verbessern konnte. Beim Einsatz von Entwicklungsmethoden, sei es nun in der Lehre oder in Industrieprojekten, kommt es darauf an, Meinungen und Ideen mehrerer Personen zu „katalysieren“. Die Methode an sich ist dabei ein Rahmen, in dem die eigentliche Interaktion abläuft. Um diese Interaktion gewinnbringend zu gestalten bedarf es unter anderem einer sicheren Moderation: Einen unparteiischen Gesprächsleiter, der den Überblick über die Diskussion, das Thema und das Vorgehen nicht verliert. Moderation hat auch mit dem Wissen um den Ablauf einer Entwicklungsmethode zu tun, vor allem aber mit weichen Faktoren wie Zuhören, Geduld aber auch keine Scheu vor aktivem Eingreifen in eine Diskussion. Dabei muss man persönliche Ideen und Interessen hintenstellen können (was auch eine Frage der Selbstdisziplin ist), und sich hinreichend sicher

In den von mir betreuten Projekten, seien sie nun öffentlich oder von der Industrie gefördert, konnte ich fast immer feststellen: Ein Ingenieur entwickelt nicht stoffliche Dinge, sondern Gedanken, Ideen, Konzepte und Entscheidungen. Diese Ergebnisse der Entwicklungsarbeit werden in verschiedene Formen gegossen: Präsentationen, Emails, CAD-Dateien, gesprochenes Wort, Formulare. Fast immer ist der Empfänger eines solchen Ergebnisses nicht eine Maschine, sondern ein anderer Mensch (ein Ingenieur meistens). Was wir Ingenieure also den lieben langen Tag tun, ist nichts anderes, als mit mehr oder weniger technischen Konventionen unterliegenden Informationsträgern zu kommunizieren. Unser „Produkt“ ist Information. Ein kleines Beispiel: Ich habe eine konstruktive Entwicklungsabteilung bei einem großen Automobilhersteller untersucht. Es kam heraus, dass die Konstruktionsingenieure (sic!) sich von durchschnittlich vierzig Wochenstunden nur fünfeinhalb Stunden mit tatsächlichem Konstruieren beschäftigen – den Rest mit Besprechungen, Emails, Telefonaten, Formularen etc. also verschiedenen Arten der Kommunikation. Und die Ergebnisse ihrer Konstruktionstätigkeit gehen auch nicht ungefiltert in eine Produktionsmaschinerie, sondern werden bewertet, beurteilt, verändert, diskutiert. Es also nur logisch, sich mit Informationen und deren Darstellung, Kommunikation, Entscheidungsfindung, Diskussionsführung zu beschäftigen. Genau das sind die „weichen“ Themenfelder, an die TUTOR heranführt.

HardFacts oder Softskills nen Vortrag wirklich lebendig gestaltet. Ich präsentiere ständig: Vor Studenten, Kollegen, Industriepartnern, anderen Wissenschaftlern. Mit jedem Mal lernt man dazu; aber ich persönlich finde, dass der Zugewinn an Erfahrung und Erkenntnis umso größer ist, wenn man das Präsentieren als Technik und Fähigkeit begreift und auch zu analysieren gelernt hat. In TUTOR wurde mir genau das vermittelt. In Forschungsprojekten mit anderen Instituten diskutiere ich oft in interdisziplinären Teams. Solche Diskussionen sind immer besonders schwierig, weil man nicht von einer gemeinsamen Sprache, geschweige denn von

auch über Wörter und Konzepte diskutieren wollen – all das sind Dinge, an die ich auch über TUTOR herangeführt worden bin. Das hilft deutlich, das Ergebnis, vor allem interdisziplinärer Diskussionen, zu verbessern Ich arbeite in einem sehr offenen, freundschaftlichen Umfeld. Alle meine Kollegen sind bestens ausgebildet und motiviert. Durch Feedback-Techniken können wir uns gegenseitig Hilfestellungen geben, gemeinsam an unseren SoftSkills zu arbeiten. Natürlich ist es auch ohne einen TUTORWorkshop über Feedback möglich, die Meinungen seiner Kollegen einzuholen und an sich selbst zu arbei-

Was ist nun also für den persönlichen Erfolg oder den des Unternehmens wichtiger: Fachliche Qualifikation oder Schlüsselkompetenzen? Klare Antwort: Beides. Das eine ist ohne das Andere wertlos. Wir müssen wissen, wie wir ein System technisch verbessern können. Wir müssen aber auch wissen, wie wir diese technische Verbesserung am Besten im Team erarbeiten (und wie wir dann andere davon überzeugen). Sonst können wir in unserer hoch arbeitsteiligen Berufswelt die Dinge, die uns begeistern, nicht vorantreiben.

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Projektmanagement ... von Dipl.-Ing. Jens Hatwig u. Dipl.-Ing. Andrea Reiter Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften

... mehr als ein interdisziplinäres Fach zwischen Technik und Management Projekt, also einer neuen und mit Zeit- und Kostengrenzen versehenen Aufgabe, hat der Projektleiter mit seinen Mitarbeitern zu bewältigen. Dabei trägt er eine ganz besondere Verantwortung. Eine Aufgabe ist die Zusammenarbeit im Team – aber auch nach außen hin z. B. mit den Auftraggebern – sicherzustellen. Weitere Arbeitsbereiche betreffen die Überwachung von Zeit-, Qualitätsund Kostenzielen, wozu organisatorische und technische Expertise gefragt sind. Mit welchen Methoden ein Projekt erfolgreich bearbeitet werden kann, wie Ziele eindeutig definiert und wie Probleme im Team ausgeräumt werden können, wird im Projektmanagement-Seminar praktisch erlernt und angewandt. Leitung oder Mitarbeit in umfangreichen Projekten gehören mittlerweile zum Alltag in Ingenieursberufen. Aber bereitet das Studium darauf vor? Bei großen Firmen muss ein meist aus verschiedenen Abteilungen zusammengesetztes Projektteam von

Beginn an konsequent die gesteckten Projektziele verfolgen. Ist dabei sichergestellt, dass alle Beteiligten wirklich die gleichen Ziele vor Augen haben? Welche Interessen verfolgt der Einzelne? Diese und noch viele weitere Facetten und Herausforderungen in einem

Hierzu bearbeiten die Studierenden reale Projekte aus Forschung und Lehre. Zu Beginn ist die erste Aufgabe der einzelnen Projektteams die Rollenverteilung innerhalb ihrer Gruppen festzulegen. Die Projektarbeit erfolgt über ein Semester hinweg in Gruppensitzungen, in Hausarbeit und bei den wöchentlichen Seminartreffen mit dem Dozenten Herrn Göttel, einem erfahrenen Projektmanager und Trainer. Ihm und den anderen Gruppen werden in den Seminartreffen der derzeitige Projektstand durch kurze Präsentationen vorgestellt, wobei beim Feedback nicht nur Wert auf den Inhalt, sondern vor allem auf die Darstellung desselben gelegt wird, sowie auf das Auftreten des oder der Vortragenden. Da die Gruppengröße 7-8 Studierende nicht übersteigt, kann jeder im Laufe des Semesters mindestens einmal die Projektarbeit präsentieren. Zudem besteht die Möglichkeit, das Feedback durch eine Videoaufnahme des Vortrags zu erweitern. Durch aktivierende Lehrmethoden sowie Kreativitätstechniken wird das wöchentliche Seminar ergänzt. In eigenen Teamsitzungen erarbeiten die Gruppen die Projektinhalte, wenden Methoden zur Projektplanung

