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Unterwegs mit Beratungsbus und Bildungspaketen

Die Manege eröffnete 2020 ihren dritten Standort in Berlin-Köpenick

Deutschland: Schwester Margareta Kühn ist die Geschäftsführerin der Manege gGmbH in Berlin.

Die „Manege“ in Berlin-Marzahn entwickelt sich immer mehr zu einem Erfolgsmodell. 2019 eröffnete sie einen neuen Standort im Stadtteil Reinickendorf. Und seit September 2020 gibt es auch eine Anlaufstelle in Köpenick. „Es ist unglaublich zu sehen, mit welchen Fragen und Problemen uns dort junge Menschen und Familien begegnen“, sagt Geschäftsführerin Schwester Margareta Kühn.

2008 haben die Salesianer Don Boscos und die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel das Jugendzentrum im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf gemeinsam gegründet. Das Mitarbeiterteam sorgt sich vor allem um Jugendliche und junge Erwachsene, die nach abgebrochenen Ausbildungen oder Schullaufbahnen als schwer erreichbar gelten. Viele von ihnen wagen hier einen Neustart. „Als der Leiter des Jobcenters in unseren Bezirk nach Reinickendorf wechselte, fragte er an, ob wir mit unserem Beratungsbus auch mal in seinen Stadtteil kommen könnten. Und mittlerweile gab es vom Bezirk eine Ausschreibung für neue Jugendhilfemaßnahmen“, erklärt Schwester Margareta. Die Manege habe sich mutig darauf beworben und den Zuschlag bekommen. Die Herausforderungen seien spannend: „Hier gibt es eine andere soziale Struktur und andere Migrationshintergründe. Wir fragten uns: Können wir z. B. auch in arabische Großfamilien gehen, wenn deren Kinder beispielsweise nicht zur Schule kommen?“ Die Erfahrung nach eineinhalb Jahren zeigt: „Wir können.“

Neu ist in Reinickendorf seit Januar 2021 zudem das Familienbüro. „An drei Tagen in der Woche fährt unser Bus zehn verschiedene Standorte an – und wir staunen, wer alles dorthin kommt“, berichtet die 58-jährige Ordensfrau: beispielsweise Alleinerziehende, die mit ihren Kindern überfordert sind, junge Männer, die eine Vaterschaftsanerkennung erlangen wollen oder Menschen, die einen Unterhaltsvorschuss brauchen. Schon nach drei Monaten zählte das Büro 101 Kontakte.

Und auch in Treptow-Köpenick sei der Andrang groß. „Wir bewarben uns auf ein ausgeschriebenes Projekt für diese Zielgruppe, die uns aus unserer langjährigen Arbeit gut vertraut ist“, erklärt die Geschäftsführerin der Manege. Coronabedingt startete es erst im September: „Dort leisten wir aufsuchende

Sozialarbeit. Das heißt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht über das Jobcenter zugewiesen werden. Sondern wir suchen und ermitteln sie selbst.“ Das Team war auf der Straße präsent und verteilte Postkarten mit kurzen Botschaften, um auf sich aufmerksam zu machen. „Und schon kamen Interessierte zu uns. Es waren vor allem Männer und Omas, die über ihre Sorgen berichteten“, stellte Schwester Margareta mit Erstaunen fest – „dazu gehörten Nöte wie ‚Die Kinder meiner Freundin haben gar keinen Schulabschluss‘ oder ‚Ich glaube, mein Enkel geht nicht mehr zur Schule‘. Und darum begannen wir uns zu kümmern.“

Auch am Hauptstandort in Marzahn tut sich einiges. Bedingt durch die Corona-Pandemie und das Verbot von Präsenzangeboten kreierte das Mitarbeiterteam alternative Angebote. Dazu gehören die „Bildungspakete“. Das sind Aufgaben, die den jungen Menschen an die Haustür gebracht werden. Jemand, der in der Schreinerwerkstatt arbeitet, bekommt dann zum Beispiel das entsprechende Material und Werkzeug, um einen Auftrag zu erledigen. „Das Ergebnis fotografiert er ab – und wir bringen ihm das nächste Paket“, erläutert die Sozialpädagogin. Dank solch kreativer Ideen stehe die Manege an ihren drei Standorten weiterhin mit rund 300 Jugendlichen und Familien in Kontakt.

Am wichtigsten jedoch ist die Einrichtung einer eigenen Schule. In der Manege sind die Gruppen viel kleiner als an normalen Berufskollegs, sodass die Lehrerinnen und Lehrer individueller auf die Schüler*innen eingehen können. „Wenn jemand völlig neben der Spur ist, bieten wir auch mal an, eine Klassenarbeit abends oder am nächsten Tag nachzuschreiben“, nennt Schwester Margareta ein Beispiel. 17 junge Menschen wollen so ihren Hauptschulabschluss erreichen. Dann könnten sie auch wieder an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt herangeführt werden – und ihr scheinbar aussichtsloses Dasein als schwer erreichbare junge Menschen doch noch hinter sich lassen.

Der Unterricht in der Schule der Manege findet natürlich unter Corona-Bedingungen statt: mit Abstand und Mund-Nase-Schutz.

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