Internet of Things
8
Resilienter und nachhaltiger durch Vernetzung INDUSTRIAL INTERNET OF THINGS | VON HARTMUT SCHUMACHER
Der Einsatz des Internets der Dinge in der industriellen Umgebung spart Geld und Ressourcen. Allerdings nutzen die deutschen Unternehmen die Potenziale dieser Technologie erst teilweise – unter anderem aus Sicherheitsbedenken. Das Industrial Internet of Things (IIoT) ist ein fundamentaler Bestandteil von modernen, smarten Fabriken – also von dem, was hierzulande als Industrie 4.0 bezeichnet wird. Das Ziel ist die weitestgehend automatische Übertragung von Informationen und Steuerungsanweisungen. Das betrifft nicht nur die Vernetzung von Geräten untereinander, sondern auch die Anbindung an die Enterprise-Resource-Planning- und die Customer-Relationship-Systeme der Unternehmen.
iStock / metamorworks
Deutsche Unternehmen nutzen die Potenziale des Internet of Things nur teilweise.
Mit „Geräten“ sind neben Produktionsmaschinen auch Sensoren gemeint – die beispielsweise die Luftfeuchtigkeit messen, die Temperatur oder den Füllstand von Behältern. Und sogar die bearbeiteten Produkte selbst können in die Vernetzung eingebunden sein, um ihre Position zu melden oder um Anweisungen an die Geräte zu geben. Der Begriff „Internet der Dinge“ ist dabei nicht allzu wörtlich zu nehmen: zum einen, weil in die Vernetzung nicht nur Dinge, sondern auch Menschen einbezogen sind. Und zum anderen, weil der Datenaustausch nicht unbedingt tatsächlich über das eigentliche Internet stattfinden muss, sondern auch über unternehmensinterne Netze erfolgen kann. Diese Vernetzung erhöht die Effizienz, steigert die Flexibilität, senkt die Kosten, verbessert die Transparenz und spart schließlich auch Ressourcen. So steigert das IIoT zudem die Nachhaltigkeit der Unternehmen. Auch auf Störungen in der Lieferkette – zum Beispiel bei Versorgungsengpässen mit Rohstoffen – oder auf Nachfrageschwankungen können gut vernetzte Betriebe besser und schneller reagieren. Und das macht sie zusätzlich resilienter. Das industrielle Internet der Dinge beschränkt sich aber nicht auf Fabriken: Auch in der Agrarwirtschaft, bei Logistikunternehmen, bei der Energieversorgung und im Gesundheitssystem kommen IIoT-Technologien zum Einsatz. In der Agrarwirtschaft beispielsweise sammeln Sensoren Informationen über Boden- und Wetterbedingungen, um
optimale Dünge- und Bewässerungspläne zu ermöglichen. Hinzu kommen implantierte Chips, die es erlauben, sowohl die Standorte als auch die Gesundheit der Nutztiere zu überwachen. Bei der Energieversorgung erlauben es IIoT-Technologien – unter anderem mithilfe von intelligenten Stromzählern und smarten Stromnetzen –, den Verbrauch und die Erzeugung von Energie effizient miteinander zu koordinieren. Digitale Kooperationen Bereits 58 Prozent der Unternehmen haben laut der Studie „Industrial IoT in Deutschland 2021“ von der Marktforschung IDC ihre Geräte und ITSysteme abteilungsübergreifend vernetzt. „Großes Potenzial liegt aber auch darin, sich mit externen Partnern zu verbinden“, erläutert Marco Becker, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC. „Immer mehr Wertschöpfung wird digital
Großes Potenzial liegt auch darin, sich mit externen Partnern zu verbinden. und in Kooperationen mit anderen Unternehmen in Ökosystemen stattfinden – zunehmend auch zwischen komplett verschiedenen Branchen.“ Für die Schaffung gemeinsamer datenbasierter Geschäftsmodelle hätten sich immerhin schon etwa 39 Prozent der Nutzer von IIoT-Lösungen mit externen Partnern vernetzt. Es gibt keine Branche, die nicht in irgendeiner Form
Gastbeitrag
IoT im Mittelstand: Die Neudefinition der Supply Chain Die Coronapandemie und der Schock des Ukraine-Krieges haben nicht nur großes Elend gebracht, sondern auch dem Wirtschaftsstandort Europa eine harte Lektion erteilt: So wie bisher geht es nicht weiter. Harald Dittmar, Fachgruppensprecher „Internet der Dinge“ des BITMi und Geschäftsführer der sys-pro GmbH, erklärt, warum das IoT unerlässlich für die Digitalisierung ist. Über Jahre ging es in den Lieferketten vor allem darum, Prozesse und Know-how in die Ferne zu verlagern. Für kurzfristige Globalisierungsgewinne haben wir in Asien
den Aufstieg neuer Champions gefördert, die Kontrolle über die Supply Chain abgegeben und uns in tiefe Abhängigkeiten manövriert. Wie gelingt jetzt die schnelle Wende? Indem wir die digitale Transformation vom Kopf auf die Füße stellen! Die Fakten sind klar: Lohnkostenunterschiede zwischen Kontinenten werden irrelevant, wenn man Prozesse automatisiert und Transportwege verkürzt. Nicht das Verbilligen, sondern die Innovationsführerschaft schafft Marktmacht und Wohlstand. Und wenn sich Märkte über Nacht verändern, sind Tempo und Flexibilität entscheidend.
Was hat das mit IoT zu tun? Alles! Denn smarte IoT-Technologien und -Devices gestalten Supply Chains schnell und oft sogar „on-the-fly“ um: Erneuerung ohne große Projekte dank autonomer Integration. Items mit RFID-Fingerprint für ihren ganzen Lebenszyklus. Sensoren, die Prozesse über alle Grenzen hinweg verfolgen, Daten bereitstellen und Aktionen auslösen. Robotikbasierte Workflows für barrierearmes Arbeiten. CloudData-Stores, in Echtzeit von EdgeDevices gespeist. Partnerschaftliches Teilen von Fakten zwischen Produzenten, Distributoren und Abnehmern – zum kollektiven Nutzen. Microservices, die neue
Harald Dittmar, Fachgruppensprecher „Internet der Dinge“ des BITMi und Geschäftsführer sys-pro GmbH
Applikationen on demand ausrollen. Und ein Information Lifecycle Management, das für europäische Maßstäbe im Datenschutz sorgt. IoT gehört in den Mittelstand, weil er von vernetzten und nachhaltigen Wirtschaftsmodellen unmittelbar profitiert. Konsequenz wird belohnt – auch hier!