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und -steuerung an und bestimmen das weitere Vo r g e h e n . Ein studentischer Tutor begleitet und unterstützt sie dabei. Er erklärt die Anwendung von Projektmanagementmethoden und steht bei Konflikten innerhalb des Teams als neutrale Person zur Verfügung, denn auch der Umgang mit gruppendynamischen Prozessen stellt einen wesentlichen Teil der Erfahrungen und Lernziele im Seminar dar. Dadurch können die Studierenden die in der zugehörigen Vorlesung vermittelten theoretischen Inhalte sowohl für das Projektmanagement als auch für die Arbeit in der Gruppe und den zugehörigen Bereichen Führung, Kommunikation und Rollenverteilung erkennen und praktisch anwenden. Der Dozent, Herr Dipl.-Ing. Peter Göttel, ist seit 2007 Lehrbeauftragter an der Fakultät für Maschinenwesen. Nach seinem Studium der Luft- und Raumfahrt (1977) war er als Projektmanager bei mehreren großen Industrieunternehmen tätig. Im Jahre 2006 gründete er blue Project Management, ein Beratungs- und Trainingsunternehmen für alle Facetten des Projektmanagements.

Infobox Weitere Details sowie Anmeldung zum Seminar unter: www.iwb.tum.de Dipl.-Ing. Andrea Reiter Andrea.Reiter@iwb.tum.de Tel.: +89.289.15538

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen - Soft Skills für Ingenieure


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Mission Softskills von Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Galka - Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik

Softskills Workshop am Lehrstuhl fml

Vom 3. August bis zum 6.August 2009 führte der Lehrstuhl fml seinen Workshop „Softskills für Ingenieure“ durch. Neun Studenten nahmen die Gelegenheit wahr uns setzten sich an vier Tagen unter anderem mit den Themen Kommunikation, Kreativitätstechniken und Moderation von Kleingruppen auseinander.

„Houston, wir haben ein Problem“ Leider gibt es ein Problem beim Landeanflug auf den Mond und die Raumkapsel landet 200 km vom vorgesehenen Landeplatz entfernt. Jetzt steht ein längerer Fußmarsch auf dem Programm. Doch was muss unbedingt mitgenommen werden, damit man den Weg unbeschadet übersteht? Vor dieser Problemstellung stehen auch die Teilnehmer des Workshops. Was im ersten Moment nicht so schwierig erscheint, stellt sich als problematisch heraus, da die Gruppe eine von allen getragene Lösung erarbeiten soll. Die Herausforderung für die Teilnehmer besteht hierbei darin, individuelle Handlungsziele mit den Zielen der Gruppe in Einklang zu bringen. Die dazu benötigte soziale Kompetenz ist auch im beruflichen Alltag wich-

tig und lässt sich nicht durch das Studium eines Buches erlernen, sondern sie muss aufgebaut und ständig weiterentwickelt werden. Aus diesem Grund setzt sich der Workshop am Lehrstuhl fml aus vielen praktischen Aufgaben zusammen, die die Gruppe gemeinsam versucht zu lösen. In der sich anschließenden Auswertung und der Feedbackrunde werden die Vorgehensweise und das Verhalten der Teilnehmer diskutiert. Durch diese Reflektion entdeckt jeder Teilnehmer seine individuellen Stärken und Schwächen.

Die fünf Bausteine des Workshops Thematisch setzt sich der Workshop aus fünf Blöcken zusammen. Zu Beginn des Workshops werden die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt, eine Kompetenz, die sich im weiteren Studium auszahlen wird. Im Anschluss erarbeitet die Gruppe eine allgemeine Vorgehensweise zum Lösen von Problemstellungen. Dabei werden Problemarten identifiziert und Lösungsstrategien entwickelt. Für die Lösung von bestimmten Problemstellungen eignen sich Kreativitätstechniken. Das Anwenden ausgewählter Techniken steht im Mittelpunkt des nächsten Workshopblocks. Sind Lösungen für die Probleme erarbeitet, so müssen diese auch anderen Menschen erläu-

tert werden, die am Lösungsprozess nicht aktiv beteiligt waren. Dazu ist es wichtig, die Grundregeln für eine Präsentation zu kennen. Dazu gehört beispielsweise die Präsentationsstruktur, aber auch die richtige Körperhaltung während der Präsentation. Auch hier steht das Training im Mittelpunkt und so hat jeder Teilnehmer die Möglichkeit, eine Präsentation vorzubereiten und diese vor der Gruppe zu halten. Das anschließende Feedback der Gruppe hilft zu erkennen, in welchen Bereichen man sich noch verbessern muss und wo die eigenen Stärken beim Präsentieren lie-

gen. Den Abschluss des Workshops bildet der Themenblock „Moderation von Kleingruppen“. Hierbei sollen die Teilnehmer die unterschiedlichen Ebenen der Gruppenarbeit kennenlernen, angefangen von den unterschiedlichen sozialen Rollen in einer Gruppe bis zum Kommunikationsverhalten in der Gruppe. Auch im Wintersemester haben wieder 12 Studenten die Möglichkeit, am fml Softskill-Workshop teilzunehmen. Die Anmeldung ist ab Mitte Oktober über die Internetseites des Lehrstuhls fml möglich. Dort finden sich alle wichtigen Informationen und ein Beschreibung der Inhalte der einzelnen Termine.

Infobox Weitere Details sowie Anmeldung zum Seminar unter: www.fml.mw.tum.de Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Galka galka@fml.mw.tum.de Tel.: +89.289.15941 11


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Schon wieder zu spät

von Simone Einzmann - Psychologie Heute

Sie schaffen es einfach nicht, pünktlich zu einer Verabredung zu erscheinen, fristgerecht eine Arbeit abzuliefern oder zur vorgeschriebenen Zeit am Arbeitsplatz zu sein: Chronische Zuspätkommer – auch dann, wenn es jeden Tag dieselben äußeren Umstände sind, wie etwa der Verkehr. Er glaubt nicht, dass er ein Problem hat, sondern redet sich ein, dass die anderen lediglich zu unentspannt sind. Sein Rationalisierungstalent hilft ihm, sein Selbstbild zu schützen, doch es macht es ihm gleichzeitig schwer, sich zu ändern.

