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BERICHT AUS BERN Parlament, Bundesrat, EDI, BAG
Aus dem Parlament
Die wichtigsten politischen Entwicklungen seit dem 20. März 2022 von Moritz Helfenstein zusammengefasst und kommentiert.
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AUS DEM NATIONALRAT
Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)
Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung) In seiner sechsstündigen Beratung befasste sich der Nationalrat mit der von der Partei «Die Mitte» eingereichten Volksinitiative, respektive mit dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates. Mit der Initiative wird vorgeschrieben, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen Massnahmen zur Kostensenkung ergreift. Dies sofern die Steigerung der durchschnittlichen Kosten je versicherte Person und Jahr in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zwei Jahre nach Annahme der Initiative mehr als ein Fünftel über der Entwicklung der Nominallöhne liegen und die Krankenversicherer und Leistungserbringer (Tarifpartner) bis zu diesem Zeitpunkt keine verbindlichen Massnahmen zur Kostendämpfung festgelegt haben. Der Volksinitiative hat der Rat auf Antrag des Bundesrates mit 156:28 Stimmen bei null Enthaltungen eine klare Absage erteilt. Nachdem aber die Kosten- und die damit verbundene Prämienentwicklung in breiten Kreisen grosse Sorgen bereiten, hat der Bundesrat beantragt, der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber zu stellen. Dieser sieht umfangreiche Änderungen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) vor. Der Rat stimmte insbesondere folgenden wichtigen Gesetzesanpassungen zu: − Die Daten, die die Krankenversicherer dem Bund zur Verfügung stellen müssen, werden neu vom BAG auch den
Kantonen zugestellt. Artikel 21 Ziffer 2 wird ergänzt mit littera d, zur Festlegung von Kostenzielen nach Artikel 54 und littera e, zur Messung der Qualität. − Leistungen, bei denen Anhaltspunkte bestehen, dass sie nicht oder nicht mehr wirtschaftlich sind, werden im Rahmen eines transparenten Evaluationsverfahren geprüft.
Mit der Durchführung des Evaluationsverfahren beauftragt der Bund verwaltungsunabhängige Dritte. − Laboratorien, die keine Analysen der Grundversorgung für den Eigenbedarf durchführen, müssen mit Versicherern einen Zusammenarbeitsvertrag abschliessen. Die Versicherer müssen den Versicherten eine aktuelle Liste der
Leistungserbringer übermitteln, mit denen sie einen Zusammenarbeitsvertrag haben. Die Leistungserbringer müssen die Versicherten vor der Behandlung darüber informieren, wenn für deren Versicherer keine Leistungspflicht besteht aufgrund eines fehlenden Zusammenarbeitsvertrages. Wird die Information unterlassen, besteht kein zivilrechtlicher Honoraranspruch. − Tarifverträge müssen von der Aufsichtsbehörde innerhalb eines Jahres beurteilt werden. Fristverlängerungen sind möglich, wenn die Antragssteller den Tarif in klar definierten Bereichen ergänzen müssen. Wenn die Genehmigungsbehörde innert der gesetzten Frist keinen formellen
Entscheid fällt, tritt ein Tarifvertrag in Kraft, sofern die beitretenden Versicherer die Mehrheit der Versicherten vertreten und die beitretenden Leistungserbringer im Geltungsbereich des Tarifes über 50 Prozent des Volumens abrechnen. Stellt die Genehmigungsbehörde fest, dass ein genehmigter Tarifvertrag die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr erfüllt, kann sie die Tarifpartner auffordern, den Tarifvertrag entsprechend anzupassen. Können sich Leistungserbringer und Versicherer nicht innerhalb eines Jahres auf eine Anpassung einigen, so widerruft die
Genehmigungsbehörde die Genehmigung und setzt nach
Anhören der Beteiligten den Tarif fest. Die zuständige Behörde kann auch nach einzelnen Positionen der Tarifstruktur oder nach Gruppen von Leistungserbringern differenzierte Tarife genehmigen oder erlassen. − Neu sind auch Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht möglich, wenn die Genehmigungsbehörde eine Tarifgenehmigung widerruft und selber den Tarif festsetzt, sowie in Fällen, wo die Aufsichtsbehörde (Bund oder Kanton) bei einem Verstoss gegen die Pflicht der Datenbekanntgabe eine Verwarnung oder eine Busse ausspricht.
