PAT STARTER 2012

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ie gesamte Anzahl der Menschen, die auf dem Balkan durch die Kriege und ihre Folgen umgekommen sind oder verletzt wurden, ist schwer zu ermessen. Alleine 100.000 Menschen sind dem Bosnien-Krieg zum Opfer gefallen. Zurück blieben traumatisierte Menschen, die vor der großen Aufgabe stehen, ihre Gesellschaft wieder aufzubauen. Den Weg in eine friedliche Zukunft müssen dabei vor allem die Kinder und Jugendlichen gehen. Daher freut es mich sehr, dass es auch in Deutschland so viele Mädchen und Jungen gibt, die einen Beitrag zur Friedens­arbeit auf dem Balkan leisten. Der Verein „Schüler Helfen Leben“ mit seiner alljährlichen Aktion des „Sozialen Tags“ ist dafür das beste Beispiel.

Die Kombination Eures „Sozialen Tages“ mit dem Auswahlverfahren ist etwas ganz Besonderes und unterscheidet sich in zwei wichtigen Aspekten von anderen Spendenaktionen: Erstens: Ihr habt selbst Hand angelegt und intensiv gearbeitet, um das Geld für die Projekte zu sammeln. Zweitens: Ihr übernehmt selbst die Verantwortung für die Auswahl der Projekte, die mit Euren Spenden realisiert werden. Auf das, was ihr da gemeinsam auf die Beine gestellt habt, könnt ihr sehr stolz sein! Ich würde mich freuen, wenn Euch dieses Erfolgserlebnis zu weiterem Engagement beflügelt: für den Balkan, für andere Konfliktregionen, oder auch für das eigene soziale Umfeld. Zunächst wünsche ich

Euch aber viel Erfolg bei der Auswahl der Projekte, die mit Eurer Unterstützung auf dem Balkan finanziert werden sollen! Mit freundlichen Grüßen

Dr. Kristina Schröder


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chön war es, und diesmal ganz besonders. Auf dem Titelbild des siebten STARTER-Magazins kann man auch sehen warum. Eine Teilnehmerin hält voller Freude den Europäischen Bürgerpreis, der in einer kleinen, aufgeklappten Box liegt. Der wurde auf diesem PAT endlich von der Europaabgeordneten Ulrike Robust überreicht, passend zum runden Jubiläum. Denn seit 20 Jahren gibt es die Initiative Schüler Helfen Leben. Was mal klein anfing, ist jetzt zu einer bundesweiten Schülerbewegung geworden. Seitdem halfen insgesamt über eine Millionen Schüler ihren Altersgenossen in der Balkanregion. Und DU hast dieses Weekend mit deiner Teilnahme auf dem PAT deinen eigenen Beitrag dazu geleistet. Mit der Auswahl eines Projekts kann SHL nun gezielt vor Ort helfen. Die Redaktion und die gesamte Organisation sagen: Vielen Dank! Neben der Freude an dem PAT bleibt dir vielleicht auch im Gedächtnis, was Du in den Workshops gelernt hast, wie die Situation auf dem Balkan ist, wo Du helfen kannst. Und sicherlich wirst Du auch nicht die verrückten „Energizer“-Spiele vergessen, die tolle Atmosphäre und all die neu gewonnen Freunde. Bleib dem Motto treu: „Spende deine Hände!“ Denn am 14 Juni ist wieder der Soziale Tag angesagt! Wir freuen uns, Dich bald wieder zu sehen. Schöne Grüße wünscht euch die STARTER-Redaktion PS.: In der Mitte ist noch ein Poster mit den diesjährigen PAT-Teilnehmern zum aufhängen, angucken und erinnern! Extra für Dich!

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as Helsinki Committee for Human Rights in Serbien setzt auf eine gezielte Versöhnungsarbeit in der geteilten Stadt Temerin, an der serbisch-ungarischen Grenze. Diese Versöhnungsarbeit soll anhand von gemeinsamen Workshops und Ferienprogramme für Schüler gestaltet werden. Der Fokus vor allem auf den Abbau von Intoleranz gelegt. Dies ist notwendig um die Teilung der Stadt langfristig zu überwinden. Mit der Gründung eines gemeinsamen Jugendgruppe soll das Fundament gelegt werden. Dialog, Gedankenaustausch und gemeinsame Aktivitäten sollen das fruchtbare Fundament bilden für eine friedliche Zukunft in Temerin.

Armut, nationalistisch Tendenzen, Gewalt und Perspektivlosigkeit - das sind Probleme, mit denen Jugendliche in Serbien weiterhin zu kämpfen haben. Jugendliche in Serbien haben zwar sehr gute Ideen, aber zu wenig Erfahrung, um diese umzusetzen. Auch bei lokalen Behörden finden sie kaum Unterstützung. Diese Situation trägt dazu bei, dass sich nur wenige ehrenamtlich engagieren. Das soll jetzt durch Rešivoje geändert werden: Die Kampagne für soziales Engagement möchte Jugendliche finanziell sowie organisatorisch dabei unterstützen, ihre Vorstellungen umzusetzen. Comic-Held Rešivoje soll serbische Jugendliche ansprechen und zum sozialen Engagement anregen. In Zusammenarbeit mit European Movement in Serbia sollen in den kommenden zwei Jahren insgesamt 125 Projekte von Jugendgruppen ab fünf Personen gefördert werden.

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Das Problem von Gewalt und Kriminalität ist in Serbien immer noch ein Problem, beson-ders in der Jugend. Die Gewalt dort ist allgegenwärtig. Viele sehen kaum eine positive Zukunft. Das Projekt „Aus der Kriminalität in die Gesellschaft“ soll in Zusammenarbeit der Organi-sation International Aid Network (IAN) durchgeführt werden. Geplant ist eine psychologi-sche Betreuung für auffällige Jugendliche. Durch das Projekt soll auch die serbische Öf-fentlichkeit sensibilisiert werden. Man bietet außerdem Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, EDV-Kurse mit europa-weit anerkanntem Zertifikat und Bewerbungstrainings. IAN ist eine von den wenigen Organisationen, die sich mit der sozialen Integration von Jugendlichen auseinander setzt. Ein großer Wert wird hier auch auf die Betreuung der Familien der Betroffenen gesetzt. Man hofft so auch den Staat von der kostengünstigeren Vorbeugung zu überzeugen und seine Eigenarbeit zu fördern.

Die Organisation „Narko Ne“ setzt sich für Kinderrechte in Bosnien und Herzegowina ein. Denn gerade die junge Bevölkerung lebt in Armut. Seit 2002 setzt möchte „Narko Ne“ einen Lebensraum zum richtigen Wohlfühlen schaffen. Beim Projekt Großer Bruder, große Schwester unterstützen heimische Studierende benachteiligte Kinder und Jugendliche. Die Studierenden werden speziell dazu ausgebildet, Kampagnen und Projekte selbstständig durchzuführen. Die Besonderheit dabei ist, dass sie das Erlernte direkt anwenden können.