Die Fronten sind klar, und die Atmosphäre zwischen beiden Gruppen ist eisig. Rücksichtslosigkeit und Arroganz wird der einen Gruppe nachgesagt, Unentspanntheit und Kleinlichkeit der anderen. Pünktlichkeit oder der Mangel an ihr ist ein wunder Punkt im Zusammenleben der Menschen. Denn schon lange ist es nicht mehr nur so, dass Zeit Geld ist, nein, die Zeit ist selbst zu einer kostbaren Ware geworden, die es nach allen Kräften zu beschützen gilt. Pünktliche sehen deshalb unpünktliche Menschen als egoistische Zeiträuber, die hemmungslos große Stücke aus ihrem kostbaren Zeitreservoir reißen. Diana DeLonzor, Zeitmanagementexpertin und Beraterin großer Unternehmen, sieht sich als Vermittlerin zwischen den zwei verfeindeten Lagern. Selbst eine reformierte Unpünktliche, glaubt sie, den Mechanismen hinter dem Zuspätkommen auf der Spur zu sein. Nicht etwa Arroganz, sagt sie, ist Grund für das Zuspätkommen,

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sondern sehr viel öfter Unsicherheit oder gar Perfektionismus. Und, wie ihre Studien gezeigt haben, leiden die meisten Unpünktlichen mindestens genauso wie die, die auf sie warten. Die Hetze, die Schuldgefühle, verpatzte Verabredungen, aufgekündigte Freundschaften, entgangene Beförderungen – der Alltag des Unpünktlichen ist ein Minenfeld. Wer das Laster der Unpünktlichkeit abschütteln möchte, da sind sich Wissenschaftler einig, der muss sich erst einmal über die ganz persönlichen Gründe für seine „Zeitbehinderung“ klarwerden. Denn die Ursachen für das Zuspätkommen können je nach Person ganz verschieden sein.

Diana DeLonzor hat sieben verschiedene Unpünktlichkeitstypen identifizieren können: Der Rationalisierer übernimmt keine Verantwortung für sein Zuspätkommen und macht äußere Umstände für seine Unpünktlichkeit verantwortlich

Der Betriebsame ist wie ein Hamster im Laufrad und versucht, jede freie Minute zu nutzen. Unproduktive Zeit ist für ihn verschwendete Zeit. Betriebsame wollen auf keinen Fall zu früh sein, sondern exakt pünktlich, und überfüllen so ihren Tag. Dem Betriebsamen gefällt es, immer auf dem Sprung zu sein, weil er so das Gefühl hat, wichtig zu sein. Der Deadliner liebt das Drama, ist ein Adrenalinjunkie und genießt den Sprint zur Ziellinie. Er wartet immer bis zur letzten Minute und glaubt, unter Druck am besten zu arbeiten: „Werde ich es noch schaffen?“ Die Hektik und das Adrenalin helfen ihm, die Angst vor einem Termin zu unterdrücken. Dem Undisziplinierten fehlt es an Selbstkontrolle, er geht Unannehmlichkeiten möglichst aus dem Weg. Neben der Persönlichkeit kann auch ein niedriger Glukoselevel schuld am Null-Bock-Syndrom sein, das wurde in einer Studie der Florida State Uni-

versity nachgewiesen. Durch Glukosemangel kann die Arbeitsweise des präfrontalen Kortex derart einschränkt werden, dass Menschen Selbstkontrolle und damit auch Pünktlichkeit schwerfällt. Der Rebell wehrt sich gegen Autoritäten und äußere Zwänge und sieht das Zuspätkommen als eine Form von Coolness und Rebellion. Sein Selbstbewusstsein ist eher gering. Wenn er andere warten lassen kann, hat er das Gefühl, in Kontrolle zu sein. Er hasst es, zu früh zu kommen, weil er sich dann von anderen kontrolliert fühlt. Der verwirrte Professor ist vergesslich, lässt sich leicht ablenken, ist introvertiert und verbummelt so seine Termine. Der Vermeider hat Angst vorm Versagen. Er hat ein negatives Selbstbild und erwartet daher auch nur wenig von sich. Ein geringes Selbstwertgefühl kann zu Angst und Depression führen und hat oft Vermeidungsstrategien zur Folge. Der Aufbruch wird hinausgeschoben, bis es zu spät ist. Studien bestätigen, dass unpünktliche Menschen durchschnittlich ängstlicher sind. Der Unpünktlichkeit den Kampf anzusagen lohnt sich. Chronische Unpünktlichkeit ist viel mehr als nur ein lästiges Laster, denn sie bestimmt das Leben bis ins kleinste Detail. Viele ständig Unpünktliche mussten daher diverse Tricks und Finessen entwickeln, um mit ihrer Unpünktlichkeit leben zu können. Sie haben eine ganze Palette an Entschuldigungen parat, die sie im Notfall hervorzaubern können: Die Waschmaschine war ausgelaufen, der Hund hatte einen Tennisball verschluckt oder die Straße war mit Baumstämmen blockiert. Unpünktliche sind geschickt im Variieren und fertigen in Windeseile maßgeschneiderte Ausreden. Wenn diese ihnen trotz aller Mühen und Kunstfertigkeit nicht abgenommen werden, reagieren sie mit Entrüstung und drehen damit einfach den Spieß um. Wenn möglich, versuchen Unpünkt-

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liche allerdings Situationen zu vermeiden, in denen ihre verkümmerten Zeitmanagementfähigkeiten getestet werden könnten. Sie arrangieren ihr Leben um ihre Unpünktlichkeit herum. Sie treffen etwa bevorzugt nicht nur einen Freund, sondern immer gleich eine ganze Gruppe, sodass niemals jemand wutentbrannt allein auf sie warten muss. Nur ungern lassen sie sich auf einen konkreten Zeitpunkt festlegen, sondern treffen sich „so gegen Abend“, „irgendwann nach sieben“. Sie wählen einen Arbeitsplatz mit flexiblen Arbeitszeiten oder machen sich selbständig. Warum aber, fragen sich die Pünktlichen, reißen sich die Unpünktlichen nicht einfach nur ein bisschen zusammen? So schwer kann es ja nun beim besten Willen wirklich nicht sein. „Wenn Sie einer unpünktlichen Person sagen, sie solle doch einfach ein bisschen pünktlicher sein, dann ist das genauso, wie wenn Sie jemandem mit Übergewicht sagen, er solle doch einfach ein bisschen weniger essen“, sagt Diana DeLonzor. „Auch wenn es auf den ersten Blick so wirkt, als seien Unpünktliche einfach nur unhöflich, ist die Sache weitaus komplexer. Es ist mehr als schlechtes Zeitmanagement, es ist ein lebenslanges Muster.“ Tatsächlich unterscheiden sich pünktliche von unpünktlichen Menschen nicht nur in ihrem unterschiedlichen Zeitempfinden, sondern in einer Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen, das haben diverse Studien ergeben. Der Psychologe Mitja Back von der Universität Leipzig konnte zeigen, dass man am besten von der Gewissenhaftigkeit einer Person auf ihre Pünktlichkeit schließen kann. Je gewissenhafter jemand ist, desto früher erreichte er in der Studie etwa einen ausgemachten Treffpunkt. Besonders gewissenhafte Menschen sind organisiert, zuverlässig und diszipliniert und können sich leichter motivieren. Eigenschaften also, die für Pünktlichkeit unerlässlich sind. Auch DeLonzor stellte in ihren Untersuchungen fest, dass unpünktliche Menschen insgesamt mehr Probleme mit Disziplin haben als pünktliche. Sie sind impulsiver, tun häufiger Dinge, die sie später bereuen, und haben auch oftmals Probleme mit anderen Lastern wie etwa Rauchen und Alkohol. Auch Schüchternheit scheint eine Rolle zu spielen, wie DeLonzor glaubt. Schüchterne Menschen fürchten sich vor sozialen Treffen und finden die Vorstellung schrecklich, allein in einem Restaurant warten zu müssen. Deshalb zögern sie ihre Ankunft immer weiter hinaus.

