Unser Immunsystem

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UNSER IMMUNSYSTEM

Freund und Feind

Lesen Sie heute auch

Mit Gen-Schere zur Heilung?

Wie Forschende mit CRISPR/ Cas das HI-Virus in den Zellen beseitigen wollen

Colitis ulcerosa

Was die chronisch-entzündliche Darmerkrankung für Betroffene (im Alltag) bedeutet

Neurologische Erkrankungen

MS & NMOSD: Angriff des Immunsystems auf körpereigenes Gewebe – und die Folgen

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Ein komplexes Zusammenspiel

Wussten Sie, dass in Ihrem Körper permanent Wettkämpfe ausgefochten werden? Auf der einen Seite: die „Abwehrspieler“ Ihres Immunsystems; auf der anderen Seite: Krankheitserreger. Ist Ihre Mannschaft, die aus weit über einer Billion Zellen besteht, gut aufgestellt, haben Eindringlinge wie Bakterien, Viren und Co. keine Chance – und der Ausbruch einer Krankheit wird verhindert. Das komplex aufgestellte Immunsystem kann aber auch zum gefährlichen Gegner des Körpers werden. Und zwar dann, wenn es zwischen körpereigenen Zellen und Fremdstoffen

nicht mehr unterscheidet. Dann reagieren die „Abwehrspieler“ über – mit der Folge, dass Haut, Knochen, Organe oder Nervenzellen angegriffen werden. Dies ist zum Beispiel bei den Autoimmunkrankheiten Multiple Sklerose, Diabetes Typ 1 oder Colitis ulcerosa der Fall. Noch immer gibt das Wunderwerk Immunsystem Rätsel auf. Wir verraten Ihnen, welche davon schon gelöst wurden, was Ihr Abwehrsystem schwächen kann und wie Patientinnen und Patienten von den Errungenschaften der Forschung rund ums Immunsystem profitieren.

LEITARTIKEL

HIV/AIDS

CHRONISCH-ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN

NEUROIMMUNOLOGISCHE ERKRANKUNGEN

GÜRTELROSE

INHALTSVERZEICHNIS

Lebensrettendes Wunderwerk der Natur – 4

Steht der Durchbruch bevor? – 5

Alarm im Darm – 6

Abwehr auf Irrwegen – 10 „Alle über 60 sollten sich impfen lassen“ – 12

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Nadine

Lebensrettendes Wunderwerk der Natur

LEITARTIKEL | VON TOBIAS LEMSER

Ohne unser Immunsystem wäre der menschliche Körper sämtlichen Krankheitserregern schutzlos ausgeliefert – ein komplexes Netzwerk aus Zellen, das sich im Idealfall jederzeit anpassen kann. Doch wie groß und schwer ist es überhaupt, und durch welche Lebensmittel können wir es stärken? Neuere Studien liefern spannende Erkenntnisse darüber.

Kalt duschen, ausgewogen ernähren, viel Flüssigkeit aufnehmen, keinen negativen Stress aufkommen lassen und mindestens sieben Stunden schlafen: Es gibt vieles, um unser Immunsystem in Schwung zu halten. Wer möchte schon Krankheitserregern wie Bakterien, Viren und Pilzen die Hoheit über unseren Körper überlassen?

Billionen an Lymphozyten

Eines ist klar: Unser Immunsystem ist ein wahres Wunderwerk, das sich über unseren gesamten Körper verteilt, um uns vor Eindringlingen zu schützen. Unklar war jedoch bislang, wie viele Immunzellen es genau gibt. Dieser Frage ist ein Forschungsteam um Ron Sender vom Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel in

Das Immunsystem eines erwachsenen Mannes besteht aus etwa 1,8 Billionen Zellen.

einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie auf den Grund gegangen. Die Auswertung ergab, dass das Immunsystem eines erwachsenen Mannes aus etwa 1,8 Billionen Zellen besteht.

Auf seine durchschnittlich 73 Kilogramm Körpergewicht kommen insgesamt 1,2 Kilogramm an Immunzellen. Eine 60 Kilogramm schwere Frau besitzt dagegen rund 1,5 Billionen Immunzellen, die zusammen etwa ein Kilogramm wiegen. Lymphozyten, hauptsächlich in den Lymphknoten und der Milz ansässig, sind unter den Immunzellen die wichtigste Gruppe und haben zahlenmäßig den größten Anteil. Zu ihnen gehören T-Zellen, B-Zellen, natürliche Killerzellen und Plasmazellen.

Moderates Training

In der ersten Abwehrreihe als mechanischer Schutzwall stehen vor allem unsere Haut und Schleimhäute etwa in Mund und Nase. Dank bakterienhemmender Substanzen in Mundspeichel, Atemwegen und Tränenflüssigkeit sind sie in der Lage, Erreger schon früh auszuschalten, indem sie unter anderem die Zellwände von Bakterien zerstören.

Ausschlaggebend ist jedoch die innere Immunabwehr, welche wir ganz gezielt etwa durch Sport trainieren können. Besonders immunstimulierend wirkt Fachleuten zufolge mäßiges Ausdauertraining, bei dem man sich noch unterhalten können sollte. Moderate Bewegung sorgt unter anderem dafür, dass so entscheidende

Leichtes, regelmäßiges Ausdauertraining stärkt das Immunsystem.

Player des Immunsystems wie Milz und Lymphknoten besser durchblutet werden, was sie leistungsfähiger macht.

Stärkende Ballaststoffe Inwieweit Ballaststoffe eine Stärkung des Immunsystems bewirken, haben Forschende des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg in einer letztjährig durchgeführten Studie untersucht: Ihr Ziel war es herauszufinden, wie gut das erlernte Immunsystem von menschlichen Probanden nach fünf Tagen mit einer ballaststoffreichen Diät und weitere fünf Tage danach mit einer ballaststoffarmen funktionierte. Dabei stellten sie fest, dass durch die ungesunde Ernährung bei den Probanden die T-Zellen-Konzentration sank. Zudem vermuten sie, dass das Immunsystem nach der ballaststoffarmen Ernährung geschwächt war, weil die Darmbakterien keine Nahrung bekamen.

Ähnlich die Ergebnisse des Bonner Forschers Andreas Schlitzer, der den Darmbakterien eine Schlüsselfunktion zuschreibt. Vor allem wie schnell die menschlichen Probanden auf die Ernährungsänderungen reagieren, war für die Forschenden überraschend – im Positiven wie im Negativen. Das heißt zum einen, dass man bereits nach wenigen Tagen mit ballaststoffarmer Ernährung leichter erkrankt, und zum anderen, dass das Immunsystem bereits nach wenigen Tagen mit vielen Vollkornprodukten, Obst und Gemüse wieder gestärkt wird.

Angriff auf eigene Zellen

Doch nicht nur von außen lauern Gefahren, auch im Körperinneren gibt es Feinde – ungünstig nur, wenn es die eigenen Körperzellen sind, die als fremd erkannt werden. Stichwort Autoimmunerkrankungen, zu denen auch neuroimmunologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose zählen. Die gute Nachricht für Betroffene: In den vergangenen Jahren haben sich die therapeutischen Möglichkeiten rasant weiterentwickelt, genauso wie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wozu zum Beispiel Colitis ulcerosa gehört und HIV – ein Paradebeispiel

für Infektionskrankheiten mit gravierenden Auswirkungen auf das Immunsystem. Glücklicherweise ist dessen Schrecken vergangener Jahrzehnte verflogen. Denn immer mehr HIV-Infizierte erhalten inzwischen eine antiretrovirale Behandlung, um die Vermehrung der Viren im Körper zu unterdrücken – mit dem Ziel, dass das Virus weder im Blut nachweisbar noch durch Sperma oder Vaginalsekret übertragbar ist. Und: Beginnt die Therapie rechtzeitig, bestehen gute Chancen, bei guter Lebensqualität beinahe genauso alt zu werden wie gesunde Menschen. Dennoch ist weitere Forschungsarbeit immens wichtig, um noch mehr dieser Erkrankungen rund um das Immunsystem besser therapieren beziehungsweise durch passende Impfungen –wie etwa bereits bei Gürtelrose geschehen – gar nicht erst entstehen zu lassen. 

