Soli Deo Gloria Magazin 2017

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SAISON 2017

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FOTO: ANDREAS GREINER-NAPP

Tradition bewahren – Zukunft fördern Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz trägt die reiche Geschichte einer selbstbewussten Region in der Mitte Europas in die Zukunft. Sie ist lebendiges Beispiel dafür, dass traditionell und modern, zukunftsorientiert und historisch keine Gegensätze sind. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 vereint die Stiftung unter ihrem Dach den Braunschweigischen Vereinig-

ten Kloster- und Studienfonds und die Braunschweig-Stiftung. Aus den Erträgen des Teilvermögens Braunschweigischer Vereinigter Klosterund Studienfonds unterstützt die Stiftung kirchliche, kulturelle und soziale Projekte. In den Genuss der Zuwendungen aus dem Teilvermögen der Braunschweig-Stiftung kommen die Technische Universität, das Braunschweigische Landesmuse-

Erfolgsmodell Stiftung Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist seit der Errichtung des Klosterfonds 1569 eine Erfolgsgeschichte. Immer wieder hat die Intention Herzog Julius’ als Begründer der Stiftung ihre Kraft entfaltet: ein großes Vermögen zu widmen und nachhaltig für die Zukunft zu bewahren. Und in eben dieser Tradition ist

auch die Entscheidung von Niedersächsischem Parlament und Landesregierung im Jahr 2004 zu sehen, als das neue Dach für die überkommenen Vermögen geschaffen worden ist. Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist in jeglicher Hinsicht ein Erfolgsmodell – ein Braunschweigisches Erfolgsmodell!

um und das Staatstheater Braunschweig. So bewahrt und fördert sie seit 1569 die kulturelle und historische Identität des ehemaligen Landes Braunschweig und sichert die Grundlagen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Region. Außerdem hat sie für das Land Niedersachsen die Organisation der regionalen Kulturförderung übernommen.


Begrüßung Liebe Festivalgäste, 2017 jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers an die Schlosskirche zu Wittenberg zum 500. Mal, und somit steht das Jahr ganz im Zeichen der Erinnerung an dieses Ereignis. Soli Deo Gloria - Braunschweig Festival würdigt das Gedenken an die Reformation aus mehreren Gründen, unter anderem liegt ein programmatischer Fokus seit Bestehen der Reihe auf der Musik Johann Sebastian Bachs und hat somit eine stark geistliche Ausrichtung. Das Festival beginnt mit einer Auftaktveranstaltung in St. Nicolai in Nordsteimke, wo der Schauspieler Samuel Koch gemeinsam mit dem Organisten Bernhardt Brand-Hofmeister einen sowohl heiteren als auch nachdenklichen Abend aus Worten und Musik gestalten wird: „Lesen, lauschen, lachen: Luther“. Am Abend darauf erklingt im Kaiserdom Königslutter die großartige h-Moll Messe von Johann Sebastian Bach, gespielt vom in Prag beheimateten Ensemble Collegium 1704 unter der Leitung von Václav Luks. Durch die Verankerung des Festivals in der Region des Braunschweiger Landes besteht eine große Nähe zu ­Michael Prae­ torius, einem der bedeutendsten Komponisten an der Schnittstelle zwischen Renaissance und Barock. Praetorius stand als Kammersekretär in Diensten des Fürsten Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und war

ebenso Leiter der Wolfenbütteler Hofkapelle. Er ist in der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel begraben, dem ersten bedeutenden protestantischen Kirchenbau überhaupt. Im Konzert mit Musica Fiata – La Capella Ducale unter der Leitung von Roland Wilson erklingen in eben dieser Kirche Werke von Michael Praetorius und Heinrich Schütz, die 1617 in Dresden in einer Messe zur Feier des 100. Jahrestages der Reformation gespielt wurden. Die Reformationskantaten BWV 79 „Gott der Herr ist Sonn‘ und Schild“ und 80 „Ein feste Burg ist unser Gott“ von Johann Sebastian Bach kommen in der Kirche St. Martini zur Aufführung, interpretiert vom Bach-Spezialisten Frieder Bernius und seinen Ensembles Barockorchester und Kammerchor Stuttgart. Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte die „Reformations-Symphonie“ im Jahr 1830 – der vierte Satz nimmt ebenso Bezug auf das Luther-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ wie die Bachkantate BWV 80. Im Theater Wolfsburg ist mit diesem Werk das Freiburger Ba-

rockorchester unter Pablo Heras-Casado zu Gast. Mit Isabelle Faust interpretiert im gleichen Programm eine der größten Geigerinnen unserer Zeit das Violinkonzert von Mendelssohn. Auch das Kinderkonzert beschäftigt sich mit der Luther-Zeit, und dabei sind wahre Könner am Werk: die auf Renaissancemusik spezialisierte Capella de la Torre und ihre Leiterin und EchoPreisträgerin Katharina Bäuml präsentieren gemeinsam mit Pastor Henning Böger in St. Magni ein Programm für die ganze Familie. Werke von Georg Philipp Telemann stehen im Mittelpunkt des Konzerts „Telemannische Hauspostille“ in Gifhorn mit dem Bassbariton Klaus Mertens, und beim abschließenden Abend im Bergwerk Rammelsberg in Goslar kombiniert die Pianistin Ragna Schirmer unter dem Motto „Re-Formation“ Werke von Bach und Händel mit neuen Formen und Bearbeitungen der Choralund Fugen-Rezeption. Wie stets gehört unser besonderer Dank unseren Förderern und Sponsoren, ohne die Soli Deo Gloria - Braunschweig Festival in dieser Form und Qualität nicht möglich wäre. Wir freuen uns nun bereits im zwölften Jahr mit Ihnen auf große musikalische Ereignisse von Soli Deo Gloria im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017. Günther Graf von der Schulenburg Künstlerischer Direktor

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INTERPRETEN

KONZERTE DER SAISON 2017

Die Mitwirkenden der diesjährigen Saison:

DONNERSTAG, 8. JUNI | 20.00 UHR ST. NICOLAI NORDSTEIMKE LESEN, LAUSCHEN, LACHEN: LUTHER! SAMUEL KOCH WORTE BERNHARDT BRAND-HOFMEISTER ORGEL

Bernhardt Brand-Hofmeister | 14 Samuel Koch | 15 Collegium 1704 Collegium Vocale 1704 | 16 Václav Luks | 18 Musica Fiata | 22 La Capella Ducale | 23 Roland Wilson | 23 Barockorchester Stuttgart | 26 Kammerchor Stuttgart | 27 Frieder Bernius | 29 Freiburger Barockorchester | 32 Isabelle Faust | 34 Pablo Heras-Casado | 37 Capella de la Torre | 40 Katharina Bäuml | 41 Klaus Mertens | 46 Ragna Schirmer | 50 Christian Sengewald | 52 Matthias Daneck | 53

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FREITAG, 9. JUNI | 20.00 UHR KAISERDOM KÖNIGSLUTTER JOHANN SEBASTIAN BACH: H-MOLL MESSE BWV 232 COLLEGIUM VOCALE 1704 COLLEGIUM 1704 VÁCLAV LUKS LEITUNG

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SONNTAG, 11. JUNI | 17 UHR HAUPTKIRCHE WOLFENBÜTTEL MICHAEL PRAETORIUS HEINRICH SCHÜTZ: REFORMATIONSMESSE MUSICA FIATA LA CAPELLA DUCALE ROLAND WILSON LEITUNG

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MITTWOCH, 14. JUNI | 20 UHR ST. MARTINI BRAUNSCHWEIG JOHANN SEBASTIAN BACH: REFORMATIONSKANTATEN KAMMERCHOR STUTTGART BAROCKORCHESTER STUTTGART FRIEDER BERNIUS LEITUNG

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DONNERSTAG, 15. JUNI | 20 UHR THEATER WOLFSBURG FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY: VIOLINKONZERT E-MOLL SINFONIE NR. 5 »REFORMATION« FREIBURGER BAROCKORCHESTER ISABELLE FAUST VIOLINE PABLO HERAS-CASADO LEITUNG

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SONNTAG, 18. JUNI | 15 UHR ST. MAGNI BRAUNSCHWEIG REFORMATION FÜR KINDER CAPELLA DE LA TORRE KATHARINA BÄUML LEITUNG PASTOR HENNING BÖGER

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DIENSTAG, 20. JUNI | 20 UHR SCHLOSS GIFHORN »TELEMANNISCHE HAUSPOSTILLE« KLAUS MERTENS BASSBARITON THOMAS FRITZSCH VIOLA DA GAMBA STEFAN MAASS BAROCKLAUTE MICHAEL SCHÖNHEIT TRUHENORGEL

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MITTWOCH, 21. JUNI | 20 UHR BERGWERK RAMMELSBERG »RE-FORMATION« RAGNA SCHIRMER KLAVIER MATTHIAS DANECK SCHLAGZEUG CHRISTIAN SENGEWALD SPRECHER

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SONNTAG, 17. DEZEMBER | 15.30 UHR ST. MARTINI BRAUNSCHWEIG JOHANN SEBASTIAN BACH: WEIHNACHTSORATORIUM KANTATEN I-VI CONCERTO KÖLN NEDERLANDS KAMERKOOR PETER DIJKSTRA LEITUNG ELIZABETH WATTS SOPRAN MAARTEN ENGELTJES COUNTERTENOR JAMES GILCHRIST TENOR ANDREAS WOLF BASS

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RÜCKBLICK 2016

REFORMATION

INTERVIEW

Die besten Bilder der letzten Saison Seite 6

Bischoff Meyns über den neuen Klang Seite 8

Isabelle Faust über Geigenspiel und Politik Seite 10

WORT+MUSIK

SPIELSTÄTTEN

VORSCHAU

Lesen, lauschen und lachen mit Samuel Koch Seite 14

Beatae Mariae Virginis und St. Martini Seite 56

Peter Dijkstra leitet das Weihnachtsoratorium Seite 64 INTERVIEW

LUTHER

So haben wir den Reformator noch nicht gesehen Seite 43

Thomas Ritterbusch von der BRW AG über die Lust am Musikhören Seite 63

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IMPRESSIONEN 2016

1 | Nach dem großen Abend in Wolfsburg: Jürgen Kesting, Thomas Hampson, Andrea Gräfin Herberstein, Günther Graf von der Schulenburg und Gattin Véronique, Catherine Pisaroni, Luca Pisaroni und Christian Koch. 2 | Beim Empfang im Theater: Thomas Hampson und Véronique Gräfin von der Schulenburg. 3+4 | Sind ein tolles Team: Luca Pisaroni und Thomas Hampson.

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BILDGEWALT & TONKUNST 5+6+7 | Der Schafstall wird zur Galerie: Dr. Arne Ehmann, Swantje von Werz, Georg Baselitz, Prof. Ferdinand Gillmeister, Georg von Werz. Georg Baselitz stimmte sich auf das Konzert ein. 8 | Dem Nachwuchs eine Chance: Matthäuspassion mit Kinderchor. 9 | Er weiĂ&#x; wo es langgeht: John Eliot Gardiner. 10 | Wie immer grandios: Der Monteverdi Choir.

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Neuer Klang - Reformation und Musik

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ei Heraklit von Ephesos heißt es: „Man kann nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen.“ In der Tat erscheint uns die Zeit wie das unaufhaltsame Fließen eines großen Stromes. Es geschieht etwas, das dann vergeht und nicht wiederkommt. Es mag sich etwas in ähnlicher Weise wiederholen, aber niemals ist es dasselbe. So betrachtet wäre die Erinnerung an die Reformation vor einem halben Jahrtausend nur noch von musealem Interesse, interessant, nicht mehr relevant für Gegenwart und Zukunft. Meiner Überzeugung nach gleicht die Zeit jedoch weniger einem Fluss als einem Ackerboden, der im Laufe von Jahrmillionen aus vielen verschiedenen übereinander liegenden Sedimentschichten entsteht. Das Alte verschwindet nicht einfach, sondern bildet die angehäufte Grundlage für alles, was d ­ arauf folgt und bleibt als solche wichtig. So gesehen gibt es eine Gleichzeitigkeit der Zeiten. Die Vergangenheit ist in, mit und unter der Gegenwart verborgen und übt nach wie vor Einfluss auf sie aus. Wenn wir in diesem Jahr der Reformation gedenken, dann tun wir das nicht aus musealem Interesse, sondern weil uns darin nach wie vor wirksame Sedimentschichten unserer Kultur begegnen, die präsent sind und ausstrahlen, auch wenn sie mit vielen anderen Dingen, die danach passiert sind, durchmischt sind oder davon überlagert werden. Glaube und Leben unserer Tage wurzelt in der Reformationszeit und empfängt von dort seine Kraft. Nirgendwo wird das so deutlich wie in der Musik. Für die Reformation hat die Liebe Martin Luthers zur Musik stilbildend gewirkt. Ihm verdanken wir einige der ersten deutschsprachigen Choräle. Seine Hochschätzung der Musik hat Anstoß zur Entwicklung der evangelischen Kirchenmusik gegeben, aus der die heute regelmäßig aufgeführten Werke von

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Komponisten wie Johann Walter, Heinrich Schütz, Michael Praetorius, Dietrich Buxtehude, Georg P ­hilipp Telemann, Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Johannes Brahms und Hugo Distler hervorgingen. Zugleich führt die starke Konzentration der Aufmerksamkeit auf Martin Luther geschichtlich in die Irre. Man wird im Rückblick auf das 15. und 16. Jahr-

Dr. Christoph Meyns ist seit Juni 2014 Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Lernen Sie hier seine Gedanken zur Fortwirkung der Musik der Reformation bis in die Gegenwart kennen.

hundert insgesamt von einer Epoche der Reformen sprechen können. Die Reformimpulse aus Wittenberg wa­ ren ein wichtiger Teil dieser Bewegung, aber eben nur ein Teil. Man muss in diesem Zusammenhang an die Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts erinnern, an die Reformansätze von Hus, Wycliff und Valdez, an die von Zwingli und Calvin ausgehenden Reformen in Oberdeutschland und der Schweiz, die bis nach Frankreich, England und Schottland reichten und an die radikalen Kräfte der Reformation wie die Täuferbewegung und die Mennoniten. Auch hat es eine katholische Reform gegeben, wesentlich getragen von Orden wie den Theatinern, Oratorianern, Ursulinen und Jesuiten, den Reformpäpsten, den Königen in Spanien und den im Konzil von Trient versammelten Bischöfen. Alle waren vom gleichen Anliegen erfüllt: der Abschaffung offenkundiger Missstände, der Neuausrichtung des kirchlichen Lebens am biblisch bezeugten Auftrag der Kirche und der Erneuerung der christlichen Frömmigkeitspraxis. Dazu gehörte auch die Musik. Getragen von dieser ökumenischen Perspektive erklingen heute Werke evangelischer Komponisten selbstverständlich in katholischen Kirchen und geistliche Werke von Haydn, Mozart und Beethoven, Schubert, Bruckner und Rheinberger im evangelischen Bereich. Wenn Sie in diesem Jahr die Konzerte von „Soli Deo Gloria“ besuchen, werden sie sich persönlich davon überzeugen können, dass in vergangenen Jahrhunderten komponierte Werke der Kirchenmusik keineswegs antiquiert oder obsolet sind, sondern frisch und neu klingen und den Menschen des 21. Jahrhunderts viel zu geben haben. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Musik selbst, sondern auch für die christliche Spiritualität, die sie zum Ausdruck bringt. Landesbischof Dr. Christoph Meyns


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1970 wurde eine Bronzestatue des Reformators Bugenhagen neben dem Chor der Brüdernkirche enthüllt. Das 1902 von der Stadt ursprünglich gewidmete Denkmal war im Zweiten Weltkrieg demontiert worden.

Was und wie man glaubt, ist heute Gewissenssache. Martin Luther hat dafür den Grundstein gelegt. Selber die Bibel lesen, selber denken, dann selbst allein mit Gott sein Verhältnis zur Ewigkeit klären, so sieht für Luther Glaube aus. So hat er es einst selbst bei der sein Leben und die Welt verändernden Lektüre des Römerbriefs erfahren. Gerecht vor Gott wird man nur durch den Glauben an die Liebe Gottes, die bedingungslos schon besteht. Das war Befreiung und Zumutung zugleich: Wo kein Heiliger mehr vermittelt, kein Priestersegen mehr weiterhilft, steht man wirklich ganz allein mit seinem Glauben da. Das muss man auch erstmal aushalten, da braucht’s manchmal die innere feste Burg, die dann auch der Idealismus eines Schiller wieder feiert. Und die nicht weit liegt von Sartres Existentialismus, wo sich der Mensch trotz aller Zufälligkeit seines Seins für eine ideelle Sinngebung entscheidet. Die Kraft für die Ideale wie für den selbstgewählten Lebenssinn mag dabei noch von Luthers Erfahrung zehren, dass das

Luthers Vermächtnis Ungenügen und Scheitern sich getragen weiß von einem großen Verzeihen und Angenommensein. Wege, die Luther nicht ahnen konnte. Er hat zwar das Tor aufgestoßen zur Glaubenstoleranz, indem jeder selbst vor Gott sich zu bestimmen hat, aber er konnte in seiner Zeit keinen anderen Grund als Christus sehen. Wer durch angeblich gottgefällige Werke und Gebotstreue sich ein Anrecht aufs Paradies zu erkaufen gedachte, egal ob Katholik, Jude oder Moslem, wurde als anmaßend und selbstgerecht verunglimpft. Luthers Worte waren drastischer. Heute wirft man Luther häufig vor, nicht schon so tolerant wie Lessing gewesen zu sein. Als müsste Leibniz als Erfinder der digitalen Formel schon Computer gebaut haben. Eins baut aufs andere auf, deshalb sollte man Luther getrost feiern. Auch mit einem dauerhaften Feiertag. Zugleich wird man heute so frei sein, seine Gewissensfreiheit im Glauben auch anderen zuzugestehen, so lange sie ihre Gesetze nicht anderen aufzwingen wollen. Andreas Berger, Braunschweiger Zeitung, 29. 10. 2016

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Isabelle Faust

»Ich bin nicht Robert Redford.« Die Starviolinistin über musikalischen Charakter, seltsame Angebote und die Verantwortung von Künstlern

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m Dezember 2016 spielte Isabelle Faust gemeinsam mit dem Mahler Chamber Orchestra Konzerte in Essen, Neumarkt, Landshut und Antwerpen. Faust ist neben den Dirigenten Teodor Cur­ rentzis und Daniele Gatti und der Pianistin Mitsuko Uchida eine der Artistic Partners des MCO, mit dem sie neben der Bevorzugung des kammermusikalischen Musizierens auch eine frühe Prägung durch Claudio Abbado verbindet. Die Esslingerin tourte mit ihm in seinen letzten Jahren, zusammen hinterließen sie das, was man eine Referenzaufnahme nennt, mit den Violinkonzerten

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von Beethoven und Alban Berg. Hier und bei anderen Gelegenheiten fallen einem beim Klang von Isabelle Fausts Geige Begriffe wie Balance, Konstruktion, richtige Wahl ein. Öfter mal sind es nämlich all die Arten, wie sie nicht spielt, die einen mindestens so in Freude versetzen, wie das was sie dann tatsächlich tut. Isabelle Faust hat ihr Material beisammen, daran zweifelt niemand, der über sie spricht.

