Soli Deo Gloria Magazin 2015

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SAISON  2015

ZEHN JAHRE SOLI DEO GLORIA BRAUNSCHWEIG FESTIVAL

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Liebe Festivalgäste, »Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival« gibt es jetzt seit zehn Jahren. Mit Stolz und Freude sehen wir unserem ersten Jubiläum entgegen.

das diesjährige Eröffnungskonzert gehört einem der erfolgreichsten Protagonisten der Originalklang-Bewegung: Philippe Herreweghe wird mit seinem Ensemble Collegium Vocale Gent Bachs Johannes-Passion im Kaiserdom Königslutter vorstellen. Das Lessingtheater Wolfenbüttel ist der Ort für den »Sommernachtstraum« von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit einem weiteren renommierten Originalklang-Ensemble, dem Kammerorchester Basel unter der Leitung von Trevor Pinnock. Besonders stolz sind wir auf den Sprecher sämtlicher Rollen, den Weltstar Klaus Maria Brandauer. Bereits Tradition hat unser Familienkonzert, das zum wiederholten Male in der besonderen Atmosphäre des Rittergutes Altenrode stattfindet. Matan Porat begleitet live am Klavier Buster Keatons Stummfilm »Der General« in einer erstmalig präsentierten Kooperation mit dem Braunschweig International Film Festival. Mit einem Konzert für Orgel und Klarinette mit Matthias Eisenberg und Mat­

thias Glander werden wir in St. Katharinen dem Titel unseres Festivals Soli Deo Gloria mehr als gerecht. Eine weitere Tradition ist inzwischen das Format » Kunst + Musik – Eine Begegnung« im Schafstall Bisdorf, diesmal mit Ragna Schirmer an Klavier und Hammondorgel und der Jazzband »Händel@Hammond«, umrahmt von Installationen des berühmten österreichischen Künstlers Erwin Wurm. Unzweifelhaft der diesjährige Höhepunkt ist unser erstes Open Air Konzert am Schloss Wolfsburg mit einer Operngala mit dem Weltstar Elīna Garanča, begleitet vom Philharmonic Volkswagen Orchestra unter der Leitung von Karel Mark Chichon. Dieses exklusive Konzert ist 2015 das einzige in Deutschland. Nach dem grandiosen Erfolg des Weihnachtsoratoriums im letzten Jahr in St. Martini in Braunschweig haben wir uns dank zusätzlicher Förderung zu einer Neuauflage in diesem Jahr entschlossen. Dieses Mal werden alle sechs Kantaten interpretiert durch den Kammerchor und das Orchester der KlangVerwaltung unter der Leitung des renommierten Bachinterpreten Enoch zu Guttenberg. Wie stets gehört unser besonderer Dank unseren Förderern und Sponsoren, ohne die das Festival in dieser Form und Qualität nicht möglich wäre. Wir freuen uns mit Ihnen auf große musikalische Ereignisse im Rahmen von Soli Deo Gloria 2015! Günther Graf von der Schulenburg, Künstlerischer Direktor

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INTERPRETEN

KONZERTE DER SAISON 2015

Die Mitwirkenden der diesjährigen Saison:

FREITAG 19. JUNI 2015 | 20.00 UHR KAISERDOM KÖNIGSLUTTER COLLEGIUM VOCALE GENT PHILIPPE HERREWEGHE LEITUNG

MITTWOCH 8. JULI 2015 | 21.00 UHR ST. KATHARINEN BRAUNSCHWEIG MATTHIAS GLANDER KLARINETTE MATTHIAS EISENBERG ORGEL

ERÖFFNUNGSKONZERT JOHANN SEBASTIAN BACH JOHANNES-PASSION

KONZERT FÜR KLARINETTE UND ORGEL

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SONNTAG 21. JUNI 2015 | 15.00 UHR RITTERGUT ALTENRODE DUO ALEXANDER

SAMSTAG 4. JULI 2015 | 18.00 UHR SCHAFSTALL BISDORF KUNST + MUSIK EINE BEGEGNUNG

Philippe Herreweghe | 16 Collegium Vocale Gent | 18 Duo Alexander | 22 Matan Porat | 24 Kammerorchester Basel | 28 Klaus Maria Brandauer | 30 Trevor Pinnock | 31 Matthias Glander | 34 Matthias Eisenberg | 35 Erwin Wurm | 38 Ragna Schirmer | 44 Elīna Garanča | 48 Karel Mark Chichon | 50 Philharmonic Volkswagen Orchestra | 51

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VIOLONCELLO & KLAVIER

PIROUETTEN, POLKAS UND POLONAISEN EIN FAMILIENKONZERT FÜR KINDER AB FÜNF JAHREN

Seite 22 MONTAG 22. JUNI 2015 | 21.00 UHR UNIVERSUM FILMTHEATER BRAUNSCHWEIG MATAN PORAT KLAVIER BUSTER KEATON: »DER GENERAL« (USA 1927) STUMMFILM MIT LIVE-MUSIK

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Alle Termine und Infos zu Soli Deo Gloria auf einer App. Jetzt kostenlos downloaden!

SONNTAG 28. JUNI 2015 | 17.00 UHR LESSINGTHEATER WOLFENBÜTTEL KLAUS MARIA BRANDAUER SPRECHER

RUBY HUGHES SOPRAN URSULA EITTINGER ALT KAMMERORCHESTER BASEL TREVOR PINNOCK LEITUNG HENRY PURCELL SUITE AUS DER MUSIK ZU WILLIAM SHAKESPEARES »THE FAIRY QUEEN« FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY EIN SOMMERNACHTSTRAUM OP. 21 UND 61

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ERWIN WURM INSTALLATIONEN RAGNA SCHIRMER KLAVIER (1. TEIL) UND HAMMOND-ORGEL (2. TEIL)

JAZZBAND HÄNDEL@HAMMOND

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SAMSTAG 11. JULI 2015 | 20.00 UHR SCHLOSS WOLFSBURG OPEN AIR GALA ELĪNA GARANČA MEZZOSOPRAN PHILHARMONIC VOLKSWAGEN ORCHESTRA KAREL MARK CHICHON LEITUNG

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RÜCKBLICK 2014

PORTRÄT

KUNST+MUSIK

Die besten Bilder der letzten Saison Seite 6

Die Mezzosopranistin Elīna Garanča Seite 12

Ragna Schirmer trifft Erwin Wurm Seite 38

SPIELSTÄTTEN

INTERVIEW

VORSCHAU

Open Air am Schloss Wolfsburg Seite 54

Thomas Stieve über Kultursponsoring Seite 58

Enoch zu Guttenberg in St. Martini Seite 60 JUBILÄUM

Zehn Jahre Soli Deo Gloria Seite 8

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IMPRESSIONEN 2014

Auch im letzten Jahr war die Begegnung von Kunst und Musik ein voller Erfolg: 1 | Elger Esser, G端nther und V辿ronique von der Schulenburg, Erwin Wurm (v.l.) 2 | Hieronymus Proske und Iha von der Schulenburg 3 | Julius und Beatrice von Ingelheim 4 | Matthias Kunz, Philipp F端rhofer, Dr. Timm Gol端ke (v.l.) 5 | Eric Schneider, Christiane Oelze

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VON BISDORF BIS BACH

Bildreihe unten: Das Weihnachtsoratorium am 4. Advent 2014 begeisterte das Publikum in der voll besetzten Kirche St. Martini in Braunschweig. Mit Ton Koopman (hier zu sehen bei der Probe und beim Schlussapplaus) war ein ausgewiesener Experte zu Gast, der f端r einen glanzvollen musikalischen Jahresabschluss sorgte.

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»Soli Deo Gloria« ist das bemerkenswerte Festival übertitelt. Doch auch, wenn es tatsächlich allein Gott zur Ehre veranstaltet wird die Menschen freut es auch.« Hannoversche Allgemeine Zeitung, 18. 12. 2006

Wo hätte man das »Hallelujah« so frisch, voller Spannung, fast opernhaft inszeniert gehört? Braunschweiger Zeitung vom 19. 5. 2009 zu Händels »Messias« mit dem Ensemble »The Sixteen« in Wolfenbüttel

Plastischer kann man das christliche Glaubens– bekenntnis wohl kaum umsetzen. Braunschweiger Zeitung vom 10. 5. 2010 zu Bachs h-Moll Messe, dem Eröffnungskonzert
 in Königslutter mit John Eliot Gardiner

EIN GUTER GRUND ZUR FREUDE Marie-Nicole Lemieux, Sabina Puertolas und Nicholas Phan bei der Zugabe nach der konzertanten Aufführung von Ariodante am 11. März 2012 (Bild oben). Der Händel-Opern-Zyklus mit Donna Leon sorgte in der Spielzeit 2011/12 für Begeisterung – nicht nur beim Publikum, wie man sieht! Donna Leon wird nach dem Konzert von den Solistinnen Marie-Nicole Lemieux und Karina Gauvin sowie von Konzertmeister Dmitry Sinkovsky auf Händen getragen.

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2006–2015 ZEHN JAHRE SOLI DEO GLORIA Und es begab sich aber zu der Zeit… Ein Gründungsmythos ist ein tragendes Element eines jeden erfolgreichen Projekts. Lesen Sie hier die Geschichte des Festivals von Soli Deo Gloria nlässlich eines Konzertes Ende Januar 2002 im Rahmen der Salzburger Mozartwoche traf Günther Graf von der Schulenburg auf den großen englischen Dirigenten Sir John Eliot Gardiner. Man sprach beim Abendessen und war sich spontan sympathisch, und somit war schnell die gemeinsame Leidenschaft für die Alte Musik, insbesondere von J. S. Bach, die Idee eines gemeinsamen Konzertes geboren. »Graf, I don’t want to bother your elbow, but…« – so insistierte der Legende nach Sir John Eliot Gardiner bereits kurz darauf seinen Wunsch, in den zahlreichen Kirchen der Region um Braunschweig Bachs Musik aufzuführen. Schnell rückte vor allem der grandiose Kaiserdom in Königslutter ins Blickfeld. Es folgten dort zunächst drei einzelne Konzerte mit John Eliot Gardiner in den Jahren 2003 (Johannes-Passion), 2004 (h-moll Messe) und 2005 (MatthäusPassion), die jeweils ausverkauft waren und begeisterten Zuspruch vom Publikum in der Region erhielten.

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NETZWERK Somit war es mit Unterstützung von weiteren Sponsoren fast eine logische Folge, die Aktivitäten auszuweiten. Mit der Unterstützung eines exzellenten

John Eliot Gardiner verdankt die Region nicht nur viele schöne Konzerte, sondern auch den Anstoß zur Gründung des Festivals Soli Deo Gloria. Netzwerks präsentierte Graf Schulenburg als nunmehr Künstlerischer Direktor daraufhin den beteiligten Sponsoren und Förderern ein Festival-Konzept mit dem Titel »Soli Deo Gloria – Feste Alter Musik im Braunschweiger Land«, das im Dezember 2005 anlässlich eines fei-

erlichen Konzerts im Braunschweiger Dom mit Bachs Magnificat aus der Taufe gehoben wurde. Ab 2006 fand das Festival dann jährlich statt. Zunächst orientiert an verschiedenen kirchlichen Festen, später fest etabliert im Frühsommer, aber immer mit einem deutlichen Schwerpunkt auf dem Werk Johann Sebastian Bachs und seiner Zeitgenossen, wurden die Feste Alter Musik zu einem Defilee der großen Interpreten der Alten Musik und der bekanntesten

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2006–2015 ZEHN JAHRE SOLI DEO GLORIA

Günther Graf von der Schulenburg, der Künstlerische Direktor des Festivals, über das Geheimnis des Erfolgs: »Dies alles ist nur gelungen mit zahlreichen großzügigen Sponsoren und Förderern aus der Region wie die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die das Festival seit der Gründung unterstützt haben. Und auch dank einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur Cm Reimann unter der Leitung des Kaufmännischen Direktors Hans Reimann sowie weiteren freien Mitarbeitern, die das Festival seit Beginn begleiten, war ein stetiges Wachstum und der steigende Bekanntheitsgrad des Braunschweig Festivals über die Region hinaus möglich. Wir freuen uns gemeinsam mit Ihnen auf zunächst weitere drei Jahre der Fortsetzung dieser kleinen Erfolgsgeschichte.«

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Originalklang-Ensembles: Christophe Rousset und Konrad Junghänel (2006), Giovanni Antonini, Viktoria Mullova, Alexandre Tharaud und Jochen Kowalski (2007), Evgeni Koroliov (2008+2009), Alan Curtis (2009), Christopher Hogwood und Harry Christophers (2009), Jordi Savall, Hille Perl (2010), Paul McCreesh, Giuliano Carmignola und Federico Maria Sardelli (2011). Sir John Eliot Gardiner ist nach wie vor regelmäßig zu Gast und mit dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists stets ein Garant für großartige Programme. ÖFFNUNG ZUR KLASSIK 2012 wurde aus den Festen Alter Musik »Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival«. Eine Öffnung des Repertoires hin zur Klassik erweiterte erneut den Kreis der Konzertbesucher und trug der Nachfrage nach hochklassigen Konzerterlebnissen auch über die Barockmusik hinaus Rechnung, die jedoch bis heute eine zentrale Rolle bei der Programmgestaltung spielt. Auch weiterhin beeindruckt die Riege der gastierenden Künstler: Masaaki Suzuki (2012), Grigory Sokolov (2013), Jos van Immerseel, Igor Levit und Ton Koopman (2014) seien an dieser Stelle stellvertretend genannt. Über den eigentlichen Festivalzeitraum hinaus kann das Publikum immer wieder Sonderkonzerte mit außergewöhnlichen Programmen erleben: es sei an dieser Stelle zunächst an den umjubelten konzertanten Händel-Opernzyklus in der Spielzeit 2011/12 mit Alan Curtis, Il Com­ plesso Barocco und Einführungen der Bestseller-Autorin und Opern-Liebhaberin Donna Leon im Staatstheater Braunschweig erinnert. Ebenso eindrucksvoll war auch das Gastspiel eines weiteren Weltstars und seines Orchesters: mit Christian Thielemann und der Dresdner Staatskapelle sowie dem Solisten Johan

Botha feierte Soli Deo Gloria den 200. Geburtstag von Richard Wagner Anfang September 2013 im Staatstheater Braunschweig mit einem Gala-Konzert, das in dieser Form nur noch in Dresden und Bayreuth stattfand. LANG LANG IN HALLE 11 Der wohl spektakulärste Konzertabend in der zehnjährigen Geschichte von Soli Deo Gloria jedoch ereignete sich ohne Zweifel am 29. März 2014 in der Halle 11 des Volkswagenwerks in Wolfsburg. Nachdem Lang Lang bereits 2012 im CongressPark vor 2500 begeisterten Zuhörern aufgetreten war, wurde die Produktionshalle buchstäblich über Nacht zum Konzertsaal, in dem 3000 Menschen den chinesischen Weltstar auf einer für diesen Ort maßgeschneiderten Bühne in einer einzigartigen Atmosphäre erleben konnten. In den letzten drei Jahren hat sich ein weiteres Format entwickelt, das in dieser Form in der klassischen Festivallandschaft einzigartig ist: bei »Kunst + Musik   – Eine Begegnung« treffen inzwischen jedes Jahr im Schafstall Bisdorf herausragende bildende Künstler mit Interpreten der klassischen Musik mit besonderen Programmen aufeinander und ermöglichen somit ein spezielles Kunstund Musikerlebnis mit entsprechender Umrahmung in reizvoller Umgebung. MUSIK TRIFFT KUNST Die Leidenschaft des Hausherren und Künstlerischen Direktors für beide Formate hat große Künstler in den Schafstall gelockt: Douglas Gordon, Andreas Slominski sowie Elger Esser waren bereits zu Gast. In diesem Jahr treten Skulpturen des österreichischen Künstlers Erwin Wurm in Dialog mit Händels Orgelkonzerten für Klavier, Hammondorgel und Jazzband.


Ovationen, bevor der erste Ton erklang Wolfsburger Nachrichten vom 31. 3. 2014 zum Konzert mit Lang Lang in Halle 11 des Volkswagenwerks

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Zu einem spektakulären Sonderkonzert kam also Christan Thielemann mit der Dresdner Staatskapelle und dem Tenor Johan Botha. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. 9. 2013

MUSIK AUF HÖCHSTEM NIVEAU 1 | Viktoria Mullova war bereits mehrfach bei Soli Deo Gloria zu Gast (hier 2012)

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2 | Johannes-Passion mit John Eliot Gardiner in St. Trinitatis Wolfenbüttel am 21. März 2008 – Karfreitag und Bachs Geburtstag 3 | Ein Highlight in jeder Hinsicht: Lang Lang in der Halle 11 des Volkswagenwerks am 29. März 2014 4 | Feierten Wagner in Braunschweig: Christian Thielemann, die Staatskapelle Dresden und Johan Botha (2013) 5 | Anfang mit Bach: der Monteverdi Choir in Braunschweig (2006) 6 | Besuch in Bisdorf: der Künstler Douglas Gordon (2012)

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Elına Garanca BLONDES GIFT

Sie ist heute unter den Mezzo-Stars nicht nur die »Kühle mit Schuss« – also das erotischste Blondgift unter der Sonne des Nordens. Elīna Garanča hat sich auch einen Ruf von Nachhaltigkeit und höchster Verlässlichkeit erworben. Sie hat sich an die Spitze ihres Fachs vorgesungen. Als Wikinger-Carmen. Als blonde Katze mit Mezzo-Biss. Unvergleichlich.

VON KAI LUEHRS-KAISER

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Elīna Garanča hat es satt, immer wieder als distanziert, unterkühlt oder sogar berechnend charakterisiert zu werden. »Das ist kritisch gemeint!«, faucht sie, als man sie nach dem Grund für die häufig anzutreffende Beschreibung fragt. »Ich lächle nicht auf allen Fotos«, gibt sie zu. Aber das habe nichts mit Gefühllosigkeit oder gar Arroganz zu tun. »Ein Künstler braucht ein Geheimnis!«, so Garanca. Und dieses Geheimnis suche sie durch Zurückhaltung, durch ein gewisses Maß an Unnahbarkeit zu erreichen. Sie hat Recht. Längst rangiert ihr Name auf CD-Covern nicht mehr unter, sondern gleich neben denen von Anna Netrebko oder Jonas Kaufmann. Neben Spitzengagen für internationale Opernauftritte berechnet sie mittlerweile eine spezielle Openair-Gage, wenn sie in Leichtathletik-Stadien und Waldbühnen für volle Kassen sorgt. Das Zurückgesetztwerden gegenüber Primadonnen, über das sich Mezzo-Sopranistinnen früher gern beklagten, hat sie längst nicht mehr zu gewärtigen. Sie ist auch die einzige, die es sich leisten kann, als »blonde Carmen« selbstbewusst auf eine schwarzhaarige Perücke zu verzichten. „Ich lebe in Spanien«, so Garanča, »und weiß, wie viel naturblonde, blauäugige

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Spanierinnen es gibt. Gehen Sie mal nach La Coruna oder San Sebastian!« Carmen sei in der Oper von Georges Bizet noch dazu eine Aussenseiterin. Auch deswegen sei eine blonde Zigeunerin durchaus denkbar. Und was solle sie schließlich anders tun?: »Eine Wikinger-Kopie wie ich!“ Die 1976 in Riga geborene Sängerin studierte in ihrer Heimat, in den USA und Amsterdam, bevor sie in Meiningen und Frankfurt am Main erste Engagements antrat – und nebenbei vorzüglich Deutsch lernte. Für Staatsoperndirektor Ioan Hollender, der ihr Talent rasch erkannte, war sie jahrelang eine preiswerte Ensemblekraft an der Wiener Staatsoper. Publikumsliebling wurde sie hier als Cherubino, Rosina und Charlotte (in Massenets »Werther«). Sie hat sich hochgearbeitet – und den Stallgeruch großer Häuser angenommen, bevor sie sich souverän in die Umlaufbahn internationalen Star-Rummels katapultieren ließ. Zum Erfolg trugen nicht nur ihre Vielseitigkeit, ihre Professionalität sowie stahlblaue Katzenaugen bei – sondern ein stimmlicher Mezzo-Mix aus Roséwein-Klarheit, Erotik und dem Bewusstsein, niemals zu früh zu viel geben zu dürfen. »Ich war immer sehr fasziniert von Grace Kelly, von Cathérine Deneuve und Marlene Dietrich. Viel mehr als von Audrey Hepburn, die mir zu attraktiv erscheint und mir zu viel lacht.« Als blondes Gift, als »sophisticated girl«, entdeckte Garanča eine Marktlücke für sich. Und traf wichtige Förderer. Die legendäre Christa Ludwig fand Gefallen an ihr, und berät in Rollen-Fragen.