Wissenschaftler halten es sogar für möglich, dass das Gehirn Unpünktlicher anders tickt als das Normalsterblicher. Das haben zum Beispiel Wissenschaftler des Medical College of Wisconsin mithilfe bildgebender Verfahren herausgefunden. Bestimmte Gehirnteile, so etwa die Basalganglien und das Aufmerksamkeitssystem im rechten inferioren parietalen Kortex, sind verantwortlich für eine korrekte Zeitwahrnehmung. Sind diese Bereiche nicht aktiv genug oder gestört, wie dies etwa auch bei Aufmerksamkeitsstörungen und Parkinsonerkrankungen beobachtet wird, kann das Probleme mit der eigenen Zeitplanung zur Folge haben. Ein gutes Zeitgefühl ist für Pünktlichkeit jedoch unbedingt wichtig, denn schließlich ist es unmöglich, andauernd auf die Uhr zu blicken. Auch eine Studie der Cleveland State University hat gezeigt, dass Men-

Unabhängig davon, welche persönlichen Gründe Sie als Wiederholungstäter für Ihr Zuspätkommen haben, Diana DeLonzor hat einige allgemeine Tipps parat: Zwingen Sie sich dazu, zu jeder Verabredung 15 Minuten zu früh zu kommen. Tatsächlich führt das nur dazu, dass Sie pünktlich sind. Denn meist unterschätzen wir, wie lange Dinge tatsächlich dauern, und ein 15Minuten-Zeitpuffer ist da ideal. Sagen Sie Ihrem Wunschdenken den Kampf an: Schreiben Sie für eine oder zwei Wochen auf, was Sie tun und wie lange es dauert. Auf diese Weise erhalten Sie einen realistischen Überblick darüber, wie viel Zeit Sie für Ihre Alltagsaufgaben tatsächlich benötigen. Auch sollten Unpünktliche nach Pfadfinderart immer auf alles vorbereitet sein. Wer schon am Tag zuvor die Kleidung zurechtlegt

„Zwingen Sie sich dazu, zu jeder Verabredung 15 Minuten zu früh zu kommen. Tatsächlich führt das nur dazu, dass Sie pünktlich sind. Denn meist unterschätzen wir, wie lange Dinge tatsächlich dauern, und ein 15-MinutenZeitpuffer ist da ideal.“ schen, die ständig zu spät kommen, Zeit anders wahrnehmen. Die Wissenschaftler ließen chronisch Unpünktliche die Zeit einschätzen und waren überrascht, wie sehr diese die Zeitintervalle unterschätzten. DeLonzor wiederholte die Versuche. Sie bat eine Gruppe pünktlicher und eine Gruppe unpünktlicher Menschen, für etwa 90 Sekunden zu lesen. Pünktliche hörten bereits vor dem Ablauf der 90 Sekunden auf, während Unpünktliche noch bis zu mehrere Minuten weiterlasen. „Menschen, die zu spät kommen, verschätzen sich in der benötigten Zeit – selbst bei jenen Dingen, die sie Hunderte Male zuvor erledigt haben – wie etwa, sich für die Arbeit zurechtzumachen“, sagt DeLonzor. Sie besitzen einen unglaublichen Optimismus, selbst wider besseres Wissen. „So glauben sie etwa, dass sie die zehn Kilometer zur Arbeit in 15 Minuten fahren können, nur weil ihnen das einmal an einem Feiertag vor ein paar Jahren gelungen ist und sie da gerade eine grüne Welle hatten.“ Was also tun, wenn Sie zu keiner Verabredung, zu keinem Meeting pünktlich sind und Ihnen die Zeit unkontrollierbar durch die Finger rinnt?

und den Tank füllt, verhindert die gefürchteten Verzweiflungsattacken und Outfitdramen am nächsten Morgen. Auch hilft es, für alles Wichtige wie Schlüssel, Geldbeutel und Handy einen festen Platz zu haben. Für wen das noch nicht genug ist, der muss härtere Geschütze auffahren und sich einem strikten Belohnungsund Bestrafungssystem unterwerfen. Kommen Sie zu spät zu einer Verabredung mit einem Freund, dann einigen Sie sich zum Beispiel darauf, dass der Kaffee oder die Kinokarten auf Sie gehen. Sind Sie Ihrem Unpünktlichkeitsteufelchen erfolgreich zu Leibe gerückt, belohnen Sie sich. Doch da Angriff bekanntlich die beste Verteidigung ist: Welche Tricks gibt es für die Pünktlichen, um die Unpünktlichen in Schach zu halten oder um ihre lästige Angewohnheit zumindest besser zu ertragen? „Erst einmal muss man lernen, die Unpünktlichkeit der anderen nicht persönlich zu nehmen“, rät DeLonzor, „denn die meisten Unpünktlichen sind immer zu spät, nicht nur bei ausgewählten Personen und Anlässen.“ Außerdem sollte man sich bewusstmachen, dass die Verspätungen den Unpünktlichen

im Laufe seines Lebens weitaus härter treffen. Und notfalls kann man einfach Richtlinien setzen: „Ich warte 15 Minuten, aber dann gehe ich!“ Manchmal lohnt es sich auch, ein bisschen zu schummeln. Möchten Sie sich eigentlich um acht treffen, dann sagen Sie dem Unpünktlichen einfach: halb acht. Vielleicht ist aber der beste Tipp, das Ganze ein wenig entspannter zu sehen und Warteminuten einfach gelassen mit einem mitgebrachten Buch oder einer Tasse Kaffee zu verbringen, anstatt ungeduldig-aggressiv zum wiederholten Mal die Waschanleitung Ihrer Strickjacke zu studieren. Wartezeit wird so plötzlich zur Luxuszeit. Tatsächlich ist Pünktlichkeit ohnehin relativ, das lehrt uns ein kurzer Blick über den mitteleuropäischen Tellerrand. Während für 98 Prozent der Deutschen die „akademische Viertelstunde“, also 15 Minuten die maximale Wartezeit sind, gilt etwa in Lateinamerika die Latinozeit: Verspätungen von bis zu zwei Stunden sind da nicht unüblich. Was also pünktlich ist und was nicht, hängt davon ab, wo auf der Welt wir uns gerade aufhalten. Und wenn auch Pünktlichkeit vor allem im Beruflichen unentbehrlich ist, sollten wir Verspätungen im Privatleben vielleicht manchmal etwas gelassener sehen. Denn unsere Seele schwingt nur gezwungenermaßen im 60-Sekunden-Takt, und das Leben ist schließlich mehr als nur die direkte Verbindung zwischen zwei Terminen.

Literaturauswahl D. DeLonzor: Never be late again. 7 cures for the punctually challenged. Post Madison, San Francisco 2003 S. M. Rao u. a.: The evolution of brain activation during temporal processing. Nature Neuroscience, 4/3, 2001, 317–323 M. D. Back u. a.: Who is late and who is early? Big Five personality factors and punctuality in attending psychological experiments. Journal of Research in Personality, 40/5, 2006, 841–848 M. T. Gailliot u. a.: The physiology of willpower: Linking blood glucose to self-control. Personality and Social Psychology Review, 11/4, 2007, 303–327 J. Shaw: Punctuality and the everyday ethics of time. Some evidence from the Mass Observation Archive. Time & Society, 3/1, 1994, 79–97 Psychologie Heute 3/2009, Seite 70 Rubrik: Zeitgefühl

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Zuspätkommen ein sehr komplexes Problem

Psychologie Heute, Interview

Diana DeLonzor ist eine international tätige Unternehmensberaterin. Zusammen mit der San Francisco State University untersuchte sie die psychischen Ursachen von Unpünktlichkeit fen haben?

