Die unterschätzte schmerzhafte Folge einer Gürtelrose
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Spastik
Was bei unwillkürlich auftretender Muskelüberaktivität hilft
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EINE PUBLIKATION DES REFLEX VERLAGES September 2025
dabei
Wir sind
Angriff auf das Nervensystem
Wer oder was ist Ihnen zuletzt auf die Nerven gegangen? Vielleicht die unfreundliche Kollegin im Meeting, die lange Wartezeit in einer Service-Hotline oder der verspätete Zug? Verständlich, aber zum Glück nur ein vorübergehendes situationsbedingtes Ärgernis. Wenn jedoch im Körper uns etwas auf die Nerven geht, ist die Lage meist ernst – und komplex: Denn mehr als 100 Milliarden Nervenzellen steuern unsere Bewegung, unsere Sprache, unser Denken und Fühlen.
Nadine
Neurologische Beschwerden und Erkrankungen wie Schlaganfall, Demenz oder die Parkinson-Krankheit sind für die Leidtragenden enorm belastend und schränken die Lebensqualität teils sehr ein. Umso wichtiger sind ein hohes Engagement in der neurologischen Forschung sowie ein verbesserter Zugang zu innovativer Behandlung und qualitativ hochwertiger Rehabilitation. Wir zeigen Ihnen, wie Betroffene heute schon von Fortschritten profitieren können.
Effert
Chefredakteurin
INHALTSVERZEICHNIS
LEITARTIKEL
SCHLAGANFALL
GEHIRNGESUNDHEIT
POST-ZOSTER-NEURALGIE
SPASTIK
PARKINSON
PARKINSON
Früherkennung rückt in den Fokus — 3
Bessere Behandlung dank KI? — 4
Nachts wird die Spülmaschine angeworfen — 5 „Gürtelrose-Impfung kann vor schmerzhaften Spätfolgen schützen“ — 6
Erhöhte Muskelspannung mit Folgen — 8
Den Schlaf ins Visier nehmen — 10 „Potenzial digitaler Angebote nutzen“ — 11
Redaktion Nadine Effert, Mark Krüger, Tobias Lemser Layout Silke Schneider, grafik@reflex-media.net Fotos iStock / Getty Images, Coverbild iStock / tiero Druck Badische Neueste Nachrichten Badendruck GmbH V.i.S.d.P. Redaktionelle Inhalte Nadine Effert, redaktion@reflex-media.net Weitere Informationen Pit Grundmann, pit.grundmann@reflex-media.net, Reflex Verlag GmbH, Hackescher Markt 2–3, D-10178 Berlin, T +49 (0)30 / 200 8949 0, www.reflex-media.net Diese Publikation des Reflex Verlages erscheint am 18. September 2025 in DIE WELT. Der Reflex Verlag und DIE WELT sind rechtlich getrennte und redaktionell unabhängige Unternehmen. Inhalte von Werbebeiträgen wie Unternehmens- und Produktporträts, Interviews, Advertorials, Anzeigen sowie Gastbeiträgen und Fokusinterviews geben die Meinung der beteiligten Unternehmen beziehungsweise Personen wieder. Die Redaktion ist für die Richtigkeit der Beiträge nicht verantwortlich. Die rechtliche Haftung liegt bei den jeweiligen Unternehmen.
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Früherkennung rückt in den Fokus
LEITARTIKEL | VON NADINE EFFERT
Mit fast 50 Millionen Betroffenen in Deutschland stellen neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Demenz oder Migräne eine große Herausforderung für die Gesellschaft dar. Sie sind führende Ursache für Krankheit und Behinderung weltweit. Das Gute: Die Forschung läuft auf Hochtouren und bedient sich dabei verstärkt innovativer Technologien.
Mit Blick auf die Statistik zur Häufigkeit von Erkrankungen des Nervensystems steht fest: Die Versorgungsstrukturen müssen ausgebaut und die Forschung gestärkt werden – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Einer im März 2024 im Fachblatt „The Lancet Neurology“ veröffentlichten US-Studie des Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) zufolge nahm die Zahl derartiger Erkrankungen in den vergangenen drei Jahrzehnten um 59 Prozent zu – Tendenz steigend. Denn die Lebenserwartung wird höher und mit ihr das Risiko für insbesondere neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, für die der Schwund von Nervenzellen im Gehirn charakteristisch ist.
Alterndes Gehirn
Der Frage, warum unser Denkorgan im Alter anfälliger wird, sind jüngst Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Scripps Research Institute in Kalifornien, USA, nachgegangen. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass winzige Moleküle, sogenannte microRNAs (miRNAs), entscheidend bei Herstellung und Abbau bestimmter Proteine im Gehirn, die mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung stehen, beteiligt sind. Welche der miRNAs konkret, das wollen die Forschenden nun herausfinden. „Wir möchten mit diesen Untersuchungen mögliche Therapieansätze finden, um neurodegenerative Hirnerkrankungen frühzeitig zu erkennen und diese schneller behandeln oder vielleicht sogar verhindern zu können“, sagt Dr. Eugenio F. Fornasiero, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Neuro- und Sinnesphysiologie der UMG.
Top 3: Diese Krankheiten fürchten die Deutschen am meisten (2024)
Auswirkungen auf Lebensqualität Neurologische Erkrankungen, die in jedem Alter auftreten können, sind komplex und umfassen nicht nur Störungen des Gehirns, sondern auch des Rückenmarks sowie der peripheren Nerven. Als Ursache kommen beispielsweise Genmutationen, Verletzungen, Gefäßerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Infektionen oder Tumorerkrankungen infrage. Entsprechend den vielfältigen Körperfunktionen, die das Nervensystem steuert, können die Beschwerden sehr unterschiedlich sein und reichen von Schmerzen über Funktionsstörungen der Sinnesorgane oder Muskelapparats bis hin zu Beeinträchtigung des Bewusstseins und des Schlafs sowie psychiatrischen Symptomen.
Die Auswirkungen auf die Betroffenen sind teils immens: Mehr als weltweit 443 Millionen verlorene gesunde Lebensjahre gingen laut IHMEStudie in den letzten 30 Jahren auf das Konto von Erkrankungen des Nervensystems – ein Anstieg um 18 Prozent. Die Rangliste führen Schlaganfälle an: Sie raubten der Menschheit 160 Millionen Jahre gesunder Lebenszeit. In
KI kann ein Gamechanger bei der Früherkennung sein.
Deutschland erleiden laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Ein Jahr nach dem Ereignis bleiben rund 60 Prozent der Betroffenen auf Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen.
„Neurologische Erkrankungen verursachen großes Leid für die betroffenen Menschen und Familien und berauben Gesellschaften und Volkswirtschaften ihres Humankapitals“, gibt WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zu bedenken. Man müsse dringend dafür sorgen, den Zugang zu qualitativ hochwertiger Pflege, Behandlung und Rehabilitation zu gewährleisten. Es gelte, die Hirngesundheit von Kindheit an mehr in den Fokus zu rücken.
Innovative Prävention Prävention lautet das Stichwort – und auch der aktuelle Appell der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). „Wenn wir wissen, dass bis zu 90 Prozent aller Schlaganfälle auf vermeidbare Risikofaktoren zurückzuführen sind, die Fallzahlen steigen und gleichzeitig die medizinische Versorgung personell wie budgetär an ihre Grenzen stößt, ist Prävention eine effektive Stellschraube“, bestätigt DGN-Präsidentin Prof. Dr. Daniela Berg. Die wichtigste Stellschraube sei dabei die personalisierte Prävention mithilfe neuester Frühdiagnostik und KI-basierter Technologien. „Wir haben in der Neurologie viele
43 Prozent
der Weltbevölkerung sind von Erkrankungen des Nervenapparats betroffen – das sind
3,4 Milliarden Menschen.