»Halt endlich die Klappe, blöde Kuh!« Das rief ein Nachbar entnervt durchs Fenster als Elīna Garanča die »Casta Diva«-Arie an einer Schallplattenaufnahme der von ihr bewunderten Joan Sutherland studierte.

»Wirklich wichtig sind die Schuhe.« Ihrer (eigentlich zu früh erschienenen) Autobiografie gab Elīna Garanča diesen selbstironischen, von Birgit Nilsson entliehenen Titel.

Die Ähnlichkeit mit dem dunkel-klar funkelnden Timbre von Tatiana Troyanos wurde Garanča oft rühmlich nachgesagt. Keine Frage, dass sie nicht nur eine herausragende, sondern eine prägende Sängerin ihrer Generation ist. Mit ihren Alben hatte sie nicht immer Glück. Dem Lob der Buntheit konnte man sich bei der allzu wirr durchmischten CD »Aria cantilena« und auch bei ihren spanischen Ausflügen nicht immer anschließen. »Die besten Titel für eine neue CD sind meist gerade weg«, so Garanča über die Schwierigkeit, für Konzeptalben den richtigen Namen zu finden. »Romantique« heißt ihr vorletztes, »Meditation« ihr neuestes Album, mit dem sie sich gern auch in die Sakro-Ecke halbscheinheiliger VerismoSchluchzer begibt. »CD-Titel müssen heutzutage nicht nur in Deutschland, sondern auch in Großbritannien und Frankreich funktionieren. Und neu sein!“ Auf jedem neuen Album hat sie nochmals ein weiteren Quantum erotischen Orgelns draufgelegt. Die Stimme ist größer – und gerader geworden, was einen androgynen Eindruck verstärkt. Man hört, wie sehr diese Sängerin, die privat mit dem Dirigenten Karel Mark Chichon verheiratet ist, auch vokal die Hosen anhat und weiß, wo der Hammer hängt. Die Top-Töne sind stabiler, die Mittellage ist runder und erdiger geworden, so meint Garanca selber. »Ich habe immer zwischen allen Stühlen gesessen – oder auf zwei gleichzeitig«, ulkt sie. Ihrer (eigentlich zu früh erschienenen) Autobiographie gab sie den selbstironischen, von Birgit Nilsson entliehenen Titel »Wirklich wichtig sind die Schuhe«.


Darin gibt sie zu Protokoll, aufgrund ihrer ländlichen Herkunft die vermutlich »beste melkende Sängerin« zu sein und eigentlich einen schweren Angang gehabt zu haben, da sie zu Anfang ihrer Karriere überall durchgefallen sei. Bei der Aufnahmeprüfung für das Gesangsstudium wurde ihr Vortrag mit den Worten abgewürgt: »Ja, nett!« Als sie die »Casta Diva«-Arie an einer Schallplattenaufnahme der von ihr bewunderten Joan Sutherland studierte, rief ein Nachbar entnervt durchs Fenster: »Halt endlich die Klappe, blöde Kuh!« Eine Weile

moderierte sie die »Arte-Lounge« im Fernsehen. Empfand sich aber als nicht richtig in ihrem Element. Selbstbewusst gab sie die Sache wieder auf. »Ich bin zu altmodisch für das Format, wo Pop, Jazz und Klassik nebeneinander stehen«, so Garanča offen. »Ich brauche auch mehr Moderations-Erfahrung.« Ihrem Image der Unnahbarkeit widersprechend, zeigt sich Garanča im Gespräch grundsätzlich sehr ehrlich und unverstellt. Selbst gegenüber Kritikern, die bisweilen ungeduldig auf sie reagierten. Übrigens wurde sie, ähnlich wie Cecilia Bartoli oder

Christa Ludwig, von ihrer eigenen Mutter ausgebildet. Anita Garanča, die vor allem als Lieder-Sängerin in ihrer Heimat bekannt wurde, hat in Riga eine Gesangsprofessur inne. Wenn Elīna an der New Yorker Met eine Rolle singt, die weltweit in die Kinos übertragen wird, dann geht Anita Garanča in Riga ins Kino und schaut sich ihre Tochter auf der Leinwand an. In der Pause, so erzählt Elīna Garanča, ruft sie dann in New York an. »Sie sagt mir, was ich besser machen soll, und kann das Ergebnis direkt im Kino begutachten.«

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Philippe Herreweghe ist Bach-Spezialist und einer der namhaftesten Interpreten der historischen Auff端hrungspraxis.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA hilippe Herreweghe wurde in Gent geboren und kombinierte dort sein Universitätsstudium mit einer musikalischen Ausbildung am Konservatorium, wo er Klavierunterricht bei Marcel Gazelle erhielt. Zur selben Zeit begann er zu dirigieren und gründete 1970 das Collegium Vocale Gent. Nikolaus Harnoncourt und Gustav Leonhardt bemerkten seine außergewöhnliche Vorgehensweise und luden ihn ein, an der Aufnahme sämtlicher Bach-Kantaten mitzuarbeiten. Schon bald wurde Herreweghes lebendiger, authentischer und rhetorischer Ansatz der Barockmusik gelobt, und 1977 gründete er in Paris das Ensemble La Chapelle Royale, mit dem er Musik des französischen Goldenen Zeitalters zur Aufführung brachte. Von 1982 bis 2002 war er Künstlerischer Leiter der Académies Musicales de Saintes. Zu dieser Zeit schuf er verschiedene Ensembles, mit denen er eine adäquate und gründliche Lesart eines Repertoires von der Renaissance bis zu zeitgenössischer Musik zu geben wusste. So war das Ensemble Vocal Européen auf Renaissancepolyphonie spezialisiert und das 1991 gegründete Orchestre des Champs-Élysées zur Interpretation des romantischen und vorromantischen Repertoires auf Ori-

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ginalinstrumenten. Auf Einladung der angesehenen Accademia Chigiana in Siena arbeitet Philippe Herrewe­ghe seit 2009 zusammen mit dem Collegium Vocale Gent am Aufbau eines großen sinfonischen Chors. Immer auf der Suche nach musikalischen Herausforderungen beschäftigt sich Philippe Herreweghe seit einiger Zeit sehr aktiv mit dem großen sinfonischen Repertoire von Beethoven bis Gustav Mahler. Seit 1997 engagiert er sich als Hauptdirigent der Königlichen Philharmonie von Flandern (Royal Flemish Philharmonic). Philippe Herreweghe wurde 2008 auch ständiger Gastdirigent der Radio Kamer Filharmonie in den Niederlanden. Außerdem ist er ein sehr gefragter Gastdirigent bei Orchestern wie dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Gewandhausorchester Leipzig oder dem Mahler Chamber Orchestra. Mit all seinen Ensembles errichtete Philippe Herreweghe im Laufe der Jahre bei den Labels Harmonia Mundi France, Virgin Classics und Pentatone eine umfangreiche Diskographie von mehr als hundert Aufnahmen. Höhepunkt sind unter anderem die Lagrime di San Pietro von Orlando di Lasso, die Matthäus-Passion von Bach, sämtliche Sinfonien von Beethoven und Schumann, Mahlers Liedzyklus Des Knaben Wunderhorn, Bruck-

ners Sinfonie Nr. 5, Schönbergs Pierrot Lunaire und die Symphonie de Psaumes von Strawinsky. 2010 gründete Philippe Herreweghe ein eigenes Label Φ (PHI), um in völliger künstlerischer Freiheit einen reichen und variierten Katalog aufzubauen. 2011 und 2012 erschienen nacheinander CDs mit den Motetten von J.S. Bach (PHI-002), eine Aufnahme mit Werken von Johannes Brahms (LPH003) gefolgt von einer Neuaufnahme von Bachs h-moll Messe (LPH-004) und LdeVictorias Officium defunctorem (PHI-005). Wegen seiner konsequenten künstlerischen Vision und seines Engagements wurde Philippe Herreweghe verschiedentlich geehrt. 1990 wählte ihn die europäische Musikpresse zur »Musikpersönlichkeit des Jahres.« Zusammen mit dem Collegium Vocale Gent wurde Philippe Herreweghe zum »Kulturbotschafters Flanderns« ernannt. Ein Jahr später wurde ihm der Orden des Officier des Arts et Lettre zuerkannt, und 1997 erhielt er einen Doktor honoris causa der Katholischen Universität Leuven. 2003 empfing er in Frankreich den Titel eines Chevalier de la Légion d’Honneur. Im Jahre 2010 schließlich verlieh die Stadt Leipzig Philippe Herreweghe die Bach-Medaille für seine großen Verdienste als Bach-Interpret.

Philippe Herreweghe L E I T U N G

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Collegium


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA m Jahr 2010 war es genau vierzig Jahre her, dass eine Gruppe befreundeter Studenten auf Initiative von Philippe Herreweghe beschloss, das Collegium Vocale Gent zu gründen. Das Ensemble wendete als eines der ersten die neuen Erkenntnisse in der Aufführungspraxis der Barockmusik auf Vokalmusik an. Dieser authentische, textgerichtete und rhetorische Ansatz achtete auf einen durchsichtigen Klang, wodurch das Ensemble schon nach wenigen Jahren Weltruhm erhielt und zu Gast auf allen wichtigen Podien und Musikfestivals in Europa, Israel, den Vereinigten Staaten, Russland, Süd­amerika, Japan, Hongkong und Australien war. Inzwischen wuchs das Collegium Vocale Gent auf organische Weise zu einem äußerst flexiblen Ensemble mit einem breiten Repertoire aus verschiedenen Stilepochen. Der größte Trumpf besteht darin, dass für jedes Projekt eine bestmögliche Besetzung zusammen gebracht wird. Musik der Renaissance wird durch ein Ensemble von sechs bis zwölf Sängern ausgeführt. Die deutsche Barockmusik und insbesondere die Vokalwerke von J.S. Bach waren und bleiben ein Herzstück. Heutzutage führt das Collegium Vocale Gent diese Musik vorzugsweise mit einem kleinen Ensemble auf, wobei die Sänger sowohl Chor, als auch solistische Partien ausführen. Immer mehr beschäftigt sich das Collegium Vocale Gent auch mit dem romantischen, modernen und zeitgenössischen Chorrepertoire. Das Collegium wird seit 2011 hierin vom EU-Kulturprogramm unterstützt und so konnte ein gemischter sinfonischer Konzertchor entstehen, der junge Talente aus ganz Europa auswählt, die dann Seite an Seite mit den

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erfahrenen Kollegen singen. Zur Verwirklichung dieser Projekte arbeitet das Collegium Vocale Gent mit verschiedenen historisch informierten Ensembles zusammen, wie etwa das eigene Barockorchester des Collegium Vocale Gent, das Orchestre des Champs Élysées, das Freiburger Barockorchester, die Akademie für Alte Musik Berlin. Aber auch mit hervorragenden Sinfonieorchestern wie de Filharmonie, dem Rotterdams Filharmonisch Orkest, dem Budapest Festival Orchestra oder dem Koninklijk Concertgebouworkest wurden Projekte umgesetzt. Das Ensemble wurde geleitet durch Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, Sigiswald Kuijken, René Jacobs, Paul Van Nevel, Iván Fischer, Marcus Creed, Kaspar Putnins Yannick Nézet-Séguin und vielen anderen. Das Collegium Vocale Gent baute unter Leitung von Philippe Herreweghe eine umfangreiche Diskographie mit mehr als 80 Einspielungen auf, vor allem für die Labels Harmonia mundi France und Virgin Classics. Im Jahre 2010 begann eines neues Aufnahmeprojekt mit dem Ziel in völliger künstlerischer Freiheit ein reiches und abwechslungsreiches Programm zu erstellen. Zu diesem Zweck gründete Philippe Herreweghe sein eigenes Label Φ (PHI). Mittlerweile sind dort gut zehn Aufnahmen mit Vokalmusik von Bach, Beethoven, Brahms und Gesualdo veröffentlicht worden. Für 2014 sind die Veröffentlichungen von Bachs »Leipziger Kantaten« (LPH012) und Haydns Oratorium »Jahreszeiten« (LPH013) geplant. Das Collegium Vocale Gent wird unterstützt durch die Flämische Gemeinschaft, die Provinz Ostflandern und die Stadt Gent. 2011 wurde das Ensemble Botschafter der Europäischen Union.

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rwarten Sie keine Stunde stiller Erbauung. Die beiden Passionen von Johann Sebastian Bach sind hochdramatische Werke. Sie gehen unter die Haut. Eine adlige Leipziger Witwe war so entsetzt, als sie die Matthäus-Passion hörte, dass sie ausrief: »Behüte Gott, ihr Kinder! Ist es doch, als ob man in einer Opera Comödie wäre!« Von ihrem Jesus-Bild war offensichtlich nur noch das liebe Christkindlein übrig geblieben; die unverhüllte Darstellung des Leidens erschreckte sie. Über die Johannes-Passion wäre sie noch entsetzter gewesen. In dieser Passion, mit der Bach 1724 seinen künstlerischen Einstand in Leipzig gab, haben wir tatsächlich eine »Opera Comödie«, ein hochdramatisches ­Opernwerk, das über 150 Jahre beispiellos blieb. Ihre Modernität erstaunt bis heute. Die Leipziger erlebten am 7. April 1724 in der Leipziger Nikolaikirche ein ungewohntes musikalisches Schauspiel mit kunstvollen Arien, dramatischen Chören (die in der damaligen Oper gar nicht vorkamen), rezitativischen Dialogen und Chorälen, die den rohen Gemeindegesang veredelten. Dergleichen hatte man noch nie vernommen; wir können vermuten, dass die Hörer tief bewegt und erschüttert waren. Indirekt belegen das die distanzierten Berichte der Pfarrer und Kirchenoberen, denen diese musikalische Urgewalt fremd und unheimlich war. Die Kirche wurde buchstäblich zur Szene. Die Sänger traten in biblischen Kostümen auf und waren an verschiedenen Stellen des Raumes postiert, während die Gemeinde gleichzeitig den Altar mit der Kreuzigungsszene vor Augen hatte. Soviel Sinnlichkeit erschreckte die Leipziger Kirchenräte, und sie erlaubten künftig nur konzertante Aufführungen, wie sie bis heute üblich sind. Manche modernen Aufführungen aber kehren ganz oder teilweise zur Szene zurück, wie es sich Johann Sebastian Bach vorstellte. Es sollte über 100 Jahre dauern, bis in Deutschland wieder ein vergleichbares musikdramatisches

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FREITAG 19. JUNI 2015 20.00 UHR KAISERDOM KÖNIGSLUTTER ERÖFFNUNGSKONZERT THOMAS HOBBS EVANGELIST FLORIAN BOESCH CHRISTUS DOROTHEE MIELDS SOPRAN DAMIEN GUILLON COUNTERTENOR SEBASTIAN KOHLHEPP TENOR PETER KOOIJ BASS

COLLEGIUM VOCALE GENT PHILIPPE HERREWEGHE LEITUNG

JOHANN SEBASTIAN BACH | 1685–1750

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Genie auftrat – Richard Wagner, der wie Bach das Erlösungs-Paradigma zu seinem zentralen Thema erhob. Übrigens war auch er ein Bach-Verehrer und hinterließ ebenfalls ein Dramen-Fragment »Jesus von Nazareth«. Die Johannes-Passion ist der Bericht vom Sterben eines Menschen. Uns wird kein symbolischer Opfergang eines Gottes vorgeführt, sondern das wirkliche Todesleiden. Der Jesus, den uns Bach zeigt, ist kein allmächtiger Gott, sondern ein sehr irdisch kämpfender und leidender Mensch. Sein Geschick vollzieht sich, wie im klassischen Theater, in fünf Akten: Die Gefangennahme Simon Petrus Pontius Pilatus Kreuzigung Grablegung Die didaktischen, lehrhaften und theologischen Aspekte, die uns die Matthäus-Passion so lieb machen, sind in der Johannes-Passion meist fortgelassen. Gefangennahme, Verhör und Hinrichtung sind die Stationen des Dramas. Am Anfang steht die Verhaftung am Bache Kidron. Auf den Gewaltakt folgt der Verrat. Simon Petrus, der selbst seine Inhaftierung befürchtet, weil er sich widersetzt hatte, verleugnet seinen Meister dreimal und rettet sich das Leben. Er steht, so könnten wir vermuten, für die Mehrzahl seiner Anhänger. Dann folgt das ausführliche Verhör bei Pilatus. Der römische Richter sucht den Beschuldigten zu verstehen, der von sich behauptet, er sei »der Jüden König«, und rätselhafterweise hinzufügt, sein Reich sei nicht von dieser Welt. Das klingt harmlos, ist es aber nicht; gefordert ist, um es modern zu sagen, ein »Systemwechsel«. Pilatus, der römische Statthalter, fragt zurück: »Was ist Wahrheit?« und stellt das Urteil der Masse anheim. Die aber will, manipuliert von ihren Priestern, keinen »Systemwechsel«, sondern die Kreuzigung, und verlangt, dass ein gewisser »Barrabas« statt seiner freigelassen wird. Dieser »Barrabas« erscheint hier wie in der Bi-


bel wie aus dem Nichts, um auch gleich wieder zu verschwinden. Ein Schatten streift uns, aber diesem »Barrabas« wird Jesus seinen Tod verdanken. Das ist eines der mystischen Rätsel der Bibel. Denn »Barrabas« bedeutet »Sohn des Herrn«, und so hatte doch der Prediger Jesus sich selbst bezeichnet. Wer ist also wer? Wer entkommt, und wer wird ans Kreuz geschlagen? Es bleibt ungewiss, doch eines bleibt, das unerhörte Leiden, das nun geschildert wird. Die Golgatha-Szene wird drastisch ausgemalt. Angesichts des am Kreuze hängenden Jesus würfeln die Soldaten um seine Kleider, und am Fuße des Kreuzes befinden sich Jesu Lieblingsjünger Johannes, seine Mutter Maria, deren Schwester Maria Cleophas und eine dritte Frau, Maria Magdalena. Wer waren sie? Die Bibel schweigt dazu, doch die Szene ist wiederum verwirrend. Denn die Frau, die Jesus beim Abendmahl die Füße wäscht, die am Fuße des Kreuzes sitzt, die ihn beweint und ins Grab legt, könnte nur eine sein – seine eigene Frau. Nach offizieller Lesart kann das nicht stimmen, denn danach war Jesus nicht verheiratet, die Bibel-Theologie macht aus ihr eine abstrakte »Büßerin« und lässt damit ihre vermutlich wirkliche Rolle verschwinden. Bach hat das nicht thematisiert, aber die ergreifendste Arie der Passion gibt dieser Maria Magdalena eine Stimme. Wir sehen die Szene vor uns: Jesus verscheidet am Kreuze, der Vorhang des Tempels zerreißt, die Erde erbebt, die Toten steigen aus ihren Gräbern – das wird in der Musik sehr plastisch dargestellt – und der Sopran bricht in eine erschütternde Klage aus: »Zerfließe, mein Herze, in Fluten der Zähren , erzähle der Welt und dem Himmel die Not, dein Jesus ist tot.« Das Stück spielt auf verschiedenen Ebenen. Die klassischen Einheiten des Ortes, der Zeit und der Handlung der klassischen Dramenlehre gelten nicht. Im Vordergrund agieren die Protagonisten – Jesus, Pilatus, die Frauen, im Hintergrund das schreiende und den Tod fordernde Volk der Juden. Anders als

in der Oper verkörpert dieses Volk nicht die moralische Instanz des Guten, sondern erscheint als Büttel und Henkersknecht der Römer. Das ist die klassische Tragödie – das Opfer des Einzelnen gegen die verstandslose Masse. Durch die Bibelhandlung führt ein Moderator, der »Evangelist«, und die Protagonisten der Handlung – Jesus, Pilatus, Petrus – treten nur in knappen Rezitativen in Erscheinung, nicht in den Arien. Im Grunde rezitativisch sind auch die Chöre der Juden, melodramatische Schreie, wenn auch manchmal fugiert: »Kreuzige, kreuzige« oder »Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz muss er sterben!«. Sie kommen aus dem Nichts und enden meist abrupt, ohne Vor- und Nachspiele oder Schlussakkorde. Die Solisten aber mit ihren wundervollen Arien kommen auf dieser Ebene nicht vor. Sie sind darum nicht weniger

Die Johannes-Passion ist der Bericht vom Sterben eines Menschen. Uns wird kein symbolischer Opfergang eines Gottes vorgeführt, sondern das wirkliche Todesleiden. Der Jesus, den uns Bach zeigt, ist kein allmächtiger Gott, sondern ein sehr irdisch kämpfender und leidender Mensch.

theatralisch. Die Sänger erscheinen als Zeitenwandler, die aus der Gegenwart in die ferne biblische Vergangenheit hineingehen, am Leiden ihres Helden teilnehmen und sich mit ihm identifizieren, ohne darum ihre Gegenwärtigkeit aufzugeben. Sie sind die Akteure einer die Zeitalter übergreifenden Handlung, in der Vergangenheit und Gegenwart sich mythisch vereinen. Sie unterhalten sich mit dem sterbenden Christus am Kreuze. In der letzten und großartigsten Bass-Arie fragt der Sänger: »Mein teurer Heiland, lass dich fragen , bin ich vom Sterben frei gemacht?«, aber es kommt keine tröstende Stimme vom Himmel, die Gewissheit gäbe. Ob da ein Gott sei, der vom Tode helfen kann, darauf gibt es keine Antwort. Statt Christus spricht der Chor der Lebenden mit einem Cantus firmus »O du lieber Herre, gib mir nur, was du verdient, mehr ich nicht begehre.« – Was du verdient! – Das war der Tod. Die dritte Ebene ist der Choral. Choräle bilden die Zäsuren zwischen den Abschnitten. Aber sie enthalten, anders als die Chöre der antiken Tragödie, keine Lehren und Mahnungen, sondern fordern zu Mitleid und Menschenliebe auf: »O große Lieb, o Lieb ohn alle Maße, die dich gebracht auf diese Marterstraße, ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden, und du mußt leiden.« Zwei Chöre sind allerdings anderer Art, es sind die grandiosen Höhepunkte der Passion: Der Eingangschor »Herr, unser Herrscher, dessen Ruhm in allen Landen herrlich ist«, ein mitreißender Triumphgesang, und der Schlusschor »Ruhet wohl, ihr heiligen Gebeine«, die Szene der Grablegung. Sie mündet in eine ergreifend kindliche Hymne »Ach Herr, laß dein lieb Engelein am letzten End die Seele mein in Abrahams Schoß tragen.« Das ist die Passion. Sie ist nicht die Erzählung einer lange zurückliegenden oder womöglich nicht stattgefundenen Geschichte. Sie erzählt uns unsere eigene Geschichte, wie sie sich ereignet hat und wieder ereignen wird.