Bild: © Marika / PIXELIO‘

DELONZOR Bestrafen Sie Unpünktlichkeit, belohnen Sie Pünktlichkeit, zum Beispiel mit Gutscheinen oder kostenlosen Parkplätzen. Verschließen Sie zwei Minuten nach Beginn einer Konferenz die Tür. Besprechen Sie die wichtigsten Themen zuerst und informieren Sie Nachzügler nicht über die verpassten Diskussionspunkte. Führen Sie ein, dass der letzte Nachzügler das nächste Mal für die Erfrischungen sorgen muss.

PSYCHOLOGIE HEUTE Sie haben Ihre Unpünktlichkeit erfolgreich in den Griff bekommen. Zu welchem Unpünktlichkeitstyp zählten Sie? DIANA DELONZOR Ich kam mein ganzes Leben zu spät, und ich hasste es. Ich kam zu spät zu Überraschungspartys, Kundenbesprechungen und sogar zur Hochzeit meiner besten Freundin. Ich war ein typischer Deadliner. Mir wird es schnell langweilig, und das Leben schien interessanter, wenn ich dauernd ein Gefühl der Dringlichkeit hatte. Oben-

DELONZOR Seit ich meine Unpünktlichkeit unter Kontrolle habe, werde ich von meiner Umwelt anders wahrgenommen. Ich werde mit mehr Respekt behandelt und fühle mich selbstbewusster und entspannter. Da ich mich nun nicht mehr fortwährend für meine Unpünktlichkeit entschuldigen muss, kann ich mich viel besser auf die aktuelle Situation konzentrieren.

PH Ist Pünktlichkeit wirklich so wichtig, oder sollten wir das Ganze etwas gelassener sehen? DELONZOR Pünktlichkeit ist wichtig, denn es beeinträchtigt das Leben anderer. Wenn man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt verabredet, dann ist das wie ein Versprechen. Wenn Sie wiederholt ein Versprechen brechen, dann zeigen Sie Ihrem Gegenüber Respektlosigkeit. Natürlich wäre es

angenehm, wenn wir ein bisschen entspannter sein könnten, aber tatsächlich gibt es eben mehr pünktliche als unpünktliche Menschen. Und selbst Unpünktliche werden oft ungemütlich, wenn sie einmal selbst warten müssen. PH Sind Unpünktliche also schlechte Menschen? DELONZOR Nein. Wir denken oft, dass unpünktliche Menschen nur Aufmerksamkeit suchen oder Kontrolle ausüben wollen, aber tatsächlich hat es damit nur selten zu tun. Chronisches Zuspätkommen ist ein sehr komplexes psychisches Problem. Die meisten Leute, genau wie ich, hassen es, zu spät zu kommen, können ihre Angewohnheit aber einfach nicht kontrollieren. Psychologie Heute 3/2009, Seite 70 Rubrik: Zeitgefühl

PH Welche Typen von Unpünktlichen erleben Sie in Ihrer Praxis am häufigsten?

„Wenn man sich zu einem bestimmten Zeitpunkt verabredet, dann ist das wie ein Versprechen.“ drein habe ich ein sehr schlechtes Zeitgefühl. Meine Unpünktlichkeit hat mein ganzes Leben durcheinandergebracht. Jedes Treffen, ob beruflich oder privat, begann mit einer lahmen Ausrede. Meine Familie und Freunde waren oft verärgert, und ich wurde nicht selten von meinen Chefs zusammengestaucht. PH Wie fühlt sich das neue Leben als bekennende Pünktliche an?

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DELONZOR Hauptsächlich Deadliner, Betriebsame und Rebellen. Es gibt aber interessante Geschlechterunterschiede. Während es genauso viele männliche wie weibliche Deadliner gibt, sind Betriebsame hauptsächlich Frauen, während die Rebellen meist Männer sind. PH Was raten Sie Betrieben, die mit unpünktlichen Angestellten zu kämp-

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Faule Kollegen Parasiten im Büro

von Verena Wolff, Süddeutsche Zeitung

Volle Auftragsbücher, Arbeit bis zum Anschlag - und zwischendrin ein Kollege, der nur das Nötigste tut. Unter faulen Mitarbeitern leidet das ganze Team. Dennoch sind sie nur schwer loszuwerden. Solch faule Kollegen, auch „Low Performer“ genannt, sind eine große Last. Und doch sind sie nur schwierig auf die Straße zu setzen. Eines der großen Probleme bei den Low Performern ist die eigene Einstellung: "Die wenigsten Leute würden sich selbst als faul bezeichnen doch Fremdbild und Selbstbild gehen da meistens sehr weit auseinander", sagt Doris Brenner, Karriereberaterin aus dem hessischen Rödermark. "Als faul würde ich einen Kollegen bezeichnen, wenn er seine Aufgaben oder seinen Part im Rahmen der Teamaufgabe bewusst nicht erfüllt, obwohl er das von seinen Fähigkeiten her könnte", sagt sie.

- Langeweile statt Ausgebranntsein. Häufig seien das Bereiche, die wenig Veränderung erleben, in denen die Mitarbeiter alles „schon immer so gemacht haben“ und sich in ihrer Position sehr sicher fühlen. Die Langeweile führt in diesen Fällen nicht nur zu Faulheit, sondern kann noch ganz andere Folgen haben - Intrigen etwa. „Die Intrige aber ist die höchste Form der Schädigung“,

Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist kein Betrieb vor faulen oder arbeitsverweigernden Mitarbeitern gefeit. „Das Phänomen Faulheit zeigt sich dann eher verdeckt - ein Kollege macht etwa Dienst nach Vorschrift, wird aber nicht offen die Arbeit verweigern.“

Auch die Gerichte müssen sich immer wieder mit Low Performern beschäftigen. Die Definition dieser Sorte Mitarbeiter ist inzwischen recht eindeutig: „Sie können zwar, wollen aber nicht“, bringt Anwalt Michael Felser aus Brühl bei Köln das Problem auf den Punkt.