Roma werden nahezu überall diskriminiert, auch in Albanien. Viele Institutionen beschäftigten sich bereits mit der Romaproblematik. Jedoch wurde dabei oft über die Köpfe der Roma hinweg entschieden. In dem Projekt „Roma für Roma“ in Tirana sieht das anders aus: Die Roma setzen sich selbst für ihre Belange ein. Durchgeführt wird das Projekt von der Organisation „Roma Active Albania“. Jugendliche Roma werden zu Teamleitern von Jugendgruppen vor Ort ausgebildet. Das Selbstbewusstsein der jungen Roma kann so gestärkt werden. Die albanische Bevölkerung soll durch öffentliche Diskussionen an Schulen und Universitäten eingebunden werden. Um die Vernetzung der Roma in Albanien besser zu gestalten, sieht das Projekt einmal im Jahr einen Nationalen Jugendkongress mit 250 Teilnehmern vor. Die Organisation RAA will auch ihren Kontakt zu staatlichen Institutionen und anderen europäischen Netzwerken ausbauen, damit die Stimme der Roma über den Balkan hinaus bis nach Europa hörbar wird.

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In Bosnien und Herzegowina werden seit fast 20 Jahren Schulen streng ethnisch getrennt. Das Prinzip „Zwei Schulen unter einem Dach“ ist für viele Schülerinnen und Schüler Alltag. Der Kontakt zwischen bosniakischer und serbischer Seite findet nicht statt. Sowohl getrennte Eingänge und Lehrerzimmer als auch ein gänzlich anderer Lehrplan mit politischen Einflüssen machen das Schulgebäude zu verschiedenen Instanzen. Die örtliche Politik ist konservativ und sieht sich nicht zur Handlung verpflichtet - im Gegenteil: Die Betroffenen, Schülerinnen und Schüler tragen nun die Folgen der Auseinandersetzung, obwohl sie den Krieg gar nicht miterlebt haben. Der Hass wird schon in der Schule provoziert; das Gewaltpotenzial zwischen beiden ethnischen Gruppen ist an solchen Schulen besonders hoch. Die Organisation „Genesis Project“ versucht nun, mit Hilfe von Schüler Helfen Leben, die Gesellschaft zu sensibilisieren und die interethnische Kommunikation

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voranzubringen. Es finden Workshops für Lehrer und Schüler statt, die zur Konfliktlösung beitragen und der gegenseitigen Gewalt entgegenwirken. Langfristig will man durch eine enge Zusammenarbeit mit dem örtlichen Bildungsministerium das Prinzip „Zwei Schulen unter einem Dach“ auch auf staatlicher Ebene abschaffen. Beim PAT 2011 wählten die Mehrheit der Teilnehmer dieses Projekt zur Förderung durch SHL. Workshops und andere altersgerechte, interaktive Maßnahmen sollen an nach ethnischer Zugehörigkeit getrennten Schulen durchgeführt werden, um Schüler/innen und Lehrer/innen für die interethnische Kooperation zu gewinnen. Insbesondere kleinere Kinder sollen durch Theaterstücke an die Problematiken herangeführt werden und so ihre Vorurteile fallen lassen. Hier hat die Organisation bereits in den letzten Jahren positive Er-

fahrung gesammelt. Im Kanton, vergleichbar mit den Bundesländern Deutschlands, Zentralbosnien werden diese Maßnahmen durchgeführt, da hier das Problem am stärksten auftritt. Es wird auch Material zur Verfügung gestellt, damit das Projekt durch Eigeninitiative weiterlaufen kann. Man möchte durch diese Maßnahmen das Projekt zu einem Selbstläufer machen - über das Projekt hinaus für mehr Courage. Im vergangenem Jahr wählten 32% der 250 Schülerinnen und Schüler beim PAT2011 „Gemeinsam unter einem Dach“ zu dem Projekt des Sozialen Tages 2011. Mit Videobot-schaften wird regelmäßig von den Fortschritten vor Ort berichtet. Phillippe


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amps: Jakob Barz, 18, Schüler SHL bietet jeweils in den Herbst- und Osterferien eine Reise auf den Balkan an. Jakob Barz hat in einem Flyer von den Camps gehört und hat dann aus Spass teilgenommen. Er war in Albanien und konnte viel über die Lebenslage der Straßen- und Romakinder lernen. Er meint: „Jeder sollte mal auf ein Camp mit SHL fahren, weil man Sau viel Spaß hat und ganz viel sieht und lernt.“

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raktikum: Thomas Latsko, 19, Schüler Im Praktikum kann man in alle FSJ-Bereiche, die SHL anbietet, rein- „schnuppern“. Thomas Latsko war zum Beispiel auf der „Schultour“, organisierte Vieles und hielt auch den einen oder anderen Vortrag. „Praktikum bei SHL sollte man machen, wenn man einfach mal sehen möchte, was genau hinter dem Verein steckt und was man während eines FSJ alles zu leisten hat.“

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orstand: Ingo Kroll, 21, Student Der Vorstand ist für die Planung und Administration zuständig. Ingo Kroll hat 2010/2011 sein FSJ bei SHL gemacht und ist jetzt im Vorstand. „Man geht in den Vorstand um zu sehen, wie die Arbeit weiter geht und um die Sache weiter zu betreuen“, sagt Ingo. Er möchte seine Erfahrungen mit einfließen lassen und so etwas positives bewirken.

SJ: Steffen Michelsen, 19, Freiwilliger Wer sein FSJ bei SHL machen will, der hat viele Möglichkeiten, ob in Deutschland oder direkt auf dem Balkan. Steffen macht beispielsweise im Bundesbüro seine FSJ. Er arbeitet im Bereich Schulkommunikation und hält Kontakt zu den Schulen aufrecht. Dazu erstellt er zum Beispiel Rundbriefe. Sein Resümee: „Bei Schüler helfen Leben bekommt man die einzigartige Möglichkeit selbst große Projekte durchzuführen und eigenverantwortlich zu arbeiten.“

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ktiv sein: Imke Horten, 17, Schülerin Als „Aktiver“ bei SHL unterstützt man den Verein, organisiert Aktivenaktionen auf dem Balkan und kann auf regelmäßigen Aktiventreffen noch mehr über den Balkan und über den Verein erfahren. Imke ist oft mit dabei und unterstützt SHL. Sie war bereits letztes Jahr beim PAT und anschließend so begeistert, dass sie als Aktive bei SHL weiter machen wollte. „Man sollte Aktiver bei SHL werden, weil es eine gute Chance ist, selber etwas zu tun und selber etwas zu ändern, und natürlich um einfach den Balkan kennen zu lernen.“ Marco

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arum ein Freiwilliges Soziales Jahr bei Schüler Helfen Leben? Nina Schmidt-Carstens hat 2010/2011 ihr FSJ im Bundesbüro von SHL in Neumünster absolviert. Sie war Aktivenbetreuerin und hatte als solche die Aufgabe die Aktiventreffen sowie die Oster- und Herbstcamps zu organisieren.

