STARTER-Magazin des Projektauswahltreffens 2015

STARTER

Sieben Projekte zur Wahl

10 Jahre PAT in Zahlen

Seite 4

Seite 7

Sozialer Tag eine Idee verbindet Seite 18

Grußwort

„Deutschlandweit haben heute mehr als 80.000 Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Sozialen Tages ihre Schulbank gegen einen Arbeitsplatz getauscht. Die erarbeiteten Gelder gehen an die Jugend- und Bildungsprojekte von „Schüler Helfen Leben“, die Kindern und Jugendlichen auf dem Balkan und seit 2012 auch syrischen Flüchtlingen in Jordanien helfen. Im vergangenen Jahr konnten so 1,5 Millionen Euro für den guten Zweck gesammelt werden. “ So ungefähr könnte sie aussehen, die Tagesschau-Meldung am 9. Juli 2015. Zah-

Unterstützer

len, die beeindrucken und zeigen, dass Jugendliche sich engagieren. Möglicherweise werden wir in derselben Tagesschau auch über neue Kampfhandlungen und Terroranschläge in Syrien berichten; über weitere Flüchtlingsboote, die auf dem Weg nach Europa gesunken sind; über Flüchtlinge, die es nicht geschafft haben in ein sicheres Lager oder einfach nur ans rettende Ufer; über ertrunkene Kinder, die doch einfach nur dem Krieg entfliehen wollten. Möglicherweise berichten wir dann auch über Pegida, Nogida oder brennende Flüchtlingsheime in Deutschland.

Und so wird womöglich in dieser einen Tagesschau am 9. Juli 2015 deutlich, dass Ihr alle nicht einfach nur Gutes tut mit dem Sozialen Tag, sondern dass Ihr das drängendste Problem unserer Zeit erkannt habt und dass ihr es anpackt.

Indem ihr mit Eurem erarbeiteten Geld auch syrischen Flüchtlingen helft. Denn wir brauchen ein Hinschauen, wir brauchen ein Helfen und wir brauchen Solidarität.

Im Herbst vergangenen Jahres habe ich für eine Reportage mehrere Tage in einem Flüchtlingsheim in Hamburg-Langenhorn verbracht. Ich habe mit einem syrischen Tierarzt gesprochen, dessen Haus bei den Luftangriffen zerbombt wurde, der seine Frau und seinen kleinen Sohn packte und floh. Die Flucht führte die Familie in eines

dieser Flüchtlingsboote. Und weit draußen auf dem Mittelmeer drang plötzlich Wasser ins Boot. Die Menschen schrien und versuchten verzweifelt, das Wasser aus dem Boot zu schöpfen bis endlich Rettung kam. In dieser Nacht auf dem Mittelmeer ging das sich anbahnende Drama glimpflich aus – niemand musste sterben. Aber die Mutter, die mir davon in Hamburg-Langenhorn erzählte, weinte bitterlich bei der Erinnerung. Und ihr kleiner Sohn war von den Luftangriffen auf seine Heimatstadt in Syrien so traumatisiert, dass er bei jedem Flugzeug am Hamburger Himmel unruhig wurde, sich unter dem Waschbecken verstecken wollte und anfing, sich die Haut aufzukratzen.

Wo auch immer Menschen mit einer solchen Geschichte landen, ob in HamburgLangenhorn oder in einem Flüchtlingslager in Jordanien – wir sollten helfen. Ihr tut das und deshalb würde ich in der Tagesschau am 9. Juli 2015 zwar gewohnt sachlich und neutral die Nachricht über den Sozialen Tag verlesen. Aber ich würde dabei DANKE denken. Danke für Euer so wichtiges Engagement!

Eure Judith Rakers Neben Judith Rakers möchten euch noch andere Prominente für euer Engagement danken. Seht selbst!

Editorial Eure Wahl heute war nur der Anfang…

Der Sonntag des Projektauswahltreffens (PAT) ist Wahltag. Aber im Gegensatz zur Europawahl oder Bundestagswahl gibt es bei Schüler Helfen Leben (SHL) keine Altersgrenze nach unten – sondern eher nach oben. Seit zehn Jahren habt ausschließlich ihr Schüler als Vertreter der am Sozialen Tag teilnehmenden Schulen nun schon das Sagen, welche Projekte von den erarbeiteten Geldern unterstützt werden. Wir freuen uns sehr, dass jedes Jahr wieder 250 von euch nach Berlin kommen und ihre Stimme abgeben. Deshalb haben wir dieses Jubiläum zum Anlass genommen, in den SHL-Archiven mal nach Zahlen aus zehn Jahren PAT zu forschen. Das Ergebnis findet ihr auf Seite 7.

Aber natürlich soll das diesjährige Wochenende im Mittelpunkt dieses Heftes stehen: Wir haben uns mit euch gemeinsam zur Konfliktreise aufgemacht (S. 13), die PAT-Koordinatoren durch ihren Tag begleitet (S. 11) und festgestellt, dass Völkerverständigung nicht nur ein Thema in unseren Projektregionen ist, sondern im weitesten Sinne auch auf dem PAT (S. 14).

Wer nach einem Wochenende voller Workshops, Projektwelten und Stellwänden noch mehr über Aktuelles aus den

SHL-Projektregionen erfahren möchte, kann sich zum Beispiel im Hintergrundartikel zum Thema „sichere Herkunftsländer“ (S. 17) weiter informieren. Außerdem haben wir die SAME-Gäste zu einem Interview getroffen und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Aktionstage in den einzelnen Ländern gefragt. Erfahrt mehr über das Netzwerk europäischer Sozialer Tag-Organisationen auf Seite 18.

Ihr werdet sehen, ihr seid Teil einer europäischen Bewegung und nach diesem Wochenende in erster Linie Experten für die Arbeit von SHL. Wir hoffen, das PAT hat euch motiviert, den Gedanken des Sozialen Tages noch weiter an andere junge Menschen zu tragen. Vielleicht habt ihr auch Lust, euch direkt bei SHL einzubringen? Findet ab Seite 22 heraus, welches Engagement zu euch passt und setzt es in die Tat um! Auf Seite 29 haben wir außerdem für euch alle Termine gesammelt, die ihr euch jetzt rot im Kalender markieren solltet, wenn ihr bei SHL aktiv werden möchtet. Wir würden uns sehr freuen, euch auf einer dieser Veranstaltungen wiederzutreffen.

Last but not least: Dieses Magazin heißt

Starter, weil es jetzt an euch ist, die Dinge in die Hand zu nehmen. Startet durch, erzählt euren Mitschülern von diesem Wochenende, von SHL, vom Balkan, von Syrien und Jordanien. Motiviert eure Freunde, ihre Schulen ebenfalls noch für den diesjährigen Aktionstag anzumelden.

Und erklärt ihnen allen, wofür sie am Sozialen Tag ihre Schulbank gegen Bürostühle oder ihre Stifte gegen Gießkannen tauschen werden und warum soziales Engagement wichtig ist. Ihr wisst noch nicht, wo ihr am Sozialen Tag arbeiten werdet? Lasst Euch auf Seite 24 inspirieren, erobert Städte im Namen des Sozialen Tages und hinterlasst bundesweit euren Sozialen Fingerabdruck!

Wir wünschen euch eine gute Heimreise und viel Spaß mit diesem Heft.

Danke für eure Teilnahme am PAT und am Sozialen Tag!

Melanie Schippling Besucht uns auf Facebook: facebook.com/schuelerhelfenleben

PAT-STARTER 2015 1

#PAT2015 Folgt uns bei Sjelle Hiebner

und

: @sozialertag

aleeks_andra

2h

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Großeinkauf für das #PAT2015 mit @Marcel_Juergens ! #Lunchpakete #hierwerdenallesatt

15:13 - 16. Mai 2015

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Ich wünsche allen Teilnehmern, #tnbs und #Helfern beim @SozialerTag #PAT2015 viel Spaß! #IhrEntscheidet 06:28 - 15. Mai 2015

2 PAT-STARTER 2015

12:48 - 16. Mai 2015

PAT-STARTER Eventmagazin zum PAT 2015

1 | Editorial

von zagreb bis amman

shl aktuell

2 | #PAT2015

16 | Ein Land zerfällt Parallelen zwischen dem Jugoslawien- und Syrienkonflikt

22 | Scannt eure Finger!

Welches Engagement passt zu euch?

pat gehabt 4 | Die Kandidaten Vorstellung der Projekte, die auf dem PAT 2015 zur Wahl standen 6 | „Der Unterschied zwischen Krieg und Frieden ist gewaltig!“ 7 | 10 Jahre PAT in Zahlen 8 | „Zu lange dauert das alles schon an...“ Eines der Projekte des Sozialen Tages 2014 10 | Zeit für einen Energizer 11 | Always on the Run Hinter den Kulissen des PATs 12 | #Was kann es eigentlich, das Hashtag?

14 | Ein Fahrrad? Dat jibbett nich!

Völkerverständigung auf dem PAT

17 | „Sichere Herkunftsländer“ - wirklich so sicher?

18 | Sozialer Tag - eine Idee, die verbindet!

Gäste vom europäischen Netzwerk SAME erzählen 20 | „Ich bin einfach nur Danko.“ Interview mit dem Balkanizer 21 | Buch- und Filmtipps

23 | PATivisten 24 | Als was arbeitet ihr am Sozialen Tag? 25 | Euer Sozialer Fingerabdruck 26 | BiH - das dreiköpfige Monster Eindrücke vom Herbstcamp 27 | Schulaustausch „Latin Bridge“ 28 | Bahnstreik, Apfelkuchen und Sterne in Sarajevo 29 | Terminkalender & Impressum

Die Kandidaten: Balkan Sieben Projekte standen zur Wahl – ihr habt euch entschieden.

Die Gewinnerprojekte findet ihr auf dem Einleger im Magazin, einen Überblick aller Projekte gibt es hier. (lb)

pat gehabt

KULT: 20 Jahre nach Krieg und Vertreibung - Gemeinsam für Versöhnung Es ist nun 20 Jahre her seit dem Völkermord in Srebrenica, doch die Erinnerung erweckt immer noch schmerzhafte Traumata. Auch wenn es nach Kriegsende und dem Friedensabkommen von Dayton in den Nachrichten still um Bosnien und Herzegowina geworden ist, sitzen die Wunden noch tief. Die Vorurteile der Kriegsjahre verankerten sich mit der Zeit und die gegenseitige Ablehnung zwischen den verschiedenen Gruppen verschwand nie ganz aus den Köpfen der Menschen. Kinder und Jugendliche mussten beim gewaltvollen Zerfall Jugoslawiens Zuschauer, Zeugen und Opfer sein, was Spuren hinterließ.

Der Schwerpunkt des Projektes KULT liegt deshalb auf der Stärkung dieser Jugendlichen, die zu einer Änderung der festgefahrenen Hand-

lungsmuster und damit zu einer Versöhnung beitragen können. KULT bildet dafür 56 Jugendliche mithilfe von Workshops und TrainingsWochenenden zu Mentoren aus. Das Ziel von KULT ist eine Stabilisierung der Gemeinde von Srebrenica zu einer friedlichen Welt ohne Diskriminierung basierend auf gegenseitigem Respekt.

Juventas: Raus aus dem Sog - Unterstützung für Jugendliche mit Drogenerfahrungen Das „Youth Cultural Center - OKC Juventas“ (Juventas) wurde 1996 gegründet, um Jugendliche und speziell solche, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, zu unterstützen und ihnen eine bessere Zukunft zu bieten. Mithilfe von Jugend- und Sozialarbeitern, Psychologen und Ärzten kann Juventas in Montenegro und speziell in der Hauptstadt Podgorica dafür sorgen, dass Jugendliche mit Drogenerfahrungen eine sicherere, gesündere Kindheit erfahren. Die kritische Lage bezüglich der Jugend des Landes zeigt sich darin, dass die Hälfte aller Straftäter unter 30 Jahre alt sind.

Eine vergleichbare Hilfe für diese Kinder gibt es nicht. Juventas bietet verschiedene Formen

der Unterstützung von Jugendlichen an, die Probleme mit dem Gesetz haben. Eines ist das Programm „Big Brother/Big Sister“, in dem Kinder aus problembeladenen Familien Unterstützung von Mitarbeitern im Alltag, wie Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe, bekommen.

Die Mitarbeiter und Freiwilligen sind ebenfalls junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren und können somit auf Augenhöhe mit den Jugendlichen reden. Das Hauptziel ist es, die Jugendlichen aus dem Sog zu holen und ihnen damit bessere Lebenschancen zu ermöglichen.

GRUBB: Ganz schön laut Kreativität und Bildung von und für Roma Sie leben zusammen, sie sind eine Gesellschaft und doch ist das Land gespalten. Vor allem Roma werden Opfer der ständigen Unterdrückung und Ausgrenzung, die durch Vorurteile und mangelnden Kontakt geschürt werden. Rund 500.000 Roma leben in Serbien, viele trauen sich aus Angst vor Diskriminierung nicht, sich ihrer

Ethnie zugehörig zu zeigen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind von der Diskriminierung betroffen.