Das folgende Interview mit Isabelle Faust führte Tobias Ruderer für das VAN-Magazin aus Anlass der Tournee, bei der auch das MendelssohnKonzert auf dem Programm stand.


Isabelle Faust mit ihrer Geige, der berühmten »DornröschenStradivari«.

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ES IST BEKANNT, DASS SIE SICH SEHR TIEF IN WERKE EINARBEITEN UND VERSUCHEN, ALLES MÖGLICHE RAUSZUHOLEN. GAB ES EINEN PUNKT BEIM VIOLINKONZERT VON MENDELSSOHN, AN DEM SIE AUF ETWAS UNERWARTETES GESTOSSEN SIND? Beim Mendelssohn-Konzert gibt es nicht viele unausgegorene Stellen oder offene Fragen. Man lernt das Stück mit zwölf oder dreizehn, dann ist es fast imprägniert. Es ist heutzutage so bekannt, dass man über manche Nuancen, von Mendelssohn durchweg ganz genau notierte Stellen, gerne hinwegspielt und die Fragilität des Stückes vergisst. Es hat eine dünnhäutige Art, im ganz positiven Sinne, dieses Mitsommernachtsgefühl, das ist ganz stark durch die Bezeichnungen im Stück definiert – nicht nur durch den musikalischen Charakter, den man natürlich auch erst mal erfassen sollte. Aber dann muss man diese ganzen Pianissimi und Piani ernst nehmen. Wenn Themen wieder auftauchen, sind sie jedes Mal etwas anders artikuliert – diese wunderschönen Details wollte ich herausarbeiten. Ich habe mich dann gewundert, dass ich es nicht schon längst getan hatte und dass auch viele andere Kollegen in dieser Richtung offensichtlich keine große Neugierde mitbringen. ES LAUERT JA SCHON IN DEN ERSTEN 15 SEKUNDEN DIESE FALLE, DASS ES WEINERLICH UND ETWAS SCHWÜLSTIG KLINGT AM ANFANG. Ja, das stimmt! Nie sollte es zugekleistert werden oder melodramatisch werden. Die Partitur ist übervoll mit ganz genauen Bezeichnungen, fast ein bisschen wie bei Bartók. Der Komponist wollte wirklich sicher sein, dass das dann auch so wiedergegeben wird. HAT MAN SIE IM AUSLAND SCHONMAL GELOBT FÜR SO ETWAS WIE »GERMAN ENGINEERING«?

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(lacht) Ich weiß nicht, nee. Dass das so auf die deutsche Nationalität festgenagelt wird, meine Qualitäten als Geigerin meinen Sie? JA GENAU, OHNE IHNEN DAS POETISCHE ABZUSPRECHEN, EINFACH DIESE QUALITÄT IN DER KONSTRUKTION. VIELLEICHT DENKEN SIE JA HEIMLICH MANCHMAL SELBER, DASS SIE DIE SACHEN SO GUT ZUSAMMENBAUEN WIE SONST KEINER. (lacht) Nein, das denke ich nicht. Wenn man anfängt, sich selbst ganz toll zu finden, dann ist das glaube ich der Anfang vom Ende. Und diese Einteilungen: ›Das ist jetzt ein typisch deutscher Geiger‹ oder ›das klingt jetzt sehr amerikanisch‹ – oder russisch oder was auch immer, das hat man gar nicht mehr so sehr. Das hat sich mit den verschiedenen, so genannten Violinschulen so vermischt, weil jeder überall spielen geht und jeder von überall her beeinflusst wird.

Das Beste, was wir tun können, ist, deutlich zu machen, dass es auf diese Musik ankommt. Dass diese Musik jetzt nicht einfach nur zur Verschönerung dieser Welt da ist, sondern zur Vergeistigung der Menschheit.

WAS WAR DAS EXKLUSIVSTE KONZERTANGEBOT, DAS SIE JE BEKOMMEN HABEN? ZUM BEISPIEL: »WIR SIND VIER LEUTE UND WIR WÜRDEN GERN HÖREN, WIE SIE DIE BACH-PARTITEN SPIELEN UND ZAHLEN SEHR VIEL GELD DAFÜR«? Solche Dinge mache ich eigentlich nicht. Ich spiele gerne in kleinen Räumen und kleinen Konzertreihen – je intimer, umso besser – aber wenn Leute wirklich sagen, wir wollen das jetzt nur für uns haben, das ist mir dann doch sehr suspekt. Außer es ist ein Hauskonzert oder für Freunde … aber so exklusiv, das riecht sehr nach Elitärem – das spricht dann eher dafür, dass das Leute sind, denen es nicht ums Hören geht. DAS WAR AUCH SCHON ETWAS, DAS SIE ABLEHNEN MUSSTEN? Naja, das kommt dann heutzutage so in Form von ›Wir zahlen Ihnen unglaublich viel


Geld und Sie spielen jetzt auf meiner Geburtstagsfeier auf meinem Schlösschen‹. Das mache ich nicht. UNTER WELCHEN UMSTÄNDEN KÖNNEN SIE SICH VORSTELLEN, DASS AUCH SIE SAGEN »ES WIRD JETZT ERFORDERLICH, DASS ICH ETWAS TUE, DASS ICH MICH POSITIONIERE«? Ich bin ja jetzt nicht in einer Starsituation wie zum Beispiel Robert Redford. Wenn man aus seiner Kunst heraustreten möchte, dann macht das natürlich schon Sinn für jemanden, den jeder kennt und jeder respektiert und den eine große Masse bewundert. Das ist ja bei der

klassischen Musik nicht unbedingt der Fall. Sie haben ja dort hauptsächlich mit Leuten zu tun, die doch eher wohlsituiert sind und vor allem sehr gute Schulbildung haben. Ich weiß nicht, ob das jetzt so viel Sinn machen würde, wenn ich hier einen großen öffentlichen Brief politisch gefärbt in die Bildzeitung setze, da kennt mich ja keiner. Es ist eben tatsächlich so, dass wir mit dieser Art von Musik nur an einen ganz kleinen Prozentsatz der Bevölkerung herankommen. Trotzdem finde ich das Beste, was wir tun können, ist, deutlich zu machen, dass es auf diese Musik ankommt. Dass diese Musik jetzt nicht einfach nur zur Verschönerung dieser Welt da ist, sondern zur Vergeistigung der

Menschheit. Das ist nicht nur Geplänkel, da kann man so vielschichtig Dinge in einem Menschen aufwühlen, was andere Künste selten schaffen. Deswegen denke ich, dass ein klassischer Musiker heutzutage, und auch sicher schon vorher und auch in Zukunft, eine ganz wichtige, auch versteckt politische Rolle übernimmt. Denn es kommt dann auch darauf an, wie sich der klassische Musiker präsentiert und mit welcher Ernsthaftigkeit oder mit welcher Intensität und mit welcher Reinheit er diese Musik interpretiert und weitergeben kann, dass das bei dem jeweiligen Zuhörer so ankommt, dass der merkt, das ist etwas, was mein Inneres verändern kann. www.van-magazin.de

Begeisterung Begeisterung verbindet. verbindet. Umso Umso schöner, schöner, wenn wenn man man sie sie teilen teilen kann. kann. Souveräne Souveräne Solisten Solisten im präzisen im präzisen Zusammenspiel Zusammenspiel mit einem mit einem engagierten engagierten Ensemble. Ensemble. Wo solche Wo solche Höchstleistungen Höchstleistungen Anklang Anklang fi nden,fisind nden,Sie sind Sie immerimmer in guter in Gesellschaft! guter Gesellschaft! Wir wünschen Wir wünschen Ihnen Ihnen viel Vergnügen viel Vergnügen beim Soli beim Deo Soli Gloria Deo Gloria Braunschweig Braunschweig Festival Festival 2017. 2017. www.pwc.de www.pwc.de

© 2017 PricewaterhouseCoopers © 2017 PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezieht „PwC“ sich bezieht auf die PricewaterhouseCoopers sich auf die PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitglieds die eine gesellschaft Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers der PricewaterhouseCoopers InternationalInternational Limited (PwCIL) Limited ist. (PwCIL) ist. Jede der Mitglieds Jede der gesellschaften Mitgliedsgesellschaften der PwCIL istder eine PwCIL rechtlich ist eine selbstständige rechtlich selbstständige Gesellschaft.Gesellschaft.

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DONNERSTAG, 8. JUNI | 20.00 UHR | KIRCHE ST. NICOLAI NORDSTEIMKE

Lesen, lauschen, lachen: LUTHER!

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Bernhardt Brand-Hofmeister ORGEL

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er Schauspieler Samuel Koch gestaltet in der Kirche St. Nicolai in Nordsteimke mit einem Programm unter dem Titel „Lesen, Lauschen, Lachen: Luther!“ einen Vorabend zur Festival­ eröffnung von Soli Deo Gloria. Gemeinsam mit dem Organisten Bernhardt Brand-Hofmeister präsentiert er einen heiteren und zugleich nachdenklichen Abend zum Thema Reformation aus Wort und Musik. Samuel Koch ist seit 2014 Ensemblemitglied am Staatstheater Darmstadt. Er ist darüber hinaus als Buchautor tätig, unterstützt mehrere soziale Projekte und ist Reformationsbotschafter der Evangelischen Kirche in Deutschland. Er bezeichnet Martin Luther als sein Vorbild, weil dieser sich gegen viele Widerstände durchgebissen hat. So hat Koch sein Schauspielstudium nach dem schweren Unfall bei „Wetten, dass…?“ 2010 erfolgreich beendet, obwohl er als Querschnittsgelähmter an den Rollstuhl gefesselt war, und alle Theaterexperten meinten, dass dieses Unterfangen sinnlos sei. Bernhardt Brand-Hofmeister ist Konzertorganist und seit 2011 hauptamtlicher Organist an der großen Steinmeyer-Orgel der Johanneskirche in Darmstadt. Die Improvisation in allen Stilrichtungen ist Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit. Es entstanden Beiträge für Rundfunk und Fernsehen, wie z.B. bei ZDF Fernsehgottesdiensten, er spielte CDs ein und trat bei besonderen Veranstaltungen wie Jazz-Gottesdiensten auf. Es ist ihm dabei wichtig, junge Menschen für die Orgel zu begeistern und zu zeigen, dass die Orgel auch unterhalten kann.


Samuel Koch WORTE

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Collegium 1704

Collegium Vocale 1704 18


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA as Prager Barockorchester Collegium 1704 und das Vokalensemble Collegium Vocale 1704 wurden im Jahr 2005 von dem Cembalisten und Dirigenten Václav Luks anlässlich des Projektes BACH-PRAHA-2005 gegründet. Dieses war der Impuls für eine regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Musikfestival Prager Frühling. Seit dem Jahr 2007, nach dem großen Erfolg mit Zelenkas Missa votiva in Frankreich, ist Collegium 1704 regelmäßig zu Gast bei Festivals in ganz Europa und nutzt dies – neben der Aufführung bedeutender Kompositionen des Barock-Repertoires – um vor allem das Werk tschechischer Meister wie Jan Dismas Zelenka oder Josef Mysliveček bekanntzumachen. Im Jahr 2008 initiierte Collegium 1704 die Konzertreihe Musikbrücke Prag – Dresden, die an die reichen kulturellen Traditionen beider Städte anknüpft. Die Zusammenarbeit mit renommierten Solisten wie Magdalena Kožená, Vivica Genaux und Bejun Mehta führte im Jahr 2012 zu einem zweiten Konzertzyklus mit dem Titel Collegium 1704 im Rudolfinum (anfangs: Opernstars des Barock), der in der Konzerthalle des Prager Rudolfinums veranstaltet wird. Im Herbst 2015 wurden diese beiden Reihen zu einem Konzertzyklus zusammengeführt, der parallel in Prag und Dresden erklingt. Nach dem internationalen Erfolg der Opernaufführung von Händels Rinaldo (Regie Louise Moaty) im Jahr 2009 folgte 2013 die Wiederentdeckung des tschechischen Komponisten Josef Mysliveček. Seine Oper L’Olimpiade (Regie Ursel Herrmann) wurde von Collegium 1704 in Prag, Caen, Dijon, Luxemburg und am Theater an der Wien präsentiert und für die International Opera Awards 2014 nominiert Kürzliche und anstehende Gastspiele beinhalten Auftritte bei den Salzburger Festspielen 2015 (wie auch 2016), in der Berliner Philharmonie, am Thea-

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ter an der Wien, im Konzerthaus Wien, im Concertgebouw Amsterdam, in der Wigmore Hall, in Versailles, beim Lucerne Festival, beim Chopin Festival sowie als artist in residence bei den renommierten Festivals Alte Musik Utrecht und Bachfest Leipzig. Radio- und Fernsehsender in ganz Europa übertragen regelmäßig Konzerte von Collegium 1704. Im Jahr 2014 produzierten Collegium 1704 und Václav Luks zusammen mit Bejun Mehta eine DVD von C. W. Glucks Oper Orfeo ed Euridice und arbeiteten im Rahmen der BBC-Produktion Mozart in Prag mit Ronaldo Villazon zusammen. Aufnahmen für die Labels Accent, Zig-Zag Territoires und Supraphon erhalten regelmäßig internationale Anerkennung durch die Öffentlichkeit wie auch durch Rezensenten (einschließlich Diapason d’Or, Coup de Coeur von TV Mezzo, der Nominierung für den Gramophone Award des Magazins Gramophone u.a.). Im September 2013 veröffentlichte Collegium 1704 die lang erwartete Aufnahme von J. S. Bachs Messe in h-Moll. Die aktuellste CD-Veröffentlichung ist die Missa Divi Xaverii von J. D. Zelenka. Im Jahr 2015 feierten Collegium 1704 und Collegium Vocale 1704 ihr 10-jähriges Bestehen. Und warum ist Collegium nach dem Jahr 1704 benannt? Das Collegium fühlt sich dem Komponisten Jan Dismas Zelenka besonders verpflichtet, der mit der großartigen Aufführung des Jesuitenspiels Via Laureata die Bühne der europäischen Musikszene des 18. Jahrhunderts betrat. Und dies geschah unter Beteiligung von Musikern aus dem ganzen Lande in der Prager St.-NicolasKirche im August des Jahres 1704.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA eine musikalische Ausbildung begann Václav Luks am Pilsener Konservatorium und an der Akademie der musischen Künste in Prag (Horn, Cembalo). Er führte seine Studien an der Schweizer Schola Cantorum Basiliensis mit Spezialisierung auf die Erforschung Alter Musik bei J.-A. Bötticher und J. B. Christensen in den Fächern historische Tasteninstrumente und historische Aufführungspraxis fort. Bereits während seines Studiums in Basel sowie in den darauffolgenden Jahren konzertierte er als Hornsolist bei der Akademie für Alte Musik Berlin in ganz Europa und in Übersee (USA, Mexiko, Japan). Nach seiner Rückkehr nach Prag im Jahr 2005 entwickelte er Collegium 1704, das bereits seit 1991 während seiner Zeit als Student an der Musikhochschule als Kammerorchester bestand, zu einem Barockorchester weiter und gründete Collegium Vocale 1704. Den entscheidenden Impuls dafür gab das von Václav Luks initiierte Projekt BACH – PRAG – 2005, in dessen Rahmen er Hauptwerke von J. S. Bach

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in Prag aufführte und das den Beginn der regelmäßigen Zusammenarbeit mit dem Internationalen Musikfestival Prager Frühling markiert. Unter der Leitung von Václav Luks etablierte sich Collegium 1704 rasch zu einem der weltweit führenden auf die Interpretation der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts spezialisierten Ensembles. Zudem trug Luks mit seinen internationalen künstlerischen Aktivitäten wesentlich zur Wiederentdeckung der Musik der böhmischen Komponisten Jan Dismas Zelenka und Josef Mysliveček bei. Im Jahr 2008 gründete er die erfolgreiche Konzertreihe Musikbrücke Prag – Dresden. Seit Herbst 2012 ist Václav Luks regelmäßig im Prager Rudolfinum zu erleben, wo er gemeinsam mit Collegium 1704 einen Konzertzyklus realisiert, dessen Dramaturgie die Gesangskunst des 17. und 18. Jahrhunderts in den Mittelpunkt stellt. Im Herbst 2015 wurden diese beiden Reihen zu einem Konzertzyklus zusammengeführt, der parallel in Prag und Dresden veranstaltet wird. Kürzliche und anstehende Gastspiele von Václav Luks und seinen Ensembles

beinhalten Auftritte bei den Salzburger Festspielen 2015 (wie auch 2016), in der Berliner Philharmonie, am Theater an der Wien, im Konzerthaus Wien, im Concertgebouw Amsterdam, in der Wigmore Hall, in Versailles, beim Lucerne Festival, beim Chopin Festival sowie als artist in residence bei den renommierten Festivals Alte Musik Utrecht und Bachfest Leipzig. Neben der intensiven musikalischen Beschäftigung mit Collegium 1704 arbeitet er mit weiteren namhaften Ensembles wie dem La Cetra Barockorchester Basel und dem Dresdner Kammerchor zusammen. Václav Luks spielte als Dirigent wie auch als Kammermusiker Aufnahmen für die Label ACCENT, Supraphon und Zig-Zag Territoires ein und wurde als Juror zu internationalen Wettbewerben eingeladen (Johann-Heinrich-Schmelzer-Wettbewerb Melk, Internationaler Musikwettbewerb Prager Frühling, Bach-Wettbewerb Leipzig). Seit 2013 unterrichtet er an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden das Fach Chordirigieren.