Quelle: Global Burden of Disease, www.healthdata.org/ research-analysis/gbd; letzter Zugriff: 12.08.2025
Krankheiten mit Vorlaufphasen von vielen Jahren und sind zunehmend in der Lage, diese, lange bevor sie klinisch manifest werden, zu diagnostizieren. Darüber hinaus ermöglicht KI die Generierung von Tools zur präzisen persönlichen Risikoeinschätzung.“
KI: verbesserte Früherkennung Beispiel Parkinson-Krankheit. Unter anderem haben Daten einer Studie aus Großbritannien gezeigt, dass am Handgelenk getragene Bewegungssensoren bis zu sieben Jahre vor der klinischen Diagnosestellung auf eine beginnende Parkinson-Erkrankung hinweisen können. Auch die KI-gestützte Analyse gesprochener Sprache oder nächtlicher Atemmuster könnte die Früherkennung in Zukunft verbessern. „Stand heute hat KI für Parkinson-Patient:innen noch keine besondere Bedeutung. Ich sehe aber großes Potenzial, dass in einigen Jahren KI die frühe Diagnose und die individuellen Therapiemöglichkeiten bei Parkinson deutlich verbessert“, meint Prof. Dr. Joseph Claßen, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG).
Chancen nutzen
Ob moderne bildgebende Verfahren, die zunehmende Erforschung des Gehirns, die Integration der Neurologie in die Notfallmedizin oder die Entwicklung wirksamer Medikamente – es hat sich bereits viel getan. Heilung ist nicht immer möglich, aber häufig können Symptome gelindert und der Alltag von Betroffenen erleichtert werden. Dabei helfen auch digitale Anwendungen wie Apps. Die dabei oft gleichzeitig erhobenen Daten kommen wiederum der Forschung zugute oder fließen direkt in den Behandlungsalltag ein. Durch die Digitalisierung konnten bereits die Versorgung, etwa die Akutversorgung im Krankenhaus, und die Nachsorge, etwa in Form von telemedizinischen Angeboten, erheblich verbessert werden. Und die neurologische Forschung ebnet weiterhin rund um den Globus den Weg für neue Therapiemöglichkeiten, eine verbesserte Diagnostik und neue Chancen in der Prävention – ob mit oder ohne KI.
Bessere Behandlung dank KI?
SCHLAGANFALL | VON TOBIAS LEMSER
Nach Herz- und Krebserkrankungen ist der Schlaganfall mit jährlich rund 63.000 Toten die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Um Betroffene bestmöglich versorgen und gravierende Folgeschäden verhindern zu können, zählt jede Minute. Hierbei könnte laut einer deutsch-britischen Studie zukünftig auch KI eine zentrale Rolle einnehmen.
Hängender Mundwinkel, verwaschene Sprache sowie Sehstörungen und einseitige Lähmungsgefühle: Symptome, die in aller Regel für einen Schlaganfall sprechen. Rund 270.000 Menschen erleiden laut Zahlen der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe jedes Jahr in Deutschland diese lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Erkrankung. Fast 80 Prozent der Betroffenen sind älter als 60 Jahre. Doch es kann auch Jüngere treffen: Rund 30.000 Schlaganfallpatientinnen und -patienten sind noch keine 55 Jahre alt.
Was einen Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninsult genannt, so gefährlich macht, ist vor allem eine schlagartig einsetzende Durchblutungsstörung des Gehirns, welche wiederum zu einer Minderversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Bereits nach kürzester Zeit sterben Gehirnzellen ab; abhängig von der betroffenen Hirnregion, kommt es bei dieser Volkskrankheit zu Störungen oder Ausfällen verschiedener Körperfunktionen, die nicht selten mit bleibenden körperlichen Beeinträchtigungen einhergehen.
Flimmerndes Herz
Ein Schlaganfall kann durch zwei mögliche Ursachen ausgelöst werden: zum einen – in rund 20 Prozent der Fälle – durch einen plötzlichen Riss eines Blutgefäßes im Gehirn, was zu einer Blutansammlung führt, und zum anderen durch ein Blutgerinnsel, das ein gehirnversorgendes Gefäß
SELBSTTEST
Wie hoch ist mein Schlaganfallrisiko?
Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet einen kostenlosen Online-Risikotest an. Gefragt wird nach persönlichen Daten wie Alter, Größe, Gewicht und Geschlecht, nach Vorerkrankungen und Lebensgewohnheiten. Wenn Sie Ihre Blut-, Cholesterin- und Blutzucker-Werte kennen, erhalten Sie ein noch genaueres Ergebnis. www.schlaganfall-hilfe.de/de/verstehenvermeiden/risiken-erkennen-und-vermeiden/ schlaganfall-risiken/online-risiko-test
Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) hat einen OnlineRisikotest entwickelt, mit dem Sie Ihr persönliches Risiko, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Schlaganfall zu bekommen, ermitteln können. Zudem zeigt der Test Ihnen auch individuelle Möglichkeiten, Ihr Risiko zu senken. https://drs.dife.de
Eine vielversprechende Anwendung von künstlicher Intelligenz in der Medizin ist die Frühdiagnose von Krankheiten.
verschließt. Vier von fünf Ereignissen sind darauf zurückzuführen. Doch wie kommt es dazu? Hauptrisikofaktor ist Bluthochdruck, der Schäden an den Gefäßwänden verursachen kann, welche die Entstehung von Ablagerungen fördern. Aber auch Vorhofflimmern im Herz kann ein Auslöser sein. Denn durch eine Störung der Pumpfunktion staut sich das Blut in den Vorhöfen. Es verklumpt und bildet schließlich ein Gerinnsel, das ins Gehirn wandert. Um die fatalen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, gilt es, schnellstmöglich notärztliche Hilfe zu holen. Die Weiterbehandlung erfolgt dann im Idealfall in einer spezialisierten Klinik mit sogenannter Stroke Unit – einer Spezialstation, in der ein erfahrenes Team aus Neurologen, Kardiologinnen, Neuro- und Gefäßchirurgen sowie Radiologinnen zusammenarbeitet.
Rettungsanker Thrombolyse
Ist die Ursache geklärt, wird im Fall eines Gerinnsels in der Regel versucht, dieses mittels sogenannter systemischer Thrombolyse aufzulösen. Hierbei werden Medikamente über eine venöse Infusion in den Körper eingebracht, um abgeschnittene Hirnbereiche wieder mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen und vor dem Absterben zu bewahren. Bis viereinhalb Stunden nach Einsetzen der Symptome sind damit die besten Effekte zu erzielen.
Handelt es sich jedoch um ein großes Gerinnsel, stößt diese medikamentöse Therapie an ihre Grenzen. Per Thrombektomie, einer Kathetertechnik, wird dann das ursächliche Gerinnsel mechanisch aus dem kranken Gefäß herausgezogen. In bis zu 90 Prozent der Fälle kann auf diese Weise das Blut wieder ungehindert durch das Gefäß fließen – allerdings nur dann, wenn der chirurgische Eingriff in den ersten sechs Stunden nach dem Schlaganfall erfolgt.