Nur 13 bis 35 Prozent der Romaschüler haben einen Grundschulabschluss, davon schaffen nur 68 Prozent den Schritt auf die weiterführende Schule. Viele Kinder müssen im frühen Alter ihren Eltern beim Grunderwerb helfen und arbeiten. Diese fehlende Bildungsgrundlage ist einer der Gründe, weshalb rund 60 Prozent der Roma als extrem arm eingestuft werden. Gerade deshalb darf an den Freizeitangeboten nur der teilnehmen, wer seine Schulaufgaben gemacht hat. Die GRUBB Foundation (GRUBB) ermöglicht den Kindern und Jugendlichen Nachhilfe, um die Schule zu beenden, ihre Fähigkeiten auszubauen und das Selbstwertgefühl zu steigern. Außerdem tragen kreative Tätigkeiten wie Musik, Gesang, Tanz, Kunst oder Fotografie gemeinsam mit anderen Ethnien dazu bei, dass die Diskriminierung sinkt und eine Gesellschaft auf gegenseitigem Respekt und Akzeptanz entsteht.

Atina: Ich gehör nur mir Einsatz gegen Kinderhandel Die Lage in Serbien ist angespannt, denn Gewalt, Ausgrenzung und Kinderhandel gehören in der Balkanregion zum Alltag. Besonders müssen darunter die Schwächsten der Gesellschaft leiden: die Kinder. Vor allem die grundlegenden Lebensbedingungen von Roma, Waisen und Kinder anderer nicht akzeptierten Minderheiten sind mangelhaft und diese jungen Menschen werden oft Opfer von Kinderhandel. Die offiziellen Zahlen von 92 beziehungsweise 125 Kindern, die in den Jahren 2013 und 2014 von diesem Verbrechen betroffen sind, werden in der Realität auf mehr als zehnmal so hoch geschätzt.

Die Intention von Atina ist es, auch auf lange Sicht eine Gesellschaft zu schaffen, in der jedes Kind das Recht auf Liebe, Gesundheit, ein Zuhause, Sicherheit, eine Familie, Dokumente und Papiere, Bildung und Freude am Leben hat. Mithilfe von jugend- und kindgerechten Maßnahmen wie Workshops, Literaturkursen, Rollenspielen und individuellen Reintegrationsplänen gibt Atina den Kindern ein Stück Kindheit zurück, sodass sie mit Selbstbewusstsein in einer gewaltfreien Umwelt aufwachsen können. Auch medizinische und psychologische Unterstützung ist ein Teil von Atinas Programm zur Unterstützung von jungen Menschen.

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Die Kandidaten: Jordanien Seit den arabischen Frühlingsrevolutionen herrscht in Syrien ein blutiger Bürgerkrieg. Politische Instabilität, Unsicherheit und die damit verbundene Perspektivlosigkeit zwingt Millionen von Syrern, ihre Heimat zu verlassen. Besonders betroffen vom nicht abreißenden Flüchtlingsstrom sind angrenzende Staaten, so etwa Jordanien. (adrara) Das Projekt „Mit Engagement in die Zukunft - Syrisch-Jordanische Jugendclubs“ möchte jungen Syrern und Jordaniern mit dem Willen, ihre Zukunft zu gestalten, eine Stimme geben. Dabei vermittelt das Projekt nötiges Wissen, um Jugendclubs in ganz Jordanien aufzubauen. Das langfristige Ziel ist die Förderung von zivilem Engagement. Dazu gehören Rollenspiele, Debatten und soziale Projekte. Die Plattform dient vor allem dem Austausch untereinander und wird von professionellen Trainern begleitet.

massiven Eingriff in die Entwicklung der oft noch jungen Mädchen bedeutet. Das Projekt „Nein, ich will nicht! Frühe Ehen

Unzählige junge Frauen leiden unter den psychologischen und körperlichen Folgen der Zwangsheirat. Viele Eltern unterstützen die Eheschließung mit der Erwartung, ihren Töchtern ein Leben mit finanzieller Stabilität zu bieten. Dabei vergessen sie, dass die Zwangsehe einen

vermeiden“ möchte daher in erster Linie Aufklärungsarbeit leisten und Ansprechpartner sein. Mittels der „Hilf mir, Hilf dir“-Methode werden Familien umfassend über ihre Rechte und die Folgen der Zwangsehe aufgeklärt. Betroffenen Mädchen soll darüber hinaus Hilfe und Schutz – vorrangig durch die Bereitstellung von Ansprechpartnern – ermöglicht werden.

Ein massives Problem stellt die weit verbreitete Kinderarbeit in Jordanien dar, viele Familien sehen der darin meist die einzige Alternative zur Armut. Das Projekt „Lernen dürfen statt Arbeiten müssen Kinderarbeit entgegenwirken“ möchte betroffenen Familien andere Optionen bieten. Dabei spielt Aufklärung eine vordergründige Rolle, dazu kommt die finanzielle Unterstützung in Form einer Soforthilfe von 150 betroffenen Kindern.

„Der Unterschied zwischen Krieg und Frieden ist gewaltig!“ Judith Bürzle (24) reiste 2014 für SHL nach Jordanien, um das Flüchtlingscamp Za‘atari zu besuchen. Im Starter-Interview erzählt sie von ihren Eindrücken.

Unzählige Menschen leben in Za‘atari auf engstem Raum.

Wie ist die Atmosphäre dort?

Ungewissheit und Angst um verschwundene Angehörige treiben die Menschen an den Rand der Verzweiflung. Bedrückend ist außerdem, dass es keine Musik- und Sportangebote gibt. Wir organisieren deshalb in den Jugendzentren Aktivitäten wie Basketball oder Dialogrunden, in denen das Erlebte verarbeitet wer6 PAT-STARTER 2015

den kann.

Auffallend ist der wahnsinnige Lebensmut der Menschen, viele wollen sich weiterbilden.

Immer wieder laut zu hörende Bombeneinschläge lassen sie den Krieg jedoch nicht vergessen.

Za‘atari darf man sich übrigens nicht als reine Zeltstadt vorstellen. Es gibt dort Infrastruktur, geteerte Straßen und Einkaufsmeilen mit kleinen Bars oder Restaurants. Zählt man Za‘atari als Stadt, so wäre es mittlerweile die zweitgrößte Jordaniens.

Gibt es in den Flüchtlingsunterkünften ein Minimum an Privatsphäre?

Bäder und Küchen sind alle

öffentlich zugänglich und müssen geteilt werden. Denn eigentlich sind die Unterkünfte nur für kurze Zeiträume gedacht. Abhilfe soll aber bald geschaffen werden, denn Anlagen für kleinere Gruppen sollen bereitgestellt werden.

Was nimmst du persönlich für dich aus Za‘atari mit?

Auf der einen Seite ist mir noch bewusster geworden, wie gut es uns in Mitteleuropa wirklich geht. Der Unterschied zwischen Krieg und Frieden ist gewaltig und muss uns auch in ruhigen Zeiten immer wieder klar sein.

Auf der anderen Seite weiß ich, wie viel in den betroffenen

Judith Bürzle

Ländern selbst getan werden muss. Wir sollten das Potential dieser Menschen fördern, die selbst unter schlimmsten Bedingungen die Hoffnung nicht aufgeben. (adrara)

10 Jahre PAT - in Zahlen (

)

...und was sie bedeuten.

796,95 Meter Armbänder

(

180. Stock

des Burj Kalifa höchstes Gebäude der Welt

)

136.620 Stunden Zeit gespendet

(Jahrtausendwende) bis jetzt

1.240.000

Schüler repräsentiert

(

Zypern

Bevölkerung

)

über

16.000.000 €

Hilfen entschieden

( 1.400.000.000.000 ) Gummibärchen

7660 Liter

Getränke bestellt

(

35

Badewannen

)

5,5 Tonnen Wäsche

(

1

Elefant mit Baby

) PAT-STARTER 2015 7

„Zu lange dauert das alles schon an“ Ihr habt auf dem PAT die Projekte des Sozialen Tages 2015 gewählt. Ein Rückblick auf das Projekt „Perspektiven für vergessene Flüchtlinge“ zeigt euch, wie viel ihr mit eurer Stimme bewegen könnt.

Im Krieg in Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995 sind ca. 94.000 Einwohner ums Leben gekommen und ungefähr zwei Millionen Menschen mussten ihr Zuhause verlassen. Auf Initiative einer Frauengruppe wurde 1999 der Verein „Snaga Žene“ (bos./ser./kro. „Kraft der Frau“) gegründet. Der Verein ist vor allem im Gebiet um die Stadt Tuzla, im Osten der Republika Srpska (eine der zwei „Entitäten“ in Bosnien, vergleichbar mit einer Teilrepublik). Snaga Žene bietet Frauen, Jugendlichen und Kindern (Flüchtlingen, Vertriebenen und Zurückgekehrten), die unter verschiedensten aus Kriegs- und Nachkriegszeiten in Bosnien-Herzegowina stammenden Traumata leiden, psychologische, medizinische, pädagogische und rechtliche Hilfe. Die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen ist zu Kriegszeiten von Jahr zu Jahr gewachsen, sodass 1995 68.349 von ihnen in Tuzla lebten. Branka Antić-Tauber, die Vorsitzende des Vereins Snaga Žene, erzählt: „Als ich hier mit der Arbeit anfing, wohnten in einem 30 m²Haus 23 Menschen. Als Ärztin, Infektologin, fühlte ich mich dazu berufen, diesen Menschen beim Schutz vor Seuchen, die ihnen damals drohten, zu helfen.“ Im Tuzla-Kanton gibt es 22 Flüchtlingsund Vertriebenensiedlungen. Vier davon sind groß: Mihatovići, Karaula, Višća und Ježevac. Snaga Žene ist vor allem in Višća und Ježevac aktiv (in beiden Siedlungen leben heute 72 Familien), unterstützt aber auch die Menschen in Mihatovići und Karaula. „Wir begleiten die Menschen bei der Rückkehr in ihre alten Lebensorte. Wir arbeiten seit 2002 aktiv an psychosozialer Rehabilitation, Versöhnung und medizinischer Pflege der Vertriebenen, in den meisten Fällen Frauen, von denen viele ohne Ehemann, Sohn oder andere männliche Familienmitglieder zurückgekehrt sind“, berichtet Branka Antić-Tauber.

8 PAT-STARTER 2015

Und heute!?

Die Arbeit des Vereins besteht aus psychologischer Unterstützung (Gruppenarbeit und Therapie), sozialer Supervision (Kontaktknüpfung, Integration), medizinischer Pflege, rechtlicher Unterstützung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit.

Die Siedlungen wurden 1993 und 1994 erbaut, sind mittlerweile ziemlich ruiniert und waren nie dazu gedacht, dass Menschen so lange dort wohnen. Es sind heute zwischen drei- und vierhundert Menschen, eine Familie pro Haus. Snaga Žene engagiert sich für die finanzielle und soziale Unabhängigkeit der Frauen aus dem Flüchtlingsheimen. Sie sollen versuchen, ihre eigenen Unternehmen zu starten. Von großem Profit kann hier kaum die Rede sein, aber die Menschen können etwas für sich selbst und ihre Familien verdienen. In Srebrenica gibt es beispielsweise Treibhäuser, die der Verein den Frauen zur Verfügung gestellt hat: 15 Lavendelplantagen, sechs Rosenund Aronienplantagen und acht Ringelblumenplantagen.

Die Menschen, die in den Siedlungen gebliebenen sind, gehören zu einer vergessenen Bevölkerungsgruppe und Generation. Sie haben nie ihre traumatisierende Lebensrealität verlassen. Für den (Wiederauf-)Bau von eigenen Heimen haben sie nicht genug Geld, Selbstbewusstsein und Kraft.

Die dritte Generation Heute lebt in den Flüchtlings- und Vertriebenensiedlungen die dritte Generation. In Višća wachsen 46 und in Ježevac 38 Kinder unter 16 Jahren auf. Eine Befragung des Vereins zeigt, dass gerade diese Bevölkerungsgruppe die wenigste zwischenethnische Toleranz erfährt. Die Gesellschaft ist, dadurch dass sie diese

Branka Antić-Tauber

Menschen solchen Lebensumständen überlassen hat und ihnen keine Hilfe bietet, direkt für ihre Diskriminierung verantwortlich. Hilfe durch Integration ist nahezu unmöglich, da diese Kinder nicht einmal eine annähernde Lebenssicherheit kennen, obwohl es durchaus intelligente und ehrliche Jugendliche sind. „Da sich zehn Jahre lang niemand um sie scherte, betrachten sie sich selbst als Last der Gesellschaft. Niemand hat eine Atmosphäre oder Situation geschaffen, in der sie sich wohl fühlen könnten.