Václav Luks LEITUNG

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m 1. Februar 1733 starb in Warschau der polnische König und sächsische Kurfürst Friedrich August I., den man August den Starken nannte; ein halbes Jahr Staatstrauer wurde anberaumt. In dieser Zeit kam in der Staatskanzlei in Dresden ein Paket aus Leipzig an, es enthielt ein umfangreiches Konvolut von Notenblättern mit einer Widmung an den Nachfolger Friedrich August II.. Absender war Johann Sebastian Bach, Thomaskantor zu Leipzig. Die Notenblätter enthielten Teile einer Messe und ein Widmungsschreiben mit der Bitte, dem Absender den Titel eines Dresdner „Hof-Compositeurs“ zu verleihen. Bach strebte nach zehn Jahren Thomas-Kantorat nach einer attraktiveren Wirkungsstätte, und die Residenzstadt Dresden schien sie zu bieten mit ihrer hervorragenden Kapelle, der Oper und der großen Zahl erstklassiger Musiker und Tonsetzer, unter ihnen Jan Dismas Zelenka, Georg Pisendel und Johann Adolph Hasse, mit denen Bach befreundet war. Aber die Stelle war bereits Johann Adolph Hasse versprochen. So begann die Geschichte der h-Moll-Messe: mit einem Fehlstart. Bach hatte nur ein Fragment nach Dresden geschickt, die ersten beiden Teile der lateinischen Messe („Kyrie“ und „Gloria“), und auch nur als Stimmensatz, und die Partitur vorsorglich behalten, was belegt, dass er an eine tatsächliche Aufführung dachte. Aus der wurde nichts, obwohl sein Sohn Wilhelm Friedemann, im gleichen Jahr zum Organisten der Dresdner Sophienkirche berufen, sich darum bemühte. Der Vater blieb in Leipzig, und um 1745 erinnerte er sich auch des unvollendeten Messe-Fragments. Er holte die 95 Seiten hervor und ergänzte sie mit den noch fehlenden Teilen, dem „Credo“, „Sanctus“ und „Osanna“ zu einer „Missa tota“, einer vollständigen Messe. Vielleicht erhoffte er wieder eine Aufführung in Dresden, dafür spräche die opulente Besetzung, für die in Leipzig die Kräfte fehlten. Doch was ihn letzt-

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FREITAG, 9. JUNI 2017 20.00 UHR KAISERDOM KÖNIGSLUTTER

JOHANN SEBASTIAN BACH 1685–1750 MESSE IN h-MOLL BWV 232 COLLEGIUM VOCALE 1704 COLLEGIUM 1704 VÁCLAV LUKS LEITUNG JENNY HÖGSTRÖM SOPRAN I

ANETA PETRASOVÁ SOPRAN II

JULIA BÖHME ALT

VÁCLAV ČÍŽEK TENOR

JAROMÍR NOSEK BASS

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lich antrieb, wissen wir nicht. Jedenfalls stellte er den Instrumentalzyklen ein kirchenmusikalisches Kompendium zur Seite, das die Spielarten der sakralen Musik zusammenfasste. Das erklärt ihre stilistische Buntheit, die ihr manche Kritiker vorwarfen, wie auch die Tatsache, dass er vieles aus älteren Werken übernahm. Es wurden noch einmal mehr als 90 Partiturseiten, und unter den letzten Takt setzte er die Buchstaben „DSGl“ – Deo soli Gloria, Gott allein die Ehre. Das war Dezember 1749; das Jahr darauf starb er. Eine Aufführung hat er nicht erlebt. Sein Sohn Carl Philipp Emmanuel erbte das Manuskript und nannte es „Große catholische Messe“, weil es im Unterschied zu den „Kleinen“ oder „Lutherischen“ Messen den gesamten lateinischen Messetext präsentierte. Der heute gebräuchliche Name h-Moll-Messe geht auf Carl Friedrich Zelter zurück, der sie als „das größte Kunstwerk das die Welt je gesehen hat“ pries und 1811 Teile daraus mit der Berliner Sing-Akademie einstudierte. Zu einer ersten öffentlichen Aufführung in Berlin kam es erst 1834 und 1835. In Braunschweig war man schneller. Die Braunschweiger Sing-Akademie unter ihrem Leiter Friedrich Konrad Griepenkerl hat die Messe bereits um 1830 aufgeführt. Von den beiden großen Passionen Bachs können wir sagen, was sie erzählen – die Geschichte von Tod und Auferstehung Jesu Christi nach den Evangelisten Matthäus und Johannes. Aber was erzählt die Messe? In diesem Verständnis gibt es gar keine Geschichte; sie reiht in lateinischer Fassung sank­ tionierte liturgische Preislieder, theologische Dogmen und Gebete aneinander. Doch aus diesem Stoff wird unter den Händen Bachs ein Menschheitsdrama von universaler Dimension. Das dunkle Proszenium ist die Welt, der lichte Horizont der Himmel, und die Akteure die leidenden und hoffenden Menschen auf ihrem Wege zu Gott. Das „Kyrie eleison“ strahlt in irdischem Glanz und erhebender Pracht, durch-


aus dem Text entgegen, der eher einen demütigen Ausdruck erwarten ließe, denn er lautet „Herr, erbarme dich“, und die folgende Aria, die nun auch Christus‘ Erbarmen beruft, ist im neapolitanischen Stil gehalten – zwei Frauen, assistiert von den unisono spielenden Violinen, die das vokale Duett zu einem Trio vervollständigen, singen einen süßen Gesang. Er mündet in ein noch gewaltigeres „Gloria“ mit Pauken und Trompeten, Flöten, Oboen, Fagotten und Violinen, ausgeführt in kunstvollem modernen Kontrapunkt; wir befinden uns auf einer Insel des Lichts und des Wohlgefallens, oder wie in einer Loge der königlichen Oper, denn für royale Präsentation war diese Musik ursprünglich bestimmt gewesen. Doch dann ist der Zauberglanz wie weggeblasen, und wir sind auf eine lange Straße versetzt, Teil einer ins Ungewisse dahinziehenden, doch hoffnungsfrohen Menge: „Gratias agimus tibi“ – wir danken dir, Herr! Das ist kein Schauspiel mehr, jetzt an sind die Zuhörer selbst Akteure, es ist ihr Dankgesang, nicht einer, der ihnen bühnenmäßig demonstriert wird. Auf engstem Raum setzen die vier Chorstimmen nacheinander ein, „colla parte“ ist jeder verstärkend ein Instrument zugewiesen. Der Schluss wird vorausgenommen, das berühmte „Dona nobis pacem“. Doch der gregorianische Cho-

Zu Luthers Kirche gehören Musik und Gesang. Als er 1526 den Gottesdienst reformierte und die »Deudsche Messe« einführte, nahm das Lied darin einen zentralen Platz ein. ral verhallt zunächst, ein neues Fest hebt an. In seinem Bach-Buch schildert John Eliot Gardiner das nun Folgende als ein getanztes Mysterium: Auf ein Duett („Domine Deus“) im galanten Stil folgt eine pathetische Sarabande („Qui tollis“), eine raschere Gigue („Qui sedes“), dann die Bass-Arie „Quoniam tu solus sanctus“ mit obligatem Horn als Polonaise und zuletzt auf die Textzeilen „Cum sancto spiritu“ ein ekstatischer Tanz. Mit ihm endet der erste, der „Dresdner“, Teil der h-Moll-Messe. Das folgende „Symbolum Nicenum“ (Credo) beginnt mit einem weiteren gregorianischen Choral im „stile antico“, dessen gedehnte Melodie mit einer unruhigen, wellenartigen Basslinie unterlegt ist. Entfernt erinnert das Choralmotiv an das Finale von Mozarts „Jupiter-Sinfonie“. Das Bekenntnis („Credo in unum Deum“) wandelt sich zur

dramatischen Handlung; in den nächsten S­tücken dramatisiert die Musik die Kreuzigungsgeschichte, so gelangen wir auf den tiefsten und dunkelsten Punkt der Messe, die Kreuzigung selbst („Crucifixus, passus et sepultus est“). Der archaische, erschütternde „Crucifixus“-Teil mit seinen kühnen Dissonanzen ist die älteste Partie der Messe, der unmittelbar davor stehende kurze Chorsatz „Et incarnatus est“ die jüngste, wahrscheinlich sogar die letzte Bachsche Komposition. An die Kreuzigungsgeschichte schließt sich mit dem „Sanctus“ ein weiteres Preislied an, das ebenfalls zu den älteren Schichten der Partitur gehört, denn es wurde bereits Weihnachten 1724 komponiert und in der Thomaskirche aufgeführt. Danach kommen wir am verheißenen Ziel an – „Osanna, gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn“ – und sehen uns doch wieder am Anfang. Der Weg der Verheißung endet nicht, die Welt ist noch in Unordnung und die Bitte um Frieden notwendiger denn je: als Bach 1745 die Arbeit an der Messe wieder aufnahm, endete der siebenjährige Krieg, der in Sachsen und Leipzig schreckliche Verwüstungen hinterlassen hatte, und so erklingt am Schluss die Friedensbitte, deren Melodie wir aus dem „Gloria“ bereits kennen. Aus dem Dankgesang („Gratias agimus“) wird nun ein Bittgesang „Dona nobis pacem“.

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Musica Fiata Musica Fiata wurde 1976 gegründet als Ensemble für die Aufführung der Musik des 16.und 17.Jahrhunderts auf historischen Instrumenten. Ein ausführliches Studium der Quellen zur Aufführungspraxis, der

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originalen Instrumente dieser Epoche und ihrer Spieltechniken führte zur Entwicklung einer sprechenden Spielweise und eines charakteristischen Klanges, die selbst die dichtesten Strukturen transparent erscheinen lassen. Aufgrund ihrer aufregenden und virtu-


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA

La Capella Ducale ls Ergänzung zu Musica Fiata wurde La Capella Ducale 1992 von Roland Wilson gegründet, um eine stilistische Einheit bei größeren Werken zu gewährleisten. Von den Kritikern ist dem Ensemble eine bestechende Leistung sowohl im Solo- als auch im Ensemblebereich attestiert worden. Ebenfalls wird die außerordentliche homogene Verbindung mit dem ­Instrumentalklang hervorgehoben. Der Erfolg der ersten CD für Sony mit Musik aus Monteverdis Selva Morale brachte Einladungen zu Festivals überall in Europa. Weitere CD-Aufnahmen, u.a. „The Feast of San Rocco“ mit Musik von Giovanni Gabrieli, haben den Ruf des Ensembles gefestigt. Italienische Barockmusik vor allem des 17. Jahrhunderts ist einer der Schwerpunkte des

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Ensembles geblieben; 2008 haben Musica Fiata und La Capella Ducale Monteverdis 1610 Vespro bei den Schwetzinger Festspielen aufgeführt und gastierten 2010 in Spanien und Portugal damit. Die 2009 bei Deutsche Harmonia Mundi erschienene CD mit Vespermusik von Antonio Vivaldi wurde im International Record Review hoch gelobt. Der zweite Schwerpunkt des Ensembles liegt bei der deutschen Kirchenmusik vor Bach, z.B. mit den wiederentdeckten Psalmen Davids von Johann Hermann Schein und Kantaten von Johann Schelle. Zu den bisherigen Aufnahmen mit Musik von Heinrich Schütz kam im Frühjahr 2010 eine Veröffentlichung der „Symphoniae Sacrae I“ bei Deutsche Harmonia Mundi hinzu. 2011 erschien eine Aufnahme der „Musiche Concertate“ Madrigale von Giovanni Valentini.

Roland Wilson LEITUNG

oland Wilson studierte Trompete am Royal College of Music, London. Aufgrund seines Interesses für die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts lernte er autodidaktisch Zink und ging zu weiteren Studien an das Konservatorium in Den Haag. Als Gründungsmitglied und Leiter von Musica Fiata hat er bei führenden Festivals in ganz Europa gespielt und war häufig Gast bei anderen renommierten Ensembles. Seine musikalischen Aktivitäten konzentrieren sich heute auf Musica Fiata und La Capella Ducale und schließen Forschung der Aufführungspraxis und eigene Editionen von bisher unbekannten Werken ein. Seine Arbeit ist auf zahlreichen CDs dokumentiert. Seine hervorragenden Kenntnisse der Musik des 17. Jahrhunderts haben ihm

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osen Aufführungen wurde Musica Fiata zu führenden Festivals wie z.B., Brügge, Prag, Kopenhagen, Utrecht, Barcelona, Venedig, Ravenna, Israel, Ansbach, Graz, Breslau, York, eingeladen. Außer zahlreichen Rundfunk- und Fernsehaufnahmen hat Musica Fiata 30 CDs bei Sony Classical, Deutsche Harmonia Mundi, Pure Classics und CPO eingespielt, wovon mehrere mit internationalen Schallplattenpreisen ausgezeichnet worden sind. 2012 erscheint die Aufnahme der „Sonate à 2, 3, 4, e 5“ von Johann Rosenmüller bei CPO .

ermöglicht, viele unvollständig überlieferte Werke von Komponisten wie Biber, Scheidt, Valentini, Buxtehude und Gabrieli stilecht zu rekonstruieren. Seine Aufführungen sind gekennzeichnet durch die Kombination von historischer Genauigkeit mit künstlerischer Inspiration.

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ine „Reformationsmesse“ sucht man vergeblich in den Werkverzeichnissen von Michael Praetorius und Heinrich Schütz, wohl findet man aber die zwölf Kompositionen, aus denen sie sich zusammensetzt. Der Dirigent und Musikwissenschaftler Roland Wilson hat diese Messe aus Vorhandenem rekonstruiert, denn in dieser oder ähnlicher Form wurde sie zum 100. Jahrestag der Reformation in der Dresdner Hofkirche aufgeführt. Der sächsische Kurfürst Johann Georg hatte eine besonders prächtige und aufwändige Ausgestaltung des Lutherischen Reformations-Centenariums gewünscht und die beiden Komponisten Heinrich Schütz, gerade als Hoforganist nach Dresden berufen, und Michael Praetorius, zuerst in Braunschweiger und dann in Dresdner Diensten, damit beauftragt. Der Oberhofprediger Mathias Hoé von Hoénegg rühmte in seinen nachgelassenen Aufzeichnungen die „herrliche Musica“ der Festgottesdienste und den ungewöhnlichen Aufwand an Mitwirkenden: „11 Instrumentisten, 11 Cantoribus, 3 Organisten, 4 Lautenisten, 1 Theorbisten, 3 Organistenknaben, 5 Discantisten mit Abwechslung allerlei Sorten von herrlichen Instrumenten mit zweien Orgelwerken, 2 Regalen, 3 Clavicymbeln, nebst 18 Trompetern und zweien Heerpaukern unter der Leitung von Heinrich Schütz aus Weißenfels.“ Der Oberhofprediger überlieferte auch wenigstens teilweise das Programm, so dass Roland Wilson auf einigermaßen sicheren Auskünften fußte. Einiges ergänzte er, insbesondere mit Lutherchorälen in der Bearbeitung von Praetorius, dem unbestrittenen evangelischen Choralmeister (er hinterließ allein 20 Bände Choralbearbeitungen mit mehr als eintausend Liedern). Als besonders prachtvoll erwähnte Hoénegg den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“, den Heinrich Schütz für acht Stimmen gesetzt und mit reichem Instrumentarium, darunter „Trompeten und Heerpauken“, ausgestattet hatte. Sein Ma-

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SONNTAG 11. JUNI 2017 17.00 UHR HAUPTKIRCHE WOLFENBÜTTEL

MICHAEL PRAETORIUS 1571–1621 HEINRICH SCHÜTZ 1585–1672

REFORMATIONSMESSE LA CAPELLA DUCALE MUSICA FIATA ROLAND WILSON LEITUNG HEINRICH SCHÜTZ EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT SWV DEEST SINGET DEM HERRN EIN NEUES LIED À 8 SWV 35 MICHAEL PRAETORIUS MISSA GANTZ TEUDSCH: GLORY SEY GOTT ETC. CUM SINFONIIS KYRIE GLORIA HEINRICH SCHÜTZ NUN LOB, MEIN SEEL, DEN HERREN SWV 41 MICHAEL PRAETORIUS CREDO: WIR GLAUBEN ALL AN EINEN GOTT

HEINRICH SCHÜTZ NICHT UNS, HERR, SONDERN DEINEM NAMEN GIB EHRE SANCTUS: ESAIA, DEM PROPHETEN, DAS GESCHAH SWV 496 MICHAEL PRAETORIUS AGNUS DEI: CHRISTE, DU LAMM GOTTES À 8 DER SILBER DURCHS FEUER SIEBENMAL (ACH GOTT IM HIMMEL, SIEH DAREIN) HEINRICH SCHÜTZ VERLEIH UNS FRIEDEN À 5 SWV 372/373 DANKET DEM HERREN, DENN ER IST FREUNDLICH