SCHON GEWUSST?

HIV-Erkrankte, die ihre Virusinfektion mittels antiretroviraler Medikamente in Schach halten, könnten geschützt sein, an Multiple r Sklerose (MS) zu erkranken. Ließ sich bisher kein Zusammenhang feststellen, haben Forschende aus Stockholm nun eine Vermutung: Nach Datenauswertung von 29.000 HIV-positiven Menschen aus Schweden und Kanada innerhalb von zehn Jahren zeigte sich, dass nur 14 HIV-positive Menschen an MS erkrankten – 47 Prozent weniger Fälle, als man aufgrund der Zahlen aus der Allgemeinbevölkerung hätte erwarten können. Die Forschenden gehen davon aus, dass spezielle Immunzellen, die durch HIV dezimiert werden, bei der Entstehung von Entzündungen im Gehirn und im Rückenmark beteiligt sind. Sinkt deren Zahl, verringert sich das Risiko, an MS zu erkranken. Auch gehen die Forschenden davon aus, dass antiretrovirale Medikamente, die bei HIV helfen, MS unterdrücken könnten. Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/ doi/10.1002/ana.26840; Zugriff: 08.07.2024

Steht der Durchbruch bevor?

HIV/AIDS | VON NADINE EFFERT

Bisherige HIV-Medikamente können das Virus zwar stoppen, aber nicht eliminieren. Neuer Hoffnungsträger ist eine mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnete Gen-Schere, mit der niederländischen Forschenden nun ein kleiner Durchbruch gegen HIV gelungen ist.

Sie galt als eine der Schreckenskrankheiten der 1980er-Jahre: Erstmals im Juni 1981 erwähnt, betraf Aids vor allem junge, homosexuelle Männer, die sich mit dem Humanen ImmundefizienzVirus, kurz HIV, infizierten. HIV sind sogenannte Retroviren. Heißt: Einmal in den Organismus eingedrungen, schreiben sie ihr RNA-Genom in DNA um und integrieren es im Erbgut von verschiedenen Immunzellen.

Seit Beginn der tödlichen Pandemie sind weltweit rund 37 Millionen Menschen an deren Folgen gestorben. Heute sieht die Lage für die Betroffenen, von denen rund 91.000 in Deutschland leben, weitaus besser aus: Früh therapiert, können sie mit einer annähernd gleichen Lebenserwartung wie gesunde Menschen rechnen. Das Gute: 96 Prozent der Diagnostizierten erhalten eine entsprechende Therapie.

HIV mit „Schere“ entfernen

Die Forschung wird im Kampf gegen HIV/Aids allerdings nicht müde. Auch bei dieser Krankheit steht die Heilung im Fokus, so wie bei Dr. Elena Herrera-Carrillo und ihrem Team vom Amsterdam University Medical Center. Mithilfe der Gen-Schere CRISPR/ Cas9 ist es ihnen unter Laborbedingungen gelungen, mit HIV infizierte T-Zellen zu heilen. Die Herausforderung besteht jedoch darin, dass HIV verschiedene Zelltypen und Gewebe im Körper infizieren kann. Für eine Heilung müsste das Virus aus allen Zellen entfernt werden, die es im Körper beherbergen könnten.

SCHON GEWUSST?

So funktioniert die Gen-Schere CRISPR/Cas9 ist eine molekulare „Schere“, die durch Guide-RNA (gRNA) an die richtige Stelle geführt wird und dort die DNA an den gewünschten Stellen zerschneiden kann. Dadurch können Gene entfernt oder neues genetisches Material eingebaut werden. Nicht nur gegen Aids, auch gegen Krebs und zahlreiche andere Krankheiten wird die CRISPR/Cas9-Methode erforscht. Laut Fachmagazin „The Lancet“ werden allein in den USA ab 2025 jedes Jahr schätzungsweise etwa 15 bis 20 neue CRISPR/Cas9-Heilverfahren zur Verfügung stehen.

Die Forschenden zeigen sich zuversichtlich: „Wir haben einen effizienten kombinatorischen CRISPR-Angriff auf das HI-Virus in verschiedenen Zellen und den Orten, an denen es sich in Reservoirs verstecken kann, entwickelt und gezeigt, dass Therapeutika gezielt an die betreffenden Zellen abgegeben werden können.“

Diese Erkenntnisse seien ein entscheidender Fortschritt auf dem Weg zur Entwicklung einer Heilungsstrategie.

Von der Schale bis zur Anwendung ist es jedoch noch ein langer Weg. Als nächsten Schritt plant die Wissenschaftlergruppe, den Verabreichungsweg zu verbessern, um einen Großteil der HIV-Reservoirs im Körper zu erreichen. Auch in Freiburg und in den USA wird derweil ebenfalls an der Heilung von Aids mittels der GenSchere CRISPR/Cas9 geforscht. 

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Alarm im Darm

CHRONISCH-ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN | VON SANDRA SEHRINGER

Bauchkrämpfe, schwere Durchfälle, Blut im Stuhl – in Deutschland leiden rund 400.000 Menschen unter chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Viele Betroffene kämpfen wochenlang permanent mit heftigen Symptomen. Warum eine schnelle Therapie wichtig ist und wie sie gelingt.

Colitis ulcerosa ist – neben Morbus Crohn –eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Das Leiden verläuft in Schüben und betrifft vor allem die Dickdarmschleimhaut. Typische Symptome während der aktiven Entzündungsphase sind häufige Stuhl-

Colitis ulcerosa kann das Risiko für Osteoporose und Dickdarmkrebs erhöhen.

frequenz, blutige Durchfälle und krampfartige Unterbauchschmerzen, vor allem auf der linken Seite. Für Betroffene bedeutet das jedoch nicht nur körperliche Beschwerden. Sie leiden auch psychisch unter den wiederkehrenden Symptomen. Als Bowel Urgency bezeichnet man den häufigen plötzlichen Stuhldrang, der den Betroffenen nur Sekunden bis Minuten Zeit lässt,

um eine Toilette aufzusuchen. Viele tragen Windeln oder Einlagen und leben mit einer ständigen Scham sowie Angst, dass etwas danebengeht. Das bedeutet eine enorme Belastung. Denn die meisten Patientinnen und Patienten erhalten ihre Diagnose im Alter zwischen 15 und 35 Jahren, wenn sie noch in Ausbildung oder im Berufsleben stehen.

Auslöser der Colitis ulcerosa Krankheitsursache scheint ein gestörtes Zusammenspiel zwischen dem Immunsystem, dem Darm und der Darmflora, dem sogenannten Mikrobiom, zu sein. Um eine klassische Autoimmunkrankheit handelt es sich allerdings nicht. Vielmehr spielen sowohl die genetische Veranlagung als auch verschiedene Umwelt- und Lebensstilfaktoren eine Rolle bei der Entwicklung einer Colitis ulcerosa. So können sich zum Beispiel Pestizide, Schwermetalle und andere Schadstoffe negativ auf die körpereigene Darmbarriere auswirken. Auch die Ernährung beeinflusst das Mikrobiom, also die Zusammensetzung unserer Darmbakterien. Colitis-Patienten haben Studien zufolge in ihrer Kindheit oft eine faserarme und fettreiche Ernährung sowie Produkte mit tendenziell mehr Zusatzstoffen genossen. Auch hätten sie häufiger Antibiotika erhalten. Gleichzeitig kann der

Verzehr von Nahrungsmitteln, bei denen eine Unverträglichkeit besteht, die Schädigung der Darmbarriere fördern.