Gut beizukommen sei einem Arbeitnehmer in einem solchen Fall mit genauer Beobachtung, sagt Doris Bren-

Der Durchschnitt ist zu wenig

Gegebenenfalls den Chef informieren Faulheit habe auch mit der Einstellung zur Arbeit zu tun. "Jemand der sich bemüht, aber aufgrund seiner Fähigkeiten die Leistung nicht erbringen kann, würde ich hingegen nicht als faul bezeichnen." Problematisch könne auch sein, dass ein Low Performer von einem Team mitgezogen wird und sich nicht für seine mangelnde Leistung rechtfertigen muss. Das ist nach Ansicht der Karriereberaterin nicht die ideale Strategie: „Arbeitet ein Fauler in einem Team, sollte es zusammenstehen und deutlich machen, dass es den Faulen nicht länger mitzieht und gegebenenfalls den Chef informiert“. Viel hängt in einem solchen Fall von der Führungskraft ab - zumindest, wenn das Problem bekannt ist. „Bei einer guten Führungskraft, die ihre Mitarbeiter richtig einsetzt und gute Rahmenbedingungen schafft, wird man nur selten faule Mitarbeiter finden“, meint Brenner. Die seien hingegen oft in Unternehmen, in denen Kollegen mobben, Mitarbeiter gefrustet und lustlos sind und keine interessanten Aufgaben haben. „Bore-out“ heißt dieses Syndrom im Gegensatz zum Burnout

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt kann diese Arbeitshaltung Grund für eine Abmahnung und, wenn sich nichts ändert, für eine Kündigung wegen „Minderleistung“ sein. „Voraussetzung ist, dass tatsächlich eine Minderleistung vorliegt oder der Arbeitgeber anders nachweisen kann, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung bewusst zurückhält.“ Der Arbeitnehmer schulde in einem Betrieb nicht den Durchschnitt, sondern die Ausschöpfung seines individuellen Leistungsvermögens. „Michael Schumacher muss also im Job mehr bringen als ein Amateurrennfahrer.“ Anders liegt der Fall, wenn Arbeitnehmer und Aufgabe nicht zusammenpassen - und der Mitarbeiter mit seiner Aufgabe überfordert ist. „Kann er nicht, muss er auch nicht; will er nicht, kann aber, muss er gehen“, erläutert Felser.

„Ein Fauler kann am besten durch Fakten anhand konkreter Beispiele überführt werden.“ Will er sich dann damit rausreden, dass er die Aufgabe nicht erfüllen konnte, könne ein Chef gut mit Schulungen und intensiver Unterstützung drohen. „Das mögen Faule am allerwenigsten, wenn man sie im Auge behält.“ sagt der Karriereberater Jürgen Hesse aus Berlin. Tratsch und Gerüchte gehörten zwar zum Büroalltag - doch Intrigen hätten das Ziel, eine Person herabzusetzen und ihr zu schaden. „Man will jemand anderen damit ausbooten“, sagt Hesse. Es seien nicht immer die Stärksten, die das machten - „aber auch nicht die Schwächsten“.

ner. „Ein Fauler kann am besten durch Fakten anhand konkreter Beispiele überführt werden.“ Will er sich dann damit rausreden, dass er die Aufgabe nicht erfüllen konnte, könne ein Chef gut mit Schulungen und intensiver Unterstützung drohen. „Das mögen Faule am allerwenigsten, wenn man sie im Auge behält.“

In der Praxis sei das Problem der Nachweis, dass jemand faul ist, also langsamer arbeitet, als er kann oder sich dümmer gibt, als er ist. „Dazu hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt: Einer ist immer der Letzte, in jeder Gruppe, und das muss nicht der Faulste sein.“ Auch hier hat Felser einen treffenden Vergleich aus der weiten Welt des Sports parat: „Der englische Skispringer Eddie the Eagle hat sich bestimmt angestrengt.“ Dennoch ist Michael Edwards meist abgestürzt - ein Low Performer war er deswegen noch lange nicht. Süddeutsche Online 11.08.2009 (dpa/Verena Wolff/bön)

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Tutorforscht wird dieses Jahr durch die Voith Paper Holding unterstützt

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Andere Körpersprache andere Wirkung

von Christine Riedelsberger

Stirnrunzeln kann Nachdenklichkeit bedeuten, das Rümpfen der Nase kann Unzufriedenheit oder Abscheu signalisieren und wer den Blickkontakt scheut, gilt schnell als unsicher Viele Präsentationen beinhalten imposante Hightech-Medien, trickreiche Computeranimationen und umfangreiche Diagramme. Auf ihre Herstellung wird eine Menge Zeit verwen-

Körpersprache ebnet den Einstieg Ein freundlicher, entspannter Gesichtsausdruck schafft schnellen Kontakt zum Publikum. So haben die Zuhörer das Gefühl: Der Red-

ner mag uns. Allein aus Ihrem Mienenspiel und ohne dass Sie auch nur EIN Wort gesagt haben sind – Zweifel, Anteilnahme, Zustimmung oder Ablehnung deutlich erkennbar. Da-

her empfiehlt es sich, auch bei großer Nervosität auf einen entspannten Gesichtsausdruck zu achten! Tipp 1: Atmen Sie tief in den Bauch. Tipp 2: Denken Sie an ein positi-

Tipp 1: Atmen Sie tief in den Bauch Tipp 2: Denken Sie an ein positives Erlebnis und aktivieren Sie dadurch Ihr Lächeln Christine Riedelsberger hat Pädagogik mit den Schwerpunkten Theaterpädagogik und Psychologie studiert. Sie trainiert und coacht branchenübergreifend Sales-Experten sowie Fach- und Führungskräfte für überzeugende Auftritte, wertschätzende Kommunikation, souveränen Umgang mit Angriffen sowie Reden und Präsentationen, die begeistern. Dank ihrer theaterpädagogischen Ausbildung (Improvisationstheater, Körpertraining, Stimmbildung, Inszenierung) verknüpft sie Kreativität und Inhalte zu einer authentischen und lebendigen Mischung zur Verführung Ihrer Kunden mit Erlebnischarakter. det. Die Präsentationsfolien stehen im Mittelpunkt – in der Vorbereitung und während der Präsentation selbst. Der Vortragende wird zum „Folienbediener“. Da stellt sich die Frage: Warum überhaupt noch präsentieren? Nicht

die technische Aufbereitung Ihrer Präsentation wird Ihre Zuhörer überzeugen, sondern Sie als Mensch. Oder haben Sie schon einmal ein Produkt gekauft, nur weil Sie eine Präsentation per Email zugeschickt bekamen? Die Zuhörer möchten den Menschen hinter dem Produkt, der Dienstleistung, dem Ergebnis erleben. Und damit rücken Sie als Person, in diesem Fall als Redner, in den Vordergrund. Seien Sie sich stets bewusst: Sie haben beim Reden nie bloß Zuhörer, sondern auch Zuschauer.

ves Erlebnis und aktivieren Sie dadurch Ihr Lächeln. Der positive Nebeneffekt eines Lächelns: Es wirkt sich auch positiv auf Sie selbst aus. Schenken Sie sich selbst und Ihren Zuschauern ein Lächeln! Die Mimik ist nicht allein auf den Mund beschränkt. Auch Ihre Augenbrauen, Ihre Stirn und Ihre Augen tragen wesentlich zu Ihrer Wirkung bei. Stirnrunzeln kann Nachdenklichkeit bedeuten, das Rümpfen der Nase kann Unzufriedenheit oder Abscheu signalisieren und wer den Blickkontakt scheut, gilt schnell als unsicher. Das Heben der Augenbrauen wirkt unschuldig, erstaunt oder skeptisch. Sie sehen, es gibt keine eindeutige Zuordnung. Alles hat eine Wirkung, aber die Wirkung ist stets abhängig von der jeweiligen Situation.

