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Gastkommentar

Was sagt deine Therapeutin dazu?

Jakob Ille, Innenpolitikredakteur der Austria Presse Agentur

Wenn vier Jahre Pandemie etwas zum Positiven verändert haben, dann wohl, dass mentale Gesundheit langsam aber doch enttabuisiert wird. Und das ist gut so, denn die Lage ist ernst: 67 Prozent der Schüler*innen leiden an Niedergeschlagenheit oder Hoffnungslosigkeit, gar 27 Prozent plagen immer wieder suizidale Gedanken, wie eine Studie der Uni Wien Mitte Jänner gezeigt hat. Psychische Erkrankungen betreffen aber natürlich nicht nur Schüler*innen. Es kann jeden treffen, und man kann etwas dagegen tun. Der gelegentliche Spaziergang an der frischen Luft mag helfen, manchmal braucht es aber professionelle Unterstützung. Eine*n Psychotherapeut*in aufzusuchen, sollte nicht mit Scham behaftet sein. Vielleicht kann man sich hier ein Beispiel an der Gen Z nehmen. „Mein Therapeut hat gesagt“ geht vielen Menschen Anfang 20 so leicht über die Lippen, wie „Mein Cholesterin ist zu hoch“ ihren Eltern.

Auch muss Psychotherapie nicht die Ultima Ratio sein, wenn der Leidensdruck schon weit fortgeschritten ist. Wer körperlich lange gesund bleiben möchte, ernährt sich ausgewogen, macht Sport und geht nicht erst dann zum Arzt, wenn die Knie so sehr schmerzen, dass man nicht mehr laufen kann. Selbiges sollte auch für mentale Gesundheit gelten. Nur: Die Mitgliedschaft in einem Studio der „Fitinn“-Kette – die neben sexistischen Werbesprüchen vor allem für ihre günstigen Preise bekannt ist – kostet 30 Euro im Monat, eine Therapieeinheit von 50 Minuten selten unter 80 Euro. Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper, vor allem aber in einem, der sich Gesundheit leisten kann.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

© Gabriel Rozsa, Headerbild

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