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as hat eine singende Säge mit Mozart zu tun? Wie überprüft man Abflussrohre im Baumarkt auf ihre Stimmung, um darauf ein Konzert zu spielen? Zwei Musiker kennen die Antworten: Alexander Scherf und Alexander Puliaev sind beide in der Alten Musik verwurzelt. Als Virtuosen sind sie solistisch und in hochkarätigen Ensembles wie Concerto Köln etabliert und konzertieren weltweit. Wiener Klassik bis Hochromantik in historischer Aufführungspraxis ist das Programm des Duo Alexander. Die Musik mit ihren Geschichten dahinter auch für Kinder erfahrbar zu machen, ihnen mit halsbrecherischen Polonaisen staunende »Ahhhs« zu ent-

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SONNTAG 21. JUNI 2015 15.00 UHR RITTERGUT ALTENRODE

locken, und sie zum Mitmachen anzuregen, ist Anliegen und Idee ihrer moderierten Mitmach-Programme für Kinder ab Fünf. Die Familienkonzerte sind Erweiterungen der klassischen, ebenfalls moderierten Konzertprogramme von Scherf und Puliaev. Alexander Scherf ist auch durch die »Hörpiraten« von Concerto Köln ein erfahrener und mitreißender Entertainer für Kinder, Alexander Puliaev ist sein dramaturgisches und musikalisches Gegenüber. Aktuell gibt es drei Programme, von der Geschichte von den Wunderkindern »Fanny und Felix« über den Polnischen Karneval bis zur Musik am Hofe des »Dicken Lüderjahn«, König Friedrich Wilhelms des II.

PIROUETTEN, POLKAS UND POLONAISEN EIN FAMILIENKONZERT FÜR KINDER AB FÜNF JAHREN DUO ALEXANDER VIOLONCELLO & KLAVIER

DUO ALEXANDER lexander Puliaev erhielt seinen ersten Klavierunterricht im Alter von sechs Jahren in seiner Heimatstadt St. Petersburg. 1985 schloss er sein Klavierstudium am Moskauer Konservatorium bei Wladimir Natansson ab. Nach einigen Jahren der Konzerttätigkeit als Solist und Kammermusiker setzte er seine Ausbildung am Sweelinck Conser-

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vatorium in Amsterdam bei Anneke Uittenbosch (Cembalo) und Stanley Hoogland (Hammerflügel) fort. 1993 wurde er Preisträger beim Internationalen Cembalowettbewerb in Warschau. Seit 1998 lebt Alexander Puliaev in Deutschland, wo er an der Musikhochschule Köln (Abteilung Wuppertal) unterrichtet. Als Solist und Kammermusikpartner ist er international gefragt und hat bereits mit


lexander Scherf studierte Violoncello, Dirigieren und Historische Aufführungspraxis in Düsseldorf und London und geht einer vielfältigen Tätigkeit als gefragter Cellist, Kammermusikpartner, Dirigent und Pädagoge nach. Als Cellist ist er regelmäßig zu Gast im Ensemble »Concerto Köln«, mit dem er in zahlreichen bedeutenden Konzertsälen wie der Carnegie Hall New York, dem Théâtre des Champs Élysées Paris, Concertgebouw Amsterdam und Barbican Centre London sowie bei wichtigen Festivals konzertiert. Dabei arbeitete er mit Dirigenten wie Kent Nagano, René Jacobs, David Stern und Michael Hofstetter zusammen. Seit 2006 ist er Solo-Cellist im Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Regelmäßig entwickelt und moderiert er Konzertprogramme für junge Hörer. Als Gastdirigent leitete er Projekte bei den Stuttgarter Philharmonikern, den Bergischen Symphonikern, beim Stuttgarter Kammerorchester und beim Württembergischen Kammerorchester Heilbronn.

Foto: Nicolaj Lund | NDR

Dirigenten wie Peter Schreier, Ivor Bolton, Marcus Creed und Christoph Spering zusammengearbeitet. Zu seinen Kammermusikpartnern zählen Dorothee Oberlinger, Anton Steck, Hille Perl und Vittorio Ghielmi sowie Concerto Köln, Das Neue Orchester Köln und das Ensemble 1700. Er tritt regelmäßig bei wichtigen internationalen Musikfestivals in aller Welt auf (u. a. Nantes, Tokyo, Schleswig-Holstein Musik-Festival, Festa da Musica Lissabon, Arolser Barock-Festspiele, Banchetto Musicale in Vilnius). Er hat diverse CD-Aufnahmen bei BIS und der MARC AUREL Edition eingespielt.

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Matan Porat hat sich nicht nur als Pianist, sondern auch als Komponist einen Namen gemacht.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA atan Porat ist einer der interessantesten Künstler unserer Zeit, der sich in den letzten Jahren sowohl als Pianist, als auch als Komponist einen Namen gemacht hat. Sein vielseitiges Konzertrepertoire reicht von allen Partiten Bachs über sämtliche Schubert Sonaten bis hin zu Ligetis Klavierkonzert. Seine Debüt-CD »Variationen über ein Thema von Scarlatti« – ein 65minütiges Programm mit Werken von Couperin bis Boulez, die alle in Beziehung zu Scarlattis Sonate K. 32 stehen – wurde im letzten Jahr beim Label Mirare aufgenommen und von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als »ein phantastisches Album, man muss es wieder und wieder hören,« gefeiert. Porat spielte bereits in der Carnegie Hall in New York, in der Berliner Philharmonie, im Pariser Auditorium du Louvre und Salle Gaveau, im Londoner Barbican Centre und in der Wigmore Hall sowie in der Alten Oper Frankfurt. Als Solist konzertierte er mit dem Chicago Symphony Orchestra, der Sinfonia Varsovia, dem Münchner Kammerorche-

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ster, der Hong Kong Sinfonietta, dem Jerusalem Symphony Orchestra, dem Israel Symphony Orchestra und dem Israel Chamber Orchestra. Als begeisterter Kammermusiker ist er gern gesehener Gast bei den Festivals in Marlboro, Lockenhaus, Ravinia, Verbier, Delft, beim Heidelberger Frühling und Rheingau Festival. Er konzertierte unter anderem mit dem Ysaÿe, Pacifica und Jerusalem Quartett, mit Renaud und Gautier Capuçon, Sharon Kam, Kim Kashkashian, Emmanuel Pahud, Dorothea Röschmann, Alisa Weilerstein und mit Mitgliedern des Guarneri Quartetts. Mit der Produktion von Peter Brooks Version der »Zauberflöte« für Solo-Klavier und sieben Sänger ging er auf Welttournee. Matan Porat studierte bei Emanuel Krasovsky, Maria João Pires und Murray Perahia. Seinen Masterabschluss erhielt er an der ­Juillard School. 2009 wurde Matan Porat mit dem Prime Minister Award für seine kompositorische Arbeit ausgezeichnet und konnte sich damit als Komponist bei Ruben Seroussi und George Benjamin weiterbilden. Unter

anderem gaben Andreas Scholl, Maria João Pires, Kim Kashkashian, Elena Bashkirova, Nicolas Altstaedt und die Geneva Camerata, sowie die Akademie des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin bei Matan Porat Kompositionen in Auftrag, die bei den Festivals in Montpellier, Schleswig-Holstein und Gstaad uraufgeführt wurden. David Orlowskys Aufnahme von Matan Porats Werk »Lux Aeterna« wurde 2011 mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet. 2012 wurde das Stück »Whaam!« in der Interpretation von David Greilsammer bei Sony veröffentlicht. Weiterhin zählen die Oper »Animal Farm«, ein Requiem, ein Mandolinenkonzert und eine MusiktheaterTrilogie basierend auf Werken Kafkas, Orwells und Thomas Manns zu Porats herausragenden Kompositionen. Zu den Höhepunkten seiner 2014/15 Saison zählen Porats erstes Solo-Rezital in der Wigmore Hall, Festival-Gastspiele beim Heidelberger Frühling und bei »La Folle Journée« in Frankreich und Japan sowie eine Tournee mit dem SWR Sinfonieorchester unter FrançoisXavier Roth.

Matan Porat K L AV I E R

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uster Keaton (1895 – 1966) war neben Charlie Chaplin einer der großen Stummfilm-Komiker der 20er Jahre. Seit 1906 produzierte er Dutzende von hinreißenden Stummfilm-Komödien. Mit »The Navigator« schloss er 1924 zu den beliebtesten Filmkomikern seiner Zeit auf, aber schon drei Jahre später kam das Fiasko – der aufwendige Historienfilm »The General« fiel beim Publikum durch und wurde ein finanzieller Misserfolg, der auch zu einem Bruch in Buster Keatons künstlerischer Laufbahn führte.

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MONTAG 22. JUNI 2015 21.00 UHR UNIVERSUM FILMTHEATER BRAUNSCHWEIG

BUSTER KEATON: »DER GENERAL« (USA 1927) STUMMFILM MIT LIVE-MUSIK MATAN PORAT KLAVIER

REGIE CLYDE BRUCKMAN, BUSTER KEATON DREHBUCH AL BOASBERG, CLYDE BRUCKMAN, BUSTER KEATON, CHARLES HENRY SMITH, PAUL GIRARD SMITH KAMERA BERT HAINES, DEVEREAUX JENNINGS MUSIK JOE HISAISHI SCHNITT BUSTER KEATON, SHERMAN KELL PRODUKTION BUSTER KEATON PRODUCTIONS INC. PRODUZENT BUSTER KEATON, JOSEPH M. SCHENCK DARSTELLER: BUSTER KEATON (JOHNNY GRAY) MARION MACK (ANNABELLE LEE) CHARLES HENRY SMITH (MR. LEE, ANNABELLES VATER) RICHARD ALLEN (ANNABELLES BRUDER) GLEN CAVENDER (KAPITÄN ANDERSON SPION DER NORDSTAATEN) JIM FARLEY (GENERAL THATCHER DER US-ARMEE) FREDERICK VROOM (SÜDSTAATENGENERAL) JOE KEATON (NORDSTAATENGENERAL) MIKE DONLIN (NORDSTAATENGENERAL) TOM NAWN (NORDSTAATENGENERAL)

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EIN HISTORIENFILM VON 1927 »The General« wurde am 31. Dezember 1926 in Tokio uraufgeführt, am 5. Februar 1927 erschien er in New York und am 11. März in Los Angeles. Nur einen Monat später wurde er auch in Deutschland gezeigt. Doch die Reaktionen waren größtenteils negativ. Die amerikanischen Kritiker hatten die Slapstick-Komödien Buster Keatons vor Augen und waren enttäuscht, dass sie sich hier nicht vor Lachen den Bauch halten mussten. Erst in den 50er Jahren entdeckte man den Film wieder und nannte ihn nun allgemein ein Meisterwerk. Eine internationale Umfrage der Filmzeitschrift »Sight & Sound« unter 81 Filmkritikern im Jahr 1972 wies ihm den 8. Platz der besten Filme zu. Heute ist »The General« Buster Keatons populärste Komödie. Der Film wurde mehrfach bearbeitet und von mehreren Komponisten mit neuen Musiken versehen. 1987 produzierte die Thames Television eine restaurierte Fassung mit einer Musik von Carl Davis. 1995 schuf der amerikanische Stummfilm-Pianist Robert Israel eine weitere Fassung, die 2009 amalgamiert mit der Carl-Davis-Musik in einer Blu-ray-Version erschien. 2004 hatte eine digital restaurierte Fassung bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere, für die der japanische Komponist Joe Hisaishi eine neue Partitur schrieb. Seine Musik ist unter anderem von Philip Glass und Eric Satie beein-

flusst. Die Filmmusik zu »The General« ist in der Form eines frei gestalteten Klavierkonzertes angelegt und stellt an den Pianisten hohe technische und musikalische Forderungen. Sie erinnert kaum an die Slapstick-Musiken der alten Stummfilmzeit und erstaunt durch ihren sinfonischen Anspruch. Das allerdings entspricht auch Buster Keatons Vorstellungen. Sein Film »The General« ist der möglicherweise erste Historienfilm der Filmgeschichte, der auf einem realen geschichtlichen Ereignis aus dem amerikanischen Bürgerkrieg beruht. 1862 entführte ein Sabotage-Trupp der Unionstruppen aus den Nordstaaten einen Eisenbahnzug und zerstörte die Gleise, um den Aufmarsch der Konföderierten des Südens zu behindern. Der Lokomotivführer Johnnie Gray vermag jedoch in abenteuerlichen Aktionen seine Lokomotive zurück zu erobern und die Pläne des NordstaatenGenerals zu durchkreuzen (was allerdings in der geschichtlichen Wirklichkeit die Niederlage der Konföderierten nicht verhinderte). LOKOMOTIVENJAGD Aus diesem Stoff formte Buster Keaton seinen Film. Es war authentisches Material, und er führte authentische Personen in die Handlung ein, den Lokomotivführer Johnnie Gray, den er selber spielte, und mehrere Generäle und ihre Offiziere, die den Anschlag planten, und geriet mit diesem Dokumentarismus in einen bemerkbaren Widerspruch zur Komödienhandlung. Das war es, was die Zuschauer damals irritierte. Lediglich das Mädchen Annabelle war erfunden, damit die militärischen Aktionen durch eine Liebesgeschichte aufgelockert werden konnten. Diese Aktionen sind allerdings absurd genug. Zwei Lokomotiven jagen einander, Johnnie Gray rast halsbrecherisch zwischen Führerstand, Tender und Güterwagen hin und her, er fährt, dampft, rennt, springt um sein Leben und entkommt, mal mit, mal ohne Annabelle, im letzten Moment der schon unausweichlich schei-


nenden Vernichtung. Die dampfende Lokomotive namens »The General« ist der eigentliche, der mechanische Held des Films. Unentwegt und fast pausenlos donnert sie durch die Savanne, ein Menetekel der Rettung und des Untergangs zugleich. Dass der Ingenieur Johnnie Gray sie souveräner beherrscht als ein Cowboy sein Pferd, rettet ihm das Leben. Das ist die Botschaft des Films und seine technizistische Ästhetik. Insofern ist »The General« ein Gegenstück zu Charlie Chaplins »Modern Times«. KEATON ALS AKROBAT Der Film verlangte einen ungewöhnlichen Aufwand. War schon die Eisenbahntechnik an sich ein Problem, und die 500 soldatischen Statisten ein weiteres, so wurde von allen Mitspielern, besonders aber von Buster Keaton selbst ein Höchstmaß als Akrobatik verlangt, denn sie mussten wirklich über die Wagendächer des fahrenden Zuges turnen, da gab es keine Studio-Tricks. Ein Stunt, der eher harmlos anmutet, war der gefährlichste. Buster Keaton setzt sich, eben von seinem geliebten Mädchen verlassen, nachdenklich auf die Kuppelstange der Lokomotive. Als diese plötzlich langsam losfährt, bleibt Johnnie unbewegt darauf sitzen und wird in einer kreisförmigen Bewegung davongetragen. Hätte der Maschinist beim Starten der Lokomotive etwas zu viel Dampf gegeben, hätten die Räder durchgedreht, und Keaton wäre auf der Stelle tot gewesen. »Es war zwar kein großer Gag, aber für einen kleinen, feinen Lacher gut …«, meinte Keaton hinterher. Ursprünglich sollte er in der Schlusseinstellung noch einmal auftauchen. Aber das ließ er dann doch bleiben. Etwa ein Fünftel des Films wurde mit fahrenden Kameras gedreht. Entweder war die Kamera auf der Lokomotive angebracht, oder sie fuhr auf einem Nebengleis mit. Dafür wurde auf ein GleisFahrwerk ein Automobil gestellt und darauf die Kamera montiert. Wenn von einer parallel zu den Schienen verlau-

Buster Keatons Film »The General« ist der möglicherweise erste Historienfilm der Filmgeschichte, der auf einem realen geschichtlichen Ereignis aus dem amerikanischen Bürgerkrieg beruht. DIESES KONZERT WIRD PRÄSENTIERT IN KOOPERATION MIT DEM BRAUNSCHWEIG INTERNATIONAL FILMFESTIVAL

fenden Straße gedreht wurde, ebneten Planierraupen die Straße vorher ein. Auf dem dramatischen Höhepunkt sollte eine Lokomotive über eine brennende Brücke fahren und dabei in die Tiefe stürzen. Über den Fluss wurde eigens eine etwa 70 Fuß lange Eisenbahnbrücke konstruiert. Eine der alten Lokomotiven wurde mit einer Puppe im Führerhaus besetzt und in Gang gesetzt. Wegen der lauten Explosionen gingen

einige Pferde durch und warfen die meist unerfahrenen Reiter ab. Im angestauten Wasser des Flusses drohten einige Statisten zu ertrinken. Insgesamt wurden mindestens neun Menschen verletzt. Neben einigen 100 Darstellern, die als Soldaten der Unionstruppen vor der Kamera standen, kamen über 3000 Schaulustige aus dem ganzen Land, um der Szene, die nur einmal gedreht werden konnte, beizuwohnen. Als die Lokomotive die Mitte der Brücke überquerte, wurden vorbereitete Sprengsätze gezündet. Während der Dreharbeiten verursachten die Lokomotiven durch Funkenflug immer wieder Waldbrände. Nach einem besonders großen Feuer am 24. Juli mussten die Dreharbeiten wochenlang unterbrochen werden, bis sich der Rauch verzogen hatte. Das Lokomotiven-Wrack blieb noch Jahrzehnte lang als Touristenattraktion im Flussbett liegen und wurde erst während des Zweiten Weltkriegs entfernt, weil der Stahl zu Kriegszwecken gebraucht wurde. Die Brückenszene kostete rund 42 000 US-Dollar – dies entspricht heute ungefähr 562 000 US-Dollar – und gilt als die teuerste der ganzen Stummfilmepoche.