− Der Bund legt nach Anhörung der Versicherer, der Versicherten, der Kantone und Leistungserbringer Kosten- und
Qualitätsziele für die Leistungen für die darauffolgenden vier Jahre fest. Der Bundesrat legt die vierjährigen Kosten- und Qualitätsziele spätestens zwölf Monate vor Beginn derjenigen Periode fest, für die sie gelten sollen. Kosten- und Qualitätsziele werden erstmals für dasjenige Kalenderjahr festgesetzt, welches nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung beginnt. Die
Kantone können unter Berücksichtigung der vom Bundesrat festgelegten Kosten- und Qualitätsziele ihre Kosten- und Qualitätsziele für die darauffolgenden vier Jahre festlegen. Sie hören die Leistungserbringer, die Versicherer und die Versicherten vor der Festlegung der Kosten- und
Qualitätsziele an. − Der Bundesrat setzt eine Kommission für das Kosten- und Qualitätsmonotoring ein. Diese überwacht die Entwicklung der einzelnen Leistungsbereiche und gibt Bund und Tarifpartnern Empfehlungen zu den Massnahmen ab. − Der Bundesrat ergreift unverzüglich Massnahmen zur
Kostendämpfung, indem er die überhöhten sowie die nicht sachgerechten und nicht betriebswirtschaftlichen
Vergütungen in der Tarifstruktur Tarmed korrigiert. Diese
Massnahmen treten zum gleichen Zeitpunkt in Kraft, wie dieses Gesetz. Eine Beschwerde hat keine aufschiebende
Wirkung.
Der Rat hat diese Gesetzesvorlage mit 104:74 Stimmen bei fünf Enthaltungen zuhanden des Ständerates verabschiedet. Auffallend ist, dass neu bei Anhörungen immer auch die Versicherten miteinbezogen werden. Das wird die Lösungsfindung nicht vereinfachen und bei den Kosten eher zu Steigerungen führen. Mit den neuen Gesetzesbestimmungen wird auch spürbar Druck auf die Versicherer und die Leistungserbringer aufgebaut.
Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (PrämienEntlastungs-Initiative)
Volkinitiative und indirekter Gegenvorschlag Die aus dem linken politischen Spektrum eingereichte Volksinitiative verlangt, dass die von den Versicherten zu übernehmenden Prämien höchstens zehn Prozent des verfügbaren Einkommens betragen dürfen. Die dazu notwendigen Prämienverbilligungen wären zu mindestens zwei Drittel durch den Bund und der Rest durch die Kantone zu finanzieren. Wären die notwendigen Ausführungsbestimmungen drei Jahre nach Annahme der Volksinitiative durch Volk und Stände nicht in Kraft, würde der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg erlassen. Bei den Beratungen wurde darauf hingewiesen, dass bereits im Jahre 2020 2,4 Millionen Personen Prämienverbilligungen im Gesamtbetrage von 5,5 Milliarden erhielten, das sind 28 Prozent der Bevölkerung. Dabei bestehen zwischen den Kantonen grosse Unterschiede. Pro Kopf betrugen die Beiträge zwischen 374 und 1048 Franken. Die Differenzen sind sicher zum Teil auch auf die unterschiedlich hohen Prämien zurückzuführen, aber auch darauf, dass verschiedene Kantone in den letzten Jahren ihre Prämienverbilligungen reduziert haben. Würde die Volksinitiative vom Volk und Ständen angenommen, müssten zusätzlich 5,5 Milliarden, davon allein der Bund 4,5 Milliarden, an Prämienverbilligungen, ausbezahlt werden. Dass die Krankenkassenprämien für viele Versicherte ein immer grösseres Problem darstellen, wurde in weiten Kreises des Rates anerkannt. Die finanziellen Auswirkungen der Initiative wären aber für die öffentliche Hand viel zu gravierend. Bemängelt an der