KI-Studie weckt Hoffnung
Den Zeitpunkt eines Schlaganfalls festzustellen ist jedoch zumeist herausfordernd. Doch Forschende des Imperial College London, der Universität Edinburgh und der Technischen Universität München (TUM) haben gute Nachrichten: Anhand einer Studie konnten sie die Einschätzung des Zeitpunktes des Schlaganfalls mittels künstlicher Intelligenz (KI) deutlich
verbessern. Trainiert wurde das Modell mit einem Datensatz von 800 Gehirnscans, bei denen der Zeitpunkt des Schlaganfalls bekannt war. Dadurch ist die Software in der Lage, die betroffenen Regionen in CT-Scans selbstständig zu identifizieren und einzuschätzen, wann der Schlaganfall einsetzte. Für ihre Ende vergangenen Jahres publizierte Studie, die im Fachmagazin „npj Digital Medicine“ erschienen ist, haben die Forschenden den Algorithmus an Daten von knapp 2.000 weiteren Betroffenen erprobt. Ergebnis: Die Software war doppelt so genau wie die „menschlichen“ Einschätzungen.
Optimistischer Ausblick
Auch beim biologischen Alter punktete der Algorithmus. So zeigt dieser Wert, wie stark sich die Schädigung seit ihrem Entstehen verändert hat und ob sie reversibel ist. „Wir vermuten, dass unser Modell so leistungsstark ist, weil es auch zusätzliche Informationen aus den Scans in Betracht zieht – etwa die Textur des Gehirns und Variationen innerhalb der geschädigten Partien“,
Den Zeitpunkt eines Schlaganfalls
festzustellen ist herausfordernd.
erläutert Dr. Daniel Rückert, Professor für Artificial Intelligence in Healthcare and Medicine an der TUM. Studienleiter Dr. Paul Bentley vom Imperial College London fügt hinzu: „Unsere Software kann Ärztinnen und Ärzten im Notfall helfen, Entscheidungen zu treffen, welche Behandlungsschritte bei Schlaganfällen durchgeführt werden sollen. Sie kann auch vollständig automatisiert ausgeführt werden, sobald der CTScan auf dem Bildschirm erscheint.“ Erstautor Adam Marcus schätzt, dass durch die neue Software bei bis zu 50 Prozent der Betroffenen die Behandlung optimiert werden könnte.
Auch wenn die neue Schlaganfall-Software bis jetzt noch nicht benutzt wird, arbeiten Rückerts Forschungskollegen in Großbritannien bereits daran, diese bald in der Schlaganfall-Diagnose einsetzen und damit Leben retten zu können.
Nachts wird die Spülmaschine angeworfen
GEHIRNGESUNDHEIT | VON NADINE EFFERT
Eine erholsame Nacht ist wichtig für die körperliche und seelische Gesundheit. Umgekehrt lassen laut Studien anhaltende Schlafstörungen das Gehirn schneller altern und erhöhen das Risiko für beispielsweise Herzinfarkt, Depressionen und Alzheimer. Doch warum ist das überhaupt so?
Die Hauptrolle im Schlaf spielt ein ganz bestimmtes Organ: das Gehirn. In den verschiedenen Schlafphasen finden dort wichtige Prozesse der Regeneration, Gedächtnisbildung und Verarbeitung von Erlebnissen statt. Auch werden in dieser Zeit Abfallprodukte abgebaut und abtransportiert. Dieser Reinigungsprozess erfolgt durch das glymphatische System, das die Hirnflüssigkeit nutzt, um molekulare Stoffwechselprodukte und Toxine aus dem Gehirn über die Lymphgefäße im Halsbereich sozusagen auszuspülen. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der dänischen Neurobiologin Maiken Nedergaard hat nun erstmals herausgefunden, dass bei der „Gehirnwäsche“ ein bestimmter Botenstoff unverzichtbar ist: Noradrenalin.
Hauptakteur Noradrenalin
Im Experiment mit Mäusen konnten die Forschenden während bestimmter Schlafphasen eine Veränderung des Noradrenalin-Spiegels feststellen. Und zwar stieg und fiel dieser im
50-Sekunden-Takt. Die Folge: Die Blutgefäße ziehen sich durch die rhythmischen Impulse zusammen und dehnen sich wieder aus. Dadurch wird das Gehirnwasser mit den Abfallprodukten durch das Hirngewebe über die Kanälchen des glymphatischen Systems, die sich zwischen den Nervenzellen und um die Blutgefäße entlangziehen, gepumpt und abgeleitet. „Als würde man vor dem Schlafengehen die Spülmaschine
Schlafentzug gefährdet die Gehirngesundheit.
einschalten und mit einem sauberen Gehirn aufwachen“, bringt es Studienautorin Nedergaard auf den Punkt. Als die Frequenz der Noradrenalin-Stöße bei den Nagern künstlich auf zehn Sekunden erhöht wurde, floss die mit fluoreszierenden Farbstoffen sichtbar gemachte Gehirnflüssigkeit tiefer in die Hirnregionen hinein und transportierte mehr Abfallstoffe ab.
Gefährliche Ablagerungen Funktioniert das Programm der Spülmaschine – etwa durch Schlafentzug – nicht, wie es von Natur aus eingestellt ist, steigt die Konzentration von Abfallprodukten, und es kommt zu Ablagerungen. Das gilt auch für die
Proteine ß-Amyloid und Tau-Protein, die mit neurologischen Störungen, etwa der AlzheimerKrankheit, in Verbindung gebracht werden. Die Forschenden betonen in ihrer aktuellen Studie, die im Januar 2025 im Wissenschaftsjournal „Cell“ erschienen ist, daher einmal mehr die Bedeutung der Tiefschlafphase und hoffen, dass auf Basis ihrer Ergebnisse neue Schlafmittel, welche auch die nächtliche Gehirnreinigung unterstützen, entwickelt werden.
Chronische Schlafstörung: mehr als nur eine unruhige Nacht
Unser Gehirn ist ein wahres Wunderwerk. Es steuert nicht nur unsere Gedanken, Gefühle und Bewegungen, sondern auch lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und – ganz entscheidend – unseren Schlaf. Doch was passiert, wenn das Gleichgewicht gestört wird? Und was hilft bei anhaltenden Schlafproblemen?
Viele neurologische und psychiatrische Erkrankungen wie Depression, Angststörungen oder Demenz haben eines gemeinsam: Sie gehen oft mit Schlafstörungen einher. Schlaf ist essenziell für die Regeneration unseres Gehirns und die Verarbeitung von Informationen. Wenn der Schlaf jedoch dauerhaft gestört ist und eine Chronische Schlafstörung vorliegt, kann dies nicht nur bestehende Erkrankungen verschlimmern, sondern auch deren Entstehung begünstigen.
Unsichtbare Last Nächte voller Gedanken, Tage ohne Energie – für viele Menschen ist das Alltag. Wenn Betroffene über
Erholsamer Schlaf: Schlüssel zu Gesundheit und Lebensfreude dank moderner Therapieansätze
mindestens drei Monate hinweg an mehreren Tagen pro Woche Schwierigkeiten mit dem Ein- oder Durchschlafen haben und tagsüber beeinträchtigt sind, spricht die Medizin von einer Chronischen Schlafstörung.1 Sie betrifft bis zu zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung in industrialisierten Ländern.2 Die gesundheitlichen Folgen sind weitreichend: Die Chronische Schlafstörung erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Depression.3 Doch niemand muss sich mit dieser Situation abfinden.