Nina, was hat dich motiviert ein Freiwilliges Soziales Jahr bei Schüler Helfen Leben zu machen? Ich habe den Verein schon in meiner Schulzeit kennen gelernt. Besonders gefallen hat mir an SHL, dass es ein Verein

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ist, der auf Jugendlichen aufgebaut ist und sie ernst nimmt. Natürlich war mir auch der Balkanbezug wichtig. Für mich war Südosteuropa zwar nicht unbedingt ein schwarzer Fleck auf der Landkarte, viel gewusst habe ich über diese Region aber auch nicht. Während deines FSJ sind du und die anderen Freiwilligen auf den Balkan gereist, um dort vor Ort die Projekte kennen zu lernen, die SHL unterstützt. Wie war dein erster Eindruck vom Balkan? Der Balkan war faszinierend! Was sofort auffiel, war die Offenheit der Leute und ihre Gastfreundschaft! Ihre Lebensart ist sehr interessant und hat mich auch sofort begeistert. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen dort noch mit Herz leben und nicht so abgehoben sind, wie die Menschen in Deutschland. Der Eindruck vom Balkan und den Menschen dort war also durchweg positiv. Aber wie bewertest du dein FSJ rückblickend? Was kann man in seinem FSJ bei Schüler Helfen Leben lernen? Ich hab bei SHL ganz viel Unterschiedliches erfahren und gelernt und zwar sowohl auf der Arbeitsebene als auch auf privater Ebene. Was mich sehr begeistert hat, war das spürbare Engagement der Jugendlichen. Die Jugend von heute hat eigentlich den Ruf, eine „Null-BockGeneration“ zu sein. Bei SHL ist aber das Gegenteil der Fall. Hier denken die Jugendlichen nach, sie hinterfragen kritisch

und es war faszinierend, sie als Aktivenbetreuerin dabei zu fördern. Es ist bestimmt anstrengend ein ganzes Jahr lang mit fünf anderen Leuten, die man vorher nicht kannte, beinahe rund um die Uhr zusammen zu sein. Ihr FSJ’ler arbeitet zusammen im Bundesbüro in Neumünster, wohnt aber auch alle zusammen in einer WG. Ist das nicht manchmal ein bisschen anstrengend? Es ist schon eine Herausforderung, ein Jahr lang so intensiv mit Menschen zusammen zu arbeiten und zu leben, die man vorher nicht gekannt hat. Es ist eine schwierige Herausforderung, für einen selber und auch für das Team. Aber eben eine schwierige Herausforderung und keine schlechte. Nina, im Moment lebst du in Serbien und arbeitest dort an einem Jugendprojekt. Was genau sind deine Aufgaben dort und wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Ich arbeite in einem alternativen Jugendzentrum in Zaječar, im Osten von Serbien. Es ist das einzige Jugendzentrum in der Region und überhaupt das einzige seiner Art. Ich kümmere mich vor allem um Netzwerkarbeit. Ich versuche das Jugendzentrum mit anderen Jugendzentren und auch mit internationalen Organisationen zu verbinden. Außerdem mache ich Jugendpolitikarbeit, also Filmabende, Themenabende und Diskussionsrunden mit den Jugendlichen in Zaječar, auf Serbisch und auf Englisch.


Du bist dem Engagement auf dem Balkan also treu geblieben. War deine Zeit bei Schüler Helfen Leben ein Beweggrund, dich weiterhin auf dem Balkan zu engagieren und sogar für ein Jahr dorthin zu ziehen? Ja, denn mit SHL bin ich, auf unserer Projektreise 2010, das erste Mal vor Ort gewesen und habe das Jugendzentrum in Zaječar besichtigt, das damals noch gar nicht eröffnet war. Ich habe auch den Leiter des Projekts getroffen, für das ich jetzt arbeite. Wir haben uns gut verstanden und sind in Kontakt geblieben. Nach meinem FSJ bei Schüler Helfen Leben wollte ich ungedingt ins Ausland, dazu hatte ich während meiner Schulzeit nämlich keine Gelegenheit gehabt. Inwiefern unterscheidet sich dein Leben und Alltag auf dem Balkan von dem in Deutschland? Was ist anders? Zuerst einmal ist Zaječar für deutsche Verhältnisse ziemlich klein, in Serbien gilt es aber als eine Stadt. Die geringe Größe des Ortes trägt auch dazu bei, dass die serbische Kultur im Alltag noch überall spürbar ist. Es ist natürlich auch eine sprachliche Herausforderung, da ich vorher kein Wort Serbisch sprach. Das Leben

Egal ob im Inland oder im Ausland - Schüler Helfen Leben bietet für dich sowohl in Deutschland als auch auf dem Balkan einen unvergleichlichen Freiwilligendienst. Deine Schulzeit neigt sich dem Ende zu und du hast noch keine konkreten Vorstellungen davon, wie es weiter gehen soll? Du möchtest dein Leben endlich selbst in die Hand nehmen und bevor du mit einer Ausbildung oder einem Studium beginnst, etwas ganz anderes machen? Du willst Verantwortung übernehmen, dich weiterentwickeln und einen ersten Einblick in die Berufswelt erlangen? Dann ist ein Freiwilligendienst bei Schüler Helfen Leben genau das Richtige für dich! Mehr Infos unter: www.fsj.schueler-helfen-leben.de in Serbien prägt mich, die Menschen dort sind gelassener und sie sind füreinander da, ich lerne die Lebensqualität und die Wertvorstellungen dort kennen und schätzen. Jetzt hast du zwei Jahre deines Lebens dem Engagement auf dem Balkan gewidmet, erst von Deutschland aus und dann direkt in Serbien. Wie sind denn deine Pläne für die Zukunft? Was steht in deinem Leben als nächstes an? SHL fördert im nächsten Jahr eine Freiwilligenstelle in dem Jugendzentrum in Serbien und ich werde meine Nachfolgerin einarbeiten. Im September komme ich zurück nach Deutschland, um hier zu studieren. Aber für mich ist eine Rückkehr auf den Balkan, vielleicht sogar ein dauerhaftes Leben dort nach dem Studium nicht ausgeschlossen. Dein FSJ scheint dir sehr gut gefallen zu haben und du hast auch sehr viel mitgenommen. Würdest du Anderen zu einem FSJ bei SHL raten und wann ja, warum? Die Frage sollte vielmehr lauten: Warum nicht? Man lernt viel bei SHL, es prägt

und bereichert einen. SHL ist ein Netzwerk von Leuten, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und diese auch wahrnehmen. Was mir besonders gut gefällt ist die Mischung aus Verantwortung, Freude, jungen Menschen und Professionalität. Das FSJ war das Beste, was mir passieren konnte und ich würde ein Freiwilliges bei Schüler Helfen Leben auf jeden Fall weiterempfehlen. Jennifer


Grenzkontrolle! Den Stempel zu bekommen war gar nicht so einfach ...