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nuskript ist nur teilweise überliefert, so dass es Wilson stilgerecht ergänzte. Die „Reformationsmesse“ ehrt Luthers Andenken und rückt einen Teil unserer Musikkultur in das Licht der Öffentlichkeit, der vielen Musikfreunden wenig bekannt ist. Das hat viele Gründe; einer davon ist, dass das Instrumentarium von Schütz und seinen Zeitgenossen nicht in das klassische Sinfoniekonzert passt. Die meisten alten Instrumente gehören nicht zum modernen Orchester, und der Chor, in Sinfoniekonzerten eher die Ausnahme, spielt die Hauptrolle. Aber auch die modernen Ohren passen hier. Sie vermissen die Oberstimmen-Melodie und die Dur-Moll-Tonalität; auch auf das Wort kommt es uns weniger an. Das ist in der RenaissanceMusik grundsätzlich anders. Die lineare Melodie verschwindet da im polyphonen Geflecht, die alten Kirchentonarten verfremden die Harmonik und das Wort dominiert. Die Musik ist dazu da, es zu verdeutlichen, und nicht dazu, es in einem romantischen Stimmungsüberschwang aufzulösen. Diese Wertschätzung des Wortes zeichneten das weltliche Madrigal wie die geistliche Motette aus, und Luther hat das übernommen und in der musikalischen Tradition der evangelischen Kirche verankert. „Im Anfang ist das Wort“ war sein unverrückbares Axiom. Heinrich Schütz war der bedeutendste der deutschen Renaissance-Komponisten. Er studierte in Venedig bei Giovanni Gabrieli, dem genialen Musikdirektor von San Marco, und verbrachte sein langes Musikerleben am Dresdner Hof, wohin ihn der sächsische Kurfürst Johann Georg I. berief. Michael Praetorius stammte aus Creuzburg bei Eisenach, wo er 1571 als Sohn eines lutherischen Pfarrers geboren wurde. Er begann seine Laufbahn als Organist in Frankfurt/Oder und trat von 1595 bis 1613 als Sekretär und Hofkapellmeister in die Dienste des Fürsten Heinrich Julius von BraunschweigWolfenbüttel. Später wirkte er unter anderem in Dresden und Sondershau-


sen und starb 1621 im Alter von 50 Jahren in Wolfenbüttel. Die Pracht der Dresdner Reformationsfeierlichkeiten stach gegen die allgemeine Verelendung des Landes stark ab. Ein Naumburger Chronist bezeichnete die Epoche als „mahnenden Schatten einer traurigen Zukunft“ und fuhr fort: „Fanatismus, Rohheit und Beschränktheit gingen Hand in Hand. Das große Sterben wollte nicht enden; ein Komet stieg schreckhaft am Himmel auf, und unheimliches Erdbeben erfüllte die Seele mit bleicher Furcht. Viel sprach man vom Teufel und dass das Ende der Welt nahe sei.“ Das war die Kehrseite der fürstlich ausgestatteten Luther-Tage, und die Wolken, die sich damals am politischen Himmel zusammenzogen, waren nicht weniger bedrohlich. Ein halbes Jahr vor den Feierlichkeiten hatte ein spektakuläres Fürstentreffen in Dresden stattgefunden, das der kranke

Die »Reformationsmesse« ehrt Luthers Andenken und rückt einen Teil unserer Musikkultur in das Licht der Öffentlichkeit, der vielen Musikfreunden wenig bekannt ist. Kaiser Matthias einberufen hatte, um die Nachfolge zu regeln. Das hieß, er wünschte einen weiteren Habsburger auf dem Thron. Aber es stand pari-pari – drei lutherisch-evangelischen Kurfürsten standen drei katholische gegenüber, die siebente Stelle war noch vakant. Sie entschied, ob es einen katholischen

oder lutheranischen Kaiser geben sollte. Letzteres war dem Habsburger undenkbar. Er zog den nominell evangelischen Johann Georg I. auf seine Seite und präsentierte den erzkatholischen steirischen Erzherzog Ferdinand als seinen Kandidaten. Der sächsische Kurfürst musste seinen gläubigen Untertanen jedoch beweisen, dass alles nur Diplomatie war und er dem Luthertum nicht abgeschworen hatte. Das mag ein Grund gewesen sein, warum er das Thesen-Centenarium besonders festlich und großartig ausstattete. Der diplomatische Coup gelang, aber die späteren Folgen waren furchtbar. Ein halbes Jahr nach dem Dresdner Lutherfest stürzten die protestantischen Böhmen die kaiserlichen Gesandten aus dem Fenster des Prager Hradschins und lösten einen Glaubenskrieg aus, der dreißig Jahre dauern sollte. Die Gegenreformation begann.

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Barockorchester Stuttgart as 1985 von Frieder Bernius gegründete Barockorchester Stuttgart ist auf die Musik des 18. Jahrhunderts spezialisiert. Die Musiker sind freiberuflich tätig und gehören zu den führenden Vertretern der Historischen Aufführungspraxis. Sie musizieren ausschließlich auf Originalinstrumenten. In Zusammenarbeit mit dem von Frieder Bernius 1987 ins Leben gerufenen Festival Stuttgart Barock war das Orchester als Pionier für historisch informierte Auf-

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führungen tätig. Ein Schwerpunkt im Repertoire bildet die Wiederaufführung von Opern des 18. Jahrhunderts (Rameau, Jommelli, Naumann, Gluck) sowie die Ausgrabung musikhistorischer Schätze aus dem südwestdeutschen Raum (Kalliwoda, Knecht, Holzbauer). Von den CD-Produktionen des Barockorchesters Stuttgart bei Carus und Sony wurden viele mit Schallplattenpreisen ausgezeichnet, darunter Bachs h-Moll Messe, das Mozart Requiem sowie die Einspielung der Messen Jan Dismas Zelenkas.


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA

Kammerchor Stuttgart er Kammerchor Stuttgart gilt als eines der besten Ensembles seiner Art. In den über 45 Jahren seines Bestehens hat Frieder Bernius den Chor zu einer von Publikum und Presse gefeierten Ausnahmeerscheinung geformt. Das Repertoire des Chores reicht vom 17. bis zum 21. Jahrhundert. „Kein Superlativ ist verschwendet, um diesen Chor zu rühmen“, schrieb die ZEIT. Das Ensemble erhält Einladungen zu allen wichtigen europäischen Festivals

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und konzertiert in renommierten Konzerthäusern. Es war zum 1., 4., und 10. Weltsymposion für Chormusik nach Wien, Sydney und Seoul eingeladen. Seine weltweite Reputation dokumentieren regelmäßige Nordamerika- und Asientourneen seit 1988 sowie eine Südamerika-Tournee. Seit 1984 ist das Spitzenensemble zudem alle zwei Jahre in Israel zu Gast, so zuletzt im September 2015 im Rahmen der fünfzigjährigen diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA ie Arbeit von Frieder Bernius findet weltweit große Anerkennung. Als Dirigent wie als Lehrer ist er international gefragt. Seine künstlerischen Partner sind vor allem der Kammerchor Stuttgart, das Barockorchester Stuttgart, die Hofkapelle Stuttgart und die Klassische Philharmonie Stuttgart. Den Grundstein für seine außergewöhnliche Karriere legte 1968 die Gründung des Kammerchors Stuttgart, den er bald zu einem der führenden Ensembles seiner Art machte. Die Gründung des Barockorchesters Stuttgart und der Klassischen Philharmonie Stuttgart 1991 dokumentiert die stilistische Vielseitigkeit des Dirigenten Frieder Bernius: während sich das Barockorchester auf historischen Instrumenten der Musik des 18. Jahrhunderts widmet, spielt die Klassische Philharmonie auf modernem Instrumentarium Werke des 19. bis 21. Jahrhunderts. Die 2006 ins Leben gerufene Hofkapelle Stuttgart schließlich ist ein Spezialensemble für die Musik des frühen 19. Jahrhunderts. Ob Vokalwerke von Monteverdi, Bach, Händel, Mozart, Beethoven, Fauré und Ligeti, Schauspielmu-

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siken von Mendelssohn oder Sinfonien von Haydn, Burgmüller und Schubert – stets zielt die Arbeit von Frieder Bernius auf einen am Originalklangideal orientierten, zugleich unverwechselbar persönlichen Ton. Wiederentdeckungen von Opern des 18. Jahrhunderts widmet er sich ebenso wie Uraufführungen zeitgenössischer Kompositionen. Ein besonderes Interesse gilt der südwestdeutschen Musikgeschichte. Konzertreisen führten ihn zu allen wichtigen internationalen Festivals. Mehrere Male leitete er den Weltjugendchor, viermal gastierte er bei den Weltsymposien für Chormusik und arbeitet ständig mit den nationalen Jugendchören der Schweiz, Frankreichs und Italiens. Als Gastdirigent hat er unter anderem mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem London Philharmonic Orchestra und dem Stuttgarter Kammerorchester zusammen gearbeitet. Seit 1999 ist er der Streicherakademie Bozen eng verbunden, von 2000 bis 2004 kooperierte er im Rahmen des ChorWerk Ruhr mit der Ruhrtriennale. Seit 1998 ist Frieder Bernius Honorarprofessor der Musikhochschule Mann-

heim. 1987 rief Bernius die Internationalen Festtage Alter Musik Stuttgart ins Leben (seit 2004 unter dem Namen Festival Stuttgart Barock), die die Landeshauptstadt mit einem Schlag zu einem Zentrum der historisch informierten Aufführungspraxis und zu einem Ort vielbeachteter Wiederentdeckungen vergessener musikalischer Schätze machten. Frieder Bernius’ Arbeit ist vielfach auf Schallplatte und CD dokumentiert. Rund achtzig Einspielungen hat er bislang vorgelegt, die mit dreißig internationalen Schallplattenpreisen ausgezeichnet wurden. Zum MendelssohnJahr 2009 konnte er die zwölfteilige Gesamteinspielung des geistlichen Vokalwerks Mendelssohns abschließen. 1993 wurde Frieder Bernius für seine Verdienste um das deutsche Musikleben das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, 2001 der Robert-Edler-Preis für Chormusik. 2002 wurde er mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet, 2004 erhielt er den Preis der Europäischen Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd und im Juni 2009 die Bach-Medaille der Stadt Leipzig.

Frieder Bernius LEITUNG

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ür die Zeitgenossen Johann Sebastian Bachs war neben dem 31. Oktober vor allem der 25. Juni 1530 ein heiliges Datum der Reformation, denn da legten die lutherischen Reichsstände auf dem Augsburger Reichstag dem Kaiser Karl V. die sogenannte „Confessio Augustana“ vor, die Augsburger Konfession, die alle reformierten Glaubensartikel zusammenfasste und verbindlich formulierte. Bis heute gehört sie zu den grundlegenden Dokumenten des Luthertums. Diesem 25. Juni ist die Choralkantate „Ein feste Burg“ gewidmet, ebenso wie die „Reformationssinfonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, die zum 300. Jahrestag der „Confessio Augustana“ entstand. Die andere Bach-Kantate, „Gott der Herr ist Sonn‘ und Schild“ galt jedoch dem eigentlichen Reformationstag, Bach hat sie am 31. Oktober 1725 in der Thomaskirche aufgeführt. Beide Kantaten gehen über die üblichen Fest- und Feiertagsmusiken hinaus und sind ungewöhnlich dramatisch gestaltet. Die erste Kantate beginnt mit einer kriegerischen „Sinfonia“ mit Hörnern und Paukenschlägen, in die der Dirigent John Eliot Gardiner förmlich Luthers Hammerschläge an der Wittenberger Schlosskirchentür hineinhörte. Dann überblenden diesen leeren Lärm die Glaubensworte des alttestamentarischen David-Psalms: „Gott der Herr ist Sonn‘ und Schild, er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen“. Der Chor nimmt die Musik des Orchesters nicht auf, sondern setzt die Worte in einem vierstimmigen Madrigalsatz gegen die instrumentale Turbulenz. Die Altstimme übernimmt das Wort und baut es in einer von der Solo-Oboe begleiteten Arie zu einer großen Szene aus, an die sich der Choral „Nun danket alle Gott“ anschließt, der wieder mit der turbulenten Sinfonia des Beginns unterlegt ist. Nicht um die „festliche Umrahmung“ einer Feierstunde handelt es sich hier, sondern um die musikalische Darstellung eines Glaubenskampfes.

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MITTWOCH 14. JUNI 2017 | 20.00 UHR ST. MARTINI BRAUNSCHWEIG

JOHANN SEBASTIAN BACH 1685–1750

REFORMATIONSKANTATEN KAMMERCHOR STUTTGART BAROCKORCHESTER STUTTGART FRIEDER BERNIUS LEITUNG

SARAH WEGENER SOPRAN

DAVID ALLSOPP ALT

THOMAS HOBBS TENOR

PETER HARVEY BASS

EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT KANTATE BWV 80 ZUM REFORMATIONSTAG 1730 GOTT DER HERR IST SONN’ UND SCHILD KANTATE BWV 79 ZUM REFORMATIONSFEST 1725 MESSE G-MOLL BWV 235

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„Gott, verlass die Deinen nimmermehr“, heißt es in dem folgenden Duett mit Sopran und Bass. Den kriegerischen Figuren, mit denen die Instrumentalisten diese Bitte sekundieren, begegnen wir in der zweiten Kantate „Ein feste Burg“ wieder. Die Kantate über den Choral „Ein feste Burg“ gehört zu den erstaunlichsten Werken aus Bachs unermüdlicher Feder. Er ist ein Schutz- und Trutzlied, die heimliche Nationalhymne der Deutschen. Unter Bachs Händen wird sie tatsächlich die „Marseillaise der Reformation“, wie Heinrich Heine sie nannte. Dreimal erscheint sie, jedes Mal in anderer Gestalt. Zuerst als eine Doppelfuge. Die Tenorstimmen setzen ohne instrumentale Einleitung ein, sekundiert von einer martialischen Trompeten­ fanfare, nach und nach treten die anderen Stimmen ein und steigern die Weise zu einem ekstatischen Fugato, deren Stimmengetümmel am Ende der vier Doppelverse die Trompete krönt. Das zweite Mal ertönt der Choral nach der Sopran-Arie „Komm in mein Herzens Haus“, wieder von einer Fanfare eingeleitet, doch er verläuft gänzlich anders. Aus dem Vierertakt werden sechs Achtel, ein rustikaler Tanz; die Choralweise überwölbt ihn als einstimmiger Cantus firmus: „Und wenn die Welt voll Teufel wär…“ Im Finale entfaltet sie im kompakten vierstimmigen Satz, colla parte mit den Instrumenten, aber ohne allen polyphonen Schmuck, als grandiose Hymne ihre hinreißende Kraft: „Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dazu haben…“ Das ist Luther vor dem Reichstag in Worms: „Hier stehe ich und kann nicht anders!“ Davor aber steht ein Duett („Wie selig sind doch die, die Gott im Munde tragen…“), das aus einer Mozart-Oper stammen könnte, solch beseelte erotische Zärtlichkeit und Anmut strahlt es aus. Anders als Schütz steht Bach nicht ausschließlich in einer im engeren Sinne kirchenmusikalischen Tradition, sondern er bedient sich aus dem gesamten Schatz der musikalischen Überliefe-


rung. In seinen Messen und Kantaten finden sich der gregorianische Choral wie das volkstümliche Lied, die polyphone chorische Vokalkunst der Niederländer wie der verzierte Belcanto-Gesang der Oper und die elegante barocke Instrumentalmusik. Die Fuge, der Choral und die mit einem obligaten Solo-Instrument begleitete Arie sind die zentralen Elemente seiner Werke, sie werden mit einer überschwänglichen subjektiven Gefühlsseligkeit durchtränkt. Bachs religiöse Werke sind keine Verkündigungen ex cathedra, sondern Zeitbilder einer zweifelnden und glaubenden, suchenden und irrenden Menschheit auf dem Wege zu Gott. Das trifft auch auf seine fünf lateinischen Messen zu, die große „h-MollMesse“ und die vier sogenannten „Kleinen“ oder „Lutherischen“ Messen. Sie nennt man so, weil im evangelischen Gottesdienst die kürzeren, nur aus dem

Die Kantate über den Choral »Ein feste Burg« gehört zu den erstaunlichsten Werken aus Bachs unermüdlicher Feder. Er ist ein Schutzund Trutzlied, die heimliche Nationalhymne der Deutschen. „Kyrie“ und dem „Gloria“ bestehenden Messen üblich waren. Der Ausdruck ist trotzdem irreführend, weil die katholische Kirche ebenfalls diese Kurzform im Gebrauch kannte. Diese vier Messen sind wahrscheinlich 1737/38 entstanden; sie konnten im evangelischen Leipzig ebenso aufgeführt werden wie

Dreifach gut ist einfach.

am katholischen Dresdner Hof, aber Überlieferungen über zeitgenössische Aufführungen gibt es nicht. Die g-MollMesse BWV 235 besteht wie auch alle anderen aus einem dreiteiligen chorischen „Kyrie“ und einem fünfteiligen „Gloria“. Zwei machtvolle Chorteile umschließen drei im Ausdruck sehr unterschiedliche Arien: die kraftvolle BassArie („Gratiam agimus tibi“) mit ihrem herrscherlichen Gestus, die Alt-Arie („Domini fili unigenite“) in tänzerischen Dreiachtel-Schritten und die das ariose Trio krönende Tenor-Arie („Qui tollis peccata mundi“), in der der Sänger mit der Solo-Oboe wetteifert. Das „Lamm Gottes“ wird hier besungen – ein Bild der Erlösung, das in der Vorstellung der Bach-Zeit keine theologische Metapher, sondern eine real greifbare Erscheinung war. Im abschließenden „Sanctus“ krönt eine rauschende Chorfuge das Gotteslob der Tenor-Arie.