Sie fühlen sich noch schlechter, weil sie Sozialhilfe nutzen oder von jemanden Hilfe verlangen müssen. Das sind keine menschenwürdigen Umstände. Wir sind verpflichtet, zusammen mit diesen Menschen eine Lösung zu suchen und zu gestalten“, meint Frau Antić-Tauber.

Art-Therapy Für die Zukunft der im Lager aufwachsenden Kinder engagiert sich Snaga Žene nicht nur durch Beschäftigungs-, sondern auch durch Kunsttherapie. Durch die Gelder des Sozialen Tages 2014 hat der Verein Workshops und ein Puppentheater für die Kinder und Jugendlichen gestalten können: „Dies ist eins unserer wichtigsten Projekte im letzten Jahr. Die Jugendlichen waren entzückt, als wir durch die Gelder von Schüler Helfen Leben das Puppentheater haben starten können.

Viele Kinder träumen davon, Schauspieler zu werden, wir haben mit ihnen die Puppen ausgearbeitet. Ich glaube, dass das, was Snaga Žene mit Schüler Helfen

Leben macht, alle jungen Menschen und die Gesellschaft im Allgemeinen dazu einlädt, zu begreifen, dass es hilfsbereite Menschen gibt. Wir müssen diesen Menschen ermöglichen, aus der Dunkelheit zu kommen und ihnen etwas Positives bieten, ihnen zeigen, dass es etwas außerhalb der Zäune ihrer Existenz gibt. Sie wollten das Puppentheater machen, weil die Puppen ein Gesicht bekommen, sie bekommen Kontext und eine Nachricht, die sie übertragen wollen“, sagt Branka Antić-Tauber.

Weitere Workshops für die Kinder bestanden aus Malen, Keramik- und Glasszeichnen und Volkstanz, wo die Jugendlichen traditionelle Tänze der Region gelernt haben. Die Mitarbeiter des Vereins bieten auch Nachhilfe an und versuchen, die

Kinder zu motivieren, Bücher zu lesen und Englisch zu lernen.

Der Verein Snaga Žene hat vor, so lange in den Vertriebenensiedlungen aktiv zu sein, bis es keine mehr gibt: „Zu lange dauert das alles schon an. Zwanzig Jahre lang aus seinem eigenen Zuhause weg zu sein und dann eine Rückkehr zum alten und eine normale Fortsetzung des Lebens zu erwarten, ist etwas, was wir selbst uns nie wünschen würden“, findet Branka Antić-Tauber. Weil die Familien lange schon in den Lagern leben, können sie sich nicht von ihren „vorübergehenden“ Häusern trennen – ihre Kinder sind dort aufgewachsen, haben dort inzwischen selbst Kinder bekommen. Die Kinder sehen Srebrenica, Bratunac, Podrinje nicht mehr als Orte, wo sie leben wollen. „Wir müssen dies akzeptieren und den richtigen Weg finden, damit sie sich in ihren alten oder neuen Heimaten vollkommen niederlassen. Das beinhaltet auch vollkommene Gleichstellung mit den Ureinwohnern des Gebiets, also Renovierung der Häuser und Jobs... Wenn diese Menschen sich hier sicher fühlen, müssen wir ihnen helfen, sodass sie würdevoll leben und alt werden können, ohne sich unerwünscht zu fühlen“, beendet Frau AntićTauber. (ahma, gigo)

Die derzeitige Freiwilligengeneration hat den Verein Snaga Žene auf einer Projektreise besucht. Schaut mal rein!

Der Soziale Tag reicht euch nicht? Setzt euch 13 Monate lang für SHL und seine Projekte ein!

Damit weiterhin Projekte wie Snaga Žene unterstützt werden können, sucht SHL jährlich neue Freiwillige, die den Sozialen Tag organisieren. Ihr seid begeistert von SHL, wollt interessante Menschen kennenlernen und etwas bewirken? Dann ist ein FSJ bei SHL eure Chance! Für 13 Monate könnt ihr die Arbeit des Vereins aus dem Bundesbüro in Neumünster heraus unterstützen. Gemeinsam mit sieben anderen Freiwilligen bringt ihr eure Ideen ein und übernehmt Verantwortung für einen Bereich. Außerdem seht ihr als FSJler die Projekte von SHL auf einer zweiwöchigen Reise mit eigenen Augen.

Dein Jahr. Deine Ideen. Deine Chance – es gibt noch Stellen in den Bereichen der Regionalkoordination und der Kampagnenbetreuung!

Als Regionalkoordinatoren tourt ihr mit dem Sozialer Tag-Mobil durch ganz Deutschland. Mithilfe eurer Vorträge und Workshops sowie am interaktiven Infostand sensibilisiert ihr Schüler für die Situation Gleichaltriger auf dem Balkan und in Flüchtlingslagern an der syrisch-jordanischen Grenze.

In der Kampagnenbetreuung warten ebenfalls spannende Aufgaben auf euch: Ihr entwerft beispielsweise Flyer und Plakate sowie das Design der Homepage, die auf die Problematik in den SHL-Projektregionen aufmerksam machen und Schülern bundesweit verdeutlicht, dass sich ihr Einsatz am Sozialen Tag lohnt. (vr) PAT-STARTER 2015 9

Kennt ihr schon den Labadu?

Bei so vielen Eindrücken ist der Kopf schwer geworden? Dann ist es Zeit, sich etwas zu bewegen! (lb)

1. Jetzt aber hoch von den Stühlen und in einen Kreis stellen!

2. Kennt ihr schon den Labadu? Nein?

6. Jetzt ist jeder wieder fit. Doch die Frage bleibt: Kennt ihr schon den Labadu?

3. Dann tanzen wir jetzt den Labadu! Nach links…

5. Kennt ihr schon den Labadu auf einem Bein? Oder den auf dem anderen? Dann wird der nun getanzt.

4. … und nach rechts. Dieser Tanz reißt alle mit.

10 PAT-STARTER 2015

Always on the Run Anneke, Philipp und David sind früh morgens als erste in der Schule und verlassen sie als die letzten.

Als Projektkoordinatoren organisieren sie seit September 2014 das PAT. Dabei hatten sie auch immer wieder mit Schwierigkeiten zu kämpfen.

David

„Fensterputzer, Bademeister, Staplerfahrer, Raum Berlin, Hessen und München.“ Es ist Freitagnachmittag, noch sind keine PAT-Teilnehmer in der Freien Walddorfschule Kreuzberg. Ruhig ist es trotzdem nicht, denn David (27) koordiniert mit lauter Stimme die Aufbauarbeiten und teilt die Kleingruppen den Räumen zu.

Lange steht David nicht im Foyer. Mit schnellen Schritten läuft er in seinen roten Turnschuhen durch die Gänge, schließt Räume auf und hängt Schilder an die Türen. Obwohl er das PAT in zwei Stunden eröffnen wird, wirkt David entspannt. „Noch sieht es gut aus, aber man muss bei großen Veranstaltungen mit allem rechnen“, sagt der gelernte Veranstaltungskaufmann, während er einen weiteren Raum mit Materialien ausstattet. „Anstrengend wird es nach der Party am Samstag. Das Aufräumen geht danach schon mal bis drei Uhr.“ 17 Helfer packen neben den drei Projektkoordinatoren mit an und sorgen dafür, dass beim PAT alles reibungslos abläuft.

Anneke (22), die zweite Projektkoordinatorin, parkt gerade den roten Bulli um.

Danach beginnt sie, den Infostand im Foyer aufzubauen. Die Projektkoordinatorin

studiert Deutsch und Geschichte in Kiel.

Vormittags war sie in der Universität, ihre Nachmittage füllte die Organisation des PATs. Nicht immer lief alles einwandfrei ab: Das 55 Kilogramm schwere Zelt für die Konfliktreise etwa sollte per Spedition nach Berlin geliefert werden. Zunächst war das Zelt, das aus einer Bundeswehrschule aus Süddeutschland bestellt wurde, verschwunden. Nach unzähligen Telefonaten, in denen David, der das Zelt bestellt hat, unter anderem fälschlicherweise für den Spediteur gehalten wurde, kam das Zelt am Ende rechtzeitig an.

Seit neun Uhr morgens ist Anneke „am Wuseln“. Sie ist mit den Teilnehmerbetreuern die Wege abgegangen, damit alle Teams stets am richtigen Ort ankommen.

Anneke am Infostand

Um zehn Uhr hat sie die Teilnehmerbetreuer ein letztes Mal gebrieft und die Nachtwachen eingeteilt. Wie David wirkt auch Anneke trotz der Verantwortung, eine Großveranstaltung zu organisieren, entspannt. Und auch sie trägt Turnschuhe, weil sie im Laufe des PATs viele Wege zurücklegen wird. „Ich bräuchte eigentlich einen Schrittzähler, um zu sehen, welche Strecke ich auf dem PAT zurückgelege.“ Philipp (25) trägt als einziger der drei Projektkoordinatoren keine Turnschuhe.

Aber er hat an eine Schrittzähler-App gedacht. Am Samstag hat er um 15 Uhr bereits 10.000 Schritte zurückgelegt. „Bis heute Abend werden das noch locker 5.000 Schritte mehr“, sagt er.

Die Projektkoordinatoren laufen nicht nur viel, sie kommen auch nur bedingt zum Essen. „Ich konnte meinen Mittagspausendöner erst um halb drei essen“, sagt David am Freitag. Philipp geht es nicht viel besser, er hat sich am zweiten PAT-Tag zwar in zehn Minuten ein Mittagessen „reingewürgt“, hat aber sein Frühstück im Hostel ausfallen lassen. „Ich bin seit acht Uhr in der Schule und habe aufgebaut. Da habe ich lieber 30 mehr Minuten geschlafen, anstatt zu frühstücken“, erzählt er.

Um Essen drehte sich ein weiteres Problem, das in der Vorplanungsphase auftrat. Auf der Konfliktreise sollte es Baklava, eine traditionelle Speise vom Balkan, zum Probieren geben. Das Problem: Der Baklavahändler, bei dem SHL bislang, Baklava bestellte, nimmt keine Bestellungen mehr an. Zu viele Leute hätten bestellte Ware nicht abgeholt. So musste kurzfristig ein neuer Händler gefunden werden.

Das PAT feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum, 2007 war Philipp schon als Teilnehmer dabei. Das PAT 2015 ist sein neuntes. Er lächelt, als er das sagt und macht sich auf den Weg zu seiner nächsten Station: Die Projektwelten müssen noch aufgebaut werden. (vr)

Philipp checkt seine App PAT-STARTER 2015 11

#Was kann es eigentlich, das Hashtag? „Folge uns auf @SozialerTag“ steht auf den hellblauen T-Shirts von euren Betreuern. Der Starter hat den Workshop „Soziale Medien verändern Konflikte, aber wie eigentlich?“ besucht, um eine Antwort auf die häufig diskutierte Frage über den Sinn oder Unsinn von Twitter zu finden.

Isa Sonnenfeld

An zentraler Stelle und unübersehbar steht im Foyer der Freien Walddorfschule Kreuzberg unsere Twitterwall. Hier erfahrt ihr in Echtzeit und in Wort und Bild, was auf dem PAT so alles passiert. „Das ist echt cool. Man kann mitbekommen, was alles im Hintergrund läuft“, sagt Patrick, der aus Braunschweig angereist ist.

Der Siebzehnjährige gehört zu den Teilnehmern des Workshops „Soziale Medien verändern Konflikte, aber wie eigentlich?“. Er hat den Sinn von Twitter vor dem Workshop in Frage gestellt. Nach dem Vortrag der Workshopleiterin Isa Sonnenfeld von Twitter Deutschland erzählt Patrick: „Ich war überrascht, wie schnell sich Nachrichten über Twitter verbreiten.“ Eindrucksvoll zeigt Isa an einer animierten Karte, wie sich das Hashtag #JeSuisCharlie nach dem Bombenanschlag auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ über die ganze Welt verbreitet hat.

Am Tag des Anschlags und am Folgetag verzeichnete Twitter unter #JeSuisCharlie durchschnittlich 6230 Tweets pro Minute 12 PAT-STARTER 2015

weltweit. Die Idee zu #JeSuisCharlie hatte vermutlich der französische Journalist Joachim Roncin. „Als Joachim den Tweet versendete hatte er 230 Follower. Dieses Beispiel zeigt, dass über Twitter Solidarität global ausgedrückt werden kann. Jeder hat eine Stimme und kann damit eine große Reichweite generieren“, sagt Isa. Auch Peter Altmaier, der Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, hat die Möglichkeit, ein großes Publikum zu erreichen, erkannt. So twitterte er im Februar 2014: „Twitter ist heute die schärfste Waffe der Demokratie: Wir haben es nur noch nicht bemerkt!“ Diese Waffe, wie Altmaier sie nennt, hat auch die britische Wahlkommission genutzt. Die Wahlbeteiligung in Großbritannien fällt seit Jahren gering aus. Bei der letzten Unterhauswahl im Jahr 2010 lag sie bei 65,1 Prozent (Quelle: http://www. ukpolitical.info/Turnout45.htm). Deshalb rief die britische Wahlkommission gemeinsam mit Twitter das Hashtag #IVoted ins Leben. Dieses wurde von überwiegend jungen Briten nach der Stimmabga-

be genutzt, um anderen Usern zu zeigen, dass sie gewählt haben. „Wenn andere Twitter-User sehen, dass viele Personen aus ihrem Umfeld gewählt haben, entsteht ein sozialer Druck und sie gehen dann hoffentlich auch wählen“, erklärt Isa.