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s ist stockfinstere Nacht an einer serbischen Grenze. Hinter der Absperrung stehen zwei ernst guckende Zollbeamte. Sjelle und Franziska stehen kurz davor in das Ungewisse zu gehen: Sie wollen in das geheimnisvolle Balkandorf Selo Veselo - Doch das liegt hinter einer streng bewachten Passkontrolle. Erst mit einem Stempel, können sie die Grenze überqueren. „Wir wissen beide nicht was uns erwartet“, sagt Franziska. Beide hatten das Glück, die Passkontrolle ohne Probleme passieren zu können. Doch die Dunkelheit birgt Gefahren.

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So kam auch gleich ein Mann mit typisch serbischem Stiel auf sie zu gestürzt: Grauer Anzug, rote Krawatte, gestylte Haare und Balkanakzent. In dem abendlichen Zwielicht doch sehr befremdlich. Er erzählte fanatisch vom wahren Jugoslawien und der guten alten Zeit, als es noch einen gemeinsamen Staat gab. „Die einzig wahre Partei war die Kommunistische Partei Jugoslawiens. Die Idee von Tito lebt für uns nach seinem Tod weiter“, erzählt er mit krankhafter Überzeugung. Nachdem Sjelle und Franziska sich von dem Schrecken erholt haben, wird es

auch angenehmer im Dorf. Ein beleuchteter Kiosk taucht vor ihren Augen auf. Lauter einheimische Spezialitäten sind dort


zu entdecken. Doch die Mädchen sind verwundert. Statt der bekannten Preisliste hängt nur ein Schild aus mit der Aufschrift: „Preis verhandelbar.“ Vor dem Kiosk steht schon eine große Menschenmenge und feilscht die arme Verkäuferin in Grund und Boden. Sjelle und Franziska haben kein Bock mehr sich dort anzustellen. An der nächsten Ecke wartet ein Flohmarkt auf seine Kunden. Mazedonier, Bosnier, Kosovaren und viele weitere Nationalitäten bieten hier kleine Snacks aus ihrer geliebten Heimat an. Vieles ist sehr ungewöhnlich für die Mädchen. Sie probieren tapfer ein Snack nach dem Anderen. Viele Sachen schmecken auch gar nicht so schlecht

wie erwartet. Wenn doch etwas mal ganz ekelig ist, konnte man es mit einer westlichen Limonade wegspülen. Doch selbst dort war kein geeigneter Rückzugsort für die beiden Mädchen. Denn direkt neben an ist ein Wettbüro, bei dem die betrunkenen Bargäste ihr ganzes Geld lautstark auf Hunderennen verwetten. Franziska hat genug gesehen: „Also einige Sachen auf dem Flohmarkt fand ich nicht so lecker, aber das Balkandorf ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Auch Sjelle ist begeistert: „Also, man sieht, dass die Veranstalter sich viel Mühe gegeben haben und es ist echt gut gemacht. Also ich hätte das nicht so erwartet.“ Marco

Frage 1: In wie viele Staaten hat sich das ehemalige Jugoslawien bis heute geteilt? A: 7 B: 8 C: 6

Frage 4: Was bedeutet „Hvala lepo“? A: Leb wohl! B: Willkommen! C: Vielen Dank!

Frage 2: Welches Land heißt in der Landessprache „Crna Gora“? A: Kroatien B: Albanien C: Montenegro

Frage 5: Welcher Film stammt nicht von dem berühmten Regisseur Emir Kusturica? A: Schwarze Katze, weißer Kater B: Alle Kinder dieser Welt C: Belgrad Radio Taxi

Franziska und Sjelle sind zum ersten Mal auf dem Projektauswahltreffen und sind total begeistert.

Königsfrage: Burek ist ein auf dem Balkan weit verbreitetes Gericht aus gefüllten Blätterteigtaschen. Wie werden die mit Schafskäse gefüllten Bureki in Bosnien genannt? A: Sirnica B: Zeljanica C: Krompiruša Ruben

Frage 3: Wer hielt Jugoslawien zusammen? A: Joseph Tizo B: Josip Broz Tito C: Joschka Fischer

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Stürmischer Applaus ertönte immer wieder im großen Saal, besonders auf den Ausruf: „Young, fresh und lässig - ich finde SHL toll, weil wir SHL sind!“ Das sagte ein Crew-Mitglied im Plenum des PATs. Lauter Applaus folgte wieder. „Ich arbeite für den Sozialen Tag, um den Kindern auf dem Balkan zu helfen“, sagt ein anderer überzeugter SHL‘er. Die Schülerinnen und Schüler von SHL haben auch guten Grund zu dieser Freude. Denn beim diesjährigen, siebten PAT ist der lang ersehnte Europäische Bürgerpreis endlich angekommen: Eine Medaille aus Bronze mit dem EU-Emblem. Ulrike Rodust, SPD-Politikerin aus Schleswig Holstein und Abgeordnete des Europäischen Parlaments, hat den Preis an die Schüler übergeben: „Danke, Danke, Danke, 250 Millionen Mal Danke“, sagte Rodust unter Freude im Getöse der Jugendlichen. Sie ist SHL durch die gemeinsame Heimat besonders verbunden und

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verfolgt dort seit langem die Aktivitäten von SHL. Das Schüler-Projekt teilt ihren Traum, „das in diesem Europa alle Menschen in Einheit und Frieden und in sozialer Stabilität leben können.“ Durch die zahlreichen Projekte würden die Schülerinnen und Schüler einen großen Beitrag dazu leisten, lobte die erfahrene Politikerin. Und sie weiß wovon sie spricht. Denn Rodust hat in den 1980er selbst Hilfsgüter nach Polen gebracht, als dort der Kriegszustand herrschte. Ihre Freude konnte man ihr wirklich nicht nur anmerken, sonern auch ansehen, als sie die Rede hielt. Auf der Preisverleihung wurde auch auf die Geschichte der Initiative geblickt. Katharina Rogge, eine der drei SHL-Vorsitzenden, zeigte in ihrer Rede die Entwicklung auf. Was mit einem spontanen Hilfsguttransport 1992 in das kriegszerüttelte Balkangebiet begann, entwickelte sich mit schneller Geschwindigkeit zu

einer handfesten Bewegung. 1999 wurde aus der Initiative ein Verein: Schüler Helfen Leben war geboren. 2002 folgte dann die Gründung der Stiftung SHL. Nur vier Jahre später, ab 2006, wird SHL dann bundesweit organisiert. Seit dem ersten Tag an haben fast eine Millionen Schülerinnen und Schüler durch ihren Einsatz und Engagement vielen Menschen geholfen. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Christian






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nergizer sind auf dem PAT die bessere Altaernative zu Kaffee - sie machen fit und außerdem auch unglaublich viel Spaß und das alles ohne Koffein.