Initiative wurde zudem, dass sie nur an der Prämienseite ansetzt und die Kostenseite überhaupt nicht einbezieht. Dabei sind doch die Kosten die Hauptursache für die Höhe der Prämien. Auf Antrag des Bundesrates und der vorberatenden Kommission hat der Rat die Volksinitiative mit 121:67 Stimmen bei null Enthaltungen abgelehnt. Der Bundesrat und auch der Rat selber waren sich jedoch bewusst, dass die Prämienbelastung für eine grosse Zahl von Versicherten zu gross ist. Der Bundesrat hat darum einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, der vom Rat aufgenommen und beraten wurde. Nach ausgiebiger Diskussion hat der Nationalrat diesen mit 119:66 Stimmen bei zwei Enthaltungen zuhanden des Ständerates verabschiedet. Die Vorlage beinhaltet insbesondere folgende Bestimmungen:
− Jeder Kanton legt fest, welchen Anteil die Prämien am verfügbaren Einkommen der Versicherten höchstens ausmachen. Der Bundesrat legt fest, wie die Prämien und das verfügbare Einkommen zu ermitteln sind. − Jeder Kanton regelt die Prämienverbilligung so, dass diese pro Kalenderjahr gesamthaft einen bestimmten Mindestanteil der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung der Versicherten, die ihren Wohnort im Kanton haben, entspricht. − Der Mindestanteil wird nach demjenigen Anteil berechnet, den die Prämien am Einkommen der 40 Prozent einkommensschwächsten Versicherten mit Wohnort im Kanton durchschnittlich ausmachen. Dabei gilt Folgendes: a) Machen die Prämien weniger als 10 Prozent des Einkommens aus, so beträgt der Mindestanteil 5 Prozent der Bruttokosten. b) Machen die Prämien 18,5 Prozent des Einkommens oder mehr aus, so beträgt der Mindestanteil 7,5 Prozent der Bruttokosten. c) Zwischen den Eckwerten nach den Buchstaben a und b erhöht sich der Mindestanteil linear. − Die Berechnung des Mindestanteils stützt sich auf: a) das steuerbare Einkommen nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer; b) die von den Versicherten tatsächlich bezahlten Prämien sämtlicher Versicherungsformen. − Bei der Beurteilung, ob ein Kanton den Mindestanteil erfüllt, werden alle Beträge berücksichtigt, die er für die Bezahlung der Prämien der Versicherten aufwendet. So auch die Forderungen, die er gestützt auf Artikel 64a
Absatz 4 KVG übernommen hat. − Wenn der Kanton seinen Anteil vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht festgelegt hat, beschliesst der
Bundesrat. Die Gesetzesvorlage führt zu Mehrkosten in der Grössenordnung von rund 2,2 Milliarden, 1,3 Milliarden zulasten des Bundes und 920 Millionen zulasten der
Kantone.
Die nachfolgenden Vorstösse befassen sich alle mit dem Thema «überhöhte Reserven». Der Rat hat sie alle in einem Durchgang behandelt.
KVAG. Überschussbeteiligung
Parlamentarische Initiative Nantermod Philippe Mit der parlamentarischen Initiative wird ein neuer Artikel 14bis KVAG verlangt, der wie folgt lauten soll: Belaufen sich die Reserven eines Versicherers auf mehr als 150 Prozent der Mindesthöhe, so wird der Überschuss im folgenden Jahr als Anzahlung an die Prämien auf die Versicherten aufgeteilt. Der Betrag wird pro Kanton und pro Versichertenkategorie im Verhältnis zu den bezahlten Prämien verteilt. Begründet wird der Vorstoss damit, dass die meisten Krankenversicherer über viel zu hohe Reserven verfügen. Das KVAG erlaube zwar gewisse Rückverteilungen, was aber von den Versicherern nur ungenügend wahrgenommen werde.