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Kammerorchester Basel

n Basel verankert, international erfolgreich – das Kammerorchester Basel begeistert allerorts sein Publikum. Energiegeladene, vor Musizierfreude sprühende Konzerte sind das Markenzeichen des kreativen Spitzenorchesters. Als eines der wenigen Ensembles seiner Art ist das wandlungsfähige Kammerorchester Basel auf Barock­ instrumenten ebenso zu Hause wie in der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Gegründet 1984 von Absolventen verschiedener Schweizer Musikhochschulen gehören heute Einladungen zu den wichtigsten Konzertorten und Festivals

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der europäischen Klassikszene für das Orchester ebenso in die Agenda wie die eigene Basler Abonnementsreihe. Education-Projekte, musikalisch untermalte Lesungen und eine Kammermusik­ reihe im urbanen Ambiente des Ackermannshofs in Basel komplettieren den Spielplan. Diverse CD-Einspielungen bei renommierten Klassiklabels wie Sony, Deutsche Harmonia Mundi, RCA Records und OehmsClassics zeugen von der exzellenten Qualität des Klangkörpers. Das Orchester spielt mit Vorliebe unter der musikalischen Leitung der eigenen Konzertmeister und schätzt die Zusammenarbeit mit wechselnden Diri-

genten wie Paul Goodwin, Mario Venzago, Trevor Pinnock und ganz besonders seinem ständigen Gastdirigenten Giovanni Antonini. Mit letzterem erarbeiten die Musiker den Zyklus der Sinfonien Beethovens. Die Einspielung der Sinfonien 1-8 ist bereits bei Sony erschienen; die Aufnahme der Sinfonien 3 und 4 wurde mit dem ECHO Klassik als »Ensemble des Jahres 2008« ausgezeichnet. Diesen Erfolg konnte das Kammerorchester Basel erneut bestätigen, als es unter der Leitung seiner Konzertmeisterin Julia Schröder für die Einspielung von Telemanns Opernarien gemeinsam mit der Sopranistin Núria Rial den ECHO


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA

Klassik 2012 in der Kategorie »Beste Operneinspielung (Opernarien und Duette)« gewann. Darüber hinaus ist das Orchester Protagonist eines abendfüllenden Films: Der Dokumentarfilm »Bartóks Quinten« (2010, Regie Christine Burlet), der einen farbigen Blick hinter die Kulissen des Kammerorchester Basel wirft, wurde auf SF1 und 3sat ausgestrahlt. Renommiert ist die Liste der Solisten, welche gemeinsam mit dem Kammerorchester Basel konzertieren: Cecilia Bartoli, Sol Gabetta, Andreas Scholl, Angelika Kirchschlager, Matthias Goerne, Sabine Meyer, Vesselina Kasarova, Angela Hewitt, Renauld Capuçon,

Victoria Mullova, Núria Rial und viele mehr. Die Saison 2014|2015 wurde eingeleitet von der Aufführung der 9. Sinfonie Beethovens unter Giovanni Antonini. Auch in dieser Saison freut sich das Kammerorchester Basel zudem auf die Zusammenarbeit mit herausragenden Solisten und Dirigenten, darunter Christoph Poppen, Heinz Holliger, Fazil Say, Emmanuel Pahud, Sandrine Piau, Julia Lezhneva und das Juilliard String Quartet. Das traditionelle Kernrepertoire steht u.a. mit Schuberts Sinfonien, Beethovens Violinkonzert und Mozarts Klavierkonzerten ebenso auf dem Programm wie reizvolle Erweiterungen in

das neoklassizistische Repertoire mit Werken von Bohuslav Martinu und Albert Roussel. Zeitgenössische Werke von Heinz Holliger und Fazil Say sowie die Uraufführung eines Auftragswerks für zwölf Instrumentalisten und LiveElektronik des Komponisten Maurilio Cacciatore runden das Programm der kommenden Spielzeit ab. Seit Januar 2013 ist die Clariant International Ltd. Presenting Sponsor des Kammerorchester Basel neben der seit Juli 2007 als Hauptsponsor auftretenden Credit ­Suisse.

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der Josefstadt in Wien engagiert. In der Regie von Fritz Kortner war er der Prinz in Lessings »Emilia Galotti«. Seit 1972 ist er Ensemblemitglied am Burgtheater Wien, wo er u.a. Don Carlo, Tartuffe, Hamlet, Cyrano de Bergerac und Nathan den Weisen spielte. Ende Dezember 2013 kehrte er als König Lear auf die Bühne des Burgtheaters zurück. Seit einigen Jahren tritt Klaus Maria Brandauer regelmäßig am Berliner Ensemble auf: In der zehnstündigen Fassung von Schillers »Wallenstein«, in »Ödipus auf Kolonos« von Sophokles und als Dorfrichter Adam in Heinrich von Kleists »Der zerbrochene Krug«. Im Jahr 2013 erarbeitete er mit »Das letzte Band« erstmals ein Stück von Samuel Beckett. Bei den Salzburger Festspielen war Klaus Maria Brandauer in den siebziger Jahren als Leonce in Georg Büchners »Leonce und Lena« und als Orsino in Shakespeares »Was ihr wollt« sowie von 1983 bis 1989 in der legendären Rolle des Jedermann zu erleben. Bereits 1970 begann mit »Salzburg Connection« Klaus Maria Brandauers internationale Filmkarriere. Zusammen mit István Szabó realisierte er die Filmtrilogie »Mephisto« – »Oberst Redl« – »Hanussen«. Mit der Verkörperung des Hendrik Höfgen in »Mephisto« gelang ihm 1982 der internationale Durchbruch, dem Auftritte in vielen internationalen Produktionen folgen. An der Seite von

Klaus Maria Brandauer S P R E C H E R

laus Maria Brandauer stammt aus Altaussee in der Steiermark und gehört zu den wichtigsten und bekanntesten Bühnen- und Filmschauspielern unserer Zeit. Sein Bühnendebüt gab er 1963 in Tübingen als Claudio in »Maß für Maß« von Shakespeare. Er war zunächst am Landestheater in Salzburg, in Düsseldorf unter Karl-Heinz Stroux sowie am Theater in

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Sean Connery und Kim Basinger spielte er in »James Bond 007 – Sag niemals nie« und zusammen mit Meryl Streep und Robert Redford in »Jenseits von Afrika«. Für die Rolle des Baron Bror Blixen wurde er für einen Oscar nominiert. Weitere wichtige Filmarbeiten waren »Das Russland-Haus« (1990), »White fang« (1991), »Rembrandt« (1999), »Jedermanns Fest« (2002) und »Tetro« (2009). Große Beachtung fanden


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA zuletzt seine Mitwirkungen in der TVProduktion »Die Auslöschung« sowie in der österreichischen Kinoproduktion »Der Fall Wilhelm Reich«. Neben seiner schauspielerischen Tätigkeit führt Klaus Maria Brandauer immer wieder Regie. Sein Debüt gab er bereits 1964 in Salzburg mit »Aimée« von Heinz Coubier. Zu seinen jüngeren Regiearbeiten zählen Esther Vilars »Speer« in London und Berlin, »Hamlet« am Burgtheater Wien, »Lohengrin« an der Oper Köln und »Die Dreigroschenoper« am Admiralspalast Berlin. Er verfilmte »Georg Elser – Einer aus Deutschland« sowie Thomas Manns »Mario und der Zauberer«. Für seine künstlerische Tätigkeit und sein gesellschaftliches Engagement wurde Klaus Maria Brandauer mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Dazu zählen die Ehrenmitgliedschaft der Universität von Tel Aviv und das Ehrendoktorat der Paris Lodron Universität Salzburg. Die Stadt Wien verlieh ihm 2009 die Goldene Ehrenmedaille und die Stadt Bensheim den Gertrud-Eysoldt-Ring. Er erhielt außerdem den Großen Diagonale-Schauspielpreis für Verdienste um die österreichische Filmkultur und in Moskau den renommierten Stanislawski-Preis für schauspielerisches Können. Seit 2008 ist Klaus Maria Brandauer Ehrenmitglied des Burgtheaters Wien. Sein Heimatort Altaussee verlieh ihm die Ehrenbürgerschaft. Im September 2013 feierte Klaus Maria Brandauer sein fünfzigjähriges Bühnenjubiläum mit einer Vorstellung von Heinrich von Kleists »Der zerbrochene Krug« am Berliner Ensemble. Klaus Maria Brandauer ist regelmäßig mit Lesungen und musikalisch-literarischen Programmen zu erleben, zu den wichtigsten Projekten gehören dabei Edvard Griegs »Peer Gynt« und Robert Schumanns »Manfred«. Im Mozartjahr 2006 las er im Rundfunk an 365 Tagen aus Briefen des Komponisten. Seit vielen Jahren unterrichtet Klaus Maria Brandauer als Professor am Max-Reinhardt-Seminar in Wien angehende Schauspieler.

revor Pinnock kennt man sowohl als Cembalist als auch als Dirigent auf der ganzen Welt. Mit The English Concert, seinem Orchester, das er 1972 gegründet und dann dreißig Jahre lang geleitet hat, war er einer der Pioniere der Aufführungen mit Originalinstrumenten. Heute teilt er seine Zeit auf zwischen Dirigaten, Solo-Rezitals, Kammermusik und Lehrtätigkeit. Zwei Höhepunkte der Spielzeit 2013/14 lagen gleich an ihrem Anfang, Bachs Weihnachtsoratorium im Juni mit dem Leipziger Gewandhaus Orchester und die »Jahreszeiten« von Haydn im September mit dem Mozarteumorchester Salzburg, dessen erster Gastdirigent er seit zwei Jahren ist. Beim Koninklijk Concertgebouworkest gab er ein Konzert mit Menahem Pressler und mit dem English Concert feierte er das 40. Jubiläum des Orchdesters in der Wigmore Hall mit einem Solo Rezital. Außerdem kuratierte er in dem neuen Sam Wanamaker Playhouse von The Globe eine vierteilige Konzertserie »Pinnock‘s Passions« mit speziellen musikalischen Themen. Aufnahmeprojekte der folgenden Monate waren die Flötenkonzerte von C.P.E. Bach mit dem Flötisten Emmanuel Pahud und der Kammerphilharmonie Potsdam, Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven. Mit dem Pianisten Rafal Blechacz und dem Chamber Orchestra

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of Europe und The Royal Academy of Music Soloists spielte er die dritte CD einer Serie von Aufnahmen ein, die Musik zum Inhalt hat, die für Schönbergs Privatkonzerte arrangiert wurde. Die erste dieser CDs, mit Mahlers Vierter Symphonie und Debussys L’aprés midi d’un faune wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. Pinnocks Arbeit mit den Studierenden der RAM bringt immer wieder auch Konzerte als Gastdirigent des Concert Orchestra der Academie, sowie Opernaufführungen und Kammermusik mit sich. 2014 hat er erstmals auch eine Masterclass am Royal Welsh College of Music and Drama gegeben.

Trevor Pinnock L E I TUNG

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ine »Leipziger Klassik« gibt es nicht. Leipzig verbindet sich mit dem Namen Johann Sebastian Bach und verdrängt das Duo Felix Mendelssohn Bartholdy – Robert Schumann. Leipzig war zwischen 1836 – dem Amtsantritt Mendelssohns als Gewandhauskapellmeister – und 1900 die Musikhauptstadt Europas. Hier gab es das bedeutendste Orchester, das berühmteste Konservatorium, hier wurde das moderne Sinfonie-Repertoire geboren. Brahms, Bruckner, Tschaikowsky, Grieg und andere traten über das Gewandhausorchester ihren Weg in den europäischen Ruhm an, und zum vollendeten Glanze fehlte nur eines: Leipzig hatte keinen Strauß (ss), weder einen Johann wie Wien noch einen Richard wie München, Berlin und Dresden. Die Initiatoren dieses glanzvollen Musiklebens waren Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann. Ersterer kam als gefeierter Dirigent und Pianist nach Leipzig, letzterer galt vor allem als wortgewaltiger Redakteur (der Neuen Zeitschrift für Musik), man verkannte beide gründlich, denn als Komponisten galten sie viel weniger. Das aber waren sie vor allem. Vielleicht verschuldeten sie es aber selbst, denn ihre Lichter stellten sie manchmal unter den Scheffel, um dem Publikum die Meisterwerke der Vergangenheit neu zu erschließen. Mendelssohn dirigierte Werke von Bach, Händel, Vivaldi, die man nicht mehr kannte, er etablierte Beethoven im Repertoire, auch den noch unbekannten Franz Schubert, und Schumann stritt in seinen Artikeln für das gleiche Programm. Aus diesem Historismus entstand das moderne sinfonische Konzert mit seinen Mischungen aus aktueller und überlieferter Musik. Dazu kam die Fülle der eigenen Meisterwerke. »Leipziger Klassik«? – man sollte davon sprechen.

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SONNTAG 28. JUNI 2015 17.00 UHR LESSINGTHEATER WOLFENBÜTTEL

KLAUS MARIA BRANDAUER SPRECHER

RUBY HUGHES SOPRAN

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HENRY PURCELL | 1659–1695

SUITE AUS DER MUSIK ZU WILLIAM SHAKESPEARES »THE FAIRY QUEEN« SUITE ZUSAMMENGESTELLT VON TREVOR PINNOCK FÜR SOPRAN, ALT, CHOR UND ORCHESTER PAUSE

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY | 1809–1847

EIN SOMMERNACHTSTRAUM OP. 21 UND 61

OUVERTÜRE ALLEGRO DI MOLTO SCHERZO ALLEGRO VIVACE ELFENREIGEN ALLEGRO VIVACE INTERMEZZO ALLEGRO APPASSIONATO NOTTURNO CON MOTO TRANQUILLO HOCHZEITSMARSCH ALLEGRO VIVACE EIN TANZ VON RÜPELN (BERGAMASCA) ALLEGRO DI MOLTO FINALE ALLEGRO DI MOLTO

DIE »SOMMERNACHTSTRAUM«-MUSIK Diese populärste aller Mendelssohnschen Kompositionen führt uns allerdings zurück nach Berlin, der Geburts-

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stadt Mendelssohns. Felix Mendelssohn Bartholdy verband von Kindheit an musikalisches Naturtalent mit höchster Bildung. Er begriff sich nicht als »Tonsetzer«, sondern als »Tondichter«; er dichtete in Tönen, wie Goethe oder Heine in Versen, und sein erster großer Wurf war eine Ouvertüre zu Shakespeares Komödie »Ein Sommernachtstraum«. Er schrieb sie mit 17 Jahren, ohne eine theatralische Zweckbestimmung. Seine Musik »malte« ein ShakespeareTableau, Titania und ihre Elfen, die rüpel- und eselhaften Handwerker, den Luftgeist Ariel, die verliebten Paare, die knisternde Zauberstimmung der Sommernacht. Wie die gleichzeitig im fernen Paris entstandene »Symphonie fantastique« von Hector Berlioz war sie ein Tribut an die romantische Shakespearomanie. Nach der privaten Uraufführung in der Mendelssohnschen Villa in Berlin folgte die öffentliche Erstaufführung im Februar 1827 in Stettin unter der Leitung von Carl Loewe. 1841 verließ Mendelssohn Bartholdy seine Leipziger Gewandhaus-Position und folgte einem Ruf nach Berlin. Friedrich Wilhelm IV. wollte seine Hauptstadt zu einem zweiten Athen machen (daher das Epitheton »Spree-Athen«) und berief viele bedeutende Geister, darunter den Dichter Ludwig Tieck, den Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling und die Musiker Giacomo Meyerbeer, Franz Liszt und Felix Mendelssohn Bartholdy. Sie kamen mit großen Hoffnungen und schieden schon nach vier Jahren in ebensolcher Enttäuschung über das amusische Berliner Klima. Immerhin verdanken wir diesem Intermezzo aber die großen Bühnenmusiken Mendelssohns, in erster Linie die zum »Sommernachts­ traum«. Sie war allerdings nicht die erste Berliner Bühnenmusik. Voran ging 1841 eine ebenso geniale Bühnenmusik zu der »Antigone« des Sophokles, deren Glanz heute verblasst ist, weil sie sich mit ihren anspruchsvollen achtstimmig geteilten Männerchören dem heutigen Konzertwesen widersetzt. Der »Sommernachts­ traum« folgte 1843 und wurde am 14. Ok-


tober im Rahmen einer Schauspielinszenierung im Neuen Potsdam uraufgeführt. Es war eine Gala-Premiere zum Geburtstag des Königs und ein überwältigender Erfolg. Regie führte der Dichter und Shakespeare-Übersetzers Ludwig Tieck, Mendelssohn dirigierte. Später – als die großen Bühnenmusiken auf dem Schauspieltheater aus der Mode kamen – wurde es üblich, die Instrumentalstücke zu einer Suite zusammenzustellen, gleichsam zu einer »Sommernachtstraum«Sinfonie. Sie sind so plastisch, dass sie keiner Erklärung bedürfen. Das Meisterhafte, wahrhaft Verblüffende besteht aber darin, dass fast alle Motive, selbst das des Hochzeitsmarsches, bereits in der Jugendouvertüre verborgen waren und von Mendelssohn nur noch einmal herauskristallisiert und einzeln präsentiert wurden. Noch viel mehr aber steckt in dieser Musik. Ihre Klangpracht war nicht zuletzt eine Quelle der Wagnerschen musikalischen Naturschilderungen. In dem genial instrumentierten ersten Akkord der Ouvertüre – um nur ein Beispiel zu nennen – ist der zauberhafte Beginn des »Lohengrin«-Vorspiels vorgebildet. Man kann an dieser Partitur studieren, wie sich eine große musikalische Tradition bildet. Wagner (auch ein Leipziger) hielt bis ins hohe Alter Mendelssohn für einen der bedeutendsten Komponisten des Jahrhunderts. Das sagte er allerdings nur insgeheim der Cosima, während er ihn öffentlich herabsetzte, wo es nur ging.

Mendelssohns Musik nimmt direkt auf die Bühnenhandlung Bezug. Die Musiken Purcells waren sogenannte »Masques«, gesungene und getanzte Unterbrechungen und metaphorische Überhöhungen der Handlung. HENRY PURCELL Rund 170 Jahre vor Mendelssohn komponierte Henry Purcell eine Bühnenmusik zu dem barocken Theaterstück »The Fairy Queen« (Die Feenkönigin), dessen Handlung auf Shakespeares Komödie fußte. Es ist eine vollkommen andersartige barocke Musik, voller Trompetenglanz, melancholischer Verschattung und tänzerischer Eleganz. Am 2. Mai 1692 wurde sie im Queen‘s Theatre im Dorset Garden in London uraufgeführt. Anders als Mendelssohns Musik, die direkt auf die Bühnenhandlung Bezug nimmt, waren die Musiken Purcells sogenannte »Masques«, gesungene und getanzte Unterbrechungen und metaphorische Überhöhungen der Handlung, an denen oft nicht nur die Schauspieler, sondern auch hochrangige aristo-

kratische Zuschauer teilnahmen. Sogar die englischen Königinnen und Könige begaben sich zu den »Masques« gelegentlich auf die Bühne, auch von Ludwig XIV. ist eine solche Neigung überliefert. Ob Purcells »Fairy Queen« auch als Folie für solch hochrangige Auftritte diente, ist nicht überliefert. Aber es gab eine interessante Besonderheit in der Besetzung der »Fairy Queen«. Während Purcells »Masques« von erwachsenen Sängern und Tänzern ausgeführt wurden, waren die Schauspielrollen der Titania, des Oberon und vieler anderen mit acht- bis neunjährigen Kindern besetzt. Wir können uns heute diesen Wechsel nur vorstellen; er muss eine zauberhafte Wirkung auf die Zuschauer ausgeübt haben. Zu Lebzeiten galt Purcell als der »Orpheus Britannicus«. Bereits mit 17 Jahren wurde er Organist der Westminster Abbey, er schrieb neben geistlichen Werken auch zahlreiche Theatermusiken, darunter zu Stücken von Shakespeare. Auch seine einzige Oper, »Dido and Aeneas«, geht auf Shakespeare’sche Motive zurück. Nach seinem frühen Tod – er wurde wie Mozart nur 36 Jahre alt – fiel er der Vergessenheit anheim, und erst im 20. Jahrhundert entdeckte man ihn wieder und erneuerte seinen alten Ehrentitel »Orpheus Britannicus«. Einer der Spezialisten für Purcells Musik ist der Dirigent Trevor Pinnock, der mit seinen mustergültigen Interpretationen Maßstäbe gesetzt hat.


Matthias Glander K L A R I N E T T E

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atthias Glander studierte

Berlin engagiert, wo er seit 1985 1. Solo-

an der Hochschule für Mu-

Klarinettist ist. Im Bayreuther Festspiel-

sik »Hanns Eisler« Berlin

orchester spielte er als Solo-Klarinettist

im Hauptfach Klarinette.

ebenso regelmäßig wie bei den Berliner

Es folgte ein Zusatzstudium bei Prof.

Philharmonikern unter Dirigentenper-

Ewald Koch in den Jahren 1981-83 so-

sönlichkeiten wie Claudio Abbado, Dani-

wie weiterführende Studien bei Oskar

el Barenboim, Pierre Boulez, James Le-

Michallik von 1984-86. 1983 wurde er

vine, Kurt Sanderling, Giuseppe Sinopoli

von Otmar Suitner an die Staatskapelle

oder Günter Wand.