Genaue Diagnose wichtig Anhand einer Darmspiegelung lassen sich die typischen Entzündungen der Schleimhaut an den jeweiligen Dickdarmbereichen gut erkennen. So können Ärztinnen und Ärzte die Aktivität, Schweregrade und Ausmaß der Erkrankung genau beurteilen. Das ist entscheidend für die jeweilige Therapie, aber auch für die zeitlichen Abstände weiterer endoskopischer Kontrolluntersuchungen. Denn abhängig vom betroffenen Gewebe kann das Risiko für Dickdarmkrebs deutlich erhöht sein. Während einer

Colitis ulcerosa: Tipps für den Umgang mit Bowel Urgency auf Reisen

Die Gründerin des Netzwerks Autoimmunerkrankter, Tanja Renner, teilt als Betroffene ihre persönlichen Erfahrungen und gibt nützliche Tipps, um auch mit der chronischen Erkrankung Colitis ulcerosa entspannte Reisen zu erleben.

Sonne, Meer, Strand und Erholung –all das gehört zum Sommerurlaub dazu. Doch für Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), insbesondere Colitis ulcerosa, kann das Reisen eine echte Herausforderung sein. Die damit verbundene Bowel Urgency – das plötzliche und dringende Bedürfnis, den Darm zu entleeren – stellt Betroffene vor viele Herausforderungen, und es kommen Fragen auf wie „Was ist, wenn ich beim Check-in lange anstehen muss?“ oder „Was tun, wenn ich das Essen an meinem Urlaubsort nicht vertrage?“. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Vorbereitung und einem offenen

Umgang mit der Erkrankung können Betroffene entspannte, erholsame Reisen genießen.

Gute Planung im Vorfeld Eine sorgfältige Vorbereitung kann viele Ängste nehmen. Informieren Sie sich über die medizinische Versorgung am Reiseziel. Wo befindet sich das nächste Krankenhaus oder die nächste Arztpraxis? Ein Gespräch mit der Gastroenterologin oder dem Gastroenterologen ist ebenfalls wichtig. Denn sie können einschätzen, in welcher Phase sich Ihre Erkrankung befindet, welche Impfungen notwendig sind und

welche zusätzlichen Medikamente eingepackt werden sollten. Wichtig: Medikamente kühlen und eine Reserve für den Fall einer verzögerten Rückreise mitnehmen. Gut verträgliche Snacks können ebenfalls hilfreich sein.

Stress reduzieren

Flüge, große Höhen und Stress können die Symptome verschlimmern und das Risiko eines Schubs erhöhen. Es ist wichtig, auf den Körper zu hören und Pausen zum Ausruhen und Regenerieren einzuplanen. Techniken zur Stressbewältigung wie tiefe Bauchatmung, Meditation oder Yoga können helfen. Ein offenes Gespräch mit Mitreisenden über die eigenen Bedürfnisse kann nützlich sein, mögliche Notfallsituationen besser zu bewältigen.

Hilfreicher Reisebegleiter

Der Euro-WC-Schlüssel ermöglicht den Zugang zu zahlreichen barrierefreien Toiletten in ganz Europa.

Mit der dazugehörigen App können europaweit teilnehmende Raststätten, Museen, Bahnhöfe und mehr gefunden werden. Weitere Informationen finden Sie unter bskev.org/informieren/der-euro-wcschluessel.

Trotz aller Vorbereitungen kann die Bowel Urgency jederzeit überraschen. Das plötzliche und dringende Bedürfnis, den Darm zu entleeren, ist eine besondere psychische Belastung mit großen Auswirkungen auf den Alltag. Mehr als 80 Prozent der Menschen mit Colitis ulcerosa sind von Bowel Urgency betroffen, etwa die Hälfte hat täglich damit zu tun. Lassen Sie sich von der Erkrankung nicht entmutigen – gute Planung und Kommunikation sind der Schlüssel zu einer gelungenen Reise.

www.nik-ev.de www.instagram.com/netzwerk_ autoimmunerkrankter/

Darmspiegelung entnimmt man in der Regel auch eine Gewebeprobe, um sie im Labor daraufhin zu untersuchen. Gleichzeitig dienen Stuhl- und Blutuntersuchungen dazu, relevante Entzündungswerte und -zellen nachzuweisen oder andere Erkrankungen auszuschließen. Möglicherweise leiden Patienten aufgrund der Erkrankung auch unter einem Mangel an Nährstoffen oder infolge häufiger Blutungen an einer Eisenmangelanämie.

Behandlung mit Weitblick

Bisher ist die Colitis ulcerosa nicht heilbar. Je nach Befund, Ort und Ausmaß der Erkrankung stehen jedoch verschiedene Medikamente in Form von Tabletten oder Einläufen zur Auswahl. Viele davon verringern die Entzündungen und können weitere Krankheitsschübe hinauszögern. Manche Wirkstoffe beeinflussen das körpereigene Immunsystem, andere sollen den Durchfall hemmen oder die Darmwand stärken. Bei mittelschwer erkrankten Personen kommen auch sogenannte Kortikosteroide zum Einsatz. Allerdings können sie langfristig zu Nebenwirkungen wie Bluthochdruck oder einem Calciumverlust in den Knochen führen. Eine Studie aus Dänemark konnte nun belegen, dass Colitis-Patienten unabhängig von Alter und Geschlecht bereits zum Zeitpunkt ihrer Diagnose eine verringerte Knochendichte und somit ein erhöhtes Osteoporoserisiko aufweisen. Darauf gilt es bei der Behandlung also besonders zu achten. Generell empfiehlt sich

Gründe, warum Menschen mit dem Symptom Bowel Urgency das Thema im Arztgespräch nicht ansprechen 556 Befragte in Europa, in Prozent

Schamgefühl

Ärztin/Arzt versteht es nicht

Vermutung, dass die Ärztin/der Arzt nicht helfen kann

nicht ausreichend Zeit beim Patientengespräch

Befürchtung, die Zeit der Ärztin/des Arztes zu verschwenden

Es ist schwierig zu erklären

Ärztin/Arzt interessiert sich nicht dafür Ärztin/Arzt macht mich nervös andere Gründe

Quelle: The Communicating Needs and Features of IBD Experiences (CONFIDE) Study: US and European Patient and Health Care Professional Perceptions of the Experience and Impact of Symptoms of Moderate-to-Severe Ulcerative Colitis, Inflammatory Bowel Diseases, 2024, https://doi.org/10.1093/ibd/izad142

eine mehrgleisige Therapie. Dazu gehört eine ballaststoffarme Ernährung während eines aktiven Krankheitsschubs. Nach dem Abklingen sind ballaststoffreiche Lebensmittel förderlich. Möglicherweise ist es hilfreich, auf bestimmte Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte und

Früchte sowie Eier oder Fleisch zu verzichten oder Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin D, Calcium und Eisen einzunehmen. Viele Betroffene profitieren von Entspannungstechniken und Sportprogrammen. Auch Psychotherapien können die Lebensqualität verbessern. 

„Bowel Urgency muss in den Fokus rücken”

Ein häufig unterschätztes Symptom bei der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ist Bowel Urgency. Der imperative Stuhldrang lässt Patientinnen und Patienten oft nur wenige Minuten Zeit, um eine Toilette zu finden.1 Was dies für die Lebensqualität der Betroffenen bedeuten und wie dem Problem begegnet werden kann, erklärt Prof. Dr. Axel Dignaß, Chefarzt der Gastroenterologie am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt am Main.