Kontakt Christine Riedelsberger Päd. M. A. Theaterpädagogin cr@christineriedelsberger.de

http://www.christineriedelsberger.de

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Bain & Company

von Diana Eid, Head of Recruiting

Wir suchen die Besten – und haben ihnen viel zu bieten äußern und weitere Informationen zu erfragen bzw. gemeinsam abzuschätzen.

Im Interview Daniel Huber und Simone Franke Viele angehende Ingenieure träumen von einem anspruchsvollen Berufseinstieg, z.B. sehen sich 80% der Maschinenbauer nach dem Studium in einer Entwicklungsabteilung eines namhaften Automobilkonzerns arbeiten. So rechnen, schrauben und sägen sie sich engagiert durchs Studium, absolvieren mit Eifer die erforderlichen Praktika und so mancher findet sein Glück auch in der Entwicklerelite. Wer sein betriebswirtschaftliches Interesse allerdings bereits während dem Studium ausbaut, seine Praxiserfahrung um substanziellen Wirtschaftsbezug erweitert und für einen Auslandsaufenthalt ggf. sogar bereit ist ein Urlaubssemester zu investieren, eröffnet sich ein weiteres hochspannendes Berufsfeld: die Strategieberatung und sichert sich so auch weiterhin eine der steilsten Lernkurven und die Möglichkeit zur exzellenten Weiterbildung, z.B. in Form eines gesponsorten MBA’s an einer der renommierten MBA Schulen weltweit. Was man als Strategieberater genau macht und mit welchen Vorurteilen aufzuräumen ist und mit welchen nicht, erklären nachfolgend Daniel Huber und Simone Franke, beide Berater bei Bain & Company.

Warum habt ihr euch für Bain entschieden? Daniel: Meine Entscheidung für Bain war am Ende des Tages eine reine Gefühlssache. Ich habe mir im Bewerbungsprozess immer wieder die Frage gestellt: „Kannst du dir vorstellen mit diesen Leuten 10 oder mehr Stunden am Tag in einem Raum zu verbringen?“. Bei Bain hatte ich von allen Beratungen mit Abstand das beste Gefühl und bin sehr froh mich damals auf mein Gefühl verlassen zu haben, denn es hat sich bis heute nichts geändert. Simone: Für mich gab es zwei wesentliche Gründe, mich für Bain zu entscheiden. Zum einen konnte ich

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Wie sah euer Einstieg aus? Daniel: Nach über vier Jahren in der Industrie habe ich mich entschieden, mich nochmals neu zu orientieren. Für mich war die Beratung die perfekte Möglichkeit meine bisherige Berufserfahrung in der Linie mit dem strategischen Handwerkzeug eines Unternehmers zu kombinieren. bereits während eines Praktikums das Unternehmen, seine Kultur und vor allem seine Mitarbeiter kennenlernen. Der Enthusiasmus und die Leidenschaft der Bainies haben mich von Anfang an begeistert. Zum anderen fand ich es im Vergleich zu anderen großen Unternehmensberatungen spannend, bei einem Unternehmen anzufangen, das stark wächst und aufgrund der Wettbewerbsposition offensiv auf dem Markt auftreten kann. Angriff macht meist mehr Spaß als Verteidigung!

Welchen guten Rat würdet ihr einem Bewerber für seine Interviews mit auf den Weg geben? Daniel: Üben, üben, üben. Vor allem Ingenieuren würde ich raten sich mit den in der Beratung typischen Fallstudien vertraut zu machen und sich die Grundzüge der BWL anzueignen. Gewinn & Verlustrechnung sowie die Positionen einer Bilanz sollte man kennen. Simone: Vorstellungsgespräche bei Beratungen unterscheiden sich grundsätzlich zu denen der Industrie. Oftmals gilt es, Fallstudien im Dialog mit dem Gesprächspartner zu lösen. Es geht bei der Lösung im Wesentlichen nicht ausschließlich um das Ergebnis an sich, sondern um die Herangehensweise und einen strukturierten Lösungsweg. Daher empfiehlt es sich die eigenen Gedankengänge und Überlegungen im Gespräch zu

Simone: Nach den tollen Erfahrungen während meines Praktikums bei Bain bin ich an die Uni zurückgekehrt, um meine Diplomarbeit zu schreiben. Währenddessen hatte ich jedoch weiterhin über das Bain SpringboardProgramm zur Förderung der Praktikanten engen Kontakt zu Bain. Nach Fertigstellung meiner Diplomarbeit und einem anschließenden ausgiebigen Urlaub bin ich direkt bei Bain eingestiegen.

Was hat euch beim Einstieg geholfen? Daniel: Neben den kontinuierlichen lokalen aber auch internationalen Corporate Trainings (Finance, Controlling, Kommunikations- und, Präsentationstechniken etc.), einem Mentorenprogramm und dem Bootcamp (Einführungswoche) hat mir mit Sicherheit am meisten die große Unterstützung und Hilfsbereitschaft

von allen Kolleginnen und Kollegen den Einstieg erleichtert. Ich hatte nie das Gefühl auf mich alleine gestellt zu sein. Simone: Der Einstieg fiel mir recht leicht, nachdem ich bereits durch das Praktikum einige „Bainies“ kennen lernen konnte und auch schon mit einigen alltäglichen Berater Tools vertraut war. Unterstützt haben den Einstieg vor allem auch praxisbezogene Trainings, bei denen man nicht nur vieles über die Arbeitsweise an sich lernt, sondern auch die Möglichkeit hat, inhaltlich einiges aufzufrischen bzw. zu vertiefen. Nicht zuletzt machen die Trainings auch sehr viel Spaß- vor allem das Internationaleund man lernt gleich zu Beginn andere Neueinsteiger aus anderen Büros kennen. Ich habe heute noch viel Kontakt mit meiner „peer group“ und wir tauschen uns regelmäßig untereinander aus.

Wie sieht ein typischer Tag in eurem Leben als Berater aus? Daniel: Abgesehen von dem wöchentlich viel zu frühen Flug am Montagmorgen zum Kunden, fängt mein Tag in der Regel so um 08h30 an. Den Großteil der Zeit verbringe ich dann meist in Gesprächen mit den Kunden, dem Erstellen von Präsentation sowie Entscheidungsvorlagen und Diskussion mit meinem Team. Der große Unterschied zu meinem vorherigen Job ist aber, dass ich früher schon Wochen im Voraus wusste was ich machen werde. Heute bringt jeder Tag inhaltlich neue Überraschungen. Simone: Den typischen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht, das hängt meistens stark vom jeweiligen Projekt ab. Jedoch gibt es einige Konstanten der wesentlichen Inhalte: Vorbereitung von Kundenmeetings, Aufbau von Excelmodellen, Besprechungen mit den Kollegen… Die Interaktion mit dem Kunden und die enge Zusammenarbeit mit den Teamkollegen sowie oftmals gemeinsame Abendessen runden den Tag ab. Routine und

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ratung am meisten fasziniert, ist die unglaubliche Arbeitsbreite und -vielfalt und die damit verbundene steile Lernkurve im Job. Simone: Am meisten begeistert bin ich davon, dass es so abwechslungsreich ist. Ich habe die Möglichkeit in den unterschiedlichsten Industrien zu arbeiten, immer wieder in neue Themen einzutauchen und diese zu vertiefen. Dadurch habe ich in der kurzen Zeit auch Branchen kennengelernt, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie mich interessieren, z. B die Energiebranche.