Machen Sie den ersten Schritt Schlaf ist unverzichtbar für ein gesundes und erfülltes Leben. Wer dauerhaft schlecht schläft, sollte die eigene Situation ernst nehmen und ärztliche Hilfe suchen. Möchten Sie mehr erfahren? Besuchen Sie https://schlafstoerungen-neudenken.de. Dort finden Sie umfassende Informationen zur Erkrankung und eine praktische Arzt-Suche. Schlaf ist kein Luxus – sorgen Sie dafür, dass er wieder Teil Ihres Lebens wird. www.schlafstoerungen-neudenken.de
1 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte; ICD-11 in Deutsch Entwurfsfassung; https://www.bfarm.de/ DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ ICD-11/uebersetzung/
2 Ohayon MM, Sleep Medicine Reviews, 2002; 97–111.
Hoffnung: moderne Therapien Die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I) hilft, schlafstörende Gedanken- und Verhaltensmuster zu durchbrechen. Doch nicht für alle Betroffenen gibt es qualifizierte Therapierende, und die Behandlung erfordert Zeit und Eigeninitiative.4, 5 So bieten auch medikamentöse Ansätze eine Lösung. Mittlerweile gibt es auch zielgerichtete Therapien mit einem modernen Wirkmechanismus, die speziell für die Langzeitbehandlung der Chronischen Schlafstörung entwickelt wurden –ohne die Risiken einer Abhängigkeit, wie sie bei anderen Schlafmitteln bekannt sind.
5 Thomas A et al., Behav Sleep Med. 2016;14(6):687–698.
Chronischer Schlafmangel kann zu strukturellen Veränderungen im Gehirn führen.
„Gürtelrose-Impfung
kann vor schmerzhaften Spätfolgen schützen“
POST-ZOSTER-NEURALGIE | IM GESPRÄCH MIT NADINE EFFERT
Die Gürtelrose wird oftmals unterschätzt – vor allem die potenziellen Schmerzen nach Abheilen der Hautsymptome. Was damit gemeint ist und wie man sich schützen kann, erklärt PD Dr. med. Michael Überall, Direktor des Instituts für Neurowissenschaften, Algesiologie & Pädiatrie (IFNAP) und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V.
Ist Gürtelrose eine Hauterkrankung? Nein, sie äußert sich zwar durch einen charakteristischen Hautausschlag, doch die Ursache liegt im Nervensystem. Gürtelrose wird durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöst – denselben Erreger, der auch Windpocken verursacht. Nach der akuten Erkrankung zieht sich das Virus in bestimmte Nervenzellbereiche zurück – vor allem in die Spinalganglien entlang des Rückenmarks, aber auch in die Kerngebiete der Hirnnerven. Dort verbleibt es jahrelang inaktiv, ohne Beschwerden zu verursachen. Kommt es zu einer Schwächung des Immunsystems – zum Beispiel durch Alter, Stress, Erkrankungen wie Krebs oder HIV, die Einnahme bestimmter, vor allem immunschwächender Medikamente –, kann das Virus reaktiviert werden. Es „wandert“ entlang der Nervenbahnen zur Haut und verursacht dort die typischen Beschwerden der Gürtelrose.
Wie viele Menschen tragen das VarizellaZoster-Virus in sich? Bei fast allen heute Erwachsenen – also der Generation, die vor Einführung der Windpockenimpfung geboren wurde – kann man davon ausgehen. Etwa 30 Prozent der Menschen mit Windpockenvorgeschichte erkranken im Laufe ihres Lebens an Gürtelrose – bei älteren Menschen ist das Risiko deutlich erhöht.
Wie äußert sich der Hautausschlag? Der Ausschlag beginnt meist mit geröteten, empfindlichen Hautstellen, gefolgt von kleinen, mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen. Diese treten
typischerweise einseitig auf und folgen dem Verlauf eines Hautnervs – häufig am Rumpf, also etwa an der Brust oder am Rücken. Wenn das Virus in den Kerngebieten der Hirnnerven reaktiviert wird, kann die Gürtelrose auch im Gesichtsbereich auftreten – etwa am Stirn-, Wangen- oder Augenbereich. Nach einigen Tagen trocknen die Bläschen ein, es entstehen Krusten, die langsam abheilen. Der gesamte Ausschlag dauert in der Regel zwei bis vier Wochen.
Gibt es Vorboten der Gürtelrose? Ja, oft treten einige Tage vor dem Ausschlag folgende unspezifischen Symptome auf: Brennen oder stechender Schmerz in einem begrenzten Hautbereich – meist einseitig –, Juckreiz, Kribbeln oder Überempfindlichkeit, Allgemeinsymptome wie Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, leichtes Fieber.
Warum sind eine frühe Diagnose und Behandlung wichtig? Eine zeitnahe Behandlung – idealerweise innerhalb von 72 Stunden – kann den Krankheitsverlauf abmildern und das Risiko für Komplikationen senken. Die Therapie erfolgt meist mit virushemmenden Medikamenten, sogenannten Virostatika. Zusätzlich werden Schmerzmittel eingesetzt.
Welche Komplikationen oder Spätfolgen sind möglich? Mögliche Komplikationen sind Sehstörungen bei Befall von Augennerv oder Hornhaut, Hörprobleme oder Schwindel bei Befall im Ohrbereich, Lähmungen wie etwa im Bereich des Gesichts sowie Hautinfektionen durch bakterielle Superinfektion. Die häufigste und zugleich gefürchtetste Spätfolge ist allerdings die PostZoster-Neuralgie, kurz PZN.
Dabei handelt sich um starke Nervenschmerzen, die oft noch Monate oder sogar Jahre nach dem Hautausschlag bestehen bleiben. Richtig. Die Schmerzen werden beschrieben als brennend, stechend, schneidend oder bohrend, oft mit Überempfindlichkeit der Haut – selbst das Tragen von Kleidung kann unerträglich sein. Die Intensität kann von leicht bis kaum auszuhalten sein – manche Betroffene sprechen von „unerträglichen
Von Viren befallener Nerv und entzündeter Hautbereich
befallener Nerv entzündeter Hautbereich
POST-ZOSTER-NEURALGIE: HÄUFIGKEIT
Etwa 10 bis 30 Prozent der Menschen mit Gürtelrose entwickeln eine PZN. Das Risiko steigt deutlich mit dem Alter:
• unter 50 Jahre: selten,
• über 60 Jahre: bis zu 30 Prozent,
• über 80 Jahre: fast 50 Prozent.
Nervenschmerzen“. Auch die eigentlich nicht schmerzhaften Missempfindungen, etwa das Ameisenlaufen, können mit zunehmender Dauer extrem beeinträchtigend sein. Ich erinnere mich an eine 72-jährige Patientin mit Gürtelrose im Brustbereich. Nach Abklingen des Ausschlags litt die Frau weiterhin unter stechenden und brennenden Schmerzen an der betroffenen Stelle, besonders nachts und bei Berührung. Im Gespräch beschrieb sie darüber hinaus, dass sich ihre Haut angefühlt habe, als ob sie „gelebt habe“, eine Folge der mit der virusbedingten Zerstörung der Nervenzellen einhergehenden Fehlempfindungen. Der Schmerz, und hier vor allem die unvorhersehbar auftretenden elektrisierenden Schmerzattacken und die ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit, beeinträchtigte ihren Schlaf und Alltag so stark, dass sie sich immer stärker zurückzog und letztlich jeglichen Kontakt zur Außenwelt abgebrochen hat.
Konnte denn keine Therapie der Patientin helfen? Leider sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt und oft auch langwierig: Medikamente und Therapien können die Schmerzen meist nur teilweise lindern – eine vollständige Heilung gelingt nur selten. Trotz einer leitliniengerechten Schmerztherapie blieb die PZN bei der Patientin über mehr als zwölf Monate bestehen. Und selbst heute –fast fünf Jahre später – beschreibt sie immer wieder einschießende Schmerzattacken.