Herr Prof. Dignaß, welche Relevanz hat Bowel Urgency bei Colitis ulcerosa? Bowel Urgency kann die Lebensqualität enorm einschränken. Stellen Sie sich vor, Sie sind im Flugzeug oder im Theater und können nicht schnell genug eine Toilette erreichen. Wenn ein „Unfall“ passiert und der Stuhl in die Wäsche geht, ist dies für viele Betroffene ein äußerst entwürdigendes Ereignis. Das kann nach meiner Erfahrung auch traumatisierend sein. Die Konsequenz ist, dass man

© UEG/privat

„Viele tragen aus Angst vor einem Missgeschick sogar Windeln oder Einlagen.“

sich zurückzieht: Aktivitäten oder auch sexuelle Kontakte werden vermieden, berufliche Ambitionen zurückgestellt. Das kann bis hin zur sozialen Isolation reichen.2

Warum muss das Bewusstsein für Bowel Urgency erhöht werden? Bowel Urgency muss in den Fokus rücken, damit wir Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten erreichen können. Betroffene sollten die Chance auf eine gute Lebensqualität haben. In der Vergangenheit haben wir uns nicht genug

mit dem Thema befasst, was unter anderem daran liegt, dass Bowel Urgency sehr schambehaftet ist. Es kommt in der Arztpraxis oft nicht zur Sprache. Dabei wissen wir aus Umfragen, dass viele der oft noch jungen Patientinnen und Patienten aus Angst vor einem Missgeschick im Alltag sogar Windeln oder Einlagen tragen.1

Wie kann der Leidensdruck im Arzttermin besser zur Sprache kommen? Bei jedem Arzttermin müssen Symptome wie Bowel Urgency besprochen werden. Mein Tipp bei wenig Zeit: einen Fragebogen schon im Wartezimmer ausfüllen lassen. Drei bis vier Fragen zur Häufigkeit, Dringlichkeit und Beschaffenheit des Stuhlgangs können Patientinnen und Patienten schnell beantworten. Und wir Ärztinnen und Ärzte können schnell erfassen, wie stark die Beeinträchtigung der Lebensqualität ist und ob eine Therapie ausreichende

Wirksamkeit zeigt. Nur so können wir dieses Problem in Zukunft durch effektive Therapien verbessern. www.lilly.com/de

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Leben mit HIV: von Kuscheln bis Kampfsport

Mit HIV kann man heute gut leben. Medikamente schützen das Immunsystem. Gegen Vorurteile helfen Offenheit, klare Worte und Unterstützung von Verbündeten – zum Beispiel Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern.

Es begann mit blauen Flecken. Vor mehr als zehn Jahren bekam Hildegard plötzlich rätselhafte Blutergüsse an Armen und Beinen. Ihre Hausärztin war ratlos, ein erster Verdacht lautete: Blutkrebs.

Ein Routinecheck im Krankenhaus brachte die Wahrheit ans Licht: Hildegard hatte eine unerkannte HIV-Infektion. Das Immunsystem der heute 47-Jährigen war bereits stark geschädigt, die Werte ihrer weißen Blutkörperchen im Keller – und damit ihre Blutgerinnung beeinträchtigt.

Was früher mit hoher Wahrscheinlichkeit den baldigen Tod bedeutet hätte, erleichterte Hildegard. „Da bin ich ja noch mal mit einem blauen Auge davongekommen“, dachte sie, nachdem sie darüber aufgeklärt worden war, wie gut HIV heute behandelt werden kann. „Alle anderen Erkrankungen, die infrage kamen, hätten viel schwerwiegende Folgen gehabt.“

Medikamente halten HIV in Schach

Es ist wahr: HIV ist ein trickreiches Virus. Es legt langsam die körpereigenen Abwehrkräfte lahm, also genau die Instanz, die eigentlich Krankheitserreger unschädlich machen soll. Am Ende treten dann verschiedene schwere Erkrankungen auf, die ohne ein geschwächtes Immunsystem keine Chance

hätten. Dann spricht man von einer Aids-Erkrankung.

Zum Glück jedoch gibt es seit Mitte der 1990er-Jahre sehr effektive Medikamente gegen HIV. Sie verhindern die Vermehrung des Virus im Körper – und setzen es damit so gut wie schachmatt. Die gefährlichen Folgeerkrankungen treten nicht mehr auf. Ob im Job, in der Freizeit oder bezüglich Sexualität und Familienplanung: Menschen mit HIV können heute leben wie alle anderen. Denn unter Therapie ist HIV auch nicht mehr übertragbar.

Meist genügt eine Pille pro Tag, im Kommen sind sogar Depotspritzen für längere Zeiträume. Vollständig entfernen lässt sich HIV allerdings nicht aus dem Körper. In einigen Körperzellen bleibt es erhalten.

Vorurteile schaden mehr als das Virus

Die Lebensqualität von Menschen mit HIV wird heute vor allem durch Vorurteile und Diskriminierung eingeschränkt, nicht durch die HIV-Infektion selbst. HIV-positive Menschen erfahren Berührungsängste, Schuldzuweisungen und Abwertung. Noch immer wird HIV oft mit unmoralischem Verhalten in Verbindung gebracht.

Bei der Studie „positive stimmen 2.0” der Deutschen Aidshilfe und des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) gaben 90 Prozent an, sie würden gut mit ihrer HIV-Infektion leben. 95 Prozent berichteten jedoch von mindestens einer diskriminierenden Erfahrung in den letzten zwölf Monaten aufgrund von HIV. 52 Prozent gaben an, durch Vorurteile bezüglich der HIVInfektion in ihrem Leben beeinträchtigt zu sein.

Mit HIV kann man heute gut leben

Was es heißt, mit HIV zu leben, das musste auch Hildegard erst lernen. Auch sie wurde mit Berührungsängsten und unliebsamen Reaktionen ihrer Mitmenschen konfrontiert, etwa weil diese sich vor einer Übertragung im Alltag fürchteten. „Was, wenn ich dir ins Ohr schneide?“, fragte etwa Hildegards Friseur. „Das darfst du nicht“, sagte Hildegard, „aber wenn du es tust, wirst du davon kein HIV bekommen.“ Sie muss heute lachen, wenn sie davon erzählt.

Dabei war die Situation damals ernst. Hildegard ist Postbotin in einem kleinen Ort in Bayern, und irgendjemand hatte von ihrer HIVInfektion Wind bekommen. Die Gerüchteküche begann zu brodeln. „Wenn du nichts unternimmst, re-

Gesundheitswesen, wo Diskriminierung besonders häufig ist.

Da berichtet etwa Denis, wie er in seinem Ju-Jutsu-Verein Applaus bekam, als er sich outete. Seitdem weiß er: Wenn Gegner wegen seiner

den die Leute über dich statt mit dir“, wusste Hildegard. „Dann kocht die Gerüchtesuppe immer höher. Ich musste den Deckel vom Topf nehmen.“

Hildegard ging in die Offensive, zeigte Selbstbewusstsein, sprach aktiv über ihre HIV-Infektion, erklärte, dass sich niemand vor ihr fürchten muss. Und siehe da: „Die Situation beruhigte sich wieder. Viele haben verstanden: HIV ist heute gar nicht mehr so schlimm.“

Gut geschminkt und sportlich gegen Ignoranz

In der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ erzählt Hildegard jetzt öffentlich von ihrem Leben und fordert damit andere Menschen dazu auf, ihr Wissen über HIV zu überprüfen und Vorurteile zu korrigieren. Die Menschen in der Kampagne berichten, wo ihnen Unwissenheit, Abwertung und Diskriminierung begegnen und wie sie darauf reagieren – aber auch positive Reaktionen, die als Vorbild dienen können. Die Kampagne ist eine Gemeinschaftsprojekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Deutschen Aidshilfe und der Deutschen AIDS-Stiftung.

