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DER GESCHMACK DER KLEINEN DINGE

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DIE FRAU IM NEBEL

DIE FRAU IM NEBEL

Ein frustrierter, französischer Sternekoch macht sich auf die Suche nach dem Geheimnis von Umami, jener mysteriösen fünften Geschmacksnote aus Fernost. Eine cineastische Delikatesse mit einem Depardieu in Bestform.

Nackt präsentiert Gérard Depardieu seinen obelixesken, massigen Körper vor dem Spiegel eines Umkleideraums. Daneben philosophiert ein Japaner zwischen Wassergüssen über den Sinn des Lebens. Er erzählt von einem Mann, der seinen Kompass fürs Leben verloren habe. Der zwar viel Geld verdiene. Dessen einst leichtfüßiger Körper jedoch habe Fett angesetzt. Tief in seinem Herzen hegte er den Wunsch, sich von diesem leeren Leben zu verabschieden. Nach dieser Kurzfassung zum Auftakt wird eben jene Geschichte ausgerollt. Sie erzählt vom berühmten Star-Koch Gabriel, dem berühmtesten Küchenmeister der Grande Nation, der gerade seinen dritten Stern erhält. Seine Ehefrau hat den Appetit derweil längst verloren, sie wird den Gatten am gleichen Abend noch verlassen. Zum Glück gibt es für den deprimierten Koch den guten Ratgeber Rufus. Der bringt grinsend die entscheidende Wendung, er erinnert Gabriel an dessen einstige Faszination für asiatische Gewürze. Jenes Umami (so der Originaltitel) heißt „köstlich“ auf japanisch. Es gilt als fünfte Geschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter. Der deprimierte Meisterkoch fühlt sich wie elektrisiert und reist spontan ins ferne Japan: Erleuchtung garantiert!

Zwar fällt das Sinnsuche-Süppchen des aus der Form geratenen Kochs bisweilen ein bisschen dünn aus, die Emotionen schmurgeln auf Sparflamme. Die Nebenhandlung mit dem frustrierten Nachwuchs oder einer stolzen Influencerin hätte gleichfalls etwas mehr Biss und dramaturgischen Geschmacksverstärker vertragen. Gut gewürzt gerät derweil das Verhältnis der ehemaligen KochKontrahenten aus Frankreich und Japan, die ihre anfängliche Animosität überwinden und die kulturellen Unterschiede schließlich zu schätzen lernen. Als echtes Sahnehäubchen erweist sich das Wiedersehen mit Pierre Richard. Depardieu ist ohnehin stets eine Klasse für sich. Diesmal zeigt das Schwergewicht sogar eine Prise Selbstironie: Kaum hat er den Stolz seines japanischen Kollegen leicht beleidigt, fragt dieser freundlich zurück: „Würde Ihnen gefallen, wenn ich sage, Obelix ist Deutscher?“. PROGRAMMKINO.DE / DIETER OßWALD

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