Patrick Jordan @PatrJord

Gerade beim Workshop mit @isasun von @TwitterDE auf dem #pat2015 von @SozialerTag - #läuft 14:07 - 16. Mai 2015

Das Hashtag #IVoted war bei den diesjährigen britischen Unterhauswahlen am Wahltag weltweit Trend auf Twitter. Die Wahlbeteiligung stieg jedoch nur leicht auf 66,1 Prozent an. Trotzdem glaubt Isa weiterhin, dass Twitter tolle Möglichkeiten bietet, auf wichtige Ereignisse aufmerksam zu machen. „Am Sozialen Tag muss man zum Beispiel nicht darauf warten, ob es abends einen Beitrag in der Tagesschau gibt, sondern kann in Echtzeit verfolgen, wo andere Schüler SHL unterstützen“, meint die Workshopleiterin.

Grundsätzlich habe Twitter die öffentliche Kommunikation stark verändert. Der Mauerfall vor 25 Jahren wurde über das Fernsehen übertragen. Wer kein Fernsehgerät besaß, konnte dieses historische Ereignis nicht in Bild und Ton verfolgen.

Heutzutage sind Informationen über Ereignisse wie die Anschläge während des Boston Marathons im April 2013 stets aktuell und in großer Anzahl verfügbar.

Im Workshop packt Patrick das Twitterfieber. Zack, hat er ein Foto von Isa gemacht und teilt es unter dem Hashtag #PAT2015. „Das ging aber schnell“, sagt er als er sieht, dass SHL sein Tweet gefällt und sofort retweetet. (vr)

Konfliktreise 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht und leben in unwürdigen Umständen – 12 Millionen kommen aus Syrien. Der Alltag dieser Menschen ist auf die Größe eines Zeltes geschrumpft. Je länger sie nicht nach Hause zurückkehren können, desto mehr werden sie zu Menschen ohne Land und Heimat. Ins fremde Land gehören sie nicht und in ihr eigenes können sie nicht.

Gedanken der Starter-Redakteure Ahmed und Gigo zur Konflikt-Simulationsreise auf dem PAT. (ahma, gigo)

1. Jede Diskriminierung fängt mit Sachen an, die man sich selber nicht ausgewählt hat.

Konflikte fangen durch Hass, Unrecht, Angst, Religion, Kulturunterschiede, Repressionen, Geld oder Neid an. Mangelnde Bildung und Ignoranz können auch verheerende Konsequenzen haben, denn wenn wir einem Kind nicht beibringen, das ein Konflikt keine Lösung ist, ist es, als hätten wir ihm eine Waffe in die Hand gedrückt.

2. Fahrrad. Computer. Gitarre. Tennisschläger und -ball. Videospiele. Fernseher. Auf vieles müssten wir verzichten, wenn es morgen Krieg gäbe. Denn vieles, was uns wichtig ist, passt leider nicht in eine Tasche, die man in fünf Minuten packt – in dieser Tasche muss euer Glück und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft reinpassen. Was ist wirklich wichtig? Konservendosen. Etwas Kleidung. Mehl. Wasserflasche. Zucker. Ein Verbandskasten.

3. Stell dir dein Zimmer vor.

Stell dir jetzt vor, du teilst dieses Zimmer mit deinen Eltern und deinen Geschwistern. Stell dir vor, da lebt noch eine oder sogar noch mehr Familien neben euch im selben Zelt. Stell dir vor, deine Eltern bauen Gemüse an und dieses Gemüse ist das einzige, das wirklich „deins“ ist. Stell dir den Regen vor, der den kleinen Garten mit dem Gemüse deiner Familie ruiniert.

Nun mach dir bewusst, dass jemand anstatt von Wänden sein ganzes Leben lang Zelte sieht und betet, dass der Regen nicht zu stark wird.

4. Im Krieg fühlt sich jede Minute länger an, die Lebensumstände sind anders, es ist schwieriger sich anzupassen und die größte Frage lautet: Wie überlebe ich noch diesen Tag? Du gehst in ein fremdes Land, weil du kein eigenes hast. Du gehst in ein zweites Land, weil dein erstes untergegangen ist. Im Krieg bist du ein Fremder im fremden, vielleicht auch im eigenem Land.

5. Eine Gesellschaft, die aus einem Krieg kommt, hat beschädigte Schulen, auf denen sie ihre Zukunft aufzubauen hat. Wenn man die Schulen zerstört, kann man eine Bevölkerung viel leichter manipulieren, da es Jahre, gar Jahrzehnte dauert, bis das alte Bildungslevel erreicht ist oder wieder ein Fortschritt im Bildungssystem erreicht wird. Gute Bedingungen für Vorurteilsbildung und Apartheid, oder? Wer hat die Kinder gefragt, was sie wollen? Jede Diskriminierung fängt mit Sachen an, die man selber nicht auswählt.

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Ein Fahrrad? Dat jibbett nich!

Carlos und Sinem stellen sich der Mission Völkerverständigung Vom Hipster-Jutebeutel über den Kölner-Karneval bis hin zu „ditt“ und „wat“: Der Berliner Carlos (18) und Sinem aus dem Rheinland (21) tischen Klischees auf und entdecken Gemeinsamkeiten. Denn nicht nur die SHL-Projekte auf dem Balkan sollen zur Völkerverständigung beitragen. Auch das PAT leistet Völkerverständigung im Kleinen. Schüler aus verschiedenen Regionen Deutschlands kommen zusammen, die sich ansonsten vielleicht nie getroffen hätten. So auch Carlos und Sinem: Die beiden haben sich erst auf dem PAT kennengelernt.

Die beiden sitzen zwischen Kleingruppenphase und Themenwelten bei einem Kaffee zusammen. Schon nach dem ersten Schluck legt Sinem los: „Ich glaube, die Berliner sind den ganzen Tag gestresst, wollen einfach nur schnell am Ziel ankommen, am besten gar nicht angesprochen werden.

Westfalen. „Carpe Diem? Da muss mal was gemacht werden!“, fordert Carlos auf; beide lachen. Aber der Sonntag zum Beispiel sei ein Tag zum Chillen, wo man in Ruhe nach draußen geht, erzählt Sinem. „Auf Schalke oder was?“, kontert Carlos.

Schnell stellen die beiden fest,

Sie ergänzt: Als Kind sei sie vielleicht für zwei Jahre ab und zu mal im Park Fahrrad gefahren, aber seitdem nie wieder. Viele Berliner würden Fahrrad fahren und haben gar kein Auto, vergleicht Carlos. „Ja, ihr seid ökologischer als wir“, gibt Sinem zu. Er würde immer mit dem Fahrrad un-

im Vergleich zu den anderen Bundesländern den höchsten Anteil an Migranten hat. „Wir sind total multikulti. Bei uns in Remscheid zum Beispiel leben Menschen aus 125 verschiedenen Nationen, dabei haben wir nur 108.000 Einwohner.“ Carlos ist erstaunt: „Jetzt kommst du hier mit den

Was ist typisch Berlin, was typisch Rheinland? Sinem und Carlos machen den Check.

Frikadelle oder Bulette? Hier sind sich die beiden nicht einig.

Der Verkehr darf auf keinen Fall aufhalten, geschweige denn rote Ampeln – die gehen gar nicht“. Carlos stimmt zu: „Ja, das ist ein krasser Gegensatz“. Er glaubt, dass die Leute im Rheinland extrem entspannt sind und es locker nehmen. „Ja, wir genießen den Tag“, bestätigt Sinem aus Remscheid in Nordrhein-

terwegs sein, behauptet Carlos und gibt dann doch nach. „Da kommt wohl der Reinländer in dir raus!“, sagt Sinem.

Die beiden lachen. „Wir Berliner sehen uns als multikulturell, darauf sind wir stolz“, führt Carlos das Gespräch fort. „Ach was?“, wundert sich Sinem. Sie glaubt, dass Nordrhein-Westfalen

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dass die Metropole Berlin und das gemütlichen Remscheid nicht nur 535 Kilometer trennen: „Das ist ja der Wahnsinn, wie viele Fahrräder hier in Berlin rumfahren. Bei uns im Bergischen Land siehst du keinen einzigen Fahrradfahrer, wir haben noch nicht mal Fahrradwege“, erzählt Sinem. „Was?!“, wundert sich Carlos.

Fakten, das kann ich gar nicht toppen.“ Die beiden lachen.

Berlin sei ja auch sehr vielfältig, auch wenn man Berlin und Remscheid nicht vergleichen könne, lenkt Sinem ein. „Obwohl: Wir haben unsere schönen Berge“, schwärmt sie dann.

Carlos steigt ein: „Ich glaube, ihr seid Naturliebhaber,

oder?“ „Schon“, bestätigt Sinem. In Remscheid regne es aber viel. Wer im Bergischen Land wohne, dürfe Regen nicht abgeneigt sein. „Hier regnet’s jeden zweiten Tag, aber jedes Mal, wenn ich in Berlin war…“ Carlos ergänzt: „…hattest du gutes Wetter, oder?“ „Ja, viel besser als im Bergischen Land“, erkennt Sinem an. Carlos gibt zu: Die Berliner seien ganz schöne Naturmuffel, zwei Tage mal nicht die Straßenbahn zu sehen – „…das geht gar nicht, oder?“, ergänzt ihn Sinem lachend.

Auch in der Straßenbahn laufe

vermutet Carlos. „Ich liebe mein Bergisches Land, aber wenn man die Modeszene in Berlin sieht…

Da hast du schon Recht, da ist mehr los“, gesteht Sinem ein. „Aber toppen könnt ihr uns auf jeden Fall in puncto Karneval. Davon haben wir ja gar keine Ahnung“, erkennt Carlos an. „Absolut – Kölner Karneval, das ist der Wahnsinn, wenn man auf Spaß aus ist“, erzählt Sinem begeistert.

Da müsse man hin, fordert sie lachend auf. Das erkenne man sogar als Berliner an, dass der Kölner Karneval cool ist, sagt

voller Hoffnung. „Auf keinen Fall!“, urteilt Sinem lachend. „Hast du die ganzen Wagen denn gar nicht gesehen?“, versucht es Carlos noch einmal – aber vergebens: Es sei einfach nicht der Kölner Karneval, da wäre viel mehr Stimmung.

Die beiden gehen zum Thema Dialekt über. Carlos berichtet, dass viele aus den älteren Generationen einen starken Dialekt hätten. Beim extremen Berlinern komme er auch nicht mit, obwohl er seit seiner Geburt dort lebe. „Icke – das macht mich fertig, obwohl ich Berliner bin“, lacht er.

monstriert Sinem den Ur-Rheinländer.

Doch eines verbindet die beiden dann doch. Carlos und Sinem koordinieren an ihren Schulen den Sozialen Tag. Laut Carlos der typische Job in Berlin: „Beim Späti!“ Den gebe es im Rheinland nicht. „Wir haben dafür große Industriegebiete, da würden viele Jugendliche für einen Tag in einer Firma aushelfen“, vermutet Sinem.

Der 18-jährige Berliner und die 21-jährige Rheinländerin tauschen sich darüber aus, dass es manchmal schwierig

Wat? Na ditt! Das klappt doch schon ganz gut mit der Kommunikation.

Ausnahmsweise mal einer Meinung: Zum Frühstück gibt’s keine Schrippe, sondern Brötchen.

er mit einem Jutebeutel herum. Sirin deutet grinsend auf Carlos‘ Jutebeutel, den er im Klassenraum abgestellt hat. „Typisch Hipster!“, wirft Sinem auf. Carlos verteidigt sich lachend. „Viele schauen darauf, was die modischen Leute in Berlin so tragen und gucken sich das ab, da hat Berlin schon einen großen Einfluss“,

Sinem steigt ein: „Bei uns im Bergischen sagt man typischerweise wat und dat.“ Carlos probiert sich aus und fragt: „Wat kriechste?“. „Ich sage das selbst sehr oft, zum Beispiel Dat jeht doch nich!