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Neben seiner Arbeit im Orchester pflegt Matthias Glander eine umfangreiche Tätigkeit als Solist und Kammermusiker mit verschiedensten renommierten Orchestern und Kammermusikensembles. So gab er umjubelte Konzerte mit Daniel Barenboim und Yo-Yo Ma in Berlin, Weimar, Paris und Chicago. Mit Lang Lang spielte er im großen Saal der Berliner Philharmonie. Als Solist trat er u.a. in Konzerten unter der Leitung von Hartmut Haenchen, Siegfried Kurz, Sir Yehudi Menuhin, Otmar Suitner oder Sebastian Weigle auf. Regelmäßig spielt er auch bei internationalen Musikfestivals, wie dem Jerusalem International Chamber Music Fes­ ti­val mit Elena Bashkirova, Emmanuel Pahud, Francois Leleux, Boris Pergamenschikow, Dmitri Sitkowetski, Nikolaj Znaider oder Yefim Bronfman. Einen wesentlichen Teil seiner Zeit widmet er der Ausbildung des musikalischen Nachwuchses. Seit 1999 arbeitet er mit den Bläsern des von Daniel Barenboim und Edward Said in Weimar gegründeten Arabisch-Israelischen West-Eastern Divan Orchestra. Darüber hinaus unterrichtet er im Rahmen der 1997 gegründeten Orchesterakademie der Staatskapelle Berlin sowie in den Jahren 2004-14 als Professor an der Academia de Estudios Orchestrale der Barenboim-Said-­ Stiftung in Sevilla. Matthias Glander ist Mitbegründer der Kammerharmonie der Lindenoper, der Bläsersolisten der Deutschen Staats­ oper Berlin, des Grand Duo – Klarinette und Klavier mit seinem Partner Wolfgang Kühnl, sowie des Trio Apollon, mit dem er auch mehrere CD-Einspielungen veröffentlicht hat. Die bei WARNER CLASSICS erschienene Produktion unter dem Titel »Wasserspiele« erhielt den ECHO Klassik 2006 für die beste Kammermusikeinspielung. Auch die »Leichte Muse« hat es ihm in den letzten Jahren sehr angetan. Mit dem Salonorchester Unter‘n Linden musiziert er gemeinsam mit Stars wie Jochen Kowalski und Dagmar Manzel.


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA atthias Eisenberg stammt aus einem traditionsreichen musikalischen Umfeld. 1956 wurde er in Dresden geboren. Seit seinem fünften Lebensjahr erhielt er Klavierunterricht, und schon ab dem neunten Lebensjahr war er Organist in seiner sächsischen Heimatstadt und an verschiedenen umliegenden Kirchengemeinden sowie dann fünf Jahre lang Mitglied des Dresdner Kreuzchores. Er studierte in Leipzig an der Hochschule für Musik »Felix Mendelssohn Bartholdy« bei Wolfgang Schetelich. Eisenberg war Preisträger mehrerer internationaler Wettbewerbe. Auf der Grundlage seines umfassenden, jederzeit abrufbereiten Repertoires hatte er sich eine für einen Organisten ungewöhnliche Popularität erspielt. Zudem gilt er als Meister der freien Improvisation. Bei zahlreichen Orgelneubauten und -renovierungen wird er als Orgelspezialist hinzugezogen. 1980 wurde er als Gewandhausorganist zu Leipzig verpflichtet, wo er gleichzeitig Cembalist des Leipziger Bachorchesters war. Nach kirchenmusikalischer Tätigkeit in Frankfurt am Main und Hannover konzertierte er als Organist und Cembalist und spielte zahlreiche Rundfunk- und CD-Produktionen ein. Konzertreisen führen ihn in viele europäische Länder, außerdem in die USA, nach Kanada, Lateinamerika, Indien, Russland und Fernost. Von 1992 bis 2004 war Eisenberg Kirchenmusiker an St. Severin in Keitum/ Sylt. Von dort aus setzte er seine Konzerttätigkeit auf dem Festland unvermindert fort. Zu einem geradezu triumphalen Erfolg wurde im Januar 2001 sein erster Auftritt nach fünfzehn Jahren im Leipziger Gewandhaus: In dem seit Wochen ausverkauften Haus erklatschte sich das Publikum mit stehenden Ovationen eine Zugaben-Serie von mehr als einer Stunde. Im Jahre 2003 wurde Matthias Eisenberg zum Professor und Kirchenmusikdirektor ernannt. Seit November 2004 ist er Kantor und Organist an der Luther-, Moritzund Johanniskirche in Zwickau.

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Matthias Eisenberg O R G E L

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m 19. Jahrhundert, als weder Schallplatte noch Tonbänder oder CDs existierten, wurden die Opern und Sinfonien durch Bearbeitungen für Klavier und alle denkbaren InstrumentenKombinationen verbreitet. Tausende von Adaptionen entstanden, und manche sind noch heute populär, wie Franz Liszts Opern-Potpourris, aber auch die Übertragungen von Beethovens oder Mozarts Sinfonien in Klavierfassungen. Daneben schrieben sich virtuose Geiger, Klarinettisten, Oboisten oder Cellisten eigene Versionen, häufig auch in Form von Variationen, in die Finger. Hier herrschte eine nahezu grenzenlose Freiheit: nicht auf »Originaltreue«, auf die wir heute so großen Wert legen, kam es an, sondern auf die virtuos ausgestaltete und schön klingende Melodie. Mit dem Einzug der technischen Tonaufzeichnungen in das Musikleben kam dieses Parodieverfahren aus der Mode, sogar in Verruf, und man übersah lange, dass diesen Bearbeitungen eine eigene ästhetische Qualität innewohnte. Die anderen Instrumente verändern natürlich auch den Ausdruck. Es verhält sich mit ihnen aber wie mit guten Übersetzungen von fremdsprachigen Gedichten – sie ersetzen nicht das Original, aber sie verklammern das Fremde mit dem eigenen, sie sind Nachahmungen, die manchmal hinter jenem zurückbleiben, es aber manchmal auch übertreffen.

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MITTWOCH 8. JULI 2015 21.00 UHR ST. KATHARINEN BRAUNSCHWEIG

MATTHIAS GLANDER KLARINETTE

MATTHIAS EISENBERG ORGEL

WOLFGANG AMADEUS MOZART | 1756–1791 OUVERTÜRE ZUR OPER »DIE ZAUBERFLÖTE« KV 620 KLARINETTEN-KONZERT A-DUR KV 622 II ADAGIO III RONDO FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY | 1809-1847 SONATA B-DUR OP. 65 NR. 4 ALLEGRO CON BRIO ANDANTE RELIGIOSO ALLEGRETTO ALLEGRO MAESTOSO E VIVACE HEINRICH JOSEPH BAERMANN | 1784–1847 ADAGIO DES-DUR CÉSAR FRANCK | 1822–1890 CHORAL E-DUR AUS »TROIS CHORALS POUR GRAND ORGUE«, NR. 1 CAMILLE SAINT-SAËNS | 1835–1921 SONATA FÜR KLARINETTE UND KLAVIER ES-DUR, OP. 167 I ALLEGRETTO II ALLEGRO ANIMATO

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DAS EINMANN-ORCHESTER Auf einem solchen Parodieverfahren beruht das heutige Konzert. Matthias Glander und Matthias Eisenberg präsentieren Kammermusik des 19. Jahrhunderts in einer eigenwilligen DuoForm. Als »Duette« könnte man sie schwerlich bezeichnen, denn dafür sind die beiden Instrumente zu unterschiedlich. Die Orgel ist faktisch ein Einmann-Orchester. Mit ihrer Klangfülle und ihren Registerfarben, die nicht zufällig mit den Namen von Orchesterinstrumenten bezeichnet werden, entfaltet der Organist einen Klangzauber,

der auf keinem anderen einzelnen Instrument erreicht wird. Verglichen mit der Orgel ist die Klarinette ein modernes Instrument. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts entwickelte sie sich aus dem »Chalumeau«, der alten »Schalmei«. Ihr Einzug in das klassische Orchester ist dem Instrumentenbauer Johann Christoph Denner zu verdanken. Er ermöglichte durch Zusatzklappen das sogenannte »Überblasen« und eröffnete dem Spieler die hohen Lagen. Das klassische Instrument, wie Wolfgang Amadeus Mozart es kannte und liebte, hatte acht Grifflöcher und fünf Klappen und war bereits in allen Registern gut spielbar. Mozart verdanken wir das erste Klarinettenkonzert überhaupt, und es ist zugleich nach Meinung nicht nur der Klarinettisten das beste. Allerdings traf er auch in seiner Freimaurerloge einen genialen Klarinettisten namens Anton Stadler (1753–1812), für den er zunächst das ­ Klarinettenquintett A-Dur KV 581 und dann das Konzert A-Dur KV 622 schrieb. Im heutigen Konzert erklingen zwei Sätze aus diesem Konzert (Adagio und Rondo), kombiniert mit der Ouvertüre zur »Zauberflöte«, die ebenso wie jene im letzten Lebensjahr Mozarts entstanden ist. Dreißig Jahre nach Mozart erschien ein anderer genialer Klarinettist auf der Musikszene – Heinrich Joseph Baermann (1784–1847). Viele Komponisten widmeten Baermann virtuose KlarinettenStücke: unter anderem Giacomo Meyerbeer sein Klarinetten-Quintett und Felix Mendelssohn Bartholdy eine Sonate für Klarinette und Klavier und zwei Konzertstücke. Heute erklingt jedoch eine eigene Komposition Baermanns, das »Adagio Des-Dur« op. 23. Felix Mendelssohn Bartholdy war nicht nur ein begnadeter Pianist und Dirigent, sondern auch ein faszinierender Organist. Er hat zahlreiche Orgelwerke hinterlassen, unter denen die sechs Orgelsonaten op. 65 eine herausragende Stellung einnehmen. Sie verdanken ihre Entstehung seinen Gastspie-


len in London, wo er auch als Organist in Erscheinung trat, Werke von Bach spielte und durch seine Improvisationskunst erstaunte. Sein englischer Verleger Charles Coventry wünschte deshalb von ihm eine Sammlung eigener Orgelstücke, und daraufhin schrieb Mendelssohn zwischen 1844 und 1846 seine »Sechs Sonaten für die Orgel op. 65«. Ursprünglich sollte die Sammlung »Mendelssohns School for Organists« heißen, und eine Hohe Schule der Organisten ist sie in der Tat, obwohl Mendelssohn den Titel änderte. Jede dieser Sonaten sollte nach Mendelssohn Absicht einen Choral, eine virtuose Toccata, ein »Adagio religioso« und eine Fuge enthalten. Diese Absicht wurde jedoch nicht konsequent realisiert. Die 4. Sonate B-Dur, die als letzte entstand, beginnt mit einem Präludium in Stile Bachs, es folgen ein »Andante religioso« und eine virtuose Toccata, bis eine monumentale Fuge das Werk krönt. Ein Bezug auf einen Choral fehlt jedoch in diesem Stück. KOMPONIST VON RANG César Franck war im 19. Jahrhundert einer der Erneuerer der französischen Orgelmusik. Sie war während der Revolution und der Napoleon-Zeit fast völlig in Verfall geraten, viele Orgeln waren zerstört. Erst ab 1860 baute man wieder neue Orgeln in die Kirchen ein, keine barocken Imitationen, sondern moderne »romantische« Instrumente mit vielen technischen und klanglichen Neuerungen. Der bedeutendste französische Orgelbauer war Aristide Cavaillé-Coll (1811–1899), und eine seiner Orgeln befand sich in der Kirche Sainte-Clothilde in Paris, an der César Franck 1859 sein Amt als Organist antrat. Er war der erste Komponist von Rang, der für die Orgeln von Cavaillé-Coll die entsprechende Musik schrieb. Ihm folgten Meister wie Charles-Marie Widor, Louis Vierne, Marcel Dupré und Olivier Messiaen. César Franck komponierte zahlreiche Orgelwerke. Seine »Trois chorals pour grand orgue« entstanden 1890, kurz be-

vor er in Paris unter einen Pferde-Omnibus geriet und an den Folgen des Unfalls starb. Dadurch wurden sie nolens volens zu seinem Vermächtnis. Der Titel ist irreführend, denn es handelt sich nicht um Choral-Bearbeitungen, wie sie Bach schrieb, sondern um freie Erfindungen. Den Prozess der Erfindung führen die »Choräle« vor, indem sie nach präludierenden Tönen die Themen in Fragmenten andeuten und erst nach und nach entwickeln, bis sie sich am Schluss in voller Pracht entfalten. Um 1920 war der 85-jährige Camille Saint-Saëns der Nestor der französischen Musik, zugleich aber ein Unzeitgemäßer. Ravel und Strawinsky und die Gruppe der »Six« (Georges Auric, Louis Durey, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Francis Poulenc, Germaine Tailleferre) waren modern, Saint-Saëns nicht. Er biederte sich auch nicht an. Aber er entfachte bei Kriegsausbruch 1914 einen

Matthias Glander und Matthias Eisenberg präsentieren Kammermusik des 19. Jahrhunderts in einer eigenwilligen Duo-Form. Als »Duette« könnte man sie schwerlich bezeichnen, denn dafür sind die beiden Instrumente zu unterschiedlich.

Streit um Richard Wagner und forderte als Teil der Verteidigungsmaßnahmen ein Aufführungsverbot für dessen Werke. JAHRHUNDERT DER ROMANTIK Das rief die Entrüstung zahlreicher französischer Musiker und Musikfreunde hervor, die diese chauvinistische Spielart des Patriotismus ablehnten. Camille Saint-Saëns hatte nicht recht, genau so wenig, wie die Wagner-Hasser nach 1945 Recht haben. Doch in einem traf er den Nagel auf den Kopf, sogar auf seinen eigenen, da er ja selbst ein »Wagnerianer« gewesen war. Sein Artikel läutete in Frankreich das Ende des Jahrhunderts der »deutschen Romantik« ein. Aber diesem »deutschen Jahrhundert« gehörte er selbst an. Seine frühen Werke waren von den deutschen Klassikern und Romantikern (Mendelssohn, Schumann) inspiriert, und auch Wagners Spuren findet man. Aber als Komponist beschwor er in seinem letzten Lebensjahr noch einmal diese romantische Musik, den Geist Schumanns und Mendelssohns. Er komponierte drei klavierbegleitete Sonaten für Oboe, für Klarinette und für Fagott. Eine Flötensonate und eine Sonate für Englischhorn waren noch geplant, doch sein Tod verhinderte die Ausführung. Alle drei Werke bilden Höhepunkte in ihren Gattungen. Damals freilich – angesichts von Strawinsky, Prokofjew oder Ravel – galten sie als »reaktionär«, was ein genauso unsinniges Urteil war wie sein eigenes über Wagner. Denn es gibt natürlich keine »reaktionäre Musik«, so wenig, wie es »reaktionäre Instrumente« oder »reaktionäre Rhythmen« gibt. Diese politischen Qualifizierungen verfehlen das ästhetische Wesen der Kunst. Heute stehen diese Kompositionen neben denen ihrer Vorbilder, wir erfreuen uns an dem elegischen Tonfall und dem heiteren Elan, der auch die ersten beiden Sätze der Klarinettensonate op. 167 auszeichnet, ohne uns die anachronistische Frage zu stellen, ob 1921 dieser Stil überhaupt noch erlaubt war.

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KUNST MUSIK EINE BEGEGNUNG

DA IST DER WURM DRIN Die Reihe im Schafstall Bisdorf, die Musik in Bezug zur bildenden Kunst setzt, hat in diesem Jahr den Künstler Erwin Wurm zu Gast. Seine Ausstellung Fichte ist bis September im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen. VON CHRISTIANE HEUWINKEL

UNTERSTÜTZT DURCH

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ine Ausstellung von Erwin Wurm zu sehen, bedeutet erst einmal, die Reset-Taste im eigenen Gehirn zu drücken: Was sind Skulpturen für uns? Sind es nicht diese unverrückbar schweren Marmor- und Bronzefiguren, häufig von nackten Männern in heroischen Posen, die unser Denkbild prägen, auch wenn die Museumsrealität das Bild der klassischen Wunderkammer längst abgelöst hat? Die Skulpturen, die Erwin Wurm international bekannt gemacht haben, sind weder aus den klassischen Bildhauermaterialien geschaffen, noch stehen sie, einmal positioniert, für eine gedachte Ewigkeit am selben Ort: Seine Skulpturen dauern gerade mal eine Minute, und die menschliche Figur wird nicht aus Material geschaffen, vielmehr prägt der Mensch sie selbst. Wurm lädt

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in seinen One Minute Sculptures Museumsbesucher ein, von ihm vorgegebene, irrwitzige und verrückte Posen einzunehmen, eine Minute zu verharren und sich dabei fotografieren zu lassen. So streckte sich eine Dame kreuzförmig liegend auf Orangen aus, unternahm ein Herr einen Kopfstand, ohne dabei seinen Stuhl-Sitz aufzugeben, balancierte jemand einen Plastikeimer auf dem Kopf … Performance? Skulptur? Fotografie? In jedem Fall Kunst mit Esprit und abgründigem Humor.

IM ANFANG WAR DER BUS Als der Künstler im letzten Jahr nach Wolfsburg kam, um im Kunstmuseum über eine mögliche Ausstellung zu sprechen, kam ihm bald die Idee, ein ganz besonderes Auto für Wolfsburg zu gestalten. Denn der Künstler ist auch für seine »fat cars«, wie den roten Porsche 911, der wie aufgeblasen wirkt, den windschiefen Renault 25, der sich anscheinend selbst in die Kurve gelegt hat oder einen gekrümmten, »telekinetischen« Volkswagen-Bus berühmt. Und als er erfuhr, dass in der Autostadt mehr Currywürste als Automobile verkauft werden, war die Entscheidung klar. Wurm, selbst mit Käsekrainern und Burenwurst aufgewachsen, schuf einen deformierten Volkswagen Bus, aus dem heraus täglich zur Mittagszeit das »Volkswagen-Originalteil« serviert wird. Selbstverständlich probierte der Künstler während der Pressekonferenz vor laufenden Kameras und enthusiastischen Fotografen die erste Currywurst aus dem »Curry Bus«, serviert vom Koch des Museumsrestaurants Awilon. Doch warum ist der Bus so aus der Form gegangen? Für Erwin Wurm ist die Zuund Abnahme von Gewicht Bildhauerei. So sehen wir in der Ausstellung eine Toilette und ein Bett in schmalster Ausführung – Reminiszenz an sein Elternhaus


Portr채t Erwin Wurm, 2015 Studio Wurm Bild links: Erwin Wurm Mutter, 2014 Bronze, Patina, 168 x 80 x 43 cm Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg (AT), Paris (FR) Fotos: Eva W체rdinger

Erwin Wurm INSTALLATIONEN

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»Mein Werk handelt vom Drama der Belanglosigkeit der Existenz. Ob man sich ihr durch Philosophie oder durch eine Diät nähert, am Ende zieht man immer den Kürzeren.« E R W I N W U R M

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Installationsansicht Erwin Wurm. Fichte Foto: Marek Kruszewski

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Erwin Wurm Curry Bus, 2015 VW T2b, Mixed Media 220 x 250 x 550 cm Courtesy Studio Erwin Wurm Foto: Marek Kruszewski

Erwin Wurm Selfportrait as Cucumbers, 2008 Acryl, Farbe, Eisen, versch. Größen Courtesy Tomio Koyama Gallery Tokio (JP) Foto: Studio Wurm

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und die dörfliche Welt im Österreich der 1950er-Jahre, die Wurm als so eng wie engstirnig erlebte. Eine ins Riesenhafte vergrößerte Kartoffel wird ihm zur surreal-philosophischen Denkfigur, und ein Kamin nimmt ausgerechnet die Gestalt einer hitzeempfindlichen Schwedenbombe (österreichisch für »Schokokuss«) ein. Ein Feld aus in Bronze gegossenen, hyperrealistischen Salat-

und Essiggurken nennt der Künstler ein »Selbstporträt als Gurken«. Auch eine Reminiszenz an die Fünfziger Jahre übrigens, als der Künstler Essiggurken in rauhen Mengen verspeiste. Und dann las, dass man ist, was man isst…

DER HOLZWEG IST AUCH EIN WEG Und warum heißt die Ausstellung »Fichte«? Der deutsche Märchen- und


Mythenwald steht im Kunstmuseum Wolfsburg buchstäblich Kopf, ist zur strengen Raumskulptur geworden. Und statt der Fichte sehen wir die Nordmanntanne aus gräflichem Forst. Verwirrung als kreative Strategie, wie sie der gleichnamige Philosoph bereits um 1800 betrieb, als er meinte, »man muss ihnen ein Misstrauen in ihre Regeln beibringen«? Oder führt der Künstler die Betrachter mit ihren Interpretationsansätzen bewusst auf den Holzweg (um im Bild zu bleiben)? Jedenfalls widmet der Künstler dem Frühromantiker Fichte eine sogenannte One Minute Sculpture in seiner Installation »Hauptquartier«. Die Besucher sind aufgefordert, mit dem Kopf gegen die Wand gelehnt niederzuknien und eine Minute lang »an Fichte (zu) denken«. Als »Demutsgeste gegen die Wand« und »Schamgeste« gegenüber dem Autor der berüchtigten »Reden an die deutsche Nation« versteht der Künstler seinen bildhauerischen Eingriff. Während bei Fichte der Mensch geradezu in »heilige(r) Ehr-

furcht vor sich selbst« vergeht, ist bei Wurm alles Menschenähnliche wahlweise jämmerlich, mysteriös, abwegig, monströs, verkehrt, triebhaft, lächerlich – und dadurch umso bemerkenswerter. Kopf- und ratlos stehen viele Körper im Raum, eine Bronzeskulptur hat sich anscheinend von der Empore auf einen Mercedes gestürzt und dabei das Autodach zertrümmert. Wurm, der ironische Bedeutungsverschiebungen liebt, scheint vor allem die Frage zu stellen: Was nützt uns das alles, wenn wir weiterhin so kopflos agieren? Sind wir nicht alle zu armen Würstchen geworden? Die Wolfsburger Ausstellung, so Museumsdirektor Ralf Beil, »erscheint in diesem Licht vor allem als heitere Dystopie – als kurioses Parkettspiel von Monaden, mütterlichen Wärmflaschen, von Eimerlampen und Kuhfladen«.