Damit eine Gürtelrose mit ihren möglichen Komplikationen und Spätfolgen erst gar nicht auftritt, wäre der beste Schutz eine wirksame Vorsorge. Gibt es die? Ja. Eine Impfung gegen Gürtelrose kann dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei Risikogruppen deutlich zu senken und insbesondere vor Komplikationen wie PZN zu schützen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für alle Menschen ab 60 Jahren sowie ab 50 Jahren für Menschen mit Grunderkrankungen, zum Beispiel Diabetes, chronischer Lungenerkrankung, Rheuma, Krebs, sowie mit erhöhtem Risiko durch Immunschwäche oder -unterdrückung. Die Impfung besteht aus zwei Dosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten.
Lohnt sich die Impfung auch nach einer Gürtelrose? Ja, denn auch wer bereits eine Gürtelrose hatte, kann sie erneut bekommen. Die Impfung kann helfen, eine weitere Erkrankung oder eine PZN zu verhindern, wenn sie nach Abheilung der akuten Gürtelrose erfolgt.
„Gürtelrose? Die Nervenschmerzen waren unerträglich. Ich hätte nie gedacht, dass ich eine Gürtelrose bekommen kann.“*
Mehr Infos & Risiko-Selbsttest: guertelrosewissen.de
Keine echten Patient*innen gezeigt.
1 Ständige Impfkommission
* Inspiriert durch wahre Geschichten von Betroffenen. Gürtelrose kann Schmerzen verursachen, die über Wochen anhalten können.
Über 95 % der Erwachsenen tragen das Virus, das Gürtelrose auslösen kann, bereits in sich.
Die STIKO1 empfiehlt eine Impfung ab 50 bei chronischen Erkrankungen und ab 60 für alle.
Unterschätzen Sie Ihr Risiko nicht. Vereinbaren Sie einen Vorsorge-Termin und lassen Sie sich ärztlich beraten.
Erhöhte Muskelspannung mit Folgen
SPASTIK | VON MARK KRÜGER
Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma oder multiple Sklerose: Neurologische Erkrankungen haben immer einschneidende Auswirkungen auf das weitere Leben der Betroffenen – bedingt etwa durch eine Spastik. Der durch eine Schädigung des Nervensystems erhöhte Muskeltonus ist nicht heilbar, aber individuell behandelbar.
Unwillkürliche Muskelkontraktionen in den Extremitäten, die sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung auftreten können und zu Steifheit, Verkrampfungen und Schmerzen führen – so äußert sich eine Spastik, die sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten kann. Zum Beispiel infolge eines Schlaganfalls: In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen diese bedrohliche HerzKreislauf-Erkrankung, bei der die Blutversorgung und die Sauerstoffversorgung zu einem Teil des Gehirns unterbrochen werden.
„Die erhöhte Muskelspannung setzt erst mit der Zeit ein – nach einem Schlaganfall etwa zunehmend in den ersten drei bis sechs Monaten“, weiß Prof. Dr. med. Thomas Platz, Leiter der Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR).
Laut Angaben der Deutschen Hirnstiftung leiden bis drei Monate nach dem Schlaganfall 27 Prozent aller Betroffenen an einer Spastik. Mehr als drei Monate danach sind es 43 Prozent. Längerfristig werden etwa zehn Prozent der
SCHON GEWUSST?
Spastiken können sich äußern durch:
• erhöhte Eigenspannung der Muskulatur,
• unwillkürliche Bewegungen: langsame, „schraubende” Bewegungen einer Gliedmaße; rasche, „zuckende” Bewegungen, Schmerzen, die oftmals als „einschießend” bezeichnet werden, da sie sich sehr plötzlich und heftig an einer Gliedmaße entlang ausbreiten,
• reduzierte Funktionsfähigkeit der betroffenen Gliedmaße(n),
• fehlerhafte Koordination von Bewegungen, zum Beispiel durch Störungen des gezielten Greifens oder nicht symmetrische Bewegungsabläufe,
• Körperfehlhaltungen bis hin zur Verformung von Knochen und Gelenken sowie
Schädigung des Zentralnervensystems (ZNS) kann zu Spastiken führen.
Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten mit einer schweren Spastik konfrontiert.
Schädigung motorischer Bahnen Ein Schlaganfall ist die häufigste, jedoch nicht die einzige mögliche Ursache für Spastiken: Auch multiple Sklerose, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Hirnschädigung nach Sauerstoffmangel oder degenerative Hirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson kommen infrage. Allen Ursachen gemein ist, dass es zu Schädigungen des Zentralnervensystems (ZNS), sprich Gehirn- oder Rückenmarksregionen, kommt – mit der potenziellen Folgeerscheinung einer Spastik. Spastik ist somit keine Krankheit, sondern
Die häufigste Ursache ist ein Schlaganfall.
ein Symptom. Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine körperliche Untersuchung, bei der neurologische Tests zur Beurteilung von Motorik, Muskelkraft und Koordination eingesetzt werden. Doch wie kommt es letztlich zu den spastischen Bewegungsstörungen? Durch die Schädigung im Gehirn oder Rückenmark fehlen Signale, welche die Muskeleigenreflexe hemmen. Diese Störung bewirkt, dass die Muskeln nicht mehr richtig angespannt und entspannt werden können, was zu Verkrampfungen und Bewegungseinschränkungen führt. Die Störung kann ebenfalls Lähmungen der Muskulatur mit sich ziehen, weshalb auch von einer spastischen Lähmung oder spastischen Parese gesprochen wird.
Einschränkungen variieren stark Das Leben mit einer Spastik ist mit Einschränkungen verbunden. Einige Bewegungsabläufe klappen nicht mehr wie gewohnt und erschweren somit das Ausführen bestimmter Tätigkeiten oder machen sie mitunter unmöglich. Dabei kann es sich um alltägliche Aufgaben wie Körperhygiene, Zubereitung einer Mahlzeit oder auch das Anziehen handeln. Für Betroffene kann es darüber hinaus auch schwierig sein, ihre Arbeit im Beruf zu erledigen. Wie stark sich die Spastik auswirkt, ist von Person zu Person unterschiedlich und hängt maßgeblich von der Lokalisierung und Ausprägung der Erkrankung ab. Die daraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen
können von einer nur geringfügigen Einschränkung der Bewegungsfreiheit bis hin zur völligen körperlichen Behinderung und starken Schmerzen variieren. Schmerzhafte Muskelkrämpfe sind dabei häufig auf eine verminderte Kontrolle der Nervenaktivität zurückzuführen.