Das ist einfach so drin.“ Wenn man einen starken Dialekt hat, dann spreche man das g nicht mit. „Dat jibbett nich!“, de-

Carlos. „Selbst bei uns in der kleinen Stadt Remscheid haben wir einen Karnevalsumzug und der ist…“. „…auch sehr schön, ja?“, ergänzt Carlos Sinem. „Ja. Alaaf, Alaaf!“, lacht Sinem. Ob sie schon einmal auf dem Karneval der Kulturen war, fragt Carlos. „Ja, vor zwei Jahren war ich dort“. „Und? Kann der mithalten?“, fragt er

ist, alle Schüler der eigenen Schule vom Sozialen Tag zu begeistern. Doch trotzdem: Die beiden sind motiviert, sich für SHL einzusetzen und freuen sich über die Erfolge aus den vergangenen Jahren – ob nun mit rheinischer Gelassenheit oder in Berliner Hektik. (alo)

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Ein Land zerfällt

von zagreb bis amman

Der Balkan und die syrisch-jordanische Grenzregion liegen geografisch nicht besonders nah beieinander, welche Gemeinsamkeiten bestehen aber zwischen den beiden Projektregionen von SHL? Ein Blick auf die Geschichte der Länder und aktuellen Konflikte lohnt sich in dieser Frage.

Geschichte des ehemaligen Jugoslawiens In den Jahren 1991 und 1992 kam es nach schweren wirtschaftlichen und politischen Problemen sowie kulturellen und ethnischen Differenzen zum Zerfall Jugoslawiens, der durch die Unabhängigkeitsbestrebungen Sloweniens, Kroatiens, Makedoniens und Bosnien-Herzegowinas gekennzeichnet war. Unter anderem durch die Bestrebungen der wohlhabenderen Staaten Slowenien und Kroatien, nicht mehr im bisherigen Rahmen am Länderfinanzausgleich teilzunehmen, wurden nationalistische und separatistische Gedanken laut. Dies stieß auf großen Widerspruch aus der Regierung, da entsprechende von der serbischen Bevölkerung dominiert wurde.

Die Bildung der neuen Staaten gestaltete sich unterschiedlich schwierig: Während in dem katholisch geprägten wohlhabenden Slowenien der Konflikt innerhalb von 10 Tagen größtenteils beigelegt wurde, kam es in den anderen Staaten zu mehrjährigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen katholisch-, muslimisch, und orthodox geprägten Bevölkerungsteilen.

Geschichte Syriens Mit dem Tod des Diktators Hafiz al Assad und seines Sohnes kam sein zweiter Sohn Baschar al Assad im Jahre 2000 an die Macht. Dieser lockerte

die strikten Herrschaftsmethoden seines Vaters und verstand sich selbst als Präsident des Wandels. Indem er von Freiheiten und Rechten für die zu 75% sunnitischen syrischen Bürger sprach, die bislang der schiitischen Führungsschicht vorbehalten blieben, öffnete er Foren für politische und soziale Diskussionen. Schon bald stellten die Syrer Forderungen. Es sollten zum Beispiel das seit 1963 regierende Notstandsgesetz außer Kraft gesetzt und politische Gefangenen befreit werden. Das 2000 geöffnete Gefängnis wurde schon ein Jahr später aufgrund von Druck seitens der ehemaligen Anhänger Hafiz al Assad wieder geschlossen. Um den prophezeiten Wandel auch in der Wirtschaft deutlich zu machen, wurden nach und nach die Familie Assads Vorstände der leitenden Unternehmen des Landes. Inzwischen leben ca. 60 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Durch den Arabischen Frühling wuchs die Hoffnung der Gesellschaft auf einen Regierungswechsel und die Proteste wurden lauter. Auch die Vereinten Nationen übten mit einem Sechs-Punkte-Plan Druck auf die Assad-Regierung auf. Der unterschriebene Waffenstillstand wurde nach einem Attentat auf Syriens Verteidigungsminister gebrochen, indem Aleppo, eine der größten Städte Syriens durch Bomben zerstört wurde.

Der syrische Bürgerkrieg ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von ethnischen und

politischen Ansichten. Der zentrale Konflikt zwischen der Assad-Regierung und der größtenteils sunnitischen Opposition weitete sich mit der Zeit auf unzählige Gruppen aus, die sich von dieser abspalteten.

Gemeinsamkeiten zwischen dem Bürgerkrieg in Syrien und dem Zerfall Jugoslawiens Vor allem ethnische, religiöse und politische Unterschiede spielen eine Rolle. Außerdem geht es den Parteien um Machtstabilität und -erweiterung. Über neun Millionen Menschen und somit fast die Hälfe der syrischen Bevölkerung sind derzeit auf der Flucht. Auch hier ist eine Parallele zu Jugoslawien erkennbar, denn die Zahlen der Flüchtigen steigen. Neben einer zerstörten wirtschaftlichen Lage ist auch die soziale Situation instabil. Die Vorurteile gegen andere Ethnien haben sich in den Köpfen der Menschen verankert.

Doch es tut sich etwas. Viele positive Erfahrungen sind durch die Projekte von SHL und anderen Organisationen auf dem Balkan zu vernehmen, die ethnischen Konflikte werden gezielt in Begegnungsstätten bekämpft und auch in Syrien verzeichnen engagierte Jugendliche erste Fortschritte.

Vor allem durch die Stärkung von Kindern und Jugendlichen schafft SHL eine neue Generation der Versöhnung und des Miteinanders. (lb, bp)

„Sichere Herkunftsländer“ – wirklich so sicher?

Tagtäglich dringen fehlgeschlagene Versuche von Flüchtlingen an die Öffentlichkeit, die verzweifelt versuchen, das Mittelmeer zu überqueren. Immer öfter enden diese Reisen als Katastrophe. Das Ziel: Europa. Doch nicht nur aus Afrika strömen Menschen auf der Suche nach einer Perspektive auf den europäischen Kontinent. Auch innerhalb Europas Grenzen flüchten Menschen in andere Länder, um Armut, Verfolgung und Unterdrückung in ihren Heimatländern zu entgehen. Als Projektregionen stehen die Balkanländer ganz besonders im Fokus von SHL.

Minderheiten leiden unter Diskriminierung Einen hohen Zustrom an Flüchtlingen verzeichnet Deutschland aus den westlichen Ländern des Balkans, etwa Serbien oder Mazedonien. Ihren Ursprung haben die als Sinti und Roma bezeichneten Menschen in Indien. Dass sie heute als Nomaden bezeichnet werden, ergibt sich aus ihrer ständigen Vertreibung. So wurden die Volksgruppen etwa während der Zeit des Nationalsozialismus Opfer eines brutalen Völkermords.

Heute lebt die Mehrzahl in südosteuropäischen Ländern. Obwohl sie Teil der Kultur ihrer Länder sind, sehen sie sich der Diskriminierung ausgesetzt. Bezichtigt werden sie immer wieder der Spionage, Kindesentführungen und Diebstahl.

Die Folge der Ausgrenzung: Viele können weder lesen, noch schreiben, leben in Ghettos und werden als Kriminelle stigmatisiert. Das hat auch wirtschaftliche Folgen, denn vielen Familien wird die gleichwertige Teilhabe am Arbeitsmarkt verwehrt.

Die Flucht als Chance Um sich selbst und nachfolgenden Generationen eine Perspektive bieten zu können, kehren Verfolgte ihrer Heimat den Rücken – auch in Richtung Deutschland. Denn hier genießen Sinti und Roma, zumindest formell, nicht nur umfassende Schutzrechte, sondern sind auch als Volksgruppe anerkannt.

Zunehmend beklagen sich deutsche Kommunen über den Druck der steigenden Flüchtlingszahlen. Grund dafür sind nicht nur die als ungerecht empfundenen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge auf europäischer Ebene. Auch die ständig

wachsende Zahl an Bürgerkriegen in der Welt treibt immer mehr Menschen in die Flucht.

Deutschland scheint überfordert Die Debatte um ein neues Asylgesetz entstand vor allem durch steigende Flüchtlingszahlen aufgrund des syrischen Bürgerkriegs. Deutschland hat sich jedoch verpflichtet, politisch verfolgte Asylbewerber anzunehmen.

Ende des Jahres 2014 wurde nun ein Gesetz beschlossen, das die Länder Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ deklariert. Welcher Staat sicher ist, legen Länder auf Vorschlag der Europäischen Kommission selbst fest. Dies geschieht insbesondere, wenn der betroffene Staat Menschenrechte respektiert.

Die Folge ist, dass Asylanträge aus den betroffenen Ländern schneller als „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen werden können. Wer aufgrund fehlender finanzieller Perspektiven flüchtet, hat somit nicht automatisch Anspruch auf Asyl in Deutschland. Einmal abgelehnt kehrt sich mit dem neuen Gesetz die Beweislast um. Nun muss bewiesen werden, Opfer von Diskriminierung zu sein. Aktuell wird auf politischer Ebene diskutiert, ob der Kosovo, Albanien und Montenegro in die Reihe der „sicheren Herkunftsstaaten“ aufgenommen werden sollen.

Menschenrechte in den Vordergrund rücken Kritik an dem Gesetz wird vorrangig von Menschenrechtsorganisationen geübt.

Insbesondere der Schutz von Minderheiten – ein Grundsatz der Europäischen

Union – werde missachtet.

Dem steht die Linie der Bundesregierung gegenüber, die die Lage der Roma anerkennt, die Diskriminierung jedoch nicht als Massenverfolgung bewertet.

Somit werde kein Anreiz geschaffen, die Situation in den Ländern zu entschärfen: „Flüchtlinge aus verschiedenen Regionen miteinander aufzuwiegen, mit minimalen Verbesserungen für die einen zu werben und die anderen von Anfang an als Sozialschmarotzer abzustempeln, führt nicht zu einer Gesellschaft mit Dialog und Verständnis!“, so Irina Nekrasov, ehemalige

Irina Nekrasov

SHL-Auslandsfreiwillige in Skopje.

Dass sich die Flüchtlingssituation durch die Einstufung als „sichere Herkunftsländer“ entschärft, ist indessen unwahrscheinlich. Weniger als ein Prozent der Asylanträge aus den Balkanstaaten wurden schon vor der neuen Richtlinie positiv beantwortet. (adrara)

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Sozialer Tag – eine Idee, die verbindet!

Wer am Sozialen Tag für den guten Zweck arbeitet, hat nicht nur im eigenen Klassenzimmer, im Nachbarort oder im benachbarten Bundesland gleichgesinnte Mitstreiter, sondern auch in anderen europäischen Ländern! (alo)

Die SAME-Gäste auf dem PAT

SAME bedeutet „Solidarity Action Day Movement in Europe“ und ist das Netzwerk europäischer Sozialer Tag-Organisationen. Denn: Hinter jedem Sozialen Tag, egal ob in Berlin, Brüssel oder Kopenhagen, steckt eine Jugendorganisation – getragen von engagierten Schülern und Studenten –, die das ganze Jahr über und eben nicht nur für einen Tag des Jahres im Einsatz ist.

So unterschiedlich die einzelnen SAMEOrganisationen und die Projekte, die sie mit den Spenden ihres Sozialen Tages unterstützen, auch sein mögen – das Prinzip, das dahintersteckt, ist dasselbe: Jobben statt Büffeln für einen Tag und den eigens erarbeiteten Lohn für Gleichaltrige in anderen Regionen der Welt spenden.

Eine simple Idee, die funktioniert – bei SHL schon seit 1998. 17 Jahre nach dem ersten Sozialen Tag werden 2015 wieder tausende Schüler in Deutschland für den guten Zweck die Schulbank gegen einen Arbeitsplatz tauschen. Ihr seid 250 davon und nicht allein: Rund 30.000 Schüler aus den anderen SAME-Ländern tun es euch gleich. Denn der Soziale Tag ist eine Idee, die verbindet.

Wer am 9. Juli arbeiten geht, ist nämlich 18 PAT-STARTER 2015

nicht nur Teil des Sozialen Tages in Kiel, Bonn oder München, sondern Teil von etwas Größerem, einer europäischen Bewegung, die dem Motto „Von Jugendlichen für Jugendliche“ folgt.

Doch Moment – welcher Aufgaben haben sich die im Netzwerk Engagierten, bei SHL liebevoll „Samies“ genannt, eigentlich angenommen? Zum einen unterstützen die erfahrenen Mitglieder andere Jugendgruppen bei der Etablierung des Sozialen Tages in weiteren europäischen Ländern, beispielsweise in Bosnien und Montenegro. Zum anderen dient das Netzwerk dem Erfahrungsaustausch: „Wie begeistert ihr möglichst viele Schüler von der Teilnahme am Sozialen Tag?“, „Wie funktioniert eigentlich eure Datenbank?“, „Und wie war das noch mal mit der Projektauswahl bei euch?“ Diese ganz praktischen und manchmal auch abstrakteren Fragen finden im SAME-Netzwerk einen Platz. Gemeinsam tragen die SAME-Akteure den europäischen Gedanken der Solidarität weiter, beispielsweise am International Hugging Day: Von St. Peter Ording bis Belgrad verteilten die Samies Umarmungen!