Für gerechte und angemessene Reserven. Rückerstattung übermässiger Reserven in der Krankenversicherung
Standesinitiative Neuenburg Mit allen fünf Standesinitiativen wird verlangt, Artikel 17 Absatz 2 «Ausgleich von zu hohen Prämieneinnahmen» des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes (KVAG) wie folgt zu ändern: «Lagen die Prämieneinnahmen eines Versicherers in einem Kanton in einem Jahr deutlich über den kumulierten Kosten in diesem Kanton, ist der Versicherer verpflichtet, im betreffenden Kanton im Folgejahr einen Prämienausgleich zu machen. Die Höhe des entsprechenden Ausgleiches ist durch den Versicherer im Genehmigungsverfahren klar auszuweisen und zu begründen. Der Antrag ist bis Ende Juni des Folgejahres bei der Aufsichtsbehörde einzureichen.» Die parlamentarische Initiative Nantermod hat der Rat auf Antrag der vorbereitenden Kommission mit 107:58 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Sie geht nun in den Ständerat. Wenn auch dieser der parlamentarischen Initiative zustimmt, muss der Bundesrat dem Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung unterbreiten. Wenn diese von den Räten abgesegnet wird, werden verschiedene Krankenversicherer zum Teil substanzielle Rückzahlungen an ihre Versicherten vornehmen müssen.
Die fünf Standesinitiativen hat der Rat auf Antrag seiner vorberatenden Kommission in einem Abstimmungsgang mit 91:73 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt, wie bereits der Ständerat in der Sommersession 2021 im Rahmen der Vorprüfung.
Für eine nachhaltige Finanzierung von Public-Health-Projekten des Nationalen Konzeptes Seltene Krankheiten
Motion SGK-S Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die Umsetzung der Massnahmen des nationalen Konzepts Seltene Krankheiten durch die beteiligten Organisationen des Gesundheitswesens nachhaltig zu sichern. Diese Rechtsgrundlage soll Finanzierungsinstrumente vor allem für Aktivitäten der Koordination und des Aufbaus von Angeboten für seltene Krankheiten, deren Anerkennung, der Qualitätsförderung, der Dokumentation sowie der Beratung und Information beinhalten und ein schweizweites Register für seltene Krankheiten langfristig finanzieren. Bei der Ausarbeitung der Vorlage hat sich der Bundesrat mit den Kantonen abzustimmen. Nachdem der Ständerat der Vorlage bereits zugestimmt und auch der Bundesrat Annahme beantragt hat, hat auch der Nationalrat die Motion diskussionslos angenommen.
Stärkung und Finanzierung der Patientenorganisationen im Bereich seltene Krankheiten
Motion SGK-N Die Kommissionsmotion des Nationalrates geht in die gleiche Richtung wie die vorstehend behandelte Motion der ständerätlichen Schwesterkommission. Sie beauftragt den Bundesrat, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die Aufgaben, welche der Dachverband im Bereiche seltene Krankheiten für das Gesundheitswesen und bei der Umsetzung des Nationalen Konzeptes Seltene Krankheiten erbringt, mittels Leistungsverträgen finanziell nachhaltig zu sichern. Leistungsverträge müssen vor allem die Information und Beratung, die Expertentätigkeit in Gremien und Projekten und die Organisation und Koordination der Patientenpartizipation berücksichtigen. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Nach kurzer Diskussion hat der Rat mit 130:48 Stimmen bei vier Enthaltungen Annahme der Motion beschlossen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Einführung eines E-Rezepts
Motion Sauter Regine Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit Rezepte für Heilmittel grundsätzlich elektronisch ausgestellt und digital übertragen werden müssen. Für Patienten und Patientinnen ohne entsprechende Kompetenzen müssten angemessene Alternativen vorgesehen werden. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Er begründet dies unter anderem damit, dass zuerst Erfahrungen mit dem Elektronischen Patientendossier abgewartet werden sollten. Der Rat hat die Motion mit 155:29 Stimmen bei fünf Enthaltungen angenommen. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.
Motion Prelicz-Huber Katharina Mit der Motion wird der Bundesrat aufgefordert, eine Vorlage auszuarbeiten, welche gewährleistet, dass die Mehrausgaben in der allgemeinen Krankenversicherung, die den Krankenkassen aufgrund der Corona-Virus-Pandemie erwachsen, weder 2021 noch 2022 zu Prämienerhöhungen führen dürfen. Der Bundesrat hat Ablehnung beantragt. Der Rat hat die Motion, deren Forderungen von der Entwicklung ohnehin überholt sind, mit 123:65 Stimmen bei null Enthaltungen abgelehnt.