„STOP! Und einen Schritt nach innen!“ Alle treten mit dem inneren Fuß einen Schritt in den Kreis hinein.

So geht es dann immer enger zusammen, bis es dann so eng wird, dass man sich auf den Schoß seines Hintermannes setzen muss. Und dann noch mal sitzend im Kreis gehen.

Man braucht: Eine möglichst große Teilnehmergruppe, die sich in einen Kreis stellt. Jeder legt dem Vordermann die Hände auf die Schultern.

Mit dem rechten Fuß zuerst im Kreis gehen und singen: „Ein kleiner Mann wollte tanzen gehen, badabadam, und sich dabei die schönen Mädchen ansehen, badabadam, er setzte langsam Fuß vor Fuß, weil er nicht wusste wie man es machen muss.“

Zu Ende ist dieser Energizer, wenn die Teilnehmer die Körperspannung verlässt und der Kreis zusammenbricht. Damit hat es sich ausgetanzt.

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nnalena aus Harrislee in SchleswigHolstein ist 15 Jahre alt und schon zum zweiten Mal beim PAT dabei. SHL hat sie über die SV ihrer Schule kennen gelernt, die auch schon öfter am Sozialen Tag teilgenommen hat. Sie ist mit ihrer besten Freundin nach Berlin gekommen, mit der sie sich auch ein Zimmer im Hostel teilt. Annalenas Hobby ist tanzen, und das in vielen Stilrichtungen. Sie tanzt Ballett, Jazz und Street Dance. Ihre Erwartungshaltung an das Wochenende ist klar: „Es soll mindestens so gut werden, wie das letzte PAT!“

Zur Stärkung gibt es anschließend Mittagessen. Salat, Spinatlasagne und zum Nachtisch Apfelmus. Und, wie schmeckt’s? „Ganz gut soweit.“ Nach dem Mittagessen geht es weiter mit der Vorstellung der Projekte. Auf dem Marktplatz haben die Teilnehmer die Möglichkeit sich über die Projekte zu informieren. Na Annalena, welches Projekt ist denn dein Favorit? „Mein Favorit ist das Projekt „Freiwillige für Kinderrechte“. Die gesellschaftliche Situation wird dauerhaft gefördert und benachteiligten Kindern und Jugendlichen wird ermöglicht unter besseren Bedingungen zu leben und aufzuwachsen.“

Nach einer entspannten Nacht mit erholsamem Schlaf und einem leckeren Frühstück geht es am Samstagmorgen mit den Workshops weiter. Ein kurzes Fazit bitte: „Die Workshops waren informativ und interessant. Besonders der zweite, über Minderheiten auf dem Balkan, hat mir sehr gut gefallen, weil er spannend und gut geführt war.“

Am Freitagabend ist Annalena zusammen mit allen anderen Teilnehmern ins Selo Veselo eingereist und hat sich in diesem balkantypischen Dorf genau umgesehen. Ihr Fazit: „Die Balkanreise war sehr lehrreich und interessant. Ich habe Neues erfahren. Manche Vorurteile, die ich hatte, wurden auch bestätigt. Es war sehr spannend das Eigenleben der Balkanländer zu erleben.“

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Samstagabend steigt die obligatorische, super coole „PAT-Party“. Schon in Partystimmung Annalena? „Jaaa!“ Jennifer


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ndreas, 17 Jahre alt aus Stockheim, Hessen, will beim der diesjährigen PAT eine gut-überlegte Stimme abgeben. Das Projektauswahltreffen bietet auch eine tolle Basis, um viele nette Leute kennen zu lernen. Im Vordergrund steht für ihn jedoch der Balkan, der letztendlich durch SHL unterstützt werden soll. Andreas ist durch die Schultour auf SHL aufmerksam geworden, möchte auf dem PAT mehr Eindrücke sammeln. Er war sogar schon einmal in Albanien, um sich von der Lage vor Ort einen Überblick zu verschaffen.

Nach dem Check-In am Freitag und dem anschließendem Begrüßungsplenum blieb für ihn noch offen, was dieses Wochenende mitbringen wird. Zum Kennenlernen in Kleingruppen wurden viele Energizer gespielt. „Diese Spiele sind echt der Hammer!“ berichtete er nach der Kleingruppenphase. Am Abend stand die interaktive Balkanreise auf dem Plan. Neben den interessanten Spielen schenkt Andreas den Informationswänden mit den Experten seine Aufmerksamkeit. Auf Nachfrage erinnert er sich sofort an „Volim te“, was übersetzt „ich liebe dich“ bedeutet - eine einschlägige und sicherlich nützliche Erinnerung. Beim anschließenden Film konnte man

Zum Mittag wird Spinat-Lasagne serviert; dazu einen Salat und Apfelmus. Gut gestärkt geht es dann zum nächsten Punkt auf der Tagesordnung. Die Verleihung des Europäi-schen Bürgerpreises an SHL. Der Preis wurde bei tobender Stimmung feierlich übergeben und machte jedem klar, was für eine Bedeutung SHL international bereits eingenommen hat. Auf dem Marktplatz kann man nun endlich die Projektkandidaten für den Sozialen Tag kennenlernen, denn schließlich wird am morgigen Sonntag gewählt. Nach einem Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee vergleicht Andreas die Ergebnisse innerhalb seiner Kleingruppe, wo man in vertrauter Umgebung noch einmal reflektieren kann.

das Erlernte auf einzelne Filmszenen reflektieren. In einer offenen Diskussion mit der Regisseurin konnte man genaueres über Absichten und Ausdrucksweise des Films erfahren. Zu später Stunde geht es dann ins Hostel für eine ruhige, aber kurze Nacht. Am Samstag morgen klingelt der Wecker: Aufstehen, Waschen und Frühstücken bevor man sich in den Tag stürzt. In den Workshopphasen gibt es dann geballtes Wissen. Aus einer Auswahl von 23 Workshops kann jeder an seinen zwei Preferierten teilnehmen. Nach dem Workshop erläutert Andreas bedrückt:

„Der ereignisreiche Tag erreicht leider sein Ende“, gesteht Andreas. Nun wird in die Nacht gefeiert mit mehr als 200 weiteren engagierten Jugendlichen aus Deutschland, die ein tolles Wochenende in Berlin verbringen. Andreas bekennt sich abschließend: „Ein cooles Wochenende. Ich komme hoffentlich bald wieder.“ Philippe

„Menschen im Kosovo werden ihrer Identität beraubt. Man lebt in katastrophalen Zuständen und findet sich damit ab. Hier wird besonders deutlich, dass auch Staaten in Europa Hilfe benötigen - langfristig.“