Wie sich SHL im Netzwerk ansonsten einbringt, koordinieren Stefan Winkelmann (24) und Niklas Kaapke (23), sie leiten

den sogenannten Arbeitskreis SAME. Die beiden Studenten vertreten die Meinung der SHL-Basis innerhalb des Netzwerks, das seinen Anfang im Jahr 2011 fand.

Auch Ideen von Teilnehmern des Sozialen Tages, die sich in ihrer Freizeit bei SHL engagieren, finden über den Arbeitskreis ihren Weg in das Netzwerk. Vielleicht auch bald eure Ideen? Denn: „Nicht nur ein, zwei Leute oder der Arbeitskreis, sondern die Gesamtorganisation SHL soll SAME nutzen und sich vom europäischen Gedanken inspirieren lassen“, so Niklas.

Also – worauf wartet ihr? Ihr seid herzlich eingeladen euch als Sozialer Tag-Teilnehmer als Teil der Gesamtorganisation SHL und somit als Teil von SAME zu fühlen!

Ihr möchtet mehr erfahren? Schaut auf der neuen SAME-Homepage vorbei: www.same-network.org Außerdem mit News rund um SAME versorgt werdet ihr …bei Facebook: www.facebook.com/samenetwork …auf Twitter und Instagram: @same_network

SAME-Organisationen gibt es in Norwegen, Dänemark, Deutschland, Belgien, Italien und Serbien

Filip Radojević (18)

Charlotte Landsheere (20) Organisation: Zuiddag (Belgien), Sozialer Tag am 26. Oktober 2015 unter dem Motto „Work for change“ Am Sozialen Tag würde sie als Sozialarbeiterin tätig sein.

Organisation: Unija srednjoskolaca Crne Gore (UNSCG) – Schülervertretung Montenegro, erster Sozialer Tag noch in Planung Am Sozialen Tag würde er als Erzieher arbeiten.

Was ist deine Vision für eure Arbeit im SAME-Netzwerk? „Dass wir SAME-Mitglied werden können!“

Organisation: Asocijacija srednjoškolaca u Bosni i Hercegovini (ASuBiH) – Schülervertretung in Bosnien und Herzegowina, erster Sozialer Tag für September 2015 in Planung Am Sozialen Tag würde er als Architekt arbeiten.

„Meine Vision für SAME ist, dass es nicht nur überall in Europa den Sozialen Tag gibt, sondern dass die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern auch die Chance haben, sich zu treffen und auszutauschen.“

Was gibt dir SAME für dein Engagement zurück? „Bei SAME lerne ich Sachen, die ich in der Schule, aus Büchern oder von Professoren nicht lernen würde – ich lerne für’s Leben.“

Gry Alstrøm (20)

Patrizia Bianchi Scafetta (17)

Organisation: Operation Dagsværk (Dänemark), Sozialer Tag am 6. November 2015 unter dem Motto „Work like a boss“

Organisation: Operation Daywork (Italien), Sozialer Tag am 24.

April 2015 unter dem Motto „Gegen Gewalt an Frauen“

Am Sozialen Tag würde sie ihrem Onkel im Garten helfen.

Was gibt dir dein Engagement bei SAME? „Es ist ein gutes Gefühl, nicht nur die eigene Organisation voranzubringen, sondern auch anderen Organisationen zu helfen und so mehr Jugendliche zu begeistern.

Daraus ziehe ich viel Energie!“

Emir Zulejhić (18)

Emilija Manojlovic (17)

Am Sozialen Tag würde sie auf dem Campingplatz arbeiten.

Organisation: Unija Srednjoškolaca Srbije (UNSS) – Schülervertre- Welche Vision hast du für Operation tung Serbien, Sozialer Tag am 24. April 2015 unter Daywork? dem Motto „Ich arbeite, also bin ich“ „Ich wünsche mir, dass wir unseren Prinzipien treu bleiben.“ Am Sozialen Tag würde sie als IT-Managerin arbeiten.

Was gibt dir SAME für dein Engagement zurück? „Bei SAME habe ich so viele tolle Leute kennengelernt, das bedeutet mir viel.“

Fazit: Der Soziale Tag verbindet schon 2015 über 100.000 Schüler aus sieben europäischen Ländern über Landesgrenzen und Sprachbarrieren hinaus – und ihr seid Teil des Ganzen, egal ob als Erzieher, Architekt oder Gärtner. (alo) PAT-STARTER 2015 19

„Ich bin einfach nur Danko.“ Danko Rabrenović, bekannt als der „Balkanizer“, ist ein in Jugoslawien aufgewachsener Radiomoderator, Autor und Musiker. Im Starter-Interview erzählt er, wie er sich fühlte, als er 1991 als Flüchtling nach Deutschland kam, und warum er nichts von Etiketten hält.

Wie würdest Du den Unterschied zwischen dem Balkan und Deutschland in drei Worten beschreiben?

Drei Wörter, die für mich auf dem Balkan stimmen: unorthodox, chaotisch, emotional. Für Deutschland könnte ich sagen: geordnet, vielfältig, präzise. Aber ich vermeide Verallgemeinerungen, es gibt so viele Einflüsse und verschiedene Ecken.

Man kann von Balkanesen vielleicht lernen, spontan Kaffee trinken zu gehen oder seine Gefühle zu leben. Umgekehrt können Leute auf dem Balkan vielleicht lernen, Dinge strukturiert und organisiert zu erledigen. Letztlich ist es individuell.

Die Gelder des Sozialen Tages 2014 kommen unter anderem Menschen zugute, die in Bosnien immer noch in Flüchtlingslagern leben. Was sind derzeit die größten Herausforderungen in Deinem Erleben des Balkans?

Klar ist das präsent und es ist wichtig, diesen Menschen zu helfen. Große Probleme bereiten außerdem immer wieder Parteien und Politiker durch nationalistische Tendenzen. Immer sind die Nachbarn schuld, die wohlmöglich einer anderen Religion, Nationalität oder Ethnie angehören. Früher oder später werden sie begreifen müssen, dass sie zu klein sind, um allein zu existieren und dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zwischen Serben, Kroaten und Bosniern gibt. Die Bekämpfung von Korruption, Vetternwirtschaft, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit würde auch das Leben der Flüchtlinge erleichtern.

Was denkst Du darüber, dass Bosnien und Herzegowina, Serbien und Mazedonien zu „sicheren Herkunftsländern“ (siehe S.17) erklärt wurden?

Ich finde diese Bezeichnung problematisch. Mit Sicherheit gibt es in diesen Ländern Menschen, denen es nicht gut geht, die verfolgt werden. Klar ist es schwierig, 20 PAT-STARTER 2015

alle Einzelfälle zu prüfen und immer wieder neu zu entscheiden. Man braucht Regeln und Maßstäbe, aber das endet leider oft ungerecht.

Du beschreibst in Deinem ersten Buch, wie Du diverse Aufenthaltstitel in Deutschland gesammelt hast – was macht das mit einem?

Ich war zunächst wütend, dann hat es mich immer mehr amüsiert, eine Trotzreaktion. Ein Freund sagte, wenn Du hier bleiben willst, wirst Du einen Weg finden.

Aber viele Flüchtlinge haben keine Tante, die sie aufnehmen kann oder sind bereits an einer Hochschule eingeschrieben, sodass sie hier weiterstudieren könnten.

Ich hatte gute Karten, um mich nicht einschüchtern zu lassen. Anfangs fühlt man sich wertlos, nicht arbeiten und reisen zu dürfen, sondern nur die frische deutsche Luft einzuatmen. Der Name dieser Auflage sagt schon alles: Man wird geduldet.

Das wünscht sich kein Mensch.

Du schreibst in Deinem neuen Buch, dass Integration beidseitig erfolgen muss. Wie gut funktioniert das mittlerweile in Deutschland?

Solange wir über Integration sprechen, gibt es Bedarf. Eigentlich ist Integration ein falscher Begriff, denn sie schafft auch Parallelwelten. Wir brauchen Inklusion – 80 Millionen Bürger, die sich in diesem Land wohl fühlen, egal welche Muttersprache sie sprechen, was für einen Pass und welchen kulturellen oder sexuellen Hintergrund sie haben. Wir machen kleine Schritte in diese Richtung. Aber ob es je vollendet wird, werde ich nicht erleben.

Auf dem PAT treffen sich viele engagierte Jugendliche. Hast Du eine Botschaft an sie?

Bleib gesund, rund und fröhlich! Sei du selbst, denn jeder für sich ist einzigartig.

Ich erlebe immer wieder Menschen mit

Danko Rabrenović

Identitätskonflikten – insbesondere wenn sie in mehreren Kulturen zu Hause sind.

Sie müssen lernen, dass sie die Summe dieser Identitäten sind, nicht umgekehrt.

Wir stehen gewissermaßen oben auf einer Pyramide, nur so ist dieses Dreieck stabil. Viele denken, sie müssten sich entscheiden. Aber Nationalität zum Beispiel ist nur eine von diesen Identitäten.

Das ist leider auf dem Balkan ein großes Problem. Dort identifiziert man sich als Serbe, Bosnier, Kroate. Erst danach begreift man, was die eigene Person noch ausmacht: Ich bin das, aber auch das und noch viel mehr. Ich bin einfach nur Danko. Sich dessen bewusst zu sein, ist die halbe Miete. (ms)

Herzlich Willkommenčić Das zweite Buch des Balkanizers gewährt uns nicht nur Einblick in das Leben von Danko Rabrenović, sondern stellt Vorurteile und Sitten zweier Regionen gegenüber, mit dem Autor in der Mitte. Noch wichtiger: Es verrät uns, „wo eigentlich Zuhause ist“. (sma)

Buch- und Filmtipps Inescapable - Entführt in Damaskus Ruba Nadda

„Du bist in Kanada, Glückspilz“, sagt der Geheimdienstmitarbeiter Sahid zu Adib Abdel Kareem (Alexander Sidding), als die beiden sich nach 20 Jahren ohne Kontakt in Syrien wiedertreffen. Mit Glück hat die Geschichte von Adib allerdings wenig zu tun. Um sein Leben zu retten, musste er seine Heimat überstürzt verlassen und wollte eigentlich nie mehr dorthin zurückkehren.

Doch als seine Tochter Muna zu Beginn des Arabischen Frühlings in Damaskus entführt wird, muss Adib Kanada verlassen und sich seiner dunklen Vergangenheit stellen. Gemeinsam mit seiner ehemaligen Verlobten Fatima (Marisa Tomei) und dem kanadischen Konsulat-Mitarbeiter Paul (Joshua Jackson) durchkämmt Adib die ganze Stadt. Seine Verfolger sind dem ehemaligen Spion dabei stets auf den Fersen.

Ruba Naddas Film wird mit dem Thriller „96 Hours“ verglichen, ist jedoch kein

Actionfilm im klassischen Sinne. Neben eindrucksvollen Bildern von Damaskus und einigen gut platzierten Actionszenen überzeugt vor allem Alexander Sidding in seiner Rolle als verzweifelter Vater.

Eindrucksvoll verkörpert er den kompromisslosen ehemaligen Offizier der syrischen Militärpolizei. Anders als andere Actionhelden wirkt er dabei nicht kalt, sondern extrem verletzlich. Die Sorge um seine Tochter und seine Zerrissenheit, Fatima, die Frau, die er einst liebte, ohne ein Wort des Abschieds verlassen zu haben, machen ihn zu einer tragischen Figur.

Ebenso überzeugend spielt auch Marisa Tomei die Adib noch immer Liebende. Ihr Schmerz über den abrupten Kontaktabbruch von Adib und ihre Liebe zum ihm sind permanent in ihrem Gesicht lesbar. „Inescapable – Entführt in Damaskus“ verzichtet auf viel Blut und Gewalt und punktet stattdessen mit einer überzeugenden Geschichte. (vr)

Dunkle Wolken über Damaskus Dima Wannous

Es dauert etwas, bis ich mich auf die Texte der jungen Autorin Dima Wannous einlasse. Doch dann beginne ich, zu verstehen. Sie schreibt vom Leben der Menschen in Syrien vor Beginn der Revolution 2011, das Original des Buches erschien bereits 2007; dessen Titel heißt übersetzt „Details“. 2014 aus dem Arabischen ins Deutsche übertragen, steht nun – der Krieg in Syrien tobt bereits seit vier Jahren – „Dunkle Wolken über Damaskus“ in unseren Buchläden.

Der Originaltitel passt exakt zur Erzählweise der Autorin: In neun Kurzgeschichten beobachtet sie den Alltag von Menschen aus Syrien, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Vom spitzelnden Taxifahrer bis zum suspendierten Beamten. Ihre Botschaft? Es gibt nicht „die“ Syrer als anonyme Masse. Mit viel Feingefühl zeigt Dima Wannous die gesellschaftlichen Unterschiede in Syrien

auf und erklärt, wie der Einfluss der Geheimdienste und die Übermacht des Regimes schräge Persönlichkeiten formen: die Geliebte ranghoher Politiker oder den für die Träume seiner Familie schuftenden Familienvater. Sie verurteilt diese gescheiterten Persönlichkeiten nicht, sondern gibt ihnen ein Gesicht.