Keine Überwälzung der Corona-Kosten auf die Prämienzahlenden
Motion Sozialdemokratische Fraktion Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, die notwendigen Massnahmen zu treffen, dass die Krankenkassenprämien für die Jahre 2021 bis 2023 stabilisiert und keinesfalls erhöht werden. Die vorliegende Motion vertritt fast dasselbe Anliegen wie die vorstehende Motion Prelicz-Huber. Der Bundesrat genehmigt die Prämien nur für ein Jahr. Die Kosten können nicht für zwei oder drei Jahre im Voraus fixiert werden und die Prämien darum auch nicht. Der Bundesrat hat daher Ablehnung der Motion beantragt. Der Rat hat die Motion mit 124:63 Stimmen bei null Enthaltungen abgelehnt.
Keine weiteren Erhöhungen der Krankenkassenprämien! Verbot von Prämienanstiegen in der obligatorischen Versicherung für zehn Jahre
Motion Reimann Lukas Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, einen Erlass vorzulegen, wonach während zehn Jahren eine Erhöhung der Krankenkassenprämien-Gesamtsumme der obligatorischen Grundversicherung verboten ist. Sollten die Prämienbeiträge nicht reichen, um die Kosten der Leistungserbringer zu decken, so werden die Leistungserbringer und Krankenkassen angehalten, ihre Ausgaben entsprechend ihrem Gesamtkostenanteil zu reduzieren. Zu recht kann man sich wohl fragen, wie jemand auf eine solche Forderung kommen kann, wie sie in der Motion verankert ist. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt, der Rat ist diesem Entscheid gefolgt und hat die Motion mit 99:35 Stimmen bei 41 Enthaltungen abgelehnt.
Zulassung von Medizinprodukten nach aussereuropäischen Regulierungssystemen
Motion Rösti Albert Der Motionär beauftragt den Bundesrat, die Gesetzgebung so anzupassen, dass in der Schweiz auch Medizinprodukte aussereuropäischer Regulierungssysteme zugelassen werden können. Er begründet diesen Vorstoss damit, dass die von der EU neu erlassene Verordnung in diesem Bereich möglicherweise erst nach etlichen Jahren und Anpassungen funktionsfähig sei. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Er verweist dabei darauf, dass der Bundesrat das BAG bereits beauftragt habe, die notwendigen Abklärungen vorzunehmen. Der Rat hat die Motion mit 109:77 Stimmen bei zwei Enthaltungen zuhanden des Ständerates verabschiedet.
Elektronisches Patientendossier. Praxistauglich gestalten und finanziell sichern
Motion SGK-N Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, unter Regelung der gegenseitigen Aufgaben und Verantwortung mit den Kantonen sowohl die Finanzierung der Einführung wie auch die kostendeckende Finanzierung des Unterhalts und Betriebs sowie der Weiterentwicklung des EPD und seiner Infrastruktur langfristig sicherzustellen. Gleichzeitig hat der Bundesrat dafür zu sorgen und soweit notwendig die rechtlichen Grundlagen anzupassen, − damit das EPD benutzertauglich wird, einfach zugänglich ist, Administration abbaut und für alle Betroffenen einen
Mehrwert bringt; − damit die technische und organisatorische Komplexität des EPD reduziert wird und eine zentrale EPD-Infrastruktur für die Datenablage der Patientinnen und Patienten sowie für den Datenaustausch mit Gesundheitsfachpersonen zur Verfügung steht; − damit die EPD-Infrastruktur einfach in die digitalen Geschäftsprozesse zwischen den Gesundheitsfachpersonen eingebunden werden kann.
Der Bundesrat hat Annahme der Motion beantragt und der Rat ist diesem Antrag gefolgt. Sie geht nun in den Ständerat.
AUS DEM STÄNDERAT
Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit
Motion Müller Damian Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit Rezepte für Heilmittel elektronisch im Rahmen des e-Medikationsprozesses ausgestellt und digital übertragen werden können. Die vom Bundesrat vorzulegende Gesetzesvorlage soll vorsehen, dass die Ärzte und Ärztinnen verpflichtet werden, Rezepte digital auszustellen. Elektronische Rezepte sollen im elektronischen Patientendossier (EPD) angebunden werden. Die vorberatende Kommission hat mit 10:0 Stimmen Annahme der Motion beschlossen. Der Bundesrat hat beantragt, die Motion abzulehnen. Er begründet dies unter anderem damit, dass die rechtlichen Grundlagen für die Umsetzung des e-Rezeptes bereits vorhanden seien. Auch möchte der Bundesrat davon absehen, die Gesundheitsakteure zu e-Rezepten zu verpflichten. Der Rat hat die Motion mit 35:0 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen. Sie geht nun in den Nationalrat.