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as Freiburger Barockorchester (FBO) blickt auf eine beispiellose, fast dreißigjährige Erfolgsgeschichte zurück: Aus studentischen Anfängen entstand innerhalb weniger Jahre ein international gefragter Klangkörper, der regelmäßig in den bedeutendsten Konzert- und Opernhäusern zu Gast ist. Neben der Vielfalt des Repertoires vom Frühbarock bis in die Gegenwart wird häufig der besondere Klang des FBO gerühmt. Dieser trägt das Ensemble von Freiburg in die europäischen

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Nachbarländer, nach Nord– und Südamerika, nach Asien und sogar bis nach Australien und Neuseeland. Seit Mai 2012 verfügen die „Freiburger“ gemeinsam mit ihren Kollegen vom ensemble recherche über ein international einzigartiges Domizil: das Ensemblehaus Freiburg, eine musikalische Werkstatt und ­Ideenschmiede für zwei Spitzenensembles der Alten und Neuen Musik unter einem Dach. Unverändert geblieben ist das künstlerische Credo des FBO: die kreative Neugier jedes einzelnen, mit dem Ziel, eine Komposition so lebendig


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA und sprechend wie nur irgend möglich zu spielen. Dazu gehört auch die Besetzung anspruchsvoller Solokonzerte mit Mitgliedern aus den eigenen Reihen. Ein kultiviertes und zugleich mitreißendes Ensemblespiel ist so zum internationalen Markenzeichen geworden. Das FBO arbeitet mit bedeutenden Künstlern wie René Jacobs, Andreas Staier, Jean-Guihen Queyras, Isabelle Faust, Kristian Bezuidenhout, Pablo Heras-Casado und Christian Gerhaher zusammen und ist in einer engen Kooperation mit dem französischen Label

Harmonia mundi France verbunden. Der künstlerische Erfolg dieser musikalischen Partnerschaften äußert sich in zahlreichen CD-Produktionen und der Verleihung prominenter Auszeichnungen wie zuletzt dem ECHO Klassik Deutscher Musikpreis 2015, Edison Classical Music Award 2013, ECHO Klassik Deutscher Musikpreis 2014, Gramophone Award 2012, Edison Classical Music Award 2012, Gramophone Award 2011, ECHO Klassik Deutscher Musikpreis 2011 und dem Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik 2009.

Unter der künstlerischen Leitung seiner beiden Konzertmeister Gottfried von der Goltz und Petra Müllejans sowie unter der Stabführung renommierter Dirigenten präsentiert sich das Freiburger Barockorchester mit rund einhundert Auftritten pro Jahr in unterschiedlichen Besetzungen vom Kammer- bis zum Opernorchester: ein selbstverwaltetes Ensemble mit eigenen Konzertreihen im Freiburger Konzerthaus, in der Stuttgarter Liederhalle und der Berliner Philharmonie und mit Tourneen in der ganzen Welt.

Freiburger Barockorchester 35


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA hr unmittelbarer Zugang zur Musik lässt Isabelle Faust zum Wesentlichen der Werke vordringen. Das Publikum spürt ihre natürliche Musikalität ebenso wie den Drang, die Kenntnis des Repertoires durch ein genaues Studium der Partituren und musikhistorische Recherchen zu vertiefen. Als Preisträgerin des Leopold-Mozart-Wettbewerbs in Augsburg und des PaganiniWettbewerbs in Genua musizierte sie bereits in jungen Jahren mit bedeutenden Orchestern in aller Welt, wie den Berliner Philharmonikern, dem Boston Symphony Orchestra, dem NHK Symphony Orchestra Tokyo, dem Freiburger Barockorchester oder dem Chamber Orchestra of Europe. Seit 2016 ist sie „Artistic Partner“ des Mahler Chamber Orchestra. Isabelle Faust spielt ein Repertoire, das von J.S. Bach bis hin zu Werken zeitgenössischer Komponisten wie Ligeti, Lachenmann oder Widmann reicht. So führt sie neben den großen sinfonischen Violinkonzerten Schuberts Oktett auf historischen Instrumenten ebenso wie Kurtágs „Kafka-Fragmente“ mit

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Anna Prohaska auf. Für die nächsten Spielzeiten sind Uraufführungen von Adamek, Stroppa, Strasnoy und Furrer in Vorbereitung. Regelmäßig arbeitet sie mit Dirigenten wie John Eliot Gardiner, Philippe Herreweghe, Daniel Harding, Bernard Haitink und Andris Nelsons zusammen. Eine besonders enge Beziehung verband sie in den letzten Jahren mit Claudio Abbado, mit dem sie in mehreren Ländern konzertierte und für „harmonia mundi“ eine mehrfach preisgekrönte CD mit den Violinkonzerten Beethovens und Bergs einspielte. Diese Aufnahme mit dem Orchestra Mozart wurde mit dem „Diapason d‘or“, einem „Echo Klassik“, dem „Gramophone Award 2012“ und dem japanischen „Record Academy Award“ ausgezeichnet. Mit ihrem Kammermusikpartner Alexander Melnikov hat sie für „harmonia mundi“ zahlreiche Alben eingespielt, zuletzt Sonaten für Violine und Klavier von Brahms und Klaviertrios von Schumann. Demnächst erscheinen Mozarts Violinkonzerte mit Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini und Bachs Sonaten für Cembalo und Violine mit Kristian Bezuidenhout.

Isabelle Faust VIOLINE

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA on der New York Times wurde Pablo HerasCasado als „the thinking person’s idea of a ­hotshot young conductor“ bezeichnet. Er ist regelmäßig zu Gast bei den großen internationalen Orchestern wie San Francisco Symphony und Los Angeles Philharmonic, dem Philharmonia Orchestra und London Symphony Orchestra; der Staatskapelle Berlin und dem Mariinsky Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Freiburger Barockorchester und den Münchner Philharmonikern. Seit der Spielzeit 2012/13 ist er Chefdirigent des Orchestra of St. Luke’s in New York, 2014 wurde er zum Ersten Gastdirigenten des Teatro Real in Madrid ernannt. Sein künstlerisches Schaffen ist außergewöhnlich umfangreich, es umfasst das große Sinfonien- und Opernrepertoire, Werke in historischer Aufführungspraxis und zeitgenössisch-innovative Partituren. In der Saison 2016/17 kehrte er als Gast zu den New Yorker und Los Angeles Philharmonic Orchestras zurück, ebenso zum San Francisco Symphony und Philharmonia Orchestra, zu den Münchner Philharmonikern, dem Orchestra dell‘Accademia Nazionale di Santa Cecilia und dem Finnish Radio Symphony Orchestra. Er setzte seine Zusammenarbeit mit

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dem Freiburger Barockorchester und dem Balthasar Neumann Chor & Ensemble fort und trat im Rahmen der Mozartwoche im Mozarteum Salzburg auf. Zu den aktuellen Opernprojekten gehören Engagements an der Staatsoper Berlin und dem Teatro Real, zudem dirigiert er das Orchestre de Paris beim Festival d’Aix en Provence. In den vergangenen Spielzeiten stand er am Pult der Metropolitan Opera, des Boston und Chicago Symphony Orchestra, des Philadelphia Orchestra, der Berliner und Wiener Philharmoniker, des Gewandhausorchesters Leipzig, des Tonhalle-Orchesters Zürich, des Royal Concertgebouw und Rotterdam Philharmonic Orchestra, der Wiener Symphoniker und des Israel Philharmonic Orchestra. Er tritt regelmäßig mit dem Mahler Chamber Orchestra und dem Ensemble Intercontemporain im Festspielhaus Baden-Baden, bei den Salzburger Festspielen und dem Lucerne Festival auf. Heras-Casado hat einen Plattenvertrag mit harmonia mundi und der Archiv Produktion von Deutsche Grammophon. Für seine Aufnahmen hat er zahlreiche Preise erhalten, darunter drei ECHO Klassik, den Preis der deutschen Schallplattenkritik, zwei Diapason d‘Or und einen Latin Grammy. Zu seinen jüngsten Einspielungen bei har-

monia mundi gehören Mendelssohns Symphonien 3 und 4, Schumanns Violin-, Klavier- und Cellokonzerte. Für Deutsche Grammophon hat er ein Album mit Werken von Jacob, Hieronymus und Michael Praetorius herausgebracht sowie ein Album zu Ehren des legendären Kastraten und Maestro Farinelli. Er nahm zudem mit Plácido Domingo für Sony ein Album mit Bariton-Arien von Giuseppe Verdi auf und ist auf einer Deutsche Grammophon DVD von Donizettis L’elisir d’amore im Festspielhaus Baden-Baden zu erleben. Zu den aktuellsten Aufnahmen Heras-Casados für Decca gehört eine Einspielung von Schostakowitschs Cellokonzerten zusammen mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und Alisa Weilerstein. Pablo Heras-Casado, der von Musical America 2014 zum Dirigenten des Jahres gekürt wurde, ist Träger einer Medalla de Honor der Stiftung RodriguezAcosta und Botschafter der Region Andalusien. Zudem ist er Botschafter der spanischen Wohltätigkeitsorganisation „Ayuda en Acción“, welche Armut und Ungleichheit in der Welt bekämpft. Im Februar 2012 wurde ihm von seiner Heimatstadt Granada, deren EhrenBotschafter er ist, die Ehrenmedaille „Medalla de Oro al mérito en las Bellas Artes“ verliehen.

Pablo Heras-Casado LEITUNG

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ch möchte Dir wohl auch ein Violinkonzert machen für den nächsten Winter“, schrieb der Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy im Sommer 1838 an seinen Freund und Konzertmeister Ferdinand David. „Eines in e-Moll steckt mir im Kopfe, dessen Anfang mir keine Ruhe läßt.“ Und Ferdinand David antwortete: „Ich verspreche es Dir so einzuüben, daß sich die Engel im Himmel freuen sollen.“ Es dauerte jedoch noch sechs Jahre, ehe die Partitur fertig vorlag, am 13. März 1845 spielte es Ferdinand David im Gewandhaus zum erstenmal. Es war tatsächlich ein „Engelskonzert“ geworden, das Meisterwerk des Sinfonikers Mendelssohn schlechthin, sozusagen seine „6. Sinfonie“. Heute gehört es zu den populärsten Violinkonzerten überhaupt, und jeder könnte es mitsingen. So überhört man leicht die vielen Neuerungen. Als erstes durchbricht Mendelssohn den klassischen Konzert-Kanon – das konzertante Wetteifern zwischen Orchester und Solisten, das die brillanten Konzerte von Bach bis Beethoven auszeichnet. Dort gibt das Orchester das Thema vor, und der Solist gestaltet es virtuos aus. Bei Mendelssohn gehört es ganz dem Solisten, er trägt es zuerst vor, er behält es und fügt ihm immer neue Wendungen hinzu; der ganze erste Satz ist ein melodramatischer Monolog der Solo-Violine, und im Grunde bleibt es auch in den anderen beiden Sätzen so. Das monologische Prinzip bestimmt den gesamten Verlauf. Die Solo-Kadenz ist zudem anders plaziert, in der Mitte des ersten Satzes wächst sie, ohne das konventionelle Stoppsignal der Fermate, aus dem Orchester heraus – ein virtuos-übermütiges Spielwerk ohne thematischen Bezug, eine Laune des Solisten (wer weiß, vielleicht stammt sie auch von David, der am Solopart mitarbeitete) statt einer etüdenhaften Fleißarbeit. Sie läuft in eine lange Serie von Arpeggien über alle vier Saiten aus, in die das Orchester leise, wie eine Reminiszenz, das Hauptthema einspielt.

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DONNERSTAG 15. JUNI 2017 20.00 UHR THEATER WOLFSBURG

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY 1809–1847 HEBRIDEN-OUVERTÜRE OP. 26 KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER e-MOLL ALLEGRO MOLTO APPASSIONATO ANDANTE ALLEGRETTO NON TROPPO – ALLEGRO MOLTO VIVACE

SINFONIE NR. 5 d-MOLL, OP. 106

»REFORMATIONSSINFONIE« ANDANTE. ALLEGRO CON FUOCO ALLEGRO VIVACE ANDANTE ANDANTE CON MOTO. ALLEGRO VIVACE

FREIBURGER BAROCKORCHESTER ISABELLE FAUST VIOLINE

PABLO HERAS-CASADO LEITUNG

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Dann bleibt das Orchester über einem Orgelpunkt stehen, und das Nebenthema erscheint im unerwarteten E-Dur wie in einem Traum, der romantische Höhepunkt des Konzertes. Auf den balladesken zweiten Satz folgt ein tänzerisches Rondo, das mit einer anderen Neuerung aufwartet. Das elegische zweite Thema erscheint nicht nach dem scherzosen ersten, sondern zusammen mit ihm als seine melodischharmonische Grundierung. Mit einem rasenden Tremolo der Solo-Violine klingt das Konzert aus. Mendelssohn, von Haus aus kein Geiger, schrieb einen anspruchsvollen, aber gut in den Fingern liegenden Solopart und experimentierte damit, dass er an einigen Stellen seine pianistische Technik auf die Violine übertrug und im Andante ein mehrstimmiges, an Paganini erinnerndes Spiel verlangte. Zur 300-Jahr-Feier des Augsburger Religionsfriedens komponierte Felix Mendelssohn Bartholdy 1829/30 seine d-Moll-Sinfonie, deren Finale eine großangelegte Orchesterfan­tasie über den Lutherchoral „Ein‘ feste Burg ist unser Gott“ darstellt. Am 5. November 1832 wurde sie unter seiner Leitung in Berlin uraufgeführt; im Gegensatz zu seiner „Italienischen“ und „Schottischen Sinfonie“ war ihr kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Der Komponist selbst verhielt sich später kritisch zu seinem Werk. „Die Reformationssin­fonie kann ich gar nicht mehr ausstehen, möchte sie lieber verbrennen als irgendeines meiner Stücke“, schrieb er einmal. Aber wenn man heute auf diese Sinfonie zurück­schaut, dann erscheint sie kühner und neuartiger als ihre populäreren Schwestern. Das erkannten vermutlich Giacomo Meyerbeer und Richard Wagner deutlicher als Mendels­ sohn Bartholdy selber, denn sie bedienten sich dieser Partitur geradezu als eines musika­lischen Steinbruchs. Meyerbeer wählte den gleichen Lutherchoral als Leitmotiv für seine Oper „Die Hugenotten“ von 1836, und Richard Wagner entnahm ihr die Instrumentalfas­sung


des „Dresdner Amens“ für den „Parsifal“. Aber noch mehr in dieser Sinfonie klingt wie eine Vorausnahme Wagnerscher Erfindungen. Die Reformations-Sinfonie ist die erste Sinfonie mit einem Choral-Schluss. Das bezeichnet ihren musikgeschichtlichen Rang. Der sollte unbestritten sein, auch wenn Bruckner, Tschaikowsky oder Mahler später eindringlichere Lösungen fanden. Mendelssohn Bartholdys erster Schritt auf diesem Terrain ist noch tastend. Ihn leitet eher die musikalische Ehrfurcht als die sinfonische Konzeption, und er präsentiert das Material mehr, als daß er es verarbeitet. Das ändert aber nichts daran, daß hier etwas gefunden war, das mit fast beispielloser Kraft in die nächsten Jahrzehnte hineinwirkte. Dass Mendelssohn Bartholdy in späteren Jahren bei dieser Sinfonie Unbehagen empfand, mag aber auch an dem Lutherchoral „Ein feste Burg ist unser Gott“ selbst gelegen haben, oder vielmehr an dem Gebrauch, den die Zeit damit machte. Er komponierte den Choral – sozusagen entgegen dem wörtlichen Text – als einen Hymnus der Toleranz. Als getaufter Jude sah er in dem Religionsfrieden, der durch den Bezug auf die Augsbur­ ger Konfession ausgedrückt war, auch ein aktuelles Problem. In den 30er und 40er Jahren wurde aber dieser Choral zur Fahnenhymne der intoleranten preußischen Pieti­sten. Auch Meyerbeer

Der Komponist selbst verhielt sich später kritisch zu seinem Werk. »Die Reformationssin­fonie kann ich gar nicht mehr ausstehen, möchte sie lieber verbrennen als irgendeines meiner Stücke«, schrieb er einmal.

hatte den Choral in seiner Oper zu einem Parteilied des religiösen Starrsinns und Fanatismus gemacht. In dieser Reihe wollte Mendelssohn Bartholdy weder geistig noch musikalisch stehen. Vielleicht eher deshalb als aus anderem Grunde hätte er dieses Werk „verbrannt“. Aber zu unserem Glück beließ er es bei der Absicht. Im langsamen Einleitungsteil ist bereits das Motivmaterial des Werkes enthalten. Eine aufsteigende „flehende“ Gebärde der tiefen Streicher und eine absinkende der Bläser stehen sich wie Frage und Antwort gegenüber. Beides fällt rasch auseinander und wird dynamisch gegeneinander geführt, bis

am Ende der Einleitung die Gegensätze gerinnen. Die Bläser formieren sich zur kriegerischen Fanfare, während die Streicher unendlich zart die alte liturgische Formel des sogenannten „Dresdner Amens“ anstimmen, die später im „Parsifal“ das ätherische Gralsmotiv krönt. Im nun folgenden Allegro con fuoco werden diese Konflikte mit einer ungewöhnlichen Leidenschaft ausgetragen. Ungewöhnlich sind auch die beiden Mittelsätze. Das Scherzo geht dem Andante voran, so wie es auch in Beethovens 9. Sinfonie der Fall ist, und seine dynamische Organisation verläuft sehr dramatisch. Ein Bittgesang der Violinen in g-Moll ist das kurze Andante, dessen Mittelteil mit seinen flehenden Figuren entfernt an das hebräische Kol Nidre erinnert. Ob dies in Mendelssohns Absicht lag, lässt sich nicht entscheiden, aber der Toleranzidee der ganzen Sinfonie entspräche es. Unmittelbar schließt sich das Finale an. Die Flöte stimmt den Choral an, die anderen Instrumente fallen ein und präsentieren ihn in „goti­scher“ Pracht als Devise einer ausgedehnten Choral-Variation. Das thematische Material wird noch einmal versammelt, um es dem Luther-Choral unterzuordnen, und hinter der alten Variationstechnik, die bis dahin noch nie in einer Sinfonie angewandt wurde, erkennen wir unschwer das musikalische Vorbild: Johann Sebastian Bach.