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Musik aus dem Balkan Im Workshop „Balkanmusik“ war für jeden etwas dabei. Es wurde gesungen, geklatscht, getrommelt und geklimpert. Wir haben Musik gehört, Musik gemacht und Musik gesehen. Der serbische Musiker Zarko Jovasevic brachte uns Teilnehmern die Entstehung der Balkanmusik näher. Diese besteht nämlich aus Einflüssen vieler verschiedener Kulturen und wurde von Zigeunern immer weiter in die Welt getragen. Balkanmusik ist sich ähnlich, aber doch in jedem Land unterschiedlich. Aber eines ist immer gleich, weiß der musikalische Serbe: „Zigeuner denken immer nur an heute nie an morgen. Ihr Leben ist eine Party.“ Und genauso ist auch der Balkanrhythmus – man muss mitwippen. Wir spielten sogar selber ein Lied. Zunächst entstanden verschiedene Rhythmen aus klatschen und stampfen mit Händen und Füßen. Als das auch im Kanon klappte, kam noch Melodie und Text dazu. Man konnte die Begeisterung in den Gesichtern der Teilnehmer sehen, auch wenn es etwas dauerte, bis sich jeder getraut hat mitzumachen. Es war ein sehr spannender Workshop mit absoluter Ohrwurmgarantie: Dumm, dumm, dadidumm. Bosnisch, Kroatisch, Serbisch = Serbokroatisch? Sprachprobleme kennen wir auch in Deutschland. Hier gibt es zwar Dialekte, aber alle können sich trotzdem ohne Probleme verständigen, egal ob Bröttchen in Bayern Semmel oder in Baden-Württemberg Weckerl heißt. Auf dem Balkan sieht es jedoch anders aus. Vor dem Balkankrieg in den 1990er Jahren sprach man in Jugoslawien eine gemeinsame Sprache: Serbokroatisch, das sich in Dialekten nur ein bisschen unterschied. Nach dem Krieg splitterte sich das Serbokroatisch in Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Montenegrinisch auf. Aus eins mach vier! Sprache wurde zu einem Mittel, um sich von anderen abzugrenzen. Man erfand neue Worte, die man dann in seine Sprache integrierte. Die Bosniaken, die jetzt Bosnisch sprechen, übernahmen viele Worte aus dem Türkischen. Die Kroaten und Serben bedienten sich Wörtern aus dem ungarischen oder auch deutschen Sprachgebrauch. So kann man sich in einem serbischen Restaurant ohne Probleme ein Schnitzel bestellen. Das heißt nämlich einfach nur Šnicla [ausgesprochen: schnitzla].

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Der/Die/Das Kosovo - Ein Land zwischen Aufbruch und Vergangenheitsbewältigung Im Workshop „Der/Die/Das Kosovo“ stand das Land und seine Konflikte im Vordergrund. Auf die schwierige Geschichte des Landes verzichtete man, dafür wurden in kurzer Zeit viele Erfahrungen von Zeugen vermittelt. Der Kosovo, ungefähr so groß wie Schleswig Holstein, gehörte zum ehemaligen Jugoslawien. Er beheimatet heute ca. 1.8 Millionen Menschen, wovon die Albaner über 90% der größte Bevölkerungsanteil sind. Als „unab-hängig“ gilt der Staat jedoch erst seit 2008. Viele Stimmen sagen jedoch, dass es so nicht stimmt. Dazu kommt noch, dass fast die Hälfte der Bevölkerung arbeitslos ist. Spannun-gen sind so vorprogrammiert. Gerade in den Grenzgebieten zu Serbien stehen Konflikte immer noch an der Tagesordnung. „Man könnte es als negativen Frieden bezeichnen“, versuchte Carolin, eine Teilnehmerin des Workshops, zu umschreiben. „Ich bin an der Grenze zu Albanien entlang gefahren. Ich hatte das Gefühl einen Zeitsprung gemacht zu haben: 150 Jahre in die Vergangenheit zurück“, beschreibt Teilnehmer Andreas seine Erfahrung im Kosovo. Wie die Zukunft aussieht bleibt ungewiss.

Die Rolle Deutschlands im Kosovo-Konflikt Der Workshop setzte sich mit der Rolle Deutschlands im Kosovo Konflikt auseinander. Als Einleitung in die Materie wurde Krieg definiert: Kriege finden immer zwischen Staaten statt, die einzelne Interesse verfolgen. Maßgeblich sind hierbei die Abwesenheit des Friedens und die fehlende Bereitschaft zur Interdependenzen- und Affektkontrolle. Als ein weiterer Faktor kann die fehlerhafte und zugleich fehlende Kommunikation gewertet werden. Jedoch kann auch ein Krieg für den Frieden geführt werden, wo gegen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops allerdings skeptisch geäußert haben. Friedensgespräche, Diplomatie und Dialoge auf verschiedenen Ebenen seien da besser. Die Rolle der Vereinten Nationen und deren Organisationsaufbau wurden analysiert. Sie sind maßgeblich für eine aktive Friedenskonsolidierung. Abschließend diskutierten die Teilnehmer die Rolle Deutschlands während des Krieges: Ein Großteil der Gruppe war der Meinung, dass Deutschlands Nato-Einsatz gerechtfertigt war, aber zu wenig Friedensgespräche stattfanden um eine Lösung ohne Krieg zu finden.


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erzlich willkommen, Ozren und Ramadan. Ihr seid aus Serbien und dem Kosovo zum SHL-Treffen gekommen,um die Erfahrungen aus euren Jugendprojekten mit uns zu teilen. Wofür setzt ihr euch konkret ein? Ramadan: Unser Ziel ist es den Jugendlichen bei uns im Kosovo einen Raum zu geben, an dem sie sich entfalten können. Viele haben keine Perspektiven und wissen nicht, was sie mit ihrer freien Zeit anfangen können. Wir bieten ein Programm mit unterschiedlichen Aktivitäten. Ozren: ck13 wurde 2007 gegründet, weil es von staatlicher Seite keinerlei Angebote für die Jugendlichen gibt. Neben den Freizeitaktivitäten versuchen wir in Diskussionen und Workshops für nationalistische und homophobe Vorurteile zu sensibilisieren. Wo seht ihr die Wurzel des Problems, dass gerade junge Menschen keine Perspektiven haben? Ramadan: In Rahovac, wo ich her komme, beginnt es beispielsweise damit, dass die Jugendlichen nicht wissen, was sie nach der Schule mit ihrer Freizeit tun anfangen sollen. Sie wissen gar nicht welche Möglichkeiten sie alle haben und welche Fähigkeiten in ihnen stecken. Gerade jungen Frauen wird die Möglichkeit sich zu entfalten genommen, wenn sie mit 17