Die Kampagnengesichter bilden ein breites Spektrum prallen Lebens mit HIV ab – von Kampfsport bis Online-Dating. Thematisiert werden auch das Arbeitsleben und das

HIV-Infektion Berührungsängste haben, stärkt seine Mannschaft ihm den Rücken.

Kristina aus der Ukraine arbeitet als Sexualtherapeutin und veranstaltet Kuschelevents. Dort macht sich niemand Sorgen wegen ihrer HIV-Infektion – warum auch?

Und Abbas, Koch in einer Großküche bei Siemens in München, erklärt, wie sich rassistische Vorurteile und negative Zuschreibungen aufgrund von HIV oft vermischen. Seine Strategie: „Bei Vorurteilen spiele ich einfach nicht mit.“ Er kann dabei auf den Rückhalt seines Arbeitgebers bauen: Siemens hat die Arbeitgeber-Deklaration #positivarbeiten der Deutschen Aidshilfe unterschrieben.

Auch Hildegards Arbeitgeberin, die Deutsche Post, erklärte sich sofort solidarisch mit ihrer Mitarbeiterin und unterstützt sie bei ihrem Engagement.

Nicht zuletzt bringt die prominente Dragqueen Barbie Breakout, Moderatorin von „Drag Race Germany“ und erfolgreiche Make-up-Artistin, auf den Punkt, was vielen Menschen mit HIV wichtig ist: „Redet doch bitte mit uns, nicht über uns.“ Ihr Claim auf den Plakaten der Kampagne: „Diskriminierung? Kannst du dir abschminken!“

www.welt-aids-tag.de

Hildegard steht nach ihrer HIVDiagnose wieder voll im Leben.
© Anja Weber
Rückhalt im Verein: Ju-Jutsu-Kämpfer Denis
© Anja Weber

HIV/Aids im Fokus – einzigartiges Engagement für Menschen mit HIV

ViiV Healthcare arbeitet engagiert daran, innovative neue Medikamente zur Versorgung und Behandlung von Menschen mit HIV/Aids bereitzustellen. Das Ziel: die globale HIV-Epidemie zu beenden.

Die Zellen des menschlichen Immunsystems sind sein Angriffsziel. Die Rede ist vom Humanen Immundefizienz-Virus, kurz HIV. Bleibt die Infektion unbehandelt, können sich die Viren immer weiter im Körper vermehren und dabei die Immunabwehr so weit schwächen, dass sich das Krankheitsbild Aids ausbildet.

Individualisierte Therapien

Die gute Nachricht: Einst ein sicheres Todesurteil, bedeutet die Diagnose HIV dank der zur Verfügung stehenden Therapie heute ein Leben mit einer chronischen Erkrankung. „ViiV ist führend in der Innovation der HIV-Behandlung. Wir haben als erstes Unternehmen

zukunftsweisende lang wirksame Therapien entwickelt, die keine tägliche Tabletteneinnahme mehr erfordern“, so Holger Rovini, Medical

Director, ViiV Healthcare Deutschland und Schweiz. „Dies ist nur ein weiterer Schritt, damit Menschen, die mit HIV leben, ein weitestgehend normales und glückliches Leben führen können.”

Stigmatisierung beenden Dennoch bleibt HIV ein relevantes Gesundheitsthema: Weltweit leben gemäß den Zahlen der WHO

39 Millionen Menschen mit HIV 1; in Deutschland sind es laut Robert Koch-Institut (RKI) rund 91.000 2 . Aufklärung sei, so Rovini, dementsprechend weiterhin sehr wichtig. Zumal auch heutzutage noch existierende und überholte Wahrnehmungen von HIV in der Gesellschaft – und die damit verbundene Persistenz der Mythen in Bezug auf die Übertragung von HIV – nach wie vor die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV befeuern. Noch wichtiger ist: Unter einer erfolgreichen antiretroviralen Therapie (ART) kann das Virus auch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr nicht auf andere Menschen übertragen werden, da die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt (nicht nachweisbar = nicht übertragbar; n=n).

Ausstellung: „HIV Science as Art” Im Rahmen der diesjährigen WeltAids-Konferenz, vom 22. bis 25. Juli 2024 in München, findet die frei zugängliche Ausstellung „HIV Science as Art” statt. Sie ist ein Projekt der Münchner Aids-Hilfe mit Unterstützung von ViiV Healthcare. Zwölf Künstler:innen, die mit HIV leben, haben sich mit zwölf HIV-Wissenschaftler:innen zusammengetan, um das Thema HIV/Aids künstlerisch darzustellen – von Gemälden über Fotografien bis hin zu Skulpturen.

aids2024saa.wordpress.com

1 World Health Organisation (WHO): www.who.int/data/gho/data/themes/hiv-aids 2 Robert Koch-Institut (RKI): rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/ Ausgaben/47_22.pdf?__blob=publicationFile

ViiV Healthcare ist weltweit das einzige pharmazeutische Unternehmen, welches sich zu 100 Prozent HIV widmet. ViiV Healthcare steht für individualisierte Therapie – dies ist enorm wichtig, denn Menschen mit HIV verdienen eine individuelle Therapie, die zu ihnen passt. ViiV Healthcare unterstützt in enger Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen, wie der Deutschen Aidshilfe oder den HIV-Selbsthilfenetzwerken, Menschen mit HIV in Deutschland. www.viivhealthcare.com

VIIV HEALTHCARE

Abwehr auf Irrwegen

NEUROIMMUNOLOGISCHE ERKRANKUNGEN | VON TOBIAS LEMSER

Zwischen fünf und acht Prozent der weltweiten Bevölkerung leiden an einer Autoimmunerkrankung. Einige davon haben teils beträchtlichen Einfluss auf das Nervensystem – so wie Multiple Sklerose, die sich heutzutage immer besser behandeln lässt. Auch in Sachen Ernährung gibt es dazu dank neuer Studienlage vielversprechende Neuigkeiten.

Nicht zu wissen, welche Erkrankung sich hinter immer wiederkehrenden Symptomen verbirgt, kann für die Betroffenen äußerst belastend sein – erst recht, wenn vermeintlich spezialisierte Fachärztinnen und Fachärzte mit den Schultern zucken müssen. Entzündliche, teils seltene neurologische Erkrankungen sind hierfür beispielhaft. Sie können durch Infektionserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze verursacht werden –aber auch durch Autoimmunprozesse. Zwar sind derweil zwischen 80 und 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen bekannt, dennoch sind die exakte Diagnose und letztlich die Behandlung nicht immer einfach.

Angriff auf eigenes Gewebe Fakt ist: Nach Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen sind Autoimmunerkrankungen die dritthäufigste Erkrankungsgruppe. Gerade in den vergangenen Jahren wurde eine stetige Zunahme dieser Erkrankungen beobachtet. Was genau dahintersteckt, ist Gegenstand intensiver Forschung. Werden Autoimmunkrankheiten in manchen Fällen vererbt, können sie ebenso durch das Älterwerden und Umwelteinflüsse, wie Infektionen, Ernährung, Stress oder Umweltverschmutzung, begünstigt werden.

Dabei zentral ist eine Störung im Immunsystem, welche dazu führt, dass die Toleranz gegenüber körpereigenen Gewebestrukturen schwindet. Es kann nicht mehr zwischen fremden und eigenen Stoffen unterscheiden, sodass es gesundes, körpereigenes Gewebe attackiert.