Was haltet ihr für eines der schlimmsten Gerüchte über Berater/die Beratungsbranche? Daniel: Das mit Sicherheit am meisten verbreitete Gerücht über die Berater ist bestimmt das über ihre Arbeitszeiten. Hier kursieren teilweise Zahlen von weit über 100 Stunden. Diese Erfahrung musste ich bei Bain Gott sei Dank noch nie machen. Simone: Ein schlimmes Gerücht ist meiner Meinung nach, dass Berater im Wesentlichen an Kostenprogrammen arbeiten und „Köpfe rollen“ lassen. Die Beratung ist um einiges vielseitiger und ich arbeitete schon oft an anderen Themen, in denen es vor allem um Strategie und Wachstumsmöglichkeiten geht.

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

Langeweile haben bei dieser Aufgabenbreite keine Chance.

Casearbeit ist Teamarbeit – welche persönlichen Eigenschaften glaubt ihr sind dabei hilfreich/wichtig? Daniel: Um in der Beratung erfolgreich zu sein, sollte man ein „Teamp-

layer“ sein. Aus meiner Erfahrung ist es sehr hilfreich, wenn man folgende Eigenschaften mitbringt: Offenheit, eine grundsätzlich positive Lebenseinstellung sowie eine gesunde Portion Humor. Simone: Das wichtigste finde ich, sind der Humor und die Fähigkeit, sich nicht immer ganz ernst zu nehmen. Die Arbeitsatmosphäre im Team mit

humorvollen Kollegen ist meist eine ganz andere und macht die Zusammenarbeit sehr angenehm. Gerade in anstrengenden Phasen ist es genau das, was einen motiviert.

Was fasziniert euch an Consulting? Daniel: Was mich mitunter an der Be-

Daniel: Das ist eine sehr gute Frage. Allerdings habe ich in den letzten Jahren gemerkt, dass gerade die große Abwechslung in diesem Beruf mir immer wieder neue Möglichkeiten aufzeigt und sich die Perspektiven ständig verändern. Fazit: Ich weiß noch nicht, wo ich in fünf Jahren sein werde, und das ist auch gut so. Simone: So weit plane ich derzeit noch nicht. Momentan steuere ich auf meinen etwa halbjährlichen „Leave“ zu, den ich voraussichtlich im Frühjahr 2010 antreten werde. Während der Zeit plane ich für ein paar Monate nach Lateinamerika zu gehen und ein gemeinnütziges, soziales Projekt zu unterstützen. Danach möchte ich einige lateinamerikanische Länder mit dem Rucksack bereisen. Und wenn dann noch Zeit bleibt, würde ich gerne ganz entspannt ein paar Wochen in Deutschland genießen und mit Freunden und Familie verbringen. Und dann bin ich gespannt, wie es weitergeht! http://www.bain.de

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Zündschlüssel

Reden wir über Soft Skills in dieser Ausgabe mit Dr. Thomas Wagner, Referent des Studiendekans/Leitung Studienbüro

Soft Skills – Veranstaltungen jedoch leider der „offizielle Rahmen“, der dieses Engagement für die Industrie auch weithin sichtbar machte. Durch die verbindliche Aufnahme in den Studienplan und damit in das Zeugnis hat sich dies geändert und auch das Angebot an persönlichkeitsbildenden Veranstaltungen nimmt für die Studierenden stetig zu. Ich bin davon überzeugt, dass die Ingenieurausbildung damit ein Stückchen vollständiger und umfassender geworden ist, doch bei aller Sympathie für die Soft Skills: Es braucht schon in erster Linie Fächer wie TM, WK, ME, IT, PE, etc., damit ein Ingenieur erfolgreich agieren kann.

Dr. Wagner, Sie sind seit über acht Jahren an der Fakultät tätig. Welche Soft Skills waren bisher in Ihrem Berufsleben besonders wichtig? In den vergangenen acht Jahren ist die Zeit für mich mittlerweile zu einer ebenso knappen wie auch kostbaren Ressource geworden. Insofern kommt für mich das persönliche Zeitmanagement an erster Stelle. Im

nerung geblieben ist? Nun, den Seminartitel weiß ich nicht mehr, denn dies ist fast 25 Jahre her. Es hatte – heute würde man sagen – mit der Entscheidungskompetenz zu tun. Letztlich ging es darum, dass man lernt, seine Entscheidungen bewusst zu treffen, die Verantwortung dafür zu übernehmen und mögliche Konsequenzen zu überblicken. Uns wurde damals klar gemacht, dass das

denkönnen“ bzw. „-wollen“. Hier tritt die klassische Studienberatung in den Hintergrund und ich sehe es dann als meine Aufgabe an, ihnen klarzumachen, wie ein Entscheidungsprozess abläuft und welche „Entscheidungswerkzeuge“ es gibt und wie notwendig – manchmal nahezu lebenswichtig – es ist, eine sinnvolle, begründbare Entscheidung zu treffen.

Seit letztem Wintersemester

„Im Rahmen einer Studienberatung spielt auch die emotionale Kompetenz eine große Rolle. Hier ist neben einer individuellen Anpassungsfähigkeit auch die Empathie ein entscheidender Faktor.“ Rahmen einer Studienberatung spielt auch die emotionale Kompetenz eine große Rolle. Hier ist neben einer individuellen Anpassungsfähigkeit auch die Empathie ein entscheidender Faktor.

Sie haben eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen besucht und sind auch in der Beratung tätig. Können Sie uns ein Seminar/Training nennen, das Ihnen besonders in Erin20

Welche Erkenntnisse/Aspekte aus dieser Veranstaltung können Sie heute noch einsetzen?

erwerben Studierende der Fakultät für Maschinenwesen Credits im Fach Soft Skills. Welche Auswirkung hat die Einführung dieses Faches im Hinblick nach Ihrer Meinung auf die Ingenieurausbildung?

Innerhalb der Studienberatung kommen viele Studierende zu mir, deren Problem, wenn man mit ihnen länger spricht, eigentlich nicht das Studium ist, sondern ihr sich „Nichtentschei-

Gerade an dieser Fakultät wird ja seit Jahren auf die Ausbildung im Hinblick auf Soft Skills Wert gelegt. Als Stichwort seien hier nur TUTOR und LEAD genannt. Bisher fehlte den

Treffen einer Entscheidung ein aktiver, z. T. bereits gestaltender Prozess ist; Entscheidungen sind begründbar!

Impressum Zündschlüssel Heft 3, 2/09 Herausgeber: Fakultät für Maschinenwesen, TUM Erscheinungsweise: Halbjährlich (April/Oktober) V.i.S.d.P und Redaktion: Duygu Brandstetter, Soft Skills für Ingenieure Technische Universität München Fakultät für Maschinenwesen Lehrstuhl für Produktentwicklung Boltzmannstraße 15 D-85748 Garching brandstetter@mw.tum.de ISSN 1867-7274 Layout: Duygu Brandstetter Fotos: Duygu Brandstetter, pixelio.de, privates Fotomaterial der Gastredakteure Auflage: 1000 Druck: Firma Rapp-Druck GmbH Kufsteinerstraße 101 D-83126 Flintsbach a. Inn

Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen - Soft Skills für Ingenieure


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