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Steckbrief: Ramadan Sokoli Alter: 17 Ausbildung: 12. Klasse Gymnasium Ort: Rahovac, Kosovo Projekt: SHL Jugendzentrum Kosovo Tätigkeit: Vorstand des Jugendforums Jahren verheiratet werden. Ozren: In Novi Sad haben wir nicht exakt die selben Probleme, aber ähnliche. Ich denke, die Perspektivlosigkeit rührt in Sebien vor allem von der ökonomischen und auch kulturellen Krise. D.h. junge Menschen bekommen falsche Bilder vermittelt und neigen zu nationalistischen

Steckbrief: Ozren Lasić Alter: 27 Ausbildung: Studium der Philosophie Ort: Novi Sad, Serbien Projekt: Jugendzentrum ck13 Tätigkeit: Koordinator und homophoben Haltungen. Welche Rolle spielen SHL und Deutschland für eure Projekte? Ramadan: Es ist schwer die Dankbarkeit dafür zum Ausdruck zu bringen, das SHL unser Jugendzentrum überhaupt erst möglich gemacht hat. Mit der Ver-


wirklichung des Projekts haben wir es geschafft,für viele Jugendliche in Rahovac ein Licht am Ende des Tunnels zu entzünden. Ich hätte vorher nie gedacht, dass ich an einem Ort meine Ideen mit anderen teilen kann und Unterstützung dafür finde, meine Träume zu verwirklichen. Das hat mein Leben verändert. Ozren: Bei uns gab es zwar schon vorher einen Jugendclub, der stand aber kurz vor der Schließung. Heute gibt es keinen anderen Ort in Novi Sad, der rund um die Uhr eine Anlaufstelle für Jugendliche verschiedener Orientierung bietet. Das alles wäre ohne SHL nicht möglich gewesen. Ramadan: Unsere größte Sorge war, was passiert, wenn die Unterstützung durch SHL endet. Mit SHL haben die Menschen in Rahovac erst begonnen, sich für ihre eigenen Anliegen einzusetzen. Heute unterstützt uns die ganze Gemeinde.

Gibt es Kooperationen zwischen den Jugendzentren in Kosovo und Serbien? Ramadan: Unsere Volontäre hatten bereits mehrere Lehrgänge in Serbien. Gestern habe ich Nina, die SHL-Freiwillige in Serbien, kennen gelernt und es würde mich freuen, wenn wir einen Austausch zu Stande bringen könnten. Ozren: Zwar gibt es immer irgendwelche organisatorischen Probleme, die einem Austausch im Wege stehen. Aber diese Probleme sind da, um von uns gelöst zu werden. Sich davon abschrecken zu lassen, wäre ein wahres Problem. Welche Hoffnungen habt ihr für die Zukunft? Ozren: Ich hoffe, es wird weiter so gut laufen. So weit kann ich gar nicht in die Zukunft blicken, weil soviel Arbeit direkt

vor uns liegt. Hoffentlich zeigt unsere Arbeit Wirkung und unsere Jugendlichen tragen ihren Teil zu einer toleranteren Gesellschaft bei. Ramadan: Meine Hoffnung ist, dass SHL Kosovo eines Tages auch ohne die Unterstützung aus Deutschland auf eigenen Beinen steht und sich eine vergleichbare Bewegung im Kosovo entwickelt, die mit so viel Kraft Projekte für die Menschen bei uns umsetzt. Ruben & Janka


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wie Aktiv sein, und das geht bei SHL auf viele verschiedene Arten: Aktiventreffen, Camps, Schultour oder FSJ.

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wie BWAT. Bundesweites Aktiventreffen von SHL. Zweimal im Jahr treffen sich die SHL‘ler aus Nord- und Süddeutschland gemeinsam um spannende Aktionen zu planen.

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wie Camps im Balkan. SHL bietet Jugendlichen die Möglichkeit in den Oster- und Herbstferien den Balkan zu entdecken.

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wie “Do you know my big fat Pony?” Ist einer der interessantesten Energizer vom PAT. Das Ende ist besonders verrückt: Alle hüpfen singend im Kreis und tanzen umeinander herum.

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wie Energizer, sind spezielle Animateure beim PAT. Sie helfen durch lustige Spiele wieder frischen Wind in die müden Teilnehmer zu bringen.

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wie FSJ heißt Freiwilliges Soziales Jahr. Bei SHL kann man das FSJ in Deutschland oder auch auf dem Balkan machen. Zahlreiche Projekte locken.

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wie Gruppenaktionen, Einzelgänger gibt es bei SHL nicht, alle sind wie eine große Familie. Kontaktfreudigkeit, Offenheit, Engagement und Spaß sind wichtig.

H

wie Hilfstransporte, mit denen begann die Geschichte von SHL in Schleswig Holstein. Schüler haben 1992 noch während des Krieges mit Papas Auto Hilfsgüter ins ehemalige Jugoslawien transportiert.

I

wie International, die Hilfe von Jugendlichen aus Deutschland für Jugendliche auf dem Balkan zeigt den inter-

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nationalen Charakter der Organisation.

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wie Jugend! SHL ist ein Verein, bei dem sich überwiegend Jugendliche, Schüler, Studenten oder FSJ’ ler engagieren und gemeinsam etwas zu bewegen.

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wie Kleiner Mann, „Ein kleiner Mann wollte tanzen gehen“, ein Energizer zu einem Lied, bei dem man sich, durch Zusammenrücken, näher kommt. Nichts für Platzangst.

L

wie Laune, und bei SHL gibt es nur gute davon. Besonders auf dem PAT war die gute Laune überall spürbar.

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wie Motto: „Spende deine Hände“, das Motto vom Sozialen Tag! Das bedeutet einen Tag für den guten Zweck zu arbeiten. Das erarbeitete Geld wird an SHL gespendet, um Balkanprojekte zu finanzieren.

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wie Neumünster, ist ein kleines Städtchen in SchleswigHolstein und Sitz des Bubüs (Bundesbüro). Dort planen die FSJler die Aktiventreffen, die Schultouren und viele andere Aktionen.

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wie Optimismus und der fehlt nie bei SHL! Denn SHL hilft den Menschen vor Ort – und das gibt Optimismus.

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wie PAT, ist das Projektauswahltreffen wo du auch warst. Schüler aus ganz Deutschland wählen in Berlin ein Projekt aus, das sie am meisten überzeugt.

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wie Qual der Wahl, die hat man immer auf dem PAT. Von fünf Projekten muss eins ausgewählt werden. SHL unterstützt es dann finanziell.

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wie Roma und Sinti, SHL unterstützt diese Minderheit mit verschiedenen Projekten. Denn noch immer werden sie vieler Orts diskriminiert.

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wie Sozialer Tag, 14.Juni 2012, bitte im Kalender dick vormerken! Schüler aus ganz Deutschland arbeiten an diesem Tag für den guten Zweck. Der Lohn wird dann an SHL gespendet. wie Träume, die wir mit SHL Wirklichkeit werden lassen. Die Jugendlichen von SHL möchten den Gleichaltrigen auf dem Balkan eine bessere Aussicht für ihre Zukunft geben.