Die sprachlichen Bilder sind dabei auf den Punkt, wirken manchmal fast (zu) poetisch, wodurch ihre Beschreibung der Wechselwirkungen zwischen Diktatur und den Schichten der syrischen Gesellschaft teilweise die Züge einer Groteske annehmen. Dabei bleibt die Autorin jedoch fair.

Zurzeit gibt es kaum Literatur aus Syrien, da viele Autoren auf der Flucht sind.

Umso wichtiger ist es, Dima Wannous‘ „Details“ einen Platz einzuräumen. Fazit: 128 Seiten, die sich lohnen – inhaltlich und sprachlich! (alo) PAT-STARTER 2015 21

Scannt eure Finger!

Der SHL-Spirit hat euch erfasst? Ihr seid voller Motivation, euren sozialen Fingerabdruck zu hinterlassen und euch in die Arbeit von SHL einzubringen, seid aber noch verunsichert, welches Engagement zu euch passt? Testet jetzt, welchen Abdruck euer Finger hinterlassen soll! (bp) Ich selbst bin …ein super Planer und Koordinator. (F) …selbstsicher wie ein Energizer. (P) …jemand, der gerne in der gewohnten Umgebung agiert. (R) …neugierig und erkundungsfreudig. (A) Meine Heimat …kann ruhig eine Pause von mir vertragen. (A) …sollte mit dem Zug erreichbar bleiben. (F) …sollte mindestens einmal im Jahr für ein Wochenende lang Berlin sein. (P) ...soll der Platz meiner SHL Aktivitäten sein. (R)

shl aktuell

Nach dem Sommer …wird die Schule mich weiterhin vergnügen.

(R) …ist ein Studium/eine Ausbildung für mich geplant. (P) …hab ich noch keinen Plan, was ich machen möchte. (F) …will ich fremde Länder erkunden. (A)

Stichwort Sozialer Tag: …soll bei mir in der Region hoch gehandelt werden! (R) …wird bald von mir organisiert werden! (F) …am spannendsten ist jedes Jahr die Wahl der Projekte! (P) …es wäre interessant, mit eigenen Augen zu sehen, wo das Geld hingeht. (A) Neuen Leuten begegnen… …würde ich am liebsten das ganze Jahr über!

(F) …wenn sie eine andere Sprache sprechen? Auf jeden Fall! (A) …und ihnen die Projektarbeit von SHL erklären? Liebend gern! (P) …und sie von der Teilnahme am Sozialen Tag überzeugen? Jederzeit! (R) Das PAT gefällt mir besonders, …und das soll auch die nächsten Jahre so bleiben! (P) …weil ich so erfahre, wie es hinter den Kulissen von SHL aussieht. (F) …da ich mitbestimmen will, wo das Geld hingeht. (A) …denn dadurch hab ich Gleichgesinnte aus meiner Region kennengelernt. (R)

Welcher Buchstabe überwiegt bei euch? Und was sagt er aus? Die Lösungen: R: Der perfekte Typ für die Regio-Truppe.

Trefft Gleichgesinnte aus eurer Umgebung und werbt mit ihnen zusammen für den Sozialen Tag, setzt eigene Ideen vor Ort um und drückt so eurer Stadt, eurem Dorf, eurer Gemeinde auch außerhalb des Sozialen Tages euren Fingerabdruck auf. Die aktuellsten Aktivitäten findet ihr auf der nächsten Seite.

A: Nach der Schule schon was vor? Lernt viele neue Leute und Erfahrungen bei Auslandsaufenthalten von SHL kennen.

Auf Camps könnt ihr euch einen Eindruck von der Hilfe vor Ort verschaffen und vielleicht kommt sogar ein Freiwilliges Soziales Jahr in Frage, um mit Kindern und Jugendlichen in den Konfliktregionen zu arbeiten.

P: Das PAT, jährliches Hauptevent von SHL, ist genau eure Veranstaltung! Seid als Betreuer oder Helfer dabei und erlebt alles noch einmal aus einer anderen Perspektive. Egal wofür ihr euch begeistern könnt, dem Auf- und Abbau, dem Anleiten von Energizern oder der Betreuung von Teilnehmern, eure Hilfe ist mehr als willkommen!

F: Ist für euch Neumünster, gelegen im Land zwischen den Meeren, Hochburg von SHL, als neue Heimat vorstellbar? Reist mit dem Sozialer TagMobil durch ganz Deutschland und versucht, auch andere von der Idee des Sozialen Tages zu begeistern. Denn ein FSJ bei SHL bedeutet viel Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit.

PATivisten anhand des Fingerabdrucks identifiziert Ihr habt im Test auf der linken Seite herausgefunden, wie ihr am besten in der Welt euren sozialen Fingerabdruck hinterlassen könnt, seid euch aber noch nicht ganz sicher, was genau dazu notwendig ist? Hier erfahrt ihr, in welchen Bereichen ihr bei SHL aktiv werden könnt:

Die aktuelle Freiwilligengeneration

FSJler, unentbehrlich und hochmotiviert Die acht Freiwilligen im SHL-Bundesbüro sind der Kopf des Sozialen Tages. Von Neumünster aus koordinieren sie alle Aktivitäten, gehen von dort aus mit dem Sozialer Tag-Mobil auf Reisen und stehen außerdem den Regionalgruppen mit Rat und Tat zur Seite. In Deutschland sind die FSJler, wenn sie nicht gerade auf Tour sind, rund um Neumünster anzutreffen.

Ein Highlight des SHL-Jahres ist außerdem die Projektreise, die die Freiwilligen zu Beginn auf den Balkan machen, um mit eigenen Augen zu sehen, was mit den Geldern des Sozialen Tages ermöglicht wird.

Regionalgruppen, die Einsatztruppe vor Ort Mit dem Slogan „Städte erobern“ und einer SHL-Flagge in der Hand wird bundesweit in Schulen der Soziale Tag ausgerufen. Mit großer Überzeugungskraft und

helfender Hand werden die Schüler von den Regionalgruppen unterstützt. Außerdem organisierten die Regionalgruppen in den letzten Monaten in St. Peter-Ording, Kiel, Hamburg und Berlin „…macht Lärm“-Benefizkonzerte erfreuen die Massen, welche nun von selbst ihren Sozialen Fingerabdruck setzen wollen. Auf Weihnachtsmärkten und ähnlichen Veranstaltungen klären die Regionalgruppen über das Jahr hinweg außerdem bereitwillig über ihre Arbeit, den Sozialen Tag und SHL auf. Außerdem lassen sie durch Kreidespray das SHL-Logo in ganz Deutschland erscheinen. Auf geht’s, jede der Gruppen freut sich über neue Mitglieder!

PAT-Betreuer und Helfer bringen Einsteiger auf SHL-Gedanken Sie sind gemeinsam mit den Koordinatoren für die Organisation des PATs zuständig: Vor, während und nach der Veranstaltung packen sie an, wo gerade Hilfe gebraucht wird. (Wir haben für euch übrigens einen Blick hinter die Kulissen ge-

worfen, schaut mal auf Seite 11 nach!) Ob es sich um den Auf- oder Abbau handelt, die Betreuung der Teilnehmer oder die Versorgung mit Trinkbarem, sie stecken dahinter und ihnen ist für eine reibungslosen Ablauf zu danken. Wir würden uns freuen, euch nächstes Jahr auch im Organisationsteam begrüßen zu dürfen!

Die Camper und Auslands-FSJler Sie sind gern mal zwischendurch im Ausland unterwegs. In mehrwöchigen Camps erkunden sie die Projektregionen von SHL, um sich selbst ein Bild von den Erfolgen der Projektarbeit von SHL zu machen und dann mit vollem Elan dieses bei ihrer Rückkehr mit vielen anderen Interessierten zu teilen, mehr dazu findet ihr auf Seite 26. Wer die Dauer eines Camps zu kurz findet, sollte sich für einen Auslandsfreiwilligendienst bewerben: Auf dem Balkan packen die Freiwilligen in den SHL-Projekten mit an und hinterlassen ihre Fingerabdrücke an vielen verschiedenen Orten. (bp)

PAT-STARTER 2015 23

Als was arbeitet ihr am Sozialen Tag? Befragt von Luisa und Bjarne.

Matias Recio (17, St. Peter-Ording) & Marvin Biehne (14, Detmold)

Sänger

Felix Wilms (16, Kirchhain)

Sanitäter Romy Simon (17, Lübeck) Fotografin Isabel König (17, Altenholz) Babysitterin Parimah Widdel (15, Hannover) Eisverkäuferin Carolin Bothe (17, Bremen) Jane Riedel (17, Bremen) Friseur

24 PAT-STARTER 2015

Dein sozialer Fingerabdruck Was bedeutet es für euch, euren sozialen Fingerabdruck zu hinterlassen? (bp) Tobias Benz (17) aus Augsburg: „Für mich ist es unglaublich wichtig, nicht für mich selbst einen Fingerabdruck zu hinterlassen, sondern mit der Gemeinschaft, zusammen mit anderen, etwas zu erreichen. Ich bin für meine Schule hier, um meinen Mitschülern zu beweisen, dass als Gruppe vieles erreicht werden kann und wir gemeinsam Projekte starten können, die den Menschen auf dem Balkan helfen.“ Nick Paradies (15) aus Jaderberg: „Zu wissen, wo das Geld hingeht, dies auch mit zu entscheiden und damit der ganzen Menschheit zu helfen, weil man aus der Geschichte weiß, wie es ist, Krieg zu haben, finde ich wichtig! Deshalb arbeite ich gern ein paar Stunden für ein bisschen Geld, das dann gespendet wird.“

Najadi Litche (18) aus Welt: „Es ist mir sehr wichtig, dass man nicht immer nur an sich selbst denkt, sondern sich auch sozial engagiert und dadurch an seine Mitmenschen denkt.“

Adrian Schneider (17) aus Scheeßel: „Ein Zeichen für den Sozialen Tag zu setzen, bedeutet für mich Gutes zu tun für Menschen, denen es seit langer Zeit sehr schlecht geht und die unsere Hilfe benötigen.“

Zhanna Abramovych (18) aus Wuppertal: „Wenn ich jemandem helfe, dann möchte ich kein Dankeschön haben, sondern einfach für mich wissen, ich habe jemanden etwas Gutes getan und er wird nicht unter der Last leiden, in meiner Schuld zu stehen.“

Marvin Biehne (14) aus Detmold: „Menschen in verschiedenen Regionen zu helfen, die auch dringend Hilfe benötigen und sich dann mit ihren Konfliktregionen zu beschäftigen, das ist für mich von Bedeutung.“

Mattea Jozinoviz (15) aus München: „Bis ich drei Jahre alt war, habe ich in Kroatien, Bosnien, Serbien gelebt. Die Verhältnisse sind zum Teil unter dem Existenzminimum, obwohl man denkt, das ist Europa.

Kroatien ist jetzt in der EU aber die Wirklichkeit ist echt der Wahnsinn...Da muss man einfach helfen!“ PAT-STARTER 2015 25

BiH – Das dreiköpfige Monster Eindrücke vom Herbstcamp 2014

„Was machst du in den Herbstferien?“ – „Ich fahre nach Bosnien!“ Die Reaktion meiner Freunde und Familie bestand aus einer Mischung von Entrüstung und Skepsis. Ja, das Herbstcamp zum Thema „BiH - das dreiköpfige Monster“ war sicherlich keine gewöhnliche Reise, aber wir, Luca, Leonie, Janny, Johannes und Birte, wollten es wissen: In dieser Woche sollte mit allen Vorurteilen gegenüber eines Landes der Balkanregion aufgeräumt und unser gefährliches Halbwissen zu einem Grundverständnis ergänzt werden.

Ein Land ohne Jugend ist ein Land ohne Zukunft.

Im Zug hatten wir genug Zeit, unsere Vorstellungen und auch unsere Bedenken vor der kommenden Woche auszutauschen, und siehe da, wir hatten alle die unterschiedlichsten Bilder im Kopf über dieses kleine Land, das viele von uns nur aus Erzählungen kannten. Angekommen in Bosanska Krupa, der ersten Station unserer Reise, dauerte es nicht lange, bis wir die ersten Bosniaken kennenlernen durften: wir trafen uns mit Vertretern einer regionalen Jugendorganisation der Stadt, die Aktionen vor Ort auf die Beine stellen, so organisierten sie bereits ein Outdoorkino, Fußballturniere und haben eine Art Sportplatz finanzieren können.

Ihr Ziel ist es, dass die Jugendlichen aktiv 26 PAT-STARTER 2015

werden, rauskommen und ihre Zeit nicht nur passiv totschlagen.