Für mehr Handlungsspielraum bei der Beschaffung von Medizinprodukten zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung
Motion Müller Damian Mit der Motion wird der Bundesrat beauftragt, die Gesetzgebung so anzupassen, dass in der Schweiz auch Medizinprodukte aussereuropäischer Regulierungssysteme zugelassen werden können. Der Motionär weist darauf hin, dass die Schweiz bisher ausschliesslich Medizinprodukte gemäss dem Zulassungssystem der EU für die nationale Versorgung akzeptiere. Die EU habe im Mai 2021 zudem eine neue Verordnung betreffend die Medizinprodukte in Kraft gesetzt, deren vollständige Umsetzung aber gemäss Experten noch etliche Jahre dauern werde. Daher sei auch nicht sichergestellt, dass die Schweizer Bevölkerung in den kommenden Jahren mit ausreichend qualitätsgeprüften Medizinprodukten versorgt werden könne. Der Bundesrat hat Ablehnung der Motion beantragt. Er begründet dies einerseits damit, dass mit der Revision des Schweizer Medizinprodukterechts per 1. August 2020 in begründeten Fällen Ausnahmen möglich seien. Zudem habe der Bundesrat das BAG in Zusammenarbeit mit Swissmedic beauftragt, Abklärungen betreffend die einseitige Anerkennung von Zertifikaten ausserhalb der EU sorgfältig zu prüfen. Diese Abklärungen sollten abgewartet werden, bevor eine Anerkennung aussereuropäischer Regulierungssysteme an die Hand genommen werden. Der Rat hat aber die Motion mit 23:12 Stimmen bei drei Enthaltungen angenommen. Die Motion geht nun in den Nationalrat.
Keine zusätzlichen Kosten für unser Gesundheitswesen infolge der Listenumteilung von bisher frei verkäuflichen Arzneimittel der Liste C in die Liste B
Motion SGK-N Der Bundesrat wird mit der Motion beauftragt, sicherzustellen, dass bei der Umsetzung des Heilmittelverordnungspaketes IV durch Swissmedic und BAG, insbesondere durch die Umteilung der Arzneimittel der Liste C in die Liste B keine zusätzlichen Kosten und Aufwände für das Gesundheitssystem entstehen. Die vorberatende Kommission hat, wie auch der Bundesrat beantragt, die Motion abzulehnen. Dies insbesondere aus administrativen Gründen. Der Nationalrat hat die Motion bereits in der Sommersession 2019 mit grossem Mehr angenommen. Eine ständerätliche Kommissionsminderheit hat sich für Annahme der Motion eingesetzt. RVK-Präsident Peter Hegglin vertrat die Minderheit engagiert. Er verwies darauf, dass die Umteilung von Arzneimitteln von der bisherigen Kategorie C in die Kategorie B (Abgabe mit Fachberatung durch die Apotheke) zu erheblichen Mehrkosten führe. Dabei hätten diese Arzneimittel bisher in der Kategorie C zu keinen Problemen geführt. Rundum werde über die stark steigenden Gesundheitskosten geklagt. Im vorliegenden Bereich nehme man praktisch mutwillig und unbegründet Mehrkosten von schätzungsweise rund 100 Millionen in Kauf. Der Rat hat die Motion mit 21:18 Stimmen bei null Enthaltungen angenommen. Diese geht nun in den Nationalrat.
BUNDESRAT/EDI/BAG
Labortarife
Der Bundesrat hat Wort gehalten und senkt per 1. August 2022 die Labortarife für Speziallabors, die von Privaten oder Spitälern betrieben werden, durchgehend um 10 Prozent. Diese «Rasenmähermethode» wendet er an, weil das EDI bisher nicht in der Lage war, jede einzelne Position zu überprüfen. Das BAG rechnet damit, dass die Überprüfung aller Labortarifpositionen erst 2025 abgeschlossen sein wird. Vorher seien weitere lineare Tarifsenkungen möglich. Die jetzt verfügte, eher bescheidene Tarifsenkung soll Einsparungen in der Grössenordnung von rund 140 Millionen Franken bringen.
