RVK Information Sommer 2022

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Informationen des RVK

Gastfamilienprojekt für ukrainische Geflüchtete MITARBEITER IVO GASSER IM GESPRÄCH Unser Mitarbeitender Ivo Gasser und seine Partnerin haben Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen. Im Interview erzählt er, wie sie sich organisieren, welche Herausforderungen das für beide Parteien mit sich bringt und welche Sprachbarrieren es gibt. Erzähl uns doch ein wenig über die Familie und ihren Hintergrund. Es ist eine vierköpfige Familie aus der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw. Die zwei Knaben sind 5 und 13 Jahre alt. Ihre Vorfahren sind während der ehemaligen Sowjetunion aus dem heutigen Aserbaidschan in die Region Charkiw gezogen. Sie sind eurasische Muslime und gehören in der Ukraine zu einer ethnischen Minderheit. Die Eltern führten bis Kriegsausbruch eine Art Café. Charkiw wurde bereits am ersten Kriegstag durch russische Einheiten angegriffen. Ihre Flucht in die Schweiz dauerte 18 Tage. Sie wurden dabei während 13 Tagen durch russische Truppen blockiert und mussten in einem beschädigten Gebäude ausharren. Wie funktioniert die Kommunikation untereinander? Gibt es Verständigungsschwierigkeiten? Die Kommunikation läuft vor allem über den 13-jährigen Sohn. Er spricht für sein Alter gut englisch. Die Eltern sprechen russisch, ukrainisch und türkisch. Das wichtigste Verständigungstool ist der Google-Übersetzer. Die angezeigten «Textlösungen» führen oft zu Gelächter. Wir können diese Verständigungsschwierigkeiten meistens noch irgendwie lösen. Die Integrationsbeauftragte unserer Wohngemeinde hat einen türkischen Hintergrund. Miteinander können sie sich türkisch austauschen, was sehr wertvoll ist.

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Information Sommer 2022

Wie habt ihr euch zu Hause organisiert? Habt ihr Regeln für den Alltag vereinbart? Gibt es kulturelle Unterschiede? Die ersten zwei Monate waren sehr betreuungsintensiv. Es galt, neben all den administrativen Punkten, den Schweizer Alltag aufzuzeigen (Kochen mit Strom statt Gas, Abfallentsorgung, ÖV-Benutzung usw.). Die Familie bewohnt unsere möblierte 3,5-Zimmer-Einliegerwohnung. Dadurch können sie einen eigenen Tagesablauf leben. Wir treffen uns jeweils am Abend zu einem circa einstündigen Austausch zur Klärung von Fragen/Situationen (Schule, Deutschkurs, Arbeit etc.). Einmal pro Woche unternehmen wir zusammen einen Grosseinkauf. Der auffallendste kulturelle Unterschied ist ihr Speisezettel. Ihre Essenszusammensetzung und -zubereitung ist anders, die Speisen sind aber sehr lecker. Was hat euch bewogen, eine Familie aus der Ukraine aufzunehmen? Als Russland in die Ukraine einmarschierte, begann in Luzern die Fasnacht. Dieser Gegensatz beschäftigte uns. Unsere Eltern wurden vor dem Zweiten Weltkrieg geboren. Ihre Erzählungen über diese Zeit haben unsere Entscheidung gestärkt, einer Flüchtlingsgruppe eine vorübergehende «Heimat» zu geben. Wir haben eine möblierte Einliegerwohnung und somit eine ideale Struktur.


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