ERWIN WURM. FICHTE KUNSTMUSEUM WOLFSBURG 22. 3. – 13. 9. 2015

ERWIN WURM 1954 geboren lebt de, das Genügende, und arbeitet er in das Unhaltbare, das Wien und in Limberg/ Amüsante, Dinge die Niederösterreich. In jeder für sich selbst den 1990er Jahren sehen kann und die erreichte Erwin Wurm immer Teil jedes mit seinen »One Menschenlebens sind. Minute Sculptures« Individualität als eine die Aufmerksamkeit Projektion von Außen. des Kulturpublikums. Kleidung als ein Die außergewöhnskulpturales Thema, lichen Werke von die zweite Haut, die Erwin Wurm sind seit schützende Hülle langem Gegenstand oder Schale, der von EinzelausstelUmriss und auch das lungen in interna­ Ausfüllen eines Volu- tionalen Museen. mens hat zentralen Die renommier­testen Stellenwert in Erwin Häuser weltweit Wurms vielschichbesitzen und präsentigem Werk, das tieren seine Arbeiten, Performance, Video, darunter die National Fotografie, Zeichnung Gallery ­of Victoria und die klassische in Melbourne, die Skulptur in miteiÖsterreichische Galenander verbundener rie Belvedere in Wien, und sich gegenseitig das Pariser Centre bedingender Weise Pompidou, das Mubeinhaltet. Den seum Ludwig in Köln, Begriff der Skulptur das Kunsthaus Zürich versteht Wurm im oder das Solomon R. prä-modernen Sinne Guggenheim Museum als Spiel mit Masse in New York. und Volumen. Erwin Wurm interessiert sich für das Absur-

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KUNST MUSIK EINE BEGEGNUNG

Sie glauben, man könne Händel nicht auf der Hammond-Orgel spielen? Ragna Schirmer tritt in Bisdorf den Gegenbeweis an.

BAROCKER JAZZ

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it ihren unverwechselbaren Interpretationen genießt die Pianistin Ragna Schirmer höchste Anerkennung über die deutschen Grenzen hinaus. Die Kunst der Nuance, die Liebe zum Detail sowie der Anreiz, bekannte und weniger bekannte Kompositionen neu zu entdecken und in moderne Zusammenhänge zu stellen, zeichnen Ragna Schirmer aus. Gleich zweimal gewann sie den Leipziger Bachwettbewerb (1992 und 1998) und sorgte mit Bachs Goldbergvariationen für ein bemerkenswertes CD-Debüt. Für ihre von der Kritik hochgeschätzte Einspielung der Klaviersuiten von Georg Friedrich Händel erhielt sie 2009 ihren zweiten ECHO Klassik und wurde zudem 2012 mit dem Händel-Preis der Stadt Halle geehrt. Insgesamt belegen fünfzehn erste Preise und Sonderpreise bei nationalen und internationalen Wettbewerben die beeindruckende Laufbahn der Pianistin. Ihre Diskografie umfasst neben den Aufnahmen von Bach, Händel und zwei hochgelobten Haydn-Alben ebenso Kompositionen von Beethoven, Brahms, Chopin, Corigliano, Mendelssohn, Schumann, Schnittke und Schmidt. Zum Liszt-Jahr 2011 legte sie eine Gesamteinspielung von Franz Liszts »Années de Pèlerinage« in Kombination mit Madrigalen der italienischen Renaissance bei Berlin Classics vor. Ihr Klangsinn und ihre Flexibilität lassen die Pianistin verstärkt auch zu historischen Tasteninstrumenten (Hammerflügel der jeweiligen Epochen) greifen. In ihrem neuesten Projekt erklingen Händels Orgelkonzerte in Bearbeitungen für Klavier und Kammerorchester genauso glanzvoll wie für Hammerflügel und Barockensemble oder Hammond-Orgel und Jazz-Ensemble. Komplettiert wird die dreiteilige CDBox beim Label Edel mit dem für Ragna Schirmer komponierten Concertino pour Piano von Guillaume Connesson. Ragna Schirmers dramaturgisches und programmatisches Geschick, teilweise

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auch verbunden mit ihren lebendigen Moderationen, lässt Konzertabende zu einem außergewöhnlichen Erlebnis werden. So wundert es nicht, dass die Pianistin mittlerweile sogar genreübergreifend in für sie geschriebenen ­Theaterinszenierungen mitwirkt, wie beispielsweise »Blendwerk« mit Christian Brückner und dem »Konzert für eine taube Seele« mit dem Puppentheater Halle. Zudem engagiert sie sich als Pädagogin: Nachdem Ragna Schirmer bereits als 28-Jährige auf eine Professur an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Mannheim berufen worden war, unterrichtet sie seit 2009 begabte junge Pianisten am Musikzweig der »Latina August Hermann Francke« in Halle an der Saale. Ragna Schirmer konzertiert in den wichtigsten Sälen in Europa, China und Neuseeland sowie bei renommierten Festivals wie dem Heidelberger Frühling (artist in residence 2010), Beethovenfest Bonn, MDR-Musiksommer, den HaydnFestspielen Eisenstadt und den Salzburger Festspielen. Sie musizierte u.a. mit Zubin Mehta, Sir Roger Norrington, Kurt Masur, Sir Neville Marriner, Herbert Blomstedt und trat mit Klangkörpern wie den Münchner Philharmonikern, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, Orchestre National de France, Gewandhausorchester Leipzig und der Academy of St. Martin in the Fields auf.


Über Grenzen hinweg: Ragna Schirmer vereint Händel und Hammond.

Ragna Schirmer KLAVIER/HAMMOND-ORGEL

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KUNST MUSIK EINE BEGEGNUNG

SAMSTAG 4. JULI 2015 18.00 UHR SCHAFSTALL BISDORF

ERWIN WURM INSTALLATIONEN

RAGNA SCHIRMER

KLAVIER (1. TEIL) UND HAMMOND-ORGEL (2. TEIL)

JAZZBAND HÄNDEL@HAMMOND TROMPETE UND FLÜGELHORN GÉRARD PRESENCER POSAUNE GEOFFROY DE MASURE SAXOPHON PETER WENIGER BASS WINFRIED HOLZENKAMP PERCUSSION MATTHIAS DANECK KEYBOARD WOLFGANG KÖHLER ARRANGEMENTS STEFAN MALZEW

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL | 1685–1759 SUITE G-MOLL HWV 432 OUVERTÜRE (LARGO – PRESTO – LARGO) ANDANTE, ALLEGRO, SARABANDE, GIGUE, PASSACAILLE ORGELKONZERT F-DUR, HWV 295 »KUCKUCK UND NACHTIGALL« (1739) BEARBEITET FÜR KLAVIER SOLO LARGHETTO, ALLEGRO, LARGHETTO, ALLEGRO SUITE D-MOLL HWV 437 (1706) PRELUDE, ALLEMANDE, COURANTE, SARABANDE, GIGUE CHACONNE G-DUR HWV 435 (1733) PAUSE

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL BEARBEITUNGEN FÜR HAMMOND-ORGEL UND JAZZ-ENSEMBLE ORGELKONZERT B-DUR HWV 294, OP. 4, NR. 6 (1736) ANDANTE ALLEGRO – LARGHETTO - ALLEGRO MODERATO ORGELKONZERT G-MOLL OP. 7, NR. 5 HWV 310 (1749) ALLEGRO MA NON TROPPO, E STACCATO – ANDANTE ORGELKONZERT D-MOLL OP. 7, NR. 4 HWV 309 (1746) ADAGIO – ALLEGRO – ORGANO AD LIBITUM – ALLEGRO ORGELKONZERT B-DUR OP. 7, NR. 6 HWV 311 (1750) POMPOSO – ORGANO AD LIBITUM – A TEMPO ORDINARIO

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er Komponist und Impresario Nicola Porpora engagierte 1734 den berühmtesten Sänger jener Zeit, den italienischen Kastraten Farinelli, und holte ihn nach London in seine »Opera of the Nobility«. Farinelli war eine ganz außerordentliche Erscheinung. Sein Stimmumfang übertraf das gewöhnliche Maß um eine Oktave, und seine Vortragskunst versetzte das Publikum in eine Trance wie in heutigen Rock-Konzerten. Porpora ruinierte mit diesem Schachzug Händels eigenes Opernunternehmen im »King’s Theatre«. Er musste sich etwas einfallen lassen, um gegen diesen Superstar zu bestehen. Als erstes begann er die Opern durch biblische Oratorien zu ersetzen, in denen es neben virtuosen Arien für seine ebenfalls bemerkenswerten Sänger auch eindrucksvolle Chöre gab, die in den Opern fehlten. Diese Oratorien waren keine kirchlichen Andachtsübungen, sie wurden ebenfalls im Theater aufgeführt und richtig inszeniert. Zweitens brachte er die Orgel von der Kirche ins Theater und führte das virtuose Orgelkonzert neu in das Oratorium ein. Diese Konzerte waren keine Pausenfüller zwischen zwei Akten, sondern der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung. Als Organist war er berühmt, und er gedachte den Stimmvirtuosen durch seine Orgelkunst zu schlagen. Das gelang ihm wahrscheinlich nicht völlig, aber auf jeden Fall wurden diese Orgelkonzerte eine neue musikalische Attraktion. Ihre Einrichtung war sehr aufwendig und kostspielig. Im Theater gab es gewöhnlich keine Orgel. Die Vorstellungen wurden vom Cembalo aus geleitet, das sich wegen seines zarten Klangs aber nicht gut als Solo-Instrument eignete, genau so wenig auch die gelegentlich verwendeten transportablen »Truhenorgeln«. Also bestellte Händel bei dem Orgelbauer Dr. Justinian Morse eine große und klangvollere Orgel, die freilich ein Vermögen kostete. Ein Zeitgenosse schreibt: »Sein zweiter Spleen besteht in einer Orgel zum Preis von

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500 Pfund, worüber er – da er ja viel zu viel Geld hat – mit Morse aus Barnet einig wurde. Diese Orgel ist, wie er sagt, so konstruiert, dass er, wenn er daran sitzt, die Ausführenden besser beherrschen kann als bisher, und es bereitet ihm ein großes Vergnügen, daran zu denken, mit welcher Präzision sein Oratorium nun mit Hilfe dieser Orgel aufgeführt werden kann.« 500 Pfund Sterling waren ein enormer Preis, das Zweieinhalbfache seiner Jahresgage als britischer Hofkomponist. Aber damit gewann Händel die Gunst des Londoner Publikums zurück, und seine Oratorien mit den virtuosen Orgelkonzerten blieben eine Attraktion bis an sein Lebensende. Sein letztes derartiges Konzert gab er am 6. April 1759, eine Woche vor seinem Tode.

FREIE IMPROVISATION Die ersten sechs Orgelkonzerte entstanden Mitte der 30er Jahre und erschienen 1736 als Opus 4. Danach komponierte Händel weitere Orgelkonzerte, die jedoch erst zwei Jahre nach seinem Tode (1761) als op. 7 gedruckt wurden. Beide Sammlungen waren als Konzerte für Tasteninstrumente ausgewiesen, und man übertrug sie auch sogleich aufs Klavier, zumal Händel in seinen Orgel-Partituren auf das Pedal verzichtete. Ihre Beliebtheit konnte es mit den späteren Sonaten-Sammlungen von Haydn, Mozart und Beethoven aufnehmen. Die sechs Konzerte op. 4 wurden bis 1770 insgesamt dreizehnmal neu aufgelegt. Ihre Übertragung auf das Klavier ist also keine moderne Erfindung. Hätte Händel einen Steinway-Flügel gehabt, dann wäre seine große Theaterorgel vermutlich gar nicht gebaut worden. Über Händels Spiel erreichen uns nur wenige authentische Nachrichten, aber sie spiegeln bei aller britischen Nüchternheit der Beschreibung den geradezu magischen Zauber, der von seinem Spiel ausging. Und sie betonen noch eine andere Besonderheit der Barock-Musik – die freie Improvisation. Sie gehörte zunächst vor allem zur Ge-


sangskunst des Belcanto. Der Komponist gab eine melodische Linie vor, die der Sänger ausgestaltete. Er fügte Triller und Mordente ein, aber er variierte auch ganze Passagen und veränderte die melodische Linie je nach dem erforderlichen Ausdruck oder – was dann die Norm wurde – um seine stimmlichen Fähigkeiten zu demonstrieren. Diese Technik übertrug Händel auf sein Orgelspiel und entwickelte sie, als im Alter seine Sehkraft schwand und er erblindete, zu höchster Vollendung. Der britische Historiker William Coxe, ein jüngerer Zeitgenosse Händels, gibt darüber Auskunft: »Händel konnte sich über Geringschätzung nicht beklagen. Obwohl Farinelli und der Adel zu dieser Zeit (1734) seine Widersacher waren, obwohl er keinen berühmten Sänger außer der Strada hatte und noch unter andren Mißständen wirkte, wurde sein »Alexanderfest« (19 Februar 1736) einem außerordentlich zahlreichen Publikum zu Gehör gebracht. Einige Jahre vor seinem Tode (1751) wurde er vom schwarzen Star befallen, der ihn schließlich seines Augenlichts gänzlich beraubte . Nachdem Händel erblindet war und nicht länger die Oratorienaufführungen leiten konnte, konzertierte er zwischen den Akten auf der Orgel. Zunächst stützte er sich dabei auf sein Gedächtnis, aber nachdem die Ausführung zu mühsam für ihn wurde, nahm er Zuflucht zu den unerschöpflichen Quellen seiner reichen und fruchtbaren Phantasie. Er übergab dem Orchester lediglich diejenigen Partien seiner vorgesehenen Komposition, die von ihm begleitet werden sollten, und verließ sich im übrigen auf die Macht seiner Invention und auf den Impuls des Augenblicks bei jenen bezaubernden Passagen, die alle Aufmerksamkeit auf sich zogen und seine Zuhörer entzückten.«

DER GEIST DES BAROCK Die Interpretationen der Pianistin Ragna Schirmer im heutigen Konzert entsprechen vielleicht nicht der Philologie, wohl aber dem Geiste der barocken Musizier-

An die Stelle von Händels Orgel tritt das moderne Klavier oder die elektronische Hammond-Orgel, an die Stelle des barocken Orchesters das moderne Jazz-Ensemble. praxis. An die Stelle von Händels Orgel tritt das moderne Klavier oder die elektronische Hammond-Orgel, an die Stelle des barocken Orchesters das moderne Jazz-Ensemble, das sich ebenfalls nicht an die Notentexte hält und frei improvisiert, was nicht Willkür bedeutet, denn das Schema dieser Improvisationen ist Händels harmonische Disposition. Im ersten Teil des Konzertes erklingen Klavierbearbeitungen von zwei CembaloSuiten (g-Moll, HWV 432, de-Moll, HWV 437) sowie des Orgelkonzerts »Kuckuck und Nachtigall«, das seinen Titel der Vogelstimmen-Imitation im zweiten Satz verdankt. Dieser Teil wird mit der Chaconne G-Dur HWV 435 aus dem Jahr 1733 beschlossen. Sie besteht aus 21 Variationen über ein achttaktiges Bass-Motiv und gehört zu den brillantesten Cembalo-Kompositionen Händels. Im zweiten Teil des Konzerts verlässt Ragna Schirmer den Boden des baro-

cken Konzerts und konfrontiert Händels Musik mit der Stilistik des modernen Jazz. Alle diese Konzerte erklangen, wie schon bemerkt, zum ersten Mal in Oratorienaufführungen. Das erste Konzert (B-Dur op. 4, Nr. 6) war Bestandteil der Uraufführung des Oratoriums »Das Alexanderfest oder Die Macht der Musik« am 19. Februar 1736. Ursprünglich war es für die Harfe geschrieben, Händel hat es später für die Orgel eingerichtet. Zum »Gelegenheitsoratorium«, das am 14. Februar 1746 uraufgeführt wurde, gehört das Konzert d-Moll (HWV 309); das Orgelkonzert g-Moll (op. 7, Nr. 5 HWV 310) bildete das Zwischenspiel im Oratorium »Theodora« und erklang zum ersten Mal am 16. März 1750 im Covent Garden. Das Orgelkonzert B-Dur op. 7, Nr. 6 (HWV 311) entstand vermutlich 1749, über seine Verwendung in einer Theater-Aufführung ist nichts bekannt. Es wurde, wie auch die übrigen Konzerte aus op. 7, erst 1761, zwei Jahre nach Händels Tod, veröffentlicht.

LEBENDIGES MUSIZIEREN Ragna Schirmer, zweimalige Gewinnerin des Leipziger Bach-Wettbewerbs (1992 und 1998) und Trägerin des Halleschen Händel-Preises (2012), überschreitet mit ihren Versionen das Feld des barocken »Konzerts auf originalen Instrumenten«, das von Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner oder Trevor Pinnock so eindrucksvoll bestellt wird. In klanglicher und stilistischer Hinsicht musiziert sie auf einer Gegenposition. Aber im wichtigsten Punkt ist sie mit ihnen einig: Dass Musik nicht akademisch heruntergeklappert, sondern lebendig musiziert werden muss. Wer nur Noten zählt, verfehlt ihren Sinn. Georg Friedrich Händel musizierte für den Tag und für sein Publikum, das er nicht nur zu unterhalten, sondern »zu bessern« wünschte, was das auch immer bedeuten mag. Händels Tage sind vergangen, wir holen sie nicht wieder, wenn wir uns Perücken aufsetzen. Aber der Musiker kann Händels Musik auch heute zu uns sprechen lassen – wenn er es kann.