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apella de la Torre wurde im Jahr 2005 von der Oboistin und Schalmeispezialistin Katharina Bäuml gegründet. Seitdem hat das Ensemble, das heute zu den weltweit führenden Ensembles für Bläsermusik der frühen Neuzeit zählt, sein Publikum in nahezu tausend Konzerten stets aufs Neue begeistert und sich umfangreiche Erfahrung in der Musik des 14.-17. Jahrhunderts erspielt.

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2016 wurde Capella der ECHO Klassik in der Kategorie „Ensemble des Jahres“ verliehen. Der Name „de la Torre“ ist auf zweierlei Weise zu verstehen: Anfang des 16. Jahrhunderts komponierte der Spanier Francisco de la Torre das wohl berühmteste Stück für eine Bläserbesetzung, seine „Danza Alta“. Neben dieser Hommage an den Komponisten ist der Name aber auch ganz wörtlich zu verstehen: „De la Torre“ bedeutet über-

setzt „vom Turm herab“; Bläsergruppen musizierten seinerzeit bei den verschiedensten Gelegenheiten auf Türmen oder Balkonen. Ein besonderes Anliegen des Ensembles ist neben den Konzerten die Arbeit mit einem jungen Publikum, die in einer Vielzahl von Vermittlungsprojekten ihren Ausdruck findet. Diese Programme wollen vor allem eines: Neugier wecken und Menschen verschiedenster Altersgruppen ansprechen.


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA atharina Bäuml, geboren in München, studierte zunächst moderne Oboe und legte ihr Diplom „mit Auszeichnung“ ab. Daneben studierte sie Barockoboe und historische Rohrblattinstrumente an der Schola Cantorum in Basel. Seitdem spezialisierte sich Katharina Bäuml in verschiedenen Bereichen der Alten Musik. Ihr ganz besonderes Interesse gilt der Bläsermusik des 15.-17.

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Jahrhunderts. Die Gruppe hat bislang 20 CD-Einspielungen vorgelegt, seit 2013 ist sie exklusiv für das Label Sony tätig. Katharina Bäuml widmet sich aber nicht nur der Alten Musik, sondern ebenso der zeitgenössischen Musik auf historischen Instrumenten. Seit 2010 entstanden so zahlreiche Kompositionen für das Duo „Mixtura“, u.a. zu hören beim Berliner Festival „Ultraschall“. Als Leiterin mehrerer Festivals und Konzert-

reihen initiiert Katharina Bäuml immer wieder Begegnungen zwischen Musik der frühen Neuzeit und Jazz. Zuletzt übernahm sie die Reihe „Musica Ahuse“ in der romanischen Klosterkirche Auhausen, in der jährlich renommierte Spitzenensembles der alten Musik auftreten. Die Musikerin unterrichtet in Berlin und gibt regelmäßig Meisterkurse an den Musikhochschulen in Genf (Schweiz), Hannover und Lübeck.

Capella de la Torre Katharina Bäuml LEITUNG

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er Reformator Martin Luther war ein begeisterter Musikliebhaber: Er hatte eine schöne Tenorstimme und spielte Laute, konnte sogar die Musik der Zeit extra für sein Instrument in Tabulatur schreiben. Eine Vielzahl von geistlichen Liedern stammt aus seiner Feder, sowohl was den Text als auch was die Noten angeht. Sein Einfluss auf die Kirchenmusik kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Musiker der Capella de la Torre machen sich daran, einzelne Musikinstrumente der Lutherzeit zu entdecken und erklären dabei auch, wie „so ein schöner Schall“ entsteht. Am schönsten ist es natürlich am Ende, wenn alle zusammen als Stadtmusikanten aufspielen. Das Konzert richtet sich an Kinder von 5 bis 15 Jahren und besteht aus einer didaktisch durchgeformten Geschichte, welche die Entstehung und Funktionsweise der Blasinstrumente darstellt. Dabei wird jedes Instrument wie bei den Bremer Stadtmusikanten mit einem Tier in Verbindung gebracht und durch Musik und Bilder erklärt. Es erklingen Werke des späten Mittelalters und der Renaissance auf alten Instrumenten, trotzdem

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SONNTAG, 18. JUNI 2017 15.00 UHR ST. MAGNI BRAUNSCHWEIG

REFORMATION FÜR KINDER MARTIN LUTHER UND DIE STADTMUSIKANTEN WELCHE MUSIK HÖRTE DER REFORMATOR?

CAPELLA DE LA TORRE

ganz neu zusammengestellt und für heutige Ohren gespielt. Das Spezialensemble Capella de la Torre hat bereits mehrfach erfolgreiche Vermittlungsprojekte entwickelt, in denen sich junge Leute mit den Musikinstrumenten und den Klängen des Mittelalters und der Renaissance auseinander setzen. Bei den Bildungs- und Vermittlungs-Projekten sollen Eindrücke und Erfahrungen im Dialog mit dem Publikum ganz direkt und von Mensch zu Mensch weiter gegeben werden. Brücken sollen dabei geschlagen werden; besonders soll die Musik der frühen Neuzeit nicht als fern und fremd oder als Ausdruck des bloßen Rückblickens und musealen Konservierens erlebt werden. Die Vergangenheit wird auf aktive Weise mit der Gegenwart verbunden und zum Leben erweckt. Ziel ist die veränderte Wahrnehmung und wachsende Wertschätzung kultureller Ausdrucksformen der Vergangenheit: Verstaubt war gestern! Für das Schulprojekt ZEITMASCHINE erhielt Capella de la Torre den Förderpreis Musikvermittlung, für seine künstlerische Arbeit wurde das Ensemble 2016 mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet.

KATHARINA BÄUML LEITUNG

HILDEGARD WIPPERMANN ALTPOMMER

FALKO MUNKWITZ POSAUNE

REGINA HAHNKE BASSDULZIAN

MARTINA FIEDLER ORGEL

MIKE TURNBULL PERCUSSION

PASTOR HENNING BÖGER Pastor Henning Böger gestaltet gemeinsam mit der Capella de la Torre das Kinderkonzert rund um die Reformation.

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Zu Tisch bei Luthers in Wittenberg Wie Martin Luther als Mönch, als Reformator und als Familienmensch gewesen sein könnte, zeigt ein Comic der im Ostfalia-Verlag erschienen ist.

Es war einmal im Jahr 1517… Thomas Dahms und Tobias Wagner zeigen in ihrem Comic Martin Luthers Lebensweg, die Reformation als Zeitenwende und die zahlreichen politischen Konflikte der Epoche – und natürlich auch die Geschichte der Ankunft des Luther-Vertrauten Bugenhagen in Braunschweig.

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Braunschweig und die Reformation

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Bereits wenige Jahre nach der Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther 1517 in Wittenberg erfasste die reformatorische Bewegung viele deutsche Großstädte, darunter auch Braunschweig. Maßgebliche reformatorische Impulse gingen dabei von der Altenwiek aus: so fand in der Magnikirche auch die

erste Taufe in deutscher Sprache statt. Zu Ostern 1528 berief der Weichbildrat der Altenwiek den Wittenberger Stadtpfarrer und engen Vertrauten Luthers, Johannes Bugenhagen, zur Durchführung der Reformation nach Braunschweig. Durch seine zahlreichen Predigten, regelmäßigen theologischen Vorlesungen

und seelsorgerischen Gespräche trug Bugenhagen entscheidend zur Festigung des evangelischen Glaubens bei. In nur kurzer Zeit machte er sich mit den städtischen Verhältnissen vertraut und entwarf in ständigem Austausch mit der Geistlichkeit, den Gilden und den fünf Gemeinden eine neue Kirchenordnung, die am


5. September 1528 vom Rat und der Bürgerschaft angenommen wurde. Diese Ordnung bestimmte die Grundlagen für die Entwicklung des evangelischen Kirchenwesens bis 1671. Ihre Umsetzung führte zu einer tiefgreifenden Änderung der alten Kirchenstrukturen und des gesamten städtischen Lebens. Indem der Rat die

Kontrolle über das Kirchenwesen und ein Mitspracherecht bei der Besetzung von kirchlichen Stellen erhielt, erfuhr er einen bedeutenden Machtzuwachs. Ferner wurde das Amt des Superintendenten an der Spitze der neuen Kirchenregierung geschaffen, für das der von Luther selbst ausgewählte Martin Görlitz aus Torgau

berufen wurde. Seit Beginn der Reformation stand die städtische Kirchenpolitik im Gegensatz zum streng katholischen Landesherrn Heinrich d. J. der 1547 schließlich die neue Lehre aufhob und den alten Glauben mit aller Entschlossenheit wieder einführte. Erst sein Sohn und Nachfolger Herzog Julius (1528-1589), der am bran-

denburgischen Hof evangelisch erzogen wurde, konnte 1568 die Reformation durchsetzen. 1902 widmete die Stadt Bugenhagen ein Denkmal, das an der Westseite der Brüdernkirche errichtet wurde. Nach dessen Demontage im Zweiten Weltkrieg wurde 1970 eine neue Bronzestatue des Reformators enthüllt.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA eit fast vier Jahrzehnten wird der Bass-Bariton Klaus Mertens von der Kritik in Konzerten und nahezu 200 CD-Einspielungen für seine Interpretationen von Alter Musik bis zur Avantgarde gefeiert. Die Möglichkeiten seiner Stimme, das Bewusstsein, stets „Medium“ zu sein im schöpferischen Akt einer möglichst authentischen Interpretation, machen ihn zu einem der herausragenden Interpreten seines Faches. Einen bedeutenden Stellenwert in seiner künstlerischen Auseinandersetzung nimmt dabei die Alte Musik ein, für die er für seine „natürlich barocke Rhetorik“ über Repertoires und Nationalstile hinweg gelobt wird. So wirkte er bisher schon an nahezu 200 CD-/DVD-Produktionen mit. Hier stellen die Gesamteinspielung des Œuvres von Johann Sebastian Bach – einmalig in der Tonträgergeschichte singt hier ein Sänger alle Bass-Partien sämtlicher Bach-Kantaten ein – sowie die jüngst fertig gestellte Gesamteinspielung der Werke Dieterich Buxtehudes – beides unter der Leitung seines langjährigen Freundes und Weggefährten Ton Koopman mit seinem Amsterdam Baroque-Orchester und -Chor – eindeutig

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Highlights seiner Karriere dar. Neben Ton Koopman arbeitet Klaus Mertens im Bereich der Alten Musik außerdem mit vielen bedeutenden Spezialisten wie Nicolaus Harnoncourt, Martin Haselböck, Nicholas McGegan, Gustav Leonhardt, Philippe Herreweghe, Sigiswald Kuijken, René Jacobs, Frans Brüggen und vielen anderen zusammen. In seinen eigenen CD- und Konzertprojekten, die er forschend begleitet, ist es ein grundsätzliches Anliegen von Klaus Mertens, wertvolle unerhörte bzw. lange verschollene Werke wieder zum Klingen zu bringen. Ein weiterer Schwerpunkt seiner interpretatorischen Auseinandersetzung gilt dem vokalen Werk Georg Philipp Telemanns. Mit der gleichen Leidenschaft widmet sich Klaus Mertens von jeher aber auch den Werken der Klassik und Romantik bis hin zu zeitgenössischen Komponisten, die ihm teilweise eigene Opern zueignen. In diesem Bereich ergeben sich immer wieder enge Kooperationen mit bedeutenden Dirigenten wie z.B. Kent Nagano, Herbert Blomstedt, Andris Nelsons, Bertrand de Billy, Enoch zu Guttenberg, Sir Roger Norrington, Gary Bertini, Hans Vonk, Christian Zacharias, Edo de Waart, Ken-

neth Montgomery, Gerard Schwarz, Ivan Fischer, Marc Soustrot und vielen anderen. Hieraus resultiert die Zusammenarbeit mit zahlreichen großartigen Orchestern wie z.B. den Berliner Philharmonikern, Gewandhaus-Orchester Leipzig, Dresdner Philharmonie, Concertgebouw-Orchester Amsterdam, Rotterdam Philharmonic Orchestra, Tonhalle Orchester Zürich, Jerusalem Symphony Orchestra, Saint Louis Symphony Orchestra, Chicago Symphony Orchestra, Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra, San Francisco Symphony Orchestra, Münchner Philharmonikern, Symphonie-Orchester des BR u.v.a. Klaus Mertens ist bei den bedeutenden internationalen Festivals regelmäßig zu Gast. Nicht zu vergessen ist Mertens’ begeisterte Beschäftigung mit dem Lied, was sowohl das klassische Lied-Repertoire betrifft als auch Lieder und Zyklen vom Lautenlied bis zum Streich-Quartett mit einbezieht. Als Anerkennung seiner bisherigen Arbeit als Interpret barocker Vokalmusik wird Klaus Mertens die Ehre zuteil, mit dem renommierten Georg-Philipp-Telemann-Preis der Landeshauptstadt Magdeburg 2016 ausgezeichnet zu sein.

Klaus Mertens BASS-BARITON

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m Jahr 1727 veröffentlichte Georg Philipp Telemann in Hamburg einen Band geistlicher Arien nach Dichtungen von Johann Friedrich Helbig (1680-1722, Hofkapellmeister in Eisenach). Der Druck war nicht für die kirchlichen Gottesdienste bestimmt, sondern – und das war das Novum – für das häusliche Musizieren und Singen. Es erschloss die barocke geistliche Musik, die in den Kirchen mit Chören, Orgel und zahlreichen anderen Instrumenten aufgeführt wurde, dem privaten häuslichen Gebrauch. Auf zeitgenössischen Bildern sehen wir, wie wir uns dieses häusliche Musizieren vorzustellen haben – Jung und Alt um einen Tisch versammelt, mit Notenblättern und vielerlei Instrumenten, seitlich oft ein Positiv (eine kleine Hausorgel), alle singend, spielend und zuhörend zugleich. Das Notenbuch Telemanns war ein Schatz, denn es enthielt neben den vertrauten Chorälen auch die neuen ausdrucksvollen Arien Telemanns, mit denen sich nun die gesangsbegabten Familienmitglieder solistisch produzieren konnten. Zu Lebzeiten galt Georg Philipp Telemann, vor Bach und Händel, als der größte Komponist in Deutschland; heute ist allerdings sein Name bekannter als sein Werk. Die Qualität und Bedeutung seines Werks und dessen öffentliche Wahrnehmung fallen noch immer grotesk auseinander. Seit vielen Jahren versuchen Musikwissenschaftler und Musiker, es unserem Musikleben zurückzugewinnen. Die „Telemannsche Hauspostille“ ist ein solcher Versuch. Der Gambist Thomas Fritzsch, ein profunder Kenner und Interpret frühklassischer Musik, stellte nach dem historischen Vorbild Arien und Instrumentalstücke aus verschiedenen Werken Telemanns zu einem historischen Konzertprogramm zusammen und rekonstruierte so ein barockes „Hamburger Hauskonzert“, das auch auf den originalen historischen Instrumenten dargeboten wird – der Gambe, der Barock-

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DIENSTAG 20. JUNI 2017 20.00 UHR RITTERSAAL SCHLOSS GIFHORN

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laute und der Truhenorgel. Fritzsch hat mit seinen Telemanniana ein neues Triumvirat des Spätbarock und der Frühklassik erschaffen, das aus Carl Friedrich Abel, dem jüngsten Bach-Sohn Johann Christian und eben Telemann besteht. Das einigende Band war ihr Bestreben, die barocke Tradition mit dem sich herausbildenden frühklassischen Stil zu verbinden. Anders als Johann Sebastian Bach stammte der gebürtige Magdeburger Georg Philipp Telemann nicht aus einer Musikerfamilie, aber sein musikalisches Talent zeigte sich, zum Leidwesen der Familie, die ihm anderes zudachte, schon sehr früh. Bereits mit zwölf Jahren schrieb er seine erste Oper „Sigismundus“ und erzielte den unerwarteten Effekt, dass seine Mutter alle seine Instrumente wegschloss und ihn auf eine Internatsschule nach Zellerfeld schickte, damit er etwas Ordentliches lerne. Aber dort ging es mit der Musik erst recht los. Er schrieb für den Kirchenchor Motetten und Chöre, und als er später das Gymnasium in Hildesheim bezog, kümmerte er sich als Autodidakt mehr um die Musik als um die Wissenschaften und erlernte außer der Kompositionslehre nahezu alle Instrumente von der Bassposaune bis zur Violine und Flöte, die Orgel inbegriffen. 1701 bezog er die Universität zu Leipzig, doch statt sich der Jura zu widmen, gründete er ein studentisches „Collegium musicum“, leitete Opernaufführungen und wurde Musikdirektor der Universitätskirche. Wegen Differenzen mit dem Thomaskantor Johann Kuhnau verließ er die Stadt und wirkte in Sorau, Eisenach und Frankfurt/Main, ehe er 1721 in Hamburg seine endgültige Wirkungsstätte fand. Das Thomaskantorat, das ihm Leipzig ein Jahr später antrug, schlug er aus, und so bekam es ein guter Bekannter aus den früheren Eisenacher und Weimarer Tagen: Johann Sebastian Bach. Telemanns Hamburger Aktivitäten hatten ein geradezu gigantisches Ausmaß. Als „Director musices“ der fünf


evangelischen Hauptkirchen hatte er wöchentliche Kantaten sowie weitere Musiken zu liefern. Außerdem übernahm er die „Oper am Gänsemarkt“, leitete deren Aufführungen und schrieb neue „Operetten“. Dazu kamen die Ratsund Privatkonzerte reicher Hamburger Kaufleute. Auch betätigte er sich als Verleger und stach, druckte und vertrieb seine Kompositionen im Selbstverlag. Bis 1740 veröffentlichte er 46 Notenwerke, die er in mehreren deutschen Städten sowie in Amsterdam und London an Buchhändler verkaufte. Zusammen mit Johann Valentin Görner gründete er 1728 die erste deutsche Musikzeitschrift „Der getreue Musikmeister“, die zweimal monatlich erschien. Obwohl sich Telemanns Sehvermögen in den späten Jahren verschlechterte, arbeitete er bis in sein hohes Alter. Sein letztes Werk war eine „Markus-Passion“, ehe er am 25. Juni 1767 im Alter von 86 Jahren starb. Das Werkverzeichnis Tele-