Zugang und Preise von teuren, neuen, innovativen Medikamenten
Der Bund und die Pharmaindustrie streiten seit längerem über die Preise für teure, neue, innovative Medikamente. Das geht zulasten von Patienten und Patientinnen, die dringend auf diese Therapien angewiesen sind. Bekanntlich sind Medikamente – auch wenn sie von Swissmedic anerkannt sind – erst kassenpflichtig, wenn sie in die Spezialitätenliste aufgenommen werden. Das ist aber erst der Fall, wenn sich Bund und Pharma über den Preis einig sind. Als Lösung schlägt die Pharma vor, dass die Krankenversicherer die Kosten für die Medikamente sofort übernehmen, wenn sie von Swissmedic anerkannt sind, und zwar zum Preis, wie er von der Pharma bestimmt wird. Wenn dann die folgenden Verhandlungen mit dem Bund zu einem tieferen Preis führen, würde die Pharma die Differenz zurückzahlen. Auf diesen Vorschlag ist aber der Bund nicht eingegangen. Dies mit der Begründung, dass die Wahrscheinlichkeit klein sei, dass die Pharma später bereit sei, einen tieferen Preis zu akzeptieren. Mit der Firma Roche hat das BAG nun für das neue Krebsmedikament Perjeta eine Preisvereinbarung getroffen, die aufhorchen lässt. Der eigentliche Preis ist ein «Schaufensterpreis», der geheim bleiben soll. Die Firma gewährt auf dem ausgehandelten Preis hohe Rückvergütungen, die ja naturgemäss auch geheim sein müssen, sonst könnte der Grundpreis ausgerechnet werden. Sind das nicht fragwürdige Methoden, die sicher nicht mit dem Öffentlichkeitsprinzip und mit Transparenz vereinbar sind? Der Grund der Pharma für die Festsetzung eines hohen Grundpreises liegt wohl darin, dass sich die Pharma bei Verhandlungen mit andern Ländern mit dem hohen Schweizerpreis bessere Margen ausrechnet.
UMFELD
Ambulanter Arzttarif
Es ist wohl niemand erstaunt, dass sich nun die Politik auf breiter Front verärgert darüber zeigt, dass sich die beiden Krankenversicherungsverbände und die mit diesen verbundenen Leistungserbringern nicht darauf einigen können, mit welchem Tarif, respektive mit welcher Tarifstruktur, der veraltete bisherige Tarif Tarmed ersetzt werden soll. Auch in den Medien finden die entsprechenden Differenzen viel Aufmerksamkeit und Unverständnis. Darum würde es wohl auch nicht überraschen, wenn der Bundesrat selber einen Tarif festlegen würde, wenn sich die beiden Organisationen nicht innert nützlicher Frist auf einen neuen Tarif einigen können.
INFORMATIONEN DES RVK DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Seite 16 Nachfolgelösung Rechtsdienst Seit mehr als 26 Jahren steht Dr. iur. Urs Korner unseren Mitgliedern als kompetenter und erfahrener Ansprechpartner in Rechtsfragen zur Seite. Nun geht er per Ende Dezember 2022 in den Ruhestand. Für seinen langjährigen und grossen Einsatz zugunsten unserer Mitglieder und des RVK danken wir Urs Korner herzlich.
Seite 22 RVK-ImPuls 2022 Am 23. Juni 2022 fand der RVK-ImPuls zum fünften Mal als exklusiver Kunden- und Partnerevent statt. Am Anlass haben rund 85 Personen teilgenommen. Erfreut stellte der RVK fest, dass nebst den Verbandsmitgliedern auch eine Vielfalt von Kunden und Partnern am RVK-ImPuls anwesend waren.
Seite 27 Seit 100 Tagen beim RVK Michelle Schüpbach startete am 1. März 2022 beim RVK als Assistentin Versicherungen. Im Interview erzählt sie uns, was ihr bei der Arbeit wichtig ist und wie sie die Einarbeitungszeit erlebt hat. Zudem verrät sie, welchen Berufswunsch sie als Zehnjährige hatte.