Vielfältige Symptome

Prominentester Vertreter auf neuroimmunologischer Ebene ist Multiple Sklerose (MS), bei der allmählich die Nervenhüllen, die Myelinscheiden, vom Immunsystem zerstört werden. Entscheidend dabei sind vor allem die T-Zellen. Man vermutet, dass diese irgendwo im Körper mit einem Stoff in Berührung kommen und dadurch falsch programmiert werden. In der Folge verwechseln sie die Oberfläche des Myelins mit jener von schädlichen Erregern. Fehlt Nervenfasern durch diesen Angriff die schützende Ummantelung, kann die Informationsverarbeitung nicht mehr wie gewünscht funktionieren.

Deutschlandweit sind rund 250.000 Menschen an Multipler Sklerose erkrankt. Typische Symptome sind Einschränkungen beim Sehen, Gleichgewichtssinn und bei der Koordination. Frühzeitig

zu erkennen ist die Erkrankung an Störungen beim Gehen sowie Missempfindungen an Händen oder Füßen. Viele Betroffene leiden außerdem unter dem Müdigkeitssyndrom Fatigue.

Unheil-, aber behandelbar

Zwar ist die Multiple Sklerose bis heute nicht heilbar, kann jedoch mit Medikamenten verlangsamt werden. MS verläuft bei den meisten Patientinnen und Patienten in Schüben, weshalb man dann von einer schubförmig remittierenden Multiplen Sklerose spricht.

Kommt es zu einem akuten Schub, wird ganz klassisch Cortison verbreicht, um die Schwellung um den entzündeten Kern zu verringern. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Substanzen, die zur Vorbeugung von Schüben eingesetzt werden und gute Wirkung zeigen. Klar ist aber auch: Es steht kein einziges Medikament zur Verfügung, das Patientinnen und Patienten vor sämtlichen neuen Schüben bewahrt. Ziel der Therapie ist es stattdessen, Hirnreserve der Betroffenen zu erhalten, dem Gehirn also die Fähigkeit zu bewahren, auf Schäden zu reagieren.

Gluten: zu Unrecht beschuldigt

Die gute Nachricht: Es gibt inzwischen spannende Ansätze, die Ernährung in die Therapie einzubeziehen. Grundsätzlich raten Fachleute, sich möglichst pflanzlich zu ernähren. Ideal sei eine mediterrane Kost mit viel Gemüse. Eine weitere Erkenntnis laut neuester Forschungsergebnisse der Universitätsmedizin Mainz: Eine weizenhaltige Ernährung wirkt sich negativ auf die MSErkrankung aus. Wie der Gastroenterologe Professor Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz, feststellte, sei jedoch – entgegen vieler Vermutungen – nicht Gluten, sondern sogenannte ATI-Proteine (Amylase-Trypsin-Inhibitoren) dafür verantwortlich: „Sowohl im Tiermodell als auch in einer klinischen Pilotstudie konnten wir zeigen, dass diese bestimmten

Viel Weizen verschlimmert den Schweregrad der MS.

Proteine die Schwere der MS fördern können.“ ATI-Proteine stehen im Verdacht, bestimmte Entzündungszellen im Darm zu aktivieren, welche zusammen mit begleitenden Botenstoffen ins Gehirn gelangen und dort die Entzündung verstärken. „Eine weizenfreie Ernährung kann die Schwere einer MS wie auch anderer entzündlicher Erkrankungen mildern“, so Schuppan. Da ATI-Proteine auch in anderen glutenhaltigen Getreiden wie Dinkel, Roggen oder Gerste stecken, rät er, ersatzweise zu Brot aus Buchweizen oder Hafer zu greifen.

Hatten Sie eines der folgenden Symptome in der letzten Zeit? in Prozent

Fatigue kognitive Störung

ja nein unbekannt

Augen und Rückenmark im Fokus

Inwieweit ATI-Proteine bei einer ähnlichen Erkrankung, der Neuromyelitis-optica-SpektrumErkrankung, kurz NMOSD, eine Rolle spielen, muss noch genauer erforscht werden. Fest steht lediglich, dass auch bei dieser seltenen Autoimmunkrankheit eine ausgewogene Ernährung von Bedeutung ist. Bei NMOSD werden infolge einer Fehlfunktion des Immunsystems in der Regel hauptsächlich Augen und Rückenmark angegriffen. Jedoch ist der Verlauf der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen bei jedem Patienten anders. Neben kurzen, häufigen und schmerzhaften Muskelkrämpfen können auch Erblindung, Empfindungsverluste und Muskelschwäche in den Gliedmaßen sowie Blasen- und Darmfunktionsstörungen auftreten.

Zwar kann NMOSD bisher nicht geheilt werden, durch rasante Fortschritte in der Wissenschaft ist diese Erkrankung jedoch aktuell bei den meisten Patientinnen und Patienten gut therapierbar – so auch bei der MOG-Antikörpererkrankung, einem weiteren Vertreter der seltenen neuroimmunologischen Erkrankungen, bei der sehr häufig Seh- und Gefühlsstörungen sowie Lähmungen der Extremitäten und des Rumpfes auftreten. Klar ist dennoch: Für Forschende bleibt noch immens viel Arbeit, um Leidgeplagte schneller und besser zugunsten einer höheren Lebensqualität versorgen zu können. 

Quelle:

NMOSD: die gemeine Stiefschwester der Multiplen Sklerose

Sie verursachen ähnliche Symptome wie die Multiple Sklerose (MS), treten auch in Schüben auf und galten früher als eine Variante dieser Erkrankung, die vor allem Augen und Rückenmark angreift: Neuromyelitis-opticaSpektrum-Erkrankungen, kurz NMOSD. Tatsächlich handelt es sich bei der NMOSD um ein eigenes, mit etwa 2.000 Betroffenen in Deutschland viel selteneres Krankheitsbild. Es ist aber mit dramatischeren Symptomen und einem deutlich höheren Risiko einer Behinderung verbunden als die MS.

Die NMOSD ist eine schwerwiegende entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der ein Großteil der Betroffenen Antikörper gegen das sogenannte Aquaporin-4 (AQP4) aufweist. AQP4 ist ein Eiweißmolekül, das insbesondere in den Zellen des Nervengewebes in Gehirn und Rückenmark vorkommt. „Die Antikörper gegen AQP4 führen zu einer so starken Aktivierung des Entzündungssystems, dass – anders als bei der Multiplen Sklerose – nicht ein bisschen Schaden entsteht, sondern ein gewaltiger“, erklärt Prof. Dr. Refik Pul, Leiter des Schwerpunkts Multiple Sklerose am Universitätsklinikum Essen.

Drastische Krankheitsverläufe

In der Regel erleben NMOSD-Betroffene drastische Krankheitsverläufe, oft mit Erblindung, Spastiken und starken Schmerzen. „Außerdem führt diese Erkrankung fast immer zu starken Behinderungen – und diese Aussicht ist für die Betroffenen natürlich sehr belastend. Ich versuche zwar, sie seelisch aufzufangen, aber letztlich verändert sich ihr Leben nach dieser Diagnose doch nachhaltig“, berichtet der Experte für Neuroimmunologie. Die Patientinnen und Patienten müssen eigene Wege finden, mit den Behinderungen und notwendigen Hilfsmitteln umzugehen. „Meist kommen sie bereits mit bestehenden Behinderungen zu uns, und wir können dann nur deren Symptome lindern.“ Das sei eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für das ganze Behandlungsteam, betont Prof. Pul.