Zu Lebzeiten galt Georg Philipp Telemann, vor Bach und Händel, als der größte Komponist in Deutschland; heute ist allerdings sein Name bekannter als sein Werk.

manns nennt über 3600 Titel, darunter viele Kirchenkantaten, 50 Opern, von denen „Pimpinone“ und „Der geduldige Sokrates“ auch heute noch im Repertoire erscheinen, 40 Passionen, sechs Oratorien, zahllose Konzerte und Orchestersuiten, darunter, was sein hohes Ansehen bezeugt, die Trauermusiken

für August den Starken (1733), Georg II. von Großbritannien (1760) und die habsburgischen Kaiser Karl VI. (1740), Karl VII. (1745) und Franz I. Zu seinen heute bekanntesten Werken gehören die „Hamburger Admiralitätsmusik“ und die „Kapitänsmusiken“. Die Nachwelt warf Telemann seinen allzu großen Fleiß vor. Bei dieser Menge müsse die Qualität leiden, meinte man, und kam zu grotesken Fehlurteilen. Ein besonders eklatantes unterlief dem Bach-Biographen Philipp Spitta, als er Telemann herabsetzte und die BachKantate „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ (BWV 160) als „ein wahres Kleinod an ergreifender Deklamation“ rühmte; aber diese Kantate war in Wirklichkeit von Telemann, Bach hatte sie für seinen Gebrauch nur kopiert. Im 20. Jahrhundert erlebte Telemanns Musik eine Wiedergeburt, nicht zuletzt dank des französischen Musikologen und Romanciers Romain Rolland.

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it ihren unverwechselbaren Interpretationen genießt die Pianistin Ragna Schirmer höchste Anerkennung über die deutschen Grenzen hinaus. Die Kunst der Nuance, die Liebe zum Detail sowie der Anreiz, bekannte und weniger bekannte Kompositionen neu zu entdecken und in moderne Zusammenhänge zu stellen, zeichnen Ragna Schirmer aus. Gleich zweimal gewann sie den Leipziger Bachwettbewerb (1992 und 1998) und sorgte mit Bachs Goldbergvariationen für ein bemerkenswertes CD-Debüt. Für ihre von der Kritik hochgeschätzte Einspielung der Klaviersuiten von Georg Friedrich Händel erhielt sie 2009 ihren zweiten ECHO Klassik und wurde zudem 2012 mit dem Händel-Preis der Stadt Halle geehrt. Insgesamt belegen fünfzehn erste Preise und Sonderprei-

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se bei nationalen und internationalen Wettbewerben die beeindruckende Laufbahn der Pianistin. Ihre Diskografie umfasst neben den Aufnahmen von Bach, Händel und zwei hochgelobten Haydn-Alben ebenso Kompositionen von Beethoven, Brahms, Chopin, Corigliano, Mendelssohn, Schumann, Schnittke und Schmidt. Zum Liszt-Jahr 2011 legte sie eine Gesamteinspielung von Franz Liszts „Années de Pèlerinage“ in Kombination mit Madrigalen der italienischen Renaissance bei Berlin Classics vor. Ihr Klangsinn und ihre Flexibilität lassen die Pianistin verstärkt auch zu historischen Tasteninstrumenten (Hammerflügel der jeweiligen Epochen) greifen. In ihrem neuesten Projekt erklingen Händels Orgelkonzerte in Bearbeitungen für Klavier und Kammerorchester genauso glanzvoll wie für Hammerflügel


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA und Barockensemble oder HammondOrgel und Jazz-Ensemble. Komplettiert wird die dreiteilige CD-Box beim Label Edel mit dem für Ragna Schirmer komponierten Concertino pour Piano von Guillaume Connesson. Ragna Schirmers dramaturgisches und programmatisches Geschick, teilweise auch verbunden mit ihren lebendigen Moderationen, lässt Konzertabende zu einem außergewöhnlichen Erlebnis werden. So wundert es nicht, dass die Pianistin mittlerweile sogar genreübergreifend in für sie geschriebenen Theaterinszenierungen mitwirkt, wie beispielsweise „Blendwerk“ mit Christian Brückner und dem „Konzert für eine taube Seele“ mit dem Puppentheater Halle. Zudem engagiert sie sich als Pädagogin: Nachdem Ragna Schirmer bereits als 28-Jährige auf eine Professur an der Hochschule für Musik und

darstellende Kunst in Mannheim berufen worden war, unterrichtet sie seit 2009 begabte junge Pianisten am Musikzweig der „Latina August Hermann Francke“ in Halle an der Saale. Ragna Schirmer konzertiert in den wichtigsten Sälen in Europa, China und Neuseeland sowie bei renommierten Festivals wie dem Heidelberger Frühling (artist in residence 2010), Beethovenfest Bonn, MDR-Musiksommer, den Haydn-Festspielen Eisenstadt und den Salzburger Festspielen. Sie musizierte u.a. mit Zubin Mehta, Sir Roger Norrington, Kurt Masur, Sir Neville Marriner, Herbert Blomstedt und trat mit Klangkörpern wie den Münchner Philharmonikern, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, Orchestre National de France, Gewandhausorchester Leipzig und der Academy of St. Martin in the Fields auf.

Ragna Schirmer KLAVIER

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA er Schlagzeuger Matthias Daneck hat nach seinem Studium an der Swiss Jazz School und am Konservatorium Bern mehrere Studienaufenthalte in New York bei Joe Morello, Kenny Washington und John Riley an der Manhattan School of Music verbracht. Er ist Bandleader und Komponist bei Matthias Daneck‘s N.O.W. und der »instant loop generation« und trommelt unter anderem beim Anne Czichowsky Quartett, dem South Quartett, bei Ragna Schirmers Händel Projekt und war Organisator der erfolgreichen »Jazz cooks«-Serie. Er hatte Engagements mit Jazzgrössen wie Randy Brecker, Clarke Terry, Jerry Gonzales, Jimmy Woode oder Bireli Lagrene und ist bisher auf mehr als siebzig CD-Produktionen zu hören. Konzerttourneen führten ihn in letzter Zeit nach Kroatien, Belgien und Litauen und man konnte ihn im Fernsehen bei der ARD und im SWR erleben. Er ist Preisträger beim internationalen »Concours d’orchestres« des Jazzfestivals Vienne (F). Daneck ist ein melodiöser Schlagzeuger, dem »Leisespielen« absolut kein Fremdwort ist, und wegen seiner Kreativität und Vielseitigkeit in der europäischen Jazzszene sehr gefragt.

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Christian Sengewald SPRECHER hristian Sengewald studierte an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«. Sein erstes Engagement erhielt er am Thalia Theater Halle. Anschließend war er ab 2004 als Gast u. a. am Maxim Gorki Theater. Ab 2004 arbeitete Sengewald auch für das Kino und das Fernsehen, unter Regisseuren wie François Ozon, Leander Haußmann

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und Roland Emmerich. 2005 gastierte er bei den Burghofspielen Eltville als Shakespeares Hamlet. In der FernsehLiteraturverfilmung »Der Turm« (2012) verkörperte er die Rolle den jungen Chirurgen Thomas Wernstein. Im Kinofilm »Jesus Cries« (2016), einer Neuerzählung der biblischen Geschichte in modernen Bildern, spielt Sengewald die Rolle des jüdischen Hohenpriesters Kaiphas.


Matthias Daneck SCHLAGZEUG

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enn sich Ragna Schirmer für das Reformationsjahr auf Spurensuche Luthers in der Klaviermusik macht, so ist das ein Paradoxon, denn zu Luthers Zeiten gab es kein Klavier. Doch das ganze Programm ist ein Paradoxon, weil es nicht Zusammengehöriges verbindet: Luthers Wort, Johann Sebastian Bachs Choralvorspiele, romantische Bach-Adaptionen, traditionelle folkloristische Schlagzeugmusik und moderne Percussionstücke. Ragna Schirmer bietet kein traditionelles Nummernprogramm, sondern entfaltet ein kontrastvolles Spektrum europäischer Musikkultur im Zeichen der Reformation. Das verbindende Moment ist Martin Luthers reformatorische Utopie eines Gottesbündnisses aller Menschen ohne amtskirchliche Vermittlung. In dieser Utopie spielte und spielt die Musik eine außerordentliche Rolle, die Reformation war auch eine Re-Formation, eine radikale Erneuerung der religiösen Musik. Erklangen im päpstlichen Sanktuarium Palestrinas Engels­ chöre wie verzauberte Botschaften aus einer anderen Welt, so wurde in der reformierten Gemeinde die Schar der Gläubigen selbst zum singenden Akteur. An die Stelle der mehrstimmigen, von geschulten Sängern dargebotenen lateinischen Messegesänge trat der gemeinsam gesungene deutsche Choral. Luther selbst dichtete 29 deutsche Choräle und erfand zu mehreren die Melodien. Neben seiner Bibel-Übersetzung war dies seine andere reformatorische Leistung, die über die Kirche hinaus auf die gesamte europäische Musikkultur ausstrahlte. Es war nicht allein seine Leistung. Wie Bach nicht allein die Fuge erfand, oder Haydn die klassische Sinfonie, so war die Choralkultur nicht allein Luthers Leistung. An solchen Neuerungen oder „Umbrüchen“ wirken immer viele mit. Aber zweifellos war er der Initiator. Der Luther-Choral steht am Anfang einer musikalischen Eruption. Heinrich Schütz, Michael Praetorius und Johann

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MITTWOCH 21. JUNI 2017 20.00 UHR BERGWERK RAMMELSBERG GOSLAR

»RE-FORMATION« RAGNA SCHIRMER KLAVIER

MATTHIAS DANECK SCHLAGZEUG

CHRISTIAN SENGEWALD SPRECHER

FOLGENDE WERKE ERKLINGEN GANZ ODER AUSZUGSWEISE, TEILWEISE INEINANDER VERZAHNT: JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750) CHORALVORSPIELE AUS DER „CLAVIERÜBUNG 3. TEIL“ HANS BUSER, EMIL HUG, HANS SUTER (* UM 1870) „MÄTZLI“ (KLASSISCHER BASLER TROMMELMARSCH MIT URSPRÜNGEN AUS DEM 16.JAHRHUNDERT) JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750) CHROMATISCHE FANTASIE UND FUGE D-MOLL AUS EUROPA (16.-18.JAHRHUNDERT) ARRANGEMENT MATTHIAS DANECK, FOLIA FERRUCCIO BUSONI (1866–1924) ELEGIE „MEINE SEELE BANGT UND HOFFT ZU DIR“ MATTHIAS DANECK (*1965) UMBRUCH I FÜR SCHLAGZEUG UMBRUCH II FÜR SCHLAGZEUG UMBRUCH III FÜR SCHLAGZEUG CÉSAR FRANCK (1822–1890) PRÉLUDE, CHORALE ET FUGUE

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Sebastian Bach hoben in ihren Choralbearbeitungen das religiöse Lied auf den Gipfel der Musikkultur nicht nur jenes Zeitalters und wirkten über die Jahrhunderte hinweg bis zur Gegenwart auf zahlreiche Komponisten, die ihnen und damit dem Choral mit eigenen Bearbeitungen, Variationen und Adaptionen Tribut zollten. Ragna Schirmers „Re-Formation“ ist gleichsam ein Tableau, eine musikalische Nachbildung des berühmten Gemäldes „Die Schule von Athen“ von Rafael. Wie der Italiener auf seinem Bild die Philosophen der Antike und Moderne zusammenführte, so agieren hier neben Luther in Ragna Schirmers „Schule“ die Musiker von Einst und Jetzt einträchtig nebeneinander. Freilich längst nicht alle. Auf einem Bild haben mehr Personen Platz als in einem Konzert Komponisten. Aber bemerkenswert ist, dass wir einen finden, der scheinbar gar nicht dahin gehört – den in der Jazz- und Rockszene berühmten Schlagzeuger Martin Daneck, der doch gar keine Choräle und Fugen spielt. Mit ihm kommen wir jedoch auf eine andere Seite der „Reformation“ – auf die I­nstrumentenfrage. In der vorlutherischen Kirche waren Instrumente verpönt, gar verboten, denn sie galten als zu irdisch und „unrein“, gar als Teufelszeug, wie wir aus den Gemälden des Hieronymus Bosch erfahren. Trompeten, Trommeln, Chalumeaux (ein Vorläufer der Klarinette) gehörten zum Militär, auf den Tanzboden oder zum Volkslied, nicht ins Gotteshaus. In den frühen lutherischen Choralbüchern des Wittenberger Drucks Georg Rhau sind jedoch interessanterweise Signets abgebildet, die das Gegenteil bezeugen – kunstvolle Anordnungen eben dieser Instrumente. Ob sie damals auch in den Kirchen erklangen, wissen wir nicht, aber vorstellen ließe es sich. Auf jeden Fall fanden die Choralgesänge der Bauernkriege und anderer Feldzüge gewiss nicht ohne instrumentale Unterstützung statt, und das meinte nicht zuletzt die durch Schlagwerke. Solcher Gebrauch dürfte auch auf den


Basler Trommelmarsch „Mätzli“ aus dem 16. Jahrhundert zutreffen, für den gleich drei „Komponisten“ verantwortlich zeichnen – der Freiherr Hans Basler vom Amt Liestal, der Zürcher Verleger Emil Hug und der Musiker Hermann Suter. Mit einiger Vorsicht könnten wir sagen, mit Luther zog der die Herzen und Füße befeuernde Rhythmus wieder in die religiöse Musik ein. Rhythmus ist heute das am meisten vernachlässigte Element in den Theorien der Musik, für die Musiker jedoch ist er das wichtigste. Ohne Metrum und Rhythmus kommt Musik nicht zustande. Auch Bachs Choralvorspiele, in denen natürlich keine Trommeln vorkommen, sind rhythmisch organisiert; ihre Basslinie ist nicht nur das harmonische, sondern auch das rhythmische Gerüst der Komposition. Deshalb ist die Mitwirkung eines Schlagzeugers mehr als ein modisches Zugeständnis; sie führt uns auf das wesentliche musikalische Urelement zurück und lehrt uns, Musik als den Pulsschlag unserer Herzen zu begreifen. Drei große Klavierwerke sind in das Programm eingeschlossen, Bachs Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll BWV 903, Ferruccio Busonis Choralvorspiel „Meine Seele bangt und hofft zu Dir“ aus den „Sieben Elegien“ für Klavier BV 249 und César Francks ‚“Prélude, Chorale et Fugue“ op. 18. An ihnen lässt sich Bachs Einfluss über die Jahrhun-

Ragna Schirmer entfaltet ein kon­ trastvolles Spektrum europäischer Musikkultur im Zeichen der Reformation. Das verbindende Moment ist Martin Luthers reformato­ rische Utopie eines Gottesbündnisses aller Menschen ohne amtskirchliche Vermittlung.

derte studieren. Bach schrieb zahlreiche Vortragsstücke in der zweiteiligen Folge einer freien Fantasie (die meist Präludium, manchmal auch Toccata – „Schlagstück“ – oder direkt „Fantasie“ heißt) und einer strengen mehrstimmigen Fuge. Franck folgt ihm darin, aber ergänzt Bachs Formenaufbau durch einen „Choral“ (aber nicht aus dem Gesangbuch, sondern frei erfunden). César Franck war im 19. Jahrhundert einer der Erneuerer der französischen Orgelmusik, die seit Napoleon fast völ-

lig in Verfall geraten war. Sein op. 18 „Prélude, Choral et Fugue“ publizierte er 1884 jedoch als Klavierwerk. 1885 spielte deshalb nicht er selbst (als Organist) die erste und sehr gefeierte Aufführung, sondern die Pianistin Marie Poitevin. Ferruccio Busonis „Sieben Elegien“ für Klavier (1908) sind experimentelle Charakterstücke in unterschiedlichen Formen – Kontemplation, In modo napolitano, Intermezzo (nach einer Schauspielmusik zu „Turandot“), Nächtlicher Walzer, Erscheinung oder Berceuse (Wiegenlied) lauten die Titel. Der dritten Elegie ist die Überschrift „Choralvorspiel“ beigegeben, und das Werk klingt, wie übrigens auch das von Franck, wie ein romantisierter Bach. Busoni war ein großer Kenner und Verehrer von Bachs Musik und auch ein hervorragender Interpret. Seine zahlreichen virtuosen Bach-Bearbeitungen entfernen sich oft weit vom Original, aber sie sind ein hervorragendes Zeugnis für das historische Bachverständnis des „fin de siècle“ an der Grenze zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert. Sein „Choralvorspiel“ verwandte er später als Einleitung zu seinem pianistischen Hauptwerk, der „Fantasia contrappuntistica“, einem genialen Experiment, mit dem er das fragmentarische Schlussstück der „Kunst der Fuge“ Bachs vollendete. „Luther und das Klavier“ – in dieser fundamentalen Komposition erreichte ein langer musikalischer Weg seinen Gipfel.