Später stießen noch einige Teilnehmer des SHL-Schüleraustauschprogramms „Latin Bridge“ dazu. Zusammen machten wir nun Krupa und eine kleine Bar unsicher und tauschten uns dabei über Alltägliches, die unterschiedlichen Kulturen und unsere Zukunftspläne aus. Viele der Schüler sprechen perfektes Deutsch. „Dank Spongebob“, behaupten sie, da diese Sendung nicht ins Bosnische übersetzt wird. Alle sind sich sicher, dass sie die deutsche Sprache definitiv später für ihre Arbeit brauchen werden, denn ihre Zukunft sehen sie nicht in ihrer Heimat, sondern im deutschsprachigen Raum.

auf unserer Weiterreise nach Mostar zu spüren, denn unser serbischer Busfahrer dachte gar nicht daran, in bosnischem Gebiet zu halten. Vorbei an geteilten Dörfern, in denen man den Krieg noch immer unmittelbar von den Hauswänden ablesen konnte, fuhren wir vier Stunden, ohne einen einzigen Zwischenstopp, bis in das Zentrum der kroatischen Minderheit: Mostar, Kopf Nummer zwei. Obwohl, wir fuhren nicht in das Zentrum der Stadt, stattdessen wurden wir an einer Umgehungsstraße rausgelassen, denn offiziell hält ein serbischer Bus nicht in Gebieten einer fremden Ethnie.

Am nächsten Tag sollten wir den ersten Kopf des dreiköpfigen Monsters BiH zu Gesicht bekommen: Wir reisten mit dem Bus nach Banja Luka, der Hauptstadt der serbischen Bevölkerung. So furchteinflößend, wie wir uns ein Monster vorgestellt haben, sah es gar nicht aus: bei schönstem Sommerwetter stiegen wir in einer relativ großen, modernen Stadt aus dem Bus und bekamen zu allererst das Regierungsviertel zu sehen. Die monströsen Charakterzüge des Landes bekamen wir

Auf unserem Weg in den historischen Teil der Stadt kamen wir an dem abgebrannten Rathaus und einem niedergebrannten Regierungsgebäude vorbei, die bei den Protesten im Frühjahr zerstört wurden. Die Unzufriedenheit und Hilflosigkeit der Bevölkerung wurde uns noch bewusster, als jemand aus Mostar uns erzählte, dass es immer aussichtsloser wäre, auf legale Art und Weise Widerstand zu leisten, und den Aktiven die Geduld ausginge, der Regierung friedlich

Wie kann von einem Tag auf den anderen Hass zwischen zwei Der Krieg ist vorbei und doch Gruppen eines vorher friedbekriegen sich die Menschen, nur lich zusammenlebenden Volkes ohne Waffen. entstehen?

und die Schüler nach Ethnien getrennt unterrichtet werden, damit ja kein Kontakt zu „den anderen“ entsteht.

Ohne Aufarbeitung der Vergangenheit keine Basis für eine fundierte Zukunftsplanung

Blick auf die Stari Most

Zeichen zu setzen. Most – die weltberühmte Brücke Mostars besichtigten wir natürlich auch. Sie ist ein Symbol für die Spaltung Bosniens und den Versuch, es wieder zu vereinen, erneut aufeinander zuzugehen.

Später hatten wir die Möglichkeit, uns eine Schule anzuschauen und Ajla, eine gleichaltrige Schülerin, mit in ihren Deutschunterricht zu begleiten: Die 18-Jährige besucht eine geteilte Schule. „Zwei Schulen unter einem Dach“ ist hier die Devise: vormittags findet kroatischer Unterricht statt, nachmittags bosnischer. Als wir aus der Schule kamen, hatte sich ein Regenbogen gebildet.

Er schien den Himmel in zwei Hälften zu teilen und sorgte dafür, dass sich die beiden Hälften nicht vermischten. Ein komisches Bild in einem Ort, wo es bosnische und kroatische Cafés gibt

Auch das letzte Gesicht, die dritte Perspektive, sollten wir noch kennenlernen. Mit dem Zug fuhren wir nach Sarajevo, der Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas, das Zentrum der Bevölkerung der Föderation. In einem Vortrag erfuhren wir mehr über Projekte wie beispielsweise das Filmprojekt „Monumenti“, das sich mit Denkmälern, ihrer Multiperspektivität, Bedeutung und Intention, beschäftigt. Beeindruckt von dieser neuen Art der Geschichtsaufbereitung trafen wir außerdem auf eine Studentin aus Sarajevo. Sie erzählte uns viel, von sich, dem Leben in Sarajevo und vom Krieg. Denn was uns in Deutschland unsere Großeltern erzählen, haben hier Menschen erlebt, die kaum älter als wir selbst sind. […] (bs, lt) Dein Interesse ist geweckt? Der QR-Code führt dich zum gesamten Reisebericht. Erfahre hier, was die Gruppe noch auf ihrer Reise erlebt hat – vom Besuch spannender SHL-Projekte, über unerwartete Wetterumschwüngen, bis hin zu Mountain Rafting auf der Neretva.

Du möchtest den Balkan auch selbst bereisen? Dann schau auf der letzten Seite des Heftes mal in den Terminkalender und notiere Dir den Zeitraum für unser nächstes Camp in Südosteuropa!

Schulaustausch Der von SHL organisierte Schulaustausch „Latin Bridge“ zwischen Schülern aus Bosnien-Herzegowina und den Ländern der Europäischen Union ermöglicht Jugendlichen internationale Erfahrungen: Sie erweitern durch das Programm ihre Fremdsprachenkenntnisse und verstärken den Kulturaustausch.

Schüler aller Schulformen in Bosnien-Herzegowina und der EU, im Alter von 14 bis 18 Jahren, können mitmachen und viel über Geschichte, Sprache, Tradition, Religion und soziowirtschaftliche Situation ihres Austauschlandes lernen. Rune Meissel koordiniert das 2014 begonnene Programm seitens der Stiftung SHL: „Insgesamt haben wir bisher 15 Partnerschaften unterstützt.

Die Jugendlichen sind begeistert. Da sie entweder nie oder wenig vom kleinem Bosnien gehört haben, sind sie überrascht, wenn sie ankommen und begreifen, dass ihre Gleichaltrigen dieselben Hobbys haben oder denselben Trends folgen.“ Schulen oder Jugendorganisationen können sich noch bis zum 17. Juni 2015 für das Programm bewerben. Die teilnehmenden Schüler werden auf ihrer Reise von einem Lehrer ihrer Schule oder einem Vertreter ihrer Jugendorganisation begleitet. Zuerst besuchen die Teilnehmer Bosnien-Herzegowina, wo sie in Gastfamilien leben. Ein Gegenbesuch erfolgt später.

Nach dem Austausch bleiben viele Teilnehmer in Kontakt mit neuen Freunden, die sie während des Programms kennengelernt haben. Der Balkan bietet schließlich auch viele gute Gründe für weitere Besuche: Die unterschiedlichen Kulturen und Traditionen, die freundlichen Bewohner und die Speisen sind nur einige davon.

Für weitere Informationen könnt ihr Rune unter der Telefonnummer 030 30831695 oder per E-Mail an rune@shl.info erreichen. (ahma, gigo) PAT-STARTER 2015 27

Bahnstreik, Apfelkuchen und Sterne in Sarajevo Ihr möchtet wissen, was FSJler bei SHL machen, wenn sie euch nicht gerade als Teilnehmerbetreuer durchs PAT begleiten? Unsere Freiwilligen im Neumünsteraner Bundesbüro leben und arbeiten 24 Stunden zusammen. Der Starter schwelgt mit den Ehemaligen in Erinnerungen und spricht mit der nächsten Generation über ihre Erwartungen. (lb, vr) Sabine (22), Unterstützerbetreuung 2011/2012 Nach 13 Monaten WG bist du… …obwohl ich gesagt hatte, dass ich mehr Platz möchte, in eine Sechser-WG mit anderen tollen Leuten gezogen.

Welcher Moment aus deinem FSJ ist dir in Erinnerung geblieben?

Das Treffen mit Ulrich Wickert war für mich interessant, weil ich mit ihm im Fernsehen groß geworden bin. Dann bei ihm Zuhause bei Apfelkuchen und Rhabarberschorle zu sitzen, war etwas ganz Besonderes.

Fredi (21), Unterstützerbetreuung 2012/2013 Dein unvergesslicher Moment bei SHL… …war auf der Projektreise in Sarajevo, als wir abends auf den Bergen waren, die Sterne funkelten und wir gemerkt haben, dass wir im FSJ angekommen sind.

Welche Geschichte aus deiner FSJ-Zeit erzählst du heute noch?

Auf der Projektreise haben wir uns serbischen Mädchen vorgestellt. Ich habe gesagt: „My last name is doctor, doctor like an Arzt you know“.

Stefan (20), Regionalkoordinator & Income-Freiwilliger 2014/2015 Dein FSJ ist nach einem Jahr fast rum, was wirst du am meisten vermissen?

Die Verantwortung und den Arbeitsalltag.

Im FSJ stehe ich jeden Morgen auf, um daran zu arbeiten, wofür ich da bin.

Du kommst aus Bosnien, was ist in Deutschland anders als in deiner Heimat?

Niemand isst Brot. Ich esse Weißbrot zu allem außer zu Salat und Suppe. Die Deutschen machen es umgekehrt.

Anna-Lena (19), Pressesprecherin 2014/15 Die lustigste Situation im Büro war… …in meiner ersten Woche. Ich hatte meine erste Pressemitteilung verschickt und war sehr aufgeregt. Mein Kollege Alex hat sich am Telefon als Reporter ausgeben, war sehr unfreundlich und hat einfach aufgelegt. Ich habe seine Stimme nicht erkannt.

Habt ihr als Team Rituale entwickelt?

Wir essen abends zusammen, trinken gemeinsam Tee und lassen den Abend ausklingen.

Keno (18), Schulkommunikation 2015/16 Wie bist du auf das FSJ bei SHL gekommen?

Ich habe im Internet gesucht, wo man sich in einem FSJ engagieren kann. SHL habe ich rein zufällig gefunden und mir gedacht, das klingt gut, das möchte ich machen.

Worauf freust du dich am WG-Leben am meisten?

Auf die Unabhängigkeit gegenüber meinen Eltern und Geschwistern. Und darauf, die Erfahrung zu machen, wie es ist, mit anderen Menschen zusammen zu leben.

Pia (18), Regionalkoordinatorin 2015/16 Du bist die beste Mitbewohnerin, weil… …ich morgens bestimmt die erste bin, die wach ist, sodass sich die anderen auf ein schönes Frühstück freuen können.

Worauf freust du dich bei deiner Tätigkeit am meisten?

Ich stelle es mir sehr spannend vor, mit den Schülern in Kontakt zu stehen und direkt an der Basis zu arbeiten. Das ist aber auch eine Herausforderung, da man verantwortlich ist, zu motivieren.

28 PAT-STARTER 2015

Terminkalender 21.

Mai

5.-7.

Juni

Twitter-Fragestunde - von 15 bis 17 Uhr könnt ihr mit dem Hashtag #SozialerTag noch mal alle eure Fragen an uns stellen!

6.-12.

Juli

Einsteigertreffen in Kassel.

Alle weiteren Infos gibt es unter seminare.shl.info.

9.

Juli

Gedenkmarsch - 20. Jahrestag des Völkermords von Srebrenica in Bosnien (4 Plätze zu vergeben - Infos gibt‘s im Bundesbüro bei Lene: 04321 4890677, marlene@shl.info)

Sozialer Tag - bundesweit.

Hinterlasst euren sozialen Fingerabruck!

Ende Okt.

23.-25.

Okt.

Mitgliederversammlung in Hamburg Gestaltet die Zukunft von SHL mit!

Herbstcamp 2015 - Reisezeitraum: zehn Tage zwischen dem 19.

Oktober und dem 1. November.

Impressum Der Starter ist das Eventmagazin des Projektauswahltreffens von Schüler Helfen Leben e.V. Das Magazin hat den Schülerkongress mit 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vom 15. bis 17. Mai 2015 in Berlin begleitet und dokumentiert.

Herausgeber Schüler Helfen Leben e.V. Kaiserstraße 12 24543 Neumünster www.schueler-helfen-leben.de

Chefredaktion Melanie Schippling (V.i.S.d.P.) (ms) Redaktion Adrian Arab (adrara) Ahmed Hadžić (ahma) Anna-Lena Oltersdorf (alo) Birte Schmid (bs) Bjarne Perleberg (bp) Denis (Gigo) Hadžić (gigo) Leonie Trapp (lt) Luisa Baier (lb) Stefan Marinković (sma) Vanessa Reiber (vr)

Bildredaktion Nikita Pohlan Momme Hell Layout und Satz Jan Geffert Nur aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im gesamten Heft einheitlich die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist dabei stets mitgedacht.

Druck Köllen Druck & Verlag GmbH Marienstraße 26 10117 Berlin Auflage 325 Namentlich gekennzeichnete Artikel entsprechen nicht unbedingt der Meinung der gesamten Redaktion.