Einfacher und wirkungsvoller ist es, wenn eine NMOSD frühzeitig entdeckt und mit einer sogenannten verlaufsmodifizierenden Therapie behandelt wird, die weitere Krankheitsschübe und Behinderungen effektiv verhindern kann.

Harte Einschnitte in die Lebensqualität

Wer von einer NMOSD betroffen ist, muss mit erheblichen Einbußen an Lebensqualität rechnen. Das liegt unter anderem an der bleiernen Müdigkeit, der sogenannten Fatigue, unter der Menschen mit NMOSD ebenso häufig leiden wie Patientinnen und Patienten mit einer MS. Sie beeinträchtigt ihren Alltag extrem. „Wir haben zwar einige Therapien, die den Betroffenen helfen können, aber nicht bei allen lässt sich die Fatigue erfolgreich abmildern", sagt Prof. Pul.

Ein weiteres, sehr großes Problem seien Schmerzen. „Wir haben es mit verschiedenen Schmerzformen zu tun. Der Schmerz kann zum Beispiel von Spastiken oder von Störungen der Nerven ausgehen. Die können wir gut behandeln und so die Lebensqualität verbessern." Bei NMOSD treten aber mitunter auch extreme Engegefühle im Brust- oder Bauchbereich auf, als wenn jemand den Rumpf zuschnüren würde. Auch die Beine können betroffen sein. Diese Schmerzen verändern sich zwar im Tagesverlauf, sind aber immer präsent. Und sie belasten die Betroffenen sehr, zumal es gegen diese Schmerzen noch keine Therapie gibt.

„Zudem kommt es zu depressiven Episoden beziehungsweise Symptomen bei bis zu 40 Prozent der NMOSD-Patientinnen und -Patienten Anders als bei der MS tritt die Depression nicht in einer Vorphase der Erkrankung auf, sondern reaktiv nach Bewusstwerden einer neuen Lebenssituation”, sagt MS-Spezialist Prof. Pul. Bei der MS geht der Experte dagegen eher von organischen Veränderungen im Gehirn aufgrund der chronischen Entzündung aus, die sich in Form einer Depression zeigten. Das hat auch Auswirkungen auf die Therapie. „Ein NMOSD-Schub mit schweren

Behinderungen wird wie ein Trauma von den Betroffenen erlebt. Sie benötigen frühzeitig eine psychiatrische/psychologische Betreuung, um einer Anpassungsstörung durch Gesprächstherapie und verhaltenstherapeutische Maßnahmen entgegenzuwirken.”

Faktor Zeit entscheidet Weil Menschen mit NMOSD nicht selten bereits nach einem oder zwei Schüben dauerhaft unter schwersten Behinderungen leiden, ist es bei diesem Krankheitsbild entscheidend, die Diagnose schnellstmöglich zu stellen und die Behandlung einzuleiten, bevor weitere

psychisch auffällig sind und dann mit einer psychiatrischen Diagnose weggeschickt werden“, sagt Prof. Pul. Das sei bei NMOSD ganz anders: „Wenn bei dieser Erkrankung Symptome auftreten, sind die sehr eindrucksvoll und auch für Ärztinnen und Ärzte erschreckend.“

Entscheidend sei aber, dass an die Möglichkeit einer NMOSD gedacht werde, betont der Essener Neuroimmunologe. Dann lässt sich die Diagnose mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) und Labortests auf AQP4-Antikörper recht zügig stellen. Allerdings gehen die wenigsten Betroffenen gleich

Schübe mit neuen Behinderungen auftreten. „Das Timing ist bei der NMOSD viel wichtiger als bei der MS, wo wir doch etwas mehr Zeit haben.“ Hier gelte das geflügelte Wort der Neurologie, „Time is brain“, ganz besonders.

Diagnostik ohne Umwege Glücklicherweise kommt es bei NMOSD eher selten zu Verzögerungen bei der Diagnostik: „Dass die Symptome lange nicht ernst genommen werden, habe ich bei der NMOSD noch nicht erlebt. So etwas kenne ich eher von anderen Autoimmunerkrankungen wie Sjögren-Syndrom oder Lupus Erythematodes, bei denen die Betroffenen oft

in eine Universitätsklinik oder ein neurologisches Zentrum, zumindest wenn sie zunächst weniger ausgeprägte Symptome haben, wie etwa einen anhaltenden Schluckauf. „Manche warten dann noch geduldig auf ihren Termin vier Monate später beim Neurologen.“ Deshalb sei es wichtig, seltene Erkrankungen wie NMOSD nicht nur in der Ärzteschaft, sondern auch in der Bevölkerung bekannt zu machen.

Mehr Informationen unter: www.nmosd-in-focus.com/de

Mit freundlicher Unterstützung der Amgen GmbH, München

„Alle

über 60 sollten sich impfen lassen“

GÜRTELROSE | IM GESPRÄCH MIT TOBIAS LEMSER

Ab dem 50. Lebensjahr geht es naturgemäß mit unserem Immunsystem bergab – muss es aber nicht. Prof. Dr. med. Martina Prelog, FachImmunologin und Kinderärztin, erläutert, welche Herausforderungen dadurch für unseren Körper entstehen und warum es so wichtig ist, sich gegen Gürtelrose impfen zu lassen.

Frau Prof. Prelog, welche Faktoren können dazu führen, dass unser Immunsystem geschwächt ist? Hormonelle Umstellungen, wie das Einsetzen der Menopause, aber auch der Lebensstil spielen eine entscheidende Rolle. Hierzu zählen zu wenig Schlaf, Mangel an Bewegung und zu viel Stress, genauso wie das Konsumieren von Alkohol und Nikotin. Ferner unterdrücken immunsuppressive Medikamente das Immunsystem, sei es bei Anwendung einer Chemotherapie oder der Gabe von Rheumamedikamenten. Nicht zuletzt können bestimmte Nahrungsmittel fehlgeleitete Entzündungen provozieren.

Auch das Alter hat einen entscheidenden Anteil. Warum genau? Ein Grund liegt in der Immunseneszenz, also der Alterung des Immunsystems. Diese ist bedingt durch das Schrumpfen der Thymusdrüse, ein Immunorgan, das für die Reifung der T-Zellen verantwortlich ist. Mit zunehmendem Alter wird die Thymusdrüse durch Fettgewebe ersetzt, wodurch weniger un-

„Mit steigendem Alter erhöht sich das Risiko für eine Gürtelrose.”

reife T-Zellen für das Erkennen neuer Erreger zur Verfügung stehen. Zudem sehen wir auf Ebene der B-Zellen, die für die Antikörperproduktion verantwortlich sind, eine Einschränkung der Diversität und Reaktionsfähigkeit. Das Immunsystem ist dann nicht mehr in der Lage, ausreichend spezifisch zu reagieren, weshalb die Entzündungsantwort oftmals entgleist. All dies führt dazu, dass sich die passgenauen Immunantworten im Alter verschlechtern.

Mit welchen Folgen für unsere Gesundheit? Es kommt zu Entzündungsreaktionen, die dann sehr unspezifisch ablaufen und über das Ziel hinausschießen. Autoimmunerkrankungen nehmen zu, da das Immunsystem nicht mehr so gut zwischen eigenen und fremden Strukturen unterscheiden kann. Dadurch, dass die Immunantwort nicht mehr wie gewünscht funktioniert, können Krebszellen nicht mehr so gut durch unser Immunsystem zerstört werden. Hinzu kommen degenerative Erkrankungen des Nervensystems wie Demenz oder kardiovaskuläre Erkrankungen wie Arteriosklerose.