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DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA

Elīna Garanča MEZZOSOPRAN

ie lettische Hauptstadt Riga wurde 2014 zur europäischen Kulturhauptstadt ernannt, einen ihrer größten kulturellen Exporte gibt es jedoch schon seit 1976. Riga ist die Heimatstadt von Elīna Garanča, die als Kind einer musikalischen Familie geboren wurde und im Alter von 20 Jahren das Studium an der Lettischen Musikakademie aufnahm. Schon bald war sie auf dem Weg, eine der weltweit bedeutendsten Mezzosopranistinnen zu werden. Der Beginn ihrer Laufbahn setzte schon die entscheidenden Zeichen: Noch während ihres Studiums sang sie 1998 nach nur zehn Tagen Vorbereitungszeit die

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Rolle der Giovanna Seymour in Donizettis Anna Bolena und entdeckte eine tiefe Affinität zum Belcanto-Repertoire, mit dem sie seither in zahllosen atemberaubenden Aufführungen geglänzt hat. Nach dem Examen wurde sie in Deutschland ans Staatstheater Meiningen engagiert, gehörte zum Ensemble der Oper in Frankfurt, sang beim Savonlinna-Opernfestival, war Finalistin in BBC’s Cardiff Singer of the World Competition und gewann den Mirjam-HelinGesangswettbewerb in Finnland. Ihr Weg war vorgezeichnet. Sie festigte ihre Karriere mit Auftritten an der Wiener Staatsoper, bei den Salzburger Festspielen, beim Rossini-Festival der Oper Helsinki, in Paris, Aix-enProvence, Luzern und Graz, und 2003 hatte sie einen Gastauftritt bei Deutsche Grammophon, als sie mit Anna Netrebko in einer Szene und Kavatine aus Lucia di Lammermoor in Netrebkos Debütalbum Opera Arias zu hören war. Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten führten 2005 zu einem Exklusivvertrag mit dem gelben Label. Ihre erste Soloaufnahme, Aria Cantilena, erschien 2007 unter großem Beifall und trug Garanča einen ECHO als »Sängerin des Jahres« ein. 2009 folgte das Album Bel Canto, das ebenfalls mit einem ECHO sowie mit einem BBC Music Magazine Award ausgezeichnet wurde, 2010 Habanera und 2012 Romantique, das wiederum einen ECHO erhielt. Wieder einmal waren Kritik und Publikum überwältigt von ihrer stimmlichen Gewandtheit, ihrer dramatischen Präsenz und der ungewöhnlichen Schönheit ihrer Stimme. Der Boston Globe schrieb: »…sie zeigt, warum die Kritiker sich in Superlativen über ihre Auftritte ergehen.« Zudem hat sie in vielen Opern-Gesamtaufnahmen mitgewirkt, darunter Carmen, Anna Bolena, La Cenerentola und Bellinis I Capuleti e i Montecchi. Zu ihren größten Bühnenerfolgen zählen Annio und Sesto in La clemenza di Tito, Charlotte in Werther, Dorabella in Così fan tutte und Rosina in Il barbiere


www.pwc.de di Siviglia. Während ihre Bühnenauftritte immer größere Zustimmung fanden und ihre Diskografie rasch wuchs, wurde Elīna Garanča gefragter denn je. 2007 trat sie erstmals am Royal Opera House Covent Garden auf, im Jahr darauf gab sie ihr Debüt an der Metropolitan Opera in New York. Die New York Times überschlug sich: »Elīna Garanča hat alles, was es braucht: Musikalität, Technik, Stimme, Selbstvertrauen, Intelligenz, eine große dramatische Palette – und das Aussehen eines Filmstars. Der Erfolg scheint ihr vorherbestimmt. Und bei ihrem Met-Debüt am Samstagabend hatte sie Erfolg…« 2009 kehrte sie in der Titelrolle von Bizets Carmen ans Royal Opera House zurück und war dann an der Metropolitan Opera Star einer Neuinszenierung des Werks, die weltweit in mehr als 1000 Kinos übertragen wurde. Als »Sängerin des Jahres« 2010 wurde sie beim MIDEM Classical Award und auch von Musical America gekürt. 2013 verlieh ihr die Österreichische Kulturministerin als einer der jüngsten Künstlerinnen überhaupt den Titel einer »Kammersängerin« – in Würdigung der 140 Auftritte in 18 Rollen, die sie seit ihrem Hausdebüt 2003 an der Wiener Staatsoper gesungen hat. 2014 sang sie in Donizettis La favorita bei den Salzburger Festspielen, Berlioz’ La Damnation de Faust an der Deutschen Oper Berlin und Bellinis I Capuleti e i Montecchi an der Bayerischen Staatsoper sowie in Baden-Baden. Neben ihrer Opernarbeit ist sie auch als Konzertsängerin tätig. 2014 war sie mit »Libera me« aus Verdis Requiem und in Rossinis Stabat mater im Salzburger Großen Festspielhaus zu hören und gab Konzerte in ganz Europa, unter anderem in Amsterdam, Oviedo, Berlin, Paris, Wien, London, Hamburg, München und Luzern. Bei all ihren musikalischen Verdiensten ist Elīna Garanča auch eine Frau, die das Leben ganz ausschöpft, und dieser Wesenszug spiegelt sich in dem tiefen menschlichen Verständnis, das ihren Gesang auszeichnet. Im Januar 2014 gab sie die Geburt ihrer zweiten Tochter bekannt und sagte, »wir erwarten eine Zukunft voller Freude und neuer Erfahrungen«. Ihre gelassene Lebenszufriedenheit wird deutlich in dem Album »Meditation«, das im September 2014 erschienen ist. Das Programm, das 400 Jahre geistlicher und spiritueller Musik umfasst, vermittelt ein aufrichtiges Gefühl inneren Friedens und Erfülltseins. Garanča sagt: »Mein Leben ist so glücklich, dass ich unendliche Dankbarkeit empfinde – gegenüber meinen Kollegen, meiner Familie, meiner Stimme und all den großen Komponisten.«

Sein Handwerk verstehen

Wissen. Erfahrung. Fingerspitzengefühl. Präzision bis ins feinste Detail. Denn erst, wenn alles aufeinander abgestimmt ist, kann ein harmonisches Miteinander entstehen. Dieses wünschen wir allen Akteuren und dem Publikum des Festivals Soli Deo Gloria 2015.

© 2015 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungs gesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezieht sich auf die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.


DIE KÜNSTLER VON SOLI DEO GLORIA Bologna, Teatro Real Madrid und Gran Teatre del Liceu Barcelona. Weitere Engagements hat er bei den Wiener Symphonikern, beim Concertgebouw Orchestra Amsterdam, dem London Symphony Orchestra, Radio-Symphonieorchester Wien, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, English Chamber Orchestra, Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI und dem Russian National Orchestra. Derzeit arbeitet er mit der Deutschen Radio Philharmonie an einer Gesamteinspielung der Orchesterwerke von Antonín Dvořák für Hänssler Classic. Seine erste Aufnahme für die Deutsche Grammophon mit dem Orchester Sinfonica Nazionale della RAI ist 2010 erschienen. Eine weitere Produktion bei diesem Label mit Elīna Garanča und der Deutschen Radio Philharmonie erschient im Herbst 2014 unter dem Titel »Geistliche Arien«. Mit der Deutschen Radio Philharmonie unternahm er im September 2014 eine zweite Konzerttournee nach Korea. 2015 gibt er sein Debüt an der Metropolitan Opera New York (»Madama Butterfly«) und am Teatro alla Scala Mailand (»La Bohème«). Nach seinem Debüt im Jahr 2003 ist Karel Mark Chichon regelmäßiger Gastdirigent beim English Chamber Orchestra. Seit 2004 dirigierte er auf Einladung der Wiener Philharmoniker mehrmals Konzerte mit dem Inter-

Karel Mark Chichon LEITUNG

arel Mark Chichon begeistert internationale Musikliebhaber mit Temperament, Leidenschaft und Musikalität. 1971 in London als Kind gibraltarischer Eltern geboren, studierte er an der Royal Academy of Music und assistierte danach Giuseppe Sinopoli und Valery Gergiev. In Anerkennung seiner Dienste für die Musik hat die englische Königin Elizabeth II. Chichon zum »Officer of the British Empire« erhoben. Karel Mark Chichon ist seit September

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2011 Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Sein Vertrag wurde bis 2017 verlängert. Zuvor war er unter anderem Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Lettischen Nationalen Symphonieorchesters (2009-2012) und Chefdirigent des Grazer Sinfonieorchesters (2006-2009). Er gastiert daneben regelmäßig an Opernhäusern wie: Wiener Staatsoper, Deutsche Oper Berlin, Bayerische Staatsoper München, Teatro dell’Opera di Roma, Teatro Comunale di

national Orchestra Institute in Salzburg. Als Gastdirigent führender Orchester ist Karel Mark Chichon an Häusern tätig wie Musikverein Wien, Konzerthaus Wien, Philharmonie Berlin, Concertgebouw Amsterdam, Royal Festival Hall London, Théâtre des Champs-Élysées Paris, Philharmonie am Gasteig München, Laeiszhalle Hamburg, Alte Oper Frankfurt, Großer Saal des Moskauer Konservatoriums, Auditorio Nacional de Musica Madrid sowie dem Seoul Arts Center South Korea.


PHILHARMONIC VOLKSWAGEN ORCHESTRA as Philharmonic Volkswagen Orchestra ist nicht nur ein klassisches Sinfonie-Orchester, sondern beinhaltet auch ein Blas­ orchester und eine Big Band. Damit deckt das Repertoire alle Musikrichtungen, von der Kammermusik über Unterhaltungsmusik bis zu großen klassischen Sinfoniekonzerten ab. Es setzt sich überwiegend aus professionellen Musikern und Studenten sowie Mitarbeitern von Volkswagen zusammen. In einer Kooperation mit der Musikschule Wolfsburg wird außerordentlich begabten Schülern die Gelegenheit gegeben, Erfahrungen in einem großen Orchester zu sammeln. Insgesamt gehören rund 90 Musiker zum Stamm des Volkswagen Orchesters. Gegründet 1949 von Volkswagenmitarbeitern, stand es im Laufe seiner Geschichte unter der Leitung von Fritz Krafft, Hermann Lamprecht, Ernst Müller, Michael Pattberg und (seit 2002) Hans Ulrich Kolf. Die Auftritte des Philharmonic Volkswagen Orchestra erfolgen überwiegend in der Region Wolfsburg. Dazu gehört das z. B. das Pfingstfrühkonzert oder das Stadtgründungsfest. Hier ist es ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Stadt und der Region. Zu den musikalischen Darbietungen gehören sowohl Veranstaltungen von Volkswagen und der Stadt Wolfsburg, Open-AirKonzerte als auch Konzertreihen und Benefiz-Veranstaltungen. Darüber hinaus hat es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Konzerten außerhalb der Region – z.B. in Hamburg, Dresden und Lissabon – gegeben. Im Jahr 2006 gab es in Kooperation mit dem European Philharmonic Orchestra eine Tournee durch fünf Städte in Deutschland. 2007 hat das Orchester im Rahmen der Berlinale in der Deutschen Oper Berlin eine Stummfilmbegleitung in Deutscher Erstaufführung gegeben. In den Jahren 2010 und 2011 begleitete das Orchester den Rockmusiker Peter Maffay bei seiner Tournee »Tattoos« quer durch Deutschland.

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līna Garanča ist der Stargast des diesjährigen Festivals. Die Sängerin stammt aus Riga, studierte an der Lettischen Musik-Akademie und debütierte 1999 in Meiningen als Octavian im »Rosenkavalier« von Richard Strauss – ein kühner Start. Er glückte, und seither reißen sich die Opernhäuser der Welt um die faszinierende Mezzosopranistin. Kaum zwei Jahre später hörte man sie schon auf dem Opernfestival in Savonlinna (Finnland) als Maddalena in »Rigoletto«, und wieder zwei Jahre danach folgte der Sprung in die große Opernwelt, die Wiener Staatsoper und die Salzburger Festspiele, wo sie sich mit Mozart das Publikum eroberte. Als Dorabella (»Cosi fan tutte«) und Sesto (»La clemenza di Tito«) stand sie in die folgenden Jahren auf vielen Opernbühnen. Auf Mozart folgten die Italiener und Franzosen, Rossini und Gounod, Verdi und Bizet, auf Wien und Salzburg Paris, Berlin, London und New York. Mehrfach wurde sie mit dem ECHO Klassik und anderen Preisen ausgezeichnet. Elīna Garančas Gesang ist von makelloser Schönheit, vollendet in der Technik und bis zu Tränen rührend im Ausdruck.

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SAMSTAG 11. JULI 2015 20.00 UHR SCHLOSS WOLFSBURG

OPEN AIR GALA ELĪNA GARANČA MEZZOSOPRAN

PHILHARMONIC VOLKSWAGEN ORCHESTRA KAREL MARK CHICHON LEITUNG

MICHAIL GLINKA | 1804–1857 OUVERTÜRE »RUSLAN UND LUDMILA« PIOTR I. TSCHAIKOWSKY | 1840-1893 ARIA DER JOHANNA AUS »DIE JUNGFRAU VON ORLÉANS« JULES MASSENET | 1842-1912 MÉDITATION AUS »THAÏS« CAMILLE SAINT-SAËNS | 1835-1921 »MON COEUR S’OUVRE À TA VOIX« AUS »SAMSON ET DALILA« »BACCHANALE« AUS »SAMSON ET DALILA« CHARLES GOUNOD | 1818-1893 »PLUS GRAND, DANS SON OBSCURITÉ« AUS »LA REINE DE SABA« PAUSE

SANTIAGO LOPE GONZALO | 1871–1906 GALLITO GERONA MANUEL PENELLA MORENO | 1880–1937 EL GATO MONTES GEORGES BIZET | 1838-1875 AUS CARMEN: »L‘AMOUR EST UN ENFANT DE BOHÊME« (1. AKT – ERSTE FASSUNG) PRÉLUDE (1. AKT) HABANERA (1. AKT) ENTR’ACTE (3. AKT) SÉGUEDILLE (1. AKT) ENTR’ACTE (4. AKT) »EN VAIN, POUR ÉVITER« (3. AKT) ENTR’ACTE (2. AKT) CHANSON BOHÈME (2. AKT)

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EIN RUSSISCHER AKZENT In ihrem Gala-Konzert präsentiert sie ihr französisches Repertoire, aber zu Beginn gibt es einen russischen Akzent. Nach der brillanten Ouvertüre zu »Ruslan und Ludmila« von Michail Glinka singt sie eine bravouröse Arie aus der Oper »Die Jungfrau von Orléans« von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Die Oper selbst erscheint kaum auf deutschen Bühnen, obwohl der Komponist sich nach dem »Eugen Onegin« (1878) das ehrgeizige Ziel stellte, mit der »Jungfrau« die europäische Opernbühne zu erobern. Wie der junge Verdi, der 1845 ebenfalls eine »Giovanna d’Arco« herausgebracht hatte, scheiterte er jedoch. Der »Onegin« eroberte die Bühnen der Welt, nicht die »Jungfrau«. Die Arie der Johanna aus dem ersten Akt hat jedoch überlebt. Textlich fußt sie auf dem hinreißenden Monolog

der Johanna, mit dem sie sich am Beginn des Stückes von ihrer Heimat verabschiedet, um in den Krieg gegen die Engländer zu ziehen: »Lebt wohl, ihr Berge, ihr geliebten Triften, ihr traulich stillen Täler, lebet wohl! Johanna wird nun nicht mehr auf euch wandeln, Johanna sagt euch ewig Lebewohl…« Musikalisch aber stand Giacomo Meyerbeer Pate, der Berliner in Paris. Seine großen Opern (»Die Hugenotten«, »Der Prophet«) waren Tschaikowskys Vorbild, und so ist es durchaus richtig, einen französischen Opernabend mit Tschai­ kowsky einzuleiten. Seine Musik, die uns auch hier als typisch russisch erscheint, klang dem Publikum im Petersburger Mariinsky-Theater, wo sie am 25. Februar 1881 uraufgeführt wurde, ganz und gar französisch. FRANZÖSISCHE OPER Es folgen Ausschnitte aus drei ebenfalls bei uns kaum bekannten französischen Opern, Bruchstücke einer vergangenen musikalischen Epoche. Die Oper »Thaïs« (1894) von Jules Massenet ist vor allem durch die »Meditation« für Solo-Violine und Orchester geläufig. Sie ist eine Zwischenakt-Musik mit einem psychologischen Programm, denn sie schildert die Wandlung der Venuspriesterin Thaïs von der Hure zur Heiligen. Die Oper »Samson und Dalila« von Camille Saint-Saëns fußt auf der biblischen Erzählung von dem Helden Samson, dem die Philisterin Dalila in einer Liebesnacht das Geheimnis seiner Stärke entreißt – er verlöre sie mit seinem Haar. Die Arie »Mon coeur s’ouvre à ta voix« (Sieh, mein Herz erschließet sich) ist das Zentrum der Verführungsszene. Auch hier folgt noch ein Instrumentalstück, das Bacchanale, die freche Siegesfeier der Philister, die jäh endet, als Samson noch einmal seine Kräfte wiederfindet und den Tempel zum Einsturz bringt. Die Oper wurde 1877 durch Franz Liszt am Weimarer Hoftheater uraufgeführt und kam in Frankreich erst 13 Jahre später auf die Bühne. Charles Gounod ist vor allem


durch seine Oper »Margarethe« bekannt geworden, die »Königin von Saba« kennt man hingegen nicht. Sie erzählt die zur Bibel hinzuerfundene Geschichte der schönen Königin, die sich am Hofe des Königs Salomon in den Künstler und Magier Adoniram verliebt, worum sich ein romantisches Künstler-Drama entspinnt. Das Libretto zu dieser 1862 uraufgeführten Bibel-Oper verfassten zwei der bekanntesten französischen Bühnenautoren des 19. Jahrhunderts, Jules Barbier und Michel Carré. Für Gounod hatten sie u.a. die Libretto zu »Faust« (»Margarethe«) und »Romeo und Julia« verfasst, für Offenbach »Hoffmanns Erzählungen«. In der Arie »Plus grand dans son obscurité« gesteht sich die Königin ihre geheimen zärtlichen Gefühle für den Künstler ein. CARMEN Der zweite Teil des Konzertes hat eine spanische Färbung, obwohl die Musik hauptsächlich wiederum von einem Franzosen stammt, von Georges Bizet, dem berühmtesten und erfolgreichsten aller französischen Opernkomponisten. Eine ganze Perlenschnur der schönsten Szenen aus »Carmen« kommt zu Gehör. Heute ist kaum vorstellbar, dass diese Oper bei ihrer Uraufführung am 3. März 1875 in der Pariser »Opéra comique« durchfiel. Die Erfolgsgeschichte des Werkes in einer revidierten Fassung mit gesungenen Rezitativen und einem Ballett begann mit der Wiener Erstaufführung einige Monate später, doch da lebte der Komponist bereits nicht mehr. Er starb am 3. Juni 1875 im Alter von 36 Jahren. »Carmen« ist nicht nur die wahrscheinlich meistgespielte Oper überhaupt, ihr musikalischer Stil beeinflusste auch die sinfonische Musik (Chabrier, Sarasate, Rimsky-Korsakow, Ravel, de Falla u.a.) und gilt bis heute als der Inbegriff der spanischen Musik überhaupt. Vor »Carmen« leiten drei volkstümliche spanische Tänze, sogenannte »Pasodobles«, den zweiten Teil ein. Sie wurden um 1910 in ganz Europa populär. Der bekannteste von ihnen war damals der »España Cañí , der »Spanische Zigeunertanz« von Pascual Marquina Narro. Santiago Lope Gonzalo, der Komponist von »Gerona«, war einer der beliebtesten spanischen Bandleader am Ausgang des 19. Jahrhunderts. Er spielte unter anderem bei Stierkämpfen auf und schrieb für die Matadores spezielle Pasodobles. »El gato montés« (Die Wildkatze) ist eine heute vergessene Oper von Manuel Penella Moreno, nur der in ihr enthaltene Pasodoble überlebte. Ein Pasodoble findet sich auch in »Carmen«, es ist das »Zigeunerlied« (Chanson de Bohème), das unser Konzert beschließt.

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Konzert-Kasse 2 x in Braunschweig: Schild 1a und in den Schloss–Arkaden sowie in den Service-Centern der Salzgitter-Zeitung, Peiner Nachrichten, Gifhorner Rundschau, Wolfenbütteler Zeitung, Helmstedter Nachrichten und Wolfsburger Nachrichten. Ticket-Hotline: 05 31 - 1 66 06


Schloss Wolfsburg ist eines der prachtvollsten Zeugnisse der norddeutschen Renaissance.