Wenn man einen Finanzpartner hat, der wundervolle Augenblicke möglich macht.

Genießen ist einfach.

Wir engagieren uns für das Festival Soli Deo Gloria, weil es kulturelle Highlights für alle Sinne bietet. So können Sie sich bei klassischer Musik an besonderen Orten entspannt eine bereichernde Auszeit gönnen.

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Hauptkirche Beatae Mariae Virginis WolfenbĂźttel 58


D I E S P I E L S TÄT T E N VO N S O L I D E O G L O R I A

Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis ist der erste bedeutende Großkirchenbau des Protestantismus und verleiht der Altstadt Wolfenbüttels ihre überragende Dominante. Er ist vor allem durch den Rückgriff auf die Tradition mittelalterlicher Hallenkirchen geprägt. Am 11. Juni 2017 bietet die Kirche den festlichen Rahmen für das Konzert mit Musica Fiata und La Capella Ducale unter der Leitung von Roland Wilson. Es erklingen Werke, die 1617 in Dresden in einer Messe zur Feier des 100. Jahrestages der Reformation gespielt wurden.

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Prächtige Verzierungen sind ein Merkmal dieses barocken Kirchenbaus.

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er Bau wurde von Herzog Heinrich Julius in Auftrag gegeben, und sollte sowohl eine Predigt- und Abendmahlskirche zur Verkündigung des reformatorischen Glaubens für die Gemeinde werden, als auch den Wunsch nach fürstlicher Repräsentation erfüllen und zusätzlich Grablege für die fürstliche Familie sein. Der herzogliche Baumeister Paul Francke verschmolz in diesem Bau, der 1608 begonnen wurde, Stilelemente der Gotik, der Renaissance und des Barock zu einer großartigen Einheit. Das nach eigener „Manier“ im Kombinieren und Mischen gestaltete Gesamtkunstwerk stellt eines der wenigen Beispiele des Manierismus dar und kennzeichnet den Übergang von der Stilepoche der Renaissance zu der des Barock. Bemerkenswert sind die reichhaltigen Portale, vor allem der Haupteingang im Westen und der Reliefschmuck auf den derben Quadersteinen. Die Fürstengruft beherbergt in 29 zum Teil künstlerisch wertvollen Sarkophagen die Mitglieder des Herzoghauses, die von der Mitte des 16. Jahrhunderts an bis 1750 hier bestattet wurden. Der Hochaltar ist aus Holz geschnitzt und wurde vom Freiberger Bildschnitzer Bernhard Dittrich geschaffen. Die eindrucksvolle Darstellung des Passionsgeschehens mit dem siegreichen Gottessohn als obere Bekrönung hat dieses Werk zu einem hervorragenden Beispiel protestantischer sakraler Bildkunst werden lassen. Hinter dem reich verzierten Orgelprospekt von Georg Huebsch und Friedrich Greyss verbirgt sich ein viermanualiges Orgelwerk mit 53 Registern. Die Disposition für das von Gottfried Fritzsche erbaute Instrument stammte von Hofkapellmeister Michael Praetorius, der unterhalb der Orgelempore bestattet worden sein soll.

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Hauptkirche Beatae Mariae Virginis Kornmarkt 38300 Wolfenbüttel Gottesdienst: Jeden Sonntag um 10.00 und um 11.30 Uhr abwechselnd in der Hauptkirche und St. Trinitatiskirche.

Erleben Sie mit uns großartige Momente: Wir wissen, wer die erste Geige spielt.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 10.00 bis 12.00 Uhr und Sonntag nach dem Gottesdienst bis 16.00 Uhr. Montags geschlossen. Für die Besichtigung des Kircheninneren wird wegen des hohen Erhaltungsaufwandes der Kirche eine Spende von 1,00 Euro pro Besucher erbeten.

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St. Martini Braunschweig Der renommierte Bach-Spezialist Frieder Bernius ist mit dem Barockorchester Stuttgart und Kammerchor Stuttgart in St. Martini zu Gast. Auf dem Programm steht ein Herzstück des diesjährigen Festivals: die Reformationskantaten von Johann Sebastian Bach.

Die Martinikirche wurde ab dem 12. Jahrhundert als Haupt- und Pfarrkirche des Weichbildes Altstadt errichtet. Als Initiator gilt Heinrich der Löwe. Sie ist die einzige mittelalterliche doppeltürmige Kirche in Braunschweig mit vollendetem Westbau und wurde wie der Braunschweiger Dom als romanische Pfeilerbasilika mit kreuzförmigem Grundriss errichtet, die zwischen 1250 und 1400 zu einer gotischen Hallenkirche ausgebaut wurde. Kennzeichnend für die gotischen Erweite-

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rungsbauten sind insbesondere die vielen Jochgiebel an den Außenseiten. 1400 erfolgte dann der Anbau des Chorabschlusses sowie 1434 der Anbau der Annenkapelle, die der Braunschweiger Wasmod von Kemme gestiftet hatte. Im Innern birgt sie sechs große Statuen (um 1440): Maria, die heiligen drei Könige, Joachim und Anna selbdritt. Über den Kielbögen sind Apostel- und Heiligenfiguren zu sehen, in der Mitte die Marienkrönung. Die weiteren, nur von unten erkennbaren Figuren zeigen unter anderem musizierende Gestalten

Baubeginn der Martinikirche war ungefähr 1190/1195. Sie ist die einzige mittelalterliche doppeltürmige Kirche in Braunschweig mit vollendetem Westbau.


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und Köpfe von Braunschweiger Bürgern und Mönchen der damaligen Zeit. Am südlichen Giebel des vormaligen Querhauses befinden sich mehrere Sandsteinskulpturen aus dem 14. Jahrhundert. Über den Eingängen auf der Nordseite hängen Tympanons, die das Lamm Gottes sowie die Grablegung Mariens darstellen. Es handelt sich hierbei um die einzigen erhaltenen originalen Tympanons in Braunschweig. 1441 wurde das bronzene Taufbecken von Barthold Sprangken gegossen, das sieben Szenen aus dem Leben Jesu zeigt. 1528 wurde die Kirche evangelisch. 1616 erhielt das Taufbecken einen hölzernen, dreistöckigen Baldachin, auf dem ebenfalls biblische Geschichten dargestellt sind. Um 1700 wurden die Zwerchgiebel des Chores mit gotisierendem Blendmaßwerk ausgestattet, wie es ­ das benachbarte Altstadtrathaus bereits besaß. Zwischen 1722 und 1725 entstand der von Anton Detlev Jenner

St. Martini Braunschweig An der Martinikirche 10 38100 Braunschweig Offene Kirche: Dienstag bis Freitag 10.00 bis 13.00 Uhr und 15.00 bis 17.00 Uhr Samstag 10.00 bis 17.00 Uhr Sonntag 10.00 bis 12.00 Uhr und 15.00 bis 17.00 Uhr Montags geschlossen. Gottesdienst: Sonntags um 11.00 Uhr Marktandacht (20 Minuten) Samstags um 11.00 Uhr

aus Marmor und Alabaster geschaffene, vollständig erhaltene barocke Hochaltar, der unter anderem eine Abendmahlsszene zeigt. Im 19. Jahrhundert wurde ein Turm entfernt, der zwischen den beiden hohen Türmen stand. In den Jahren 1897 bis 1899 führte Max Osterloh umfangreiche Erneuerungen durch. Im Zweiten Weltkrieg brannten der Dachstuhl und das Westwerk vollständig aus, der Innenraum der Kirche jedoch blieb weitgehend vom Feuer verschont. 1956 wurde die Kirche wieder eingeweiht, 1979 bis 1987 restaurierte man sie von außen. Erst 1980 wurden die beiden gleich hohen Türme wiederhergestellt. Die Annenkapelle erhielt erneut einen spitzen, aber flacheren Turm. Ein gotischer Dachreiter, in dem die Stimmglocken aufgehängt waren, wurde nicht wieder errichtet. 1991 bis 1992 erfolgte eine Innenausmalung nach mittelalterlichen Farbbefunden.

Hier schlagen unsere Herzen Wurzeln.

Ob Kulturprojekte, Umweltinitiativen oder Sportveranstaltungen – wir engagieren uns für vielfältige Projekte im Braunschweiger Land. Und das aus Überzeugung. Schließlich sind wir seit über 260 Jahren ein starker Partner für die Menschen hier vor Ort. Und tief in der Region verwurzelt.

www.oeffentliche.de 64


S O L I

D E O

G L O R I A

I N T E R V I E W

Ich bin überzeugt, dass die diesjährige Konzertreihe im Rahmen der Reformation alle Gäste begeistern wird. THOMAS RITTERBUSCH Warum fördern Sie Soli Deo Gloria? Das Festival hat über die regionalen Grenzen hinaus eine beeindruckende Alleinstellung. Die Künstler werden alljährlich sehr gezielt ausgewählt und überzeugen durch ihr spezielles und in Teilen gar einzigartiges Können. Und nicht zuletzt: mit unserem Engagement sind wir in der Lage unserer Klientel aus erster Hand Besonderes zu bieten.

und nach. Neben großen Erlebnissen erinnern sich viele Ihrer Leser sicher noch an das Braunschweiger Kammermusikpodium (BSClassics), dessen regelmäßiger Besucher ich war. Klassische Musik ist heute ein fester Bestandteil unseres familiären Jahreskalenders.

Wenn Sie einen Blick auf das diesjährige Programm werfen – welches Konzert reizt Sie besonders? Mal abgesehen vom alljährlichen Weihnachtskonzert, welches zu meinem großen Glück in der St. Martinikirche stattfindet und per se immer einen Höhepunkt darstellt, reizt mich in diesem Jahr besonders die Veranstaltung im Rammelsberg. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Kunst mit der Kühle des Bergwerkes vereint. Das Ambiente und die spannende Akustik werden sicher ein Highlight der Spielzeit.

Von Luther ist der Satz überliefert: »Musik ist ein reines Geschenk und eine Gabe Gottes, sie vertreibt den Teufel, sie macht die Leute fröhlich und man vergisst über sie alle Laster.« Konnten Sie schon einmal eine ähnliche Wirkung bei sich feststellen? Ich würde gern auf diese Frage unpathetisch antworten: mir langt es, wenn ich aus einem Konzert, auf das ich mich in der Regel sehr freue, beschwingter und begeisterter herauskomme, als ich hineingegangen bin. Ich bin überzeugt davon, dass die diesjährige Konzertreihe im Rahmen der Reformation, die Graf Schulenburg ausgesprochen professionell zusammengestellt hat, alle Gäste begeistern wird.

Die Klassik ist immer auf der Suche nach neuen Hörerschichten. Wie sind Sie erstmalig mit klassischer Musik in Berührung gekommen, und ist daraus eine nachhaltige Beziehung geworden? Ich gestehe: als junger Mensch kam ich kaum mit dieser Art von Musik in Berührung. Meine erste Oper durfte ich im Alter von 25 Jahren in der Royal Albert Hall in London genießen. Die Beziehung entwickelte sich nach

Beenden Sie diesen Satz: Ein Konzertabend ist für mich gelungen,… …wenn alle Sinne angeregt wurden, für jeden etwas dabei gewesen ist und die Begabung der Musiker sowie die Begeisterung des Dirigenten das Publikum erfasst. Lassen Sie es mich so sagen: Anlässlich des Weihnachtskonzertes erschleicht mich durchweg – auch nach sechs Bach-Kantaten – dieses besondere Gefühl: „So, jetzt kann Weihnachten kommen...!“

Thomas Ritterbusch ist Vorstand der BRW Beteiligungs AG. Er freut sich vor allem auf das Weihnachtskonzert in St. Martini.

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Nederlands Kamerkoor Concerto Kรถln

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eidenschaftliches Musizieren und die ungebrochene Lust an der Suche nach dem Unbekannten sind die Markenzeichen von Concerto Köln. Seit mehr als 30 Jahren zählt das Orchester mit dem unverwechselbaren Klang zu den führenden Ensembles im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Mit regelmäßigen Auftritten in den großen Musikmetropolen der Welt und bei renommierten Festivals steht Concerto Köln für herausragende Interpretation Alter Musik von internationalem Rang und ist gleichzeitig im Kölner Musikleben festverwurzelt. Projekte mit den bedeutenden Chören u.a. des Bayerischen Rundfunks, des Norddeutschen Rundfunks, dem ChorwerkRuhr sowie dem schwedischen Rundfunkchor demonstrieren die Wertschätzung, die Concerto Köln in der Zusammenarbeit mit Vokalensembles erfährt. In der Spielzeit 2016/2017 ist Concerto Köln wieder in ganz Europa unterwegs. Ein erstes Highlight der Saison ist die Opernneuproduktion von Händels ­„Jephtha“ unter Ivor Balton an De Nationale Oper in Amsterdam. Zum 250. Todestag von Georg Philipp Telemann im Jahr 2017 führt Concerto Köln die Werke des deutschen Barockkomponisten europaweit auf. Das Orchester feiert das Jubiläum u.a. mit der Sopranistin Sophie Karthäuser in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Dänemark. Eine Tournee mit Giuliano Carmignola führt das Ensemble im Frühjahr auch nach Asien. Außerdem erklingen auch die Programme der jüngsten Album-Erfolge (Die vier Jahreszeiten und die Brandenburgischen Konzerte) live im Konzert. Mayumi Hirasaki und Shunske Sato als ständige Konzertmeister sowie Lorenzo Alpert als Künstlerischer Leiter stehen für die Ausrichtung des selbstverwalteten Orchesters. Seit vielen Jahren beweisen die Musiker in der Auswahl ihrer Projekte, dass sich künstlerischer Anspruch und Publikumserfolg nicht widersprechen.

Unter den bedeutenden Dirigenten, mit denen Concerto Köln in jüngerer Zeit zusammenarbeitete, finden sich prominente Namen wie Ivor Bolton, Kent Nagano, Peter Dijkstra, Andrea Marcon und Gianluca Capuano. Die langjährige Zusammenarbeit mit René Jacobs ist durch mehrere preisgekrönte CDEinspielungen dokumentiert, darunter Mozarts „Così fan tutte“, Händels „Saul“ und Grauns „Cleopatra e Cesare“. Die Diskografie des Ensembles umfasst mittlerweile mehr als 70 Aufnahmen, die zahlreiche Preise gewann, darunter der ECHO Klassik, der Grammy Award, der Preis der Deutschen Schallplattenkritik, der MIDEM Classic Award, der Choc du Monde de la Musique, der Diapason d’Année oder der Diapason d’Or.

SO, 17. DEZEMBER | 15.30 UHR ST. MARTINI BRAUNSCHWEIG

Johann Sebastian Bach Weihnachtsoratorium Kantaten I-VI Peter Dijkstra LEITUNG Elizabeth Watts SOPRAN Maarten Engeltjes COUNTERTENOR James Gilchrist TENOR Andreas Wolf BASS 67


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Veranstalter: Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival Verein zur Förderung der Feste Alter Musik im Braunschweiger Land e.V. Haus der Braunschweigischen Stiftungen Löwenwall 16, 38100 Braunschweig www.solideogloria.de Vorstand: Günther Graf von der Schulenburg, Künstlerischer Direktor Hans Reimann, Kaufmännischer Direktor Dr. Anja Hesse Tobias Henkel Julius von Ingelheim in Kooperation mit: Cm Reimann GmbH Adlershofer Straße 6, 12557 Berlin Kuratorium: Dr. Gert Hoffmann, Benita von Maltzahn, Gerhard Döpkens, Kai Uwe Krauel, Nikolaus Külps, Ulrich Markurth, Knud Maywald, Elisabeth Pötsch, Prof. Dr. Bettina Rothärmel, Werner Schilli, Dr. Wolf-Michael Schmid, Thomas Stieve, Prof. Dr. Christoph Stölzl Einführungen: Dr. Gerhard Müller Redaktion: Birgit Niemeyer Layout: Siegmar Förster (www.sfbdesign.de)

UND DEN EINZELFÖRDERERN VON SOLI DEO GLORIA FÜR DIE GROSSZÜGIGE UNTERSTÜTZUNG

K U LT U R P A R T N E R

MEDIENPARTNER

Bildnachweis: S. 6/7: Andreas Greiner-Napp S. 8: Klaus G. Kohn S. 9: Gisela Rothe S. 11: Detlev Schneider S. 12: Marco Borggreve S. 14: Klaus Völker S. 15: Conny Wenk S. 16: Petra Hajska S. 19: Petra Hajska S. 22: Management S. 23: Eberhard Zummach S. 26: Management S. 28: Gudrun Bublitz S. 32: Annelies van der Vegt S. 35: Josep Molina S. 36: Dario Acosta S. 40: Andreas Greiner-Napp S. 42: Braunschweiger Zeitung S. 47: Management S. 50: Robert Dämmig S. 52: Waldemar Salesski S. 53: Robert Dämmig S. 56-58: Andreas Greiner-Napp S. 59: Stadt Wolfenbüttel S. 60: Stadtmarketing Braunschweig S. 61: Andreas Greiner-Napp S. 62: Stadtmarketing Braunschweig S. 63: BRW AG S. 64: Gerrit Schreurs, Harald Hoffmann S.65: Astrid Ackermann Redaktionsschluss: 12. Mai 2017 Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten.


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Mit der Förderung von Kunst und Kultur übernimmt die Volkswagen AG Verantwortung für die Zukunft. Denn genau dort, wo sich Kreativität entfalten kann, beginnt der Fortschritt. Wir freuen uns daher ganz besonders, als Partner von Soli Deo Gloria einen solchen Beitrag leisten zu können.


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