Individualtherapeutische Entscheidung Eine Spastik ist nicht heilbar, jedoch – gemäß der im Februar 2025 aktualisierten S2k-Leitlinie „Therapie des spastischen Syndroms“ – behandelbar. Wenngleich die Behandlung komplex ist und in der Regel einen langfristigen Therapieplan mit kombinierten Maßnahmen umfasst. „Das spastische Syndrom sollte behandelt werden, wenn es die Betroffenen in ihrem Alltag beeinträchtigt“, sagt Prof. Dr. Platz. Der Experte ist auch einer der beiden Koordinatoren der Leitlinie. „Welche Therapieform für Betroffene infrage kommt, ist je nach individuellem Fall unterschiedlich.“ Durch medizinische und physiotherapeutische Behandlungen können die spastischen Verkrampfungen in der Muskulatur in Teilen gelöst und Betroffenen zu neuer Beweglichkeit und einer verbesserten Lebensqualität verholfen werden
Vielfältige Behandlungsmöglichkeiten Die Basis der Behandlung bildet in der Regel Physiotherapie oder Ergotherapie, welche die betroffenen Muskeln und Gelenke beweglich hält. Darauf aufbauend können spezielle tonussenkende Medikamente oder gezielte Injektionen mit Botulinumtoxin zum Einsatz kommen. „Wenn ich in der Untersuchung sehe, dass ein Gelenk nicht mehr frei beweglich ist, dass es Schmerzen bereitet oder die Pflege behindert, kann Botulinumtoxin eine gute Option sein“, meint Prof. Dr. Tobias Bäumer, Stellvertretender Leiter des Instituts für Systemische Motorikforschung am Universitätsklinikum SchleswigHolstein in Lübeck, in einem Interview mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Manchmal ist es auch so, dass es Patienten stört, wenn ihre Spastik deutlich sichtbar ist. Auch das ist ein nachvollziehbarer Grund.“ Darüber hinaus können Orthesen der Stützung, Fixierung und Entlastung der spastischen Körperregion dienen. In speziellen Fällen ist auch ein neuroorthopädischer Eingriff, etwa eine Sehnenverlängerung oder -verkürzung, denkbar. Wichtig: Wird eine Spastik nicht wirksam behandelt, führt sie über längere Zeit zu weiteren Schädigungen mit körperlichen Folgen und dadurch zudem zu einem erhöhten Risiko für eine Depression.
„Ich wollte da raus – zurück auf die eigenen Füße“
Jürgen Aschemoor berichtet über sein Leben nach dem Schlaganfall – über das mühsame Wiedererlernen des Gehens, tiefe Ängste, die neu gewonnene Stärke durch seine Familie und die Kraft, nicht aufzugeben.
Herr Aschemoor, erinnern Sie sich noch an den Moment Ihres Schlaganfalls? Ja, sehr genau. Es war ein Wintertag, ich war mit meiner Frau in der Bremer Innenstadt unterwegs. Von einem Schritt auf den nächsten konnte ich mein linkes Bein nicht mehr bewegen. Ich blieb stehen, um nicht zu stürzen. Meine Frau drehte sich um, sah mein Gesicht – und erkannte sofort den schiefen Mundwinkel. Sie wählte umgehend die 112. Keine drei Minuten später war der Notarzt da. Ich hatte Glück.
Wie ging es danach weiter? Ich kam sofort ins Krankenhaus. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, lag im Bett, war auf den Rollstuhl angewiesen. Meine linke Körperhälfte war gelähmt – Arm, Bein, Hand, nichts funktionierte. Ich wurde direkt in eine Rehaklinik verlegt, wo ich Schritt für Schritt lernte, mit der neuen Situation umzugehen – körperlich wie mental.
Was war in der Reha Ihr größtes Ziel? Ich wollte unbedingt aus dem Rollstuhl raus. Das war mein größter
Spastik-Definition
Spastik bezeichnet eine Bewegungsstörung mit erhöhter Muskelspannung (Steifigkeit). Sie kann lokal (zum Beispiel Arm oder Bein), regional oder am ganzen Körper auftreten.
Typische Symptome einer Spastik
Bei einer Schädigung des Nerven systems, die zu einer Spastik führt, treten neben der Spannungszunahme der Muskulatur typischerweise weitere Beschwerden auf, wie zum Beispiel:
• verminderte Kraft,
• eingeschränkte Beweglichkeit, ungewollte, rhythmische Kontrak tionen der Muskeln (Klonus), schmerzhafte Krämpfe und ruck artige Bewegungen,
• Schmerzen,
• eingeschränkte Koordination und Fein motorik, Wahrnehmungsstörungen.
„Ich musste mein gesamtes Leben neu denken. Alles umstellen. Anfangs bin ich in ein tiefes Loch gefallen.”
Antrieb. Ich habe in kleinen Etappen das Gehen wieder gelernt – auf dem Laufband, mit Gehstock, anfangs mit Unterstützung. Irgendwann konnte ich meine ersten Schritte allein machen. Das war ein sehr emotionaler Moment.
Gab es Momente, in denen Sie fast aufgegeben hätten? Ja. Vor allem in der Weihnachtszeit. Ich war allein in der Reha, abgeschottet von meiner Familie. Das war schwer. Ich bin in ein tiefes Loch gefallen, war depressiv.
Aber ich habe mir gesagt: Jürgen, da musst du raus. Ich habe mich abgelenkt, viel telefoniert, Fernsehen geguckt – alles, um nicht zu versinken. Und ich habe andere Betroffene gesehen, die es nicht geschafft haben. Das wollte ich nicht.
Wer oder was hat Ihnen geholfen? Vor allem meine Frau. Ohne sie geht gar nichts. Sie hat mich nicht nur in der Fußgängerzone gerettet, sondern war auch später meine größte Stütze. Sie hat mich nie bemitleidet, sondern immer ermutigt. Wenn ich sagte: „Ich kann das nicht“, sagte sie: „Versuch’s!“ Auch meine drei Söhne waren eine wichtige Hilfe. Ich hatte das große Glück, eine Familie hinter mir zu haben. Das hat nicht jeder.
Sie sprechen offen über Ihre Spastik – was bedeutet das für Ihren Alltag? Nach dem Schlaganfall hat sich eine Spastik entwickelt – vor allem im linken Arm. Die Muskeln zogen sich ständig unkontrolliert zusammen. Mein Arm stand immer unter Spannung. Das war unangenehm, hat mich in vielen Bewegungen eingeschränkt. Ich habe verschiedene Therapien ausprobiert, Sandkastenübungen, Spiegeltherapie – bei mir hat leider nichts dauerhaft geholfen.
Wie kam es zur Behandlung mit Botulinumtoxin? Erst zehn Jahre nach dem Schlaganfall hat mein Neurologe
Durch Spastik entstehen typische Haltungs- und Bewegungsmuster, die sich meist einem der folgenden Muster zuordnen lassen. Die Übergänge sind dabei fließend.
So kann eine Spastik am Arm aussehen:
mir das vorgeschlagen. Ich war erst skeptisch – ein Nervengift? Aber dann habe ich die Behandlung ausprobiert: zwölf Injektionen alle drei Monate, tief in die betroffenen Muskeln. Zwei Tage später wurde der Arm spürbar lockerer. Ich konnte plötzlich wieder mit der linken Hand eine Tür öffnen. Das war ein riesiger Fortschritt – und seither mache ich das regelmäßig.
Gab es noch andere Ängste, mit denen Sie kämpfen mussten? Ja – zum Beispiel Angst vor dem Wasser. Ich war früher ein sportlicher Schwimmer, viel auf der Weser und Nordsee unterwegs. Aber nach dem Schlaganfall konnte ich nicht mehr schwimmen. Das hat in mir eine richtige Panik ausgelöst: Was, wenn ein Schiff untergeht – alle retten sich, nur ich nicht? In der zweiten Reha habe ich das angesprochen, und eine Therapeutin hat mit mir gezielt daran gearbeitet. Heute kann ich mich wieder über Wasser halten. Das hat mir viel von dieser Angst genommen.
Wie hat sich Ihr Leben verändert – abgesehen vom Körperlichen? Ich musste mein gesamtes Leben neu denken, alles umstellen. Vom Autofahren – das ich nur mit Umbau und neuem Führerschein wieder durfte – bis zum Öffnen einer Flasche. Aber ich bin Ingenieur – ich finde technische Lösungen. Und ich habe Tagebuch geführt, von Anfang an. Daraus ist schließlich mein Buch entstanden: „Leben nach dem Schlaganfall“.