Herpes zoster, auch Gürtelrose genannt, hat bei einem geschwächten Immunsystem ebenso leichteres Spiel auszubrechen. Hatte man als Kind Windpocken, so zieht sich das auslösende Varizella-Zoster-Virus in die Nervenzellknoten des Rückenmarks zurück und versteckt sich da vor dem Immunsystem. Wird es nicht mehr ausreichend von den Varizellen-spezifischen T-Zellen kontrolliert, bricht es aus.

Wie groß ist hierfür die Gefahr? Laut Robert Koch-Institut erkrankt von allen Menschen jeder Dritte im Laufe des Lebens an einer Gürtelrose. Insbesondere mit steigendem Alter erhöht sich hierfür das Risiko.

Aber selbst wenn man sich an keine Windpocken-Erkrankung erinnern kann, ist die Gefahr gegeben. Antikörpertests zeigten, dass rund 95 Prozent aller Personen mit dieser Art Herpesviren in Kontakt waren.

In wie vielen Fällen geht Gürtelrose mit einer postherpetischen Neuralgie, also starken Nervenschmerzen, einher? Wenn jemand an Gürtelrose erkrankt ist, tritt in 10 bis 30 Prozent der Fälle eine postherpetische Neuralgie auf. Ältere Personen und Frauen sind besonders gefährdet. Sie neigen noch stärker zu diesen extremen Nervenschmerzen, die über Wochen und Monate anhalten und die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Dadurch, dass sich die Varizella-Zoster-Viren aus den Spinalganglien –das sind diese Nervenzellknoten – heraus entlang der Nervenfasern zur Hautstelle bewegen, kommt es zu einer entzündlichen Schädigung der Nervenendigungen, die diese Schmerzen verursacht.

Würden Sie allen Menschen raten, sich gegen Gürtelrose impfen zu lassen? Hierzu hat die STIKO eine eindeutige Antwort: Alle Menschen über 60 sollten sich impfen lassen. Das ist die Risikogruppe für Zoster und damit assoziierte Komplikationen. Chronisch Erkrankten wird die Impfung bereits ab 50 empfohlen. Aber auch schon früher, gerade wenn immunsuppressive Medikamente verabreicht werden, welche die T-Zellen beeinträchtigen, ist eine Impfung extrem wichtig.

Welche Folgen könnte ein Impfverzicht haben? Neben der postherpetischen Neuralgie kann von einer Gürtelrose auch das Auge betroffen sein und erblinden, ebenso sind Hörschädigungen und Taubheit bei einer Beteiligung des Ohres möglich. Außerdem sind vor allem im ersten Jahr nach Gürtelrose die Risiken von kardiovaskulären Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich erhöht.

Was sollte man über die Impfung wissen? Es handelt sich um einen Totimpfstoff, der das Glykoprotein E, einen Zuckereiweißstoff von der Oberfläche des Varizella-Zoster-Virus, enthält. Er ist für das Immunsystem nichts Neues,

SCHON GEWUSST?

Impfempfehlungen bei Gürtelrose

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Gürtelrose mit einem Totimpfstoff:

• allen Personen ab 60 Jahren,

• allen Personen ab 50 Jahren, deren Immunsystem durch Krankheit oder Therapie geschwächt ist, und

• allen Personen ab 50 Jahren mit Grunderkrankungen wie Diabetes, rheumatoider Arthritis, chronischentzündlichen Darmerkrankungen, chronischer Lungenerkrankung und Asthma.

sondern eher eine Erinnerung, indem die eigenen T-Zellen gegen Varizellen-Viren aktiviert werden. Verabreicht wird der Impfstoff in zwei Dosen, welche im Abstand von zwei bis sechs Monaten injiziert werden. Die zweite Dosis ist sehr wichtig, damit die Menge der spezifischen T-Zellen nach oben geht. Zusätzlich enthält der Impfstoff einen Wirkverstärker, ein Adjuvans, das zu einer besseren Impfantwort verhilft.

Gibt es Nebenwirkungen? Möglich sind Fieber, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schüttelfrost sowie Rötungen, Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle – alles Beschwerden, die in der Regel nach einigen Tagen wieder abklingen.

Warum nehmen viele Menschen Gürtelrose auf die leichte Schulter? Weil den meisten Menschen die Komplikationen nicht bekannt sind. Man muss Gürtelrose erst einmal gehabt haben, um zu sehen, wie schmerzhaft sie ist und wie problematisch die Folgeerkrankungen sind. 

ERST KAM DER SCHMERZ : BRENNEND UND STECHEND

DANN DIE DIAGNOSE: GÜRTELROSE

Schon gewusst?

Wer Windpocken hatte, kann Gürtelrose bekommen. Mehr als 95 % der Erwachsenen tragen das Virus in sich. Mit dem Alter steigt das Risiko für einen Ausbruch deutlich.

Eine Gürtelrose kann den Alltag über Wochen, Monate oder sogar Jahre einschränken.

Sie sind über 60? Oder über 50 und leiden an einer chronischen Krankheit*?

* z. B. Diabetes, Asthma, COPD

Dann sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über den bestmöglichen Schutz.

Mehr Infos & Risiko Selbsttest auf: impfen.de/guertelrose

dabei

sind

Wir

Aktiv stärken

Rund um die Uhr im Einsatz, zählt unser Immunsystem zu den komplexesten Systemen des menschlichen Körpers. Sein oberstes Ziel: uns vor Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Erregern zu schützen. Doch unser Immunsystem ist nicht nur ein guter Freund. Es kann auch –wie wir in dieser Publikation erkennen mussten – zu unserem Feind werden. Nämlich dann, wenn es nicht fehlerfrei funktioniert und sich in Form von Autoimmunerkrankungen gegen uns selbst richtet. Glücklicherweise hat die Forschung bereits viele wirksame Therapien entwickelt, welche

die Lebensqualität deutlich verbessern. Und: Lässt sich zukünftig weiter eruieren, warum Autoimmunerkrankungen entstehen, werden die Behandlungsmethoden zusätzlichen Schub bekommen. Jedoch sind auch wir selbst gefordert! Indem wir unser Immunsystem mit vielen gezielten Maßnahmen stärken, können wir viele Krankheiten bereits im Keim ersticken – auch dank so vieler erstklassiger Impfstoffe. Wir müssen es bloß tun und uns hin und wieder bewusst machen, wie sehr wir unsere Gesundheit in den eigenen Händen haben.

IMPRESSUM

Projektmanagement Yvonne Kittler, yvonne.kittler@reflex-media.net; Myriam Krämer, myriam.kraemer@reflex-media.net Redaktion Nadine Effert, Tobias Lemser, Sandra Sehringer Layout Lydia Krüger, grafik@reflex-media.net Fotos iStock / Getty Images, Coverbild iStock / Anastasia Usenko Druck Badische Neueste Nachrichten Badendruck GmbH V.i.S.d.P. Redaktionelle Inhalte Nadine Effert, redaktion@reflex-media.net Weitere Informationen Pit Grundmann, pit.grundmann@reflex-media.net, Reflex Verlag GmbH, Hackescher Markt 2–3, D-10178 Berlin, T +49 (0)30 / 200 8949 0, www.reflex-media.net Diese Publikation des Reflex Verlages erscheint am 22. Juli 2024 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Reflex Verlag und die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH sind rechtlich getrennte und redaktionell unabhängige Unternehmen. Inhalte von Werbebeiträgen wie Unternehmens- und Produktporträts, Interviews, Advertorials, Anzeigen sowie Gastbeiträgen und Fokusinterviews geben die Meinung der beteiligten Unternehmen beziehungsweise Personen wieder. Die Redaktion ist für die Richtigkeit der Beiträge nicht verantwortlich. Die rechtliche Haftung liegt bei den jeweiligen Unternehmen.

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