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wie Unterstützung für den Balkan gibt SHL schon seit 20 Jahren. Was mal als Hilfstransport anfing, ist inzwischen zu einer der größten Schülerinitiativen Deutschlands geworden.

U

wie Vertrauen schaffen. SHL bringt Menschen wieder zusammen, setzt sich für Kommunikation und Integration auf dem Balkan ein.

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wie Waldemar. „Mein Dackel Waldemar“, ein Energizer bei dem echte Verknotungsgefahr besteht. Man muss die vorgegebenen Bewegungen immer schneller machen.

W

wie ein Kreuz machen. Hier hast du die Möglichkeit direkt mit zuentscheiden welches das beste Projekt ist. Setz ein Zeichen für deine Wahl!

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wie Yeahhhh! Bei SHL macht das Engagement dank der netten Leute und der tollen Atmosphäre super viel Spaß!

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wie Ziele erreichen. SHL packt die Sachen direkt an. Es wird nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt. Jenniferr

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Eine idyllische Landschaft, bedeckt von einer zarten Schneedecke und verschleiert vom Nebel. Unterdessen stampft die 18-jährige Samira durch den Schnee auf einem kleinen Landweg innerhalb Srebrenica, einer Gemeinde in der Serbischen Republik in Bosnien Herzegowina. So schön es auch aussieht, so kalt ist es in dem Dorf, wo einst der Genozid stattfand, auch das Massaker von Srebrenica genannt. Und diese eisige Schönheit hielt die gebürtige Serbin Tamara Milosevic in ihrem Dokumentationsfilm „Überall nur nicht hier“ fest. Sie blickt auf das Leben in Srebrenica zurück, in dem sie im Jahr 2009 Stimmungsbilder gesammelt hat. Sie hat sich dabei auf drei Charaktere konzentriert: Einmal auf die 18-jährige Samira, die wegen ihres muslemischen Glauben verfolgt wurde, die sich verstecken musste, um den Genozid zu überleben. Auf dem moslemischen Bürgermeister Malkic, der von den Problemen der Menschen in Srebrenica genervt ist und nichts wissen will; und auf den serbischen Pfarrer Mitar, der das anständige Leben predigt, aber seiner Gemeinde zugleich versichert: „Wir haben keinen Genozid begangen.“ All diese Stimmungsbilder wurden von der Regisseurin nicht kommentiert. Der Film beinhalte sogar keinen persönlichen Kommentar, alle Aufnahmen werden schonungslos gezeigt. Vor allem sei es ihr Ziel gewesen, so neutral wie möglich zu sein und nur ein gesellschaftliches Bild zu zeigen: Die Zuschauer sollen sich selbst ihre Meinung bilden. Insbesondere waren die Spuren ihrer Wurzel und das allgemeine Interesse maßgeblich als Beweggründe gewesen, diesen Dokumentarfilm zu drehen. Die Reaktion auf den Film sei unterschiedlich ausgefallen, da die Moslems

sich damit identifizieren konnten. Die Serben hingegen fühlten sich in die Rolle des Täters gedrängt. Und das birgt Konfliktpotential: Ein Festival hat trotz großer Bedenken ihren Film gezeigt, aber ein Preis konnte sie mit dem kritischen Film nicht gewinnen. Einen Problemfaktor, weshalb die Serben und Moslems nicht miteinander, sondern bestenfalls nebeneinander leben, sieht sie innerhalb der Geschichte. Vor allem der letzte Krieg von 1995 ist verantwortlich für das bestehende Feindbild. Auf die letzte Frage, inwiefern Srebrenica sich von einer „Hölle auf Erden“ in ein himmlisches Paradies entwickeln kann, antwortete sie kurz aber präzise: „Alle Beteiligten sollten gemeinsam konstruktiv die Aufarbeitung der Vergangenheit vorantreiben.“ Sercan

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erlin-Kreuzberg, 01:17 Uhr: Erste dunkle Schatten fallen auf das glorreiche PAT. Waghalsige Ereignisse und akute Gefahren überschatten Berlin-Kreuzberg, lassen jeden Blockbuster blass aussehen. Beschlagnahmte Pizzen, stinkende Zimmer und geklaute Taxen geben den Ton an. Aber wer ist bloß in der Lage, dieses Chaos in den Griff zu bekommen, Ordnung und Sicherheit wieder herzustellen, die in der dunklen Nacht in den Zimmern der PAT-Teilnehmer verloren ging? Die Antwort ist klar: Die furchtlosen und erprobten PAT-Betreuer. Erstmals in der Geschichte des Starter-Magazins begleite ich als Redakteur die Helden des Balkans bei Ihrer glorreichen und ehrenamtlichen Arbeit in einer kalten Nacht, in einem Haus mit 250 wilden Schülern. Mir gebührt die Ehre, die Betreuerin Sophie K. bei ihrer Arbeit zu beobachten. Voller Pflichtbewusstsein nimmt sie ihre erste Amtshandlung wahr, indem sie die drei vermeintlichen Häuser der PAT-Teilnehmer nach allen Richtlinien überprüft: Bändchen-, Gesichts und Gemütskontrolle! Alles muss in Griff sein, ein Entrinnen ist aus dem Bau nicht möglich. Und dabei ist sogar das Betreten einiger Zimmer schwieriger, als von dort abzuhauen: Die Wäschehaufen sind kaum zu überqueren. Die Heldentaten der PAT-Betreuer bergen auch noch gesundheitliche Gefahren. Der abscheuliche Mix aus sauerstoffarmen Zimmern, stinkender Socken und einer wüstenartigen Hitze, verursachten seltsame Nebenwirkungen. Die Folge sind kuriose Verhaltensweisen: Vor lauter Verwirrung verdecken sich einige PAT-Betreuer ihre Gesicht mit einem Schall, um das Chaos nicht mehr sehen zu müssen. Die kalte und dunkle Nacht hat eine Melancholie, gegen die sich die Betreuer be-

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haupten müssen. Aber: Keine Schwäche darf gezeigt werden! Denn das würden die PAT‘ler erbamungslos ausnutzten. Und dabei mussten sich die PAT-Betreuer auch noch mit einem unerklärlichen Phänomen auseinandersetzen: Die Haustüren öffneten sich immer wieder von selbst. Ganz klar! Das können nur ehemalige PAT-Betreuer sein, die dort herumspucken. Und dann passierte das Unmögliche im Hochsicherheitstrackt: Eine Meute hungriger PAT-Teilnehmerinnen wollte inmitten der Nacht dem gelben Symbol einer Fast-Food-Kette folgten und fliehen! Doch die PAT-Betreuer konnten diesen Ausbruch der wilden Teenager noch knapp verhindern. Jeder weiß: Hier herrscht die uneingeschränkte Autorität der PAT-Betreuer. Ein entrinnen war nicht möglich! Auch nicht in der späten Nacht... Sercan


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