Was möchten Sie anderen Betroffenen mitgeben? Gib dich nicht auf. Es geht nicht darum, wieder zu werden wie früher. Aber es geht darum, das Beste aus dem Neuen zu machen. Such dir Hilfe. Sprich mit anderen. Ich engagiere mich heute in einer Selbsthilfegruppe. Dort sehen wir: Kein Schlaganfall ist wie der andere. Aber jeder Mensch hat das Potenzial, seinen Weg zu finden. Und wenn ich heute andere sehe, die Hoffnung schöpfen, weil ich ihnen Mut mache, dann weiß ich: Es hat sich gelohnt, nicht aufzugeben.
So kann sich eine Beinspastik äußern:
Für weitere Infos zum Thema Schlaganfall und Spastik nach Schlaganfall scannen Sie den QRCode oder besuchen Sie die Website:
Die Beeinträchtigung variiert stark – von leichter Bewegungseinschränkung bis zu großen Alltagsproblemen. www.raeume-zum-reden.eu
Den Schlaf ins Visier nehmen
PARKINSON | VON NADINE EFFERT
Verlangsamung und Verarmung der Bewegungen, oft zusammen mit Muskelversteifung und Zittern: Parkinson ist, nach Alzheimer, die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und wird in der Regel erst spät diagnostiziert. Deutsche Forschende haben eine Idee, wie man der nicht heilbaren Erkrankung früher auf die Schliche kommen kann.
Es sind insbesondere jene Zellen im Gehirn, welche die körpereigene Substanz Dopamin erzeugen, die bei Menschen mit Parkinson eine entscheidende Rolle spielen: Sie gehen allmählich zugrunde, sodass es zu einem Überangebot anderer Botenstoffe im Gehirn kommt. Aus diesem Ungleichgewicht heraus resultieren die motorischen Beschwerden wie Zittern oder Gangstörungen. Das Problem: Eine späte Diagnose ist häufig, da zu Beginn unspezifische Symptome auftauchen, die nicht direkt mit der Erkrankung, von der in Deutschland rund 400.000 Menschen betroffen sind, in Verbindung gebracht werden.
Späte Diagnose
„Offiziell beginnt Parkinson dann, wenn motorische Symptome auftreten (...)“, erklärt PD Dr. Michael Sommerauer, Experte für Parkinson und Schlafmedizin am Universitätsklinikum Bonn (UKB). „Aber wir wissen inzwischen, dass diese sichtbaren Symptome im biologischen Krankheitsverlauf sehr spät kommen.“ Dem Ausbruch
der Krankheit gehen erwiesenermaßen bis zu 30 Jahre Veränderungen im Nervensystem voraus. So können auch frühe Symptome wie Riech- und Schlafstörungen, Gedächtnisprobleme oder Verstopfung auf die neurodegenerative Erkrankung hindeuten.
Entscheidend für die Lebensqualität der Betroffenen wäre es, eine Parkinson-Erkrankung früh, idealerweise vor den motorischen Symptomen, zu erkennen und zu behandeln –hauptsächlich mit Medikamenten, die den
Parkinson beginnt früher als angenommen.
Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen. Bei der Frühdiagnostik könnte insbesondere der sogenannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung, bei der Betroffene Träume körperlich ausleben, indem sie schlagen, schreien oder treten, eine Schlüsselrolle zukommen.
Zuverlässige Testmethode
„Wir wissen, dass 80 bis 95 Prozent der Menschen mit isolierter REM-Schlaf-Verhaltensstörung in den folgenden 10 bis 15 Jahren Parkinson oder eine Parkinson-Demenz entwickeln“,
Multimodale Komplexbehandlung bei Parkinson
Morbus Parkinson ist eine chronische Erkrankung, welche aktuell noch nicht heilbar ist. Allerdings können die Symptome und der Verlauf positiv beeinflusst werden. Die multimodale Komplexbehandlung verfolgt hierbei einen individuellen und ganzheitlichen Ansatz.
Vielen Menschen mit Parkinson, die sich in spezialisierte stationäre Behandlung begeben, wird eine sogenannte „Multimodale Komplexbehandlung“ zuteil. Bei der multimodalen Komplexbehandlung werden verschiedene Therapieansätze kombiniert, um die Krankheitssymptome zu lindern, Verschlimmerungen entgegenzuwirken und die Betroffenen zu einem selbstwirksamen Umgang mit der chronischen Krankheit zu befähigen. Grundsätzlich basiert eine ganzheitliche Parkinson-Therapie auf drei wesentlichen Säulen.
Aktivierende Therapie
Durch aktivierende Therapien (zum Beispiel Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie) werden die Ressourcen der Betroffenen genutzt, um Symptome zu lindern
und Langzeitkomplikationen (zum Beispiel Stürze oder Schluckstörungen) vorzubeugen. In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass der Verlauf der Parkinson-Krankheit durch intensives Training beeinflusst werden kann.
Medizinische Therapie
Die medizinische Therapie umfasst in erster Linie den Ausgleich des krankheitsbedingten Dopaminmangels durch Medikamente. Durch diese Pharmakotherapie können viele Symptome wesentlich gebessert werden, allerdings ohne dass der zugrunde liegende Krankheitsprozess aufgehalten wird. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien können Schwankungen der Medikamentenwirkung im Tagesverlauf auftreten. Bei starken Wirkschwankungen kann eine Behandlung mit der Tiefen Hirnstimulation („Hirnschrittmacher“) oder eine Infusionstherapie mit Medikamentenpumpen notwendig werden.
Psychosoziale Unterstützung
Die psychosoziale Unterstützung dient dazu, die Folgen psychischer Begleiterscheinungen und die
SCHON GEWUSST?
Namensgeber der Parkinson-Krankheit ist der englische Arzt James Parkinson, der die Hauptsymptome der „Schüttellähmung“ 1817 erstmals beschrieben hat. Die Ursache für den Zelltod bei der Parkinson-Krankheit ist immer noch nicht eindeutig nachgewiesen. Infrage kommen für den neurodegenerativen Prozess nach heutigem Kenntnisstand Ablagerungen in den betroffenen Nervenzellen, sogenannte LewyKörperchen, die hauptsächlich aus Verklumpungen des Eiweißmoleküls Alpha-Synuclein bestehen.
so Neurologe Sommerauer. Er und sein Team tüfteln aktuell an einem neuen System für die breite Frühdiagnostik, „das über ein Tablet in wenigen Minuten motorische Auffälligkeiten erfassen kann – direkt in der Hausarztpraxis.“ Darüber hinaus werden in Bonn kognitive Trainingsprogramme für Betroffene mit REMSchlaf-Verhaltensstörung getestet.
Bis die Forschung so weit ist, die Entstehung von Parkinson deutlich besser zu verstehen, um früher eingreifen zu können, liege, so der Experte, die Chance vor allem darin, mit einem gesunden Lebensstil, allem voran ein gesunder Schlaf und körperliche Aktivität, das Risiko für Parkinson positiv zu beeinflussen.
Einstellung einer Medikamentenpumpe im Rahmen der Pharmakotherapie
sozialen Konsequenzen der Parkinson-Krankheit abzumildern. Hierzu gehören auch die Aufklärung und Information der Betroffenen über die Krankheit und das „PatientenEmpowerment“, durch das ein aktiver und selbstwirksamer Umgang mit der chronischen Krankheit gefördert wird.
Alle drei Therapie-Schwerpunkte kommen bei der multimodalen Komplexbehandlung in spezialisierten Kliniken mit individuell unterschiedlicher Gewichtung zum Tragen und können die
Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen bessern.