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D I E S P I E L S TÄT T E N VO N S O L I D E O G L O R I A

SCHLOSS WOLFSBURG

Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival ist am 11. Juli 2015 erstmalig vor der prachtvollen Kulisse des Schlosses Wolfsburg zu Gast. Freuen Sie sich auf eine glanzvolle Sommernacht bei der Open Air Gala mit Elīna Garanča! 55


ie »Wolfsburg« mit ihren Ziergiebeln und dem Zwiebelturm wurde ab dem 16. Jahrhundert zu einem der prachtvollsten Zeugnisse der norddeutschen Renaissance ausgebaut. In den Innenräumen befinden sich die Städtische Galerie, das Stadtmuseum, der Kunstverein Wolfsburg e.V., das Institut Heidersberger GmbH sowie die Lernwerkstatt (regionale Lehrerfortbildung). Das Schloss hat als spätes Bauwerk der Renaissance in Norddeutschland einige Jahrhunderte gesehen. Erhaben, prächtig, stolz, wehrhaft ragt das Gebäude hoch auf, weithin sichtbar sogar von vielen Straßen Wolfsburgs 1947 bot die Stadt aus. 1574 begannen Wolfsburg das Schloss mit folgendem Zeitungsinserat die Herren von Barzum Verkauf an: tensleben mit dem Schloss aus Stadtbesitz zu verkaufen Umbau der mittelal(Weser-Renaissance). terlichen Burg. GeIn günstiger Lage am Mittelland-Kanal und treidehandel, Holz-, Bahnstrecke Hannover/ Vieh- und FischBerlin. Nähe Braunschweig. Über 80 wirtschaft hatten Räume. Insgesamt sie wohlhabend ge3,88 ha. Gewerbliche macht. RenaissanceNutzung möglich. Quelle: Wikipedia schmuck ziert seither das Nordportal, spitz ragt der Turm des Wendelsteins über dem Südflügel auf, einer Haube gleicht der Hausmannsturm. Kragsteine und Gewölbegänge erinnern an einstige Laubengänge. Mit sechs Jochbögen und fünf Geschossen war die Wolfsburger Galerie die größte Anlage ihrer Zeit im Gebiet der Weserrenaissance. »Cum memoria hominum sit labilis« (Weil die Erinnerung der Menschen unbeständig ist), steht schon auf der ersten auf Latein geschriebenen Urkunde, welche die Wolfsburg erwähnt. 1302 wurde sie gesiegelt und beweist, dass die Brüder Burchard, Günter und Werner von Bartensleben die Herren der Burganlage waren. Später, im 18. Jahrhundert, heiratete Anna Adelheit Catharina von

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Bartensleben Reichsgraf Adolph Friedrich von der Schulenburg. Dessen Familie schickten die Nazis 1942 mitsamt beweglichem Hab und Gut nach Neumühle. Die Erinnerung hält das Stadtmuseum in den Schloss-Remisen fest. Bunt und beschwingt zeigen sich die Fünfziger Jahre der Volkswagenstadt. Werk und Stadt florieren. Es boomt, es wird getanzt und gebaut. Nierentisch und Tütenlampen, rote Cocktailsessel und Plakate der großen VW-Kunstausstellungen lassen diese Zeit des Wirtschaftswunders lebendig werden. Dazu passen die Jukebox aus der PinguinMilchbar in der Kleiststraße und der komplett erhaltene Frisörsalon Hildegard Kuhns aus der Reislinger Straße. Es ist nicht die einzige Epoche, die so ungewöhnlich dargestellt wird. Das Stadtmuseum präsentiert auch Urund Frühgeschichte des Wolfsburger Raumes, die Geschichte des Schlosses, dann der Stadt. Deshalb sind die alten

Wehrmauern, die Schießscharten und Schweinetröge einbezogen in die Ausstellungen. So wie die alten Mauern aller vier Flügel der modernen Kunst eine historische Kulisse bieten, der Städt­ ischen Galerie wie dem Kunstverein: Drehung für Drehung, immer wieder neu pflügen die Kordeln Spuren in den hellen Sand, verwischen sie, beginnen von vorn. 1970 schuf Günther Uecker diese »Sandspirale«, die sich im Westflügel dreht. Sie ist ein Symbol für die unablässig rinnende Zeit. Längst vergangene Epochen sind so zum gefragten Ambiente modernen Lebens geworden: In der Gerichtslaube schließen Paare den Bund fürs Leben, im Gartensaal finden Konzerte und Empfänge statt. Im Park, einem englischen Landschaftsgarten, vergnügen sich Verliebte, lümmeln sich Jugendliche, unterhalten sich Spaziergänger. Im gegenüber liegenden Barockgarten ebenso – das Schloss lebt.

GESCHICHTE QUICKLEBENDIG So lautet das Motto des Stadt­­museums Schloss Wolfsburg. Im historischen Ambiente der Remise, zwischen Wehrmauern und Fachwerk, präsentiert es Schloss-, Regional und Stadt­geschichte in Hunderten von Original­exponaten vom Grün­dungs­pfahl des Wolfsburger Schlosses bis hin zum kompletten Friseur­salon der 1950er Jahre. STADTMUSEUM SCHLOSS WOLFSBURG Remisen, Schloßstr. 8 38448 Wolfsburg Telefon: 05361-281040 Das Stadtmuseum bietet Schlossführungen für Gruppen ab 10 Personen nach vorheriger Anmeldung an. www.wolfsburg.de/stadtmuseum

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I N T E R V I E W

Ich sehe eine gesellschaftliche Verpflichtung der Unternehmen kulturelles Engagement zu unterstützen. THOMAS STIEVE Welche Bedeutung hat Sponsoring im Allgemeinen und Kultursponsoring im Besonderen für PwC? Unser Ziel ist es, auf vielfältige Weise mehr Wert zu schaffen – für Menschen, Umwelt und Gesellschaft. Da gehört der Bereich Sponsoring ganz sicher dazu. Uns ist es wichtig, dass Kultursponsoring nicht nur mit Kulturfinanzierung gleich gesetzt wird. PwC sponsert gerne, wenn sich Kolleginnen und Kollegen intensiv mit dem Projekt identifizieren können. Das ist hier der Fall. Die Konzerte eröffnen auch und gerade für junge Menschen den Zugang zu kulturellen Highlights. Uns liegt die Ausbildung und Förderung junger Menschen am Herzen. Aus diesem Grunde haben wir auch eine eigene Stiftung mit den Schwerpunkten: Jugend-BildungKultur gegründet.

Thomas Stieve, Leiter der Niederlassung Hannover des Unternehmens PricewaterhouseCoopers beantwortete unsere Fragen zum Thema Kultursponsoring

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Warum haben Sie sich entschieden, Soli Deo Gloria zu unterstützen? Kulturelles Engagement ist uns wichtig. Wir unterstützen Soli Deo Gloria seit vielen Jahren, da unsere Prinzipien der Familienfreundlichkeit, der Nachhaltigkeit aber auch die Einbeziehung der Jugend und der Kinder auf ganz besondere Weise umgesetzt werden. Mit Graf von der Schulenburg hat Soli Deo Gloria einen mutigen, innovativen und sowohl international als auch regional bestens vernetzten Kurator. Er schafft es immer wieder neue Wege zu gehen und Altes mit Neuem zu verknüpfen. Sein persönliches Engagement sorgt für eine

herausragende Qualität der Konzerte. Wir stehen gern an der Seite von Soli Deo Gloria um gemeinsam mit anderen Sponsoren die außergewöhnlichen und vielschichtigen Konzerte in der Region Braunschweig mit zu ermöglichen. Mit Soli Deo Gloria haben wir einen Partner gefunden, der die gleichen Werte wie wir vertritt, Horizonte erweitert und für hohe Qualität sorgt. PwC hat eine eigene Stiftung gegründet. Was war der Grund, und worin liegt die Besonderheit ihrer Arbeit? Grundlage für die Stiftungsgründung war und ist die Erkenntnis, dass die Jugendbildung in Deutschland intensiv und nachhaltig gefördert werden muss. Diese haben sich die PwC Führungskräfte auf die Fahne geschrieben und die PwC Stiftung gegründet. Diese investiert seitdem in begeisternde, innovative Projekte, kreative Ideen und tritt als engagierter Kulturvermittler auf, um jungen Menschen Kultur zu ermöglichen. Welche Rückmeldung bekommen Sie von Kunden und Mitarbeitern auf Ihr Engagement für Soli Deo Gloria? Wir bekommen viele positive Rückmeldungen von persönlichen Gesprächen bis hin zu Briefen. Unsere Mandanten und Mitarbeiter schätzen es sehr die Konzerte zu besuchen Zum Teil werden lange Anfahrten in Kauf ge-


nommen, um dabei zu sein. Das ist auch ein Zeichen der Exklusivität der Konzerte. Besonders hervorzuheben ist, dass ein Gespräch mit den Künstlern im Anschluss an die Konzerte für die meisten ein unvergessliches Erlebnis ist. Soli Deo Gloria ist für Einige eine Institution geworden. Besuchen Sie regelmäßig Konzerte? Falls ja: An welches erinnern Sie sich besonders gern und warum? Ja, ich versuche mir jeden Termin frei zu halten. Alle schaffe ich leider nicht. Für mich persönlich ist jedes Konzert immer mit einer Überraschung verbunden. Ich lerne nicht nur wunderschöne Orte in der Region Braunschweig kennen sondern freue mich jedes Mal auf die mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten der barocken Musik. Wo hat man schon sonst die Möglichkeit zahlreiche weltbekannte

Musiker live zu erleben. Besonders bewegt hat mich das Lang Lang Konzert in der VW Werkshalle. Eine unwirkliche Atmosphäre, großartige Musik und ein junger Weltklassekünstler. Alles zusammen hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wie sehen Sie die Zukunft der klassischen Musik? Welchen Herausforderungen muss sich klassische Musik Ihrer Ansicht nach heute stellen, und wie können diese gemeistert werden? Klassische Musik wird es immer geben. Sie muss aus meiner Sicht immer nur modern und offen für Interpretation bleiben, damit sie den Anschluss an den Zeitgeist nicht verliert. Eine Herausforderung ist es, der Jugend den Zugang zur klassische Musik zu ermöglichen. Das heißt zum Einen, es muss erschwinglich sein, Konzerte zu besuchen und zum Anderen müssen die Musiker

jung sein und bleiben um die Jugend anzusprechen. Beides zusammen mit Kreativität und Engagement sorgt aus meiner Sicht für eine blühende Zukunft der klassischen Musik. Geht der Trend in der Kulturförderung in Zukunft auch bei uns zu immer stärkerem privatwirtschaftlichen Engagement? Sich nur auf den Staat zu verlassen ist zu kurz gesprungen. Ich sehe eine gesellschaftliche Verpflichtung der Unternehmen kulturelles Engagement zu unterstützen. Wenn insbesondere junge Menschen facettenreichen Zugang zur Kultur haben, profitieren auf der anderen Seite die Unternehmen. Mitarbeiter mit vielfältigen Ideen und Möglichkeiten über den Tellerrand hinaus Chancen zu sehen, zu ergreifen und optimal entwickeln zu können. Aus meiner Sicht eine Win-WinSituation für alle Seiten.

Hier schlagen unsere Herzen Wurzeln.

Ob Kulturprojekte, Umweltinitiativen oder Sportveranstaltungen – wir engagieren uns für vielfältige Projekte im Braunschweiger Land. Und das aus Überzeugung. Schließlich sind wir seit über 260 Jahren ein starker Partner für die Menschen hier vor Ort. Und tief in der Region verwurzelt.

www.oeffentliche.de


SONNTAG 20. DEZEMBER 2015 15.30 UHR ST. MARTINI BRAUNSCHWEIG SONDERKONZERT JOHANN SEBASTIAN BACH WEIHNACHTSORATORIUM KANTATEN I-III UND KANTATEN IV-VI KAMMERCHOR UND ORCHESTER DER KLANGVERWALTUNG ENOCH ZU GUTTENBERG LEITUNG

ENOCH ZU GUTTENBERG DIRIGIERT DAS WEIHNACHTSORATORIUM 60


equem hat er es sich nie gemacht. Enoch zu Guttenberg ist seinen eigenen Überzeugungen gefolgt, ist nie einfach nur mit, sondern oft genug gegen den Strom geschwommen. Als einer der herausragenden Dirigenten unserer Zeit hat er sich mit der Musik auf eine Weise auseinandergesetzt, die Publikum und Kritiker aufgerüttelt und ihm zugleich internationale Achtung verschafft hat. Sowohl als Symphoniker als auch als Interpret der großen Sakralwerke setzten seine Aufführungen wichtige Akzente in der eigenen Laufbahn und auf den bedeutenden internationalen Bühnen: So dirigierte Enoch zu Guttenberg u.a. die Staatskapelle Berlin, die Bamberger Symphoniker, das NDR Sinfonieorchester, die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken, das MDR Sinfonieorchester und das Nouvelle Orchestre Philharmonique Paris. Zwei Ensembles sind es im Besonderen, die Guttenbergs künstlerische Idee und musikphilosophische Ansätze als gemeinsame Anliegen umsetzen: die von ihm seit 1967 geleitete Chorgemeinschaft Neubeuern und das Orchester KlangVerwaltung, dessen künstlerischer Leiter er seit 1997 ist. Mit dem Orchester KlangVerwaltung, das sich aus Musikern führender Symphonieund Opernorchester, aber auch international bekannten Solisten und Kammermusikern zusammensetzt, ist Enoch zu Guttenberg seit einigen Jahren weltweit unterwegs. Für Enoch zu Guttenberg und seine ihm verbundenen Ensembles ist die Symbiose aus dem fundierten Wissen um die jeweilige historische Aufführungspraxis, der unbedingten, zwingenden Inhaltsorientierung und der hieraus erwachsenden Emotionalität Grundlage ihrer Interpretation. Dies gilt für alle bedeutenden Werke des Barock, der Wiener Klassik, aus Romantik und Spätromantik sowie für Kompositionen des 20. Jahrhunderts. Große gemeinsame Erfolge feierte Guttenberg zusammen mit der Chorge-

B

meinschaft Neubeuern und der Klang-

Seit dem Jahr 2000 ist Enoch zu Gut-

Verwaltung nicht nur bei allen bedeu-

tenberg Intendant der Internationalen

tenden nationalen Festivals, sondern

Herrenchiemsee Festspiele. Als künst-

auch im Wiener Musikverein, im Con-

lerischer Leiter kreierte Guttenberg zu-

certgebouw Amsterdam, 2009 in China

sammen mit dem Dramaturgen Klaus J.

bei Konzerten im Rahmen des Hong-

Schönmetzler hier ein singuläres Kon-

kong Music Festivals und des Beijing

zept, das nicht nur von seiner Persön-

Music Festivals sowie 2012 in St. Martin

lichkeit und seinen Überzeugungen ge-

in the Fields in London. Ein Höhepunkt

prägt ist, sondern zugleich die beson-

im Konzertjahr 2010 war die Aufführung

dere Historie der Lokalität einbezieht.

von Verdis »Messa da Requiem« zu Eh-

Obwohl die Musik immer im Zentrum

ren von Papst Benedikt XVI. im Vatikan.

seiner Aktivität und Kreativität liegt, hat

In diesem Jahr erklingen in der Kirche St. Martini in Braunschweig gleich alle sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. Der Bach-Spezialist Enoch zu Guttenberg, der Kammerchor und das Orchester der von ihm gegründeten KlangVerwaltung ermöglichen diese seltene Gelegenheit, das ganze Werk an einem Tag zu hören.

Guttenberg seine Mitwelt niemals aus den Augen verloren. Ob als beharrlicher Mahner und Visionär in Sachen Umweltpolitik oder als erfolgreicher Förderer der kulturellen Zusammenarbeit zwischen Ost und West – geprägt durch sein Elternhaus war die Verbindung von politischem und künstlerischem Engagement für Enoch zu Guttenberg stets Verpflichtung. Für seine Arbeit wurde er über die Jahre mit etlichen Auszeichnungen, darunter der Deutsche Kulturpreis und das Bundesverdienstkreuz­ 1. Klasse, geehrt. Enoch zu Guttenbergs musikalisches Wirken wird mittlerweile durch zahlreiche Funk- und Fernsehproduktionen sowie CD-Einspielungen dokumentiert. Für die Einspielung von Anton Bruckners Symphonie Nr. 4 Es-Dur »Romantische« erhielt er zusammen mit dem Orchester KlangVerwaltung den ECHO Klassik in der Kategorie »Sinfonische Einspielung des Jahres«, Musik des 19. Jahrhunderts.

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Veranstalter: Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival Verein zur Förderung der Feste Alter Musik im Braunschweiger Land e.V. Haus der Braunschweigischen Stiftungen Löwenwall 16, 38100 Braunschweig www.solideogloria.de in Kooperation mit: Cm Reimann GmbH Adlershofer Straße 6, 12557 Berlin Künstlerischer Direktor: Günther Graf von der Schulenburg Kuratorium: Dr. Gert Hoffmann, Präsident der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz Benita von Maltzahn, Leitung Kultur der Konzernkommunikation Volkswagen Kai Uwe Krauel, Vorstandsvorsitzender BS Energy Nikolaus Külps, Vorstandsvorsitzender Schnellecke AG Ulrich Markurth, Oberbürgermeister Stadt Braunschweig Knud Maywald, Vorstand Öffentliche Versicherung Elisabeth Pötsch, Repräsentantin der Einzelförderer Nils Rodermund, Leiter Sponsoring Volkswagen Financial Services AG Prof. Dr. Bettina Rothärmel, Leiterin Strategisches Marketing Braunschweiger Zeitungsverlag Werner Schilli, Vorstand Braunschweigische Landessparkasse Dr. Wolf-Michael Schmid, Präsident IHK Braunschweig Thomas Stieve, Partner der PricewaterhouseCoopers AG Professor Dr. Christoph Stölzl, Präsident der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar Einführungen: Dr. Gerhard Müller Redaktion: Birgit Niemeyer Layout: Siegmar Förster (www.sfbdesign.de)

Schnellecke_Logistics_Anzeige_fuer_soli deo gloria_02_pfade.pdf 1 12.04.2012 11:51:53

UND DEN EINZELFÖRDERERN VON SOLI DEO GLORIA FÜR DIE GROSSZÜGIGE UNTERSTÜTZUNG C

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MEDIENPARTNER

Bildnachweis: Elina Garanca (Titel): Felix Broede / DG S. 6-11: Andreas Greiner-Napp Elīna Garanča S. 12/13: Harald Hoffmann / DG Elīna Garanča S. 15: Gabo / DG Philippe Herreweghe, Collegium Vocale Gent: Michiel Hendryckx Duo Alexander: Management Matan Porat: Neda Navaee Kammerorchester Basel: Christian Flierl Klaus Maria Brandauer: Christof Mattes Trevor Pinnock: Management Matthias Glander, Matthias Eisenberg: Management Ragna Schirmer: Robert Dämmig Elīna Garanča S. 48: Paul Schirnhofer / DG Karel Mark Chichon: Marco Borggreve Schloss Wolfsburg S. 54-57: WMG Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH Thomas Stieve: PricewaterhouseCoopers Enoch zu Guttenberg: Markus C. Hurek KlangVerwaltung: Management Redaktionsschluss: 29. Mai 2015 Bild- und Tonaufnahmen sind nicht gestattet. Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten.


FOTO: ANDREAS GREINER-NAPP

Tradition bewahren – Zukunft fördern Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz trägt die reiche Geschichte einer selbstbewussten Region in der Mitte Europas in die Zukunft. Sie ist lebendiges Beispiel dafür, dass traditionell und modern, zukunftsorientiert und historisch keine Gegensätze sind. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 vereint die Stiftung unter ihrem Dach den Braunschweigischen Vereinig-

ten Kloster- und Studienfonds und die Braunschweig-Stiftung. Aus den Erträgen des Teilvermögens Braunschweigischer Vereinigter Klosterund Studienfonds unterstützt die Stiftung kirchliche, kulturelle und soziale Projekte. In den Genuss der Zuwendungen aus dem Teilvermögen der Braunschweig-Stiftung kommen die Technische Universität, das Braunschweigische Landesmuse-

Erfolgsmodell Stiftung Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist seit der Errichtung des Klosterfonds 1569 eine Erfolgsgeschichte. Immer wieder hat die Intention Herzog Julius’ als Begründer der Stiftung ihre Kraft entfaltet: ein großes Vermögen zu widmen und nachhaltig für die Zukunft zu bewahren. Und in eben dieser Tradition ist

auch die Entscheidung von Niedersächsischem Parlament und Landesregierung im Jahr 2004 zu sehen, als das neue Dach für die überkommenen Vermögen geschaffen worden ist. Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist in jeglicher Hinsicht ein Erfolgsmodell – ein Braunschweigisches Erfolgsmodell!

um und das Staatstheater Braunschweig. So bewahrt und fördert sie seit 1569 die kulturelle und historische Identität des ehemaligen Landes Braunschweig und sichert die Grundlagen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Region. Außerdem hat sie für das Land Niedersachsen die Organisation der regionalen Kulturförderung übernommen.


www.passat.de

Verspätungen theoretisch ausgeschlossen.

Der neue Passat. Mit BiTurbo. So souverän wie Sie. Im neuen Passat mit 176 kW (240 PS) können Sie Ihre Ziele schnell und effizient erreichen. Dank 500 Nm Drehmoment beschleunigt er in nur 6,1 Sekunden auf Tempo 100.* Und sorgt mit dem Allradantrieb 4MOTION dafür, dass Sie dabei immer in der Spur bleiben. Sicher angekommen ist der neue Passat übrigens auch bei der Wahl zum Goldenen Lenkrad: Hier hat er sich Platz eins in der Kategorie Mittel-/Oberklasse gesichert.**

* Kraftstoffverbrauch des Passat TDI BiTurbo in l/100 km: 6,4 innerorts, 4,6 außerorts, 5,3 kombiniert, CO2-Emissionen in g/km: 139 kombiniert. Abb. zeigt optionale Sonderausstattung. ** Gewinner des Goldenen Lenkrads in der BILD am SONNTAG/AUTO BILD,

Ausgabe Nr. 46/2014.


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