Die multimodale Komplexbehandlung ist ein wichtiger Bestandteil der Parkinson-Versorgung, der von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Bei Fragen zur Behandlung oder zur Kostenübernahme sollten sich Betroffene an ihre Ärztin, ihren Arzt oder die Krankenkasse wenden.
www.parkinson-beelitz.de
www.on-best.de
www.parkinsonstiftung.de
„Potenzial digitaler Angebote nutzen“
PARKINSON | IM GESPRÄCH MIT NADINE EFFERT
In Deutschland leben rund 400.000 Menschen mit der Parkinson-Krankheit. Zu den häufigsten Symptomen zählt eine schrittweise Verschlechterung der Motorik. Prof. Dr. med. Tobias Warnecke, Chefarzt der Klinik für Neurologie und neurologische Frührehabilitation am Klinikum Osnabrück und Vorstandsvorsitzender der Parkinson Netzwerke Deutschland e. V., zeigt Wege zu mehr Mobilität und Selbstständigkeit auf.
Wie wirken sich die motorischen Defizite, die auf einem Dopaminmangel in der für die Motorik und Koordination von Bewegungen verantwortlichen Hirnregion beruhen, auf die Betroffenen aus? Im Alltag führen Bewegungsverlangsamung und Zittern zu einer Verringerung körperlicher und sozialer Aktivitäten. Sprechstörungen und eine veränderte Mimik können die Betroffenen zu einem Rückzug aus dem Freundes- und Bekanntenkreis veranlassen. Im weiteren Krankheitsverlauf erschweren Feinmotorikstörungen etwa das Anziehen und die Körperpflege. Gang- und Gleichgewichtsstörungen erhöhen die Sturzgefahr beim Gehen. Schluckstörungen können das Essen und Trinken beeinträchtigen.
Zu welchen Maßnahmen raten Sie Ihren Patientinnen und Patienten, um die Mobilität zu fördern und das Sturzrisiko zu senken? Neben der individuell angepassten medikamentösen
Dopamin-Ersatztherapie sind symptomspezifische aktivierende Therapien wie die Physiotherapie essenzieller Bestandteil der modernen Parkinson-Therapie – und zwar von Beginn an. Spezifische physiotherapeutische Strategien zur Verringerung des Sturzrisikos sind zum Beispiel das Erlernen von Cueing-Strategien, also bestimmte Stimuli zur Durchbrechung von Gangblockaden, oder das Training kompensatorischer Schutzschritte bei Sturzgefahr. TaiChi und speziell auf Parkinson ausgerichtete Sportangebote wie Tischtennis oder Boxen sind ebenso hilfreich. Auch wenn ParkinsonPatienten aufgrund fortgeschrittener Symptomkonstellationen eine medikamentöse Pumpentherapie oder eine Tiefe Hirnstimulation benötigen, bleiben die aktivierenden Therapien ein unverändert wichtiger Therapiebaustein.
Heutzutage gibt es speziell für ParkinsonBetroffene Unterstützung in Form von Apps. Sind die digitalen Helfer aus Ihrer Sicht sinnvoll? Tatsächlich stehen wir hier erst am Anfang einer Entwicklung, die aus meiner Sicht die Diagnostik und Therapie der Parkinson-Krankheit in den nächsten Jahren revolutionieren kann, gerade auch wenn man das bislang ungenutzte Potenzial künstlicher Intelligenz bedenkt. Allerdings tun wir uns in Deutschland noch schwer damit, Betroffenen und Angehörigen den Zugang zu solchen innovativen digitalen Technologien schon jetzt zu ermöglichen. Zu diesen Technologien zählen neben Apps auch Wearables, also tragbare Sensoren, die Symptome nicht nur sehr genau messen, sondern auch zur Behandlung verwendet werden können. Diese neuen Technologien ersetzen zwar nicht
Sicher gehen, freier leben
Schwierigkeiten beim Losgehen, plötzliches Freezing, Blockaden beim Umdrehen oder kleine ruckartige Bewegungen können Anzeichen einer Bewegungsstörung bei Parkinson sein. Viele Menschen erkennen diese Signale erst spät, obwohl sie einen großen Einfluss auf die eigene Sicherheit und Selbstständigkeit haben können. Wer frühzeitig handelt, kann Beschwerden reduzieren und länger aktiv bleiben.
Für Menschen mit Parkinson ist Mobilität ein zentrales Thema im Alltag. Bewegungsprobleme erhöhen das Sturzrisiko und können alltägliche Aktivitäten stark einschränken. Wer frühzeitig handelt, kann Beschwerden lindern und länger aktiv bleiben. Der Cue2walk ist ein intelligentes Hilfsmittel, das – durch ein dezentes, rhythmisches Signal beim Gehen – dabei unterstützen kann. Viele Menschen spüren den Unterschied sofort.
Herausfinden, ob es Ihnen auch hilft? Über die Website www.cue2walk.de können sich Betroffene, Angehörige und Interessierte umfassend über den Cue2walk informieren. Sie bietet Hintergründe zum Thema Bewegungsstörungen bei Parkinson, Erfahrungsberichte sowie die Möglichkeit, eine unverbindliche persönliche Beratung zu erhalten. So lässt sich ohne großen Aufwand herausfinden, ob der Cue2walk eine passende Unterstützung sein kann.
die herkömmliche Behandlung, können diese aber sinnvoll ergänzen und darunter noch unzureichend kontrollierte Symptome, wie etwa die als Freezing bezeichneten Gangblockaden, lindern. Multiprofessionelle Parkinson-Netzwerke sollen idealerweise Strukturen für den gezielten Einsatz solcher smarten Verfahren bereitstellen.
Welchen Beitrag leistet der im Jahr 2023 gegründete Verein Parkinson Netzwerke Deutschland, kurz PND? Der PND unterstützt und stimuliert als Dachorganisation die Etablierung regionaler Parkinson-Netzwerkstrukturen – mit dem Ziel, Hürden in der spezifischen Versorgung von Menschen mit Parkinson wohnortnah zu überwinden. Aufgrund der Komplexität und des chronisch-fortschreitenden Verlaufs der Parkinson-Krankheit sind in die Versorgung von Menschen mit Parkinson mehr als 25 unterschiedliche Berufsgruppen involviert. Der PND will deutschlandweit unter anderem eine multiprofessionelle Kommunikation auf Augenhöhe und eine untereinander abgestimmte, patientenzentrierte Versorgung innerhalb der Netzwerke ermöglichen. Ich persönlich wünsche mir darüber hinaus in Deutschland insgesamt noch mehr Begeisterungsfähigkeit für die Entwicklung neuer Versorgungsmodelle.
SAVE THE DATE
Am 21. und 22. November 2025 findet der 6. Parkinson-Netzwerkkongress in Osnabrück mit hochkarätigen Vorträgen, interaktiven Workshops und wertvollen Netzwerkmöglichkeiten statt. Mehr Infos und Anmeldung:
Erfahrungen aus erster Hand „Es hat vom ersten Moment an einen Effekt gezeigt. Es gibt mir ein Gefühl der Erleichterung“, so beschreibt Richard seine ersten Schritte mit dem Cue2walk. Das Hilfsmittel half ihm, sicherer zu gehen und in Absprache mit seinem Neurologen sogar seine Medikation zu reduzieren. Mehr dazu in seinem Video: einfach den QR-Code scannen und Richards ganze Geschichte sehen.
www.cue2walk.de
Richard: „Ich sagte meinem Neurologen: Ermutige die Menschen ruhig – es hilft wirklich!“
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